Entscheidung über vorvertragliche Pflichtverletzungen vor Aussetzung nach KapMuG
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Werden Ansprüche aus einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung, die nicht Gegenstand eines Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) sein können, in einer Klage neben Ansprüchen aus zivilrechtlicher Prospekthaftung im engeren Sinne geltend gemacht, für die ein im Klageregister bekannt gemachtes Musterverfahren von Bedeutung sein kann, so ist eine Aussetzung des gesamten Rechtsstreits nach § 7 I KapMuG unzulässig, solange nicht über die Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung entschieden worden ist.
Gründe:
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit der von ihm am 15. Juni 2004 gezeichneten Beteiligung an der F. Medienfonds GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fonds).
Er stützt sein Klagebegehren zum einen auf eine angebliche Prospektverantwortung der Beklagten unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Prospekthaftung im engeren Sinne mit der Begründung, der für die Anlage herausgegebene Prospekt sei inhaltlich aus verschiedenen Gründen falsch. Zum anderen nimmt er die Beklagte als die seine Beteiligung finanzierende Bank in Anspruch mit der Begründung, die Beklagte habe Aufklärungspflichten bei Eingehung des Darlehensvertrages verletzt.
Gesellschaftszweck des Fonds ist die weltweite Entwicklung, (Co-)Produktion, Verwertung und Vermarktung und der Vertrieb von Kino-, TV-und Musikproduktionen sowie anderer audiovisueller Produktionen nebst Nebenrechten. Das Anlagemodell sieht eine obligatorische Fremdfinanzierung jedes Anlegers in Höhe von 45,5% des Beteiligungsbetrages durch die Beklagte vor. Die vom Kläger gezeichnete Anlage entwickelte sich nicht wie prognostiziert. Zum einen blieben die Ausschüttungen hinter den Prognosen zurück. Zum anderen entzog das Finanzamt M. dem Fonds die gewährte steuerliche Anerkennung als Abschreibungsmodell. Der Initiator des Fonds ist wegen der unzutreffenden steuerlichen Gestaltung des Fonds rechtskräftig zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
Beim Oberlandesgericht München ist unter dem Aktenzeichen KAP 1/07 ein Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (nachfolgend: KapMuG) anhängig. Die Beklagte ist dort Musterbeklagte zu 2). Zu klären sind in diesem Verfahren, soweit es die hiesige Beklagte betrifft, deren Prospektverantwortlichkeit und die Fehlerhaftigkeit des Prospekts.
Das Landgericht hat das Verfahren nach § 7 KapMuG ausgesetzt. Das Beschwerdegericht hat den Aussetzungsbeschluss auf die sofortige Beschwerde des Klägers aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde sei auch gegen den auf § 7 Abs. 1 KapMuG gestützten Aussetzungsbeschluss gemäß §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, weil vorliegend der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 KapMuG nicht eröffnet sei und damit auch § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG nicht zur Anwendung komme.
Die Entscheidung des Landgerichts habe auch in der Sache keinen Bestand. Die Aussetzung eines Verfahrens, dessen Ergebnis nicht vom Ergebnis eines Verfahrens nach dem KapMuG abhängig sei, habe in § 7 Abs. 1 KapMuG keine Grundlage. Das Landgericht habe vorliegend ausweislich der Gründe der Nichtabhilfeentscheidung nicht hinreichend geprüft, ob eine Haftung aus vorvertraglichem Verschulden nach § 311 Abs. 2 BGB in Betracht komme, insbesondere die Beweisangebote des Klägers und den wechselseitigen Sachvortrag nicht unter diesem Gesichtspunkt gewürdigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme eine Aussetzung nach § 7 KapMuG aber nur in Betracht, soweit eine Prospekthaftung im engeren Sinne und damit Ansprüche aufgrund einer fehlerhaften öffentlichen Kapitalmarktinformation geltend gemacht würden. Auf die daneben auch geltend gemachte Haftung auf (vor-)ver-traglicher Grundlage sei § 7 KapMuG nicht anwendbar. Die Frage, ob der Prospekt richtig oder falsch sei, sei bei dem gegenwärtigen Prüfungsstand jedenfalls noch nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung.
Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts und die Wiederherstellung der Aussetzungsentscheidung des Landgerichts.
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Aussetzung des Rechtsstreits als unzulässig angesehen und den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts trotz der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG aufgehoben, da § 7 KapMuG auf das Streitverhältnis der Parteien insoweit keine Anwendung findet, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten aus dem Darlehensverhältnis im Streit sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Rechtsstreitigkeiten, in denen Schadensersatzansprüche auf vertraglicher Grundlage oder aus § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB bzw. aus der sogenannten Prospekthaftung im weiteren Sinne geltend gemacht werden, von vornherein nicht Gegenstand eines Musterverfahrens gemäß § 1 Abs. 1 KapMuG sein. Das gilt auch dann, wenn sich die Haftung aus der Verwendung eines fehlerhaften Prospektes im Zusammenhang mit einer Beratung oder einer Vermittlung ergib.
Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass das auch für Ansprüche des Anlegers gegen die die Anlage finanzierende Bank wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen aus dem Darlehensverhältnis gilt, wie sie hier in Rede stehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Fondsmodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft bei Vorliegen von ganz besonderen Umständen des Einzelfalls verpflichtet. Das kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projektes über ihre Rolle als Kreditgeberin hinaus geht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Objektinitiator als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann. Ein Wissensvorsprung in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die finanzierende Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft arglistig getäuscht wurde.
Solche Ansprüche, die der Kläger hier neben einem Anspruch aus Prospekthaftung im engeren Sinne geltend macht, können nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein. Das gilt auch dann, wenn die Haftung - etwa aus einem Wissensvorsprung - die Kenntnis von einer durch fehlerhafte Prospektangaben begangenen arglistige Täuschung voraussetzt.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ändert die Tatsache, dass die Beklagte auch als Prospektverantwortliche nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne in Anspruch genommen wird, nichts daran, dass über die daneben geltend gemachten Ansprüche aus vertraglichen oder vorvertraglichen Pflichtverletzungen zu entscheiden ist, bevor eine Aussetzung nach dem KapMuG in Betracht kommt.
Dies entspricht - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat - der Senatsrechtsprechung. Den Prospekthaftungsansprüchen im engeren Sinne liegt ein anderer Lebenssachverhalt zugrunde als den Ansprüchen wegen einer Aufklärungspflichtverletzung aus dem Darlehensverhältnis. Ein fehlerhafter Prospekt führt nicht notwendig zur Haftung des Darlehensgebers, ein fehlerfreier Prospekt schließt seine Haftung nicht notwendig aus. Es fehlt daher an gleichgerichteten Interessen, die allein durch das KapMuG gebündelt werden sollen. Auch gebietet das Gebot effektiven Rechtsschutzes eine Entscheidung über die nicht dem Anwendungsbereich des KapMuG unterliegenden Sachverhalte. Denn wenn die Klage gegen die Beklagte als Darlehensgeberin begründet sein sollte, wären dem Kläger Verzögerungen und Kosten wegen eines Verfahrens, das auf den Erfolg seiner Klage keinen Einfluss hat, nicht zuzumuten.
Das Beschwerdegericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass aufgrund des Sachvortrags des Klägers eine Haftung der Beklagten als Darlehensgeberin unter dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht ohne weiteres verneint werden kann. Das Landgericht muss diesem Sachvortrag daher nachgehen und prüfen, ob der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung gegeben ist.
Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat.
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- 1. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit der von ihm am 15. Juni 2004 gezeichneten Beteiligung an der F. Medienfonds GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fonds).
- 2
- Er stützt sein Klagebegehren zum einen auf eine angebliche Prospektverantwortung der Beklagten unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Prospekthaftung im engeren Sinne mit der Begründung, der für die Anlage herausgegebene Prospekt sei inhaltlich aus verschiedenen Gründen falsch. Zum anderen nimmt er die Beklagte als die seine Beteiligung finanzierende Bank in Anspruch mit der Begründung, die Beklagte habe Aufklärungspflichten bei Eingehung des Darlehensvertrages verletzt.
- 3
- Gesellschaftszweck des Fonds ist die weltweite Entwicklung, (Co-)Produktion, Verwertung und Vermarktung und der Vertrieb von Kino-, TVund Musikproduktionen sowie anderer audiovisueller Produktionen nebst Nebenrechten. Das Anlagemodell sieht eine obligatorische Fremdfinanzierung jedes Anlegers in Höhe von 45,5% des Beteiligungsbetrages durch die Beklagte vor. Die vom Kläger gezeichnete Anlage entwickelte sich nicht wie prognostiziert. Zum einen blieben die Ausschüttungen hinter den Prognosen zurück. Zum anderen entzog das Finanzamt M. dem Fonds die gewährte steuerliche Anerkennung als Abschreibungsmodell. Der Initiator des Fonds ist wegen der unzutreffenden steuerlichen Gestaltung des Fonds rechtskräftig zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
- 4
- Beim Oberlandesgericht München ist unter dem Aktenzeichen KAP 1/07 ein Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (nachfolgend: KapMuG) anhängig. Die Beklagte ist dort Musterbeklagte zu 2). Zu klären sind in diesem Verfahren, soweit es die hiesige Beklagte betrifft, deren Prospektverantwortlichkeit und die Fehlerhaftigkeit des Prospekts.
- 5
- 2. Das Landgericht hat das Verfahren nach § 7 KapMuG ausgesetzt. Das Beschwerdegericht hat den Aussetzungsbeschluss auf die sofortige Beschwerde des Klägers aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt :
- 6
- Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde sei auch gegen den auf § 7 Abs. 1 KapMuG gestützten Aussetzungsbeschluss gemäß §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, weil vorliegend der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 KapMuG nicht eröffnet sei und damit auch § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG nicht zur Anwendung komme.
- 7
- Die Entscheidung des Landgerichts habe auch in der Sache keinen Bestand. Die Aussetzung eines Verfahrens, dessen Ergebnis nicht vom Ergebnis eines Verfahrens nach dem KapMuG abhängig sei, habe in § 7 Abs. 1 KapMuG keine Grundlage. Das Landgericht habe vorliegend ausweislich der Gründe der Nichtabhilfeentscheidung nicht hinreichend geprüft, ob eine Haftung aus vorvertraglichem Verschulden nach § 311 Abs. 2 BGB in Betracht komme, insbesondere die Beweisangebote des Klägers und den wechselseitigen Sachvortrag nicht unter diesem Gesichtspunkt gewürdigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme eine Aussetzung nach § 7 KapMuG aber nur in Betracht, soweit eine Prospekthaftung im engeren Sinne und damit Ansprüche aufgrund einer fehlerhaften öffentlichen Kapitalmarktinformation geltend gemacht würden. Auf die daneben auch geltend gemachte Haftung auf (vor-)vertraglicher Grundlage sei § 7 KapMuG nicht anwendbar. Die Frage, ob der Prospekt richtig oder falsch sei, sei bei dem gegenwärtigen Prüfungsstand jedenfalls noch nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung.
- 8
- Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts und die Wiederherstellung der Aussetzungsentscheidung des Landgerichts.
II.
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- Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist nicht begründet.
- 10
- 1. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Aussetzung des Rechtsstreits als unzulässig angesehen und den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts trotz der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG aufgehoben, da § 7 KapMuG auf das Streitverhältnis der Parteien insoweit keine Anwendung findet, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten aus dem Darlehensverhältnis im Streit sind.
- 11
- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Rechtsstreitigkeiten, in denen Schadensersatzansprüche auf vertraglicher Grundlage oder aus § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB bzw. aus der sogenannten Prospekthaftung im weiteren Sinne geltend gemacht werden, von vornherein nicht Gegenstand eines Musterverfahrens gemäß § 1 Abs. 1 KapMuG sein. Das gilt auch dann, wenn sich die Haftung aus der Verwendung eines fehlerhaften Prospektes im Zusammenhang mit einer Beratung oder einer Vermittlung ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Juni 2008 - XI ZB 26/07, BGHZ 177, 88 Rn. 15; vom 16. Juni 2009 - XI ZB 31/08, juris Rn. 9 und - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 9, vom 8. September 2009 - XI ZB 34-38/08, 4, 7-9, 11/09, vom 6. Oktober 2009 - XI ZB 17, 18, 20, 21/09, vom 10. November 2009 - XI ZB 29, 30/09 und vom 8. Dezember 2009 - XI ZB 25, 27/09, jeweils juris Rn. 5; BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 - III ZB 92/09, WM 2009, 110 Rn. 12, 15 und vom 4. Dezember 2008 - III ZB 97/07, juris Rn. 15 ff.).
- 12
- b) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass das auch für Ansprüche des Anlegers gegen die die Anlage finanzierende Bank wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen aus dem Darlehensverhältnis gilt, wie sie hier in Rede stehen.
- 13
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Fondsmodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft bei Vorliegen von ganz besonderen Umständen des Einzelfalls verpflichtet. Das kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projektes über ihre Rolle als Kreditgeberin hinaus geht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Objektinitiator als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl. etwa Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 41, vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 30, vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, WM 2010, 1451 Rn. 16, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, WM 2010, 2069 Rn. 17, jeweils mwN). Ein Wissensvorsprung in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die finanzierende Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft arglistig getäuscht wurde (st. Rspr. des Senats, siehe nur Urteile vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 35, vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, WM 2010, 1451 Rn. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, WM 2010, 2069 Rn. 17, jeweils mwN).
- 14
- bb) Solche Ansprüche, die der Kläger hier neben einem Anspruch aus Prospekthaftung im engeren Sinne geltend macht, können nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein. Das gilt auch dann, wenn die Haftung - etwa aus einem Wissensvorsprung - die Kenntnis von einer durch fehlerhafte Prospektangaben begangenen arglistige Täuschung voraussetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juni 2008 - XI ZB 26/07, BGHZ 177, 88 Rn. 15 mwN).
- 15
- c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ändert die Tatsache, dass die Beklagte auch als Prospektverantwortliche nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne in Anspruch genommen wird, nichts daran, dass über die daneben geltend gemachten Ansprüche aus vertraglichen oder vorvertraglichen Pflichtverletzungen zu entscheiden ist, bevor eine Aussetzung nach dem KapMuG in Betracht kommt.
- 16
- Dies entspricht - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat - der Senatsrechtsprechung (u.a. Beschluss vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 14 mwN). Den Prospekthaftungsansprüchen im engeren Sinne liegt ein anderer Lebenssachverhalt zugrunde als den Ansprüchen wegen einer Aufklärungspflichtverletzung aus dem Darlehensverhältnis. Ein fehlerhafter Prospekt führt nicht notwendig zur Haftung des Darlehensgebers, ein fehlerfreier Prospekt schließt seine Haftung nicht notwendig aus. Es fehlt daher an gleichgerichteten Interessen, die allein durch das KapMuG gebündelt werden sollen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009, aaO). Auch gebietet das Gebot effektiven Rechtsschutzes eine Entscheidung über die nicht dem Anwendungsbereich des KapMuG unterliegenden Sachverhalte (Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009, aaO Rn. 15 mwN). Denn wenn die Klage gegen die Beklagte als Darlehensgeberin begründet sein sollte, wären dem Kläger Verzögerungen und Kosten wegen eines Verfahrens, das auf den Erfolg seiner Klage keinen Einfluss hat, nicht zuzumuten.
- 17
- Das Beschwerdegericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass aufgrund des Sachvortrags des Klägers eine Haftung der Beklagten als Darlehensgeberin unter dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht ohne weiteres verneint werden kann. Das Landgericht muss diesem Sachvortrag daher nachgehen und prüfen, ob der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung gegeben ist.
- 18
- 2. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat (Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 19 mwN).
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.05.2010 - 32 O 25665/09 -
OLG München, Entscheidung vom 25.06.2010 - 5 W 1564/10 -
Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.
Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Dieses Gesetz ist anwendbar in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen
- 1.
ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation, - 2.
ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, oder - 3.
ein Erfüllungsanspruch aus Vertrag, der auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, einschließlich eines Anspruchs nach § 39 Absatz 3 Satz 3 und 4 des Börsengesetzes, beruht,
(2) Öffentliche Kapitalmarktinformationen sind Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind und einen Emittenten von Wertpapieren oder einen Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen. Dies sind insbesondere Angaben in
- 1.
Prospekten nach der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12), Wertpapier-Informationsblättern nach dem Wertpapierprospektgesetz und Informationsblättern nach dem Wertpapierhandelsgesetz, - 2.
Verkaufsprospekten, Vermögensanlagen-Informationsblättern und wesentlichen Anlegerinformationen nach dem Verkaufsprospektgesetz, dem Vermögensanlagengesetz, dem Investmentgesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung sowie dem Kapitalanlagegesetzbuch, - 3.
Mitteilungen über Insiderinformationen im Sinne des Artikels 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung und des § 26 des Wertpapierhandelsgesetzes, - 4.
Darstellungen, Übersichten, Vorträgen und Auskünften in der Hauptversammlung über die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 400 Absatz 1 Nummer 1 des Aktiengesetzes, - 5.
Jahresabschlüssen, Lageberichten, Konzernabschlüssen, Konzernlageberichten sowie Halbjahresfinanzberichten des Emittenten und in - 6.
Angebotsunterlagen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.