Ausbildungsunterhalt: Erstausbildung ist auch drei Jahre nach Schulende noch möglich
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Diese für unterhaltsberechtigte Kinder vorteilhafte Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer 1989 geborenen Tochter. Nachdem sie die mittlere Reife erworben hatte, trat sie als ungelernte Kraft in verschiedene Beschäftigungsverhältnisse ein. Dort leistete sie Praktika zum Teil in der Erwartung, auf diese Weise Zugang zu einem Ausbildungsplatz zu erhalten. Dadurch deckte sie ihren Unterhaltsbedarf in der Zeit von Juli 2007 bis Juli 2010 selbst ab. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung als Fleischereifachverkäuferin. Das Familiengericht hat ihren Vater, den Antragsgegner, dazu verpflichtet, rückständigen Ausbildungsunterhalt ab September 2010 und laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich 218,82 EUR zu zahlen.
Die Rechtsmittel des Vaters blieben ohne Erfolg. Der BGH wies darauf hin, dass der Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt sei. Auf der einen Seite seien die Eltern verpflichtet, eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Auf der anderen Seite müsse das Kind diese mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit beenden. Verletze das Kind nachhaltig die Pflicht, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büße es seinen Unterhaltsanspruch ein. Es müsse sich dann darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen. Ein solcher Verstoß habe hier jedoch nicht vorgelegen. Auch mit einer dreijährigen Verzögerung könne die Erstausbildung noch aufgenommen werden. So seien Bewerber mit schwachem Schulabgangszeugnis verstärkt darauf angewiesen, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen. Dies könne auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen. Die Aufnahme solcher vorgelagerter Beschäftigungsverhältnisse bedeute daher jedenfalls dann keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung, wenn sie in dem Bemühen um das Erlangen eines Ausbildungsplatzes geschehe (BGH, XII ZB 220/12).
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
BGH Urteil vom 24.05.2013 (Az: V ZR 220/12)
Der Eingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage kann mit einer Videokamera überwacht werden, wenn ein berechtigtes Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mitüberwacht wird, überwiegt und wenn die Ausgestaltung der Überwachung unter Berücksichtigung von § 6b BDSG inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des Einzelnen
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 13. April 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung hinsichtlich einer Stilllegung der Videoüberwachungsanlage (Beschlussanfechtung und Beschlussersetzung) zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 14. Dezember 2010 teilweise abgeändert.
Der Beschluss der Wohnungseigentümer auf der Versammlung vom 28. Mai 2010 wird insoweit für ungültig erklärt, als auch eine Stilllegung der Anlage abgelehnt worden ist.
Die Videoüberwachungsanlage im Eingangsbereich der Wohnanlage wird stillgelegt.
Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 80 % und die Beklagten zu 20 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand:
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Am 16. März 2008 wurde der frisch renovierte Eingangsbereich des Gebäudes durch einen Farbanschlag verunreinigt. Die Eigentümer beschlossen auf einer Wohnungseigentümerversammlung am 24. Mai 2008 mehrheitlich unter Zustimmung der Klägerin, in dem Eingangsbereich eine Videoüberwachungsanlage zu installieren. In dem Beschluss ist bestimmt, dass die Videodaten durch ein zertifiziertes Unternehmen ausgelesen werden, „wenn drei Eigentümer für ein und denselben Vorgang mit Schadensfolge oder mit kriminellen Handlungen bei der Verwaltung oder direkt bei einem zugelassenen Unternehmen gemeldet werden." In dem Protokoll der Eigentümerversammlung ist der Wunsch festgehalten, die Videoüberwachungsanlage als temporäre Lösung anzusehen. Der Beschluss wurde nicht angefochten. Mit Hilfe der Videoaufzeichnungen der Anlage, die in einem abgeschlossenen Raum untergebracht ist, konnte ein Fahrraddiebstahl am 20. Juli 2010 aufgeklärt werden. Zur Aufklärung eines weiteren Fahrraddiebstahls im September 2010 wurden der Polizei Aufzeichnungen übergeben. Auf der Wohnungseigentümerversammlung am 28. Mai 2010 wurde der Antrag der Klägerin, die Anlage abzubauen, mehrheitlich abgelehnt. Dabei wurde nach dem Protokoll der Versammlung ein Vorteil der Anlage darin gesehen, „einen Überblick wegen Prostitution und bordellartigem Betrieb zu haben". Mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ficht die Klägerin, soweit hier noch von Interesse, diesen Beschluss an und verlangt von den Beklagten, der Entfernung der Anlage zuzustimmen. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Überwachungsanlage. Die Eigentümer hätten bei der Entscheidung über den möglichen Abbau der Anlage ein Ermessen, das sie pflichtgemäß ausgeübt hätten. Der Beschluss über den Einbau der Anlage entspreche den Vorgaben des § 6b BDSG und sei nicht zu beanstanden. Die Vorgaben für das Auslesen der Videodaten seien hinreichend bestimmt und ausreichend. Das gelte auch dann, wenn diese Vorgaben in der Vergangenheit nicht immer eingehalten worden seien. Dass der Einbau der Anlage als vorübergehende Maßnahme angesehen worden sei, ändere daran nichts. Der Beschluss enthalte entsprechende Einschränkungen nicht. Die Eigentümermehrheit sehe die Gründe auch nicht als entfallen an, weil es darum gehe, eine zweckwidrige Nutzung der Wohnungen zu erfassen und zu verhindern. Diese Gründe rechtfertigten den Fortbestand der Anlage.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Im Ergebnis zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Videoüberwachungsanlage im Eingangsbereich der Wohnanlage der Parteien.
Die Entfernung der Anlage kann die Klägerin nach § 15 Abs. 3 WEG, nach § 21 Abs. 4 WEG oder nach beiden Normen nur verlangen, wenn sich das an sich bestehende Ermessen der Gemeinschaft hierauf reduziert, mithin nur diese Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Die Entfernung der Überwachungsanlage ist nur dann die einzige Möglichkeit, das Gemeinschaftseigentum ordnungsmäßig zu verwalten, wenn eine solche Videoüberwachungsanlage in einer Eigentumswohnungsanlage überhaupt nicht installiert werden dürfte oder wenn die Voraussetzungen für ihren ordnungsmäßigen Betrieb in der Wohnanlage der Parteien nicht hergestellt werden könnten. Beides ist nicht der Fall.
Der Einbau einer Videoanlage zur Überwachung von Teilen des Gemeinschaftseigentums ist, anders als die Klägerin meint, nicht generell unzulässig, sondern grundsätzlich zulässig, wenn die Überwachung durch die Gemeinschaft erfolgt und die Voraussetzungen des § 6b BDSG eingehalten sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Herstellung von Filmaufzeichnungen einer Person mit einer Videokamera, auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen, etwa auf einem öffentlichen Weg, einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen, selbst wenn keine Verbreitungsabsicht besteht. Ob ein derartiger rechtswidriger Eingriff anzunehmen ist, ergeben eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und eine die (verfassungs-)rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigende Güter- und Interessenabwägung. Da der Einzelne grundsätzlich selbst entscheiden darf, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden und wann und unter welchen Voraussetzungen seine persönlichen Daten preisgegeben und verwendet werden sollen, muss bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen von den Kameras erfasst werden, sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann.
Diese Rechtsprechung hat der Senat auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander übertragen. Danach darf der Wohnungseigentümer sein Sondereigentum überwachen, wenn sich die Überwachung hierauf beschränkt und benachbartes Sondereigentum oder öffentliche Flächen nicht erfasst. Der Senat hat dem einzelnen Wohnungseigentümer das Recht zuerkannt, in das Klingeltableau der Wohnanlage der Parteien eine Videoanlage einzubauen, die es ihm erlaubt, mit einer kurzen Bildübertragung in seine Wohnung zu prüfen, wer die Klingel betätigt hat. Er hat mangels entsprechender Feststellungen offen gelassen, ob der einzelne Wohnungseigentümer auch zur dauerhaften Bildaufzeichnung berechtigt wäre. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wird eine Befugnis des einzelnen Wohnungseigentümers zur Überwachung von Teilen des Gemeinschaftseigentums mit der Möglichkeit einer Speicherung der Bildaufzeichnungen verneint. Bisher hatte der Senat nicht zu entscheiden, was für eine Anlage gilt, die unter der Regie und Aufsicht der Gemeinschaft Teile des Gemeinschaftseigentums überwacht und das Geschehen aufzeichnet.
Eine solche Videoüberwachung ist zulässig, wenn das Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mitüberwacht wird, überwiegt und wenn die Ausgestaltung der Überwachung inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des Einzelnen ausreichend Rechnung trägt.
Die Videoüberwachung von Teilen des Gemeinschaftseigentums ist in erster Linie eine Maßnahme zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, nämlich zum Schutz der Wohnanlage und ihrer Bewohner. Sie muss deshalb nach § 21 Abs. 4 WEG den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung sind aber nicht der einzige Maßstab, dem eine Videoüberwachung genügen muss. Sie setzt nämlich den Einbau entsprechender technischer Anlagen voraus. Dieser muss als bauliche Maßnahme die für solche Maßnahmen geltenden Anforderungen des § 22 Abs. 1 WEG erfüllen. Er wäre danach nur zulässig, wenn alle Wohnungseigentümer zustimmen, die von dieser baulichen Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Bei der Prüfung, ob eine solche Beeinträchtigung vorliegt, ist einerseits zu berücksichtigen, dass die technischen Anlagen zur Videoüberwachung keinem eigenständigen baulichen oder ästhetischen Zweck dienen, sondern allein der Überwachung. Eine über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehende Beeinträchtigung liegt deshalb vor, wenn die Überwachung selbst dem Maßstab ordnungsmäßiger Verwaltung und in diesem Rahmen den Vorgaben des § 6b BDSG nicht entspricht.
Daraus folgt aber nicht, dass eine solche Beeinträchtigung stets fehlt, wenn die Überwachung an sich den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und mehrheitlich beschlossen werden könnte. Denn der Einbau der für die Videoüberwachung vorgesehenen technischen Anlagen kann - unabhängig von der mit ihm ermöglichten Videoüberwachung - als bauliche Maßnahme Nachteile haben, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehen und dazu führen, dass ihm alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen. Diese können auch in einer erheblichen optischen Veränderung des Gebäudes bestehen. Dann scheiterte eine an sich zulässige Videoüberwachung an den optisch-baulichen Wirkungen der vorgesehenen Geräte, wenn nicht alle Wohnungseigentümer zustimmen. Dass die hier eingebauten Anlagen optische oder andere bauliche Nachteile hätten, die eine Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich machten, macht die Klägerin nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich. Es kommt deshalb hier allein darauf an, ob die mit den Anlagen angestrebte Überwachung selbst den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann.
Das ist allerdings nicht schon deshalb der Fall, weil eine Videoüberwachung die Verwaltung und den Schutz des Gemeinschaftseigentums erleichtern kann. Ordnungsmäßig kann eine Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nur sein, wenn sie die für eine Überwachung bestehenden gesetzlichen Vorgaben einhält und wenn sie nicht nur dem Interesse der Mehrheit an der Effizienz der Verwaltung entspricht, sondern auch dem mit § 14 Nr. 1 WEG einfachrechtlich und durch Art. 2 GG auch verfassungsrechtlich geschützten Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und betroffener Dritter an dem Schutz ihrer Privatsphäre Rechnung trägt. Das gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümer die Videoüberwachung einstimmig beschließen. Denn von einem solchen Beschluss werden nicht nur die gegenwärtigen Wohnungseigentümer, sondern nach § 10 Abs. 4 Satz 1 WEG auch ihre Rechtsnachfolger und an der Beschlussfassung nicht beteiligte Personen betroffen, die sich als Besucher, Lieferanten usw. in der Anlage aufhalten. Außerdem hätte auch ein einstimmiger Beschluss den gesetzlichen Vorgaben zu genügen.
Für den Betrieb einer Videoüberwachung müssen deshalb das Gemeinschaftsinteresse an der Überwachung mit den Interessen des einzelnen Wohnungseigentümers und mitbetroffener Dritter gegeneinander abgewogen werden. Die dabei zu beachtenden Vorgaben sind durch § 6b BDSG gesetzlich festgelegt, wenn öffentlich zugängliche Teile des Gemeinschaftseigentums überwacht werden sollen. Dazu kann zum Beispiel der Eingangsbereich einer Wohnanlage gehören. Die Wertungen dieser Vorschrift sind aber auch dann zu beachten, wenn sie nicht unmittelbar einschlägig ist. Auf sie hat der Senat schon für die Bestimmung des im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums festzustellenden Nachteils des einzelnen Wohnungseigentümers zurückgegriffen. Für die Interessenabwägung bei dem Beschluss über die Einführung und den Betrieb einer Videoüberwachung gilt nichts anderes. Denn § 6b BDSG befasst sich, wenn auch aus öffentlich-rechtlicher Perspektive, mit einem Interessenkonflikt, der dem hier aufzulösenden ganz ähnlich ist. Der einzelne Wohnungseigentümer, der mit einer Überwachung nicht einverstanden ist, müsste sich, wenn die Videoüberwachung mehrheitlich beschlossen werden kann, der Mehrheit beugen. Das kann ihm - bei dem hier in Rede stehenden Eingriff in seine Privatsphäre - nur zugemutet werden, wenn seine Interessen angemessen berücksichtigt werden. Die dabei zu beachtenden Gesichtspunkte beschreibt § 6b BDSG in einer auch für die Wohnungseigentümergemeinschaft sachgerechten Weise.
In Anlehnung an § 6b BDSG ist die Videoüberwachung in einer Wohnungseigentumsanlage unter der Regie und Aufsicht der Gemeinschaft mit einer Aufzeichnung des Geschehens zulässig, wenn ein berechtigtes - konkret und verbindlich festzulegendes - Gemeinschaftsinteresse das Interesse des Einzelnen überwiegt. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Gemeinschaft Straftaten gegen das Gemeinschaftseigentum und gegen die Bewohner der Anlage abwehren möchte. Nicht zulässig wäre dagegen eine Videoüberwachung, die allein dazu diente, die Durchsetzung von Ansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 3 WEG wegen einer von § 14 Nr. 1 WEG nicht gedeckten Nutzung ihrer Wohnungen zu erleichtern.
Auch wenn die Gemeinschaft einen Zweck verfolgt, der eine Videoüberwachung an sich rechtfertigt, berechtigt sie dieser Zweck nicht dazu, die Videoüberwachung in beliebigem Umfang und zu beliebigen Bedingungen durchzuführen. Vielmehr muss auch dann der Umfang auf das Notwendige beschränkt werden. So kann eine Überwachung des Eingangsbereichs zur Vermeidung von Straftaten zulässig sein, eine Überwachung des gesamten Treppenhauses einschließlich der Wohnungstüren aber nicht. Entsprechende Beschränkungen gelten für den Umfang der Aufzeichnungen, die Dauer ihrer Aufbewahrung und den Zugriff hierauf. So kann in dem erwähnten Beispiel einer Überwachung des Eingangsbereichs eine Aufzeichnung mit Zugriff nur für Strafverfolgungsbehörden zulässig sein, eine Überwachung mit Zugriff auch der einzelnen Wohnungseigentümer auf die Aufzeichnungen dagegen nicht. Schließlich müssen die Regeln für den Betrieb der Überwachung durch Beschluss der Wohnungseigentümer verbindlich festgelegt werden, damit der Umfang der Überwachung und ihre Bedingungen für jeden transparent und jederzeit verifizierbar sind. Ob diese Vorgaben eingehalten worden sind, lässt sich nur anhand einer umfassenden, dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung der Umstände des Einzelfalls beantworten.
Die Entfernung der Anlage kann die Klägerin auch nicht deshalb verlangen, weil sich ein Bedürfnis für eine Videoüberwachung in der Eigentumswohnungsanlage der Parteien unter keinem denkbaren Gesichtspunkt darstellen oder ein Betrieb zu für den einzelnen Wohnungseigentümer zumutbaren Bedingungen nicht regeln ließe.
Die Farbverunreinigung des frisch renovierten Eingangsbereichs, die den Anlass für den Beschluss über den Einbau der Anlage gab, mag nicht schwerwiegend gewesen sein. Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass es sich um einen unzulässigen Übergriff auf das Gemeinschaftseigentum handelte. Es mag auch sein, dass für einzelne Überwachungszwecke mildere Maßnahmen zur Verfügung stehen. Das schließt aber nicht aus, dass die Videoüberwachung des Eingangsbereichs der Wohnanlage der Parteien zur Wahrung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festzulegende Zwecke im Sinne von § 6b Abs. 1 Nr. 2 und 3 BDSG, etwa zur Abwehr von Straftaten oder von vergleichbar gewichtigen anderen Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums, erforderlich sein kann und schutzwürdige Belange von Betroffenen nicht überwiegen.
Es ist auch nicht erkennbar, dass in der Wohnanlage der Parteien den Vorgaben von § 6b BDSG entsprechende Festlegungen für einen ordnungsmäßigen Betrieb der Anlage nicht getroffen werden könnten. Zwar müssten dazu zunächst die Überwachungsziele bestimmt und konkretisiert werden, die Überwachung auf den wirklichen Bedarf begrenzt und durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer mit Regelungen unterlegt werden, die die Einhaltung der Vorgaben von § 6b BDSG sicherstellen und den schützenswerten Belangen der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen Rechnung tragen. Anhaltspunkte dafür, dass und weshalb dies unter keinem Gesichtspunkt möglich ist, sind dem Vortrag der Klägerin indessen nicht zu entnehmen.
Die Beklagten sind aber nach § 21 Abs. 4 WEG verpflichtet, die Videoüberwachungsanlage sofort stillzulegen. Diese Stilllegung ist nach § 21 Abs. 8 WEG anzuordnen.
Die Stilllegung der Anlage hat die Klägerin zwar nicht förmlich beantragt. Die Auslegung ihres Antrags ergibt aber, dass es ihr mit der Entfernung der Videoüberwachungsanlage nicht bloß um das Rückgängigmachen einer baulichen Veränderung der Wohnanlage geht. Sie will damit vielmehr erreichen, dass die Videoüberwachung des Eingangsbereichs der Wohnanlage auf Dauer beendet wird. Dieses weitergehende Klageziel umfasst als weniger weitgehendes Teilziel (sog. Minus) die sofortige Stilllegung der Anlage. Diese kann die Klägerin von den Beklagten verlangen.
Dem Stilllegungsanspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass der Beschluss über den Einbau der Anlage nicht angefochten worden und damit bestandskräftig geworden ist.
Ein Wohnungseigentümer kann zwar grundsätzlich nicht verlangen, dass ein bestandskräftiger Beschluss nicht oder nicht mehr ausgeführt wird. Der einzelne Wohnungseigentümer kann aber jedenfalls die Änderung eines solchen Beschlusses verlangen, wenn schwerwiegende Gründe - etwa eine erhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - das Festhalten an dem Beschluss als treuwidrig erscheinen lassen. Eine solche Veränderung von Umständen liegt hier vor. Deshalb ist es auch unerheblich, dass die Klägerin dem Einbau seinerzeit zugestimmt hat.
Die Wohnungseigentümer haben den Einbau der Überwachungsanlage seinerzeit zwar ohne förmliche zeitliche Begrenzung beschlossen. Bei dieser Feststellung durfte das Berufungsgericht aber nicht stehen bleiben. Es musste vielmehr die in dem Protokoll festgehaltenen Umstände und Vorstellungen der Eigentümer und auch den Beschlussinhalt berücksichtigen. Seinerzeit sollte schnell auf die Aufregung über die - knapp zwei Monate zurückliegende -Verunreinigung des frisch renovierten Eingangsbereichs reagiert werden. Die Eigentümer haben die Videoüberwachung nach dem Inhalt des Versammlungsprotokolls als temporäre Maßnahme angesehen und sich vielleicht auch deshalb mit einer unzureichenden Regelung über die Aufzeichnung der Abläufe im Eingangsbereich und die Aufbewahrung und Verwendung der Videodaten begnügt. Wie die in dem Protokoll über die Versammlung vom 28. Mai 2010 wiedergegebenen Erwägungen der Eigentümer zeigen, sehen sie die Videoüberwachung inzwischen nicht mehr als temporäre, sondern als Dauerlösung an und verfolgen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht mehr nur den Zweck, „Schadensfälle und kriminelle Handlungen", wie es in dem Einrichtungsbeschluss heißt, aufzuklären, sondern auch den Zweck, den Besucherverkehr im Hinblick auf die „Ausübung von Prostitution oder einen bordellartigen Betrieb" zu überwachen. Die veränderte Haltung der Mehrheit der Wohnungseigentümer stellt eine ganz erhebliche Veränderung der Umstände dar. Sie belegt nämlich, dass die schutzwürdigen Interessen der Klägerin an der Wahrung ihrer Privatsphäre nicht nur nicht förmlich abgesichert, sondern auch tatsächlich durch eine schleichende Erweiterung der Überwachungszwecke gefährdet sind. Das muss die Klägerin nicht hinnehmen.
Der Stilllegung steht eine fehlende Vorbefassung der Wohnungseigentümer nicht entgegen. Die Klägerin hat den Abbau der Anlage und damit als weniger weit gehende Maßnahme auch die Stilllegung beantragt. Die Wohnungseigentümer haben die Entfernung der Anlage abgelehnt, weil sie die Überwachung weiterbetreiben wollen.
Nur die Stilllegung der Anlage entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.
Die Ausgestaltung des Betriebs der Überwachungsanlage wird den oben dargestellten Anforderungen in keiner Hinsicht gerecht.
Es fehlt schon an einer hinreichend eindeutigen Festlegung der Zwecke der Überwachung. Dem Beschluss über die Einrichtung der Überwachungsanlage lässt sich entnehmen, dass die Überwachung „Schadensfälle und kriminelle Handlungen" verhindern soll. Ob sich der Zweck der Überwachung darin erschöpft, ist aber nicht gesichert. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer und immerhin auch das Berufungsgericht gehen nämlich davon aus, dass die Aufzeichnungen auch zu anderen Zwecken eingesetzt werden können, etwa dazu festzustellen, ob in einzelnen Wohnungen Prostitution ausgeübt oder ein bordellartiger Betrieb geführt wird. Die Zwecke müssen aber, wie ausgeführt, vorher und verbindlich festgelegt werden.
Unzureichend ist auch die in dem Beschluss getroffene Regelung über den Zugriff auf die Aufzeichnungen. Anlass des Auslesens der Daten sollen ein Schadensfall oder eine Straftat mit mindesten drei geschädigten Wohnungseigentümern sein. Wem genau und mit welchen Verwendungsbefugnissen die Daten zur Verfügung gestellt werden sollen, lässt sich dem Beschluss nicht entnehmen. Nicht festgelegt ist ferner, wie die Einhaltung von Zugangsvoraussetzungen und Verwendungsbeschränkungen effektiv kontrolliert werden soll. Nach dem Beschluss können sich die geschädigten Wohnungseigentümer auch selbst an ein Ausleseunternehmen wenden. Dass dieses den Zugang zu dem verschlossenen Raum mit dem Aufzeichnungsgerät nur von der Verwaltung erhalten wird, ist nicht festgestellt, stellte aber auch eine Kontrolle der Zugriffsvoraussetzungen nicht, wie aber geboten, sicher.
Auch die übrigen oben dargestellten für einen ordnungsmäßigen Betrieb der Anlage erforderlichen Festlegungen lässt der Beschluss vermissen. Das sind Festlegungen zu einem möglichst begrenzten Umfang der angestrebten Überwachung sowie dazu, für welche Zwecke die Aufzeichnungen von wem verwendet werden dürfen, dass sie in einer festzulegenden kurzen Frist zu löschen sind und wie die Einhaltung dieser Vorgaben sichergestellt werden soll.
Ohne solche Regelungen lässt sich eine Beeinträchtigung des geschützten Interesses des einzelnen Wohnungseigentümers an der Wahrung seiner Privatsphäre nicht verhindern. Der Betrieb einer Überwachungsanlage ist unter diesen Umständen mit den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht zu vereinbaren. Er muss eingestellt werden und darf erst wieder aufgenommen werden, wenn die erforderlichen Betriebsregelungen durch Be-schluss der Wohnungseigentümer festgelegt sind.
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die 1989 geborene Antragstellerin begehrt von ihrem Vater, dem Antragsgegner , Ausbildungsunterhalt für die Zeit ab September 2010.
- 2
- Die Antragstellerin lebte nach der Trennung ihrer Eltern im Jahr 1997 zunächst im Haushalt des Vaters in den Niederlanden, bevor sie 2003 zu ihrer Mutter nach Deutschland wechselte. Dort erwarb sie 2007 die mittlere Reife mit einem Notendurchschnitt von 3,6. Anschließend nahm sie eine eigene Wohnung und bestritt ihren Lebensunterhalt selbst, indem sie als ungelernte Kraft in verschiedene Beschäftigungsverhältnisse eintrat und Praktika zum Teil in der Erwartung leistete, auf diese Weise Zugang zu einem Ausbildungsplatz zu erlangen. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung zur Fleischereifachverkäu- ferin. Ihre Mutter erzielt als geringfügig Beschäftigte Einkünfte von monatlich höchstens 400 €.
- 3
- Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen Unterhalt für September 2010 bis Juli 2011 in Höhe von 2.923,42 € sowie laufenden Unterhalt ab August 2011 in Höhe von monatlich 218,82 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
I.
- 5
- Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Ausbildungsunterhaltsverhältnis zwischen Eltern und Kindern sei von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt, weshalb das Kind seine Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit durchzuführen habe. Gewisse Ausbildungsverzögerungen seien je nach den Umständen des Einzelfalls jedoch hinzunehmen. Trotz einer nicht unerheblichen Verzögerung bei der Ausbildung könne ein Unterhaltsanspruch dann noch fortbestehen, wenn in den Fällen der Erstausbildung der Unterhaltspflichtige durch die Zuerkennung des Unterhaltsanspruchs wirtschaftlich nicht übermäßig belastet werde, die Versagung des Unterhaltsanspruchs für das Kind jedoch gravierende Folgen für dessen Lebensstellung hätte und Verzögerungen in der Ausbildung jedenfalls auch auf vom Kind nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen seien. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben , da die Antragstellerin bei notenbedingt schlechten Chancen auf einen Ausbildungsplatz berechtigterweise mehrere Praktika absolviert habe mit dem Ziel, im Anschluss hieran bei den jeweiligen Unternehmen einen Ausbildungsplatz zu erlangen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der sehr mäßige Schulabschluss auch auf die von der Antragstellerin nicht zu vertretende familiäre Situation einschließlich des Aufenthaltswechsels von den Niederlanden nach Deutschland und dem damit verbundenen Wechsel des Schulsystems zurückzuführen sei. Der Antragsgegner habe auch noch drei Jahre nach Abschluss der allgemeinen Schulausbildung damit rechnen müssen, von der Antragstellerin auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden.
- 6
- Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin sei - dem Amtsgericht folgend - nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien mit 670 € monatlich zu bemessen, wobei davon auszugehen sei, dass sie nicht mit einem Partner in häuslicher Gemeinschaft lebe. Nach Abzug des Kindergeldes und der Ausbildungsvergütung unter Berücksichtigung eines pauschalen ausbildungsbedingten Mehrbedarfs von monatlich 90 € verbleibe ein offener Bedarf von anfänglich 284 €, zwischen Februar 2011 und Juli 2011 250,57 € und seit August 2011 218,82 € monatlich. Dem Antragsgegner, der über ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.782,50 € verfüge , verbleibe auch nach Abzug von pauschalen berufsbedingten Aufwendungen , Krankenversicherungsbeiträgen und Unterhaltsbeträgen noch ein Einkommen , welches deutlich über seinem angemessenen Selbstbehalt liege.
- 7
- Der Anspruch der Antragstellerin entfalle auch nicht deswegen, weil sie dem Antragsgegner seit geraumer Zeit den Kontakt verweigere. Allein ein solches Verhalten begründe eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1611 BGB nicht. Insoweit könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch der Antragsgegner es unterlassen habe, seinerseits (wieder) den Kontakt zur Antragstellerin zu suchen.
- 8
- Schließlich würde auch eine zwischen dem Antragsgegner und der Mutter der Antragstellerin getroffene Freistellungsvereinbarung, wonach jeder El- ternteil für das bei ihm lebende Kind sorgen solle, den Unterhaltsanspruch nicht entfallen lassen.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
- 10
- 1. Zutreffend ist das Oberlandesgericht für das in 2010 eingeleitete Verfahren auf der Grundlage des Art. 5 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (Brüssel I-VO = EuGVVO) von der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen. Die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (EuUnthVO) ist nach deren Art. 75 Abs. 1 auf das vor ihrem Inkrafttreten eingeleitete Verfahren nicht anwendbar.
- 11
- Ebenfalls zutreffend hat das Oberlandesgericht das Verfahren nach deutschem Sachrecht beurteilt, was sich aus Art. 4 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HUÜ 73) bzw. Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (Haager Unterhaltsprotokoll - HUP) ergibt. Denn die Antragstellerin als Unterhaltsberechtigte hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
- 12
- 2. Ebenfalls zu Recht hat das Oberlandesgericht entschieden, dass die Antragstellerin gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB hat.
- 13
- a) Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf.
- 14
- aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, die Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (Senatsurteile vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671 und vom 29. Juni2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 15).
- 15
- bb) Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt auch die Obliegenheit des Kindes, die Ausbildung in angemessener Zeit aufzunehmen. Auch ein Schulabgänger muss auf die Belange des Unterhaltspflichtigen Rücksicht nehmen und sich in angemessener Zeit darüber klar werden, welche Ausbildungsmöglichkeiten ihm nach seinem jeweiligen Schulabschluss zur Verfügung stehen. Er muss sich alsbald um einen entsprechenden Ausbildungsplatz bemühen und die Ausbildung zielstrebig beginnen. Zwar ist einem jungen Menschen eine gewisse Orientierungsphase zuzugestehen, deren Dauer von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich jeweils nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen des Auszubildenden richtet. Je älter er indessen bei Schulabgang ist und je eigenständiger er seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für seinen Berufsund Lebensweg. Selbst wenn er bisher noch keine Berufsausbildung erfahren hat, kann eine lange Verzögerung dazu führen, dass sein Ausbildungsanspruch entfällt und er sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabung und Fertigkeiten verdienen muss (Senatsurteile vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 16).
- 16
- Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Ausbildung , ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt. Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzunehmen , richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist (Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 17 mwN).
- 17
- So ist einerseits anerkannt, dass subjektive Beeinträchtigungen des Unterhaltsberechtigten , die diesem nicht vorwerfbar sind, wie etwa eine psychische Erkrankung, die verzögerte Aufnahme eines Studiums rechtfertigen können (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 18 mwN).
- 18
- Andererseits mutet § 1610 Abs. 2 BGB den Eltern nicht zu, sich gegebenenfalls nach Ablauf mehrerer Jahre, in denen sie nach den schulischen Ergebnissen und dem bisherigen Werdegang des Kindes nicht mehr mit der Nachholung etwa der Hochschulreife und der Aufnahme eines Studiums rechnen mussten, einem Ausbildungsanspruch des Kindes ausgesetzt zu sehen. Dabei kann auch ins Gewicht fallen, dass es sich um Zeiträume handelt, in denen steuerliche Erleichterungen, Kindergeld oder kindbezogene Gehaltsbestandteile aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Kindes unabhängig von seinem Ausbildungsstand wegfallen (Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672).
- 19
- b) Den vorstehenden Grundsätzen wird die angefochtene Entscheidung gerecht.
- 20
- aa) Die Antragstellerin hat 2007 im Alter von 18 Jahren die mittlere Reife absolviert. Soweit das von der Rechtsbeschwerde aufgegriffene Wiederholen der siebten Klasse zu einem verzögerten Abschluss der allgemeinen Schulausbildung führte, muss der Verpflichtete dies nach Treu und Glauben hinnehmen. Unabhängig davon, dass dem Kind ein schulisches Versagen während seiner Minderjährigkeit ohnehin kaum vorgeworfen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 1997 - XII ZR 20/96 - FamRZ 1998, 367, 370 zu § 1611 Abs. 2 BGB), ist nach den getroffenen Feststellungen das Wiederholen der Schulklasse ebenso wie der vergleichsweise schlechte Notendurchschnitt des Abgangszeugnisses auch auf die von der Antragstellerin nicht zu vertretende familiäre Situation einschließlich des Aufenthaltswechsels von den Niederlanden nach Deutschland und den damit verbundenen Wechsel des Schulsystems zurückzuführen. Darin, dass die Antragstellerin diese negativen Einflüsse auf ihre schulische Entwicklung auch in den Folgejahren nach dem Wechsel nicht aus eigener Kraft mit der vorhandenen Begabung kompensieren konnte, liegt kein schuldhaftes Versagen des Kindes von unterhaltsrechtlicher Relevanz.
- 21
- bb) Ebenfalls ist der Antragstellerin unterhaltsrechtlich nicht vorzuwerfen, dass sie nicht sofort nach der Erlangung des Schulabschlusses in ein Ausbildungsverhältnis eintrat. Dass das Oberlandesgericht ihr insoweit eine Übergangszeit zugestanden hat, liegt im tatrichterlichen Ermessen und ist im Rahmen der rechtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden.
- 22
- Hierbei durfte das Oberlandesgericht berücksichtigen, dass es Bewerbern mit guter Ausgangsqualifikation, die sich vor allem durch gute Schulnoten ausdrücken kann, im ersten Zugriff grundsätzlich leichter gelingt, einen Ausbil- dungsplatz zu erlangen, als Bewerbern mit schwächerer Qualifikation. Letztere mögen verstärkt darauf angewiesen sein, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen, was auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen kann.
- 23
- Nach den getroffenen Feststellungen bemühte sich die Antragstellerin seit 2007 um einen Ausbildungsplatz, indem sie in den Jahren bis 2009 mehrere Praktika absolvierte mit dem Ziel, im Anschluss hieran bei den jeweiligen Unternehmen einen Ausbildungsplatz zu erlangen. Zwar hat die Antragstellerin für 2008 keine konkreten Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz vorgetragen. Es hält sich jedoch in den Grenzen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, wenn das Oberlandesgericht hierin nach den Umständen des Einzelfalls noch keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung gesehen hat.
- 24
- cc) Dass die angeordnete Unterhaltsverpflichtung den Antragsgegner unzumutbar belasten könnte, ist vor dem Hintergrund der tatrichterlich getroffenen Feststellungen auch unter Berücksichtigung des relativ langen Zeitraums bis zur Aufnahme der Ausbildung nicht ersichtlich. Denn in Anbetracht der schwierigen Ausbildungsmarktlage für Schulabsolventen mit schwacher Notenqualifikation musste der Antragsgegner damit rechnen, dass die Antragstellerin eine Ausbildungsstelle erst würde antreten können, nachdem sie sich in vorgeschalteten Berufsorientierungspraktika oder ähnlichen Tätigkeiten bewährt hatte. Auch liegt die gesamte Ausbildung noch innerhalb des Zeitraums vor der Vollendung des 25. Lebensjahres, für den Kindergeld beansprucht werden kann, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 BKGG). Durch die vorgenannte Regelung erkennt die Rechtsordnung eine Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres unabhängig von ihrer Art als grundsätzlich förderungswürdig an. Es handelt sich um die erste Ausbildung der Antragstellerin, die der Antragsgegner zu finanzieren hat; zudem muss der Antragsgegner vergleichsweise niedrige Beträge zahlen, die sich innerhalb des Ausbildungszeitraums wegen der jährlich steigenden Ausbildungsvergütung sogar noch verringern.
- 25
- 3. Auch hinsichtlich der Höhe des angeordneten Unterhalts hält die angefochtene Entscheidung einer Überprüfung stand.
- 26
- a) Der Bedarf der Antragstellerin steht nur insoweit im Streit, als der Antragsgegner Haushaltsersparnis und Synergie durch das Zusammenleben mit einem Partner geltend macht. Das Oberlandesgericht hat jedoch das Vorbringen , mit dem der Antragsgegner das Zusammenleben der Antragstellerin mit einem Partner behauptet, zu Recht als nicht hinreichend substanziiert erachtet.
- 27
- b) Nach den zur Leistungsfähigkeit des Antragsgegners getroffenen Feststellungen verfügt dieser über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.782,50 € abzüglich 5% berufsbedingter Aufwendungen (89,15 €) und Krankenversicherungsbeitrag von 274,77 €. Unter Abzug des angemessenen Selbstbehalts, den das Oberlandesgericht unter Hinweis auf seine Leitlinien in tatrichterlicher Verantwortung mit 1.100 € bis Ende 2010 bzw. 1.150 € für die Zeit danach bemessen hat, war der Antragsgegner für den zugesprochenen Unterhalt leistungsfähig. Damit kann er den Unterhalt erbringen.
- 28
- Etwas anderes folgt auch nicht aus den erhöhten Selbstbehalten, die der Senat gegenüber einem vormals wirtschaftlich selbstständigen Kind gebilligt hat (Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 15/10 - FamRZ 2012, 530 Rn. 20). Denn ein Kind, das die Phase vor seiner Erstausbildung durch Berufsorientierungspraktika oder ähnliche Tätigkeiten überbrückt, ist noch nicht wirtschaftlich selbstständig im vorbezeichneten Sinne.
- 29
- Soweit der Antragsgegner vorbringt, ihm müsse pauschal ein höherer als der tabellenmäßige Selbstbehalt verbleiben, um das in seinem Aufenthaltsstaat, den Niederlanden, bestehende höhere Preisniveau aufzufangen, ist dem nicht zu folgen. Die tabellenmäßigen Selbstbehaltsbeträge geben eine pauschalierte Betrachtung zur Hand, die bereits auf regionale Preisunterschiede innerhalb Deutschlands keine Rücksicht nimmt. Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der im Ausland aufhältige Unterhaltspflichtige einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung. Jedenfalls wenn sich die Kaufkraft des Euro in den einzelnen Staaten nur geringfügig unterscheidet, wie hier die Rechtsbeschwerde nur um 4,4 % erhöhte Lebenshaltungskosten für die Niederlande vorträgt, ist ein Kaufkraftausgleich regelmäßig nicht geboten (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 35).
- 30
- 4. Schließlich ist es nicht zu beanstanden und von der Rechtsbeschwerde im Übrigen auch nicht gerügt, dass das Oberlandesgericht eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1611 BGB abgelehnt hat (vgl. dazu auch Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 27). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
AG Mayen, Entscheidung vom 13.10.2011 - 8b F 585/10 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 28.03.2012 - 13 UF 1081/11 -
Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:
- 1.
die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtzeitig angekündigt wurde; § 555a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend; - 2.
Maßnahmen, die über die Erhaltung hinausgehen, die spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform angekündigt wurden; § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 2 bis 4 und § 555d Absatz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.
(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.
(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,
- 1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder - 2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.
(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.
(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.
Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.
(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,
- 1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und - 2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.
(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,
- 1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und - 2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.
(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.
Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:
- 1.
die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtzeitig angekündigt wurde; § 555a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend; - 2.
Maßnahmen, die über die Erhaltung hinausgehen, die spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform angekündigt wurden; § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 2 bis 4 und § 555d Absatz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.
(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,
- 1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und - 2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.
(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,
- 1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und - 2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.
(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.
(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.
(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,
- 1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder - 2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.
(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.
(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.