Arbeitsrecht: Schadensersatz wegen Benachteiligung

bei uns veröffentlicht am16.06.2009
Zusammenfassung des Autors

keine Benachteiligung wegen des Geschlechts bei Stellenausschreibung eines Mädcheninternats nur für Frauen - BSP Rechtsanwälte - Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

Das LAG Rheinland-Pfalz hat mit dem Urteil vom 20.03.2008 (Az.: 2 Sa 51/08) folgendes entschieden:

Eine zum Schadensersatz verpflichtende Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt nicht vor, wenn die Stelle einer Erzieherin in einem Mädcheninternat nur für eine Frau ausgeschrieben und besetzt wird, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Arbeitszeit mit Nachtdienst (25%) belegt ist, bei dem auch die Schlafräume, Waschräume und Toiletten der Internatsschülerinnen betreten werden müssen.

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgericht Trier vom 21.11.2007 - 1 Ca 1288/07 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
   

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger einen Entschädigungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Kläger ist ausgebildeter Diplom-Sozialpädagoge. Laut Bescheinigung der Fachhochschule V-Stadt vom 26.02.1997 erwarb er im Studiengang Sozialwesen mit dem Studienschwerpunkt Sexualpädagogik einen Hochschulabschluss und ist seit dem berechtigt, die Berufsbezeichnung Diplom-Sozialarbeiter/ Sozialpädagoge (Fachhochschule) zu tragen. In der Stellenbörse der Bundesagentur für Arbeit im Mai 2007 war eine Stelle bei dem staatlichen XY-Gymnasium U-Stadt ausgeschrieben, die auszugsweise wie folgt lautet:

"S T E L L E N A U S S C H R E I B U N G
        Erzieherin/Sportlehrerin/Sozialpädagogin
Das Staatliche XY-Gymnasium V-Stadt sucht für sein Mädcheninternat eine Erzieherin/Sportlehrerin/Sozialpädagogin zum 20. August 2007.
Die Vergütung richtet sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL). Darüber hinaus werden die üblichen Sozialleistungen gewährt. Es handelt sich um eine Vollzeitstelle.
    ……
  
Das XY-Gymnasium besuchen zur Zeit 500 Schülerinnen und Schüler in den Klassen 7 - 13 sowie in speziellen Förderklassen für Aussiedler und Migranten ab Klasse 10. Zur Schule gehört ein Internat mit 196 Plätzen.

Wir suchen eine Erzieherin/Sportlehrerin/Sozialpädagogin, die bereit ist, Hausaufgabenbetreuung zu übernehmen und das sportliche sowie das Freizeitangebot für unsere Internatsschülerinnen und -schüler (Basketball, Volleyball, Badminton, Gymnastik, Tanz, Outdoor-Sportarten) durchzuführen und zu ergänzen. Die Schule verfügt über eine Sporthalle, ein Schwimmbad und einen Sportplatz."

Auf diese Stelle bewarb sich der Kläger. Mit Schreiben vom 24.05.2007 wurden ihm seine Bewerbungsunterlagen zurückgesandt mit dem Bemerken die neue Stelleninhaberin müsse auch Nachtdienst im Mädcheninternat leisten, daher könnten bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle ausschließlich weibliche Bewerberinnen berücksichtigt werden.

Der Kläger forderte mit Schreiben seiner späteren Prozessbevollmächtigten vom 02.07.2007 gegenüber dem XY-Gymnasium U-Stadt einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 6.750,00 €. Die B., B-Stadt wies mit Schreiben vom 19.07.2007 den Anspruch zurück mit der Begründung, es liege ein sachlicher Grund für die geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung vor, nämlich wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit, namentlich dem zu versehenden Nachtdienst.

Mit der bei Gericht am 30.08.2007 eingegangenen Klage macht der Kläger die Entschädigung klageweise geltend. Er vertritt die Auffassung, die Voraussetzungen des § 8 AGG seien nicht gegeben. Das staatliche XY-Gymnasium und das angeschlossene Internat stehe Mädchen und Jungen offen. Die Stellenausschreibung sei nicht geschlechtsneutral. Mit keinem Wort gehe die Ausschreibung auf die Anforderung ein, nämlich auf die angebliche Notwendigkeit, Nachtschichten im Mädcheninternat durchzuführen. Seitens des beklagten Landes werde nicht einmal mitgeteilt, welchen Anteil eventuelle Nachtdienste im gesamten Tätigkeitsbereich der ausgeschriebenen Stelle einnehmen würden. Dieser Anteil dürfte äußerst gering sein. Der Kläger hat im übrigen die tatsächlichen Behauptungen des beklagten Landes über die organisatorische Einbindung der zu besetzenden Stelle mit Nichtwissen bestritten.

Der Kläger hat ein geschätztes Bruttomonatsgehalt von 2.700,00 € angenommen und hieraus einen Betrag von 2,5 Bruttomonatsgehältern als Mindestbetrag geltend gemacht.


Entscheidungsgründe

Die Berufung des beklagten Landes ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

Das beklagte Land setzt sich in den innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen mit den tragenden Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils in ausreichender Form auseinander, bekämpft diese insbesondere auch mit dem Hinweis, das Gericht habe seine Pflicht verletzt, indem es das beklagte Land nicht auf erforderliche Beweisangebote hingewiesen habe. Auch mit den Rechtsausführungen des Arbeitsgerichts setzt sich das beklagte Land in hinreichender Form auseinander, wenn es seine Auffassung darlegt, eine organisatorische Möglichkeit, den Kläger auch als Erzieher auf einer Stelle im Mädcheninternat zu beschäftigen, sei wegen der Besonderheiten der Situation nicht durchführbar.

Die Berufung ist auch begründet.

Nach durchgeführter Beweisaufnahme kann die Kammer die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch des Klägers nicht feststellen. Hierbei geht die Kammer im Wesentlichen von folgenden tatsächlichen Feststellungen aus, welche durch die Beweisaufnahme mit Vernehmung des Zeugen Dr. A. bestätigt wurden:

Es bestand eine Übung im Hause, dass in dem Mädcheninternat vier Erzieherinnenstellen vorgesehen sind und im Jungeninternat drei Erzieherinnenstellen. Eine Erzieherinnenstelle ist durch Ausscheiden der bisherigen Stelleninhaberin frei geworden. Im Mädcheninternat sind 120 Plätze, im Jungeninternat 76 Plätze, sodass auch insoweit ein Zahlenverhältnis von vier zu drei besteht. Die Einsatzplanung sieht vor, dass 21 Stunden eines Tages besetzt sind mit Erziehern bzw. Erzieherinnen und lediglich die Zeit zwischen neun und zwölf Uhr am Vormittag, in dem sich die Schülerinnen und Schüler regelmäßig im Unterricht befinden, nicht dienstplanmäßig durch Erzieherinnen bzw. Erzieher belegt sind, weil dann auch im Internat sich der Putzdienst befindet.

An den Wochenenden sind die Häuser durchgängig mit einem Erzieher bzw. einer Erzieherin besetzt. Ab 21.30 Uhr ist nur noch eine Kraft pro Mädchen- bzw. Jungeninternat im Haus. Die Diensteinteilung wird so geregelt, dass ohne konkrete Anweisung des Schulleiters eine Kraft immer nur einen Nachtdienst macht und dann die drei weiteren Nachtdienste von den anderen Kolleginnen übernommen werden, also eine tägliche Abwechslung stattfindet und bei den Betreuern im Jungeninternat entsprechend verfahren wird. Die Mädchen sind zwischen 13 und 22 Jahre alt. Aufgabe des Nachtdienstes ist es für die Lichtschluss und die Nachtruhe zu sorgen, dabei ist es auch Aufgabe zu kontrollieren, ob alle Mädchen im Zimmer sind. Eine Begehung eines jeden Zimmers ist dazu erforderlich, ggf. auch ein Aufsuchen der Duschzonen bzw. Sanitäreinrichtungen, wenn sich das Mädchen nicht in dem Zimmer befindet. Bei der morgendlichen Aufgabe des Weckens ist es auch erforderlich, dass die Erzieherinnen und Erzieher in die einzelnen Zimmer gehen, weil das Wecken nicht mehr durch ein lautes Signal erfolgt. Dazu ist es zum Teil notwendig, dass die betreffende Person auch die Schülerin, wenn sie fester schläft, entweder anfasst oder an der Decke zieht.

Die Mädchen bewegen sich auch zum Aufsuchen der Duschen oder Sanitäreinrichtungen im Nachthemd und kommen häufig mit umgeschlungenen Handtuch in die Zimmer zurück. Im Krankheitsfall kümmert sich die Erzieherin um die Schülerin und entscheidet dann, welche Maßnahmen angebracht sind. Jede Erzieherin hat ihr eigenes Zimmer im Mädchenhaus auf den unterschiedlichen Etagen. In diesen Zimmern halten sich die Erzieherinnen dann auch auf, wenn sie im Nachtdienst tätig sind und sind dann jederzeit für Anfragen erreichen, etwa wenn nachts ein Krankheitsfall auftritt. In den Erzieherinnenzimmern befindet sich eine Waschgelegenheit und eine Toilette, aber keine Dusche, diese muss in der Gemeinschaftseinrichtung mitbenutzt werden.

Der Schulleiter selbst betritt das Erdgeschoss des Mädcheninternats, in dem sich die Gemeinschaftsräume befinden und auch ein Erzieherinnenzimmer. Auch Jungen ist es erlaubt dieses Erdgeschoss zu betreten, es ist jedoch untersagt in den Wohnbereich der Mädchen zu gehen, im Jungenhaus ist es umgekehrt den Mädchen untersagt. Wenn es notwendig ist, dass männliche Personen den Wohnbereich betreten, wird immer eine Erzieherin vorausgeschickt um zu ermitteln, ob ein Zugang möglich ist. Die Freizeitangebote hinsichtlich der sportlichen Aktivitäten richten sich im Regelfall an beide Geschlechter ebenfalls die Hausaufgabenbetreuung.

Die Stelle, auf die sich etwa 20 Bewerberinnen und der Kläger gemeldet hatte, wurde auch ausgerichtet auf den Sportbereich, sie wurde dann mit einer Frau besetzt, die eine zweijährige Sportfachausbildung durchlaufen hat. Deren Eingruppierung erfolgt als Erzieherin. Die Eingruppierung nach BAT war die Vergütungsgruppe Vc BAT.

Diese Feststellungen beruhen auf der glaubhaften Bekundung des Zeugen Dr. A.. Die Kammer hatte keine Veranlassung an der Richtigkeit dieser Aussagen zu zweifeln. Die Beweisaufnahme war erforderlich gewesen, weil der Kläger, der aus eigener Anschauung keine Kenntnisse über den tatsächlichen Ablauf im Mädchen- und Jungeninternat hatte, die Angaben des beklagten Landes zulässigerweise mit Nichtwissen bestreiten durfte.

Die Kammer war auch nicht gehindert, im Berufungsverfahren dem erstmals dort gestellten Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen Dr. A. nachzugehen. Hierbei kam es nicht darauf an, ob das Arbeitsgericht insofern eine Hinweispflicht verletzt hat. Das Arbeitsgericht hat Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht im ersten Rechtszug zurückgewiesen, daher kommt ein Ausschluss gemäß § 67 Abs. 1 ArbGG nicht in Betracht. Ob neue Angriffs- und Verteidigungsmittel entgegen einer formgerecht gesetzten Frist des Arbeitsgerichts erstinstanzlich nicht vorgebracht worden sind, kann ebenfalls offen bleiben, weil nach freier Überzeugung des Landesarbeitsgericht die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde (§ 67 Abs. 2 S. 1 ArbGG bzw. § 67 Abs. 3 ArbGG). Durch die im Termin mögliche Beweisaufnahme war eine Feststellung des Sachverhaltes der Kammer möglich.

Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 15 Abs. 2 AGG.

Danach ist bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Diese darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Der Kläger selbst macht innerhalb dieses Drei-Monats-Höchstbetrages eine Entschädigung von 2,5 Gehältern geltend. Hierbei ist allerdings entgegen der Auffassung des Klägers in der Klageschrift und entgegen der Feststellung des Arbeitsgerichts nicht von einem Bruttomonatsverdienst von 2.700,00 € auszugehen. Die Monatsvergütung beträgt vielmehr bei der vom beklagten Land angewendeten tariflichen Eingruppierung in TV-L bei einer früheren V c BAT-Stelle bei der Entgeltgruppe 8 1.926,00 € nach dem Tabellenentgelt ab dem 01.11.2006.

Das beklagte Land hat eine Stellenausschreibung vorgenommen ausdrücklich bezogen auf eine weibliche Bewerberin für die Erzieherinnenstelle in dem Mädcheninternat des staatlichen XY-Gymnasiums U-Stadt. Dem Kläger wurde eine Absage mit der Begründung erteilt, er komme als männlicher Bewerber für die Stelle nicht in Betracht.

Nach § 11 AGG darf ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden, die Ausschreibung ist daher grundsätzlich geschlechtsneutral vorzunehmen. Eine merkmalsbezogene Aussage ist nur zulässig, wenn das Differenzierungskriterium wegen Vorliegens von Ausnahme oder Rechtfertigungsgründen verwendet werden darf.

Ein Verstoß gegen das Verbot der benachteiligenden Ausschreibung löst jedoch allein noch keine Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 AGG aus, begründet allerdings eine Vermutung für einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot selbst. Die nicht geschlechtsneutrale Ausschreibung muss als Tatsache gewertet werden, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lässt. So ist auch im Verlaufe des Rechtsstreites vom beklagten Land nicht in Abrede gestellt worden, dass der Kläger wegen seines Geschlechts nicht eingestellt wurde.

Die Vermutung, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt, führt gemäß § 22 AGG zu einer Beweislastumkehr. Im Streitfall sind Indizien unstreitig, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes, hier des Geschlechts vermuten lassen. Somit trägt das beklagte Land die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Das beklagte Land beruft sich auf § 8 Abs. 1 AGG. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

Mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14.08.2006 sollte die frühere Rechtsposition infolge Geschlechtsdiskriminierung benachteiligter Beschäftigter nicht verschlechtert werden. Die in § 611 a Abs. 1 S. 2 BGB enthaltene Formulierung, ob ein bestimmtes Geschlecht "unverzichtbare Voraussetzungen für die Tätigkeit " ist in ihrem sachlichen Gehalt für die Frage, ob eine Benachteiligung wegen des Geschlechts gerechtfertigt ist, nicht zugunsten der auswählenden Arbeitgeber aufgeweicht worden.

Die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bislang hierzu aufgestellten Anforderungen sind also nach wie vor heranzuziehen. Danach geht das Merkmal über die bloßen sachlichen Grund hinaus, der die Ungleichbehandlung rechtfertigt. Bei Unverzichtbarkeit im engeren Sinne ist an Fälle zu denken, in denen einem Arbeitnehmer die Erfüllung der geschlechtsneutral formulierten Arbeitsaufgabe tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist. Unverzichtbarkeit im weiteren Sinne ist in Konstellationen zu bejahen, in denen Beschäftigte eines bestimmten Geschlechtes die Arbeitsleistung zwar erbringen können, jedoch schlechter als Beschäftigte des anderen Geschlechts und dieser Qualifikationsnachteil auf biologischen Gründen beruht (vgl. BAG Urteil vom 14.08.2007, 9 AZR 943/06).

Eine Unverzichtbarkeit im eigentlichen Sinne liegt nicht vor. Es ist weder eine tatsächliche Unverzichtbarkeit noch eine rechtliche Unverzichtbarkeit gegeben. Die tatsächliche Unverzichtbarkeit bilden die Fälle biologische Notwendigkeit. Abzustellen ist auf die Tätigkeit selbst und zwar auf die eigentliche Tätigkeit. Als Testfrage hierzu bietet sich an, ob der Arbeitgeber den Arbeitsplatz dauerhaft unbesetzt gelassen hätte, wenn nur Bewerber des unerwünschten Geschlechts zur Verfügung gestanden hätten. Zur tatsächlichen Unverzichtbarkeit sind wohl auch die Fälle der Authentizitätswahrung zur rechnen (z. B. kann Damenmode authentisch nur von Damen vorgeführt werden).

Zur rechtlichen Unverzichtbarkeit gehören alle diese Fälle, in denen ein Gesetz die Beschäftigung des jeweils anderen Geschlechts verbietet.

Die Unverzichtbarkeit im weiteren Sinne ist dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer eines bestimmten Geschlechts die berufliche Tätigkeit tatsächlich schlechter ausüben kann als Angehörige des anderen Geschlechts. Die Minderleistung muss biologisch bedingt sein, wenn auch nicht unmittelbar sondern auch reflektiert durch Dritte mit denen der Arbeitnehmer zu tun hat. Dies ist in den Fällen gegeben, wo die Scham gegenüber dem anderen Geschlecht relevant wird. Bei solchen Sachverhalten sind keine Vorurteile gegenüber Männern oder Frauen entscheidend, sondern ein Gefühl, das zwar gesellschaftlich geformt sein mag, aber dennoch biologisch begründet ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn Personen, die mit der Arbeitsleistung in Verbindung kommen, zur Wahrung ihrer Intimsphäre das andere Geschlecht zurückweisen. Dann ist eine Differenzierung zwischen den Geschlechtern zulässig. Wie vernünftig das Schamgefühl oder wie verbreitet es ist, ist nicht relevant. Entscheidend ist allein der Grund zur Differenzierung.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist festzustellen, dass beklagte Land nicht lediglich einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung zur Rechtfertigung der Benachteiligung des männlichen Bewerbers, des Klägers, herangezogen hat. Entscheidend sind die beruflichen Anforderungen, wie sie für die vertragsgemäße zu erbringende Leistung erforderlich sind. Wesentlich sind diese Anforderungen, wenn ein hinreichend großer Teil der Gesamtforderung des Arbeitsplatzes betroffen sind. Das beklagte Land hat sich nicht lediglich auf sachliche Gründe oder Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte berufen, um die berufliche Anforderung zu beschreiben.

Hierbei ist unschädlich, dass in der Stellenausschreibung auf einen Nachtdienst nicht hingewiesen wird. Dem beklagten Land ist es nicht verwehrt, sich auf die Begleitumstände einer Stelle einer Erzieherin im Mädcheninternat zu berufen. Dass eine Erzieherin im Mädcheninternat eingesetzt werden soll, ist eindeutig der Stellenausschreibung zu entnehmen. Hierbei ist es dem beklagten Land zu gestatten, die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung aus dem Umständen herzuleiten, die zwingend und notwendig mit der Tätigkeit einer Erzieherin in dem Mädcheninternat des Gymnasiums zusammenhängen.

Aus der Stellenausschreibung ergibt sich im übrigen auch nicht, dass die Hausaufgabenbetreuung, das sportliche und das Freizeitangebot ausschließlicher Tätigkeitsbereich sein soll. Aus der Formulierung ist vielmehr eindeutig zu entnehmen, dass dies auch zusätzliche Aufgaben den eigentlichen Aufgaben einer Erzieherin/ Sportlehrerin/ Sozialpädagogin im Mädcheninternat sein sollten. Dies ergibt sich aus der Formulierung, dass die Bewerberin auch bereit sein soll, die Hausaufgabenbetreuung etc. zusätzlich zu übernehmen. Sind aber mit der Tätigkeit einer Erzieherin Aufgaben verbunden, die Probleme aufwerfen können, wenn die einzustellende Person männlichen Geschlechts ist und damit nicht so ohne weiteres im Bereich des Mädcheninternats eingesetzt werden kann, kann sich das beklagte Land darauf berufen, dass die im Rechtsstreit vorgetragenen Umstände, welche die Ausschreibung lediglich für weibliche Bedienstete beschrieben hat, auch bei der Prüfung der rechtfertigenden Gründe gemäß § 8 Abs. 1 AGG herangezogen werden.

Einen großen Teil der für eine Erzieherin im Mädcheninternat anfallenden Aufgaben kann der Kläger nicht ausüben. Wie dargestellt reicht hier das Merkmal der Unverzichtbarkeit im weiteren Sinne aus. Der Kläger kann abstrakt gesehen zwar die Arbeitsleistung erbringen, er kann sie jedoch nur schlechter als das andere Geschlecht. Dieser Qualifikationsnachteil beruht auf biologischen Gründen. Die Minderleistung ist biologisch bedingt und zwar reflektiert durch die Schülerinnen mit denen die betreuende erziehende Person zu tun hat. Hier wird die Scham gegenüber dem anderen Geschlecht relevant. Hier sind keine Vorurteile gegen Frauen oder Männer entscheidend, sondern ein Gefühl, dass zwar gesellschaftlich geformt sein mag, aber dennoch biologisch begründet ist.

Nach Auffassung der Kammer ergibt sich aus der durchgeführten Beweisaufnahme ganz klar, dass eine strikte Trennung der Geschlechter bei allen Konfrontationssituationen, die im Betrieb eines Mädcheninternats auftreten können, durchgeführt wird. Der Schulleiter selbst betritt die private Räume nur dann, wenn vorher sichergestellt ist, dass keine Konfliktsituation eintreten kann. Es ist dargestellt, dass zumindest in den Nachtschichtfällen die Erzieherin ganz konkrete private in den Intimbereich führende Zusammenkünfte den Mädchen im Alter zwischen 13 und 22 Jahren haben wird. So ist eine Verpflichtung, die Zimmer aufzusuchen, bei deren Nichtauffinden den Sanitärbereich oder gar die Duschen aufzusuchen, zwangsläufig mit Situationen verbunden, in denen sich die Mädchen nicht mehr so frei fühlen können, wenn die betreffende Person nicht weiblichen Geschlechts ist.

Der Hinweis der Klägervertreterin, in der mündlichen Verhandlung, die Mädchen hätten überwiegend einen biologischen Vater, mit dem sie auch in entsprechende Kontakte geraten, verfängt nicht. Die Situation ist nicht vergleichbar bei einem nicht zur Familie gehörenden männlichen Erzieher.

Im vorliegenden Fall wird die Scham gegenüber dem anderen Geschlecht relevant. Die Schülerinnen könnten sich nicht so frei entfalten und bewegen, wie sie dies machen, wenn eine weibliche Aufsichtsperson mit ihnen in den entsprechenden Kontakt tritt. Auf Zahl und Umfang von krankheitsbedingten Berührungen kommt es entscheidungserheblich nicht an. Die Nachtdienste, die nach der Darstellung des Zeugen wechselweise so geleistet werden, dass jede vierte Nacht eine Erzieherin einen Nachtdienst hat, machen hinsichtlich und der dort aufzuwendenden Arbeitszeit 25% der Tätigkeit aus, es kann somit nicht mehr von einem unerheblichen Teil der Arbeitsleistung ausgegangen werden.

Somit ist das Tatbestandsmerkmal gegeben, dass das weibliche Geschlecht wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen der Ausübungen, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, jedenfalls sofern es für die ausgeschriebene Stelle einer Erzieherin im Mädcheninternat vorausgesetzt wird. Der Zweck, die Stelle mit einer weiblichen Person zu besetzen, ist rechtsmäßig und die Anforderung ist auch angemessen, anderweitig kann sie nicht erledigt werden. Der Auffassung des Arbeitsgerichts ist nicht zu folgen, wonach dem beklagten Land es durchaus möglich wäre, den Dienstplan so zu organisieren, dass der Kläger die Nachtdienst nur im Jungeninternat verrichtet. Zwar ist dem beklagten Land nicht zu folgen, dass dies eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen würde, hierauf kann sich das beklagte Land nicht zurückziehen. Maßgebend ist aber der Gesichtspunkt, dass es der Organisation des beklagten Landes obliegt, zu entscheiden, dass eine Stelle im Mädcheninternat zu besetzen ist und gerade für diese Stelle entscheidende berufliche Anforderung der Umstand ist, dass sie auch voll in den Wechselschichtbetrieb integriert werden kann und somit auch die Nachtdienste nicht nur verrichten kann, sondern dies auch nach Art der auszuübenden Tätigkeit mit dem Schamgefühl der zu betreuenden Mädchen nicht kollidiert.

Ist nach allem die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt, durfte das beklagte Land die Stelle geschlechtsspezifisch ausschreiben, die Absage an den Kläger, begründet mit dessen Geschlecht, stellt zwar objektiv eine unmittelbare Benachteiligung dar, diese Benachteiligung ist aber nach § 8 Abs. 1 AGG nicht unzulässig.

Demgemäß musste der Anspruch des Klägers verneint werden und unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage des Klägers abgewiesen werden.


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(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.