Vergabekammer Südbayern Beschluss, 15. März 2016 - Z3-3/3194/1/03/01/16

bei uns veröffentlicht am15.03.2016

Gericht

Vergabekammer Südbayern

Tenor

1. Die Aufhebung der Ausschreibung bzgl. Los 3 (Möbel für Sonderräume) wird aufgehoben und das Ausschreibungsverfahren in den Stand vor der Aufhebung zurückversetzt.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin. Sie ist von der Zahlung der Gebühr befreit.

3. Für das Verfahren wird eine Gebühr von ... Euro festgesetzt.

4. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt im Rahmen des Neubaus des Rathauses die Vergabe der Büroeinrichtung. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Wege eines offenen Verfahrens nach den Bestimmungen der VOB/A.

Die Ausschreibung war in drei Lose aufgeteilt, Los 1 - Möbel für den Bibliotheksbereich, Los 2 - Möbel für Büroräume und Los 3 - Möbel für Sonderräume. Die Antragstellerin hat sich mit einem Angebot für Los 2 und Los 3 am Wettbewerb beteiligt. Bezüglich des Loses 2 war bei der Vergabekammer Südbayern bereits am 18.12.2015 ein Nachprüfungsverfahren der Antragstellerin anhängig, das mittlerweile mit bestandskräftigen Beschluss vom 04.02.2016 - Az. Z3-3-3194-1-53-12/15 abgeschlossen ist. Eine Zuschlagserteilung im Los 2 ist - soweit ersichtlich - bis dato nicht erfolgt.

Mit Schreiben vom 16.12.2015 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, das Vergabeverfahren im Los 3 aufzuheben. Da über die Aufhebung letztlich am 22.12.2015 im Gemeinderat entschieden werde, sollten die Bieter im Anschluss an die Sitzung über die Entscheidung zur Aufhebung informiert werden.

Die Antragstellerin rügte am 18.12.2015 die beabsichtigte Aufhebung. Sie könne keine vergaberechtlichen Gründe erkennen, die eine Aufhebung rechtfertigen würden.

Am 23.12.2015 erhielt die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Information über die Aufhebung des Vergabeverfahrens in Los 3, mit der Begründung die Vergabeunterlagen müssten grundlegend geändert werden, weil

„Die Ausschreibung aus haushaltsrechtlichen Gründen angepasst werden muss. Insbesondere wurde der Gemeinderat sowohl bei der Festlegung der LV-Kriterien als auch bei der Bemusterung nicht beteiligt. Die Ausschreibung wunde nicht gesetzeskonform nach VOL/A durchgeführt und die erzielten Angebotspreise sind zugleich überteuert.“

Diese Entscheidung rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 28.12.2015. Die Antragsgegnerin half der Rüge mit Schreiben vom 11.01.2016 nicht ab.

Weil die vorangegangenen Rügen die Antragsgegnerin nicht zur Änderung ihrer Rechtsauffassung bewegte, beantragte die Antragstellerin am 20.01.2016 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und weiter:

1. Die Antragsgegnerin wird angewiesen, das Vergabeverfahren in Los 3 fortzuführen und das Angebot der Antragstellerin zu bezuschlagen.

Hilfsweise:

2. Festzustellen, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens in Los 3 rechtswidrig war und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat.

3. Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakten gem. § 111 Abs. 1 GWB gewährt.

4. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird gem. § 128 Abs. 4 GWB für notwendig erklärt.

5. Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Antragstellerin, trägt die Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Nachprüfungsantrag gegen die Aufhebung des Vergabeverfahrens in Los 3, da dies gegen das Vergaberecht verstoße. Weder haushaltsrechtliche Gründe noch die Beteiligung des Gemeinderats vermögen die Aufhebung zu rechtfertigen. Darüber hinaus sei das Vergabeverfahren auch gesetzeskonform nach der VOB/A ausgeschrieben worden.

Es sei unklar, was genau mit „haushaltsrechtliche Gründe“ gemeint sein solle. Jedenfalls existiere im (Kommunal- und Landes-)Haushaltsrecht keine Regelung, aus der sich eine Verpflichtung zur Aufhebung eines Vergabeverfahrens ergebe. Würde es eine derartige Regelung geben, wäre diese wegen des in Art. 31 GG verfassungsrechtlich festgelegten Vorranges des Bundesrechts unbeachtlich.

Die Beteiligung des Gemeinderats im Vergabeverfahren, insbesondere auch bei der Festlegung der LV-Kriterien und bei der Bemusterung sei vergaberechtlich nicht notwendig. Dieser Aspekt könne daher für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung in vergaberechtlicher Hinsicht nicht relevant sein. Die versäumte Beteiligung könne zudem jederzeit nachgeholt werden, ohne das Vergabeverfahren aufzuheben. Es sei schließlich nicht nachvollziehbar, inwieweit im Zusammenhang mit der Einbeziehung des Gemeinderats eine Änderung der Vergabeunterlagen erforderlich werden solle.

Zwar könne die Korrektur von Verfahrensfehlern bzw. Vergaberechtsverstößen eine grundlegende Änderung der Vergabeunterlagen i. S. d. § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A erfordern. Der verfahrensgegenständliche Auftrag sei aber vergaberechtlich als Bauauftrag zu qualifizieren. Die Lieferung von Einrichtungsgegenständen wie Möbeln zur Erstausstattung eines Neubaus sei dann ein Bauauftrag nach § 99 Abs. 3 GWB, wenn die Lieferung zur vorgesehenen Nutzung des Gebäudes in seiner technischen und wirtschaftlichen Funktion erforderlich sei. Diese Voraussetzung werde vorliegend erfüllt, denn ohne die im Rahmen des Los 3 zu liefernden Möbel wäre das Rathaus nicht seinem vorgesehenen Zweck entsprechend nutzbar. Eine Neuvergabe des Loses 3 im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung nach dem 1. Abschnitt der VOL/A würde demnach eine unzulässige Umgehung des Vergaberechts darstellen. Im Übrigen würde auch die Neuvergabe nach der VOL/A nicht zu einem anderen Wettbewerbsergebnis führen.

Der von der Antragstellerin angebotene Angebotspreis sei auch - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht überteuert. Die Antragstellerin biete exakt die Leistungsqualität an, die in den Vergabeunterlagen nachgefragt worden sei und die gewünschte Qualität habe einen äquivalenten Preis.

Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin eine Markterkundung einschließlich einer Bemusterung zur Vorbereitung des Vergabeverfahrens durchgeführt. Gegenstand der Bemusterung seien auch die von der Antragstellerin angebotenen Stühle gewesen. Die in der Markterkundung erforschten Preise hätten Eingang in die Kostenschätzung gefunden.

Infolgedessen übersteige der von der Antragstellerin angebotene Preis im Los 3, insbesondere zu den Stühlen, nicht die Kostenschätzung der Antragsgegnerin. Erst bei einer Überschreitung des Angebots von etwa 20% im Verhältnis zu der ordnungsgemäßen Kostenschätzung liegen Anhaltspunkte für ein überteuertes Wettbewerbsergebnis vor, welche zunächst lediglich eine vertiefte Prüfung ermöglichen. Für eine solche Preisprüfung fehle es vorliegend bereits an Anhaltspunkten. Im Übrigen werde der Kostenrahmen der gesamten Maßnahme insgesamt nicht ausgeschöpft.

In der vorliegenden Konstellation ließe sich der Vergaberechtsverstoß unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wonach die Vergabekammer das mildeste Mittel wählen müsse, dadurch beseitigen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet werde, das Vergabeverfahren fortzuführen und der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen.

Die Vergabekammer informierte die Antragsgegnerin über den Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom 21.01.2016 Diese legte die Vergabeunterlagen vor.

Die Antragsgegnerin nahm mit Schriftsatz vom 04.02.2016 zum Nachprüfungsantrag Stellung und beantragte den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unbegründet zurückzuweisen, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten für notwendig zu erklären.

Der auf die Erteilung des Zuschlags an die Antragstellerin gerichtete Antrag sei unbegründet. Ein Vergabeverfahren könne durch Zuschlag oder durch Aufhebung gemäß § 17 EG VOB/A beendet werden. Auch wenn ein Aufhebungsgrund im Sinne des § 17 EG VOB/A fehlen würde, würde dies nicht zu einem Kontrahierungszwang im Sinne einer Pflicht zur Erteilung des Zuschlages führen. Ein solcher würde nur dann bestehen, wenn der Vergabewille der Vergabestelle unverändert fortbestehe und die Erteilung des Zuschlags durch die Vergabestelle an einen Bieter die einzig rechtmäßige Entscheidung darstelle.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens von Los 3 sei gemäß § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen eines schwerwiegenden Grunds gerechtfertigt. Nachträgliche Änderungen in den Vermögensverhältnissen des Auftraggebers seien als schwerwiegender Grund für eine Aufhebung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 3 EG VOB/A anerkannt. Die Antragsgegnerin habe unerwartete finanzielle Mehrbelastungen und Einnahmedefizite zu verkraften, die es rechtfertigen, das gegenständliche Vergabeverfahren zu Los 3 aufzuheben. Die Antragsgegnerin sei daher gezwungen, Sparpotentiale zu erschließen, die auch darin bestehen können, ein Vergabeverfahren aufzuheben und in abgespeckter Form neu zu vergeben. Die starke Eintrübung der Haushaltslage der Antragsgegnerin stelle einen Aufhebungsgrund gem. §17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A dar.

Auch die politische Neubewertung eines Beschaffungsvorhabens könne einen Aufhebungsgrund im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A darstellen. Vorliegend rechtfertige die politische Neubewertung der Investitionshöhe der Möblierungsgegenstände die Aufhebung der Ausschreibung des Loses 3. In der Gemeinderatssitzung vom 08.12.2015 habe sich der Gemeinderat gegen die Empfehlung der Projektsteuerung bzw. des Architekten gewandt und mehrheitlich beschlossen, das Vergabeverfahren zum Los 3 aufzuheben. In der Anschlussgemeinderatssitzung vom 22.12.2015, in der über die Abhilfe der Rüge der Antragstellerin beraten werden sollte, habe sich der Gemeinderat dafür entschieden, nicht abzuhelfen, d. h. weiterhin dafür, das Vergabeverfahren aufzuheben und neu auszuschreiben. Die Entscheidung des Gemeinderats sei auf eine öffentliche und über die Medien (Zeitungen und Rundfunk) ausgetragene kontroverse Debatte über die Kosten der Neuanschaffung der Möblierungsgegenstände zu Los 3 zurückzuführen. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin habe angesichts dieses Stimmungsbilds eine politische Neubewertung des Beschaffungsvorhabens vorgenommen.

Die Wahl der unrichtigen Vergabeart stelle darüber hinaus auch einen Aufhebungsgrund für die Ausschreibung dar. Die Ausschreibung der Möblierung hätte nicht der VOB/A, sondern nach der VOL/A erfolgen müssen. Bei einer Möblierung handele es sich nicht um eine Bauleistung. Soweit jedoch mit den Einrichtungsgegenständen eine Ausstattung vorgesehen sei, die nicht zwingend erforderlich sei, um eine besondere Funktion herzustellen, sondern lediglich eine alltägliche, seien solche Lieferleistungen nach der VOL/A auszuschreiben. Dies rechtfertigte die Aufhebung der Ausschreibung zum Los 3 ebenso.

Der ehrenamtliche Beisitzer hat die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle eines Rücknahmebeschlusses auf den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin übertragen.

Die Vergabekammer hat mit Schreiben vom 16.02.2016 die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am 08.03.2016 geladen.

Mit Schreiben vom 19.02.2016 nahm die Antragstellerin zur Antragserwiderung Stellung. Die Aufhebung des Vergabeverfahrens in Los 3 durch die Antragsgegnerin sei demnach nicht wirksam, da die Aufhebung nicht vergaberechtskonform erfolgt sei und die Beschaffungsabsicht der Antragsgegnerin (unverändert) fortbestehe. Des Weiteren lägen auch die Voraussetzungen der Scheinaufhebung vor.

So trage die Antragsgegnerin vor, dass im Jahr 2016 unerwartete finanzielle Mehrbelastungen und Einnahmedefizite zu verkraften seien. Diese unerwarteten finanziellen Mehrbelastungen und Einnahmedefizite sollten die Aufhebung des gegenständlichen Vergabeverfahrens zu Los 3 rechtfertigen. Auf der Ausgabenseite sei geradezu unvorstellbar, auf welchem Wege eine Gemeinde unerwarteten finanziellen Mehrbelastungen ausgesetzt sein solle. Jeder finanziellen Mehrbelastung habe bei ordnungsgemäßer kommunaler Haushaltsführung eine Beschaffungsentscheidung vorauszugehen. Sollte die Antragsgegnerin durch andere Beschaffungsentscheidungen ihre Handlungsmöglichkeiten eingeengt haben, so könne dies nicht zu einer unerwarteten finanziellen Mehrbelastung und nicht zu einem anderen schwerwiegenden Grund führen, nach dem das Vergabeverfahren aufgehoben werden könne. Eine Aufhebung könne nur dann rechtmäßig erfolgen, wenn der öffentliche Auftraggeber den Aufhebungsgrund nicht selbst schuldhaft herbeigeführt habe. Etwaige finanzielle Mehrbelastungen seien somit nicht geeignet, die Aufhebung des Vergabeverfahrens zu begründen.

Eine Änderung in der Beschaffungsabsicht der Antragsgegnerin sei nicht zu erkennen. Die Beschaffungsabsicht des Auftraggebers bestehe vielmehr unverändert fort. In ihrer Antragserwiderung trage die Antragsgegnerin erstmalig vor, dass die qualitativen Vorgaben an die Möblierung in der LV-Position „Konferenzsessel, Sitzungssaal, 1. OG“ abgesenkt werden sollen, so dass die Einzelpreise um 100% bis 300% günstiger ausfallen würden. Die Antragsgegnerin habe hingegen nicht konkretisiert, welche Merkmale der LV-Position geändert werden sollen. Die Höhe des Einzelpreises sei kein Merkmal der Leistung, sondern bestimme die Gegenleistung und sei damit als Kriterium nicht geeignet, eine geänderte Beschaffungsabsicht zu begründen. Darüber hinaus können nicht nennenswerte Änderungen des Auftrags eine Aufhebung und erneute Ausschreibung nicht begründen. Im Falle nicht nennenswerter Änderungen gelte die Beschaffungsabsicht als unverändert fortbestehend.

Ebenso verhalte es sich mit der politischen Neubewertung eines Beschaffungsvorhabens. Weil die Antragsgegnerin vorliegend jedoch daran festhalte, den Sitzungssaal mit Konferenzsesseln bestuhlen zu wollen, könne ein Abrücken von der ursprünglichen Beschaffungsabsicht gerade nicht festgestellt werden.

Im Übrigen sei es auch im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unzulässig, Einzelpreise der verschiedenen Angebote miteinander zu vergleichen. Maßgeblich sei ausschließlich der Gesamtpreis für die ausgeschriebene Leistung. Es sei äußerst fraglich, inwiefern der Streit über „Luxusstühle“ zu einer wirtschaftlicheren Beschaffung führen solle. Die konkurrierenden Bieter konnten trotz günstigerer Preise in der LV-Position der Konferenzsessel kein insgesamt wirtschaftlicheres Angebot unterbreiten.

Allein schon aus diesen Überlegungen ergebe sich die begründete Vermutung, dass die Aufhebung weder aus wirtschaftlichen Gründen, noch zur Vermeidung angeblicher „Luxusbeschaffung“ oder aus vermeintlich unerwarteten finanziellen Mehrbelastungen etc. erfolge, sondern dass das Ziel der Aufhebung einzig darin bestehe, den Zuschlag nicht auf das Angebot der Antragstellerin zu erteilen.

Mit Schreiben vom 26.02.2016 führte die Antragsgegnerin aus, dass auch das Fehlen eines Aufhebungsgrunds im Sinne des § 17 EG Abs. 1 Nr. 1-3 VOB/A keinen Anspruch auf die Zuschlagserteilung des Bieters an sich vermittele, weil andernfalls der auch im Vergabeverfahren geltende Grundsatz der Privatautonomie missachtet werden würde.

Zudem bestehe entgegen der Behauptung der Antragstellerin die Beschaffungsabsicht der Antragsgegnerin gerade nicht unverändert fort. Die Antragsgegnerin beabsichtige, die Qualitätsanforderungen an die Sitzungsstühle für den großen Sitzungssaal abzusenken, um Kostenersparnisse zu erzielen. Die Behauptung der Antragstellerin, die Antragsgegnerin würde sich von der Neuausschreibung lediglich aufgrund der Wiederholung der Ausschreibung bei unveränderter Beschaffungsabsicht einen günstigeren Gesamtpreisspiegel erwarten, sei falsch und entbehre jeder Grundlage. Bei beabsichtigten Änderungen des Vergabegegenstands, die sich nicht nur auf geringfügige Fehlerkorrekturen am Leistungsverzeichnis beschränkten, könne von einer unverändert fortbestehenden Beschaffungsabsicht nicht mehr die Rede sein.

Statt dem für den großen Sitzungssaal von der Antragstellerin angebotenen Sitzungsstuhl „Oxford" der Firma Fritz Hansen käme bei einer Neuausschreibung ein Sitzungsstuhl in Betracht, der sich produktneutral an den qualitativen Merkmalen des Stuhls „So.“ der Firma Wi. orientieren könnte. Bei einer Ausschreibung eines solchen Stuhls seien Angebotspreise von ca. 1.100 € netto zu erwarten.

Auch eine Scheinaufhebung liege nicht vor. Die Antragsgegnerin beabsichtige nicht, einem ihr genehmen Bieter den Auftrag zuzuschieben. Die Entscheidung über die Aufhebung des Vergabeverfahrens sei in einer mehrheitlichen Abstimmung getroffen worden. Die Antragstellerin berücksichtige nicht, dass von einer Scheinaufhebung schon dann nicht mehr gesprochen werden könne, wenn die erneute Durchführung eines offenen Verfahrens beabsichtigt sei, an der sich alle Bieter beteiligen können.

Die mündliche Verhandlung fand am 08.03.2016 in den Räumen der Regierung von Oberbayern statt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Die Vergabekammer schlug den Parteien vor, die Entscheidung über den Hauptantrag der Antragstellerin So.nge zurückzustellen, bis die Antragsgegnerin eine Entscheidung über die Neufestlegung des Beschaffungsbedarfs getroffen hat. Die Antragsgegnerin bat demgegenüber um sofortige Entscheidung.

Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert, soweit diese vor der mündlichen Verhandlung eingingen. Im Einzelnen wird auf deren Inhalt sowie auf die weiteren vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.

Die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus § 104 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), § 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung zur Regelung von Organisation und Zuständigkeiten im Nachprüfungsverfahren für Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.

Die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus § 104 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), § 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung zur Regelung von Organisation und Zuständigkeiten im Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge (BayNpV). Die örtliche Zuständigkeit ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BayNpV gegeben, da die Antragsgegnerin ihren Sitz im Regierungsbezirk Oberbayern hat.

Der 4. Teil des GWB ist anwendbar, da es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt. Vorliegend beabsichtigt die Antragsgegnerin, die Vergabe von Büromöbeln (Los 2) gem. § 99 Abs. 3 GWB zu vergeben. Die Antragsgegnerin ist auch als öffentlicher Auftraggeber einzustufen, der gemäß § 98 Nr. 1 GWB in Verbindung mit § 6 Abs. 1 VgV die Bestimmungen des 2. Abschnitts des Teils A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) anzuwenden hat.

Der Schwellenwert des § 2 Abs.1 VgV wird mit der ausgeschriebenen Gesamtbaumaßnahme (Neubau des Rathauses) erreicht. Vorliegend handelt es sich gem. § 3 Abs.7 VgV um ein Los der Gesamtbaumaßnahme.

Eine Ausnahmebestimmung des § 100 Abs. 2 GWB liegt nicht vor.

1. Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

1.1 Antragsbefugnis

Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen.

Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten.

Da ihr der Zuschlag nicht erteilt wird, droht ihr ein finanzieller Schaden.

1.2 Erfüllung der Rügeobligenheit

Die Antragstellerin hat ihren Rügeobliegenheiten gem. § 107 Abs.3 S.1 Nr.1, Nr.4 GWB genügt. Die Rügen der Antragstellerin vom 18.12.2015 und 28.12.2015 erfolgten auf die Mitteilungen über die Aufhebung des Vergabeverfahrens für Los 3 vom 16.12.2015 und 23.12.2015 hin und sind als „unverzüglich“ anzusehen, so dass es auf die Europarechtskonformität dieser gesetzlichen Vorgabe nicht ankommt.

2. Begründetheit des Nachprüfungsantrags

Der Nachprüfungsantrag ist bereits im Hauptantrag begründet, so dass es auf die Begründetheit des gestellten Hilfsantrags nicht ankommt. Die Antragsgegnerin kann ihre Aufhebung weder auf einen der normierten Aufhebungsgründe des § 17 EG VOB/A stützen, noch hat sie bis dato einen sachlichen Grund dargetan, der dazu führen würde, dass die Aufhebung gleichwohl als wirksam anzusehen wäre (siehe dazu BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - Az.: X ZB 18/13). Da die Antragsgegnerin grundsätzlich weiterhin einen Beschaffungsbedarf für die Bestuhlung des Sitzungssaals im Rathaus hat und bislang nicht zu erkennen ist, dass sich ihr Beschaffungsbedarf inhaltlich verändert hat, ist das Vergabeverfahren in den Stand vor den Beschluss zur Aufhebung zurückzuversetzen.

Eine Ausschreibung kann rechtmäßig unter den Voraussetzungen der Ziffern 1 - 3 des § 17 EG VOB/A aufgehoben werden. Ob die tatsächlichen Voraussetzungen der Ziffern 1 - 3 vorliegen, ist von den Nachprüfungsinstanzen uneingeschränkt überprüfbar, und zwar auch insoweit, als die Tatbestandsalternativen unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten. Da die Aufhebung einer Ausschreibung den Ausnahmefall für die Beendigung einer Ausschreibung darstellt und die Bieter auf die Durchführung und den ordnungsgemäßen Abschluss vertrauen dürfen, ist die Vorschrift des § 17 EG VOB/A eng auszulegen (OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 - Verg 4/13; Herrmann in Ziekow/Völlink, Vergaberecht vor § 17 VOB/A Rn. 2 m. w. N.).

Es liegt kein Grund zur rechtmäßigen und sanktionslosen Aufhebung der Ausschreibung nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A vor. Dafür ist eine derartige Änderung erforderlich, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Vergabeunterlagen für den Auftraggeber oder die Bieter unzumutbar geworden ist (OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 - Az.: Verg 4/13; 1. VK Bund, Beschluss vom 11.06.2013 - Az.: VK 1 - 33/13; VK Südbayern, Beschluss vom 20.07.2015 - Z3-3-3194-1-17-03/15). Die Umstände müssen so erheblich sein, dass eine Anpassung der Angebote nicht in Betracht kommt (1. VK Bund, Beschluss vom 11.06.2013 - Az.: VK 1 - 33/13 - Vielzahl von zentralen Änderungsnotwendigkeiten im LV; 3. VK Bund, Beschluss vom 09.02.2012 - Az.: VK 3 - 6/12).

Soweit die Antragsgegnerin sich darauf beruft, dass die qualitativen Vorgaben an die Möblierung in dieser Position abgesenkt werden sollen, so dass die Einzelpreise um 100% bis 300% günstiger ausfallen werden, hat sie bisher nicht aufgezeigt, durch welche Änderungen der Leistungsbeschreibung diese Ersparnisse erreicht werden sollen. Sie hat bislang überhaupt keine konkreten Änderungsvorstellungen an der maßgeblichen Position 3.1.2 der Leistungsbeschreibung (oder an anderen Positionen der Leistungsbeschreibung) geäußert. Die Erwähnung des Modells „So.“ der Firma Wi. als mögliches neues Leitfabrikat für eine künftige Ausschreibung im Schriftsatz vom 26.02.2016, spricht gegen eine grundlegende Änderung der Vergabeunterlagen. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen dargelegt, dass dieses Modell aller Voraussicht nach sogar auf der Basis der bisherigen Leistungsbeschreibung hätte angeboten werden können. Die Tatsache, dass es kein Bieter zu einem günstigen Preis angeboten hat, rechtfertigt nicht die Aufhebung der Ausschreibung.

Es ist derzeit somit nicht erkennbar, dass die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssten.

Es liegt auch kein anderer schwerwiegender Grund im Sinne des § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A vor. Da es sich bei dieser Alternative um einen Auffangtatbestand handelt, sind an die Prüfung, ob ein schwerwiegender Grund vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur dahingehend, dass der Grund genauso gravierend sein muss wie die in Ziffer 1 und 2 genannten Gründe. Hierher zählen z. B. schwere rechtliche Mängel, die im weiteren Verfahren nicht mehr behoben werden können, wie z. B. eine unterlassene europaweite Ausschreibung (OLG Koblenz Beschluss vom 10.04.2003 - 1 Verg 1/03). Ebenfalls unter diesen Tatbestand können Fälle fallen, in denen sich nachträglich Änderungen der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers ergeben haben, z. B. in Form von nachträglichen. Haushaltssperren (Ingenstau/Korbion, 19. Auflage, § 17 VOB/A Rd-Nr. 33, Heiermann/Riedl/Rusam, 13. Auflage VOB/A, § 17 EG Rd. -Nr. 17), allerdings nur dann, wenn der Auftraggeber dies nicht zu vertreten hat (siehe dazu OLG München, Beschluss vom 28.08.2012 - Verg 11/12).

Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass sie unerwartete finanzielle Mehrbelastungen und Einnahmedefizite zu verkraften habe, rechtfertigt das für sich gesehen noch nicht die Aufhebung einer Ausschreibung.

Erst wenn aufgrund einer notwendigen Neubewertung der finanziellen Situation der Antragsgegnerin ihr Beschaffungsbedarf ganz entfällt oder inhaltlich geändert wird, kommt eine Aufhebung einer Ausschreibung aus diesem Grund in Betracht.

Vorliegend besteht der Bedarf der Antragsgegnerin nach einer Bestuhlung für den Sitzungssaal ihres Rathauses unstreitig fort. Daran ändern auch die vorgetragenen Sparzwänge nichts. Die Antragsgegnerin will lediglich aufgrund der vorgetragenen Sparzwänge - und auch aufgrund des verheerenden Echos in der Presse und Öffentlichkeit auf die Beschaffung der ursprünglich vorgesehenen Stühle - deutlich niedrigere Preise für die Bestuhlung für den Sitzungssaal ihres Rathauses erreichen. Sie hat bis dato aber noch nicht dargetan, durch welche Änderungen an der Leistungsbeschreibung die qualitativen Vorgaben an die Möblierung in der Position 3.1.2 abgesenkt werden sollen, so dass die Einzelpreise um 100% bis 300% (eigentlich 50% bis 66,66%) günstiger ausfallen werden, wie offenbar von ihr gewünscht. Der zugrundeliegende Beschluss des Gemeinderats vom 08.12.2016 enthält im Übrigen keinen Hinweis auf eine vom Gemeinderat gewünschte Absenkung der qualitativen Vorgaben an die Möblierung. So.nge die Antragsgegnerin nicht zu erkennen gibt, durch welche Änderungen an der Leistungsbeschreibung die Einsparungen erzielt werden sollen, kommt eine Aufhebung nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nicht in Betracht.

Gleiches gilt für die politische Neubewertung des Beschaffungsvorhabens, auch hier muss sich diese in einer nachvollziehbar geänderten Beschaffungsabsicht niederschlagen, die derzeit nicht ersichtlich ist.

Auch das von der Antragsgegnerin als überteuert angesehene Angebot der Antragstellerin kann keine Aufhebung gem. § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A rechtfertigen. Die Antragsgegnerin hat schon keine dokumentierte Kostenschätzung bzgl. des Loses 3 der Beschaffung Büroeinrichtung neues Rathaus G.. vorgelegt, so dass sie auch nicht darlegen kann, dass das Angebot der Antragstellerin ihre Kostenschätzung erheblich übersteigen würde. Stattdessen spricht alles dafür, dass die Antragstellerin marktübliche Preise für die als Leitfabrikat ausgeschriebenen hochpreisigen Stühle angeboten hat.

Sowohl bei § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A als auch bei § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ist zudem zu beachten, dass die Gründe, die eine Aufhebung rechtfertigen sollen, nicht der Vergabestelle zurechenbar sein dürfen (OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 - Az.: Verg 4/13; Beschluss vom 06.12.2012 - Az.: Verg 29/12; Beschluss vom 28.08.2012 - Az.: Verg 11/12). Öffentliche Auftraggeber können sich nicht deshalb auf einen Aufhebungsgrund nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A berufen, weil sie geltend machen, dass sie den Beschaffungsbedarf nunmehr anders definieren und ausschreiben oder auch gar nicht mehr ausschreiben würden. Derartige Motivationsänderungen haben sie zu vertreten. Es ist Aufgabe des Auftraggebers, den Beschaffungsbedarf eines Vergabeverfahrens vor Verfahrensbeginn sorgfältig zu bestimmen. Denn das Bestimmungsrecht über den Beschaffungsinhalt obliegt grundsätzlich dem Auftraggeber, so dass auch Änderungen der Leistungsbeschreibung, jedenfalls wenn sie nicht auf unvorhersehbaren nachträglich eintretenden Ereignissen beruhen, in die Risikosphäre bzw. in den grundsätzlich vorhersehbaren Bereich des Auftraggebers fallen (1. VK Bund, B. v. 29.08.2011 - Az.: VK 1 - 105/11).

Die von der Antragsgegnerin als Begründung herangezogene politische Neubewertung des Beschaffungsvorhabens fällt als Motivationsänderung der Antragsgegnerin (siehe dazu VK Südbayern, Beschluss vom 22.05.2015 - Z3-3-3194-1-63-12/14) jedenfalls in ihre Risikosphäre. Dass - gerade im Kontext mit anderen Einsparmaßnahmen der Antragsgegnerin, die teilweise zulasten ihrer Bürger gehen, wie der Erhöhung der Kinderbetreuungskosten, der Grundsteuer A und B und der Gewerbesteuer - die Beschaffung hochpreisiger Bürostühle, die die Antragsgegnerin durch die Nennung des Leitfabrikats „Oxford“ vorgegeben hat, zu negativen Reaktionen in Öffentlichkeit und Presse führen kann, hätte die Antragsgegnerin vorhersehen und ihren Beschaffungsbedarf von Anfang an darauf einstellen können.

Ähnliches gilt auch für nach Angaben der Antragsgegnerin unerwarteten finanziellen Mehrbelastungen und Einnahmedefizite. Völlig zu Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass unerwartete Mehrausgaben in großem Umfang bei einer ordnungsgemäßen kommunalen Haushaltsführung im kurzen Zeitraum zwischen der Einleitung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens und der Angebotswertung auftreten können. Auch die Einnahmedefizite würden nur dann keine von der Antragsgegnerin zu vertretenden Umstände darstellen, wenn sie erst nach Einleitung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens plötzlich aufgetreten wären. Hat die Antragsgegnerin die Mehrausgaben und Einnahmen dagegen bereits bei der Festlegung des Beschaffungsbedarfs - wenigsten zum Teil erkennen können, hätte sie ihren Beschaffungsbedarf von Anfang an darauf einstellen und anders definieren können. Stattdessen hat die Antragsgegnerin - soweit ersichtlich - ihrem Architekten zumindest faktisch bei der Beschaffungsentscheidung freie Hand gelassen und möchte nun die hohen Kosten als Folgen dieser Beschaffungsentscheidung rückgängig machen. Dies fällt ebenfalls in die Risikosphäre der Antragsgegnerin.

Auch eine Korrektur von Verfahrensfehlern bzw. Vergaberechtsverstößen, die eine grundlegende Änderung der Vergabeunterlagen erfordern, kann nicht von § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 VOB/A gedeckt sein, da den öffentlichen Auftraggeber die Verpflichtung der korrekten Anwendung des Vergaberechts trifft. Aus diesem Grund kann der Begründungsansatz der Antragsgegnerin, es sei zu Unrecht nicht nach der VOL/A ausgeschrieben worden (die Vergabekammer hält diesen Ansatz inhaltlich nicht für zutreffend, s.u.) von vorneherein nicht zu einer von § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 VOB/A gedeckten rechtmäßigen und schadensersatzfreien Aufhebung führen.

Es sind derzeit von der Antragsgegnerin auch keine sonstigen Gründe dargetan, die eine Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigen würde.

Allerdings müssen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - Az.: X ZB 18/13) Bieter die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (hier § 17 EG Abs. 1 VOB/A; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Aus den genannten Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen folgt nicht im Gegenschluss, dass ein öffentlicher Auftraggeber gezwungen wäre, ein Vergabeverfahren mit der Zuschlagserteilung abzuschließen, wenn keiner der zur Aufhebung berechtigenden Tatbestände erfüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2002 - X ZR 232/00). Vielmehr bleibt es der Vergabestelle grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Dies folgt daraus, dass die Bieter zwar einen Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), aber nicht darauf, dass er den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2002 - Az.: X ZR 232/00).

Während eine von den Vergabe- und Vertragsordnungen gedeckte und somit rechtmäßige Aufhebung zur Folge hat, dass die Aufhebung keine Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens begründet, kann der Bieter im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung auf die Feststellung antragen, dass er durch das Verfahren in seinen Rechten verletzt ist (§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB). Ein Schadensersatzanspruch beschränkt sich in solchen Fällen allerdings regelmäßig auf die Erstattung des negativen Interesses (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10). Weitergehende Ansprüche, wie ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung des positiven Interesses oder - zur Vermeidung eines entsprechenden Schadenseintritts - ein Anspruch auf Weiterführung des Vergabeverfahrens, können nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen. Dies ist dann der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, ein Vergabeverfahren aufzuheben, in rechtlich zu missbilligender Weise dazu einsetzt, durch die Aufhebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können (BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - Az.: X ZB 18/13).

Der nach der Rechtsprechung des BGH erforderliche sachliche Grund für eine Aufhebung ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn ein geänderter Beschaffungsbedarf der Vergabestelle vorliegt und die Vergabestelle den Auftrag erneut im Wettbewerb vergeben will (siehe dazu OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.12.2013 - 15 Verg 9/13). Kein Auftraggeber kann gezwungen werden, eine Beschaffung vorzunehmen, die er so nicht mehr vornehmen will (OLG München, Beschluss vom 28.08.2012 - Verg 11/12; VK Südbayern, Beschluss vom 20.07.2015 - Z3-3-3194-1-17-03/15).

Hätte die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt, dass sie ihren Beschaffungsbedarf mehr als ganz unerheblich geändert hat und deshalb an der Ausschreibung nicht mehr festhalten will, wäre der Hauptantrag der Antragstellerin zurückzuweisen gewesen. Dies hat sie aber bisher nicht getan. Der Bedarf der Antragsgegnerin nach einer Bestuhlung für den Sitzungssaal ihres neuen Rathauses besteht unstreitig fort. Die Antragsgegnerin behauptet lediglich im Verfahren, dass sie beabsichtige, die Qualitätsanforderungen an die Sitzungsstühle für den großen Sitzungssaal abzusenken, um Kostenersparnisse zu erzielen. Wie sie dies tun will, hat sie nicht ansatzweise dargetan. Auf den Vorschlag der Vergabekammer, die Entscheidung über den Hauptantrag So.nge zurückzustellen, bis die Antragsgegnerin über die Neufestlegung ihres Beschaffungsbedarfs entschieden hätte, wollte die Antragsgegnerin nicht eingehen.

Die reine Behauptung der Antragsgegnerin, ihren Beschaffungsbedarf angesichts ihrer Sparzwänge modifizieren zu wollen, reicht zumindest im vorliegenden Fall angesichts der entgegenstehenden Indizien nicht aus. So spricht die Erwähnung des Modells „So.“ der Firma Wi. als mögliches neues Leitfabrikat einer künftigen Ausschreibung gegen eine mehr als nur ganz geringfügige Änderung des Beschaffungsbedarfs.

Zudem ist angesichts des bisherigen Verhaltens der Antragsgegnerin nicht ausgeschlossen, dass zumindest in Teilen des Gemeinderats Bestrebungen bestehen, die Aufhebung der Ausschreibung dazu nutzen zu wollen, bei praktisch unverändertem Beschaffungsbedarf das unliebsame Ergebnis der Ausschreibung zu korrigieren und vergleichbare Stühle zu einem evtl. günstigeren Preis nach Möglichkeit von einem ortsansässigen Mitbewerber der Antragstellerin zu beschaffen. Dazu soll ein nationales Verfahren nach dem ersten Teil der VOL/A gewählt werden, wodurch sich die Antragsgegnerin zwar nicht dem Wettbewerb wohl aber dem effektiven Rechtsschutz für die Bieter entziehen könnte.

Dass zumindest im Gemeinderat der Antragsgegnerin Wege gesucht werden, Angebote der Antragstellerin gerade nicht bezuschlagen zu müssen, zeigt der Beschluss des Gemeinderats vom 22.12.2015, in dem - nach durchgeführtem Nachprüfungsverfahren und bei offenbar unverändertem Beschaffungsbedarf - die vergaberechtlich gebotene Bezuschlagung des Angebots der Antragstellerin in Los 2 entgegen dem Vorschlag der Verwaltung abgelehnt wurde.

So.nge die Antragsgegnerin nicht darlegt, wie sich ihr Beschaffungsbedarf geändert hat, muss die Vergabekammer angesichts der sonstigen Umstände davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin die Aufhebung in rechtlich zu missbilligender Weise dazu einsetzen will, die im Vergabeverfahren erzielten, offenbar marktgerechten, Preise zu korrigieren und die unliebsame Antragstellerin vom Auftrag fernzuhalten.

Ein sachlicher Grund für die Aufhebung liegt nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern auch nicht darin, dass die Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Auftrag als Teil der Gesamtbaumaßnahme Neues Rathaus G.. nach der VOB/A EG ausgeschrieben hat. Es trifft zwar zu, dass der Auftraggeber jederzeit dazu berechtigt ist, eigenes vergaberechtswidriges Verhalten zu korrigieren und zwar unabhängig davon, ob dieses Verhalten vom jeweiligen Antragsteller in einem Nachprüfungsverfahren überhaupt noch angegriffen werden könnte (VK Südbayern, Beschluss vom 16.09.2015 - Z3-3-3194-1-27-04/15). Ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens zur Fehlerkorrektur notwendig, ist sie nicht rechtlich zu missbilligen, sondern geboten.

Die Antragsgegnerin hat vorliegend aber nicht unzulässigerweise nach der VOB/A ausgeschrieben. Es spricht viel dafür, dass der streitgegenständliche Auftrag vergaberechtlich als Bauauftrag zu qualifizieren ist. Die Lieferung von Einrichtungsgegenständen wie Möbeln zur Erstausstattung eines Neubaus ist dann als Bauauftrag nach § 99 Abs. 3 GWB anzusehen, wenn die Lieferung zur vorgesehenen Nutzung des Gebäudes in seiner technischen und wirtschaftlichen Funktion erforderlich ist (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 02. 11. 2004 -WVerg 11/04). Diese Voraussetzung wird vorliegend erfüllt, denn ohne die im Rahmen des Los 3 zu liefernden Möbel wäre das Rathaus nicht seinem vorgesehenen Zweck entsprechend nutzbar. Auf eine feste Verbindung mit dem Bauwerk kommt es nicht in jedem Fall zwingend an. Eine Neuvergabe des Loses 3 im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung nach dem 1. Abschnitt der VOL/A könnte sich demnach sogar als unzulässige Umgehung des Vergaberechts darstellen.

Da sich die Aufhebung der Ausschreibung durch die Antragsgegnerin zumindest derzeit nicht als vergaberechtskonform darstellt, war die Aufhebungsentscheidung vom 23.12.2015 aufzuheben und das Ausschreibungsverfahren in den Stand vor der Aufhebung zurückzuversetzen. Für den Fall der fortbestehenden Beschaffungsabsicht kann bei einer nicht von sachlichen Gründen gedeckten Aufhebung eines Vergabeverfahrens die Aufhebungsentscheidung aufgehoben und das Ausschreibungsverfahren fortgesetzt werden (OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 - Az.: Verg 4/13, Beschluss vom 06.12.2012 - Verg 25/12 ). Mit der Aufhebung der Aufhebungsentscheidung verstößt die Vergabekammer nicht gegen die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit der Antragsgegnerin und postuliert auch keinen Kontrahierungszwang. Mit der Aufhebung der Aufhebungsentscheidung und der Zurückversetzung des Ausschreibungsverfahrens in den Zustand vor der Aufhebung wird die Antragsgegnerin nicht dazu gezwungen, die Ausschreibung mit einem Zuschlag an die Antragstellerin abzuschließen. Ihr verbleiben neben der Zuschlagserteilung noch andere Handlungsalternativen.

Es bleibt der Antragsgegnerin beispielsweise auch unbenommen, das Vergabeverfahren (erneut) aufzuheben, sobald sie einen sachlichen Grund für eine Aufhebung, beispielsweise einen tatsächlich geänderten Beschaffungsbedarf, nachvollziehbar darlegen kann. Daran würde sie auch eine etwaige Bestandskraft dieses Beschlusses nicht hindern, weil eine solche Aufhebung aus sachlichem Grund einen neuen Sachverhalt darstellen würde.

3. Kosten des Verfahrens

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist.

Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 128 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 25.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und im Einzelfall auf 50.000 Euro erhöht werden kann. Im Einzelfall kann, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden.

Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Für das Verfahren wird eine Gebühr von ... Euro festgesetzt.

Die Antragsgegnerin ist von der Zahlung der Gebühr befreit. Dies ergibt sich aus § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG.

Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Antragstellerin wird als notwendig angesehen.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin beruht auf § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i. V. m. Art. 80 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG.

Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB von ihr nicht erwartet werden kann. Zur Durchsetzung ihrer Rechte ist die Antragstellerin hier aufgrund der komplexen Rechtsmaterie auf anwaltliche Vertretung angewiesen.

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Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 97 Grundsätze der Vergabe


(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 107 Allgemeine Ausnahmen


(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen 1. zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,2. für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem u

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 128 Auftragsausführung


(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelunge

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 99 Öffentliche Auftraggeber


Öffentliche Auftraggeber sind 1. Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,2. andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewe

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 100 Sektorenauftraggeber


(1) Sektorenauftraggeber sind 1. öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,2. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn a) d

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 98 Auftraggeber


Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 3 Schätzung des Auftragswerts


(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämie

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 114 Monitoring und Vergabestatistik


(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnun

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 2 Vergabe von Bauaufträgen


Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 104 Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge


(1) Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge sind öffentliche Aufträge, deren Auftragsgegenstand mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst: 1. die Lieferung von Militärausrüstung, einschließlich dazugehöriger Teile, Baut

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 111 Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, deren Teile unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen


(1) Sind die verschiedenen Teile eines öffentlichen Auftrags, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen, objektiv trennbar, so dürfen getrennte Aufträge für jeden Teil oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden. (2) Werden

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 6 Vermeidung von Interessenkonflikten


(1) Organmitglieder oder Mitarbeiter des öffentlichen Auftraggebers oder eines im Namen des öffentlichen Auftraggebers handelnden Beschaffungsdienstleisters, bei denen ein Interessenkonflikt besteht, dürfen in einem Vergabeverfahren nicht mitwirken.

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Vergabekammer Südbayern Beschluss, 15. März 2016 - Z3-3/3194/1/03/01/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2014 - X ZB 18/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 143/10 Verkündet am: 9. Juni 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

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(1) Sind die verschiedenen Teile eines öffentlichen Auftrags, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen, objektiv trennbar, so dürfen getrennte Aufträge für jeden Teil oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

(2) Werden getrennte Aufträge vergeben, so wird jeder einzelne Auftrag nach den Vorschriften vergeben, die auf seine Merkmale anzuwenden sind.

(3) Wird ein Gesamtauftrag vergeben,

1.
kann der Auftrag ohne Anwendung dieses Teils vergeben werden, wenn ein Teil des Auftrags die Voraussetzungen des § 107 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 erfüllt und die Vergabe eines Gesamtauftrags aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist,
2.
kann der Auftrag nach den Vorschriften über die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen vergeben werden, wenn ein Teil des Auftrags diesen Vorschriften unterliegt und die Vergabe eines Gesamtauftrags aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist,
3.
sind die Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags diesen Vorschriften unterliegt und der Wert dieses Teils den geltenden Schwellenwert erreicht oder überschreitet; dies gilt auch dann, wenn der andere Teil des Auftrags den Vorschriften über die Vergabe von Konzessionen unterliegt,
4.
sind die Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen und ein anderer Teil des Auftrags den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber unterliegt und wenn der Wert dieses Teils den geltenden Schwellenwert erreicht oder überschreitet,
5.
sind die Vorschriften dieses Teils anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags den Vorschriften dieses Teils und ein anderer Teil des Auftrags sonstigen Vorschriften außerhalb dieses Teils unterliegt; dies gilt ungeachtet des Wertes des Teils, der sonstigen Vorschriften außerhalb dieses Teils unterliegen würde und ungeachtet ihrer rechtlichen Regelung.

(4) Sind die verschiedenen Teile eines öffentlichen Auftrags, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen, objektiv nicht trennbar,

1.
wird der Auftrag nach den Vorschriften vergeben, denen der Hauptgegenstand des Auftrags zuzuordnen ist; enthält der Auftrag Elemente einer Dienstleistungskonzession und eines Lieferauftrags, wird der Hauptgegenstand danach bestimmt, welcher geschätzte Wert der jeweiligen Dienst- oder Lieferleistungen höher ist,
2.
kann der Auftrag ohne Anwendung der Vorschriften dieses Teils oder gemäß den Vorschriften über die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen vergeben werden, wenn der Auftrag Elemente enthält, auf die § 107 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 anzuwenden ist.

(5) Die Entscheidung, einen Gesamtauftrag oder getrennte Aufträge zu vergeben, darf nicht zu dem Zweck getroffen werden, die Auftragsvergabe von den Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen auszunehmen.

(6) Auf die Vergabe von Konzessionen sind die Absätze 1, 2 und 3 Nummer 1 und 2 sowie die Absätze 4 und 5 entsprechend anzuwenden.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge sind öffentliche Aufträge, deren Auftragsgegenstand mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst:

1.
die Lieferung von Militärausrüstung, einschließlich dazugehöriger Teile, Bauteile oder Bausätze,
2.
die Lieferung von Ausrüstung, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben wird, einschließlich der dazugehörigen Teile, Bauteile oder Bausätze,
3.
Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in den Nummern 1 und 2 genannten Ausrüstung in allen Phasen des Lebenszyklus der Ausrüstung oder
4.
Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder Bau- und Dienstleistungen, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben werden.

(2) Militärausrüstung ist jede Ausrüstung, die eigens zu militärischen Zwecken konzipiert oder für militärische Zwecke angepasst wird und zum Einsatz als Waffe, Munition oder Kriegsmaterial bestimmt ist.

(3) Ein Verschlusssachenauftrag im Sinne dieser Vorschrift ist ein Auftrag im speziellen Bereich der nicht-militärischen Sicherheit, der ähnliche Merkmale aufweist und ebenso schutzbedürftig ist wie ein Auftrag über die Lieferung von Militärausrüstung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder wie Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, und

1.
bei dessen Erfüllung oder Erbringung Verschlusssachen nach § 4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes oder nach den entsprechenden Bestimmungen der Länder verwendet werden oder
2.
der Verschlusssachen im Sinne der Nummer 1 erfordert oder beinhaltet.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) Organmitglieder oder Mitarbeiter des öffentlichen Auftraggebers oder eines im Namen des öffentlichen Auftraggebers handelnden Beschaffungsdienstleisters, bei denen ein Interessenkonflikt besteht, dürfen in einem Vergabeverfahren nicht mitwirken.

(2) Ein Interessenkonflikt besteht für Personen, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Ausgang eines Vergabeverfahrens nehmen können und die ein direktes oder indirektes finanzielles, wirtschaftliches oder persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.

(3) Es wird vermutet, dass ein Interessenkonflikt besteht, wenn die in Absatz 1 genannten Personen

1.
Bewerber oder Bieter sind,
2.
einen Bewerber oder Bieter beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzliche Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten,
3.
beschäftigt oder tätig sind
a)
bei einem Bewerber oder Bieter gegen Entgelt oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, Aufsichtsrates oder gleichartigen Organs oder
b)
für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen, wenn dieses Unternehmen zugleich geschäftliche Beziehungen zum öffentlichen Auftraggeber und zum Bewerber oder Bieter hat.

(4) Die Vermutung des Absatzes 3 gilt auch für Personen, deren Angehörige die Voraussetzungen nach Absatz 3 Nummer 1 bis 3 erfüllen. Angehörige sind der Verlobte, der Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten und Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten und Lebenspartner, Geschwister der Eltern sowie Pflegeeltern und Pflegekinder.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.

(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.

(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.

(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.

(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.

(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.

(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.

(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.

(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen

1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder
2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.

(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert

1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und
2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.

(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 18/13
vom
20. März 2014
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Fahrbahnerneuerung
Die Divergenzvorlage kann nur in denselben Grenzen auf Ausschnitte des Beschwerdeverfahrens
beschränkt werden, in denen im Zivilprozess Teilurteile
zulässig sind und die Zulassung der Revision wirksam beschränkt werden kann.
Bei der Vergabe von Bau- bzw. Instandsetzungsarbeiten an einer Bundesautobahn
ist als öffentlicher Auftraggeber und Antragsgegner im vergaberechtlichen
Nachprüfungsverfahren das jeweils betroffene Land anzusehen, nicht die
Bundesrepublik Deutschland.
VOB/A § 17 Abs. 1 Nr. 3, § 17 EG Abs. 1 Nr. 3; VOL/A § 17 Abs. 1 Buchst. d,
§ 20 EG Abs. 1 Buchst. d
Ob ein anderer schwerwiegender Grund vorliegt, der zur Aufhebung des
Vergabeverfahrens berechtigt, ist aufgrund einer umfassenden, alle für die Aufhebungsentscheidung
maßgeblichen Umstände berücksichtigenden Interessenabwägung
zu entscheiden (Weiterführung von BGH, Urteil vom 12. Juni
2001 - X ZR 150/99, NZBau 2001, 637).
BGH, Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13 - OLG Karlsruhe
Vergabekammer BadenWürttemberg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. März 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Gröning, die Richterin
Schuster, den Richter Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:
Der Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 2013 wird im Ausspruch zu 1 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg vom 26. August 2013 wird zurückgewiesen , soweit die Antragstellerin begehrt, die Aufhebung des Vergabeverfahrens aufzuheben. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist, dass die Vergabestelle das Vergabeverfahren infolge der Verwendung einer missverständlichen Leistungsbeschreibung aufgehoben hat. Von den Kosten beider Instanzen des Nachprüfungsverfahrens haben die Antragstellerin ¾ und der Antragsgegner ¼ zu tragen. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 410.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf die unionsweite Ausschreibung von Straßenbau-, insbesondere Fahrbahnerneuerungsarbeiten im Bereich des Autobahnkreuzes Heidelberg der Bundesautobahn A 5, an der sich sieben Bieter beteiligten.
2
1. Bei Prüfung und Wertung der Angebote traten unterschiedliche Vorstellungen der Beteiligten darüber zutage, wie die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Ausführung der Fahrbahndecke zu verstehen waren. Während andere Anbieter einen über die gesamte Fahrbahnbreite einstreifigen Einbau der geforderten Betondeckenabschnitte anboten, sah das Angebot der Antragstellerin , welches das günstigste war, eine Ausführung in zwei Streifen vor. Die Vergabestelle sah darin eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen und schloss das Angebot aus. In dem daraufhin von der Antragstellerin angestrengten Nachprüfungsverfahren wurde darum gestritten, ob in den Vergabeunterlagen mit der gebotenen Eindeutigkeit eine einstreifige Ausführung vorgegeben war. Die Vergabekammer verneinte dies und verpflichtete die Vergabestelle , das Angebot der Antragstellerin in die Wertung einzubeziehen. Diese Entscheidung ist bestandskräftig geworden.
3
2. In der Folge hob die Vergabestelle das Vergabeverfahren auf und verband dies mit der Ankündigung, ein neues Verfahren einzuleiten. Sie begründete ihre Entscheidung damit, der Einbau einer einstreifigen Fahrbahndecke biete erhebliche qualitative Vorteile, wobei bei Beauftragung der Antragstellerin und einer nachfolgenden Änderungsanordnung nach § 1 Abs. 3 VOB/B Mehrkosten entstünden, die, wenn sie im aufgehobenen Vergabeverfahren berücksichtigt worden wären, möglicherweise zu einer Änderung der Bieterreihen- folge geführt hätten, zumal die teureren Mitbewerber, wenn sie das Leistungsverzeichnis so verstanden hätten wie die Antragstellerin, im Zusammenhang mit der dann besseren Erreichbarkeit der Brückenbauwerke wesentliche Kostenvorteile hätten berücksichtigen können.
4
Dagegen hat sich die Antragstellerin mit einem weiteren Nachprüfungsantrag gewandt und beantragt, die Aufhebung des Vergabeverfahrens aufzuheben , hilfsweise, festzustellen, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig war und sie in ihren Rechten verletzt hat.
5
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
6
3. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die sofortige Beschwerde im Umfang des auf Aufhebung der Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichteten Hauptantrags zurückgewiesen. Im Übrigen hat er die Sache dem Bundesgerichtshof "zur Entscheidung hinsichtlich folgender Frage vorgelegt: Setzt ein sonstiger schwerwiegender Grund im Sinne von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A uneingeschränkt voraus, dass der Auftraggeber diesen Grund nicht selbst verschuldet hat?".
7
II. Die Vorlage ist zulässig.
8
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine zulässige Divergenzvorlage nach § 124 Abs. 2 GWB grundsätzlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2003 - X ZB 12/02, BGHZ 154, 96). Dass der Vergabesenat vorliegend so verfahren ist, ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss zwar nicht. Darin werden entgegen den entsprechend anzuwendenden Be- stimmungen in § 313 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO120 Abs. 2 i.V.m. § 73 GWB, vgl. dazu K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, 4. Aufl., § 73 Rn. 5) weder die Namen der Richter mitgeteilt, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, noch der Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist. Auch einen Verkündungsvermerk (§ 315 Abs. 3 ZPO entsprechend) weist der Beschluss nicht auf; auf seinem Deckblatt findet sich lediglich seitlich neben dem großen Wappen des Landes Baden-Württemberg isoliert die Datumsangabe "4. Dezember 2013". Den Verfahrensakten lässt sich jedoch entnehmen, dass am 15. November 2013 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, an der die Richter teilgenommen haben, die den Vorlagebeschluss unterzeichnet haben, und dass eine Entscheidung nach einer Verlegung des am Schluss der Sitzung vom 15. November 2013 beschlossenen Verkündungstermins am 4. Dezember 2013 verkündet worden ist. Es ist mit noch hinreichender Sicherheit anzunehmen, dass es sich dabei um den Vorlagebeschluss handelt.
9
2. Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB für eine Divergenzvorlage liegen vor.
10
a) Eine Divergenzvorlage erfolgt nach ständiger Rechtsprechung, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der sich mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht in Einklang bringen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr). So verhält es sich hier. Der vorlegende Vergabesenat meint, dass der von der Antragstellerin in erster Linie verfolgte Antrag, die Aufhebungsentscheidung der Vergabestelle aufzuheben, unbegründet sei, weil die Vergabestelle auf der Grundlage von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A berechtigt gewesen sei, das Vergabeverfahren aufzuheben, und möchte aus dem gleichen Grund auch den Feststellungsantrag zurückweisen.
Damit würde das Beschwerdegericht sich in Widerspruch zur Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf setzen. Dieses vertritt die Rechtsauffassung , dass die Aufhebung einer Ausschreibung die Rechte des Bieters aus § 97 Abs. 7 GWB verletze, wenn die vom öffentlichen Auftraggeber vorgebrachten Aufhebungsgründe im Sinne des vergleichbaren § 26 Nr. 1 VOL/A aF ihm als Verschulden oder Obliegenheitsverletzung zuzurechnen seien. Das sei der Fall, wenn der Auftraggeber die Aufhebung damit begründe, das Leistungsverzeichnis sei von den Bietern nicht zweifelsfrei in dem vom Auftraggeber gemeinten Sinne zu verstehen gewesen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Februar 2005 - Verg 72/04, bei juris).
11
b) Dem Bundesgerichtshof ist mit dem Vorlagebeschluss nicht nur der Hilfsantrag oder gar nur die vom Vergabesenat vorformulierte Frage zur Entscheidung angefallen, sondern der gesamte Streitstoff des Beschwerdeverfahrens. Diese Rechtsfolge ist im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit zweckmäßigerweise durch Aufhebung des Tenors zu 1 des Vorlagebeschlusses zum Ausdruck zu bringen, auch wenn, worauf zurückzukommen sein wird, die diesbezügliche Entscheidung des Vergabesenats im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden ist (unten III).
12
aa) Soweit der Vergabesenat den Hauptantrag der sofortigen Beschwerde abschließend beschieden und dem Bundesgerichtshof nur die erwähnte Frage zur Beantwortung vorgelegt hat (oben I 3), hat er nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Bundesgerichtshof bei einer zulässigen Divergenzvorlage grundsätzlich über die sofortige Beschwerde zu entscheiden hat. Dies ergibt sich aus § 124 Abs. 2 Satz 2 GWB, wonach der Bundesgerichtshof "anstelle" des Oberlandesgerichts entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202, 205). Das Gesetz sieht lediglich in der seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung vor, dass der Bundesgerichtshof sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen kann, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand angezeigt erscheint. Daraus folgt aber nicht im Gegenschluss, dass das Beschwerdegericht den Bundesgerichtshof verpflichten könnte, sich auf die Beantwortung einer vorformulierten Frage zu beschränken.
13
bb) Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf den Hilfsantrag ist in entsprechender Anwendung der für die Zulässigkeit von Teilurteilen und die wirksame Beschränkung der Revisionszulassung geltenden höchstrichterlichen Grundsätze unzulässig.
14
(1) Grundsätzlich ist es dem Gericht in einem bürgerlichen Rechtsstreit zwar, wenn der Kläger einen Haupt- und einen Hilfsantrag gestellt hat, unbenommen, Ersteren durch Teilurteil abzuweisen und die Entscheidung über den Letzteren zurückzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90, NJW 1992, 2080 mwN). Das gilt naturgemäß aber nur dann, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen ein Teilurteil überhaupt ergehen kann. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist dies nur der Fall, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Diese Gefahr wird namentlich auch dadurch begründet, dass in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Sie muss nicht notwendigerweise den Entscheidungstenor betreffen. Es reicht aus, wenn die Gefahr der widersprüchlichen Bewertung von Streitstoff entsteht, die als solche weder in Rechtskraft erwächst noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren bindet (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13).
15
(2) Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze verbot sich eine Entscheidung des Vergabesenats über den mit der sofortigen Beschwerde in erster Linie weiterverfolgten Antrag und eine Vorlage nur des Hilfsantrags an den Bundesgerichtshof. Damit geht die Gefahr einer widersprüchlichen rechtlichen Bewertung der Entscheidung der Vergabestelle einher, das Vergabeverfahren aufzuheben. Denn der Vergabesenat begründet seine die Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags zurückweisende Entscheidung - worauf im Einzelnen zurückzukommen sein wird (unten III) - unter anderem damit, dass ein die Vergabestelle nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zur Aufhebung des Vergabeverfahrens berechtigender anderer schwerwiegender Grund vorgelegen habe. Danach wäre ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin von vornherein ausgeschlossen, weil der Auftraggeber in einem solchen Fall bei Aufhebung des Verfahrens nicht rechtswidrig gehandelt hätte (BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; vgl. dazu auch Wagner in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 17 VOB/A Rn. 8 mwN). Der prozessuale Sinn und Zweck des Hilfsantrags der Antragstellerin besteht vor dem Hintergrund der Regelung in § 124 Abs. 1 GWB aber darin, die gerichtliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs vorzubereiten. Hätte der die Bescheidung des Beschwerdehauptantrags betreffende Teil des Beschlusses des Vergabesenats vom 4. Dezember 2013 Bestand und gäbe der Bundesgerichtshof dem Hilfsantrag statt, hätte das zur Folge, dass hinsichtlich derselben entscheidungserheblichen Frage, ob der Umstand, dass die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Ausführung der Fahrbahndeckenabschnitte mehrdeutig sind, zur Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A berechtigte , widerstreitende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs auf der einen und des Vergabesenats auf der anderen Seite vorlägen. Nach der Entscheidung des Vergabesenats stünde fest, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens vergaberechtlich nicht zu beanstanden ist, weshalb die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt sein könnte, während eine dem Hilfsantrag statt- gebende Entscheidung voraussetzte, dass eine Rechtsverletzung vorliegt. Um dies zu vermeiden muss über Haupt- und Hilfsantrag einheitlich entschieden werden.
16
(3) Der Erstreckung der Divergenzvorlage auf den gesamten Streitstoff des Beschwerdeverfahrens stehen auch Rechtskraftsgesichtspunkte nicht entgegen. Die Beschlüsse der Vergabesenate werden als prinzipiell letztinstanzliche Entscheidungen zwar grundsätzlich mit ihrem Wirksamwerden rechtskräftig. Ebenso wenig, wie im Zivilprozess eine unzulässige Beschränkung der Revisionszulassung dazu führt, dass der von der Zulassung ausgenommene Teil in Rechtskraft erwächst, sondern in einem solchen Fall von einer unbeschränkten Zulassung auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, ZIP 2003, 1240), wird auch über den in unzulässiger Weise von der Divergenzvorlage ausgenommenen Teil nicht rechtskräftig entschieden. Unzulässig ist die beschränkte Revisionszulassung, wenn der damit ins Auge gefasste Teil des Streitstoffs nicht in dem Sinne selbständig ist, dass er in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs entstehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5), also im Wesentlichen unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen der Erlass eines Teilurteils unzulässig ist. So verhält es sich hier; auf die vorstehenden Ausführungen dazu wird Bezug genommen.
III. Den mit der sofortigen Beschwerde in erster Linie weiterverfolgten
17
Antrag, die Aufhebungsentscheidung der Vergabestelle zu kassieren, hat der Vergabesenat in der Sache im Ergebnis zu Recht für unbegründet erachtet.
18
1. Die Vergabe von Bau- bzw. Instandsetzungsarbeiten an einer Bundesautobahn, auf die sich das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht, ist ein Gegenstand der Auftragsverwaltung nach Art. 85 ff. GG. Diese ist eine Form der Landesverwaltung, bei der die Länder Landesstaatsgewalt ausüben und ihre Behörden als Landesorgane handeln, wobei dieses Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen, im Verhältnis zu Dritten, stets Landesangelegenheit bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1990 - 2 BvG 1/88, NVwZ 1990, 955, 957). Als öffentlicher Auftraggeber und Antragsgegner im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist dementsprechend das jeweils betroffene Land anzusehen und nicht die Bundesrepublik Deutschland (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 2003 - 4 C 9/02, NVwZ-RR 2004, 84 f.; OLG Celle, Beschluss vom 6. Juni 2011 - 13 Verg 2/11, VergabeR 2011, 783 ff.; Müller in: Byok/ Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 3. Aufl., § 106a GWB Rn. 13). Dementsprechend fällt die Vergabenachprüfung in diesen Fällen auch in die Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder (§ 106a Abs. 2 Satz 1 GWB).
19
Die infolge missverständlicher Formulierungen im Rubrum des Nachprüfungsantrags und der sofortigen Beschwerdeschrift möglichen Zweifel daran, dass der Nachprüfungsantrag und die sofortige Beschwerde sich gegen das betroffene Land richten, hat die Antragstellerin auf den Hinweis des Senats durch Berichtigung des Passivrubrums, der das Land nicht entgegengetreten ist, ausgeräumt.
20
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Bieter die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen, hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Aus den genannten Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen folgt nicht im Gegenschluss, dass ein öffentlicher Auftraggeber gezwungen wäre, ein Vergabeverfahren mit der Zuschlagserteilung abzuschließen, wenn keiner der zur Aufhebung berechtigenden Tatbestände erfüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2002 - X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163). Vielmehr bleibt es der Vergabestelle grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Dies folgt daraus, dass die Bieter zwar einen Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), aber nicht darauf , dass er den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt (vgl. BGH, VergabeR 2003, 163).
21
Während eine von den Vergabe- und Vertragsordnungen gedeckte und somit rechtmäßige Aufhebung zur Folge hat, dass die Aufhebung keine Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens begründet, kann der Bieter im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung auf die Feststellung antragen, dass er durch das Verfahren in seinen Rechten verletzt ist (§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB entsprechend; § 123 Satz 3, 4 GWB). Ein Schadensersatzanspruch beschränkt sich in solchen Fällen allerdings regelmäßig auf die Erstattung des negativen Interesses (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10, BGHZ 190, 89 Rn. 16 - Rettungsdienstleistungen II; Scharen in Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Aufl., 13. Los Rn. 54). Weitergehende Ansprüche, wie ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung des positiven Interesses oder - zur Vermeidung eines entsprechenden Schadenseintritts - ein Anspruch auf Weiterführung des Vergabeverfahrens, können unter besonderen Voraussetzungen zwar in Betracht kommen, etwa dann, wenn der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, ein Vergabeverfahren aufzuheben, in rechtlich zu missbilligender Weise dazu einsetzt, durch die Auf- hebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können. Nach den vom Vergabesenat rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen liegt ein solcher Ausnahmetatbestand hier aber nicht vor. Die Vergabestelle will den Auftrag zwar umgehend erneut vergeben, aber nicht unter manipulativen Umständen, sondern in einem offenen, auch der Antragstellerin erneut eröffneten Wettbewerb.
22
Der Vergabesenat hat auch mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, eine vergaberechtswidrige Diskriminierung der Antragstellerin ausgeschlossen. Die Vergabestelle ist nicht aus Wettbewerbsgründen verpflichtet , eine zweistreifige Ausführung abzunehmen. Ob das Gewicht der mit dieser Ausführungsvariante verbundenen Nachteile anders bewertet werden kann, als es der Einschätzung der Vergabestelle entspricht, ist unerheblich, solange es sich dabei nicht um Argumente handelt, die lediglich zu dem Zweck vorgeschoben sind, eine bestimmte Ausführung als vorzugswürdig darzustellen, um die wirklich hinter der Entscheidung stehenden Gründe zu verdecken. Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.
IV. In der den Hilfsantrag betreffenden Divergenzfrage kann der vom
23
Beschwerdegericht befürworteten Sichtweise nicht beigetreten werden. Der Hilfsantrag ist begründet, da die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.
24
1. Die Antragstellerin möchte mit dem Antrag, wie seine Auslegung ergibt, festgestellt wissen, dass die Aufhebung nicht von einem der in § 17 EG Abs. 1 VOB/A genannten Gründe, namentlich nicht von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, gedeckt und deshalb rechtswidrig war. Für die Frage, ob die Vergabestelle nach dieser Bestimmung berechtigt war, das Vergabeverfahren aufzuhe- ben oder ob die Aufhebung einen Bieter in seinen Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt, sind nach dem zu III dargestellten Zweck der Bestimmung die gesamten Umstände, die für die Aufhebungsentscheidung erheblich waren, zu berücksichtigen. Dazu gehören im Streitfall vor allem auch die Mängel der Ausschreibung , die zum ersten Nachprüfungsverfahren geführt haben. Nach den von der Vergabekammer dort getroffenen, in entsprechender Anwendung von § 124 Abs. 1 GWB bindenden Feststellungen war die Leistung in einer Weise beschrieben, dass darunter auch eine zweistreifige Ausführung verstanden werden konnte. Danach hatte die Antragstellerin ein wertungsfähiges Angebot abgegeben. Die Vergabestelle hat das Vergabeverfahren im Anschluss an diese Entscheidung der Vergabekammer aufgehoben, um zu vermeiden, auf dieses zwar den Vergabeunterlagen, aber nicht ihren Vorstellungen von der Ausführung entsprechende Angebot den Zuschlag erteilen zu müssen. Die Aufhebungsentscheidung stellt somit eine Maßnahme zur Korrektur eines eigenen vergaberechtlichen Fehlers dar.
25
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei der Prüfung eines zur Aufhebung berechtigenden schwerwiegenden Grundes strenge Maßstäbe anzulegen. Ein zur Aufhebung der Ausschreibung Anlass gebendes Fehlverhalten der Vergabestelle kann danach schon deshalb nicht ohne weiteres genügen, weil diese es andernfalls in der Hand hätte, nach freier Entscheidung durch Verstöße gegen das Vergaberecht den bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehenden Bindungen zu entgehen. Das wäre mit Sinn und Zweck des Vergabeverfahrens nicht zu vereinbaren. Berücksichtigungsfähig sind grundsätzlich nur Mängel, die die Durchführung des Verfahrens und die Vergabe des Auftrags selbst ausschließen, wie etwa das Fehlen der Bereitstellung öffentlicher Mittel durch den Haushaltsgesetzgeber. Im Einzelnen bedarf es für die Feststellung eines schwerwiegenden Grundes einer Interessenabwä- gung, für die die Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls maßgeblich sind (BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 - X ZR 150/99, NZBau 2001, 637).
26
3. Der Vergabesenat berücksichtigt bei seiner Interessenabwägung die eigentliche Ursache für die Aufhebung (vorstehend III) nicht hinreichend. Sein Befund, ohne die Aufhebung könne dem Grundsatz eines gesunden und transparenten Wettbewerbs nicht mehr Genüge geleistet werden, nachdem es an einer konkreten, eindeutigen und erschöpfenden Beschreibung der nachgefragten Leistung fehle und das Ergebnis des Wettbewerbs unter Umständen anders zu bewerten wäre, wenn die übrigen Bieter die Vergabeunterlagen so verstanden hätten wie die Antragstellerin (oben I 2), wird dem gesamten Geschehen nur bei vordergründiger Betrachtung gerecht. Er berücksichtigt nicht angemessen, dass dieses Ergebnis Folge der missverständlichen Abfassung der Vergabeunterlagen durch die Vergabestelle ist und die Verneinung eines schwerwiegenden Grundes zur Aufhebung der Ausschreibung die Frage nicht präjudiziert, ob und inwieweit das Vergabeverfahren fortgesetzt werden durfte. Die beteiligten Interessen wären im Streitfall nicht angemessen berücksichtigt, wenn der Verursacher von den Folgen seines eigenen Handelns freigestellt und diese den Bietern aufgebürdet würden. Dies gilt, wie der Vergabesenat zutreffend erwägt, unabhängig von Fragen des Verschuldens. Das auf § 114 Abs. 2 Satz 2, letzter Halbs., § 123 Satz 3 GWB gestützte Feststellungsbegehren betrifft lediglich die Frage der Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen. An deren Beurteilung durch die Nachprüfungsinstanzen soll das ordentliche Gericht im Schadensersatzprozess nach § 124 Abs. 1 GWB im prozessökonomischen Interesse an einer arbeitsteiligen Verwertung der im Nachprüfungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse gebunden sein (vgl. Beck'scher VOB/A-Komm./ Gröning, 1. Aufl., § 124 GWB Rn. 2 f.). Alle weiteren mit der Frage zusammenhängenden Gesichtspunkte, ob hierdurch das von § 241 Abs. 2 BGB geschützte Interesse der Bieter daran verletzt ist, dass der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren so anlegt und durchführt, dass der mit der Angebotserstellung verbundene Aufwand nicht von vornherein unnütz ist (vgl. BGHZ 190, 89 Rn. 12 - Rettungsdienstleistungen II), betreffen die schadensrechtliche Auseinandersetzung und sind dementsprechend gegebenenfalls im Schadensersatzprozess zu klären.
27
Unergiebig für den Standpunkt des Beschwerdegerichts ist auch die von ihm angeführte Passage im Urteil des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Mai 2009 (VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47) zu den Möglichkeiten des Auftraggebers , ein Vergabeverfahren aufzuheben, wenn sich infolge der Verzögerung der Vergabe durch ein Nachprüfungsverfahren die Preise gravierend erhöht haben. Diese Ausführungen stellen zum einen nur ein obiter dictum dar. Zum anderen weist der Bundesgerichtshof dort darauf hin, der Auftraggeber habe in solchen Fällen "unter den Voraussetzungen von § 26 Abs. 1 Buchst. c VOB/A" (aF, die § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 entspricht) die Möglichkeit, die Ausschreibung aufzuheben. Entgegen dem Beschwerdegericht ist der Entscheidung also gerade nicht die Rechtsauffassung zu entnehmen, auch vom Auftraggeber zu vertretende Verzögerungen stellten einen schwerwiegenden, zur Aufhebung berechtigenden Grund dar. Vielmehr stellt der Hinweis in der Entscheidung, der Auftraggeber könne das Vergabeverfahren aufheben, dies ausdrücklich unter den Vorbehalt, dass (zusätzlich) die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Buchst. c VOB/A aF vorliegen.
28
Soweit die Vergabestelle die Aufhebung unter Hinweis auf von ihr geschätzte verzögerungsbedingte Mehrkosten von 500.000 € als gerechtfertigt ansehen möchte, kann dies schon deshalb keinen Erfolg haben, weil in Anbetracht des ursprünglichen Auftragsvolumens von rund 7.500.000 € in einer Verteuerung in dieser Größenordnung keine grundlegende Änderung der Preisermittlungsgrundlagen gesehen werden kann.
29
Nach allem sind keine i. S. von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A schwerwiegenden Gründe für die Aufhebung anzuerkennen.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 GWB; die Entscheidung
30
der Vergabekammer über die Höhe der Gebühren und Auslagen bleibt unberührt.
Meier-Beck Gröning Schuster
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.12.2013 - 15 Verg 9/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 232/00 Verkündet am:
5. November 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
VOB/A § 26 Nr. 1, BGB § 276 a.F. Fa
Bei Geltung der VOB/A ist der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund
nach § 26 Nr. 1 besteht, nicht schlechthin gezwungen, einen der
Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen.
BGH, Urt. v. 5. November 2002 - X ZR 232/00 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen sowie die Richterin Mühlens und den
Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Streithelfers des Beklagten wird das am 7. November 2000 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 1999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel einschließlich der durch die Streithilfe entstandenen Kosten zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte schrieb auf der Grundlage der VOB/A die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten für die Errichtung eines Wohnheims öffentlich aus. Die Ausschreibung sah vor, daß das Gebäude mit einer Ziegelsteinverblendung zu ver-
sehen sei. Die Klägerin beteiligte sich an der Ausschreibung und gab das im Gesamtbetrag preisgünstigste Angebot (über 550 943,85 DM) ab.
Aufgrund der abgegebenen Angebote kam der Beklagte zu dem Schluß, daß bei Ausführung wie geplant und ausgeschrieben die zuvor erstellte Kostenschätzung um 30 % überschritten werde und bei einer solchen Überschreitung die vorgesehene teilweise Finanzierung des Bauvorhabens durch öffentliche Mittel nicht mehr möglich sei. Der Architekt des Beklagten, der diesem im Revisionsrechtszug als Streithelfer beigetreten ist, teilte der Klägerin deshalb mit, nach Einsichtnahme in die Angebote sei vom Landschaftsverband R. in Verbindung mit dem Beklagten die Entscheidung getroffen worden, entgegen der Ausschreibung keine Ziegelsteinverblendung zu wählen, sondern ein Wärmedämm -Verbundsystem anbringen zu lassen. Eine dies berücksichtigende Auswertung der vorliegenden Angebote habe ergeben, daß die Klägerin nicht mehr der günstigste Bieter sei. Ohne erneute Ausschreibung erhielt sodann ein anderer Bieter den Auftrag, das Bauwerk in der abgeänderten Form zu errichten.
Die Klägerin hat den ihr angeblich entgangenen Gewinn errechnet und diesen nebst der Gebühr für eine Besprechung mit ihrem Anwalt eingeklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das von der Klägerin angerufene Oberlandesgericht hat dieses Urteil abgeändert und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Gegen dieses Grundurteil wendet sich nunmehr der Streithelfer des Beklagten mit der Revision und dem Antrag,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist diesem Begehren entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision des Streithelfers des Beklagten hat in der Sache Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe sich gegenüber den Unternehmen, die sich an seiner Ausschreibung beteiligt hätten, verpflichtet , die Regeln der VOB/A einzuhalten. Diese Feststellung, welche das Berufungsgericht aufgrund tatrichterlicher Würdigung von dem Beklagten abgegebener Erklärungen getroffen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
Rechtsfehlerfrei und ebenfalls unbeanstandet durch die Revision hat das Berufungsgericht ferner festgestellt, daß die Klägerin das nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A annehmbarste Angebot aller Bieter abgegeben hat.
2. Nach Meinung des Berufungsgerichts hätte dies zur Erteilung des Auftrags auf dieses Angebot hin führen müssen. Die Möglichkeit der Aufhebung der Ausschreibung, auf die sich der Beklagte zur Rechtfertigung seiner Vergabe eines Auftrags an einen anderen Bieter berufen habe, habe nämlich nicht bestanden.
Das bekämpft die Revision mit Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat nach seinen Feststellungen zur Geltung der VOB/A im Ausgangspunkt zutreffend geprüft, ob die Behauptungen des Beklagten einen Grund darlegen, die Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 b oder c VOB/A aufzuheben. Der Vortrag des Beklagten geht dahin, die abgegebenen
Angebote hätten nicht nur (mindestens) 30 % über der Kostenschätzung des von ihm eingeschalteten Architekten, sondern auch deutlich über dem Höchstbetrag gelegen, der für die gewünschte und eingeplante Förderung der Baumaßnahme durch öffentliche Mittel einzuhalten gewesen sei. Zur Erlangung der öffentlichen Mittel habe deshalb eine preiswertere Bauausführung gewählt werden müssen, die der dann beauftragte Bieter am kostengünstigsten angeboten habe.
Das Berufungsgericht hat diese Darlegung nicht ausreichen lassen, weil die erstellte Kostenschätzung offensichtlich falsch gewesen sei. Selbst der von der Klägerin angebotene Preis habe deutlich über den geschätzten Kosten gelegen. Die Schätzung des Architekten, für dessen Verhalten der Beklagte entsprechend § 278 BGB einzustehen habe, sei unzuverlässig gewesen; nach dem eigenen Vortrag des Beklagten seien auf der Grundlage der Kubatur des Baukörpers lediglich Erfahrungswerte für einen Quadratmeter (richtig: Kubikmeter )-Preis und die Kosten der Betriebstechnik in Ansatz gebracht worden. Richtigerweise hätte vor der Ausschreibung eine genauere Kostenberechnung angestellt werden müssen, wie sie nach DIN 276 zu den Grundleistungen der Leistungsphase 3 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI gehöre.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

b) Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß die Unternehmen, die sich an einer Ausschreibung beteiligen, für die der Ausschreibende die Einhaltung der Regeln der VOB/A zugesagt hat, erwarten können , daß der Ausschreibende sich im Hinblick darauf bereits im Vorfeld der Ausschreibung entsprechend verhalten hat. (vgl. Sen.Urt. v. 12.6.2001 - X ZR 150/99, BB 2001, 1449 ff.). Der Bieter darf deshalb davon ausgehen, daß nur Leistungen ausgeschrieben sind, von denen der Ausschreibende bei
pflichtgemäßer Ermittlung ihrer voraussichtlichen Kosten annehmen kann, sie mit den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln auch bezahlen zu können. Bei dem gebotenen strengen Maßstab, der insoweit anzulegen ist (BGHZ 139, 259, 263), ist demgemäß eine Aufhebung der Ausschreibung regelmäßig dann nicht nach § 26 Nr. 1 b oder c VOB/A gerechtfertigt, wenn die fehlende Finanzierung bei einer mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführten Ermittlung des Kostenbedarfs bereits vor der Ausschreibung dem Ausschreibenden hätte bekannt sein müssen (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3641, insoweit nicht vollständig in BGHZ 139, 280 ff. abgedr.).

c) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß Umstände, welche die Beantwortung der Frage der ausreichenden Finanzierung entscheidend beeinflussen , im vorhinein nicht feststehen; wie der Senat in der soeben genannten Entscheidung näher ausgeführt hat, muß sich der eine Ausschreibung ins Auge fassende Auftraggeber vielmehr aufgrund einer Prognose entscheiden, die aus nachträglicher Sicht unvollkommen sein kann. Es ist deshalb schon im Ansatz verfehlt, daß das Berufungsgericht der durchgeführten Kostenschätzung entgegengehalten hat, selbst das günstigste Bieterangebot habe deutlich über der Kostenschätzung gelegen, und schon aus dieser - erst nachträglich offenbar gewordenen - Differenz abgeleitet hat, die von dem Beklagten entsprechend § 278 BGB zu vertretende Kostenschätzung des Streithelfers sei offensichtlich falsch gewesen.

d) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht ferner, daß nach der Rechtsprechung des Senats nur unter besonderen Voraussetzungen eine Kostenschätzung ausreiche. Eine Prognose ist notwendigerweise Schätzung. Eine genaue Kostenberechnung kann aus dem genannten Grund im vorhinein nicht erfolgen. Möglich ist nur eine zeitnahe Aufstellung, die alle bereits bei ihrer Ausarbeitung erkennbaren Daten in einer der Materie angemessenen und me-
thodisch vertretbaren Weise unter Berücksichtigung vorhersehbarer Kostenentwicklungen berücksichtigt (Senat, aaO).
Ob eine solche Kostenermittlung gegeben ist, ist daher eine Frage des Einzelfalls. Das verbietet, eine Regel etwa dahin aufzustellen, daß Berechnungen , die ein Auftraggeber von seinem Architekten verlangen kann, zu fordern seien. Wenn - wie der Beklagte geltend gemacht hat - entsprechende Erfahrungswerte existieren, kann es vielmehr durchaus ausreichen, die voraussichtlichen Kosten für die Errichtung eines Gebäudes auf der Grundlage seines Kubikmetervolumens zu errechnen und - pauschalierte - Beträge für Erschließung , Gerät, Außenanlagen und Baunebenkosten hinzuzusetzen. Daß eine solchermaßen beschaffene Kostenschätzung, wie sie der Streithelfer der Beklagten gemäß Anlage BB 1 (GA 163 ff.) vorgenommen hat, keine unter den gegebenen Umständen des Falls dem Beklagten mögliche und zumutbare, vertretbare Prognose der voraussichtlich aufzubringenden Kosten darstellte, wird mithin von den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen.
3. Einer weiteren tatrichterlichen Aufklärung bedarf es deshalb jedoch nicht. Die Klage ist nämlich unabhängig davon unbegründet, ob der Beklagte - wie schon jetzt ohne Beanstandung durch die Revisionserwiderung und ohne sonst ersichtlichen Rechtsfehler vom Berufungsgericht angenommen worden und damit der revisionsrechtlichen Überprüfung zu Grunde zu legen ist - zwar finanziell nicht in der Lage war, selbst den günstigsten Angebotspreis der Klägerin für die ausgeschriebene Leistung zu bezahlen, dem Beklagten aber gleichwohl kein zur Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 VOB/A berechtigender Grund zur Seite stand. Maßgeblich hierfür ist die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der später tatsächlich ausgesprochene Auftrag nicht auf ein der Ausschreibung entsprechendes Angebot, sondern auf der Grundlage eines inhaltlich geänderten Angebots deutlich geringeren Kostenumfangs erteilt
worden ist. Diese Feststellung führt dazu, daß der mit der Klage geltend gemachte Anspruch der Klägerin, so gestellt zu werden, wie sie bei Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an sie gestanden hätte (sog. positives Interesse), nicht besteht.

a) In ständiger Rechtsprechung hat der Senat herausgearbeitet, daß trotz Geltung der VOB/A der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 26 Nr. 1 VOB/A besteht, nicht gezwungen werden kann, einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen. Es kann viele Gründe geben, die - unabhängig davon, ob sie die Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 VOB/A erfüllen - den Ausschreibenden hindern, eine einmal in die Wege geleitete Ausschreibung ordnungsgemäß mit der Erteilung des Zuschlags an einen Bieter zu beenden (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3643). Hierzu kann sich ein Ausschreibender insbesondere dann veranlaßt sehen , wenn ein Zuschlag auf ein abgegebenes Angebot seine finanziellen Möglichkeiten übersteigt. Die Möglichkeit, bei einem sachlichen Grund eine Ausschreibung vorzeitig zu beenden, ist notwendige Folge davon, daß es ein Zweck des Vergaberechts ist, der öffentlichen Hand eine die Bindung der ihr anvertrauten Mittel und das Gebot sparsamer Wirtschaftsführung beachtende Beschaffung zu angemessenen Preisen zu ermöglichen und die Situation der öffentlichen Hand in dieser Hinsicht durch eine Erweiterung des Bewerberkreises und damit der Entscheidungsgrundlage zu verbessern. Damit wäre die Annahme , es müsse in jedem Fall eines eingeleiteten Vergabeverfahrens ein Zuschlag erteilt werden, schlechthin unvereinbar. Auch der Bieter, der im Rahmen einer geschehenen Ausschreibung das annehmbarste Angebot abgegeben hat, hat deshalb nicht von vornherein Anlaß, darauf zu vertrauen, daß ihm der ausgeschriebene Auftrag erteilt wird und er sein positives Interesse hieran realisieren kann. Regelmäßig kann vielmehr ein sachlich gerechtfertigter Vertrauenstatbestand , der zu einem Ersatz entgangenen Gewinns einschließenden An-
spruch führen kann, erst dann gegeben sein, wenn der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich - wenn auch unter Verstoß gegen die VOB/A - erteilt wurde. Erst durch die Erteilung des Auftrags erweist es sich als berechtigt, auf die eine Realisierung von Gewinn einschließende Durchführung der ausgeschriebenen Maßnahme vertraut zu haben. Unterbleibt die Vergabe des Auftrags, kommt hingegen regelmäßig nur eine Entschädigung im Hinblick auf Vertrauen in Betracht , nicht im Ergebnis nutzlose Aufwendungen für die Erstellung des Angebots und die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren tätigen zu müssen (BGHZ 139, 259 ff.). Ein derartiger auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch ist jedoch nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage.

b) Der vorliegende Sachverhalt gehört zu den Fällen, in denen der Ausschreibende jedenfalls einen sachlichen Grund geltend machen kann, die begonnene Ausschreibung nicht fortzusetzen, und es deshalb zu einer Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags nicht kommt. Wie in den Fällen, in denen die Ausschreibung unberechtigterweise aufgehoben und der Auftraggeber erst nach einer erneuten Ausschreibung einen Auftrag erteilt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3644), könnte der nach dem Vorgesagten maßgebliche Rückschluß, daß der annehmbarste Bieter berechtigterweise darauf vertrauen durfte, den Auftrag zu erhalten, gleichwohl dann gezogen werden, wenn der später tatsächlich erteilte Auftrag bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das gleiche Vorhaben und den gleichen Auftragsgegenstand betrifft. Bestehen insoweit erhebliche Unterschiede, kommt ein solcher Schluß hingegen regelmäßig nicht in Betracht. Die Unterschiede stehen dann dafür, daß der ausgeschriebene Auftrag nicht zur Ausführung gelangt ist. Ein Anspruch , der den Ersatz entgangenen Gewinns einschließt, kann deshalb in diesen Fällen regelmäßig nur dann bestehen, wenn der sich übergangen fühlende Bieter auf Besonderheiten verweisen kann, die den Auftraggeber hätten veranlassen müssen, ihm - auch - den geänderten Auftrag zu erteilen.


c) Im vorliegenden Fall steht fest, daß der Auftrag, der von dem Beklagten dem Drittbieter dann ohne erneute Ausschreibung erteilt worden ist, nicht den gleichen Gegenstand betraf wie der ausgeschriebene Auftrag. Während die ausgeschriebenen Arbeiten der Herstellung eines Gebäudes in Verblendmauerwerk dienen sollten, beinhaltete der erteilte Auftrag die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten für ein mit einem Wärmedämmputz versehenes Gebäude. Die Änderung betraf damit eine wesentliche technische Beschaffenheit des Gebäudes ebenso wie sein äußeres Erscheinungsbild. Sie bedeutete auch aus wirtschaftlicher Sicht eine grundlegende Abweichung. Das wird nicht zuletzt durch die von dem Beklagten erzielte Kosteneinsparung belegt. Da der Beklagte sich entschieden hatte, die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten als Einheit von einem Bieter durchführen zu lassen, erweist es sich mithin als unberechtigt, wenn die Klägerin darauf vertraut haben sollte, gleichwohl als Folge ihres Angebots, das die Schaffung von Verblendmauerwerk vorsah, einen Auftrag für die Errichtung eines Gebäudes mit Wärmedämmputz zu erhalten. Besonderheiten, welche den Beklagten dennoch hätten veranlassen müssen, der Klägerin den eingeschränkten Auftrag zu erteilen, sind nicht festgestellt; Rügen sind insoweit nicht erhoben.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 232/00 Verkündet am:
5. November 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
VOB/A § 26 Nr. 1, BGB § 276 a.F. Fa
Bei Geltung der VOB/A ist der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund
nach § 26 Nr. 1 besteht, nicht schlechthin gezwungen, einen der
Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen.
BGH, Urt. v. 5. November 2002 - X ZR 232/00 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen sowie die Richterin Mühlens und den
Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Streithelfers des Beklagten wird das am 7. November 2000 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 1999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel einschließlich der durch die Streithilfe entstandenen Kosten zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte schrieb auf der Grundlage der VOB/A die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten für die Errichtung eines Wohnheims öffentlich aus. Die Ausschreibung sah vor, daß das Gebäude mit einer Ziegelsteinverblendung zu ver-
sehen sei. Die Klägerin beteiligte sich an der Ausschreibung und gab das im Gesamtbetrag preisgünstigste Angebot (über 550 943,85 DM) ab.
Aufgrund der abgegebenen Angebote kam der Beklagte zu dem Schluß, daß bei Ausführung wie geplant und ausgeschrieben die zuvor erstellte Kostenschätzung um 30 % überschritten werde und bei einer solchen Überschreitung die vorgesehene teilweise Finanzierung des Bauvorhabens durch öffentliche Mittel nicht mehr möglich sei. Der Architekt des Beklagten, der diesem im Revisionsrechtszug als Streithelfer beigetreten ist, teilte der Klägerin deshalb mit, nach Einsichtnahme in die Angebote sei vom Landschaftsverband R. in Verbindung mit dem Beklagten die Entscheidung getroffen worden, entgegen der Ausschreibung keine Ziegelsteinverblendung zu wählen, sondern ein Wärmedämm -Verbundsystem anbringen zu lassen. Eine dies berücksichtigende Auswertung der vorliegenden Angebote habe ergeben, daß die Klägerin nicht mehr der günstigste Bieter sei. Ohne erneute Ausschreibung erhielt sodann ein anderer Bieter den Auftrag, das Bauwerk in der abgeänderten Form zu errichten.
Die Klägerin hat den ihr angeblich entgangenen Gewinn errechnet und diesen nebst der Gebühr für eine Besprechung mit ihrem Anwalt eingeklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das von der Klägerin angerufene Oberlandesgericht hat dieses Urteil abgeändert und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Gegen dieses Grundurteil wendet sich nunmehr der Streithelfer des Beklagten mit der Revision und dem Antrag,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist diesem Begehren entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision des Streithelfers des Beklagten hat in der Sache Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe sich gegenüber den Unternehmen, die sich an seiner Ausschreibung beteiligt hätten, verpflichtet , die Regeln der VOB/A einzuhalten. Diese Feststellung, welche das Berufungsgericht aufgrund tatrichterlicher Würdigung von dem Beklagten abgegebener Erklärungen getroffen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
Rechtsfehlerfrei und ebenfalls unbeanstandet durch die Revision hat das Berufungsgericht ferner festgestellt, daß die Klägerin das nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A annehmbarste Angebot aller Bieter abgegeben hat.
2. Nach Meinung des Berufungsgerichts hätte dies zur Erteilung des Auftrags auf dieses Angebot hin führen müssen. Die Möglichkeit der Aufhebung der Ausschreibung, auf die sich der Beklagte zur Rechtfertigung seiner Vergabe eines Auftrags an einen anderen Bieter berufen habe, habe nämlich nicht bestanden.
Das bekämpft die Revision mit Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat nach seinen Feststellungen zur Geltung der VOB/A im Ausgangspunkt zutreffend geprüft, ob die Behauptungen des Beklagten einen Grund darlegen, die Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 b oder c VOB/A aufzuheben. Der Vortrag des Beklagten geht dahin, die abgegebenen
Angebote hätten nicht nur (mindestens) 30 % über der Kostenschätzung des von ihm eingeschalteten Architekten, sondern auch deutlich über dem Höchstbetrag gelegen, der für die gewünschte und eingeplante Förderung der Baumaßnahme durch öffentliche Mittel einzuhalten gewesen sei. Zur Erlangung der öffentlichen Mittel habe deshalb eine preiswertere Bauausführung gewählt werden müssen, die der dann beauftragte Bieter am kostengünstigsten angeboten habe.
Das Berufungsgericht hat diese Darlegung nicht ausreichen lassen, weil die erstellte Kostenschätzung offensichtlich falsch gewesen sei. Selbst der von der Klägerin angebotene Preis habe deutlich über den geschätzten Kosten gelegen. Die Schätzung des Architekten, für dessen Verhalten der Beklagte entsprechend § 278 BGB einzustehen habe, sei unzuverlässig gewesen; nach dem eigenen Vortrag des Beklagten seien auf der Grundlage der Kubatur des Baukörpers lediglich Erfahrungswerte für einen Quadratmeter (richtig: Kubikmeter )-Preis und die Kosten der Betriebstechnik in Ansatz gebracht worden. Richtigerweise hätte vor der Ausschreibung eine genauere Kostenberechnung angestellt werden müssen, wie sie nach DIN 276 zu den Grundleistungen der Leistungsphase 3 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI gehöre.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

b) Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß die Unternehmen, die sich an einer Ausschreibung beteiligen, für die der Ausschreibende die Einhaltung der Regeln der VOB/A zugesagt hat, erwarten können , daß der Ausschreibende sich im Hinblick darauf bereits im Vorfeld der Ausschreibung entsprechend verhalten hat. (vgl. Sen.Urt. v. 12.6.2001 - X ZR 150/99, BB 2001, 1449 ff.). Der Bieter darf deshalb davon ausgehen, daß nur Leistungen ausgeschrieben sind, von denen der Ausschreibende bei
pflichtgemäßer Ermittlung ihrer voraussichtlichen Kosten annehmen kann, sie mit den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln auch bezahlen zu können. Bei dem gebotenen strengen Maßstab, der insoweit anzulegen ist (BGHZ 139, 259, 263), ist demgemäß eine Aufhebung der Ausschreibung regelmäßig dann nicht nach § 26 Nr. 1 b oder c VOB/A gerechtfertigt, wenn die fehlende Finanzierung bei einer mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführten Ermittlung des Kostenbedarfs bereits vor der Ausschreibung dem Ausschreibenden hätte bekannt sein müssen (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3641, insoweit nicht vollständig in BGHZ 139, 280 ff. abgedr.).

c) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß Umstände, welche die Beantwortung der Frage der ausreichenden Finanzierung entscheidend beeinflussen , im vorhinein nicht feststehen; wie der Senat in der soeben genannten Entscheidung näher ausgeführt hat, muß sich der eine Ausschreibung ins Auge fassende Auftraggeber vielmehr aufgrund einer Prognose entscheiden, die aus nachträglicher Sicht unvollkommen sein kann. Es ist deshalb schon im Ansatz verfehlt, daß das Berufungsgericht der durchgeführten Kostenschätzung entgegengehalten hat, selbst das günstigste Bieterangebot habe deutlich über der Kostenschätzung gelegen, und schon aus dieser - erst nachträglich offenbar gewordenen - Differenz abgeleitet hat, die von dem Beklagten entsprechend § 278 BGB zu vertretende Kostenschätzung des Streithelfers sei offensichtlich falsch gewesen.

d) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht ferner, daß nach der Rechtsprechung des Senats nur unter besonderen Voraussetzungen eine Kostenschätzung ausreiche. Eine Prognose ist notwendigerweise Schätzung. Eine genaue Kostenberechnung kann aus dem genannten Grund im vorhinein nicht erfolgen. Möglich ist nur eine zeitnahe Aufstellung, die alle bereits bei ihrer Ausarbeitung erkennbaren Daten in einer der Materie angemessenen und me-
thodisch vertretbaren Weise unter Berücksichtigung vorhersehbarer Kostenentwicklungen berücksichtigt (Senat, aaO).
Ob eine solche Kostenermittlung gegeben ist, ist daher eine Frage des Einzelfalls. Das verbietet, eine Regel etwa dahin aufzustellen, daß Berechnungen , die ein Auftraggeber von seinem Architekten verlangen kann, zu fordern seien. Wenn - wie der Beklagte geltend gemacht hat - entsprechende Erfahrungswerte existieren, kann es vielmehr durchaus ausreichen, die voraussichtlichen Kosten für die Errichtung eines Gebäudes auf der Grundlage seines Kubikmetervolumens zu errechnen und - pauschalierte - Beträge für Erschließung , Gerät, Außenanlagen und Baunebenkosten hinzuzusetzen. Daß eine solchermaßen beschaffene Kostenschätzung, wie sie der Streithelfer der Beklagten gemäß Anlage BB 1 (GA 163 ff.) vorgenommen hat, keine unter den gegebenen Umständen des Falls dem Beklagten mögliche und zumutbare, vertretbare Prognose der voraussichtlich aufzubringenden Kosten darstellte, wird mithin von den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen.
3. Einer weiteren tatrichterlichen Aufklärung bedarf es deshalb jedoch nicht. Die Klage ist nämlich unabhängig davon unbegründet, ob der Beklagte - wie schon jetzt ohne Beanstandung durch die Revisionserwiderung und ohne sonst ersichtlichen Rechtsfehler vom Berufungsgericht angenommen worden und damit der revisionsrechtlichen Überprüfung zu Grunde zu legen ist - zwar finanziell nicht in der Lage war, selbst den günstigsten Angebotspreis der Klägerin für die ausgeschriebene Leistung zu bezahlen, dem Beklagten aber gleichwohl kein zur Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 VOB/A berechtigender Grund zur Seite stand. Maßgeblich hierfür ist die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der später tatsächlich ausgesprochene Auftrag nicht auf ein der Ausschreibung entsprechendes Angebot, sondern auf der Grundlage eines inhaltlich geänderten Angebots deutlich geringeren Kostenumfangs erteilt
worden ist. Diese Feststellung führt dazu, daß der mit der Klage geltend gemachte Anspruch der Klägerin, so gestellt zu werden, wie sie bei Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an sie gestanden hätte (sog. positives Interesse), nicht besteht.

a) In ständiger Rechtsprechung hat der Senat herausgearbeitet, daß trotz Geltung der VOB/A der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 26 Nr. 1 VOB/A besteht, nicht gezwungen werden kann, einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen. Es kann viele Gründe geben, die - unabhängig davon, ob sie die Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 VOB/A erfüllen - den Ausschreibenden hindern, eine einmal in die Wege geleitete Ausschreibung ordnungsgemäß mit der Erteilung des Zuschlags an einen Bieter zu beenden (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3643). Hierzu kann sich ein Ausschreibender insbesondere dann veranlaßt sehen , wenn ein Zuschlag auf ein abgegebenes Angebot seine finanziellen Möglichkeiten übersteigt. Die Möglichkeit, bei einem sachlichen Grund eine Ausschreibung vorzeitig zu beenden, ist notwendige Folge davon, daß es ein Zweck des Vergaberechts ist, der öffentlichen Hand eine die Bindung der ihr anvertrauten Mittel und das Gebot sparsamer Wirtschaftsführung beachtende Beschaffung zu angemessenen Preisen zu ermöglichen und die Situation der öffentlichen Hand in dieser Hinsicht durch eine Erweiterung des Bewerberkreises und damit der Entscheidungsgrundlage zu verbessern. Damit wäre die Annahme , es müsse in jedem Fall eines eingeleiteten Vergabeverfahrens ein Zuschlag erteilt werden, schlechthin unvereinbar. Auch der Bieter, der im Rahmen einer geschehenen Ausschreibung das annehmbarste Angebot abgegeben hat, hat deshalb nicht von vornherein Anlaß, darauf zu vertrauen, daß ihm der ausgeschriebene Auftrag erteilt wird und er sein positives Interesse hieran realisieren kann. Regelmäßig kann vielmehr ein sachlich gerechtfertigter Vertrauenstatbestand , der zu einem Ersatz entgangenen Gewinns einschließenden An-
spruch führen kann, erst dann gegeben sein, wenn der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich - wenn auch unter Verstoß gegen die VOB/A - erteilt wurde. Erst durch die Erteilung des Auftrags erweist es sich als berechtigt, auf die eine Realisierung von Gewinn einschließende Durchführung der ausgeschriebenen Maßnahme vertraut zu haben. Unterbleibt die Vergabe des Auftrags, kommt hingegen regelmäßig nur eine Entschädigung im Hinblick auf Vertrauen in Betracht , nicht im Ergebnis nutzlose Aufwendungen für die Erstellung des Angebots und die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren tätigen zu müssen (BGHZ 139, 259 ff.). Ein derartiger auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch ist jedoch nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage.

b) Der vorliegende Sachverhalt gehört zu den Fällen, in denen der Ausschreibende jedenfalls einen sachlichen Grund geltend machen kann, die begonnene Ausschreibung nicht fortzusetzen, und es deshalb zu einer Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags nicht kommt. Wie in den Fällen, in denen die Ausschreibung unberechtigterweise aufgehoben und der Auftraggeber erst nach einer erneuten Ausschreibung einen Auftrag erteilt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3644), könnte der nach dem Vorgesagten maßgebliche Rückschluß, daß der annehmbarste Bieter berechtigterweise darauf vertrauen durfte, den Auftrag zu erhalten, gleichwohl dann gezogen werden, wenn der später tatsächlich erteilte Auftrag bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das gleiche Vorhaben und den gleichen Auftragsgegenstand betrifft. Bestehen insoweit erhebliche Unterschiede, kommt ein solcher Schluß hingegen regelmäßig nicht in Betracht. Die Unterschiede stehen dann dafür, daß der ausgeschriebene Auftrag nicht zur Ausführung gelangt ist. Ein Anspruch , der den Ersatz entgangenen Gewinns einschließt, kann deshalb in diesen Fällen regelmäßig nur dann bestehen, wenn der sich übergangen fühlende Bieter auf Besonderheiten verweisen kann, die den Auftraggeber hätten veranlassen müssen, ihm - auch - den geänderten Auftrag zu erteilen.


c) Im vorliegenden Fall steht fest, daß der Auftrag, der von dem Beklagten dem Drittbieter dann ohne erneute Ausschreibung erteilt worden ist, nicht den gleichen Gegenstand betraf wie der ausgeschriebene Auftrag. Während die ausgeschriebenen Arbeiten der Herstellung eines Gebäudes in Verblendmauerwerk dienen sollten, beinhaltete der erteilte Auftrag die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten für ein mit einem Wärmedämmputz versehenes Gebäude. Die Änderung betraf damit eine wesentliche technische Beschaffenheit des Gebäudes ebenso wie sein äußeres Erscheinungsbild. Sie bedeutete auch aus wirtschaftlicher Sicht eine grundlegende Abweichung. Das wird nicht zuletzt durch die von dem Beklagten erzielte Kosteneinsparung belegt. Da der Beklagte sich entschieden hatte, die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten als Einheit von einem Bieter durchführen zu lassen, erweist es sich mithin als unberechtigt, wenn die Klägerin darauf vertraut haben sollte, gleichwohl als Folge ihres Angebots, das die Schaffung von Verblendmauerwerk vorsah, einen Auftrag für die Errichtung eines Gebäudes mit Wärmedämmputz zu erhalten. Besonderheiten, welche den Beklagten dennoch hätten veranlassen müssen, der Klägerin den eingeschränkten Auftrag zu erteilen, sind nicht festgestellt; Rügen sind insoweit nicht erhoben.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.

(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 143/10 Verkündet am:
9. Juni 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Rettungsdienstleistungen II
Der auf Verstöße des öffentlichen Auftraggebers gegen Vergabevorschriften gestützte
Schadensersatzanspruch des Bieters ist nach der Kodifikation der gewohnheitsrechtlichen
Rechtsfigur der culpa in contrahendo durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
nicht mehr daran geknüpft, dass der klagende Bieter auf die Einhaltung
dieser Regelungen durch den Auftraggeber vertraut hat, sondern es ist dafür auf die
Verletzung von Rücksichtnahmepflichten durch Missachtung von Vergabevorschriften
abzustellen (Weiterentwicklung von BGH, Urteil vom 8. September 1998
- X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 18/07,
VergabeR 2008, 219 Leitsatz e).
BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie
die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das am 28. Oktober 2010 verkündete Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin macht aufgewendete Rechtsanwaltskosten als Schadensersatz geltend, nachdem ein vom Beklagten durchgeführtes Vergabeverfahren, an dem sie sich beteiligt hatte, wegen Verwendung vergaberechtswidriger Wertungskriterien aufgehoben wurde.
2
Der Beklagte schrieb im offenen Verfahren Rettungsdienstleistungen für den Zeitraum von Anfang Juli 2009 bis Ende Juni 2015 losweise aus. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden. Die Vergabeunterlagen sahen folgende Wirtschaftlichkeitskriterien mit jeweils zugeordneter Gewichtung vor: 1. Preis. Gewichtung 40 2. Mitarbeit bei Großschadenslagen und Massenanfall von Verletzten. Gewichtung 35 3. Erfahrung im Rettungsdienst. Gewichtung 10 4. Qualitätsmanagement. Gewichtung 5 5. Qualifikation des Personals. Gewichtung 5 6. Arbeitszeit des Personals. Gewichtung 5
3
Nachdem die Klägerin die Vergabeunterlagen angefordert hatte, übermittelte sie diese ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Bitte um Überprüfung (Schreiben vom 7. Juli 2008). Durch sein Schreiben vom 10. Juli 2008 rügte die Klägerin, in dem Bewertungsschema für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit würden vergaberechtswidrig Eignungs- und Wirtschaftlichkeitskriterien miteinander vermischt. Ihren kurz darauf gestellten (ersten) Nachprüfungsantrag nahm die Klägerin zurück, nachdem die Vergabekammer ihn als unzulässig eingeschätzt hatte. Nach Ablauf der Angebotsfrist reichte die Klägerin ein Angebot für ein Los des ausgeschriebenen Auftrags ein und stellte erneut einen Nachprüfungsantrag, der in der Beschwerdeinstanz Erfolg hatte. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg sprach in seinem Beschluss vom 3. September 2009 (VergabeR 2009, 933) aus, dass der inzwischen mit einem anderen Anbieter geschlossene Vertrag über die ausgeschriebenen Leistungen nichtig sei, und verpflichtete den Beklagten, das Vergabeverfahren aufzuheben. Diese Maßnahmen begründete der Vergabesenat im Wesentlichen mit einem Verstoß gegen die vergaberechtlich gebotene Trennung von Eignungs - und Wirtschaftlichkeitskriterien. Zumindest die Zuschlagskriterien zu Nr. 2, 3, 5 und 6 seien bieterbezogen, das Kriterium zu Nummer 4 sei intransparent , die Auswahl des günstigsten Angebots hänge somit zu mindestens 55 % nicht von dessen Inhalt, sondern von der Person des Bieters ab. Den Kos- tenstreitwert des Nachprüfungsverfahrens setzte das Oberlandesgericht auf bis zu 800.000 € fest.
4
Nach Aufhebung des Vergabeverfahrens verlangte die Klägerin vom Beklagten die Erstattung einer 2,3-fachen Gebühren nach Nr. 2300 VV-RVG (10.687,15 €) für die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten mit der Überprüfung der Vergabeunterlagen vor Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens. Nachdem der Beklagte die Zahlung ablehnte, hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie diese Summe zuzüglich eines Betrags von 962,71 € für die vorprozessuale Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruchs (beide Gebühren zuzüglich Umsatzsteuer) verlangt hat.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung sinngemäß wie folgt begründet. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo zu. Danach könnten einem Bieter Ansprüche auf Erstattung von Kosten zustehen, wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens nicht oder nicht wie geschehen daran beteiligt hätte. Nicht schutzwürdig sei ein Bieter lediglich dann, wenn er sich in Kenntnis eines Vergabeverstoßes taktierend am Verfahren beteilige. So verhalte es sich hier aber nicht. Die Klägerin habe sich nicht auf das als vergaberechtswidrig erkannte Vergabeverfahren eingelassen, sondern ein Angebot erst gar nicht und am Ende nur deshalb abgegeben, um den Status eines Bieters zu erhalten und dadurch die vergaberechtliche Antragsbefugnis sicherzustellen. Sie habe aber von vornherein die von ihr als vergaberechtswidrig erkannten Fehler gerügt. Der entsprechende prozessuale Prüfungsauftrag habe somit entgegen der Ansicht des Beklagten nicht der "Torpedierung" des Vergabeverfahrens gedient. Der geltend gemachte Gebührentatbestand sei auch nicht bereits anderweitig kostenrechtlich erfasst. Nach der Kostenentscheidung des Vergabesenats im Nachprüfungsverfahren könne die Klägerin zwar die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erstattet verlangen. Dass der Prüfungsauftrag vom 7. August 2008 bereits die Vertretung im Nachprüfungsverfahren umfasst habe, sei aber weder dessen Wortlaut zu entnehmen noch naheliegend. Eine Verbindung mit anderen Gebührentatbeständen lasse sich somit nicht feststellen.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe sind nicht begründet.
9
1. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 und § 280 Abs. 1 BGB zu.
10
a) Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg hat im Nachprüfungsverfahren rechtskräftig entschieden, dass die Beklagte vergaberechtswidrige Wertungskriterien für die Zuschlagsentscheidung vorgesehen hatte. Diese Beurteilung ist für die ordentlichen Gerichte im Schadensersatzprozess bindend (§ 124 Abs. 1 GWB). Infolge der festgestellten Vergaberechtsverstöße musste das Vergabeverfahren aufgehoben werden. Die Aufhebung aus einem solchen Grund ist von der einschlägigen Vergabe- und Vertragsordnung nicht vorgese- hen (vgl. § 26 Nr. 1 und 2 VOL/A 2006, § 17 Abs. 1 VOL/A 2009) und deshalb nicht von vornherein sanktionsfrei.
11
b) Mit der Aufstellung von Wertungskriterien, die eine vergaberechtskonforme Angebotswertung nicht zuließen und die deshalb die Aufhebung des Vergabeverfahrens nach sich ziehen musste, hat der Beklagte gegen seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Danach kann ein Schuldverhältnis einen Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Ein solches Schuldverhältnis entsteht auch durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB), und darum handelt es sich - in je nach Verfahrensart mehr oder minder stark formalisierter Form - bei der Durchführung eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Mit der in der mündlichen Verhandlung weiter verfochtenen Ansicht, zur Klägerin habe ein solches vorvertragliches Schuldverhältnis nicht bestanden, weil dieser nur an der Unterminierung des Vergabeverfahrens gelegen gewesen sei, unternimmt die Revision den ihr verschlossenen Versuch, die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts durch die eigene zu ersetzen.
12
c) Werden die auf diese Weise formalisierten Vertragsverhandlungen auf der Grundlage der vom Auftraggeber ausgearbeiteten und den Bietern zur Teilnahme überlassenen Vergabeunterlagen geführt, wie es für das Vergabeverfahren typisch ist, trifft den öffentlichen Auftraggeber aus § 241 Abs. 2 BGB die Verpflichtung, diese Unterlagen vergaberechtskonform so auszuarbeiten, dass keine Wirtschaftlichkeitskriterien aufgestellt werden, die eine ordnungsgemäße Wertung der Angebote nicht zulassen und deshalb bei Beanstandung eine Aufhebung des Vergabeverfahrens unausweichlich machen. Durch die Aufhebung wird der je nach Auftragsgegenstand unter Umständen ganz beträchtliche Ausschreibungsaufwand der Bieter zunichte gemacht anstatt, seinem eigentlichen Zweck entsprechend, für den Wettbewerb um den ausgeschriebenen Auftrag eingesetzt zu werden. Die Bieter und Bewerber haben aber - in den Grenzen der von den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannten Tatbestände - ein von § 241 Abs. 2 BGB geschütztes Interesse daran, dass der öffentliche Auftraggeber das Verfahren so anlegt und durchführt, dass die genannten Aufwendungen der Bieter dem Wettbewerbszweck entsprechend tatsächlich verwendet werden können.
13
d) Infolge seines Verstoßes gegen die ihn treffenden Rücksichtnahmepflichten ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Verpflichtung trifft den Schuldner im Allgemeinen nur dann nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Dazu haben die Instanzgerichte keine Feststellungen getroffen und die Revision macht nicht geltend, dass insoweit erheblicher Vortrag des Beklagten unberücksichtigt geblieben wäre. Daher bedarf an dieser Stelle die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union keiner Erörterung, wonach die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes eines öffentlichen Auftraggebers gegen Vergaberecht von der Schuldhaftigkeit des Verstoßes abhängig macht (EuGH, VergabeR 2011, 71).
14
e) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats setzt der aus Verschulden bei Vertragsanbahnung hergeleitete Schadensersatzanspruch ein zusätzliches Vertrauenselement aufseiten des Schadensersatz verlangenden Bieters voraus (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283). Schadensersatz nach Aufhebung eines Vergabeverfahrens, für die, wie hier, kein vergaberechtlich anerkannter Grund (§ 17 VOL/A 2009, § 20 VOL/A-EG 2009, § 17 VOB/A 2009) vorlag, konnte ein Bieter nur dann verlangen , wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens daran entweder gar nicht oder nicht so wie geschehen beteiligt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 18/07, VergabeR 2008, 219 Rn. 39). Diese Rechtsprechung knüpfte daran an, dass die auf die gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtsfigur der culpa in contrahendo gestützte Haftung im Allgemeinen die Gewährung von in Anspruch genommenem Vertrauen voraussetzte (vgl. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 276 BGB aF Rn. 65 f.). An dem tatbestandlichen Erfordernis eines solchen zusätzlichen Vertrauenselements hält der Senat für Schadensersatzansprüche, die auf ein vergaberechtliches Fehlverhalten des öffentlichen Auftraggebers vor Vertragsschluss gestützt sind, nicht fest.
15
Der aus § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 und § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB hergeleitete Schadensersatzanspruch knüpft nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung an die Verletzung einer aus dem Schuldverhältnis herrührenden Rücksichtnahmepflicht der Beteiligten an. Dafür, dass dem Gläubiger nur dann Schadensersatz zustehen soll, wenn er bei Verletzung einer solchen Rücksichtnahmepflicht zusätzlich gewährtes Vertrauen in Anspruch genommen hat, ist der gesetzlichen Regelung nichts zu entnehmen. Für das Recht der öffentlichen Auftragsvergabe besteht auch kein Bedürfnis dafür, das Vertrauen des Bieters etwa als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal weiter zu fordern. Denn dieses Gebiet ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Ablauf der Vertragsverhandlungen und die dem Auftraggeber dabei auferlegten Verhaltenspflichten eingehend geregelt sind. Oberhalb der gemäß § 2 VgV vorgesehenen Schwellenwerte gelten die Bestimmungen des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Vergabeverordnung sowie der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen und Leistungen und der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen, und für Vergabeverfahren unterhalb dieser Werte sind die Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen und Leistungen einschlägig, sofern der Auftraggeber - was allgemein üblich ist - ankündigt, die Vergabe auf der Grundlage dieser Vorschriften durchzuführen. Im Geltungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der für das Vergabeverfahren einschlägig ist, auf das sich der Streitfall bezieht, haben die Unternehmen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB). An die daraus resultierenden Verhaltenspflichten knüpfen die Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB an. Der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens als eines Tatbestands, an dessen Erfüllung die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung überhaupt erst festgemacht werden könnte, bedarf es deshalb nicht. Inwieweit der für Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo nach altem Recht vorausgesetzte Vertrauenstatbestand für andere Fallgruppen, die im Rahmen dieser Rechtsfigur entwickelt worden sind, weiterhin Bedeutung hat, bedarf im Streitfall keiner Klärung. Entsprechendes gilt nach den Umständen des Streitfalls auch für die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich der klagende Bieter ein Mitverschulden (§ 254 BGB) entgegenhalten lassen muss.
16
f) Dass die Klägerin den ausgeschriebenen Auftrag nicht hätte erhalten können, weil sie nicht innerhalb der Angebotsfrist ein Angebot eingereicht hat, steht ihrem Anspruch auf Schadensersatz nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt gerade auch in Fällen der ungerechtfertigten Aufhebung des Vergabeverfahrens eine Ausnahme von dem Grundsatz in Betracht, dass nicht nur der auf das Erfüllungsinteresse, sondern auch der auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch nur dem Bieter zusteht, der bei regulärem Verlauf des Vergabeverfahrens den Zuschlag hätte erteilt bekommen müssen (BGH, VergabeR 2008, 219 Rn. 37 f.; vgl. insoweit auch Scharen in Kompaktkommentar Vergaberecht, 13. Los Rdn. 54).
17
g) Die Gebührenforderung, die durch den von der Klägerin erteilten Auftrag zur Prüfung der Vergabeunterlagen und der Rüge ihrer Vergaberechtswidrigkeit gegenüber dem Beklagten ausgelöst worden ist, ist nach dem Schutzzweck der einschlägigen Norm (§ 241 Abs. 2 BGB) als Schaden erstattungsfähig. Mit den sich daraus für den öffentlichen Auftraggeber ergebenden Rücksichtnahmepflichten ist es, wie ausgeführt (oben II 1 b) unvereinbar, in die Wirtschaftlichkeitsprüfung Eignungskriterien einfließen zu lassen (BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; Urteil vom 15. April 2008 - X ZR 129/06, VergabeR 2008, 641 - Sporthallenbau). Zieht der mit solchen Wertungskriterien konfrontierte Bieter deshalb einen Rechtsanwalt zurate, sind die aus dessen Beauftragung resultierenden Kosten ein durch den Pflichtenverstoß adäquat kausal herbeigeführter Schaden. Dafür ist unerheblich, dass der Bieter sich der Vergaberechtswidrigkeit der Vergabeunterlagen bei Beauftragung des Rechtsanwalts regelmäßig nicht sicher sein wird, sondern diesbezüglich erfahrungsgemäß allenfalls Zweifel hegen wird. Entscheidend ist, dass er aufgrund der objektiv gegebenen Vergaberechtswidrigkeit der Vergabeunterlagen Anlass hat, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
18
h) Der Anspruch setzt im Streitfall nach dem der Regelung in § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken keine Mahnung des Gläubigers voraus. Vorvertragliche Rücksichtnahmepflichten, wie sie hier in Rede stehen, sind aus in der Natur der Sache liegenden Gründen sofort zu erfüllen. Jedenfalls dann, wenn die Frage, ob die Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht vorliegt, nur aufgrund vertiefter Kenntnisse auf dem Gebiet des Vergaberechts beantwortet werden kann, ist es, auch mit Blick auf die regelmäßig engen zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten im laufenden Vergabeverfahren, nicht interessengerecht, den am Auftrag interessierten Unternehmen abzuverlangen , den vermeintlichen Mangel zunächst selbst gegenüber dem Auftraggeber zu rügen, bevor sie einen Rechtsanwalt in erstattungsfähiger Weise mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen können. Ob das Gleiche in allen denkbaren Fallgestaltungen, insbesondere auch bei Verstößen gilt, die im Sinne von § 107 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB erkennbar (vgl. dazu etwa MünchKomm.BeihVgR /Jaeger, § 107 Rn. 54) sind, ist hier nicht zu entscheiden.
19
i) Der Beklagte kann sich gegenüber der Gebührenersatzforderung nicht mit Erfolg darauf berufen, die fraglichen Kosten wären der Klägerin auch entstanden , wenn er, der Beklagte, sich vergaberechtskonform verhalten hätte. Auf den darin zu sehenden Einwand, der geltend gemachte Schaden wäre auch bei rechtmäßigem Verhalten des Schädigers entstanden, kann dieser sich ausnahmsweise dann nicht berufen, wenn dies mit dem Schutzzweck der verletzten Norm nicht vereinbar wäre (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1986 - IX ZR 91/84, BGHZ 96, 157 ff.). So verhält es sich hier. Dem hier durchgeführten Vergabeverfahren, bei dem ein vergaberechtswidriges Wertungsschema verwendet worden ist, kann nicht im Wege einer fiktiven Alternativbetrachtung ein solches mit vergaberechtlich unbedenklichen Wertungskriterien gegenübergestellt und die hypothetische Prüfung daran angeschlossen werden, ob die Klägerin auch in einem solchen als korrekt fingierten Fall ihren Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung der Vergabeunterlagen beauftragt hätte. Der Schutz des § 241 Abs. 2 BGB greift schon dann ein, wenn die Vergabeunterlagen, wie hier, in der Weise fehlerhaft sind, dass eine vergaberechtskonforme Angebotswertung nicht mehr möglich ist. Im Übrigen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, aufgrund deren die Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens fraglich erscheinen könnte , und die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht insoweit konkreten Vortrag des Beklagten, der nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungsund Beweislast für den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens trägt (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005, 1718), übergangen hätte.
20
2. a) Ohne Erfolg wendet die Revision sich dagegen, dass das Berufungsgericht die Berechnung der geltend gemachten Gebühr nach einem Wert von 800.000 € gebilligt hat. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts, denen die Revision nicht entgegentritt, entspricht dieser Betrag dem für Beschwerdeverfahren nach § 116 GWB gesetzlich vorgegebenen Streitwert von 5 % der Bruttoauftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG). Diesem Streitwert entspricht der Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung des Bieters im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer (vgl. Kulartz/Kus/Portz Komm. zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 128 Rn. 41; Hardraht in Kompaktkommentar Vergaberecht, 14. Los § 50 Abs. 2 GKG Rn. 2). Da der Bieter das Vergabeverfahren mit einer gegenüber dem Auftraggeber nach § 107 Abs. 3 GWB erhobenen Rüge im Interesse seiner Chance auf den Auftrag in gleicher Weise in korrekte Bahnen lenken will, wie mit einem Nachprüfungsantrag nach § 107 Abs. 1 GWB, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, diesen Wert auch für die Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG heranzuziehen.
21
b) Dass das Berufungsgericht die Erstattung einer 2,3-fachen Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG zugesprochen hat, greift die Revision nicht mit stichhaltigen Rügen an. Dass die außergerichtliche Tätigkeit schon am 16. Juli 2008 endete, muss nicht auf einen spürbar geringen Umfang oder Schwierigkeitsgrad der Sache hindeuten. Das gesamte Vergabeverfahren ist vom vergaberechtli- chen Beschleunigungsgrundsatz beherrscht, der den Bietern unter anderem auferlegt, erkannte Vergabeverstöße unverzüglich zu rügen (§ 107 Abs. 3 GWB) und der es dem für den Bieter tätigen Rechtsanwalt nahelegt, den ihm unterbreiteten Sachverhalt, zu dem häufig umfangreiche Vergabeunterlagen gehören, rasch auf Vergabeverstöße hin zu prüfen und Rügen gegebenenfalls umgehend zu erheben, insbesondere auch dann, wenn, was hier ersichtlich der Fall war, der Ablauf der Angebotsfrist bevorstand.
22
Ob es, wie das Berufungsgericht meint, regelmäßig angemessen ist, in Vergabeverfahren eine überdurchschnittliche Schwierigkeit für die anwaltliche Tätigkeit anzunehmen, die regelmäßig eine deutliche höhere Gebühr als die Mittelgebühr rechtfertigt, kann allerdings in dieser Pauschalität zweifelhaft sein. Es kann insoweit nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch vergaberechtliche Streitigkeiten in der Gesamtschau hinsichtlich ihres Umfangs und Schwierigkeitsgrads ganz unterschiedlich gelagert sind und es nicht angemessen erscheint , diesen Fällen pauschal einen Schwierigkeitsgrad beizumessen, dem regelmäßig eine Gebühr im oberen oder obersten Bereich der einschlägigen Rahmengebühr zu entsprechen hat. Das gilt umso mehr, als das Angebot anwaltlicher Dienstleistungen in inzwischen fast allen Lebensbereichen und Rechtsmaterien durch eine Spezialisierung gekennzeichnet ist, die im eigenen wettbewerblichen Interesse erfolgt und die deshalb berechtigterweise bei der Bewertung des Schwierigkeitsgrads nicht ganz außer Betracht bleiben kann. Zweifelhaft kann ferner sein, den Aufwand bei der Vertretung im Vergabeverfahren generell auch daran zu messen, welche Probleme sich im anschließenden Nachprüfungsverfahren ergeben haben, weil die Auseinandersetzung hinsichtlich des Umfangs und Schwierigkeitsgrads dynamisch verlaufen sein kann. Dass das Berufungsgericht im Streitfall diesbezügliches oder in die gleiche Richtung weisendes Vorbringen des Beklagten übergangen hätte, zeigt die Revision indes nicht auf.
23
c) Soweit die Revision die Versäumung der Anrechnung dieser Gebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG beanstandet, ist nicht die im anschließenden Nachprüfungsverfahren entstandene Gebühr auf die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG anzurechnen, sondern, nach dem eindeutigen Wortlaut von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG, die Geschäftsgebühr auf die später entstandene (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 23. September 2008 - X ZB 19/07, VergabeR 2009, 39 - Geschäftsgebühr im Nachprüfungsverfahren ). Dass die Zuerkennung der 2,3-fachen Gebühr für die Vertretung im Vergabeverfahren mit Blick auf die Kostenerstattung im (zweiten) Nachprüfungsverfahren zu einer Überzahlung geführt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. März 2011 - VI ZR 63/10), macht die Revision nicht geltend.
24
3. Ohne Erfolg wendet die Revision sich dagegen, dass das Berufungsgericht der Klägerin auch die auf die Gebühren entfallende Umsatzsteuer zuerkannt hat. Ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestands des landgerichtlichen Urteils hat die Klägerin beide klageweise geltend gemachten Gebühren einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer verlangt. Streitiges Vorbringen dokumentieren weder die Entscheidung des Landgerichts noch das Berufungsurteil. Das entspricht, wie die Revisionserwiderung aufzeigt, dem Sach- und Streitstand schon bei Beendigung der ersten Instanz, nachdem die Klägerin dort nämlich erklärt hatte, sie sei nach dem Gegenstand der von ihr erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 17b UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das Berufungsgericht hat demgegenüber keinen Sachverhalt festgestellt, aus dem sich die Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin ergäbe. Dass das Berufungsgericht hierzu Vortrag des Beklagten übergangen hätte, macht die Revision ebenfalls nicht geltend.
25
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Grabinski
Hoffmann Schuster
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 02.06.2010 - 36 O 25/10 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 28.10.2010 - 1 U 52/10 (Hs) -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 18/13
vom
20. März 2014
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Fahrbahnerneuerung
Die Divergenzvorlage kann nur in denselben Grenzen auf Ausschnitte des Beschwerdeverfahrens
beschränkt werden, in denen im Zivilprozess Teilurteile
zulässig sind und die Zulassung der Revision wirksam beschränkt werden kann.
Bei der Vergabe von Bau- bzw. Instandsetzungsarbeiten an einer Bundesautobahn
ist als öffentlicher Auftraggeber und Antragsgegner im vergaberechtlichen
Nachprüfungsverfahren das jeweils betroffene Land anzusehen, nicht die
Bundesrepublik Deutschland.
VOB/A § 17 Abs. 1 Nr. 3, § 17 EG Abs. 1 Nr. 3; VOL/A § 17 Abs. 1 Buchst. d,
§ 20 EG Abs. 1 Buchst. d
Ob ein anderer schwerwiegender Grund vorliegt, der zur Aufhebung des
Vergabeverfahrens berechtigt, ist aufgrund einer umfassenden, alle für die Aufhebungsentscheidung
maßgeblichen Umstände berücksichtigenden Interessenabwägung
zu entscheiden (Weiterführung von BGH, Urteil vom 12. Juni
2001 - X ZR 150/99, NZBau 2001, 637).
BGH, Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13 - OLG Karlsruhe
Vergabekammer BadenWürttemberg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. März 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Gröning, die Richterin
Schuster, den Richter Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:
Der Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 2013 wird im Ausspruch zu 1 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg vom 26. August 2013 wird zurückgewiesen , soweit die Antragstellerin begehrt, die Aufhebung des Vergabeverfahrens aufzuheben. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist, dass die Vergabestelle das Vergabeverfahren infolge der Verwendung einer missverständlichen Leistungsbeschreibung aufgehoben hat. Von den Kosten beider Instanzen des Nachprüfungsverfahrens haben die Antragstellerin ¾ und der Antragsgegner ¼ zu tragen. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 410.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf die unionsweite Ausschreibung von Straßenbau-, insbesondere Fahrbahnerneuerungsarbeiten im Bereich des Autobahnkreuzes Heidelberg der Bundesautobahn A 5, an der sich sieben Bieter beteiligten.
2
1. Bei Prüfung und Wertung der Angebote traten unterschiedliche Vorstellungen der Beteiligten darüber zutage, wie die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Ausführung der Fahrbahndecke zu verstehen waren. Während andere Anbieter einen über die gesamte Fahrbahnbreite einstreifigen Einbau der geforderten Betondeckenabschnitte anboten, sah das Angebot der Antragstellerin , welches das günstigste war, eine Ausführung in zwei Streifen vor. Die Vergabestelle sah darin eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen und schloss das Angebot aus. In dem daraufhin von der Antragstellerin angestrengten Nachprüfungsverfahren wurde darum gestritten, ob in den Vergabeunterlagen mit der gebotenen Eindeutigkeit eine einstreifige Ausführung vorgegeben war. Die Vergabekammer verneinte dies und verpflichtete die Vergabestelle , das Angebot der Antragstellerin in die Wertung einzubeziehen. Diese Entscheidung ist bestandskräftig geworden.
3
2. In der Folge hob die Vergabestelle das Vergabeverfahren auf und verband dies mit der Ankündigung, ein neues Verfahren einzuleiten. Sie begründete ihre Entscheidung damit, der Einbau einer einstreifigen Fahrbahndecke biete erhebliche qualitative Vorteile, wobei bei Beauftragung der Antragstellerin und einer nachfolgenden Änderungsanordnung nach § 1 Abs. 3 VOB/B Mehrkosten entstünden, die, wenn sie im aufgehobenen Vergabeverfahren berücksichtigt worden wären, möglicherweise zu einer Änderung der Bieterreihen- folge geführt hätten, zumal die teureren Mitbewerber, wenn sie das Leistungsverzeichnis so verstanden hätten wie die Antragstellerin, im Zusammenhang mit der dann besseren Erreichbarkeit der Brückenbauwerke wesentliche Kostenvorteile hätten berücksichtigen können.
4
Dagegen hat sich die Antragstellerin mit einem weiteren Nachprüfungsantrag gewandt und beantragt, die Aufhebung des Vergabeverfahrens aufzuheben , hilfsweise, festzustellen, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig war und sie in ihren Rechten verletzt hat.
5
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
6
3. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die sofortige Beschwerde im Umfang des auf Aufhebung der Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichteten Hauptantrags zurückgewiesen. Im Übrigen hat er die Sache dem Bundesgerichtshof "zur Entscheidung hinsichtlich folgender Frage vorgelegt: Setzt ein sonstiger schwerwiegender Grund im Sinne von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A uneingeschränkt voraus, dass der Auftraggeber diesen Grund nicht selbst verschuldet hat?".
7
II. Die Vorlage ist zulässig.
8
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine zulässige Divergenzvorlage nach § 124 Abs. 2 GWB grundsätzlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2003 - X ZB 12/02, BGHZ 154, 96). Dass der Vergabesenat vorliegend so verfahren ist, ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss zwar nicht. Darin werden entgegen den entsprechend anzuwendenden Be- stimmungen in § 313 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO120 Abs. 2 i.V.m. § 73 GWB, vgl. dazu K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, 4. Aufl., § 73 Rn. 5) weder die Namen der Richter mitgeteilt, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, noch der Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist. Auch einen Verkündungsvermerk (§ 315 Abs. 3 ZPO entsprechend) weist der Beschluss nicht auf; auf seinem Deckblatt findet sich lediglich seitlich neben dem großen Wappen des Landes Baden-Württemberg isoliert die Datumsangabe "4. Dezember 2013". Den Verfahrensakten lässt sich jedoch entnehmen, dass am 15. November 2013 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, an der die Richter teilgenommen haben, die den Vorlagebeschluss unterzeichnet haben, und dass eine Entscheidung nach einer Verlegung des am Schluss der Sitzung vom 15. November 2013 beschlossenen Verkündungstermins am 4. Dezember 2013 verkündet worden ist. Es ist mit noch hinreichender Sicherheit anzunehmen, dass es sich dabei um den Vorlagebeschluss handelt.
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2. Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB für eine Divergenzvorlage liegen vor.
10
a) Eine Divergenzvorlage erfolgt nach ständiger Rechtsprechung, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der sich mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht in Einklang bringen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr). So verhält es sich hier. Der vorlegende Vergabesenat meint, dass der von der Antragstellerin in erster Linie verfolgte Antrag, die Aufhebungsentscheidung der Vergabestelle aufzuheben, unbegründet sei, weil die Vergabestelle auf der Grundlage von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A berechtigt gewesen sei, das Vergabeverfahren aufzuheben, und möchte aus dem gleichen Grund auch den Feststellungsantrag zurückweisen.
Damit würde das Beschwerdegericht sich in Widerspruch zur Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf setzen. Dieses vertritt die Rechtsauffassung , dass die Aufhebung einer Ausschreibung die Rechte des Bieters aus § 97 Abs. 7 GWB verletze, wenn die vom öffentlichen Auftraggeber vorgebrachten Aufhebungsgründe im Sinne des vergleichbaren § 26 Nr. 1 VOL/A aF ihm als Verschulden oder Obliegenheitsverletzung zuzurechnen seien. Das sei der Fall, wenn der Auftraggeber die Aufhebung damit begründe, das Leistungsverzeichnis sei von den Bietern nicht zweifelsfrei in dem vom Auftraggeber gemeinten Sinne zu verstehen gewesen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Februar 2005 - Verg 72/04, bei juris).
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b) Dem Bundesgerichtshof ist mit dem Vorlagebeschluss nicht nur der Hilfsantrag oder gar nur die vom Vergabesenat vorformulierte Frage zur Entscheidung angefallen, sondern der gesamte Streitstoff des Beschwerdeverfahrens. Diese Rechtsfolge ist im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit zweckmäßigerweise durch Aufhebung des Tenors zu 1 des Vorlagebeschlusses zum Ausdruck zu bringen, auch wenn, worauf zurückzukommen sein wird, die diesbezügliche Entscheidung des Vergabesenats im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden ist (unten III).
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aa) Soweit der Vergabesenat den Hauptantrag der sofortigen Beschwerde abschließend beschieden und dem Bundesgerichtshof nur die erwähnte Frage zur Beantwortung vorgelegt hat (oben I 3), hat er nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Bundesgerichtshof bei einer zulässigen Divergenzvorlage grundsätzlich über die sofortige Beschwerde zu entscheiden hat. Dies ergibt sich aus § 124 Abs. 2 Satz 2 GWB, wonach der Bundesgerichtshof "anstelle" des Oberlandesgerichts entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202, 205). Das Gesetz sieht lediglich in der seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung vor, dass der Bundesgerichtshof sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen kann, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand angezeigt erscheint. Daraus folgt aber nicht im Gegenschluss, dass das Beschwerdegericht den Bundesgerichtshof verpflichten könnte, sich auf die Beantwortung einer vorformulierten Frage zu beschränken.
13
bb) Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf den Hilfsantrag ist in entsprechender Anwendung der für die Zulässigkeit von Teilurteilen und die wirksame Beschränkung der Revisionszulassung geltenden höchstrichterlichen Grundsätze unzulässig.
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(1) Grundsätzlich ist es dem Gericht in einem bürgerlichen Rechtsstreit zwar, wenn der Kläger einen Haupt- und einen Hilfsantrag gestellt hat, unbenommen, Ersteren durch Teilurteil abzuweisen und die Entscheidung über den Letzteren zurückzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90, NJW 1992, 2080 mwN). Das gilt naturgemäß aber nur dann, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen ein Teilurteil überhaupt ergehen kann. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist dies nur der Fall, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Diese Gefahr wird namentlich auch dadurch begründet, dass in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Sie muss nicht notwendigerweise den Entscheidungstenor betreffen. Es reicht aus, wenn die Gefahr der widersprüchlichen Bewertung von Streitstoff entsteht, die als solche weder in Rechtskraft erwächst noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren bindet (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13).
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(2) Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze verbot sich eine Entscheidung des Vergabesenats über den mit der sofortigen Beschwerde in erster Linie weiterverfolgten Antrag und eine Vorlage nur des Hilfsantrags an den Bundesgerichtshof. Damit geht die Gefahr einer widersprüchlichen rechtlichen Bewertung der Entscheidung der Vergabestelle einher, das Vergabeverfahren aufzuheben. Denn der Vergabesenat begründet seine die Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags zurückweisende Entscheidung - worauf im Einzelnen zurückzukommen sein wird (unten III) - unter anderem damit, dass ein die Vergabestelle nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zur Aufhebung des Vergabeverfahrens berechtigender anderer schwerwiegender Grund vorgelegen habe. Danach wäre ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin von vornherein ausgeschlossen, weil der Auftraggeber in einem solchen Fall bei Aufhebung des Verfahrens nicht rechtswidrig gehandelt hätte (BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; vgl. dazu auch Wagner in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 17 VOB/A Rn. 8 mwN). Der prozessuale Sinn und Zweck des Hilfsantrags der Antragstellerin besteht vor dem Hintergrund der Regelung in § 124 Abs. 1 GWB aber darin, die gerichtliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs vorzubereiten. Hätte der die Bescheidung des Beschwerdehauptantrags betreffende Teil des Beschlusses des Vergabesenats vom 4. Dezember 2013 Bestand und gäbe der Bundesgerichtshof dem Hilfsantrag statt, hätte das zur Folge, dass hinsichtlich derselben entscheidungserheblichen Frage, ob der Umstand, dass die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Ausführung der Fahrbahndeckenabschnitte mehrdeutig sind, zur Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A berechtigte , widerstreitende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs auf der einen und des Vergabesenats auf der anderen Seite vorlägen. Nach der Entscheidung des Vergabesenats stünde fest, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens vergaberechtlich nicht zu beanstanden ist, weshalb die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt sein könnte, während eine dem Hilfsantrag statt- gebende Entscheidung voraussetzte, dass eine Rechtsverletzung vorliegt. Um dies zu vermeiden muss über Haupt- und Hilfsantrag einheitlich entschieden werden.
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(3) Der Erstreckung der Divergenzvorlage auf den gesamten Streitstoff des Beschwerdeverfahrens stehen auch Rechtskraftsgesichtspunkte nicht entgegen. Die Beschlüsse der Vergabesenate werden als prinzipiell letztinstanzliche Entscheidungen zwar grundsätzlich mit ihrem Wirksamwerden rechtskräftig. Ebenso wenig, wie im Zivilprozess eine unzulässige Beschränkung der Revisionszulassung dazu führt, dass der von der Zulassung ausgenommene Teil in Rechtskraft erwächst, sondern in einem solchen Fall von einer unbeschränkten Zulassung auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, ZIP 2003, 1240), wird auch über den in unzulässiger Weise von der Divergenzvorlage ausgenommenen Teil nicht rechtskräftig entschieden. Unzulässig ist die beschränkte Revisionszulassung, wenn der damit ins Auge gefasste Teil des Streitstoffs nicht in dem Sinne selbständig ist, dass er in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs entstehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5), also im Wesentlichen unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen der Erlass eines Teilurteils unzulässig ist. So verhält es sich hier; auf die vorstehenden Ausführungen dazu wird Bezug genommen.
III. Den mit der sofortigen Beschwerde in erster Linie weiterverfolgten
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Antrag, die Aufhebungsentscheidung der Vergabestelle zu kassieren, hat der Vergabesenat in der Sache im Ergebnis zu Recht für unbegründet erachtet.
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1. Die Vergabe von Bau- bzw. Instandsetzungsarbeiten an einer Bundesautobahn, auf die sich das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht, ist ein Gegenstand der Auftragsverwaltung nach Art. 85 ff. GG. Diese ist eine Form der Landesverwaltung, bei der die Länder Landesstaatsgewalt ausüben und ihre Behörden als Landesorgane handeln, wobei dieses Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen, im Verhältnis zu Dritten, stets Landesangelegenheit bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1990 - 2 BvG 1/88, NVwZ 1990, 955, 957). Als öffentlicher Auftraggeber und Antragsgegner im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist dementsprechend das jeweils betroffene Land anzusehen und nicht die Bundesrepublik Deutschland (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 2003 - 4 C 9/02, NVwZ-RR 2004, 84 f.; OLG Celle, Beschluss vom 6. Juni 2011 - 13 Verg 2/11, VergabeR 2011, 783 ff.; Müller in: Byok/ Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 3. Aufl., § 106a GWB Rn. 13). Dementsprechend fällt die Vergabenachprüfung in diesen Fällen auch in die Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder (§ 106a Abs. 2 Satz 1 GWB).
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Die infolge missverständlicher Formulierungen im Rubrum des Nachprüfungsantrags und der sofortigen Beschwerdeschrift möglichen Zweifel daran, dass der Nachprüfungsantrag und die sofortige Beschwerde sich gegen das betroffene Land richten, hat die Antragstellerin auf den Hinweis des Senats durch Berichtigung des Passivrubrums, der das Land nicht entgegengetreten ist, ausgeräumt.
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2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Bieter die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen, hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Aus den genannten Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen folgt nicht im Gegenschluss, dass ein öffentlicher Auftraggeber gezwungen wäre, ein Vergabeverfahren mit der Zuschlagserteilung abzuschließen, wenn keiner der zur Aufhebung berechtigenden Tatbestände erfüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2002 - X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163). Vielmehr bleibt es der Vergabestelle grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Dies folgt daraus, dass die Bieter zwar einen Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), aber nicht darauf , dass er den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt (vgl. BGH, VergabeR 2003, 163).
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Während eine von den Vergabe- und Vertragsordnungen gedeckte und somit rechtmäßige Aufhebung zur Folge hat, dass die Aufhebung keine Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens begründet, kann der Bieter im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung auf die Feststellung antragen, dass er durch das Verfahren in seinen Rechten verletzt ist (§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB entsprechend; § 123 Satz 3, 4 GWB). Ein Schadensersatzanspruch beschränkt sich in solchen Fällen allerdings regelmäßig auf die Erstattung des negativen Interesses (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10, BGHZ 190, 89 Rn. 16 - Rettungsdienstleistungen II; Scharen in Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Aufl., 13. Los Rn. 54). Weitergehende Ansprüche, wie ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung des positiven Interesses oder - zur Vermeidung eines entsprechenden Schadenseintritts - ein Anspruch auf Weiterführung des Vergabeverfahrens, können unter besonderen Voraussetzungen zwar in Betracht kommen, etwa dann, wenn der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, ein Vergabeverfahren aufzuheben, in rechtlich zu missbilligender Weise dazu einsetzt, durch die Auf- hebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können. Nach den vom Vergabesenat rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen liegt ein solcher Ausnahmetatbestand hier aber nicht vor. Die Vergabestelle will den Auftrag zwar umgehend erneut vergeben, aber nicht unter manipulativen Umständen, sondern in einem offenen, auch der Antragstellerin erneut eröffneten Wettbewerb.
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Der Vergabesenat hat auch mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, eine vergaberechtswidrige Diskriminierung der Antragstellerin ausgeschlossen. Die Vergabestelle ist nicht aus Wettbewerbsgründen verpflichtet , eine zweistreifige Ausführung abzunehmen. Ob das Gewicht der mit dieser Ausführungsvariante verbundenen Nachteile anders bewertet werden kann, als es der Einschätzung der Vergabestelle entspricht, ist unerheblich, solange es sich dabei nicht um Argumente handelt, die lediglich zu dem Zweck vorgeschoben sind, eine bestimmte Ausführung als vorzugswürdig darzustellen, um die wirklich hinter der Entscheidung stehenden Gründe zu verdecken. Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.
IV. In der den Hilfsantrag betreffenden Divergenzfrage kann der vom
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Beschwerdegericht befürworteten Sichtweise nicht beigetreten werden. Der Hilfsantrag ist begründet, da die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.
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1. Die Antragstellerin möchte mit dem Antrag, wie seine Auslegung ergibt, festgestellt wissen, dass die Aufhebung nicht von einem der in § 17 EG Abs. 1 VOB/A genannten Gründe, namentlich nicht von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, gedeckt und deshalb rechtswidrig war. Für die Frage, ob die Vergabestelle nach dieser Bestimmung berechtigt war, das Vergabeverfahren aufzuhe- ben oder ob die Aufhebung einen Bieter in seinen Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt, sind nach dem zu III dargestellten Zweck der Bestimmung die gesamten Umstände, die für die Aufhebungsentscheidung erheblich waren, zu berücksichtigen. Dazu gehören im Streitfall vor allem auch die Mängel der Ausschreibung , die zum ersten Nachprüfungsverfahren geführt haben. Nach den von der Vergabekammer dort getroffenen, in entsprechender Anwendung von § 124 Abs. 1 GWB bindenden Feststellungen war die Leistung in einer Weise beschrieben, dass darunter auch eine zweistreifige Ausführung verstanden werden konnte. Danach hatte die Antragstellerin ein wertungsfähiges Angebot abgegeben. Die Vergabestelle hat das Vergabeverfahren im Anschluss an diese Entscheidung der Vergabekammer aufgehoben, um zu vermeiden, auf dieses zwar den Vergabeunterlagen, aber nicht ihren Vorstellungen von der Ausführung entsprechende Angebot den Zuschlag erteilen zu müssen. Die Aufhebungsentscheidung stellt somit eine Maßnahme zur Korrektur eines eigenen vergaberechtlichen Fehlers dar.
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2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei der Prüfung eines zur Aufhebung berechtigenden schwerwiegenden Grundes strenge Maßstäbe anzulegen. Ein zur Aufhebung der Ausschreibung Anlass gebendes Fehlverhalten der Vergabestelle kann danach schon deshalb nicht ohne weiteres genügen, weil diese es andernfalls in der Hand hätte, nach freier Entscheidung durch Verstöße gegen das Vergaberecht den bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehenden Bindungen zu entgehen. Das wäre mit Sinn und Zweck des Vergabeverfahrens nicht zu vereinbaren. Berücksichtigungsfähig sind grundsätzlich nur Mängel, die die Durchführung des Verfahrens und die Vergabe des Auftrags selbst ausschließen, wie etwa das Fehlen der Bereitstellung öffentlicher Mittel durch den Haushaltsgesetzgeber. Im Einzelnen bedarf es für die Feststellung eines schwerwiegenden Grundes einer Interessenabwä- gung, für die die Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls maßgeblich sind (BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 - X ZR 150/99, NZBau 2001, 637).
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3. Der Vergabesenat berücksichtigt bei seiner Interessenabwägung die eigentliche Ursache für die Aufhebung (vorstehend III) nicht hinreichend. Sein Befund, ohne die Aufhebung könne dem Grundsatz eines gesunden und transparenten Wettbewerbs nicht mehr Genüge geleistet werden, nachdem es an einer konkreten, eindeutigen und erschöpfenden Beschreibung der nachgefragten Leistung fehle und das Ergebnis des Wettbewerbs unter Umständen anders zu bewerten wäre, wenn die übrigen Bieter die Vergabeunterlagen so verstanden hätten wie die Antragstellerin (oben I 2), wird dem gesamten Geschehen nur bei vordergründiger Betrachtung gerecht. Er berücksichtigt nicht angemessen, dass dieses Ergebnis Folge der missverständlichen Abfassung der Vergabeunterlagen durch die Vergabestelle ist und die Verneinung eines schwerwiegenden Grundes zur Aufhebung der Ausschreibung die Frage nicht präjudiziert, ob und inwieweit das Vergabeverfahren fortgesetzt werden durfte. Die beteiligten Interessen wären im Streitfall nicht angemessen berücksichtigt, wenn der Verursacher von den Folgen seines eigenen Handelns freigestellt und diese den Bietern aufgebürdet würden. Dies gilt, wie der Vergabesenat zutreffend erwägt, unabhängig von Fragen des Verschuldens. Das auf § 114 Abs. 2 Satz 2, letzter Halbs., § 123 Satz 3 GWB gestützte Feststellungsbegehren betrifft lediglich die Frage der Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen. An deren Beurteilung durch die Nachprüfungsinstanzen soll das ordentliche Gericht im Schadensersatzprozess nach § 124 Abs. 1 GWB im prozessökonomischen Interesse an einer arbeitsteiligen Verwertung der im Nachprüfungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse gebunden sein (vgl. Beck'scher VOB/A-Komm./ Gröning, 1. Aufl., § 124 GWB Rn. 2 f.). Alle weiteren mit der Frage zusammenhängenden Gesichtspunkte, ob hierdurch das von § 241 Abs. 2 BGB geschützte Interesse der Bieter daran verletzt ist, dass der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren so anlegt und durchführt, dass der mit der Angebotserstellung verbundene Aufwand nicht von vornherein unnütz ist (vgl. BGHZ 190, 89 Rn. 12 - Rettungsdienstleistungen II), betreffen die schadensrechtliche Auseinandersetzung und sind dementsprechend gegebenenfalls im Schadensersatzprozess zu klären.
27
Unergiebig für den Standpunkt des Beschwerdegerichts ist auch die von ihm angeführte Passage im Urteil des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Mai 2009 (VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47) zu den Möglichkeiten des Auftraggebers , ein Vergabeverfahren aufzuheben, wenn sich infolge der Verzögerung der Vergabe durch ein Nachprüfungsverfahren die Preise gravierend erhöht haben. Diese Ausführungen stellen zum einen nur ein obiter dictum dar. Zum anderen weist der Bundesgerichtshof dort darauf hin, der Auftraggeber habe in solchen Fällen "unter den Voraussetzungen von § 26 Abs. 1 Buchst. c VOB/A" (aF, die § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 entspricht) die Möglichkeit, die Ausschreibung aufzuheben. Entgegen dem Beschwerdegericht ist der Entscheidung also gerade nicht die Rechtsauffassung zu entnehmen, auch vom Auftraggeber zu vertretende Verzögerungen stellten einen schwerwiegenden, zur Aufhebung berechtigenden Grund dar. Vielmehr stellt der Hinweis in der Entscheidung, der Auftraggeber könne das Vergabeverfahren aufheben, dies ausdrücklich unter den Vorbehalt, dass (zusätzlich) die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Buchst. c VOB/A aF vorliegen.
28
Soweit die Vergabestelle die Aufhebung unter Hinweis auf von ihr geschätzte verzögerungsbedingte Mehrkosten von 500.000 € als gerechtfertigt ansehen möchte, kann dies schon deshalb keinen Erfolg haben, weil in Anbetracht des ursprünglichen Auftragsvolumens von rund 7.500.000 € in einer Verteuerung in dieser Größenordnung keine grundlegende Änderung der Preisermittlungsgrundlagen gesehen werden kann.
29
Nach allem sind keine i. S. von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A schwerwiegenden Gründe für die Aufhebung anzuerkennen.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 GWB; die Entscheidung
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der Vergabekammer über die Höhe der Gebühren und Auslagen bleibt unberührt.
Meier-Beck Gröning Schuster
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.12.2013 - 15 Verg 9/13 -

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.