Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 08. März 2017 - W 2 K 16.1014

bei uns veröffentlicht am08.03.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren „Ausstandsverzeichnis Nr. …2009“ vom … 2009 für unzulässig zu erklären.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-streckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung aus einem „Ausstandsverzeichnis Nr. …2009“.

Die Beklagte erstellte unter dem … 2009 das „Ausstandsverzeichnis Nr. …2009“. Sie stellte darin verschiedene Forderungen über insgesamt 89.511,76 EUR ein und erklärte es für vollstreckbar.

Auf Klage des Klägers vom 15. Dezember 2009 hin, verurteilte das Verwaltungsgericht Würzburg mit rechtskräftigem Urteil vom 28. Dezember 2011 (W 2 K 09.1228) die Beklagte, „die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren „Ausstandsverzeichnis Nr. …2009“ vom … … 2009 für unzulässig zu erklären und die Vollstreckung einzustellen, soweit darin Grundsteuern in Höhe von 8.793,85 EUR, Wasserverbrauchsgebühren in Höhe von 1.513,17 EUR, Kanalbenutzungsgebühren in Höhe von 2.783,84 EUR, Hundesteuern in Höhe von 1.572,12 EUR sowie Säumniszuschläge in Höhe von 11.952,00 EUR vollstreckt werden.“

Am 1. August 2016 ließ die Beklagte den Obergerichtsvollzieher beim Amtsgericht … mit der Zwangsvollstreckung aus dem - unveränderten - „Ausstandsverzeichnis Nr. …2009“ in das bewegliche Vermögen des Klägers beauftragen.

Mit Schreiben vom 16. September 2016 kündigte der Obergerichtsvollzieher dem Kläger an, ihn am 5. Oktober 2016 wegen der Zwangsvollstreckung aus dem Ausstandsverzeichnis Nr. …2009 aufzusuchen. Bei Abwesenheit könne der Gläubiger einen richterlichen Türöffnungs- und Durchsuchungsbeschluss beantragen. Der Schuldbetrag belaufe sich auf (zum 5. Oktober 2016) 89.548,14 EUR.

II.

Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2016, beim Verwaltungsgericht Würzburg am 11. Oktober 2016 eingegangen, wendet sich der Kläger gegen die Zwangsvollstreckung aus dem „Ausstandsverzeichnis Nr. …2009“ und beantragte zugleich einstweiligen Rechtsschutz. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Das Ausstandsverzeichnis sei unsubstantiiert, nicht nachvollziehbar und entspreche nicht den Kriterien einer ordnungsgemäßen Abrechnung. Die Beklagte habe ihre vermeintlichen Forderungen bereits vor etwa einem Jahrzehnt gegenüber dem Kläger erhoben. In diesem Rechtsstreit sei die Forderung in etwa halbiert worden. Der Kläger habe die Forderung damals ausgeglichen. Damit sei das „Ausstandsverzeichnis Nr. …2009“ gegenstandslos geworden. Mittlerweile sei bereits ein Beschluss zur Öffnung und Durchsuchung der Räumlichkeiten des Antragstellers ergangen. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 9. Oktober 2016 und 14. Januar 2017 verwiesen.

Er beantragt,

die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem „Ausstandsverzeichnis Nr. …2009“ für unzulässig beziehungsweise unbegründet zu erklären.

Die Beklagte stellte keinen Antrag.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes ließ sie im Wesentlichen vortragen: Die Forderung mindere sich gemäß Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburgs vom 28. Dezember 2001 um 26.614,98 EUR, so dass noch ein Betrag in Höhe von 62.896,78 EUR offenstehe. Die Forderungsminderung sei beim Zwangsvollstreckungsauftrag vom 1. August 2016 versehentlich nicht berücksichtigt worden. Es werde aber versichert, dass bei künftigen Vollstreckungsmaßnahmen lediglich aus dem geminderten Hauptsachebetrag vollstreckt werde.

Im Verfahren W 2 E 16.1015 stellte das Gericht mit Beschluss vom 16. Januar 2017 die Zwangsvollstreckung aus dem „Ausstandverzeichnis Nr. …2009“ bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren ein.

Ergänzend wird zum Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakte in den Verfahren W 2 K 16.1014 und W 2 E 16.1015, die beigezogene Behördenakte sowie die ebenfalls beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren W 2 K 09.1228 und W 2 E 09.1269 Bezug genommen.

Gründe

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO kann das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Entsprechende Einverständniserklärungen liegen mit den Schreiben der Beteiligten vom 20. Januar 2017 und 2. Februar 2017 vor.

Die Klage ist zulässig, insbesondere statthaft. Bei verständiger Würdigung des Klageantrags richtet sich das Klagebegehren darauf, dass die Beklagte durch einen an den Kläger gerichteten Verwaltungsakt, die Vollstreckung gem. Art. 22 VwZVG einstellen soll. Dieses Klagebegehren ist auf dem Verwaltungsrechtsweg in Form der Verpflichtungsklage zu verfolgen (vgl. statt vieler: BayVGH, B.v. 27.3.2012 - 6 CE 12.458 - juris). Dabei ist es unbeachtlich, wenn sich die geltend gemachten Einwendungen auch auf die formale Richtigkeit des Austandsverzeichnisses erstrecken (ebenso: VG Augsburg, G.v. 20.7.2016 - Au 7 K 16.145 - juris). Die Klage ist mithin als Verpflichtungsklage statthaft.

Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht gem. § 121 Nr. 1 VwGO die materielle Rechtskraft des Urteils vom 28. Dezember 2011 entgegen, da der Kläger gerade kein Abweichen vom dortigen Tenor begehrt.

Trotz der bereits mit rechtskräftigem Urteil vom 28. Dezember 2011 ausgesprochenen Verpflichtung der Beklagten, besteht für die Klage ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung aus dem Urteil vom 28. Dezember 2011 bis heute nicht nachgekommen, sondern hat auf der Grundlage des unverändert gebliebenen Ausstandsverzeichnisses Nr. …2009 vom … … 2009 erneut die Vollstreckung betrieben. Der Kläger hat mithin ein Rechtschutzbedürfnis für eine Klage. Da es unbillig wäre, ihn wegen seines Begehrens allein auf die Möglichkeiten der Voll-streckung aus dem Urteil vom 28. Dezember 2011 zu verweisen, ist die erneute Klageerhebung auch unter Berücksichtigung der materiellen Rechtskraft des Urteils vom 28. Dezember 2011 zulässig. Weder hat die Beklagte ein schützenswertes Interesse, nicht in einem erneuten verwaltungsgerichtlichen Verfahren damit befasst zu werden, noch ist - angesichts des Grundsatzes der Rechtmäßigkeit der Verwaltung - von vornherein davon auszugehen, dass die Beklagte auch eine weitere Verurteilung ignorieren würde, so dass allein die Zwangsvollstreckung aus dem ersten Urteil zu dem vom Kläger angestrebten Ziel führen würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beklagte auf ein erneutes verwaltungsgerichtliches Urteil reagieren wird.

Die Klage ist auch begründet. Das Unterlassen der Beklagten, die Voll-streckung aus dem vollstreckbaren Ausstandsverzeichnis Nr. …2009 vom … … 2009 für unzulässig zu erklären, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.

Dies ergibt sich schon aus der materiellen Rechtskraft des formell rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 28. Dezember 2011, das die Beklagte dem Kläger gegenüber bereits dazu verurteilt, die Zwangsvoll-streckung aus dem vollstreckbaren Ausstandsverzeichnis Nr. …2009 vom … … 2009 für unzulässig zu erklären, § 121 Nr. 1 VwGO.

Damit ist über die Frage der Verpflichtung der Beklagten zur Abgabe der dort tenorierten und im hiesigen Verfahren erneut begehrten Erklärung abschließend entschieden. Sie ist auch in einem erneuten Gerichtsverfahren keiner - nochmaligen - rechtlichen Überprüfung zugänglich.

Anhaltspunkte für eine nach Rechtskraft des Urteils vom 28. Dezember 2011 eingetretenen Änderung der Sach- und Rechtlage, die zu einer Durchbrechung der Rechtskraft bzw. einem anderen Streitgegenstand führen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Mithin war vom Gericht nicht erneut zu prüfen, ob es an den gem. Art. 26 Abs. 1, 24 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwZVG notwendigen besonderen Vollstreckungsvoraussetzung für eine Vollstreckungsanordnung fehlt. Auch das Gericht ist an die Rechtskraft des Urteils vom 28. Dezember 2011 gebunden und hat sie von Amts wegen zu beachten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 2015, § 121/Rn. 3 und 12).

Im Übrigen weist das Gericht - wie bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes W 2 E 16.1015 - darauf hin, dass der Beklagen die weitere Vollstreckung aus dem verfahrensgegenständlichen Ausstandsverzeichnis - auch bezüglich der im Urteil vom 28. Dezember 2011 unbeanstandet gebliebenen Forderungen - verwehrt ist, bis sie das Ausstandsverzeichnis dem Urteil entsprechend korrigiert und auf der korrigierten Basis erneut für vollstreckbar erklärt hat. Macht die Anordnungsbehörde von ihrer Möglichkeit Gebrauch, im Rahmen der Zwangsvollstreckung mehrerer durch Leistungsbescheid festgesetzte Geldforderungen in einem für vollstreckbar erklärten Ausstandsverzeichnis zusammenzufassen, um sie so einer einheitlichen Vollstreckung zugänglich zu machen, sind Grundlage der Zwangsvollstreckung nicht die dem Ausstandsverzeichnis zugrunde liegenden Bescheide, sondern diese werden von der Vollstreckungsanordnung, d.h. dem Ausstandsverzeichnis ersetzt (vgl. VG Augsburg, a.a.O. unter Verweis auf LG Detmold, B.v. 1.8.2014 - 3 T 108/14 - juris). Mithin besteht auch nicht die Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines fehlerhaften Ausstandsverzeichnisses dadurch zu „heilen“, dass die Vollstreckung nachträglich auf die gerichtlich als rechtmäßig gewerteten Forderungen beschränkt wird. Denn ein Rückgriff auf die einzelnen bestandskräftigen Leistungsbescheide ist im Rahmen der Zwangsvollstreckung jedenfalls dann nicht möglich, wenn die Anordnungsbehörde den Vollsteckungsauftrag - wie hier - auf der Grundlage des gesamten Ausstandsverzeichnisses erteilt hat.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

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Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 20. Juli 2016 - Au 7 K 16.145

bei uns veröffentlicht am 20.07.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. III. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch S

Landgericht Detmold Beschluss, 01. Aug. 2014 - 3 T 108/14

bei uns veröffentlicht am 01.08.2014

Tenor Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die vom Gläubiger am 03.09.2013 beantragte Abnahme der Vermögensauskunft nicht länger mit der Begründung zu verweigern, es fehle an einem Nachweis dafür, dass

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus Beitragsbescheiden des Beklagten.

Der Kläger wurde im Rahmen des einmaligen Meldedatenabgleichs durch Schreiben vom 23. Juni 2014 und 22. Juli 2014 um Auskunft der rundfunkbeitragsrelevanten Daten gebeten. Nachdem der Kläger darauf nicht reagiert hatte, teilte ihm der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio (nachfolgend: Beitragsservice) mit Schreiben vom 21. August 2014 mit, dass unter seinem Namen und unter der Beitragsnummer ... ab 1. Januar 2013 die Wohnung „...-str. ..., ...“ angemeldet worden sei.

Eine angebotene Ratenzahlung wurde nicht eingehalten. Mit mehreren Schreiben vom 2. Oktober 2014, 1. November 2014 und 5. Dezember 2014 wurde der Kläger über die Fälligkeit der Raten und den Gesamtrückstand informiert.

Mit weiterem Schreiben des Beitragsservice vom 2. Februar 2015 wurde der Kläger gebeten, den Beitragsrückstand in Höhe von 431,52 EUR innerhalb von zwei Wochen zu bezahlen; dabei wurde er auch darüber informiert, dass keine weitere Zahlungsaufforderung mehr ergehen werde, die Rundfunkbeiträge dann jeweils per Gebühren-/Beitragsbescheid festgesetzt würden und ein Säumniszuschlag erhoben werde.

Mit Festsetzungsbescheid vom 1. April 2015, Postauslieferungsdatum am 7. April 2015, setzte der Beklagte für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 rückständige Rundfunkbeiträge (431,52 EUR) sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 439,52 EUR fest.

Mit weiterem Festsetzungsbescheid vom 1. Mai 2015, Postauslieferungsdatum am 8. Mai 2015, setzte der Beklagte für den Zeitraum 1. Januar 2015 bis 31. März 2015 rückständige Rundfunkbeiträge (53,94 EUR) sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 61,94 EUR fest.

Mit Festsetzungsbescheid vom 1. August 2015, Postauslieferungsdatum am 10. August 2015, setzte der Beklagte für den Zeitraum 1. April 2015 bis 30. Juni 2015 rückständige Rundfunkbeiträge (52,50 EUR) sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 60,50 EUR fest.

Zudem erließ der Beitragsservice für den Zeitraum Juli 2015 bis Dezember 2015 zwei weitere Festsetzungsbescheide mit Beitragsforderungen in Höhe von insgesamt 121,00 EUR.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2015, 2. Juli 2015 und 2. Oktober 2015 wurde der Kläger jeweils gemahnt und über den Gesamtrückstand informiert.

Alle genannten Bescheide sind Teil einer sog. History-Aufstellung des Rundfunkteilnehmerkontos des Klägers und es existieren korrespondierende Bescheidabdrucke hierzu.

Der Beklagte ersuchte das Amtsgericht ... mit Schreiben vom 3. Januar 2016 um die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 30. Juni 2015 in Höhe von insgesamt 561,96 EUR. Dem Vollstreckungsersuchen war das Ausstandsverzeichnis über die beizutreibenden Forderungen beigefügt.

Mit Schreiben des Gerichtsvollziehers vom 12. Januar 2016 wurde der Kläger zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 4. Februar 2016 geladen.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 29. Januar 2016, erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg und beantragte,

1. das Vollstreckungsersuchen des Bayerischen Rundfunk/“Beitragsservice“ zurückzuweisen,

2. die Zwangsvollstreckung von Herrn ... aufzuheben.

Weiter wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung herzustellen.

Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da die Rechtsgrundlage, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, formell und materiell aus mehreren Gründen gegen das Grundgesetz verstoße und somit rechtswidrig sei.

Der Rundfunkbeitrag stelle eine Steuer dar. Da der Beitrag auch von Haushalten zu entrichten sei, die über keine Empfangsmöglichkeiten für den öffentlichrechtlichen Rundfunk verfügten und damit keinen Vorteil aus dem Beitrag ziehen könnten, sei eine Klassifizierung als Beitrag unzulässig.

Die Gesetzgebungskompetenz für eine bundesweite, nicht den Ländern zufließende Steuer lege jedoch nach Art. 105 ff. Grundgesetz ausschließlich beim Bund.

Die materielle Verfassungswidrigkeit ergebe sich u. a. aus der Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 GG. Es liege eine nicht mehr gerechtfertigte Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte vor. Vom Gesetzgeber werde unterstellt, dass jeder Inhaber einer Wohnung auch Rundfunkteilnehmer sei. Laut statistischem Bundesamt verfügten im Jahr 2011 3,8%, also ca. eine Million, der deutschen Haushalte über kein Fernsehgerät. Die Entscheidung mindestens einer Million Menschen in Deutschland, den Rundfunk, insbesondere das Fernsehen nicht zu nutzen, sei nach Art. 2 GG zu respektieren. Im Jahr 2011 lebten außerdem 16,3 Millionen Personen (40,4% aller Haushalte) in einem Einpersonenhaushalt. Durch die neue Regelung müsse also beinahe die Hälfte aller Haushalte pro Kopf deutlich mehr zahlen als alle anderen. Dadurch sei eine Typisierung nicht gerechtfertigt, die nur möglich sei, wenn die Härte nur eine kleine Anzahl von Personen treffe. Als Einzelperson zahle er ebenso viel, wie z. B. eine Wohngemeinschaft mit mehreren gut verdienenden Erwachsenen.

Nicht verfassungsgemäß sei der Rundfunkbeitrag auch deshalb, weil die Landesparlamente, die den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag 2011 durchgewinkt hätten, nicht die Kompetenz gehabt hätten, eine solche Steuer zu erlassen.

Der Beklagte sei eine Firma im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Sie sei keine Behörde und könne daher auch keine Bescheide erlassen. Das gleiche gelte für den „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“. Bei den Anstalten des öffentlichrechtlichen Rundfunks handle es sich um von den Ländern geschaffene zentrale gemeinnützige Fernsehanstalten des öffentlichen Rechts. Eine gemeinnützige Fernsehanstalt habe somit nicht das Recht Zwangsmitgliedschaften zu erheben, auch dann nicht, wenn diese vermeintliches öffentliches Recht darstellen würden.

Der Rundfunkbeitrag verletze die informelle Selbstbestimmung. Jeder Wohnungsinhaber und jeder Betriebsstätteninhaber werde von den Rundfunkanstalten in einem bundesweiten, zentralen Register erfasst. Dies sei Meldebehörden aus Datenschutzgründen nicht erlaubt. Des Weiteren würden persönliche, für den Rundfunkbeitrag und den Beitragsservice unerhebliche Merkmale wie Doktorgrade erfasst. Dies verletze seine informelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.

Der Rundfunkbeitrag verletze die negative Informationsfreiheit. Er müsse sich keine Informationen aufdrängen lassen, entscheide selbst, auf welche Art und Weise er sich bilde und habe daher das Recht, den Rundfunk in allen seinen Ausprägungen nicht zu nutzen. Diese negative Informationsfreiheit werde möglicherweise beschnitten, weil er durch den Rundfunkbeitrag den Rundfunk finanzieren müsse. Etwas, das er nicht bestellt habe und das auch keine Steuer darstelle, müsse er daher auch nicht bezahlen.

Der Rundfunkbeitrag werde für zweckentfremdete Leistungen verwendet. Das Sende-Angebot des Fernseh- und Hörfunks biete um ein Vielfaches mehr an, als dies seinem Auftrag, einen Beitrag zur Meinungs- und Willensbildung zu leisten, entspreche. Die Berichterstattung erfolge einheitlich und inhaltlich parallel zu Privatsendern und biete dadurch keine ausreichende Vielfältigkeit, um verzerrende Berichterstattung, insbesondere zu politischen Themen auszugleichen. Der Rundfunkbeitrag werde also für Unterhaltungssendungen, Spielfilme und sehr teure Sportübertragungen genutzt, die nicht zum Auftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks gehören würden. Da er die Inhalte und Angebote des öffentlichrechtlichen Rundfunks ablehne, erhalte er trotzdem keine adäquate Gegenleistung für den Zwangsbeitrag und werde in seiner Möglichkeit, andere Bildungs- und Informationsquellen zu benutzen, beschränkt, in die ihm dafür zur Verfügung stehende finanziellen Mittel reduziert würden.

Der Rundfunkbeitrag verletze die Religionsfreiheit. Wenn er aus religiöser Überzeugung den öffentlichen Rundfunk ablehne, werde er durch den Rundfunkbeitrag gezwungen, diesen zu finanzieren. Das verletze die Religionsfreiheit aus Art. 4 GG.

Ferner habe er das natürliche Recht, nicht gezwungen zu werden, Firmen und Unternehmen zu finanzieren.

Die Verfassungswidrigkeit werde z. B. auch durch das Gutachten von Prof. Dr. ... gestützt.

Weiter verweist der Kläger auf Beschlüsse des Landgerichts ...Tübingen vom 9. September 2015 (Az.: 5 T 162/15) und des VG ...Neustadt an der Weinstraße vom 9. Juli 2015 (Az.: 5 L 4725.NW).

Den darüber hinaus gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung herzustellen, legte das Gericht in einen Antrag nach § 123 VwGO aus, der auf die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung gerichtet ist. Dieser Antrag wurde bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 E 16.146 geführt.

Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 9. Februar 2016 erklärte, dass eine Zwangsvollstreckung derzeit nicht betrieben und bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auch nicht eingeleitet werde, erklärten die Parteien übereinstimmend die Hauptsache des Verfahrens nach § 123 VwGO für erledigt. Dieses Verfahren stellte das Gericht mit Beschluss vom 14. März 2016 ein.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 9. Februar 2016, die Klage abzuweisen.

Mit weiterem Schreiben vom 20. April 2016 führte der Kläger aus, dass sich die Rechtslage durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts nur minimal geändert habe und er seine Klage aufrechterhalte.

Mit Schreiben vom 3. Mai 2015 wurden die Beteiligten zu der beabsichtigten Form der Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Entscheidung konnte im vorliegenden Fall durch Gerichtsbescheid ergehen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Parteien wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu dieser Form der Entscheidung angehört. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig.

Soweit der Kläger mit seiner Klage beantragt, das Zwangsvollstreckungsersuchen des Beklagten zurückzuweisen bzw. die Zwangsvollstreckung aufzuheben, ist das Klagebegehren dahingehend zu verstehen und auszulegen (§ 88 VwGO), dass der Beklagte durch einen an den Kläger gerichteten Verwaltungsakt die Vollstreckung gemäß Art. 22 VwZVG einstellen soll. Dieses Klagebegehren ist auf dem Verwaltungsrechtsweg in der Form einer Verpflichtungsklage zu verfolgen (BayVGH, B.v. 27.3.2012 - 6 CE 12. 458 - juris Rn. 5; U.v. 8.6.1983 - 4 B 80 A.590 - BayVBl 1984, 208 f). Unbeachtlich ist es dabei, wenn sich die geltend gemachten Einwendungen auch auf die formale Richtigkeit des Ausstandsverzeichnisses erstrecken.

2. Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Zwangsvollstreckung aus dem Ausstandsverzeichnis vom 3. Januar 2016 einstellt und dem Kläger gegenüber insoweit einen entsprechenden Verwaltungsakt erlässt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 19 und 23 VwZVG können Verwaltungsakte, die auf die Leistung einer öffentlichrechtlichen Geldforderung gerichtet sind, u. a. vollstreckt werden, wenn der Verwaltungsakt entweder unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung entfaltet bzw. die sofortige Vollziehung angeordnet ist, die Verpflichtung zur Zahlung nicht erfüllt ist, die Forderung fällig ist und der Leistungspflichtige gemahnt wurde. Die Rechtmäßigkeit des der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsakts wird im Vollstreckungsverfahren jedoch grundsätzlich nicht mehr geprüft. Nur in dem von Art. 21 VwZVG vorgegebenen Rahmen verbleibt im Vollstreckungsverfahren die Möglichkeit, materielle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch geltend zu machen. Gemäß Art. 21 Abs. 2 VwZVG sind derartige Einwendungen aber nur zulässig, soweit die geltend gemachten Gründe erst nach Erlass des zu vollstreckenden Verwaltungsakts entstanden sind (z. B. Erfüllung, Verzicht oder Erlass) und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden können.

Derartige Einwendungen werden vom Kläger nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr bestreitet er in erster Linie die materielle Rechtmäßigkeit jener Beitragsbescheide samt den geltend gemachten Säumniszuschlägen, aus denen letztlich die Zwangsvollstreckung gegen ihn betrieben wird und auch weiter betrieben werden soll. Damit kann er im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht gehört werden. Solche Einwände hätte er im Rahmen von Rechtsbehelfen gegen die Beitragsbescheide selbst vorbringen müssen, was jedoch seitens des Klägers nicht erfolgt ist.

Der Beklagte hat mittels Anscheinsbeweis ausreichend nachgewiesen, dass die dem Ausstandsverzeichnis zugrundliegenden Bescheide dem Kläger zugegangen sind. Insbesondere war nach der „History-Aufstellung“ des Beklagten keines der korrekt adressierten Schreiben an den Kläger als unzustellbar zurückgekommen (vgl. ständige Rechtsprechung, zuletzt z. B. OVG LSA, B.v. 11.8.2015 - 4 M 103/15 - juris Rn. 5, 6; VG München, B.v. 8.7.2015 - M 6b K 14.4420 - juris, Rn. 28, 29).

Anhaltspunkte für ein Entkräften des Anscheinsbeweises sind vom Kläger nicht vorgetragen worden. Im Übrigen würde bloßes Bestreiten des Zugangs hierfür nicht ausreichen.

Somit sind die der Vollstreckung zugrunde liegenden Bescheide bestandskräftig geworden und materiellrechtliche Einwendungen hiergegen sind im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht mehr statthaft.

Lediglich ergänzend, ohne dass es für die vorliegende Entscheidung rechtlich relevant wäre, wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Regelungen des Rundfunkbeitrags durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in der ab 1. Januar 2013 geltenden Fassung - entgegen der Auffassung des Klägers - verfassungsgemäß sind. Nachdem bisher mehrere obergerichtliche Entscheidungen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags bestätigt haben (statt vieler s. z. B. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 - juris; VerfGH RhPf, U.v. 13.5.2014 - VGH B 35/12 - juris; BayVGH, U.v. 19.6.2015 - 7 BV 14.1707; U.v. 24.6.2015 - 7 B 15.252; U.v. 7.7.2015 - 7 B 15.846; U.v. 30.7.2015 - 7 B 15.614; U.v. 18.4.2016 - 7 BV 15.960; alle juris; VGH BW, U.v. 3.3.2016 - 2 S 896/15; OVG NRW, U.v. 22.10.2015 - 2 A 2583/14; alle juris), hat nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht mit mehreren Entscheidungen vom 18. März 2016 (abrufbar unter http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen.php), denen sich die Kammer anschließt, die Verfassungsmäßigkeit der Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich bestätigt.

Auch die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 19, 23, 27 VwZVG liegen vor, insbesondere sind die streitgegenständlichen Bescheide vollstreckbar, erfolgte nach Fälligkeit der zu vollstreckenden Forderung eine Mahnung (Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG) und wurde der Gerichtsvollzieher gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 2, Art. 26 Abs. 3, Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VwZVG ordnungsgemäß beauftragt.

In der Vollstreckungsanordnung wurde auch eine Postanschrift des Beklagten angegeben, unschädlich ist dabei die Angabe der Adresse des Beitragsservice von ARD/ZDF Deutschlandradio (Beitragsservice). Letzterer nimmt als Nachfolger der GEZ gemäß § 2 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge - Rundfunkbeitragssatzung - vom 19. Dezember 2012 (in Kraft getreten am 1.1.2013, StAnz Nr. 51-52/2012, S. 3) als im Rahmen einer nicht rechtsfähigen öffentlichrechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene gemeinsame Stelle der öffentlichrechtlichen Landesrundfunkanstalten die der Rundfunkanstalt zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) ganz oder teilweise für diese wahr. Es handelt sich demgemäß beim Beitragsservice um einen Teil der Rundfunkanstalt, der lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen aus dem normalen Betrieb am Sitz der jeweiligen Anstalt örtlich ausgelagert wurde. Daher werden Erklärungen des Beitragsservice nur im Namen und im Auftrag der jeweils zuständigen Rundfunkanstalt abgegeben, sind dieser aber zuzurechnen. Die Einzelheiten der Aufgabenwahrnehmung durch den Beitragsservice sind in der Rundfunkbeitragssatzung geregelt. Im Vollstreckungsersuchen war somit eine korrekte Anschrift des Beklagten angegeben.

Der Bayerische Rundfunk ist gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VwZVG i. V. m. Art. 7 Satz 2 des Rundf. und Jugendmediensch. Ausführungsgesetz - AGStV Rundf, Jumedsch, Rundfbeitr - (nachfolgend: AGStV) befugt, für die Vollstreckung rückständiger Rundfunkbeiträge, Säumniszuschläge und Kosten eine Vollstreckungsanordnung zu erteilen und zu diesem Zweck die Vollstreckungsklausel auf eine Ausfertigung, z. B. ein Ausstandsverzeichnis zu setzen. Gläubiger der beizutreibenden Forderungen ist der Bayerische Rundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts.

Grundlage der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind im vorliegenden Fall nicht die dem Ausstandsverzeichnis zugrunde liegenden Beitragsbescheide, sondern diese werden vielmehr von der Vollstreckungsanordnung des Beklagten vom 3. Januar 2016, d. h. dem Ausstandsverzeichnis ersetzt (vgl. auch LG Detmold, B.v. 1.8.2014 - 3 T 108/14 - juris Rn. 2 - unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsauffassung).

Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Landgerichts Tübingen vom 19. Mai 2014 (Az. 5 T 81/14) und vom 8. Januar 2015 (Az. 5 T 296/14) Formfehler im Rahmen der Vollstreckung rügen will, sind diese Einwände irrelevant.

Zunächst ist festzustellen, dass in der Entscheidung des Landgerichts Tübingen vom 19. Mai 2014 (a. a. O.) auf eine in der Entscheidung des Landgerichts Detmold (B.v. 21.11.2012 - 3 T 187/12) vertretene Rechtsansicht verwiesen wird, von der sich das LG Detmold jedoch bereits wieder ausdrücklich distanziert hat (B.v. 1.8.2014 - a. a. O.).

Darüber hinaus wurde auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 19. Mai 2014 durch den BGH (B.v. 11.6.2015 - I ZB 64/14) aufgehoben.

Aus der vorgenannten Entscheidung des BGH (a. a. O.) ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass für die Frage, wer Partei eines gerichtlichen Verfahrens ist, auch der verfahrenseinleitende Antrag, hier das Vollstreckungsersuchen vom 3. Januar 2016, zur Auslegung heranzuziehen ist. Darin war der Gläubiger als Absender hinreichend deutlich erkennbar. Seine Bezeichnung „Bayerischer Rundfunk“ befand sich nicht nur - räumlich eindeutig abgesetzt von den Angaben zum Beitragsservice - auf der linken Seite des Briefkopfs des Vollstreckungsersuchens. Sie war zudem in Alleinstellung unter der abschließenden Grußformel und damit an der Stelle angegeben, an der herkömmlich die für den vorstehenden Inhalt verantwortlich zeichnende Person aufgeführt ist. Es ergeben sich keine Zweifel an der Identität des Gläubigers daraus, dass im Vollstreckungsersuchen der Gläubiger nur mit seiner Bezeichnung „Bayerischer Rundfunk“ angegeben ist, während Angaben zu seiner Rechtsform, Anschrift und Vertretung fehlten.

Hierzu lautet die Begründung des BGH (a. a. O. - juris Rn. 23), der sich das Gericht für den vorliegenden Fall anschließt:

„Die Frage, wer Partei eines Rechtsstreits ist, bestimmt sich nach den Umständen. Umstände, die im Streitfall trotz der Angabe „Südwestrundfunk“ als Absender des Vollstreckungsersuchens Zweifel an der damit gekennzeichneten Partei begründen könnten, so dass nur die Angabe der Rechtsform, Anschrift und Vertretungsverhältnisse die eindeutige Identifizierung des Gläubigers ermöglichen, hat das Beschwerdegericht weder festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich. Es gibt erkennbar keine weitere Landesrundfunkanstalt mit einem identischen oder zumindest verwechslungsfähigen Namen, die ebenfalls berechtigt sein könnte, Rundfunkbeiträge von einem in Baden-Württemberg ansässigen Schuldner zu erheben. Dass im Briefkopf neben der Bezeichnung des Gläubigers der Beitragsservice angeführt war und nähere Angaben zu dessen Erreichbarkeit mitgeteilt werden, entspricht der dem Beitragsservice vom Rundfunkbeitragsgebührenstaatsvertrag zugewiesenen Aufgabe, als Inkassostelle für die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten die Rundfunkbeiträge einzuziehen”.

Gemäß Art. 7 Satz 3 AGStV dürfen bei einer Vollstreckungsanordnung, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, Unterschrift und Dienstsiegel fehlen.

Da vorliegend sowohl die allgemeinen als auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO in Verbindung mit § 711 ZPO.

Der Gerichtsbescheid hat die Wirkung eines Urteils (§ 84 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Gerichtsbescheid steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Dem Antrag eines Beteiligten sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 561,96 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die vom Gläubiger am 03.09.2013 beantragte Abnahme der Vermögensauskunft nicht länger mit der Begründung zu verweigern, es fehle an einem Nachweis dafür, dass der Schuldnerin die Gebührenbescheide des Gläubigers zugestellt worden seien.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 294,70 EUR werden der Schuldnerin auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.


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