Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Beihilfe für die Greenlight-Laser-Behandlung in Höhe von 70 v. H. der beihilfefähigen Aufwendungen zu gewähren sowie den Antrag des Klägers auf Fahrtkostenerstattung zu dieser Behandlung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden. Die Bescheide des Landesamtes für Finanzen vom 5. September 2012 und 14. Dezember 2012 sowie der Widerspruchsbescheid vom 30. November 2012 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 2/3, der Beklagte zu 1/3 zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für die Behandlung eines Prostataleidens im Wege der Beihilfe.

Der Kläger befand sich vom 13. bis 15. August 2012 wegen einer Prostataerkrankung in der Spezialklinik für Prostata-Therapie in H. in stationärer Behandlung. Unter dem 30. August 2012 beantragte er unter anderem die Kostenerstattung für die Aufwendungen einer Greenlight-Laser-Therapie in Höhe von insgesamt 6.338,85 Euro im Wege der Beihilfe.

Mit Bescheid vom 5. September 2012 setzte das Landesamt für Finanzen eine Beihilfe in Höhe von 39,87 Euro fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass für das Verfahren mit dem Greenlight-Laser eine strenge Indikation bestehe. Die Aufwendungen könnten nur bei gutartiger Vergrößerung der Prostata als beihilfefähig anerkannt werden. Nach der Diagnose auf der Arztrechnung bzw. dem Entlassungsbericht bestehe ein Prostatakarzinom. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Greenlight-Laser-Therapie bzw. Behandlung könnten daher nicht als beihilfefähig anerkannt werden.

Mit weiterem Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 5. September 2012 wurde die Kostenerstattung für die Hotelübernachtung in Ma., die Fahrtkosten von Ma. nach H. sowie Parkgebühren anlässlich der stationären Behandlung vom 11. bis 13. Juli 2012 (Biopsie) abgelehnt, weil es sich dabei nicht um beihilfefähige Aufwendungen handle.

Vom 4. bis 5. Oktober 2012 befand sich der Kläger erneut in der Klinik für Prostata-Therapie in H. zur stationären Behandlung. Dabei wurde im Wege der sog. HIFU-Therapie (hochintensiv fokussierter Ultraschall) ein Prostatakarzinom entfernt.

Den Widerspruch des Klägers wies das Landesamt für Finanzen nach Einholung einer Stellungnahme des Landratsamtes Miltenberg - Gesundheitsamt - vom 20. November 2012 mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Aufwendungen der Greenlight-Laser-Behandlung und die damit im Zusammenhang stehenden weiteren Behandlung seien nicht beihilfefähig. Auch die dazugehörigen Fahrten seien deshalb nicht erstattungsfähig. Das Gesundheitsamt habe in seiner Stellungnahme mitgeteilt, dass bei einem Prostatakarzinom weder das Greenlight-Laser-Verfahren noch die geplante HIFU-Therapie ein anerkanntes Verfahren sei. Die Laservaporisation der Prostata mit dem KTP (Greenlight-Laser) sei ein anerkanntes Verfahren zur Therapie der gutartigen Prostatavergrößerung, jedoch nicht zur Therapie des Prostatakarzinoms. Die HIFU-Therapie sei bei lokal begrenztem Prostatakarzinom ein experimentelles Verfahren. Diese Therapie solle nach der interdisziplinären Leitlinie nur im Rahmen von prospektiven Studien angewandt werden. Somit sei die im Falle des Klägers durchgeführte Therapie des Prostatakarzinoms nach wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden durchgeführt worden.

Der Widerspruchsbescheid sollte dem Kläger nach der Verfügung auf dem Bescheidsentwurf per Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden. Ein Rückschein befindet sich nicht in der Behördenakte. Laut handschriftlichem Vermerk auf dem Bescheidsentwurf (Blatt 23 der Behördenakte) wurde der Bescheid am 5. Dezember 2012 versandt.

Mit Antrag vom 7. Dezember 2012 beantragte der Kläger die Kostenerstattung unter anderem für die oben genannte stationäre HIFU-Behandlung einschließlich Fahrtkosten in Höhe von 9.075,15 Euro.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2012 lehnte das Landesamt für Finanzen die Kostenerstattung ab.

II.

Mit am 5. Januar 2013 eingegangenem Schreiben erhob der Kläger bei Gericht Klage. Die streitgegenständlichen schonenden Methoden zur Behandlung des Prostataleidens - teils gutartig, teils bösartig - seien als medizinisch notwendig anzusehen. Die Diagnose eines lokal begrenzten Prostatakarzinoms und einer begleitend bestehenden Prostatahyperplasie sei durch die ergänzende Stellungnahme des behandelnden Arztes vom 17. September 2012 hinreichend festgestellt. Für gutartige Vergrößerungen der Prostata sei das Greenlight-Laser-Verfahren im Rahmen einer strengen Indikation bereits als beihilfefähig anerkannt. Die Beihilfefähigkeit werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass bei dem Kläger daneben auch ein lokal begrenztes Prostatakarzinom vorgelegen habe. Durch die Stellungnahme des Facharztes vom 17. September 2012 habe klargestellt werden können, dass die Greenlight-Laser-Operation unabhängig vom bestehenden Prostatakarzinom notwendig und auch erfolgreich gewesen sei, um die Miktionsbeschwerden infolge der gutartigen Prostatavergrößerung zu beseitigen. Zugleich habe die Lasermethode auch zur Vorbereitung des späteren Ultraschalleingriffs gedient. Die Anforderungen einer strengen Indikation für das Greenlight-Laser-Verfahren blieben damit aus urologischer Sicht noch gewahrt. Für das vom Gesundheitsamt Miltenberg noch als experimentell angesehene HIFU-Verfahren bei einem lokal begrenzten Prostatakarzinom gelte, dass eine wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode aus Gründen der Fürsorgepflicht und entsprechend dem Gebot einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern ausnahmsweise beihilfefähig sei, wenn bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorlägen, die attestierten, dass die Behandlungsmethode zur Heilung der Krankheit oder zur Linderung der Leidensfolgen geeignet sei und wirksam mit der begründeten Erwartung auf eine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung eingesetzt werden könne. Mit der radikalen Prostatektomie bestehe zwar eine urologisch allgemein anerkannte Behandlungsmethode, die jedoch ab einem Alter des Patienten von 65 Jahren mit unverhältnismäßigen Risiken verbunden und deshalb nach zunehmendem Konsens in Fachkreisen kontraindiziert sei. Der Radikaleingriff werde deshalb für ältere Männer nicht mehr empfohlen. Auch eine medikamentöse Therapie ohne Risiken und nachteilige Veränderungen der Lebensqualität stehe nicht zur Verfügung. Die schonende HIFU-Behandlung für Prostatakarzinome könne auf klinische Erfahrungen seit 20 Jahren zurückblicken. Die Methode werde nicht nur in der spezialisierten Klinik für Prostata-Therapie in H. angewandt, sondern flächendeckend auch in mehreren Universitätskliniken sowie in mindestens 50 anderen Krankenhäusern. Die Methode werde deshalb bereits von zahlreichen Krankenkassen und Beihilfestellen als medizinisch notwendig anerkannt. Die HIFU-Behandlung sei kostengünstiger, da die Verweildauer im Krankenhaus wesentlich kürzer sei und weniger Komplikationen aufträten als bei der klassischen Prostatektomie mit den damit einhergehenden Rehamaßnahmen und psychotherapeutischen Behandlungen. Die vorgelegten Rechnungen seien daher zum Bemessungssatz von 70% anzuerkennen. Hinzu kämen die mit Antrag vom 18. August 2012 im Zusammenhang mit den stationären Behandlungen vom 12. Juli bis 13. Juli 2012 und der Vorbesprechung am 11. Juli 2012 sowie vom 14. August bis 15. August 2012 und Vorbesprechung am 13. August 2012 zusammengestellten Fahrtkosten und Parkgebühren und die mit Antrag vom 16. November 2012 im Zusammenhang mit der stationären Behandlung vom 4. Oktober bis 5. Oktober 2012 mit Vorbesprechung am 1. Oktober 2012 zusammengestellten Fahrtkosten. Für die Biopsie vom 12. Juli bis 13. Juli 2012 sei bisher lediglich die Hin- und Rückfahrt vom Wohnort des Klägers in Mi. nach H. anerkannt worden. Offen seien noch die Kosten für die Fahrt von H. nach Ma. zur kliniknahen Zwischenübernachtung nach der Voruntersuchung, die Fahrt von Ma. zurück nach H. zur stationären Aufnahme am 12. Juli 2012, die Rückfahrt der Begleitperson nach Ma. und die Anfahrt derselben von Ma. nach H. am 13. Juli 2012 zur Abholung des Klägers, außerdem die Kosten für die Hotelübernachtung in Ma. einschließlich der Parkgebühren. Die Fahrt- und Übernachtungskosten im Zusammenhang mit der Laserbehandlung vom 14. bis 15. August 2012 seien noch vollständig offen. Ebenso seien auch noch die Fahrtkosten im Zusammenhang mit der stationären Behandlung vom 4. bis 5. Oktober 2012 offen.

Der Kläger beantragt:

1. Der Bescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle W., vom 4. September 2012 und dessen beide Bescheide vom 5. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2012 sowie der Bescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle W., vom 14. Dezember 2012 werden abgeändert.

2. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 10.430,22 Euro zu gewähren und über seinen Antrag vom 18. August 2012 und vom 16. November 2012 auf Gewährung einer Beihilfe zu den Fahrtkosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde zunächst auf die Gründe der streitgegenständlichen Bescheide Bezug genommen. Die vom Kläger begehrten Aufwendungen seien medizinisch nicht notwendig und deshalb nicht beihilfefähig. Das Greenlight-Laser-Verfahren sei nach den Kriterien der Schulmedizin für die Behandlung eines Prostatakarzinoms nicht geeignet, wie sich aus der Stellungnahme des Gesundheitsamts Miltenberg vom 20. November 2012 ergebe. Ausnahmsweise könnten Aufwendungen für nicht wissenschaftlich anerkannte Heilmethoden im Rahmen der Fürsorgepflicht nur dann beihilfefähig sein, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlung nicht zur Verfügung stehe und eine Außenseitermethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch allgemein anerkannt werden könne. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Fahrtkosten seien als unmittelbare Krankheitskosten aus Anlass einer stationären Behandlung unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 6 Nr. 5 BayBhV nur begrenzt beihilfefähig. Desgleichen seien die für eine Begleitperson entstandenen Aufwendungen als mittelbare Folgekosten einer Krankheit nur dann zu ersetzen, wenn dies positiv geregelt sei, beispielsweise in § 30 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 BayBhV. Im Streitfall fehle es bereits an einer beihilfefähigen Behandlung.

Das Landratsamt Miltenberg - Gesundheitsamt - nahm unter dem 6. Juni 2013 nochmals zur medizinischen Notwendigkeit der geltend gemachten Aufwendungen Stellung. Aus der Stellungnahme geht hervor, dass beim Kläger ein lokal begrenztes Prostatakarzinom diagnostiziert worden sei. Auch Prostatakarzinome könnten typisch prostatabedingte Miktionsbeschwerden bzw. ein prostatabedingte Obstruktion verursachen. Wie das Verhältnis von bösartig vergrößerter zu gutartig vergrößerter Prostata gewesen sei, könne nach einer Greenlight-Laser-Behandlung nicht beurteilt werden, da das Gewebe im Rahmen der Greenlight-Laser-Therapie quasi verdampft werde und so eine feingewebliche Aufarbeitung von Ausmaß und genauer Lokalisation der Karzinomanteile gegenüber den gutartig vergrößerten Anteilen der Prostata nicht möglich sei. Wie bereits in der Stellungnahme vom 20. November 2012 ausgeführt, sei die Laservaporisation der Prostata mit dem KTP (Greenlight-Laser-Verfahren) nach den interdisziplinären Leitlinien zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms, ebenso wie die HIFU-Therapie, kein anerkanntes Verfahren. Nach fachurologischer Lehrmeinung sei auch bei nicht vollkommen karzinomatös veränderter Prostata, d. h. auch bei noch vorhandenen gutartig vergrößerten Prostataanteilen, der Einsatz einer Greenlight-Laser-Therapie nicht gerechtfertigt. Bezüglich der Fragestellung rechtfertigten somit bei diagnostiziertem Prostatakarzinom auch vorhandene gutartig vergrößerte Prostataanteile den Einsatz der Greenlight-Laser-Therapie nicht. Es liege in der Natur der Sache, dass bei lokal begrenztem Prostatakarzinom auch noch nicht karzinomatös veränderte Prostataanteile vorlägen.

III.

Mit Beschluss der Kammer vom 20. August 2013 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die Beteiligten haben am 11. Juli 2013 und 14. Juli 2013 schriftlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Kostenübernahme der Aufwendungen für die Greenlight-Laser-Therapie (1.). Des Weiteren hat er Anspruch auf erneute Verbescheidung seines Antrags auf Fahrtkostenerstattung zur stationären Behandlung im Rahmen der Greenlight-Laser-Therapie (2.). Insoweit sind die streitgegenständlichen Bescheide des Beklagten rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 bzw. Satz 2 VwGO).

Im Übrigen ist die Klage nicht begründet, weshalb die streitgegenständlichen Bescheide insoweit rechtmäßig sind und den Kläger nicht seinen Rechten verletzen (3. und 4.).

1. Der Kläger hat Anspruch auf Kostenübernahme der Aufwendungen für die Greenlight-Laser-Therapie, da diese medizinisch notwendig i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV war.

Die Beihilfefähigkeit der Greenlight-Laser-Therapie zur Behandlung gutartiger Prostatavergrößerungen ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. z. B. VG Ansbach, U. v. 23.5.2007 - AN 15 K 06.03484 - juris; VG Regensburg, U. v. 11.11.2013 - RO 8 K 13.1251 - juris) und wird vom Beklagten auch nicht grundsätzlich bestritten. Insoweit kann auf die Ausführungen im Bescheid der Beihilfestelle vom 5. September 2012, Az.: 64114-95268227 unter Ziffer f0 verwiesen werden.

Zu Unrecht verneint die Beihilfestelle die Beihilfefähigkeit der Greenlight-Laser-Therapie im vorliegenden Falle mit dem Verweis darauf, dass beim Kläger (auch) ein Prostatakarzinom vorgelegen habe. Es ist unbestritten, dass neben dem Prostatakarzinom auch eine gutartige Prostatavergrößerung vorlag. Aus der Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. L. vom 17. September 2012 geht des Weiteren hervor, dass die Verkleinerung der Prostata mittels Greenlight-Laser nicht nur zur Vorbereitung der Entfernung des Karzinoms im Wege der HIFU-Therapie notwendig war, sondern dass auch unabhängig von dem bestehenden Karzinom die Indikation für eine Prostataverkleinerung bei gutartigen Vergrößerungen („typisch prostatabedingte Miktionsbeschwerden“, „prostatabedingte Obstruktion“ etc.) vorgelegen hat. Die Greenlight-Laser-Behandlung war demnach auch unabhängig von dem bestehenden Karzinom notwendig, um weitere negative Veränderungen an der Harnblase zu verhindern. Hat aber diese Indikation vorgelegen und handelt es sich bei der Greenlight-Laser-Therapie insoweit um ein grundsätzlich beihilfefähiges Verfahren, so kann dies nicht deshalb anders zu beurteilen sein, weil zusätzlich ein bösartiger Tumor der Prostata vorgelegen hat und dieser seinerseits mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode behandelt wurde (dazu 3.). Insoweit vermag das Gericht den Stellungnahmen des Gesundheitsamtes Miltenberg vom 20. November 2012 sowie vom 6. Juni 2013 nicht zu folgen. Zwar geht die Stellungnahme vom 6. Juni 2013 ausdrücklich auf den Umstand ein, dass beim Kläger neben dem Prostatakarzinom auch eine gutartige Prostatavergrößerung zu behandeln war und dass typisch prostatabedingte Beschwerden vorgelegen haben. Die Begründung des Gesundheitsamtes, dass auch Prostatakarzinome solche Beschwerden verursachen könnten, vermag jedoch nach der Überzeugung des Gerichts die medizinische Notwendigkeit der Greenlight-Laser-Therapie zur Entfernung der gutartigen Prostatavergrößerung beim Kläger nicht in Frage zu stellen. Zwar mag es zutreffen, dass der genaue Anteil der gutartigen Veränderungen im Verhältnis zu den bösartigen Veränderungen nach der Greenlight-Laser-Behandlung nicht mehr festzustellen ist. Zu diesem Zweck wurde jedoch vom 12. bis 13. Juli 2012 eine Biopsie durchgeführt. Fest steht aber, dass die Behandlung der gutartigen Prostataveränderungen getrennt von der Behandlung des Prostatakarzinoms durchgeführt wurde, was dafür spricht, die beiden krankhaften Veränderungen der Prostata (gutartige Vergrößerung und karzinomatöse Veränderung) auch beihilferechtlich getrennt zu betrachten. Für die gutartige Prostataveränderung ist aber, wie bereits ausgeführt, die Greenlight-Laser-Therapie ein wissenschaftlich allgemein anerkanntes Verfahren.

2. Da somit die Greenlight-Laser-Behandlung als beihilfefähig anzuerkennen ist, hat der Kläger gemäß § 26 Satz 1 Nr. 1 BayBhV dem Grunde nach auch Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten. Der Beklagte hat erneut über die Erforderlichkeit der geltend gemachten Fahrtkosten und den nach § 26 Satz 2 BayBhV konkret erstattungsfähigen Umfang zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 166). Erstattungsfähig sind aber nur die Fahrtkosten zwischen dem Wohnort des Klägers und dem Ort der stationären Behandlung. Ein Anspruch auf Erstattung der Übernachtungskosten besteht nicht, weil es sich insoweit nicht um beihilfefähige Aufwendungen handelt und eine tägliche An- und Abreise vom Wohnort des Klägers nach H. möglich ist.

3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für die Aufwendungen der HIFU-Behandlung des Prostatakarzinoms. Die entsprechenden Aufwendungen sind nicht medizinisch notwendig i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV, weil es sich insoweit nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt.

Das Gericht schließt sich insoweit der Stellungnahme des Staatlichen Gesundheitsamtes Miltenberg vom 20. November 2012 an, wonach die HIFU-Methode wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt ist und daher eine „Außenseitermethode“ darstellt. Diese Stellungnahme ist auch nach Auffassung des Gerichts in sich schlüssig und nachvollziehbar und stützt die gefundenen Ergebnisse, so dass eine weitere Sachaufklärung nicht geboten ist. Fachliche Mängel des Gutachtens sind nicht erkennbar, insbesondere fehlen Anhaltspunkte, dass das Gutachten etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt. Alleine dies würde die Verpflichtung zur weiteren Sachaufklärung von Amts wegen, etwa durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens gebieten (so die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - vgl. jüngst BVerwG, B. v. 20.03.2014 - 2 B 59/12 - juris m. w. N.).

Die vorgelegten privatärztlichen Stellungnahmen vermögen die amtsärztliche Einschätzung insoweit nicht zu entkräften. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind privatärztliche Stellungnahmen grundsätzlich nicht geeignet, das Ergebnis einer amtsärztlichen Stellungnahme zu entkräften (BayVGH, B.v. 11.7.2006 - 14 B 04.1060 - juris; BVerwG, B. v. 10.10.2006 - 2 B 58/06 - juris). Amtsärztliche Stellungnahmen haben gegenüber privatärztlichen Attesten grundsätzlich einen höheren Beweiswert (vgl. BVerwG, B. v. 15.9.1999 - 1 DB 40/98 - juris; BayVGH, B. v. 16.3.2005 - 3 ZB 03.2284 - juris; B. v. 8.10.2001 - BayVBl 2002, 340). Diesem Ansatz tragen die Beihilfevorschriften insoweit Rechnung, als die Klärung der Frage der Notwendigkeit einer Heilbehandlung in Zweifelsfällen einem neutralen Amtsträger vorbehalten sein soll.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können auch Aufwendungen für „Außenseitermethoden“ beihilfefähig sein, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 18.6.1998 - 2 C 24/97 - juris Rn. 12; BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris). Diese Voraussetzungen der ausnahmsweisen beihilferechtlichen Anerkennung der HIFU-Behandlungsmethode trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung liegen nicht vor, weil andere wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden des Prostatakarzinoms gegeben sind und nach der amtsärztlichen Stellungnahme beim Kläger auch anwendbar waren.

4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Begleitperson (Ehefrau), da eine gesetzlich geregelte Anspruchsgrundlage hierfür nicht vorhanden ist. Insbesondere ist § 26 Satz 1 Nr. 3 BayBhV nicht einschlägig. Aufwendungen für Begleitpersonen sind im Rahmen der Beihilfe nur im gesetzlich vorgesehenen Umfang erstattungsfähig.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. März 2014 - 2 B 59/12

bei uns veröffentlicht am 20.03.2014

Gründe 1 Die Beschwerde der Klägerin hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verw

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil die Berufungsentscheidung auf einem Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) beruhen kann.

2

Die 1959 geborene Klägerin - eine Oberstudienrätin im Dienst des Beklagten - erlitt im Februar 1996 und im Dezember 1997 als solche anerkannte Dienstunfälle, bei denen jeweils ein Hals-Wirbelsäulen-Schleudertrauma diagnostiziert worden war. Im September 2003 rutschte sie beim Schließen eines Fensters in der Schule von einem Stuhl ab und hielt sich zwei bis drei Minuten mit der rechten Hand am Fenstergriff hängend fest. Der Beklagte erkannte dies als weiteren Dienstunfall mit der Dienstunfallfolge "Schulterdistorsion rechts" an.

3

2005 stellte der Beklagte fest, dass bei der Klägerin 2004 darüber hinaus festgestellte Bandscheibenschäden an der Halswirbelsäule und Schulter (frozen shoulder) nicht auf den bereits als Dienstunfälle anerkannten Ereignissen beruhten. Zugleich forderte er für die Jahre 2004 bis 2005 vorläufig gewährte dienstunfallbedingte Heilbehandlungskosten zurück. Die Klage, die vorrangig auf die Anerkennung der Schäden im Bereich der Halswirbelsäule und der rechten Schulter als Dienstunfallfolgen gerichtet ist, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben, weil sich ein Kausalzusammenhang der Schäden mit dem Unfallgeschehen nicht nachweisen lasse.

4

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

5

Die nach § 133 Abs. 3 VwGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft und darlegt, dass diese Rechtsfrage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr. vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).

6

Bei der von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Frage,

ob ein Verwaltungsgericht sein Urteil auf ein Sachverständigengutachten stützen kann, welches in wesentlichen Teilen auf einem Interneteintrag Wikipedia beruht, ohne das dies vom Sachverständigen erläutert wurde,

handelt es sich nicht um eine Frage der Auslegung revisiblen Rechts, die in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte.

7

Bei den vom Sachverständigen herangezogenen fachorthopädischen Beurteilungsmaßstäben handelt es sich um tatsächliche medizinische Aussagen. Sie haben keinen normativen Charakter. Insoweit fehlt es an Rechtsnormen, die das Revisionsgericht als Maßstab für seine Nachprüfung heranziehen darf (vgl. hierzu auch Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 14 = NVwZ 2012, 641; Beschlüsse vom 1. April 2009 - BVerwG 2 B 90.08 - juris Rn. 6 und vom 8. Januar 2013 - BVerwG 5 B 9.12 - juris Rn. 5). Dies gilt unabhängig von der inhaltlichen Qualität eines Sachverständigengutachtens und der in Bezug genommenen Quellen. Im Übrigen ergeben sich nur für die theoretischen Ausführungen im Gutachten zur Schultersteife (frozen shoulder) auf zwei Seiten (Bl. 17 - 19 des Gutachtens) des 27-seitigen Gutachtens auffällige Übereinstimmungen mit dem entsprechenden Wikipedia Eintrag.

8

2. Allerdings hat die Klägerin einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bezeichnet, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen.

9

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. Urteile vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 1). Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten oder Arztberichte und selbst dann, wenn eine solche Maßnahme der Sachverhaltsermittlung von einem Beteiligten angeregt worden ist (z.B. Urteil vom 6. Oktober 1987 a.a.O. S. 42; Beschlüsse vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 16 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn. 4).

10

Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO liegt vor, wenn sich das Gericht zur Klärung einer entscheidungserheblichen Frage mit einem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten begnügt, das wegen fachlicher Mängel nicht verwertet werden kann. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - ZBR 2008, 257 <259 f.> und vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 = NJW 2009, 2614).

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Nach § 98 VwGO i.V.m. § 404a ZPO leitet das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen. Bei einem medizinischen Gutachten muss das Gericht dem Gutachter sämtliche Anknüpfungstatsachen, insbesondere Krankenunterlagen oder Stellungnahmen der behandelnden Ärzte, übermitteln und ihn anhalten, sich mit diesen fachkundigen Stellungnahmen auseinanderzusetzen. Weicht der Sachverständige von einer solchen Stellungnahme ab, so muss er im Gutachten auf diese fachkundige Äußerung eingehen und den Grund für sein abweichendes Ergebnis nachvollziehbar darlegen. Andernfalls ist das Gutachten unvollständig und deshalb fehlerhaft (Beschluss vom 30. Juni 2010 - BVerwG 2 B 72.09 - juris Rn. 6).

12

Nach diesen Grundsätzen durfte der Verwaltungsgerichtshof die von der Klägerin wiederholt mit konkreten Sachverhaltsfragen vorgetragene Beweisanregung, den Gutachter um mündliche Erläuterung seiner schriftlichen Ausführungen in einer mündlichen Verhandlung zu bitten, nicht mit der im Beschluss dargelegten Begründung ablehnen.

13

a) Der Gutachter verneint eine Kausalität zwischen dem Unfallereignis von Februar 1996 und den bei der Klägerin festgestellten Bandscheibenvorfälle und degenerativen Veränderungen ihrer Halswirbelsäule wegen einer von ihm nach Aktenlage als nur leichtgradig eingeschätzten Hals-Wirbelsäulen-Distorsion. Dabei setzt er sich nicht nachvollziehbar mit den ihm vorliegenden Befunderhebungen des die Klägerin seit dem 22. Februar 1996 behandelnden Orthopäden (Attest vom 15. April 1996: deutliche Bewegungseinschränkung der HWS, insbesondere der Rechtsrotation bei 20 Grad, deutlicher Druckschmerz im Bereich der Trapeziusränder sowie der seitlichen Nackenstränge) auseinander. Auch die Feststellungen desjenigen Arztes, der die Klägerin am 14. und 15. Februar 1996 behandelte, hat der Gutachter nicht berücksichtigt. Der Hinweis des Gutachters in seiner ergänzenden Stellungnahme, es sei nicht seine Aufgabe, nicht in der Akte enthaltene Unterlagen vorbehandelnder Ärzte einzuholen (gemeint ist der Durchgangsarztbericht), ist in diesem Zusammenhang irreführend. Denn in dem ihm vorliegenden eingeholten Vorgutachten von Dr. H. vom 16. Dezember 2004 heißt es: "Neurologisch o.B., Druck- und Bewegungsschmerz paravertebrale HWS-Muskulatur, röntgenologisch Steilstellung der HWS ohne Frakturnachweis, Cephalgie sowie starker Druckschmerz über dem rechten Musculus trapezius". An einer wertenden Auseinandersetzung des Gutachters mit den vorgenannten Anknüpfungstatsachen fehlt es.

14

Hinzu kommt, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht dafür Sorge getragen hat, dass dem Gutachter sämtliche relevanten Anknüpfungstatsachen, insbesondere die im unmittelbaren Anschluss an die Dienstunfälle angefallenen ärztlichen Stellungnahmen und Befunde zur Verfügung gestanden haben. Dies ist jedenfalls für die im Februar 1996 angefallenen ärztlichen Unterlagen betreffend den von der Klägerin damals erlittenen Dienstunfall fehlerhaft unterblieben, obgleich die Klägerin den Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen und um Übersendung an den Gutachter gebeten hatte.

15

Darüber hinaus spricht alles dafür, dass das Gutachten nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht. Denn der Gutachter stützt sich, wie die Klägerin zutreffend rügt, hinsichtlich der Bewertung der von ihr erlittenen HWS-Distorsionen 1996 und 1997 im Wesentlichen auf ältere und jedenfalls partiell überholte Veröffentlichungen von Erdmann (1973/74) und Puhlvers (1984). Zusätzlich enthält der Literaturanhang des Gutachtens zwar Nachweise aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur HWS-Distorsion aus der Zeit von 1985 bis 2001. Hingegen nimmt der Gutachter die von der Klägerin dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten aktuellen "Anhaltspunkte für die Begutachtung von Halswirbelsäulenverletzungen" der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (Stand: 26. Februar 2004) nicht in Bezug. Seine dafür in der ergänzenden Stellungnahme gegebene Erklärung, "manche Sachen" würden "in der Wissenschaft irgendwann nicht mehr untersucht werden, da sie als geklärt gelten", ist in dieser Allgemeinheit schon deshalb nicht tragfähig, weil er für Hals-Wirbelsäulen-Distorsionen mit Puhlvers auf die besondere Bedeutung des "beschwerdefreien Intervalls während der posttraumatischen Frühperiode" einer HWS-Distorsion abstellt. Ein solches "beschwerdefreies Intervall" ist dagegen nach den vorbezeichneten "Anhaltspunkten" der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie 2004 kein Diagnosekriterium. Zur Auflösung dieser Widersprüche wäre die mündliche Erörterung des Gutachtens geeignet und geboten gewesen.

16

b) Die weiter geltend gemachten Aufklärungsmängel hinsichtlich des von der Klägerin im September 2003 erlittenen Dienstunfalls zum Unfallmechanismus, zur Schultersteife, zu einem Impingement der rechten Schulter und ihrer Instabilität sowie zu der in der Folge im März 2004 durchgeführten chiropraktischen Behandlung genügen den Substantiierungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 2 VwGO nicht. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.