Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 19. Dez. 2014 - W 1 K 12.30183
Gericht
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
I.
Der Kläger, nach eigenen Angaben ein am ... in H. geborener afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit, verließ sein Herkunftsland am
In seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 28. Februar 2011 gab der Kläger zu seinem Verfolgungsschicksal im Wesentlichen an, er habe acht Jahre lang im Iran in M. die Schule besucht. Anschließend habe er sich fünf Jahre lang wieder in Afghanistan aufgehalten, wo sie ein Haus und noch nicht verteiltes Land gehabt hätten. Bevor er wieder nach Afghanistan zu einem Freund zurückgekehrt sei, habe er nochmals zwei Jahre lang in M. gelebt. Die fünf Jahre in Afghanistan habe er in H. verbracht. Sie seien damals wegen ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage zurück nach Afghanistan gegangen. Das Stoffgeschäft seines Vaters sei „pleite“ gegangen. Sie hätten im Iran eine Flüchtlingskarte gehabt. Während der fünf Jahre in H. habe er in einer Drogerie gearbeitet. Am 8. Dezember 2010 sei er am Flughafen in Frankfurt angekommen. Mit welcher Airline er gereist sei, könne er nicht mehr sagen, weil er große Angst vor dem Fliegen gehabt habe. Der Schleuser sei mit ihm an Bord gewesen. Seine Mutter habe die Ausreise mit Hilfe eines Onkels finanziert.
Er habe Afghanistan verlassen müssen, weil sein Vater ihn wegen seiner Konversion zum Christentum verstoßen habe. Fünf bis sechs Monate vor seiner Konversion habe er aufgehört zu beten. Seine Familie sei sehr religiös gewesen und sein Vater habe ihn gefragt, weshalb er nicht mehr bete. Er habe seinem Vater erklärt, dass seine Schwester, die gezittert habe und halbseitig gelähmt gewesen sei, geheilt worden sei. Deshalb habe er seine Religion gewechselt. Sein Vater habe ihn deshalb geschlagen. Seine Schwester sei krank gewesen, sie habe gezittert und sei halbseitig gelähmt gewesen. Seine Eltern hätten zu Allah, den Propheten und dem Imam gebetet. Er selbst habe seine Augen geschlossen und zu Jesus gesagt, wenn es Dich wirklich gibt, dann heile meine Schwester. Er sei dann zu ihr gegangen, Ärzte und Krankenschwestern seien um ihr Bett herumgestanden und dann habe sie sich plötzlich bewegen können. Das sei für ihn das Erlebnis gewesen, das ihn zum Wechsel zum Christentum motiviert habe. Er habe alle Bedingungen, die für einen richtigen Moslem gelten, beachtet. Er habe täglich gebetet, im Ramadan-Monat gefastet, zuletzt etwa im Herbst. Dann sei er beim Schrein von Imam Reza gewesen, dem 8. Imam. Er sei dorthin gepilgert. In H. sei er bei einer heiligen Moschee namens Abu Moschee gewesen, die für die Schiiten sehr heilig sei. Zu Hause hätten sie Satelliten-Fernsehen gehabt. Dort sei ein Kanal namens Rahe Nejat, übersetzt: Weg zur Befreiung, gelaufen. Dabei handele es sich um einen amerikanischen Sender, der von in Amerika lebenden Iranern betrieben werde. Dort habe er eine Sendung angesehen, in der man einen großen Raum mit vielen Kranken gesehen habe. Sie hätten Halleluja gesagt und hätten sich plötzlich wieder bewegen können. Sie seien gesund gewesen. Im Iran habe er im Fitness-Center einen Freund gehabt, einen Armenier, der ihm Informationen gegeben habe. In dem Augenblick, als seine Schwester wieder gesund geworden sei, sei er Christ geworden. Den Sender Rahe Nejat habe er immer nur dann gesehen, wenn sein Vater nicht zu Hause gewesen sei. Er hätte es ihm sicher verboten, diesen Sender anzusehen. In der zeitlichen Abfolge habe er zuerst den Sender gesehen, dann sei einige Monate, bevor er aus Afghanistan ausgereist sei, das Ereignis mit seiner Schwester im Krankenhaus passiert und zuvor noch habe er den Armenier im Fitness-Center kennengelernt und zu den Dingen befragt, die er in dem Fernsehprogramm gesehen habe. Aber vor der Heilung seiner Schwester sei alles aus Neugierde passiert. Die Entscheidung zur Konversion habe er erst später getroffen. Der Armenier habe ihm vom Christentum erzählt, dass es, wie auch im Islam, Säulen gebe und man ihnen folgen müsse. Sie sagten z. B., dass man nicht töten solle, nicht vor der Heirat eine Beziehung eingehen solle, dass man sonntags beten solle, dass man nicht schlecht über andere reden solle. Man solle nicht in der Öffentlichkeit spenden usw. Es gebe das Vater-Gebet, das ihm sein Anwalt vom Deutschen in die Dari-Sprache übersetzt habe. Er habe vieles gesehen, auch über die Verse und Abschnitte aus dem Heiligen Buch. Er erinnere sich an die Erzählung über den Bruder von Maria, der eines Tages gestorben und begraben worden sei. Dann sei Jesus gekommen und sie habe zu ihm gesagt: „Wärst Du doch früher gekommen, dann wäre mein Bruder noch am Leben.“ Jesus habe gesagt: „Ich komme, um ihn auferstehen zu lassen.“ Und so sei er wieder lebendig geworden. Dann habe er noch etwas gesehen, es sei eine Hochzeitsfeier gewesen. Jesus habe einen Eimer Wasser zu Wein gemacht, was ein weiteres Zeichen für seine Existenz gewesen sei. Das sei ein Wunder gewesen.
Als er aus H. zurückgekommen sei und sich noch über ein Jahr lang in M. aufgehalten habe, habe er dort im Stoffgeschäft seines Vaters gearbeitet. Er habe damit gerechnet, dass sein Vater mit ihm streiten würde. Aber dass er ihn verstoßen würde, wenn er erfahre, dass er zum Christentum konvertiert sei, damit hätte er nicht gerechnet. Die Ärzte hätten über seine Schwester gesagt, dass sie sich in einem Stadium befinde, in dem man nichts mehr machen könne, und dass sie gelähmt bleiben werde. Der genannte Sender sei im Iran verboten, aber über 90% der Haushalte hätten Satelliten-Fernsehen und könnten den Sender sehen. Er wisse auch relativ viel über Mohammed oder über islamische Propheten. Mohammed habe die Menschen dazu aufgerufen, keine weiteren Götzenbilder mehr neben sich zu haben. Man solle nur noch an den einen Gott glauben. Vieles, was es im Christentum gebe, gebe es auch im Islam. Im Islam folge man aber den Vorschriften nicht.
Zwischen dem Ereignis im Krankenhaus und seiner Ausreise hätten etwa vier Monate gelegen. In diesen vier Monaten habe er Informationen über die Unterschiede zwischen dem Islam und dem Christentum gesammelt. Er habe einen armenischen Freund besucht und befragt. Dieser habe ihm auch ein Gebet beigebracht, das er anstelle des muslimischen Gebetes gesprochen habe. Als Reaktion auf seine Konversion habe sich das Verhalten seiner Familie und seiner Freunde ihm gegenüber sehr geändert. Das Verhalten seiner Freunde sei sehr unterschiedlich gewesen, die Gebildeten hätten ihn nicht geschnitten, aber die anderen seien nicht mal mehr in die Nähe seines Geschäftes gekommen und hätten ihn nicht mehr angeschaut. Sein Bruder habe seine Cousine geheiratet und sei deswegen zu ihr nach Deutschland gegangen. Der wesentlichste und positivste Unterschied zwischen dem Islam und dem Christentum seien aus seiner Sicht die Zehn Gebote, denen im Christentum gefolgt werde, im Islam aber nicht. Für jemanden, der sehr gläubig sei, sei es negativ, wenn andere nicht den Regeln des Islam folgten. In den drei Monaten bis zu seiner Rückkehr nach H. habe er sich die meiste Zeit damit beschäftigt, sich über die Religion zu informieren. Sonst sei nichts passiert. Er habe dann auch nicht mehr im Geschäft seines Vaters geholfen. Er habe sich dann bei seiner Großmutter aufgehalten, bis er nach H. gegangen sei.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom
Mit Bescheid vom
Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit am
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung von Ziffern 3 und 4 des Bescheides zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen;
hilfsweise, das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG in der Person des Klägers festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 10. Oktober 2014
Mit Beschluss vom 15. Oktober 2014
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung insbesondere auf die Niederschrift vom
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Bescheid des Bundesamtes vom
1. Rechtsgrundlage für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylVfG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Danach wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Ausschlussvoraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Herkunftsland).
Gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG ist vorliegend das Asylverfahrensgesetz in der ab
Gemessen an diesen Maßstäben befindet sich der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion außerhalb seines Heimatlandes. Aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben droht ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung i. S. d. § 3a Abs. 1 AsylVfG (1.1). Dem Kläger steht auch keine innerstaatliche Fluchtalternative i. S. d. § 3e AsylVfG zur Verfügung (1.2).
1.1 Eine Verfolgung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 a) QRL, der durch § 3a Abs. 1 AsylVfG umgesetzt wurde, kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) QRL zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere
- aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei strafrechtsbewehrten Verboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 28 m. w. N.).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 30;
Gemessen an diesen Grundsätzen liegen im Falle des Klägers sowohl die objektive als auch die subjektive Schwere der ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohenden Verletzung seiner Religionsfreiheit vor, so dass ihm jedenfalls aufgrund eines subjektiven Nachfluchtgrundes eine flüchtlingsrelevante Verfolgung droht.
Nach der Überzeugung des Gerichtes sind zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems in Afghanistan gezwungen, ihren Glauben entweder ganz zu verleugnen oder ihn zumindest auch im privaten Umfeld zu verheimlichen, da anderenfalls schwerwiegende Übergriffe durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure nicht ausgeschlossen werden können. Dauerhafter staatlicher Schutz vor derartigen Übergriffen ist derzeit - auch nur in bestimmten Landesteilen - nicht erreichbar (OVG NRW, U. v. 19.6.2008 - 20 A 3886/05.A - juris Rn. 25 ff.; VG Würzburg, U. v. 27.8.2013 - W 1 K 12.30200 - juris Rn. 25;
Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion Afghanistans. Zwar wird den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht eingeräumt, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gewährleistet die Verfassung grundsätzlich das Recht auf freie Religionsausübung. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht die Freiheit, vom Islam zu einer anderen Religion zu konvertieren, und schützt somit nicht die freie Religionswahl (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: März 2013, S. 10 f.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Hamburg
Im Falle des Klägers liegt auch die erforderliche subjektive Schwere vor, weil es nach der Überzeugung des Gerichtes zu seinem religiösen Existenzminimum bzw. seiner religiösen Identität gehört, seinen Glauben nicht zu verheimlichen, sondern ihn gemeinsam mit anderen auszuüben, insbesondere an Gottesdiensten teilzunehmen, und seinen Glauben an andere weiter zu geben.
Der formale Glaubenswechsel des Klägers ist durch den bereits vollzogenen Akt der Taufe am 4. September 2011 belegt. Darüber hinaus ist jedoch für die Annahme einer Verfolgungsgefahr und damit für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass der Glaubenswechsel, insbesondere wenn er erst nach der Ausreise aus dem Herkunftsland durchgeführt wurde, nicht rein aus asyltaktischen Gründen erfolgt, sondern Ausdruck einer echten Glaubensüberzeugung ist (HessVGH, U. v. 26.7.2007 - 8 UE 3140/05.A - juris Rn. 20 ff.; B. v. 26.6.2007 - 8 UZ 1463/06.A - juris Rn. 12 ff.; OVG NRW, U. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - juris Rn. 37 ff.). Auf eine solche echte Glaubensüberzeugung kommt es nur dann nicht an, wenn im Herkunftsland bereits die Tatsache des formalen Glaubenswechsels genügt, um eine Verfolgungsgefahr zu begründen, selbst wenn der Betroffene seinen Glauben verheimlichen oder gar verleugnen würde (HessVGH a. a. O.; OVG NRW a. a. O.). Letzteres ist in Afghanistan nach der Erkenntnislage und der Rechtsprechung (vgl. z. B. HessVGH a. a. O.; OVG NRW a. a. O.), der sich das erkennende Gericht anschließt, jedoch nicht der Fall.
Der Kläger gibt glaubhaft an, bereits im Herkunftsland seinen Glauben gewechselt zu haben. Er hat hierzu nachvollziehbar ausgeführt, dass er sich zunächst aus reiner Neugier aus verschiedenen Quellen über das Christentum informiert hat. Des Weiteren hat er ein Schlüsselerlebnis angeführt, welches ihn zu dem Entschluss geführt hat, den christlichen Glauben anzunehmen. Bei diesem Schlüsselerlebnis handelte es sich um eine Art Spontanheilung seiner an Epilepsie erkrankten Schwester nach seinem Gebet zu Jesus Christus. Das Gericht teilt die Zweifel des Bundesamtes an der Glaubhaftigkeit dieser Ausführungen des Klägers nicht. Zum einen vermag das Gericht dem Bundesamt nicht darin zu folgen, dass es offenbar die naturwissenschaftlich-logische Schlüssigkeit der als Schlüsselerlebnis angegebenen Heilung als (mit) ausschlaggebendes Kriterium ansieht. Ein Schlüsselerlebnis, das zum Entschluss eines Glaubenswechsels führt, ist kein sich rein in der Außenwelt abspielender, sondern auch ein innerer (geistiger) Vorgang. Maßgeblich für das Vorliegen eines Schlüsselerlebnisses ist, dass bestimmte erlebte Tatsachen in einer religiösen Art und Weise interpretiert werden und ihnen damit nachvollziehbar die Bedeutung eines Schlüsselerlebnisses zukommt. Mit anderen Worten kommt es nicht darauf an, dass die Krankheit der Schwester des Klägers tatsächlich geheilt wurde und dass dies im naturwissenschaftlich-logischen Sinne ursächlich auf die Gebete des Klägers zurückgeführt werden könnte. Maßgeblich ist allein, dass die äußeren Umstände des Schlüsselerlebnisses glaubhaft vorgetragen sind, dass das Erlebnis als solches vom Kläger in einer schlüssigen Art und Weise religiös interpretiert wird und dass der darauf gegründete Entschluss zum Glaubenswechsel nachvollziehbar erscheint. Der Kläger hat sowohl in der Anhörung vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung die äußeren Umstände der Heilung seiner Schwester plausibel und widerspruchsfrei vorgetragen. Er hat erklärt, dass seine Schwester seit ihrer Geburt an Epilepsie erkrankt sei und dass die Krankheitssymptome während des Aufenthaltes der Familie im Iran aufgetreten seien. Bei einer anfalls- oder intervallartig auftretenden Erkrankung wie der Epilepsie (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 255. Aufl. 1986, Stichwort „Epilepsie“ S. 459 ff.) ist der geschilderte Krankheitsverlauf nicht unplausibel. Dies gilt auch für die geschilderte „Heilung“, selbst wenn man diese nicht als vollständige Heilung im medizinischen Sinne, sondern als eine Phase der Anfallfreiheit interpretiert, wie sie bei der Epilepsie auch über einen längeren Zeitraum hinweg eintreten kann. Auf dieser Grundlage ist es plausibel, dass der Kläger sich angesichts der Erkrankung seiner Schwester daran erinnert hat, dass Jesus Christus nach der biblischen Überlieferung Kranke heilen konnte, und deshalb für die Heilung seiner Schwester zu ihm gebetet hat. Die dann tatsächlich eingetretene Heilung bzw. Remission hat er dann folgerichtig auf seine Gebete zurückgeführt. Darauf hat er wiederum konsequent den Entschluss gegründet, sich dem Christentum anzuschließen. Dieser Entschluss kam also nicht von ungefähr, sondern war gleichsam der Schlusspunkt einer auf äußere und innere Erlebnisse gegründeten nachvollziehbaren Entwicklung. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger seinen Entschluss zur Konversion bereits im Herkunftsland gefasst hat. Denn der Kläger hat einen gewissensgeleiteten, durch religiöse Werte und Normen hervorgerufenen Akt der inneren Umkehr und damit einen Wendepunkt in seinem Leben glaubhaft geschildert und damit hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Hinwendung zum Christentum um eine Gewissensentscheidung handelt, die von einer echten Glaubensüberzeugung geleitet ist. Diesen bereits im Herkunftsland innerlich vollzogenen Glaubenswechsel hat der Kläger nach der Ausreise durch die Taufe im Bundesgebiet nach außen hin bekräftigt, so dass auch ein subjektiver Nachfluchtgrund vorliegt.
Der Kläger hat auch glaubhaft machen, mit zentralen Inhalten des christlichen Glaubens vertraut zu sein, indem er bestimmte Gebote des christlichen Glaubens und Ereignisse aus dem Leben und Wirken Jesu Christi benannte, insbesondere von diesem nach der biblischen Überlieferung gewirkte Wunder sowie den Missionsbefehl im Matthäus-Evangelium, Kapitel 28, Vers 18 - 20. Auch dies spricht für die Glaubhaftigkeit der Konversion.
Der Kläger konnte auch darlegen, dass er seinen neuen Glauben im Bundesgebiet praktiziert und dies auch im Herkunftsland würde tun wollen. Er nimmt ausweislich der vorgelegten Bescheinigungen regelmäßig an den Gottesdiensten und Bibelkreisen der Baptistenkirche in Aschaffenburg teil und hält selbst einen wöchentlichen Hauskreis in seinem Zimmer in der Gemeinschaftsunterkunft ab. Außerdem hat der Kläger erklärt, es sei aus seiner Sicht eine Pflicht eines jeden Christen, zu missionieren. Daher würde er auch in seinem Herkunftsland auf jeden Fall missionieren wollen. Er könne sich auch nicht vorstellen, wieder als Moslem zu leben und zu Allah zu beten. Derartige Verhaltensweisen würden in Afghanistan unweigerlich auffallen und den Kläger landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erheblichen Gefahren für Leib und Leben aussetzen. Damit hat er glaubhaft gemacht, auch in Afghanistan unter Inkaufnahme von Risiken als Christ leben zu wollen. Es steht somit fest, dass der Kläger sich zur Wahrung seiner religiösen Identität auch in Afghanistan zu seinem Glauben bekennen würde. Es wäre ihm deshalb im Herkunftsland nicht möglich, seine Religion entsprechend seinem religiösen Selbstverständnis auszuüben, ohne der Gefahr einer Verfolgung (zumindest) durch nicht-staatliche Akteure ausgesetzt zu sein.
1.2 Dem Kläger steht auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Die geschilderten Gefahren für zum Christentum konvertierte Moslems drohen in Afghanistan landesweit, auch in der Stadt Kabul. Zwar mögen insbesondere nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Repressionen gegen Konvertiten in städtischen Gebieten aufgrund der größeren Anonymität weniger als in Dorfgemeinschaften zu befürchten sein (vgl. Lagebericht, S. 11). Selbst dort gibt es aber für christliche Afghanen keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Schutz vor Übergriffen Privater ist für Christen in keinem Landesteil Afghanistans dauerhaft zu erreichen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft v. 22.12.2004, S. 2; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, Oktober 2014, S. 17; IGFM, Stellungnahme v. 27.2.2008, S. 1). In der Rechtsprechung wird diese Einschätzung teilweise geteilt (z. B. OVG NRW, U. v. 19.6.2008 - 20 A 3886/05.A - InfAuslR 2008, 411, juris Rn. 33 ff., dort auch explizit zu Kabul; VG Würzburg, U. v. 25.2.2014 - W 1 K 13.30164 - juris Rn. 37;
Nach alledem hat die Klage Erfolg.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708, 711 ZPO.
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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.