Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 02. Nov. 2017 - W 4 S 17.1067

bei uns veröffentlicht am02.11.2017

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird vor der Abtrennung auf 7.500,00 EUR und nach der Abtrennung auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer immissionsschutzrechtlichen Untersagungsverfügung.

Die Antragstellerin betreibt auf den Grundstücken mit den Fl.Nrn. …2, …9 (Tfl.) und …1 (Tfl.) der Gemarkung B … eine Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten sowie gefährlichen und nichtgefährlichen Abfällen. Ihr wurde zunächst mit Bescheid vom 27. März 2002 eine baurechtliche Genehmigung für die Nutzungsänderung der auf dem Grundstück befindlichen Büro- und Lagergebäude sowie des Betriebsgeländes erteilt. Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Landratsamts H. datieren vom 25. Januar 2005 (zeitweilige Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten sowie besonders und nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen) sowie vom 27. Juli 2006 (Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 BImSchG für die Änderung und Erweiterung von Lagerflächen). Genehmigt ist nach alldem ein Anlagenbetrieb, auf den die folgenden Ziffern des Anhangs 1 zur 4. BImSchV zutreffen:

Ziffern Anhang 1 der 4. BImSchV

Anlagenbezeichnung

8.12.1.2

Anlagen zur zeitweiligen Lagerung von … gefährlichen Abfällen mit einer Gesamtlagerkapazität von weniger als 50 t

8.12.2

Anlagen zur zeitweiligen Lagerung von … nicht gefährlichen Abfällen mit einer Gesamtlagerkapazität von 100t oder mehr

8.12.3.2

Anlagen zur zeitweiligen Lagerung von … Eisen- oder Nichteisenschrotten, einschließlich Autowracks, mit einer Gesamtlagerfläche von 1.000 bis weniger als 15.000 m² oder einer Gesamtlagerkapazität von 100 bis weniger als 1.500 t

Anlässlich von Betriebskontrollen am 26. April 2017 und 3. Juli 2017 wurde durch das Landratsamt H. laut den in den Behördenakten befindlichen Aktenvermerken festgestellt, dass der vorgefundene Anlagenbetrieb von den erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen in verschiedenen Punkten abweicht. So werde durch die zeitweilige Lagerung von mehr als 50 t gefährlicher Abfälle eine Anlage nach Ziffer 8.12.1.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV betrieben, ohne dass hierfür eine konkrete Genehmigung vorliege. Des Weiteren würden auch Abfälle angenommen, die von den bestehenden Genehmigungen nicht umfasst seien. Die übrigen festgestellten genehmigungsabweichenden Zustände würden eine nicht genehmigungskonforme Flächennutzung, eine insgesamt ungeordnete Lagersituation mit dem Verstellen von Betriebswegen und zum Teil unzugänglichen Betriebsteilen sowie mangelhafte Dokumentationen der tatsächlich gelagerten Mengen der unterschiedlichen Abfallfraktionen betreffen. Im Einzelnen wird auf die hierzu erstellten Begehungsprotokolle hingewiesen.

Nach Anhörung der Antragstellerin mit Schreiben vom 11. Mai 2017 ordnete der Antragsgegner mit Bescheid vom 11. August 2017 u.a. an, dass die auf den Grundstücken Fl.Nrn. …2, …9 (Tfl.) und …1 (Tfl.) der Gemarkung B* … betriebene Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten sowie gefährlichen und nichtgefährlichen Abfällen mit sofortiger Wirkung stillzulegen sei. Dies bedeute, dass eine weitere Annahme von Abfällen ab Zugang des Bescheides nicht mehr erfolgen dürfe und ein Ausgang von Abfällen nur im Rahmen einer gesonderten Räumungsanordnung zulässig sei. Für den Fall der Nichterfüllung oder nicht vollständigen Erfüllung werde ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000.- EUR zur Zahlung fällig.

Unter dem 15. September 2017 hat die Antragstellerin hiergegen Klage erhoben, die unter dem Az. W 4 K 17.1063 beim Verwaltungsgericht Würzburg anhängig ist und über die noch nicht entschieden ist.

Zudem hat sie im vorliegenden Verfahren beantragt,

im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 11. August 2017 wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der angedrohten Zwangsgelder anzuordnen.

Zur Begründung wurde erklärt, die Betriebsstilllegung sei unrechtmäßig. Die Antragsgegnerin stütze sich nur auf vage Behauptungen. Die Bewertung der Antragsgegnerin bezüglich des vorgefundenen Bauschutthaufens als gefährlicher Abfall in seiner Gesamtheit werde bezweifelt. Die angeordnete Betriebsstilllegung hätte zur Folge, dass der gesamte Kreislauf zusammenbrechen würde und durch die ebenfalls angeordnete Nichtannahme neuer Schrottlieferungen der notwendige und für das betriebswirtschaftliche Überleben erforderliche Weiterverkauf nicht möglich wäre. Weiterhin sei die Antragstellerin an Lieferverträge gebunden. Es werde auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, da auch an eine Teilstilllegung zu denken wäre.

Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom 26. September 2017, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzuweisen.

Aufgrund der offenkundig nicht erfolgten Trennung des Bauschutts in gefährliche und nichtgefährliche Bestandteile müsse das gesamte Haufwerk als gefährlicher Abfall betrachtet werden. Auch wenn man den Bauschutt als ungefährlichen Abfall betrachte, wäre die für die ungefährlichen Abfälle genehmigte Menge von max. 100 t noch überschritten, wobei die übrigen auf dem Gelände lagernden Abfälle noch gar nicht berücksichtigt seien. Bezüglich der vorgefundenen Elektroschrottabfälle sei von einem ungenehmigten Anlagenbetrieb auszugehen. Des Weiteren werde auf eine Stellungnahme des Kreisbrandrates hingewiesen, wonach nach erfolgter Ortseinsicht die Voraussetzungen für ein schnelles und effektives Eingreifen der Rettungskräfte nicht gegeben seien. Auch die von der Antragstellerin durchgeführte Abfallbehandlung sei von der bestehenden Genehmigung nicht mitumfasst. Darüber hinaus seien die geforderten betrieblichen Dokumentationspflichten nicht erfüllt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag ist zulässig.

Hinsichtlich der Stilllegungsanordnung sowie des Annahmeverbots von Abfällen entfällt die aufschiebende Wirkung der Klage vom 15. September 2017 (Az. W 4 K 17.1063), weil das Landratsamt H. insoweit unter Ziffer 3. des streitgegenständlichen Bescheids vom 11. August 2017 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In diesem Fall kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 2 VwGO die aufschiebende Wirkung wiederherstellen.

2. Der Antrag ist nicht begründet.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Anordnung ist gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 86). Die Anordnung ist dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen.

2.1 Das Landratsamt H. hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Danach ist in den Fällen des Abs. 2 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung muss mit einer auf den konkreten Fall abgestellten und nicht lediglich formelhaften schriftlichen Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts versehen werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 84). Aus der besonderen Begründung für den Sofortvollzug muss hinreichend deutlich hervorgehen, dass und warum die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält (vgl. BayVGH v. 15.12.2010 - 6 CS 10.2697 - juris). In diesem Sinn ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO, Rn. 43 zu § 80). Die Begründungspflicht soll u.a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH v. 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl 1999, 465). Je nach Fallgestaltung können die Gründe für das Bedürfnis des sofortigen Vollzugs mit denen für den Erlass des Verwaltungsaktes weitgehend identisch sein (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 86 m.w.N.). Bei einer immissionsschutzrechtlichen Stilllegungsanordnung, mit der die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden soll, decken sich typischerweise die Gründe für den Erlass des Verwaltungsaktes mit den Gründen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung. In einem solchen Fall ist die Behörde nicht gezwungen, bei der Grundverfügung Gründe „zurückzuhalten“, um sie als besondere Erwägungen bei der Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung verwenden zu können.

Das Landratsamt H. hat unter Ziffer II. 4. der Gründe des streitgegenständlichen Bescheids vom 11. August 2017 die Anordnung des Sofortvollzugs damit begründet, dass gerade im Bereich des Umweltschutzes ein gesteigertes öffentliches Interesse daran bestehe, dass rechtmäßige Zustände baldmöglichst hergestellt würden. Dies umso mehr, wenn eine Gefährdung der Allgemeinheit bzw. der Nachbarschaft zu befürchten sei. Zudem stelle ein illegaler Anlagenbetrieb eine negative Vorbildwirkung dar und könne einen damit verbundenen Nachahmungseffekt haben. Die festgestellten Genehmigungsabweichungen bzw. ungenehmigten Tätigkeiten geböten auch ein zeitnahes Einschreiten der Behörde, um einen weiteren ungenehmigten und damit unter Umweltaspekten bedenklichen Betrieb zur Verhinderung weiterer Verstöße zu unterbinden.

Damit entspricht die im Bescheid vom 11. August 2017 gesondert hervorgehobene Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs den vorgenannten gesetzlichen Anforderungen. Sie zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war und lässt zugleich die Erwägungen erkennen, die er für die Anordnung des Sofortvollzugs als maßgeblich erachtet hat. Von einer lediglich „formelhaften“ Begründung oder davon, dass die „Sofortvollzugsanordnung mit sich selbst begründet“ werde, kann daher keine Rede sein. Ob diese Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses.

2.2 Im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Auffassung, dass die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage gegen die Anlagenstilllegung im Bescheid vom 11. August 2017 voraussichtlich keinen Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche Anordnung des Landratsamts H. als rechtmäßig erweist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das Landratsamt H. hat die Stilllegungsanordnung der Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten sowie gefährlichen und nichtgefährlichen Abfällen auf die Rechtsgrundlage des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestützt. Nach dieser Vorschrift soll die zuständige Behörde anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen ist.

Tatbestandsvoraussetzung von § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ist somit, dass eine Anlage ohne die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird. Anknüpfungspunkt für die Anordnung der Stilllegung ist damit allein die formelle Illegalität. Es kommt daher nicht darauf an, ob von der ungenehmigten Anlage schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen können, auf welchen Gründen die Nichteinholung der Genehmigung beruht, ob die zuständige Behörde den illegalen Betrieb länger geduldet hat oder ob der Anlagenbetreiber davon ausgehen konnte, dass die Genehmigung alsbald erteilt wird. Vielmehr ist allein entscheidend, dass die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung fehlt. Dies ist dann der Fall,

– wenn die Genehmigung noch nicht wirksam erteilt worden ist,

– wenn die Anlage nicht entsprechend der Genehmigung errichtet oder betrieben wird oder

– wenn die Genehmigung später wieder weggefallen ist.

Rechtsfolge ist gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG in diesem Fall, dass die zuständige Behörde die Anlage stilllegen soll. Das bedeutet, dass nur in atypischen Fällen von der Betriebsstilllegung abgesehen werden kann. Voraussetzung für einen solchen atypischen Fall ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG v. 15.12.1989 - 7 C 35/87 - juris, m.w.N.) die offensichtliche Genehmigungsfähigkeit, da Zweifel zu Lasten des Betreibers der ungenehmigten Anlage gehen. Die Behörde braucht daher nicht erst umfangreiche und zeitraubende Ermittlungen zur Genehmigungsfähigkeit anzustellen oder aber umfangreiche Untersuchungen durchzuführen und darf dies auch nicht bei Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen. Es ist auch nicht so, dass der Betreiber einer Anlage diese weiterbetreiben darf, bis die fehlende Genehmigungsfähigkeit abschließend geklärt ist. Vielmehr entspricht es der Gesetzeslage, die der Soll-Regelung des § 20 Abs. 2 BImSchG zugrunde liegt, dass eine Anlage nur und erst dann betrieben werden darf, wenn die Genehmigungsfähigkeit zuvor abschließend geprüft worden ist. Demzufolge kann von einer Betriebsstilllegung wegen formeller Illegalität nur dann abgesehen werden, wenn die Genehmigungsfähigkeit evident und ohne ansatzweise Zweifel vorliegt und feststeht, dass die Erteilung der Genehmigung deswegen nur noch eine reine Formalität ist und alsbald erfolgen wird. Alles andere würde im Übrigen auch zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung desjenigen führen, der vor Errichtung und Betrieb einer nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtigen Anlage den Abschluss des Genehmigungsverfahrens abwartet.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe spricht in dem vorliegenden Fall, in dem das Gericht die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs nur summarisch zu überprüfen hat, sehr viel dafür, dass die vom Landratsamt H. angeordnete Betriebsstilllegung zu Recht erfolgte. Der Antragsgegner hat unter Bezugnahme auf die am 26. April 2017 und 3. Juli 2017 durchgeführten Augenscheine und den dabei gefertigten Bildern und Vermerken überzeugend dargelegt, dass die Antragstellerin ungenehmigt eine Anlage i.S.v. Ziffer 8.12.1.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV betreibt. Aufgrund dessen geht die Kammer davon aus, dass die Antragstellerin mehr als 50 t gefährliche Abfälle auf den Grundstücken Fl.Nrn. …2, …9 (Tfl.) und …1 (Tfl.) der Gemarkung B* … lagert.

Wenn der Antragstellervertreter demgegenüber vorträgt, der Antragsgegner habe auf dem Bauschutthaufen doch nur „einen Kaminabbruchstein und eine leere Ölflasche“ gefunden, vermag das angesichts der vorgelegten Bilder durch den Antragsgegner zweifellos nicht zu überzeugen bzw. zu einem anderen Ergebnis zu führen, zumal, wie oben dargelegt, das Landratsamt im Verfahren nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gerade nicht die Verpflichtung hat, umfangreiche Untersuchungen anzustellen oder gegebenenfalls sogar Gutachten in Auftrag zu geben bezüglich der Frage, ob es sich nun um gefährliche Abfälle oder aber nicht gefährliche Abfälle handelt. Zweifel gehen grundsätzlich immer zu Lasten des Betreibers der Anlage. Und solche Zweifel sind, wie die vorgelegten Bilddokumentationen zeigen, durchaus berechtigt.

Zudem weist das Landratsamt H. in diesem Zusammenhang zu Recht und für die Kammer nachvollziehbar darauf hin, dass selbst für den Fall, dass man den Bauschutt als ungefährlichen Abfall betrachten würde, dennoch gefährliche Abfälle von mehr als 50 t auf den Grundstücken lagern würden, da in die Berechnung auch die Altfenster, Batterien, Mineralfaserabfälle, der Elektroschrott in Form von Elektrogeräten, Leiterplatten und PC´s mit entsprechenden Bauteilen sowie das mit Elektroschrottteilen durchsetzte Haufwerk mit einzubeziehen seien.

Nicht zu beanstanden ist auch die weitere Feststellung des Antragsgegners, dass für den Fall, dass man den Bauschutt als ungefährlichen Abfall betrachte, jedenfalls die für ungefährliche Abfälle genehmigte Menge von max. 100 t überschritten werde. Die vom Antragsgegner vorgelegten Bilder und Protokollnotizen offenbaren, dass sich auf den Grundstücken der Antragstellerin jedenfalls erhebliche Mengen von Althölzern, Straßenaufbruch, Siedlungsabfällen usw. befinden.

Schließlich ist auch bezüglich der vorgefundenen Elektroschrottabfälle in Form von Platinen und diversen Elektrogeräten von einem ungenehmigten Anlagebetrieb auszugehen, denn nach den Feststellungen des Landratsamtes H. befinden sich auf dem Grundstück, das zeigen auch die vorgelegten Bilder, Elektroschrott in Form von Platinen, Elektro-Altgeräten wie z.B. Videorekorder usw. Auch die auf einem Container vorgefundene Beschriftung „nur Elektroschrott“ spricht für eine Annahme derartiger Abfälle. Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen umfassen allerdings nicht die hierfür einschlägigen AVV-Schlüsselnummern 1602 „Abfälle aus elektrischen und elektronischen Geräten“.

Es liegt nach alldem auf der Hand, dass vorliegend jedenfalls von einer evidenten Genehmigungsfähigkeit nicht einmal im Ansatz ausgegangen werden kann.

Die weiteren Einwendungen des Antragstellervertreters ändern hieran nichts, berücksichtigen sie doch nicht, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung die letzte behördliche Entscheidung, d.h. der Bescheid vom 11. August 2017 ist. Schließlich ist entgegen der Auffassung des Antragstellervertreters auch nicht zu erkennen, dass die Stilllegung und das hiermit verbundene Annahmeverbot von Abfällen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht, denn das Landratsamt hat die Stilllegung des Anlagenbetriebs als Verpflichtung zur Wiederherstellung des genehmigungskonformen Betriebs ausgestaltet. Es hat nämlich unter Ziffer 2. des streitgegenständlichen Bescheids vom 11. August 2017 eine Räumungsanordnung erlassen, mit der die Antragstellerin verpflichtet wurde, die Anlage von Abfällen auf das genehmigte Maß zu räumen. Damit ist der Antragstellerin die Möglichkeit eröffnet, bei Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände eine Aufhebung der Anlagenstilllegung zu erreichen.

3. Nach alldem spricht nach einer summarischen Prüfung anhand des derzeitigen Verfahrensstands viel mehr gegen als für einen Erfolg der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren. Selbst wenn aber offene Erfolgsaussichten unterstellt würden, was nach der Auffassung der Kammer allerdings nicht der Fall ist, würde im vorliegenden Fall das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Stilllegungsanordnung das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiegen. Zu Recht weist das Landratsamt in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gerade im Bereich des Umweltschutzes ein gesteigertes öffentliches Interesse bestehen muss, dass alsbald rechtmäßige Zustände hergestellt werden.

4. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4.1 des Bescheids vom 11. August 2017 wurden ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Unabhängig davon liegen solche auch nicht vor.

5. Der Antrag konnte deshalb keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 16 Wesentliche Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Numm

Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis


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(1) Kommt der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Auflage, einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 nicht nach und betreffen die Auflage, die Anordnun

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(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kommt der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Auflage, einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 nicht nach und betreffen die Auflage, die Anordnung oder die Pflicht die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage, so kann die zuständige Behörde den Betrieb ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Auflage, der Anordnung oder der Pflichten aus der Rechtsverordnung nach § 7 untersagen. Die zuständige Behörde hat den Betrieb ganz oder teilweise nach Satz 1 zu untersagen, wenn ein Verstoß gegen die Auflage, Anordnung oder Pflicht eine unmittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit verursacht oder eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt darstellt.

(1a) Die zuständige Behörde hat die Inbetriebnahme oder Weiterführung einer genehmigungsbedürftigen Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist und gewerblichen Zwecken dient oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung findet, ganz oder teilweise zu untersagen, solange und soweit die von dem Betreiber getroffenen Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU oder zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle eindeutig unzureichend sind. Bei der Entscheidung über eine Untersagung berücksichtigt die zuständige Behörde auch schwerwiegende Unterlassungen in Bezug auf erforderliche Folgemaßnahmen, die in einem Überwachungsbericht nach § 16 Absatz 2 Nummer 1 der Störfall-Verordnung festgelegt worden sind. Die zuständige Behörde kann die Inbetriebnahme oder Weiterführung einer Anlage im Sinne des Satzes 1 ganz oder teilweise untersagen, wenn der Betreiber die in einer zur Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Mitteilungen, Berichte oder sonstigen Informationen nicht fristgerecht übermittelt.

(2) Die zuständige Behörde soll anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen oder zu beseitigen ist. Sie hat die Beseitigung anzuordnen, wenn die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann.

(3) Die zuständige Behörde kann den weiteren Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage durch den Betreiber oder einen mit der Leitung des Betriebs Beauftragten untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit dieser Personen in Bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dartun, und die Untersagung zum Wohl der Allgemeinheit geboten ist. Dem Betreiber der Anlage kann auf Antrag die Erlaubnis erteilt werden, die Anlage durch eine Person betreiben zu lassen, die die Gewähr für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage bietet. Die Erlaubnis kann mit Auflagen verbunden werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.