I.
Im Verfahren W 3 K 15.50433 erging am 3. Juli 2017 ein Gerichtsbescheid, der mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrungberichtigt wurde. Im Tenor des Gerichtsbescheides wurde der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Dezember 2015, entsprechend dem klägerischen Antrag, aufgehoben. Die Beklagte (Erinnerungsführerin) wurde verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Auf Antrag des Klägerbevollmächtigten vom 9. November 2017 erließ die Urkundsbeamtin am 27. November 2017 einen Kostenfestsetzungsbeschluss und setzte die Kosten antragsgemäß – inklusiv einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG – fest.
Hiergegen beantragte die Erinnerungsführerin mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2017 die Entscheidung des Gerichts und beantragte gleichzeitig gemäß §§ 165 Satz 2, 151 Satz 3, 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO die vorläufige Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG nur Gerichtsbescheide im Sinne des § 84 Abs. 2 Nr. 5 erfasse. Diese ergebe sich aus dem neuen Wortlaut („und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann“) und aus der Gesetzesbegründung. Zudem fehle es vorliegend an der Tatbestandsvoraussetzung, dass eine mündliche Verhandlung beantragt werden könne. Ein solcher Antrag sei vorliegend offensichtlich unzulässig, weil die Kläger nicht beschwert seien.
Mit Nichtabhilfeentscheidung vom 28. Dezember 2017 lehnte die Urkundsbeamtin dem Gericht die Erinnerung zur Entscheidung vor.
II.
Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. November 2017 in der Besetzung, in der die zu Grunde liegende Kostenentscheidung getroffen wurde (BayVGH, B.v. 19.1.2007 – 24 C 06.2426 – BayVBl 2008, 417), somit vorliegend der Einzelrichter.
Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet.
Gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann (sog. fiktive Terminsgebühr). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, denn gegen den Gerichtsbescheid vom 3. Juli 2017 hätte ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gerichtsbescheid der Klage vollständig stattgegeben hat. Soweit der zuständige Einzelrichter dies in früheren Erinnerungsverfahren anders entschieden hat, wird daran nicht mehr festgehalten.
Zunächst gilt Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG nicht nur für die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.
Für das Entstehen einer Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG kommt es allein auf darauf an, ob gegen einen Gerichtsbescheid ein Antrag auf mündliche Verhandlung statthaft ist, nicht dagegen ob kein anderes Rechtsmittel als der Antrag auf mündliche Verhandlung gegeben ist (a.A. VG Regensburg, B.v. 27.6.2016 – RO 9 M 16.929 – juris und VG Schleswig-Holstein, B.v. 13.11.2015 – 12 A 30/15). Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG ist bereits vom Wortlaut her nicht auf Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beschränkt, sondern bezieht sich allgemein auf § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO und damit zunächst auf alle Gerichtsbescheide. Sinn und Zweck der Vorschrift ist zudem die Vermeidung von mündlichen Verhandlungen, die ausschließlich im Gebühreninteresse erfolgen. Auch dies spricht dagegen, das Entstehen einer Terminsgebühr auf die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu beschränken. Denn eine mündliche Verhandlung kann auch bei Entscheidungen nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 und 4 VwGO erzwungen werden. Das Gericht folgt insoweit der ausführlichen Begründung im Beschluss des VG Oldenburg vom 27.7.2017 (1E5687/17 – BeckRS 2017,118630).
Des Weiteren entfällt die Terminsgebühr auch nicht deswegen, weil die Kläger durch den Gerichtsbescheid nicht beschwert sind.
Der Wortlaut von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG ist nicht dahingehend zu verstehen, dass derjenige, der die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG beansprucht, auch derjenige sein muss, der einen (zulässigen) Antrag auf mündliche Verhandlung stellen können muss. Durch den Wortlaut von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG, der von „Parteien oder Beteiligten“ spricht, wird deutlich, dass zumindest die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG für beide Seiten gilt und die Voraussetzungen – ungeachtet bei welcher Seite sie vorliegen – nur im Verfahren überhaupt gegeben sein müssen, damit der Gebührentatbestand erfüllt wird und die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG entsteht (vgl. VG Magdeburg, B.v.15.11.2017 – 5 E 485/17 – BeckRS 2017, 140892).
Die Erinnerung war somit zurückzuweisen.
Für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird auf oben stehende Ausführungen Bezug genommen.