Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Aug. 2015 - W 2 E 15.706

18.08.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 21. Juli 2015 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 12,52 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ...60/0, Am V., in der Gemarkung Schweinfurt. Er begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme.

Seit dem 20. Juni 2012 liegt der Stadtwerke ... GmbH die Kontoverbindung des Antragstellers für den Einzug von Forderungen (Einzugsermächtigung) vor.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. Januar 2013 setzte die Stadtentwässerung Sc., bei der es sich um einen Eigenbetrieb der Stadt Schweinfurt handelt, gegenüber dem Antragsteller für das Jahr 2012 eine Niederschlagswassergebühr i. H. v. 8,12 EUR fest.

Mit Schreiben vom 9. April 2013 (1. Mahnung) und vom 16. Mai 2013 (2. Mahnung) wurde der Antragsteller von der Stadtentwässerung Sc. bzgl. der Forderung Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2012 gemahnt. Die Mahnungen enthielten den Hinweis: „Auskünfte erteilt der abrechnende Dienstleister Stadtwerke ... GmbH“.

Am 5. Dezember 2013 trat die Stadtwerke ... GmbH die streitgegenständliche Forderung an die Stadtentwässerung Sc. ab, die sie fortan in ihrem Buchungssystem verwaltete.

Auch für die mit Bescheid vom 3. Januar 2014 durch die Stadtentwässerung Sc. festgesetzte Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2013 erhielt der Antragsteller am 12. Juni 2014 und am 25. Juli 2014 zwei Mahnungen von der Stadtentwässerung.

Mit Schreiben vom 7. August 2014 wies der Antragsteller die Stadtentwässerung Sc. auf das „vereinbarte Bankeinzugsverfahren“ hin. Diese versah das Schreiben mit dem Vermerk „Frau H. hat die Bankverbindung hinterlegt“.

Mit Schreiben vom 12. August 2014 wies die Stadtentwässerung Sc. den Antragsteller darauf hin, dass die Stadtwerke ... GmbH die Niederschlagswassergebühren der Stadtentwässerung Sc. und somit auch die Pflege der Bankeinzüge verwalte. Die Bankverbindung des Antragstellers sei noch nicht bei der Niederschlagswassergebühr hinterlegt gewesen. Die Stadtentwässerung Sc. entschuldige sich für „die Mahnung“. Die Stadtwerke würden die Gebühr von seinem Konto einziehen und die Mahngebühr ausbuchen.

Mit Schreiben vom 20. April 2015, zugestellt am 29. April 2015, wurde dem Antragsteller das vollstreckbare Ausstandsverzeichnis übermittelt. In dieses waren als öffentlichrechtliche Forderung der Antragsgegnerin die vom Antragsteller geschuldete Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2012 sowie die Vollstreckungskosten in Höhe von insgesamt 20,62 EUR eingestellt.

Mit einem auf den „07.08.2014“ datierten Schreiben unter dem Betreff „Kassenzeichen ...973-10-001“, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 29. Juni 2015, wies der Antragsteller die Antragsgegnerin erneut auf das mit der Stadtwerke ... GmbH vereinbarte Bankeinzugsverfahren hin. Dieses funktioniere abgesehen von der Stadtentwässerung Sc. einwandfrei. Er erhalte regelmäßig Mahnungen von der Stadtentwässerung. Auf seine Reklamation hin würde ihm stets fernmündlich von der Stadtentwässerung mitgeteilt, dass die Mahngebühren storniert und die Buchhaltung für die Zukunft berichtigt werde.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2015, am selben Tag versandt, kündigte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller die Vollstreckung der streitgegenständlichen Forderung zzgl. Mahngebühren/Vollstreckungskosten/Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 20,62 EUR an. Der Antragsteller wurde aufgefordert, die offene Forderung innerhalb von 10 Tagen an die Stadtkasse zu überweisen.

Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 21. Juli 2015, der Drittschuldnerin (... Bank AG) zugestellt am 22. Juli 2015, pfändete die Antragsgegnerin wegen „öffentlichrechtlicher Forderungen in Höhe von 50,07 EUR“ die gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des Antragstellers gegen die Drittschuldnerin. Mit Schreiben vom 27. Juli 2015 wurde dem Antragsteller der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zur Kenntnisnahme übersandt. Im Anhang war eine Forderungsaufstellung aufgeführt, in der als Hauptforderung die Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2012 in Höhe von 8,12 EUR sowie Nebenforderungen in Höhe von 41,95 EUR angegeben waren.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2015, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 29. Juli 2015, forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin zur sofortigen Aufhebung des Pfändungsbeschlusses auf. Er habe der Antragsgegnerin bereits im Jahr 2012 eine Einzugsermächtigung erteilt, weshalb eine Abbuchung der Forderung jederzeit möglich gewesen wäre.

2.

Mit Schriftsatz vom 3. August 2015, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhob der Antragsteller Klage (W 2 K 15.704) und begehrt einstweiligen Rechtsschutz.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:

Nach der zweiten Mahnung vom 16. Mai 2013 habe er bei der Stadtentwässerung am 12. Juli 2013 angerufen und auf das bestehende Abbuchungsverfahren hingewiesen. Dort habe man sich entschuldigt und eine Abbuchung ohne Mahngebühr zugesagt. Er habe seine Zahlungspflichten stets pünktlich erfüllt. Es habe zu keinem Zeitpunkt ein Grund für eine Mahnung bestanden. Die Stadtwerke hätten den streitgegenständlichen Betrag jederzeit abbuchen können. Ihm sei zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden, dass die Stadtentwässerung einer eigenen Abbuchungsgenehmigung bedurft hätte.

Der Antragsteller beantragt,

die sofortige Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Stadt Schweinfurt vom „27.“ Juli 2015.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag nach § 123 VwGO abzuweisen.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Stadtwerke ... GmbH vereinnahme Entwässerungsgebühren in ihrem eigenen Buchungssystem im Namen der Stadtentwässerung und mahne Schuldner bei Nichtzahlung. Der Antragsteller habe die Forderung vom 3. Januar 2013 trotz der beiden Mahnungen vom 9. April 2013 und vom 16. Mai 2013 nicht beglichen. Daraufhin sei die Forderung an die Stadtentwässerung abgetreten worden, die sie nunmehr in ihrem Buchungssystem verwalte. Das auf den „07.08.2014“ datierte Schreiben des Antragstellers habe sich auf ein Kassenzeichen der Grundsteuer bezogen. Angaben zum Ausgleich der Forderung Niederschlagswasser habe der Antragsteller nicht getätigt.

Die am 20. Juni 2012 erteilte Einzugsermächtigung des Antragstellers dürfe die Stadtwerke ... GmbH nur mit Zustimmung des Gebührenschuldners für den Einzug der Niederschlagswassergebühr verwenden. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Einzugsermächtigung für die Niederschlagswassergebühr sei erst aufgrund des Schreibens des Antragstellers vom 7. August 2014 am 12. August 2014 eingepflegt worden. Daraufhin seien Forderungen aus den Jahren 2013 und 2014 eingezogen worden. Ein Einzug der streitgegenständlichen Forderung für das Erhebungsjahr 2012 durch die Stadtwerke ... GmbH sei hingegen aufgrund der bereits erfolgten Abtretung an die Stadtentwässerung nicht mehr möglich gewesen. Das Einzugsverfahren stelle eine Serviceleistung dar. Die fristgerechte Zahlung stehe jedoch in der Eigenverantwortung des Schuldners.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, der Akte des Verfahrens W 2 K 15.704 und der beigezogenen Behördenakte verwiesen.

II.

1.

Der Antrag des Antragstellers ist dahingehend auszulegen, dass er gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 21. Juli 2015 begehrt (§ 88 VwGO).

Der Antragsteller hat „die sofortige Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Stadt Schweinfurt vom „27. Juli 2015“ (richtig: 21. Juli 2015) beantragt. Dementsprechend begehrt er die Verhinderung der Vollstreckung. Dieses Rechtsschutzziel kann damit erreicht werden, dass die Wirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 21. Juli 2015 durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgesetzt wird (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO). Zwar käme als Rechtsbehelf auch ein Antrag gemäß § 123 VwGO auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Einstellung der Zwangsvollstreckung in Betracht. Allerdings ist vorliegend der Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO gemäß § 123 Abs. 5 VwGO als vorrangig zu erachten (vgl. VG München, B. v. 18.3.2011 - M 10 E 11.1109 - BeckRS 2011, 31388).

2.

Der so verstandene Antrag ist zulässig und begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. Art. 21a Satz 2 VwZVG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung ist regelmäßig dann anzuordnen, wenn nach der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Regelung bestehen; d. h. wenn ein Erfolg im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Dies ist im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 21. Juli 2015 der Fall. Die Klage wird voraussichtlich Erfolg haben.

2.1.

Die Vollstreckung kommunaler Abgaben und Nebenleistungen erfolgt grundlegend nach dem Zweiten Hauptteil des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG - (vgl. Art. 18 Abs. 1 VwZVG), soweit nicht Art. 13 Abs. 1 Nr. 6 Kommunalabgabengesetz (KAG) i. d. F. der Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I), zuletzt geändert durch § 1 Änderungsgesetz vom 11. März 2014 (GVBl S. 70), ergänzend auf Sonderregelungen der Abgabenordnung verweist. Gemäß Art. 26 Abs. 5 VwZVG können Gemeinden Geldforderungen und andere Vermögensrechte, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind, selbst pfänden und einziehen, wenn Schuldner und Drittschuldner ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in Bayern haben. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) finden mit Ausnahme der §§ 883 bis 898 ZPO entsprechende Anwendung (Art. 26 Abs. 7 Satz 1 VwZVG). Die Pfändung einer Geldforderung ist nach Art. 26 Abs. 7 Satz 1 VwZVG i. V. m. §§ 829, 835 ZPO mittels eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zulässig.

2.2.

Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 19 VwZVG liegen vor. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Januar 2013, mit dem die Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2012 festgesetzt wurde, stellt einen Leistungsbescheid dar. Ein Leistungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, mit dem eine öffentlichrechtliche Geldleistung gefordert wird (Art. 23 Abs. 1 VwZVG). Der zu vollstreckende Verwaltungsakt in Gestalt des Beitragsbescheids vom 3. Januar 2013 kann nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG). Der Antragsteller hat seine Zahlungsverpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt (Art. 19 Abs. 2 VwZVG).

2.3.

Allerdings sind die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß Art. 23 VwZVG nicht gegeben. Nach Art. 23 Abs. 1 VwZVG kann ein Verwaltungsakt, mit dem eine öffentlichrechtliche Geldleistung gefordert wird (Leistungsbescheid) vollstreckt werden, wenn er dem Leistungspflichten zugestellt ist, die Forderung fällig ist und der Leistungspflichtige von der Anordnungsbehörde oder von der für sie zuständigen Kasse oder Zahlstelle nach Eintritt der Fälligkeit durch verschlossenen Brief, durch Nachnahme oder durch ortsübliche öffentliche Bekanntmachung ergebnislos dazu aufgefordert worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche zu leisten (Mahnung).

Zwar ist eine Fälligkeit der streitgegenständlichen Forderung gegeben (Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG).

Jedoch liegt nach der derzeitigen Aktenlage keine ordnungsgemäße Zustellung des Leistungsbescheids gemäß Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG vor. Eine förmliche Zustellung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 122 Abs. 5 Satz 2 AO, Art. 3 bis 5 VwZVG ist nicht erfolgt. Allerdings kann die Zustellung von schriftlichen Bescheiden, die bei der Heranziehung zu (sonstigen) öffentlichen Abgaben und Umlagen ergehen, dadurch ersetzt werden, dass der Bescheid dem Empfänger durch einfachen Brief verschlossen zugesandt wird (Art. 17 Abs. 1 VwZVG). Im Rahmen dieser vereinfachten Art der Zustellung ist es jedoch gemäß Art. 17 Abs. 4 Satz 1 VwZVG erforderlich, dass auf der bei den Akten verbleibenden Urschrift der Bescheide der Tag der Aufgabe zur Post zu vermerken ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift können bei der Zustellung maschinell erstellter Bescheide anstelle des Vermerks die Bescheide nummeriert und die Absendung in eine Sammelliste eingetragen werden. Es ist weder dargelegt noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin diesen Anforderungen bei der Zusendung des Bescheids vom 3. Januar 2013 über die Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2012 entsprochen hat.

Selbst wenn es sich vorliegend um einen Mehrjahresbescheid i. S. d. Art. 12 KAG handelte, wäre zwar nicht eine Zustellung des Leistungsbescheids für das Jahr 2012 erforderlich gewesen, wohl aber der Nachweis einer Zustellung des Ausgangsbescheids.

Eine Heilung des Zustellungsmangels ist nicht eingetreten. Zwar gilt ein Schriftstück nach Art. 9 VwZVG, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt oder das unter der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugegangen, in dem es der Empfangsberechtigte nachweislich erhalten hat. Allerdings bedarf es hierfür eines behördlichen Zustellungswillens (BVerwG, U. v. 19.6.1963 - V C 198.62 - BVerwGE 16, 165 ff.; VG Bayreuth, B. v. 24.4.2007 - B 4 S 07.186; VG Würzburg, B. v. 16.9.2013 - W 2 E 13.861; Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand Oktober 2013, Art. 9 Erl. III.1.). Hierfür trägt die Antragsgegnerin die Darlegungslast. Aus der Behördenakte und dem bisherigen Vortrag der Antragsgegnerin ergeben sich jedoch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sie den streitgegenständlichen Bescheid hat zustellen wollen.

Darüber hinaus ist auch keine ordnungsgemäße Mahnung i. S. d. Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG erfolgt. Danach muss der Leistungspflichtige von der Anordnungsbehörde oder von der für sie zuständigen Kasse oder Zahlstelle nach Eintritt der Fälligkeit durch verschlossenen Brief, durch Nachnahme oder durch ortsübliche öffentliche Bekanntmachung ergebnislos aufgefordert worden sein, innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche zu leisten. Zwar hat die Antragsgegnerin nach Eintritt der Fälligkeit durch verschlossenen Brief am 9. April 2013 sowie am 16. Mai 2013 zwei Mahnungen versandt und den Antragsteller unter einer ordnungsgemäßen Fristsetzung zur Zahlung aufgefordert. Allerdings wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 7. August 2014 unter Bezugnahme auf die „zum 4. Mal in Folge“ erhaltenen Mahnungen an die Antragsgegnerin (Stadtentwässerung Sc.). Diese teilte ihm mit Schreiben vom 12. August 2014 mit, dass die Stadtwerke ... GmbH die Niederschlagswassergebühren und somit auch die Pflege der Bankeinzüge verwalte. Des Weiteren führte sie aus, die Bankverbindung des Antragstellers sei noch nicht bei der Niederschlagswassergebühr hinterlegt gewesen, weshalb er „die Mahnung“ erhalten habe. Nunmehr würden die Stadtwerke „die Gebühr“ von seinem Konto einziehen und „die Mahngebühr“ ausbuchen. Nach dem objektiven Empfängerhorizont durfte der Antragsteller davon ausgehen, dass nunmehr sämtliche noch ausstehenden Forderungen bzgl. der Niederschlagswassergebühr mittels des Bankeinzugs beglichen würden und die Mahnungen obsolet waren. Schließlich unterließ die Antragsgegnerin treuwidrig jeglichen Hinweis bzgl. der bereits zum Ende des Jahres 2013 erfolgten Abtretung der Forderung bzgl. der Niederschlagswassergebühr für das Geschäftsjahr 2012 von der Stadtwerke ... GmbH an die Stadtentwässerung.

Im Übrigen durfte der Antragsteller auch in Anbetracht der Mahnungen vom 9. April 2013 sowie vom 16. Mai 2013 davon ausgehen, dass die streitgegenständliche Forderung gegenüber der Stadtwerke ... GmbH zu erfüllen war. Schließlich war diese in den Mahnschreiben als „abrechnender Dienstleister“ mitsamt der Kontoverbindung aufgeführt. Hingegen fehlte ein Hinweis auf eine Abtretung der Forderung an die Stadtentwässerung für den Fall der weiteren Nichtzahlung.

Schon aufgrund der fehlenden Vollstreckungsvoraussetzungen der Zustellung und der Mahnung erweist sich der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 21. Juli 2015 als rechtswidrig.

Daher kann dahinstehen, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss den Anforderungen an die Bestimmtheit (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i. V. m. § 119 AO) genügt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur dann als bestimmt zu erachten ist, wenn für den Pfändungsschuldner erkennbar ist, welche Abgaben konkret vollstreckt werden sollen. Hierbei ist es unzureichend, wenn die zu vollstreckende Forderung lediglich als „öffentlichrechtliche Forderung“ bezeichnet ist (VG München, B. v. 18.3.2011 - M 10 E 11.1109 - juris; s. a. Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand Oktober 2013, Art. 26 VwZVG, Erl. VI.3.a). Die Bestimmtheit ist hier fraglich. Zwar wurde dem Antragsteller mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als Anlage eine Forderungsaufstellung übermittelt. Allerdings wird in dem streitgegenständlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss selbst ohne Benennung des Leistungsbescheids ausschließlich auf eine „öffentlichrechtliche Forderung“ Bezug genommen.

2.4.

Im Übrigen besteht jedenfalls ein Vollstreckungshindernis nach Art. 22 Nr. 4 VwZVG. Danach sind Vollstreckungsmaßnahmen einzustellen, wenn und soweit die Anordnungsbehörde aus sonstigen - also aus anderen als in den Nummern 1. bis 3. genannten - Gründen um die Einstellung ersucht. Hierbei handelt es sich um eine Billigkeitsregelung, die eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt. Ein sonstiger Grund ist insbesondere gegeben, wenn die Durchführung der Vollstreckung für den Betroffenen im Einzelfall eine unzumutbare Härte bedeuten würde (BayVGH, B. v. 30.11.2005 - 1 CE 05.153 - juris). Dies wird beispielsweise angenommen, wenn zwischen der objektiven Schwere der Pflichtverletzung, die das Fälligwerden des Zwangsgeldes zur Folge hatte, und der Höhe des fälligen Betrags ein eklatantes Missverhältnis besteht (BayVGH, B. v. 30.11.2005 - 1 CE 05.153 - juris). Vorliegend ist von einer unzumutbaren Härte auszugehen. Ohne das fehlerhafte Verwaltungshandeln wäre der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht zustande gekommen. Der Antragsteller durfte nach dem Erhalt des Schreibens der Antragsgegnerin vom 12. August 2014 davon ausgehen, nunmehr die Einzugsermächtigung für sämtliche ausstehenden Forderungen bzgl. der Niederschlagswassergebühr erteilt und eine Erfüllung ermöglicht zu haben. Die Antragsgegnerin wäre verpflichtet gewesen, ihn über die - im Übrigen intransparente - Abtretung seiner Forderung von der Stadtwerke ... GmbH an die Stadtentwässerung und die unzureichende Einzugsermächtigung in Kenntnis zu setzen. Sie hat jedoch dem Antragsteller zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass die Einzugsermächtigung für die Niederschlagswassergebühr für das Geschäftsjahr 2012 nicht mehr gegenüber den Stadtwerken erteilt werden konnte. Hingegen hat der Antragsteller allen Widrigkeiten zum Trotz, in Anbetracht seines hohen Alters sowie der Geringfügigkeit der Hauptforderung das ihm Mögliche unternommen, um eine Begleichung herbeizuführen.

Nach alledem ist der Antrag zulässig und begründet.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Aug. 2015 - W 2 E 15.706

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Aug. 2015 - W 2 E 15.706

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Aug. 2015 - W 2 E 15.706 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Zivilprozessordnung - ZPO | § 829 Pfändung einer Geldforderung


(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

Zivilprozessordnung - ZPO | § 835 Überweisung einer Geldforderung


(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen. (2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung b

Zivilprozessordnung - ZPO | § 883 Herausgabe bestimmter beweglicher Sachen


(1) Hat der Schuldner eine bewegliche Sache oder eine Menge bestimmter beweglicher Sachen herauszugeben, so sind sie von dem Gerichtsvollzieher ihm wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben. (2) Wird die herauszugebende Sache nicht vorgefunden,

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.

(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.

(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen.

(2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung besteht, wegen seiner Forderung an den Schuldner als befriedigt anzusehen ist.

(3) Die Vorschriften des § 829 Abs. 2, 3 sind auf die Überweisung entsprechend anzuwenden. Wird ein bei einem Kreditinstitut gepfändetes Guthaben eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, dem Gläubiger überwiesen, so darf erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner aus dem Guthaben an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden; ist künftiges Guthaben gepfändet worden, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag zusätzlich an, dass erst einen Monat nach der Gutschrift von eingehenden Zahlungen an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden darf.

(4) Wenn nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, dem Gläubiger überwiesen werden, so darf der Drittschuldner erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.