Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 17. Apr. 2014 - 5 L 583/14.TR
Gericht
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 5 K 582/14.TR bei dem beschließenden Gericht anhängigen Klage wird insoweit angeordnet, als sich die Klage gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. März 2014 unter Nummer 2 enthaltene Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Italien richtet.
2. Die Antragsgegnerin hat die der Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
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Der innerhalb der Frist des § 34a AsylVfG gestellte Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 1. April 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Sinne des § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zulässig.
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Mit ihrem Bescheid hat die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers unter Bezugnahme auf § 26a AsylVfG dahingehend beschieden, dass dem Antragsteller in der Deutschland kein Asylrecht zusteht und auf der Grundlage des § 34a AsylVfG seine Abschiebung nach Italien angeordnet wird.
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Bei der Entscheidung darüber, ob die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die gemäß § 75 AsylVfG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung anzuordnen ist, ist das öffentliche Interesse an einer alsbaldigen Vollziehung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Interesse des Betroffenen an einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzuwägen.
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Dabei hat das Gericht vorrangig die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage zu prüfen, wobei allerdings § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG in den Fällen des § 34a Abs. 2 AsylVfG keine Anwendung findet, so dass eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Bescheides in Betracht kommt (vgl. Beschluss der Kammer vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR –, juris). Zu einer über die Rechtmäßigkeitsprüfung hinausgehenden weitergehenden Einzelfallbetrachtung ist das Gericht aufgrund der kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides der Antragsgegnerin allerdings grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung der sofortigen Vollziehbarkeit ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, juris).
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Ausgehend hiervon muss der vorliegende Antrag Erfolg haben, denn es bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung.
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Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in Verbindung mit § 26a AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Insoweit hat das BVerfG bereits in einem Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 – u.a., juris, unter Randnummer 156 ausgeführt, dass eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG erst dann ergeht, wenn der Zielstaat der Abschiebung einer Übernahme des Asylsuchenden zugestimmt hat.
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Vorliegend fehlt es indessen bislang an einer Zustimmung der italienischen Behörden, so dass von daher bereits erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen.
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Hinzu kommt, dass sich die Kammer der Auffassung der Antragsgegnerin, dass das von dem Antragsteller geltend gemachte familiäre Abschiebungshindernis nicht von ihr, sondern als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis von der für ihn zuständigen Ausländerbehörde nach Erlass einer auf § 34a Abs. 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung zu prüfen sei, unter Bezugnahme auf den Wortlaut des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, demzufolge das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (erst) anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, und Randnummer 156 des bereits zitierten Urteils des BVerfG vom 14. Mai 1996 nicht anzuschließen kann. Insoweit muss das Bundesamt daher vor Erlass einer Abschiebungsanordnung die Übernahmebereitschaft des Zielstaates und inländische Abschiebungshindernisse abschließend geklärt haben, da der Ausländerbehörde insoweit keine Entscheidungskompetenz zusteht (vgl. Beschluss der Kammer vom 19. Juli 2011 - 5 L 971/11.TR – und Bayerischer VGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 - sowie OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, alle veröffentlicht bei juris). Ohne diese Klärung steht daher nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
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Von daher bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung, so dass es der Kammer interessengerecht erscheint, die aufschiebende Wirkung der Klage in dem beantragten Umfang anzuordnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben.
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Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.