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Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) durch den Berichterstatter anstelle der Kammer (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO) entscheiden.
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Die Klage ist zulässig. Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen die Erhebung der Feststellungsklage. Dabei lässt es das Gericht dahin stehen, ob die vom Beklagten unter Berufung auf die Literatur (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 12. A., 26 ff. zu § 43) eingewandte Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der allgemeinen Leistungsklage generell bedenkenswert ist. Diese Bedenken greifen vorliegend nämlich schon deshalb nicht durch, weil der Klägerin die Möglichkeit, die Verpflichtung des Beklagten zur Kostenerstattung auch über den Betrag der bereits erbrachten Vorleistungen hinaus feststellen zu lassen - im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage wäre ihr dies nicht möglich - ausdrücklich durch § 91 a BSHG eingeräumt wird. Diese Vorschrift ist hier ohne weiteres anwendbar (vgl. dazu ausführlich: Bayer. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.1990, - 12 B 88.1195 - JURIS) und vermittelt der Klägerin die Befugnis, nach pflichtgemäßem Ermessen entweder den Erstattungsanspruch oder aber das Feststellungsverfahren (in diesem Falle dann in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Hilfeempfängerin) zu betreiben (vgl. dazu Lehr- und Praxiskommentar BSHG, aaO., Anm. 1 ff. zu § 91a BSHG). Das damit erforderliche Feststellungsinteresse ist ohne weiteres aus dem Umstand der bereits erbrachten und wohl noch zu erbringenden Leistungen der Klägerin für die Hilfeempfängerin zu erkennen.
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Die auch sonst zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Es besteht keine Kostenerstattungspflicht des Beklagten.
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Dabei lässt es das Gericht dahin stehen, ob Anspruchsgrundlage § 103 Abs. 1 S. 1 BSHG oder § 105 SGB X ist (vgl. Lehr- und Praxiskommentar BSHG, aaO., § 103, Anm. 10; vgl. auch Mergler/Zink, BSHG Kommentar, § 103, Anm. 13.1). Nach beiden Vorschriften wäre Voraussetzung für den Erstattungsanspruch, dass der Beklagte auch örtlich für die Erbringung der Eingliederungshilfe für Frau H. zuständig ist. Dies richtet sich bei der Gewährung von Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung gem. § 97 Abs. 2 S. 1 BSHG nach dem gewöhnlichen Aufenthalt, den der Hilfeempfänger im Zeitpunkt der Aufnahme oder in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat.
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Da das Bundessozialhilfegesetz keine näheren Regelungen zur Bestimmung des Rechtsbegriffs des gewöhnlichen Aufenthalts enthält, gilt gemäß § 37 Satz 1 SGB 1 die Legaldefinition in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB 1 mit der Maßgabe, dass der unbestimmte Rechtsbegriff unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck sowie Regelungszusammenhang der jeweiligen Norm auszulegen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 1995 - BVerwG 5 C 11.94 - |
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Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB 1 hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. auch Urteil vom 18. März 1999 Az: 5 C 11/98, FEVS 49, 434-441) ist zur Begründung eines "gewöhnlichen Aufenthalts" ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich, vielmehr genügt es, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet "bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Die rechtliche Bewertung eines Aufenthalts "bis auf weiteres" als gewöhnlicher Aufenthalt im Rechtssinne wird allgemein anerkannt (vgl. BVerwG, aaO., mit weiteren Nachweisen zur Lit.). Auch stehen Lebensumstände, die einen dauerhaften (gewissermaßen lebenslangen) Verbleib ausschließen können, der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht entgegen (BVerwG, aaO., zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in einem Übergangswohnheim und unter Bezugnahme der Entscheidungspraxis der Zentralen Spruchstelle).
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Danach hatte auch Frau H. in C. einen gewöhnlichen Aufenthalt bereits begründet. Denn sie hat sich dort "bis auf weiteres", nämlich auf unabsehbare Zeit, niedergelassen, in der manifestierten Absicht, ein Studium aufzunehmen, in welchem sie sich auch immatrikuliert hatte. Dem gemäß hat die Hilfeempfängerin auch ein eigenes Zimmer in einem Studentenwohnheim angemietet (zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts durch Studierende am Studienort vgl. auch Thür. OVG, Urteil vom 01.07.1997, - 2 KO 38/96 -, JURIS, mit weiteren Nachweisen). Abgesehen von den Fällen, in welchen Studierende, sei es aus finanziellen Gründen, sei es aus den vor Ort angebotenen Studienmöglichkeiten oder aus anderen Gründen, weiterhin im Elternhaus wohnen, handelt es sich bei diesem Personenkreis bei der Aufnahme des Studiums um den typischen Schritt hinaus aus dem Elternhaus und hinein in die selbständige Lebensführung und den Aufbau eigenständiger, neuer Lebensbeziehungen. Ob bei der Hilfeempfängerin speziell noch weitere Motive für den Wegzug aus E. nach C. maßgebend waren, was ihre Krankengeschichte nahe legen könnte, mag dahin stehen. Denn schon die Aufnahme eines Studiums an einem vom Elternwohnort hinreichend weit entfernten Studienort stellt eine erhebliche Veränderung der Lebensumstände dar und zwingt dazu, die Lebensbeziehungen am Studienort (neu) zu gestalten. Auch die zeitliche Inanspruchnahme eines Studiums gebietet dies. Es ist - mit dem Beklagten - davon auszugehen, dass ein einigermaßen ernsthaft betriebenes Universitätsstudium, zumal in technischen oder naturwissenschaftlichen Studiengängen, die Arbeitskraft und - außerhalb der Semesterferien, sofern diese nicht auch durch Praktika oder schriftliche Arbeiten belegt sind, und womöglich besonderer Feiertage - die ganz überwiegende Anwesenheit des Studierenden am Studienort gebietet. Im Falle von Frau H. kam - worauf der Beklagte aufgrund eigener Ermittlungen, insoweit von der Klägerin allerdings auch nicht in Frage gestellt, ebenfalls zurecht hingewiesen hat - hinzu, dass die Hilfeempfängerin ein Studienfach mit einer überhaupt nur in C. angebotenen Fächerkombination gewählt und damit zugleich zum Ausdruck gebracht hatte, dass sie das gesamte Studium einschließlich der Abschlussexamina in C. zu absolvieren beabsichtigte.
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Damit lässt der nach außen getretene Wille der Hilfeempfängerin aufgrund der von ihr gesetzten objektiven Umstände zur Überzeugung des Gerichts nur den Schluss zu, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in C. bereits vor ihrem ersten Aufenthalt im dortigen Krankenhaus begründet hatte. Unter diesen Umständen kommt es nicht mehr darauf an, dass die Hilfeempfängerin bereits nach recht kurzer Zeit erstmals und in den folgenden zweieinhalb Jahren immer wieder in stationäre Behandlung gekommen ist, zumal sie auch weiterhin immatrikuliert geblieben und vom Studium infolge ihrer Erkrankung beurlaubt worden ist, und sich in der übrigen Zeit bis zur Aufnahme in die Wohnstätte der AWO offensichtlich im Studentenwohnheim aufgehalten hat.
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Unbeachtlich ist auch der Umstand, dass die Hilfeempfängerin es versäumt hat, sich einwohnermelderechtlich (überhaupt) in C. anzumelden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass auch melderechtlich von einem Hauptwohnsitz der Hilfeempfängerin in C. auszugehen wäre. Denn nach § 16 Abs. 2 des XXX MeldeG (Fassung vom 18.12.2001) ist in Übereinstimmung mit § 12 Abs. 1 MRRG die vorwiegend benutzte Wohnung die Hauptwohnung. Das setzt nötigenfalls eine rein quantitative Berechnung und einen Vergleich der jeweiligen Aufenthaltszeiten hier in C. und in E. - voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.1991, BVerwGE 89, 110-117). Im Ergebnis dürfte dies im Falle der Hilfeempfängerin sowohl nach ihrer manifesten Absicht als auch tatsächlich eindeutig zu Gunsten des Aufenthaltes in C. ausgeschlagen haben.
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Unbeachtlich ist weiterhin, ob die Hilfeempfängerin enge Bindungen oder (besuchsweise) Kontakte zu ihren Eltern unterhält, zumal die Klägerin nicht dargelegt hat, wo diese Kontakte überhaupt stattfinden. Abgesehen davon kann die Aufrechterhaltung familiärer Beziehungen keinen Schluss auf den gewöhnlichen Aufenthalt eines Menschen zulassen, weil sonst etwa der Umzug der Eltern in einen anderen Ort den gewöhnlichen Aufenthalt der erwachsenen Kinder quasi nach sich ziehen müsste. Schließlich wird die Annahme des einmal begründeten gewöhnlichen Aufenthalts in C. auch nicht durch die Unklarheit in Frage gestellt, ob die Hilfeempfängerin das Studium überhaupt wird fortführen können, zumal dies ausweislich der fachärztlichen Stellungnahme offensichtlich immer noch ein Ziel der therapeutischen Betreuung der Hilfeempfängerin darstellt.
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Damit musste die begehrte Feststellung scheitern und die Klage abgewiesen werden.
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