Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. März 2009 - 5 K 756/09

published on 05/03/2009 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. März 2009 - 5 K 756/09
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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.02.2009 wird bezüglich der Nr. 1 des Bescheids wiederhergestellt und hinsichtlich der Nr. 4 angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der am 02.03.2009 gestellte Antrag, „die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers und einer eventuellen nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 27.2.2009... wieder herzustellen“ (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers v. 02.03.2009), ist bei sachdienlicher Auslegung (§§ 88 und 86 Abs. 3 VwGO) darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen das Aufenthaltsverbot in Nr. 1 des Bescheids sowie gegen das Annäherungsverbot in Nr. 2 des Bescheids wiederherzustellen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 VwGO) und gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 500,00 EUR in Nr. 4 des Bescheids anzuordnen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 VwGO, § 12 LVwVG).
Der Antrag ist unzulässig, soweit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen das Annäherungsverbot (Nr. 2 des Bescheids) erstrebt wird. Insoweit besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Widerspruch entfaltet nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Die Antragsgegnerin hat in Nr. 3 des Bescheids lediglich hinsichtlich des Aufenthaltsverbots (Nr. 1 des Bescheids) die sofortige Vollziehung angeordnet. Dass für den Antragsteller gleichwohl auch insoweit das Bedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung besteht - etwa wegen Missachtung der kraft Gesetzes eingetretenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (sogenannte faktische Vollziehung, vgl. Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 80 Rn. 115) - ist weder ersichtlich noch vom Antragsteller geltend gemacht worden.
Im Übrigen ist der Antrag zulässig und begründet. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise wieder herstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angegriffenen Bescheids verschont zu bleiben, gegen das öffentliche Interesse an einer sofortigen Durchsetzung des Bescheids abzuwägen. Diese Abwägung führt hier zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren ist. Ausschlaggebend hierfür ist, dass das verfügte Aufenthaltsverbot bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtswidrig sein dürfte, weswegen der Widerspruch des Antragstellers insoweit erfolgreich sein wird.
Die rechtliche Prüfung der polizeirechtlichen Ermessensentscheidung wird bereits dadurch erschwert, weil der angefochtene Bescheid schon nicht in der gebotenen Klarheit verdeutlicht, auf welcher Ermächtigungsgrundlage das bis zum 12.03.2009, 16:00 Uhr, verfügte Verbot, „das Anwesen R. Straße … in … S. incl. aller zum Gebäude gehörenden Flächen und Nebenanlagen (Grundstück, Garagen, Stellplätze, Grünflächen usw.) sowie den Gehweg vor dem Gebäude“ zu betreten bzw. sich dort nicht aufzuhalten, beruht. Er enthält vor den Entscheidungssätzen (Nrn. 1 - 4) die Paragrafenkette „§§ 4, 5, 6, 7, 27 a, 49, 50, 84 a Polizeigesetz (PolG)“. Ferner wird auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO sowie auf die §§ 2, 18, 19, 20, 23 und 24 LVwVG hingewiesen. Im Rahmen der Begründung des Bescheids wird ohne Erwähnung dieser Paragrafen der Gesetzestext zum Aufenthaltsverbot, zur Wohnungsverweisung und zum Rückkehrverbot schlicht aneinandergereiht, ohne den konkreten Lebenssachverhalt den generell-abstrakten Obersätzen zuzuordnen und im Wege einer Subsumtion den logischen Schluss zu ziehen, welche konkrete Rechtsfolge für den tatsächlichen Lebenssachverhalt gilt (vgl. Büchner/Joerger/Trockels/Vondung, Übungen zum Verwaltungsrecht und zur Bescheidtechnik, 4. Aufl., Rn. 33 f.).
Das verfügte „Aufenthaltsverbot“ hat aufgrund des am 22.11.2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390) seine Grundlage in § 27 a Abs. 2 Satz 1 PolG. Hiernach kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen (§ 27 a Abs. 2 Satz 2 PolG). Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten (§ 27 a Abs. 2 Satz 3 PolG). Das im Entscheidungssatz Nr. 1 erlassene und ausdrücklich als solches bezeichnete Aufenthaltsverbot umfasst das Anwesen R. Straße …. Vom Begriff „Anwesen“ soll ersichtlich auch die Wohnung des Antragstellers im Gebäude R. Straße … umfasst sein. Ein dahingehender Regelungswille der Antragsgegnerin wird bereits darin erkennbar, dass das Anwesen alle zum Gebäude gehörenden Flächen und Nebenanlagen (Grundstück, Garagen, Stellplätze, Grünflächen usw.) mit einschließen soll („incl.“). In der Begründung wird auch ausdrücklich die zeitlich begrenzte Wohnungsverweisung erwähnt. Würdigt man ihren Regelungswillen unter Hinzuziehung der rechtlichen Ausführungen in der Begründung zielt der Bescheid deshalb darauf ab, gegenüber dem Antragsteller sowohl eine Wohnungsverweisung als auch ein räumlich auf die Wohnung bezogenes Rückkehrverbot zu verfügen (§ 27 a Abs. 3 Satz 1 und 2 Alt. 1 PolG). Es werden dabei allerdings Aufenthaltsverbot, Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot, die unterschiedliche Rechtsvoraussetzungen und -folgen haben, undifferenziert zusammengefasst bzw. vermischt. Dies ist aber nach der gesetzlichen Konzeption des § 27 a Abs. 2 und 3 PolG nicht möglich. Denkbar ist eine Kombination der verschiedenen Maßnahmen nach § 27 a PolG. Dann aber sind sowohl von den Rechtsvoraussetzungen als auch vom Regelungsbereich her, die Institute vielmehr voneinander abzugrenzen und getrennt zu begründen. Das Aufenthaltsverbot knüpft an die Begehung von Straftaten an und schließt die Wohnung (samt unmittelbar angrenzenden Bereich) und deren Zugang gerade aus. Für den Wohnungsverweis und das Rückkehrverbot gelten wiederum qualifizierte Voraussetzungen. Mit all diesen Fragen setzt sich der Bescheid nicht ansatzweise auseinander. Die Voraussetzungen sowohl für das Aufenthaltsverbot (ohne Wohnung des Antragstellers) als auch der Wohnungsverweis samt Rückkehrverbot in die Wohnung des Antragstellers sind im Bescheid nicht ausreichend dargelegt. Bezüglich des Aufenthaltsverbots fehlt es an der Wiedergabe eines Lebenssachverhalts, aus dem darauf geschlossen werden könnte, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller im räumlich-gegenständlichen Bereich des Aufenthaltsverbots (außerhalb der Wohnung des Antragstellers) im Anwesen R. Straße … eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (§ 27 a Abs. 2 Satz 1 PolG). Anlass für die mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Maßnahmen war nach der Begründung der Vorfall am Abend des 26.02.2009, der die nach dem Bescheid achtzehn Jahre alte und damit volljährige Stieftochter T. des Antragstellers betraf. Die im Wege der Auslegung des Bescheids des Weiteren verfügte Wohnungsverweisung samt Rückkehrverbot in die Wohnung setzt voraus, dass die für einen Wohnungsverweis notwendige unmittelbar bevorstehende erhebliche Gefahr für eine andere Bewohnerin oder einen anderen Bewohner dieser Wohnung (verletzte oder bedrohte Person) nach Verlassen der Wohnung fortbesteht (§ 27 a Abs. 3 Sätze 1 und 2 PolG). Hierzu führt der Bescheid nichts Konkretes aus. Er knüpft zeitlich an den vom Polizeivollzugsdienst - Polizeipräsidium … (Polizeirevier …) - ausweislich des „Vorkommnisberichts: Gewalt im häuslichen Bereich“ (Blatt 13 der Akten der Antragsgegnerin) wohl nach § 27 a Abs. 4 Satz 1 PolG gemäß § 27 a Abs. 3 Satz 1 PolG verfügten Wohnungsverweis an (um einen Platzverweis i.S.d. § 27 a Abs. 1 PolG, welcher nur ausnahmsweise auch die Anordnung der vorübergehenden Entfernung aus einer Wohnung mit umfassen dürfte, handelt es sich hier aller Voraussicht nach nicht, vgl. LT-Drs., a.a.O. S. 66).
Der angefochtene Bescheid wurde ohne Anhörung des Antragstellers erlassen und am 27.02.2009 zunächst um 16:10 Uhr seinem Prozessbevollmächtigten und eine gute Stunde später (17:15 Uhr) auch dem Antragsteller selbst ausgehändigt (Blatt 21 der Akten der Antragsgegnerin). Ob die vom Antragsteller mit dem Widerspruch vom 02.03.2009 gegen den Bescheid vorgebrachten Gründe stichhaltig sind (insoweit wäre eine rechtswidrig unterbliebene Anhörung geheilt, vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG), kann hier offen bleiben und muss gegebenenfalls der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Aus dem Bescheid selbst erschließt sich jedenfalls nicht eine den Wohnungsverweis und ein Rückkehrverbot rechtfertigende erhebliche Gefahr im zuvor bereits näher ausgeführten Sinne. Soweit der Bescheid ausführt, in der Vergangenheit seien bereits mehrere „Vorfälle häusliche Gewalt“ mit der Ehefrau des Antragstellers polizeibekannt geworden, unter denen, laut Angaben der Polizei, insbesondere die Kinder schwer litten, fehlt es an einer konkreten Darstellung der einzelnen Vorfälle in zeitlicher Hinsicht sowie in Bezug auf das Gewicht der Ereignisse, was eine Spezifizierung der jeweils verletzten Rechtsgüter erfordert, zumal es sich bei einem Rückkehrverbot in die Wohnung um einen gewichtigen Grundrechtseingriff (Art. 13 GG) handelt. Im Übrigen offenbaren die Berichte des Polizeipräsidiums … der letzten Monate (v. 21.09.2008, 07.01.2009, 12.01.2009, Blatt 13 der Akten der Antragsgegnerin) keine Anwendung körperlicher Gewalt des Antragstellers gegenüber seiner Ehefrau; es handelt sich offensichtlich um verbale Auseinandersetzungen zwischen den beiden während des Scheidungsverfahrens. Soweit es zwischen den Eheleuten vor dem Jahr 2008 zur Anwendung körperlicher Gewalt gekommen ist, ging diese bei dem Ereignis vom 23.08.2005 nach dem polizeilichen Bericht vom selben Tag von der Ehefrau des Antragstellers aus; er war das Opfer. Und bei dem Vorfall vom 01.12.2006 kam es zwischen den Eheleuten - beide waren stark alkoholisiert - zu wechselseitigen Körperverletzungen. Fraglich erscheint des Weiteren, ob, soweit die Antragsgegnerin auf das Kindeswohl abstellt (bezüglich der zehnjährigen Y. und des zweijährigen A.) dieser Belang die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit begründet.
Sofern der Bescheid auch darauf abzielen sollte, der nach der Darstellung im Bescheid durch das Ereignis vom 26.02.2009 geschädigten volljährigen Stieftochter T. einen gewissen Zeitraum zur Ergreifung zivilgerichtlicher Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 (BGBl. I S. 3513) gegen den Antragsteller zu ermöglichen, wäre dieser Zeitraum mit der heute bereits verflossenen Zeit von einer Woche seit dem vom Polizeivollzug am 26.02.2009 mündlich verfügten Wohnungsverweis inzwischen wohl verstrichen. Für die von der Antragsgegnerin ausgeschöpfte Frist von höchstens zwei Wochen (§ 27 a Abs. 4 Satz 1 PolG) für Maßnahmen nach § 27 a Abs. 3 PolG fehlt es überdies an einer ausreichenden Begründung, zumal diese an mehreren Stellen des Bescheids (S. 2 unten und S. 3 oben) nicht individuell erfolgt ist, sondern den Kreis der zu schützenden Personen mit der Verwendung textbausteinmäßiger Ausdrücke („der/s Geschädigten“, „ihr/m“, „Person/en“) umschrieben wird. Gleiches gilt im Übrigen hinsichtlich des ersten Absatzes der Begründung der sofortigen Vollziehung („die/den Geschädigte/n“).
Durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen das in Nr. 1 des Bescheids verfügte Aufenthaltsverbot entfällt dessen sofortige Vollziehbarkeit und damit die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung nach § 2 Nr. 2 LVwVG, weswegen auch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 500,00 EUR (Nr. 4 des angefochtenen Bescheids) anzuordnen ist (§ 12 Satz 2 LVwVG, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Soweit die Androhung eines Zwangsgelds auch einen Verstoß gegen das in Nr. 2 des Bescheids verfügte Annäherungsverbot umfasst (was die Worte „diese Verfügung“ in Nr. 4 des Bescheids an sich zum Ausdruck bringt), liegen auch insoweit die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 2 LVwVG nicht vor. Das Annährungsverbot in Nr. 2 des Bescheids ist weder unanfechtbar noch entfällt mangels einer diesbezüglichen Anordnung der sofortigen Vollziehung die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 52 Abs. 1 und Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG, wobei mit der Hälfte des Auffangwerts für das Hauptsacheverfahren berücksichtigt ist, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes ist.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili
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published on 14/09/2009 00:00

Tenor Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 rechtswidrig gewesen ist. Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand
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Annotations

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.