Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 27. Okt. 2009 - 4 K 3177/09

published on 27.10.2009 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 27. Okt. 2009 - 4 K 3177/09
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Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin, ein Möbel-Handelshaus, begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 13.08.2009 gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 21.07.2009. Mit dieser Verfügung hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin untersagt, ihre Verkaufsstellen in H. während der gesetzlichen Ladenschlusszeiten für Verkaufsveranstaltungen zu öffnen sowie die Öffnung anzukündigen oder ankündigen zu lassen (Ziffer 1), die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung angeordnet (Ziffer 2) und der Antragstellerin für den Fall eines Verstoßes ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000,00 EUR angedroht (Ziffer 3). Die Antragstellerin hat namentlich bezeichnete Kunden mit einer Einladung vom 19.01.2009 „zum verkaufsoffenen VIP-Sonntag“ eingeladen und dabei die „geladenen Stammkunden“ mit erheblichen Preisnachlässen in Abhängigkeit vom Einkaufswert angelockt. Der Andrang an Besuchern war so groß, dass sich erhebliche Schlangen vor dem Eingang bildeten und die Parkplätze der Antragstellerin, weiterer vier umliegender Einkaufsmärkte und des nahegelegenen Freibads vollständig belegt waren. Nach Angabe der Antragstellerin ging diese Einladung an alle diejenigen ihrer Preisepass-Inhaber, die in den letzten beiden Jahren Umsätze bei der Antragstellerin getätigt oder den Preisepass erst jüngst beantragt hatten. Dieser Preisepass muss bei der Antragstellerin aktiv beantragt werden.
II.
Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bzw. § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist aber nicht begründet.
Im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens der angegriffenen Verfügung keine Folge leisten zu müssen, und dem öffentlichen Interesse, diese zugleich vollziehen zu können. Dabei kommt den voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs eine wesentliche Bedeutung zu.
Bei summarischer Beurteilung der Sach- und Rechtslage wird der Widerspruch der Antragstellerin mit großer Wahrscheinlichkeit ohne Erfolg bleiben. Dies ergibt sich aus Folgendem:
1. Die angefochtene Untersagungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 13 Abs. 1 Satz 2 Ladenöffnungsgesetz (LadÖG). Danach kann die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung der sich aus dem Ladenöffnungsgesetz ergebenden Pflichten anordnen. In Satz 1 der Vorschrift ist geregelt, dass die zuständige Behörde die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften dieses Gesetzes führt. Voraussetzung für die Anordnung der in Ziffer 1 der Verfügung vom 21.07.2009 angeordneten Untersagung ist zunächst, dass ein Verstoß gegen das Verbot des § 3 Abs. 2 LadÖG vorliegt. Danach müssen Verkaufsstellen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein 1. an Sonn- und Feiertagen (...). Streitig ist zwischen den Beteiligten im vorliegenden Verfahren, ob es sich bei dem Möbelmarkt der Antragstellerin am fraglichen Sonntag um eine Verkaufsstelle im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes handelte. Dieses definiert Verkaufsstellen in § 2 Abs. 1 wie folgt:
„Verkaufsstellen im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Ladengeschäfte aller Art, Apotheken, Tankstellen und Verkaufsstellen in Bahnhöfen, auf Flugplätzen, von Genossenschaften, von landwirtschaftlichen Betrieben sowie Hofläden,
2. sonstige Verkaufsstände und -buden, Kioske, Basare und ähnliche Einrichtungen, falls in ihnen ebenfalls von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf an jedermann feilgehalten werden. Dem Feilhalten steht das Zeigen von Mustern, Proben und Ähnlichem gleich, wenn Warenbestellungen in der Einrichtung entgegengenommen werden.“
Nach dieser Vorschrift ist der Möbelmarkt der Antragstellerin als Ladengeschäft grundsätzlich eine Verkaufsstelle. Maßgeblich für den Begriff der Verkaufsstelle ist, wie der Zusammenhang der Vorschrift ergibt, dass die Waren zum Verkauf an jedermann feilgehalten werden. Wäre dies nicht der Fall, so verlöre das Ladengeschäft - ausnahmsweise - seine Eigenschaft als Verkaufsstelle. Ob von einem Verkauf an „Jedermann“ gesprochen werden kann, richtet sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und insbesondere der Zielsetzung des Ladenöffnungsgesetzes nach der Lebensanschauung. Der Gesetzeszweck ist - wie beim Ladenschlussgesetz des Bundes - darauf gerichtet, den Arbeitsschutz zu vervollständigen, die Angestellten in den Verkaufsstellen vor zu langer Arbeitszeit an Werktagen und vor verbotener Sonntagsbeschäftigung zu schützen, den Anreiz, aus Wettbewerbsgründen gegen den Arbeitsschutz zu verstoßen, möglichst zu vermindern und insoweit auch der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen zu dienen (vgl. Stober, Ladenschlussgesetz, 4. Aufl., RdNr. 12 f zu § 3; ebenso Ambs, in Erbs/Kohlhas, Strafrechtliche Nebengesetze, Vorbemerkungen zum Gesetz über den Ladenschluss, RdNr. 2). Einen solchen „Verkauf an jedermann“ hält die Kammer vorliegend für gegeben.
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a) Die Kammer kann offenlassen, ob bereits deshalb ein „Verkauf an jedermann“ vorliegt, weil die Antragstellerin keine hinreichenden Kontrollen beim Einlass vorgenommen hat. Hierfür könnte sprechen, dass es einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin gelang, Einlass zu erhalten, indem er ein weißes, unbeschriebenes, gefaltetes DIN A 4 Blatt ein wenig aus seiner Brusttasche zog und dann durchgewunken wurde. Personalausweise wurden nach den Beobachtungen dieses Mitarbeiters von den Kunden nicht verlangt. Die Antragstellerin hat dies allerdings bestritten und hierzu Beweis angeboten. Träfe es zu, dass wegen mangelhafter Kontrollen jede beliebige Person Zugang hatte, läge schon hierin ein Verkauf an jedermann.
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b) Eine Einschränkung des Personenkreises, an den verkauft wird, reicht nach allgemeiner Auffassung nicht aus, um einen „Verkauf an jedermann“ auszuschließen. Einen solchen Ausschluss nimmt die Rechtsprechung an, wenn aus Gründen einer sachlichen Beziehung zwischen dem Betreiber des Geschäftslokals und seinen Kunden eine gerechtfertigte, nicht willkürliche Eingrenzung auf einen bestimmten und individualisierbaren Personenkreis als Abnehmer stattfindet. Wenn hingegen der Inhaber eines Geschäftslokals ohne eine solche sachliche Beziehung zu seinen Kunden bestimmte Gruppen von Verbrauchern auswählt, um diese jederzeit, ohne Rücksicht auf die Ladenschlusszeiten, zu bedienen, so hindert dies die Anwendung der Vorschriften des Ladenöffnungsgesetzes nicht, denn ein Geschäftsinhaber kann nicht von sich aus willkürlich darüber befinden, welche Personenkreise er außerhalb der Ladenschlusszeiten bedienen will, da dies zu einer Aushöhlung des Ladenschlussgesetzes führen würde (vgl. dazu OLG Hamm, Urt. v. 08.04.1986 - 4 U 366/85 - GewArch 1986, 346 [Verkauf von Reitsportartikeln an Teilnehmer eines Reitturniers], OLG Karlsruhe, Urt. v. 08.10.1986 - 6 U 147/86 - GewArch 1988, 61 [Verkauf an Angehörige japanischer Reisegruppen nach Voranmeldung], OLG Naumburg, Urt. v. 09.12.2005 - 10 U 42/05 - juris [Verkauf von Unterhaltungselektronik an gezielt eingeladene Gewerbetreibende der Region], VG Minden, Beschluss v. 08.03.2006 - 3 L 64/06 - juris [Möbelverkauf an 299 geladene Gäste im Rahmen eines „Glücksfestes“]).
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Eine geschlossene Gruppe stellen die eingeladenen „Stammkunden“ der Antragstellerin nicht dar. Ihre Verbundenheit untereinander besteht lediglich darin, dass sie Kunden der Antragstellerin und Inhaber eines Preisepasses mit Umsätzen innerhalb der letzten zwei Jahre sind. Ob hierfür ein Mindestumsatz Voraussetzung war, ist angesichts der unterschiedlichen Darstellungen der Antragstellerin unklar, letztendlich aber nicht entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr, dass diese Kunden miteinander durch kein gemeinsames Kriterium verbunden sind. Ein Eigenleben der Gruppe (vgl. VG Minden, a.a.O.) fehlt gänzlich. Vielmehr zeigte der tatsächliche Ablauf des „VIP-Sonntags“, dass entgegen der vorgeblich vorgenommenen Eingrenzung des Kundenkreises ein Mehrfaches des an einem normalen Verkaufstag sich einstellenden Kundenandrangs zu bewältigen war. Die Inhaberschaft eines „Preisepasses“ wirkte damit offensichtlich nicht als besonderes Qualifikationsmerkmal. Es handelt sich bei diesem Pass offenbar um eine Kundenkarte, die ohne weiter Voraussetzungen vom Kunden beantragt werden kann. Eine sachlich gerechtfertigte Eingrenzung des Kundenkreises oder eine besondere Beziehung gerade zu dem ausgewählten Adressatenkreis (vgl. Ambs, aaO, RdNr. 11 zu § 1 LSchlG, wie sie die Rechtsprechung für die Beziehung des Großhändlers zu den Wiederverkäufern annimmt, vgl. BGH, Urt. v. 03.11.1989, - Metro III - NJW 1990, 1294 = GewArch 1990, 286), lag gerade nicht vor. Die Veranstaltung war vielmehr von ihrem ganzen Gepräge her auf eine an die breite Masse der Kunden gerichtete Verkaufsveranstaltung am Sonntag zugeschnitten. Die angebliche Eingrenzung diente damit lediglich der Umgehung der Ziele des Ladenöffnungsgesetzes.
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c) Da Verkaufspersonal anwesend war und Verkäufe getätigt wurden, diente die Veranstaltung auch dem geschäftlichen Verkehr im Sinne von § 3 Abs. 2 Ladenöffnungsgesetz (vgl. dazu Stober a.a.O., RdNrn. 36 ff.). Es handelte sich nicht um eine bloße Werbeveranstaltung.
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d) Die Antragsgegnerin hat das ihr in § 13 Abs. 1 Satz 2 LadÖG eingeräumte Ermessen erkannt und ausgeübt. Zutreffend führt die Antragsgegnerin aus, es sei aufgrund des Erfolges der Veranstaltung am 25.01.2009 nicht auszuschließen, dass zu gegebener Zeit eine Wiederholungsveranstaltung stattfindet. Anders noch als in der Anhörung vom 12.03.2009 stellt die Antragsgegnerin in der angefochtenen Verfügung keinen Zusammenhang zu den beiden Tagen des Jahres 2009 her, für die der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Sonntagsfreigabe abgelehnt hat. Die Wiederholungsgefahr liegt vielmehr wegen des Erfolgs der Veranstaltung ebenso auf der Hand wie die Gefahr, dass Konkurrenten der Antragstellerin ähnliche Veranstaltungen durchführen werden, sollte das Verhalten der Antragstellerin geduldet werden. Zutreffend stellt die Antragsgegnerin im Übrigen bei ihrer Ermessensausübung auf den Verfassungsauftrag zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe ab. Schließlich stellt auch der Erlass eines Bußgeldbescheides kein milderes Mittel zur Sicherstellung der Ladenöffnungszeiten dar. Der Bußgeldbescheid dient vielmehr der Ahndung eines bereits begangenen Verstoßes, die vorliegende Verfügung dient der Verhinderung eines zukünftigen Verstoßes. Ein Vorrang der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit vor dem verwaltungsrechtlichen, zukunftsgerichteten Vorgehen besteht daher nicht.
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2. Auch die Zwangsgeldandrohung in Höhe von 25.000,00 EUR dürfte nicht zu beanstanden sein. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 20 Abs. 1, 2 und 4, 23 LVwVG. Der Höhe nach hält sich das Zwangsgeld im bis zu 50.000,00 EUR reichenden Rahmen. Das Gericht teilt die Auffassung der Antragstellerin nicht, die angedrohte Höhe des Zwangsgelds sei völlig übersetzt, denn das Ziel der Untersagungsverfügung ist die Verhinderung einer weiteren Großverkaufsveranstaltung. Zur Erreichung dieses Ziels muss das Zwangsgeld eine empfindliche Höhe haben. Die Höhe des möglichen Bußgelds nach dem Ladenöffnungsgesetz (bis zu 10.000,00 EUR) hat erkennbar keinen Zusammenhang mit der Bemessung des angedrohten Zwangsgeldes.
16 
3. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung gesondert damit begründet, der Schutz der Beschäftigten und der verfassungsrechtliche Auftrag zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe sowie die Vermeidung eines ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteils rechtfertigten die Anordnung. Diese Begründung überzeugt auch inhaltlich, zumal hier nicht - wie die Antragstellerin meint - von einem Zwang der Konkurrenz, ebenfalls solche Verkaufsveranstaltungen durchzuführen, die Rede ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer geht von einem geschätzten Gewinn von 20.000,00 EUR an dem „VIP-Sonntag“ aus; dieser Betrag war im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 28.02.2018 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand 1 Der Kläger, ein Verein, wendet sich dagegen, dass ihm die Beklagte das Offenhalten eines Lebensmittelladens an Sonn- und Feiertagen uneingeschränkt untersagt h
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.