Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 13. Jan. 2009 - 10 K 4801/08

published on 13.01.2009 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 13. Jan. 2009 - 10 K 4801/08
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Gericht

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antragsteller besucht derzeit die neunte Klasse des ...-Gymnasiums. Er begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Verfügungen des Schulleiters vom 18.12.2008 und vom 19.12.2008, durch die er fünf Unterrichtstage vom Unterricht ausgeschlossen und ihm der Ausschluss aus der Schule angedroht wurde.
Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO statthaft. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen eine Anordnung des zeitweiligen Unterrichtsausschlusses entfällt auf Grund von Landesrecht, nämlich § 90 Abs. 3 Satz 3 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg i.d.F. vom 11.12.2002 - SchulG - (GBl. S. 476). Daher war eine Begründung der sofortigen Vollziehung in den Verfügungen nicht erforderlich.
Der Antrag gegen die Verfügung vom 18.12.2008, mit der der Antragsteller vom 19.12.2008 bis 15.1.2009 vom Unterricht ausgeschlossen wurde, ist bereits unzulässig. Der Antragsteller hat insoweit kein Rechtsschutzinteresse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung, da sich diese Verfügung durch die „ersetzende“ Verfügung vom 19.7.2008 erledigt hat. Dass der Schulleiter an der Verfügung vom 18.12.2008 nicht mehr festgehalten hat, ergibt sich aus der zweiten Zeile des Betreffs der Verfügung vom 19.12.2008, die „Ersetzt die Verfügung vom 18.12.2008“ lautet. Zudem wurde die Verfügung vom 18.12.2008 zu keinem Zeitpunkt vollzogen. Der Antragsteller konnte am 19.12.2008 am Unterricht teilnehmen. Der mit Verfügung vom 19.12.2008 ausgesprochene fünftägige Unterrichtsausschluss begann am 12.1.2009.
Der Antrag gegen die Verfügung vom 19.12.2008 ist zulässig, aber unbegründet.
Bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden gerichtlichen Entscheidung kommt es auf eine Interessenabwägung an. Abzuwägen sind das private Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs und dem gesetzlich vermuteten besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes. Das Gewicht dieser gegenläufigen Interessen wird vor allem durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, aber auch durch die voraussichtlichen Folgen des Suspensiveffekts einerseits und der sofortigen Vollziehung andererseits bestimmt. Bei der Abwägung auf Grund summarischer Erfolgsprüfung gilt nach ständiger Rechtsprechung, dass das Suspensivinteresse umso größeres Gewicht hat, je mehr der Rechtsbehelf Aussicht auf Erfolg hat, und dass umgekehrt das Vollzugsinteresse umso mehr Gewicht hat, je weniger Aussicht auf Erfolg der Rechtsbehelf hat (vgl. BVerwG, B.v. 12.11.1992, DÖV 1993, 432; s.a. VGH BW, B.v. 13.3.1997, VBlBW 1997, 390). Im vorliegenden Fall ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs in der Hauptsache auszugehen. Auch die Folgenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers.
Der zeitweilige Unterrichtsausschluss nach § 90 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 d) SchulG und die Androhung des Schulausschlusses nach § 90 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 f) SchulG werden mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Überprüfung in einem etwaigen Hauptsacheverfahren standhalten.
Die Verfügung dürfte formell ordnungsgemäß ergangen sein. Sie wurde von dem nach § 90 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SchulG allein zuständigen Schulleiter getroffen. Die für die Androhung des Schulausschlusses erforderliche Anhörung der Klassenkonferenz ist zwar erst am 7.1.2009 und damit nach Erlass der Verfügung erfolgt. Dies dürfte aber im vorliegenden Fall keinen Einfluss auf die formelle Rechtmäßigkeit der Verfügung haben. Durch die nachgeholte Anhörung der Klassenkonferenz dürfte der zunächst bestehende Formmangel geheilt worden sein (§ 45 Abs. 1 Nr. 4 LVwVfG). Die nach § 90 Abs. 7 Satz 2 SchulG vorgesehene Anhörung des Antragstellers sowie seiner Erziehungsberechtigten ist erfolgt. Dies ergibt sich aus dem Bescheid vom 19.12.2008. Nach § 90 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 SchulG kann der zeitweilige Ausschluss vom Unterricht auch mit einer Androhung des Schulausschlusses verbunden werden.
Auch materiell-rechtlich dürfte der Unterrichtsausschluss nicht zu beanstanden sein. Die Maßnahme des Unterrichtsausschlusses gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 d) SchulG von bis zu fünf Unterrichtstagen ist nach § 90 Abs. 6 Satz 1 SchulG nur zulässig, wenn ein Schüler durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten seine Pflichten verletzt und dadurch die Erfüllung der Aufgabe der Schule oder die Rechte anderer gefährdet. Diese Voraussetzungen dürften hier vorliegen.
Das dem Antragsteller in der Schulordnungsverfügung vom 19.12.2008 vorgehaltene Verhalten dürfte ein derartiges schweres Fehlverhalten darstellen. Dem Antragsteller wird zur Last gelegt, Teil einer Gruppe von Schülern gewesen zu sein, welche am 17.12.2008 zunächst einen Schüler des ...-Gymnasiums geschlagen hätten. Im Anschluss hieran sei die Gruppe vor dem Rektorat aufgetaucht und habe dort derart gegen die Tür geschlagen bzw. getreten, dass die Schulsekretärin den Schulleiter um Hilfe gerufen habe, der die Schüler aus dem Haus verwiesen habe. Diese seien zum Fahrradschuppen gegangen und hätten dort die Mutter des Schülers, die von ihm zur Hilfe gerufen worden sei, bedroht und beschimpft, so dass diese die Polizei gerufen habe. Der Antragsteller hat gegen diese Vorwürfe im Widerspruch und gerichtlichen Eilverfahren vortragen lassen, ihm könne nicht unterstellt werden, selbst einen Mitschüler geschlagen oder die Mutter eines Mitschülers bedroht zu haben. Er sei nur deshalb mit der Ordnungsmaßnahme belegt worden, weil der Schuldige nicht habe ermittelt werden können. Bei dieser Maßnahme handele es sich deshalb um eine unzulässige Kollektivstrafe ohne pädagogischen Wert.
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Mit diesem Vorbringen verkennt der Antragsteller indes, dass ihm gerade nicht ein eigener Tatbeitrag vorgeworfen wird, sondern die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, aus der heraus die näher bezeichneten Tätlichkeiten begangen wurden. Seine Zugehörigkeit zu dieser Gruppe hat der Antragsteller nicht substantiiert bestritten. Er hat im Schriftsatz vom 12.01.2009 lediglich vortragen lassen, er bestreite eine Beteiligung an Taten Dritter. Er sei an der Prügelei zwischen dem Dritten M.K. und dem Schüler S.T. nicht beteiligt gewesen. Allein das „in der Nähe stehen“ oder das „bei einer Gruppe stehen“ reiche nicht aus, um ihm eine Verfehlung zu unterstellen. Demgegenüber lässt jedoch seine Angabe im Antragsschriftsatz vom 29.12.2008, er habe sich zusammen mit einem anderen Mitschüler nicht entschließen können, Namen von Mitschülern zu nennen, die die Verfehlungen begangen hätten, darauf schließen, dass ihm die maßgeblichen Schüler bekannt gewesen sein dürften. Auch der Umstand, dass er ihre Namen dennoch nicht preisgeben wollte, spricht dafür, dass sich der Antragsteller nicht nur zufällig in der Nähe der Gruppe aufhielt, sondern zu dieser gehört haben dürfte. Dass er mit der Gruppe überhaupt nichts zu tun gehabt oder sich von deren Verhalten nach außen erkennbar distanziert habe, hat der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt dargetan. Allein die Gruppenzugehörigkeit dürfte aber für die getroffene Ordnungsmaßnahme ausreichend sein. Diese dürfte sich der Antragsteller vorwerfen lassen müssen, auch wenn ihm selbst keine konkrete Tätlichkeit gegen den betroffenen Schüler nachgewiesen werden kann. Der Vorwurf gegen den Antragsteller dürfte vielmehr zu Recht darin bestehen, als Mitglied der Gruppe zu der Einschüchterung des betroffenen Schülers erheblich beigetragen zu haben. Das Bedrohungspotential einer Gruppe von Acht- und Neuntklässlern dürfte sich deutlich höher darstellen als das von einzelnen Schülern. Das Risiko von Übergriffen einzelner Gruppenmitglieder aus der Gruppe heraus dürfte erheblich höher sein als das Risiko von Tätlichkeiten bei Konflikten zwischen einzelnen Schülern. Dies liegt zum einen daran, dass der Einzelne sich in einer Gruppe stärker fühlen dürfte. Zum anderen kann er als Mitglied einer Gruppe stets ein Unentdecktbleiben seiner Tatbeiträge im „Schutz“ der Gruppe - wie hier - erhoffen.
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Soweit der Antragsteller bestritten hat, an der Pöbelei vor dem Rektorat beteiligt gewesen zu sein, vielmehr nur am Anlass der Aufregung vor dem Rektorat interessiert gewesen zu sein, kann ihm dies nicht abgenommen werden. Nach seiner Stellungnahme vom 30.12.2008 hat der Schulleiter den Antragsteller als Mitglied der Gruppe von Schülern, die am 17.12.2008 derart vor dem Rektorat gepöbelt haben, dass die Schulsekretärin den Schulleiter zur Hilfe haben holen müssen, aus dem Haus verwiesen. Dass der Antragsteller sich lediglich aus Neugierde vor dem Rektorat aufgehalten hat, dürfte aufgrund der Eindeutigkeit dieser Stellungnahme ausgeschlossen sein. Es handelt sich bei der Äußerung des Schulleiters um eine dienstliche Erklärung, der hohes Gewicht beizumessen ist. Der Antragsteller, der sich im Kreis dieser Gruppe vor dem Rektorat aufgehalten hat, dürfte sich daher das massive schulordnungswidrige und respektlose Verhalten der Gruppe zurechnen lassen müssen. Dass dieses über ein noch hinzunehmendes lautes Auftreten einiger halbwüchsiger Schüler deutlich hinausgegangen sein dürfte, dürfte die Reaktion der Sekretärin gezeigt haben, die den Schulleiter hat zur Hilfe holen müssen, um sich gegen die Pöbeleien und die Schläge gegen die Tür zu wehren.
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Soweit der Antragsteller vortragen lässt, er habe die Mutter des betroffenen Schülers nicht beschimpft, sondern sich etwa 100 Meter entfernt von „der Gruppe“ aufgehalten, kann ihm dies nicht abgenommen werden. Der Antragsteller hat behauptet, er sei als einziger der Mutter des Schülers S.T. bekannt gewesen und sei deshalb statt dem wahren Verantwortlichen dem Rektor benannt worden. Dem steht ebenfalls die dienstliche Äußerung des Schulleiters entgegen, die eindeutig besagt, dass nach den Angaben der Mutter des Schülers S.T. diese beim Betreten des Schulgeländes von einer Gruppe, zu der der Antragsteller gehört habe, mit dem Ruf „Aufs Maul“ bedroht worden sei. Die Äußerung des Antragstellers im gerichtlichen Eilverfahren ist demgegenüber als Schutzbehauptung zu werten. Personen, die sich auf einem Schulhof 100 Meter entfernt unbeteiligt vom eigentlichen Geschehen aufhalten, dürften wohl kaum einer Gruppe von agierenden Schülern zugeordnet werden.
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Die vom Schulleiter verhängte Schulordnungsmaßnahme des Unterrichtsausschlusses von fünf Tagen dürfte sich als verhältnismäßig erweisen. Die auch dem Antragsteller zuzurechnenden Aggressivitäten der Schülergruppe kann die Schule nicht tatenlos hinnehmen. Der Schulfrieden kann nur gewahrt werden, wenn die Schule auf derartiges Verhalten für alle Schüler erkennbar und deutlich reagiert. Der Unterrichtsausschlusses dürfte sich seinem Umfang nach als angemessen erweisen. Neben den Übergriffen und Einschüchterungen zum Nachteil des Schülers S.T. kamen hier das ungebührliche Verhalten vor dem Rektorat und die Aggressivitäten gegenüber der Mutter des Schülers S.T. hinzu.
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Soweit vom Antragsteller-Vertreter die fehlende zeitliche Nähe zwischen dem sanktionierten Verhalten und dem Vollzug der Schulordnungsmaßnahme gerügt wird, ist dem entgegen zu halten, dass aufgrund der Weihnachtsferien es schlicht nicht möglich war, die Sanktion zu einem früheren Zeitpunkt greifen zu lassen. Anderenfalls müsste kurz vor den Ferien erfolgendes Fehlverhalten stets ungeahndet bleiben. Der Antragsteller ist aber in einem Alter, in dem ihm der Zusammenhang zwischen seinem Fehlverhalten und der nunmehr folgenden Sanktion ungeachtet der dazwischen liegenden Ferien durchaus bewusst sein dürfte.
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Auch der zusammen mit dem Unterrichtsausschluss angedrohte Schulausschluss dürfte sich als verhältnismäßig erweisen. Angesichts des von der Schülergruppe ausgehenden Bedrohungspotentials erscheint es dringend erforderlich, dem Antragsteller unmissverständlich vor Augen zu führen, dass er bei erneutem Fehlverhalten die Schule wird verlassen müssen. Die Schule kann nur durch die ergriffene schulordnungsrechtliche Maßnahme ihrer Verantwortung für die Sicherheit der Mitschüler der Schule und für einen störungsfreien Schulalltag gerecht werden.
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Das Interesse des Antragsgegners an der Sicherung des Schulfriedens und des pädagogischen Einwirkens auf den Schüler überwiegt nach alledem gegenüber dem Interesse des Antragstellers an einem uneingeschränkten weiteren Schulbesuch.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh
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published on 28.01.2014 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitslei
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.