Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 03. Juli 2018 - 9 A 71/17
Gericht
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2017 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 16.11.2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 1/3, der Beklagte zu 2/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Genehmigung zur Erweiterung der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz um einen Oberstufenbereich.
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Der Kläger ist ein zum Schuljahr 2008/2009 gegründeter Schulverband. Mit seiner Bildung wurde er Träger der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz mit den Schulstandorten Krummesse und Berkenthin. Zu ihm gehören 14 Mitgliedsgemeinden. Am Schulstandort Krummesse, an dem zugleich das zuständige DaZ-Zentrum ("Deutsch als Zweitsprache") angesiedelt ist, erfolgt neben einer einzügigen Grundschulbeschulung eine Beschulung der 7. bis 10. Jahrgänge an der Gemeinschaftsschule. Demgegenüber werden am Schulstandort Berkenthin neben einer zwei- bis dreizügigen Grundschule die 5. und 6. Jahrgänge an der Gemeinschaftsschule beschult. Unterrichts- und Fachräume sind an beiden Schulstandorten in ausreichender Anzahl vorhanden. Die Gesamtschülerzahl an der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz ist in den letzten Jahren rückläufig (Schuljahr 2013/2014: 923; Schuljahr 2014/2015: 830; Schuljahr 2015/2016: 791; Schuljahr 2016/2017: 738).
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Um dem Rückgang der Gesamtschülerzahl entgegenzuwirken und die Attraktivität der Schule zu steigern, fasste die Schulverbandsversammlung des Klägers am 11. Oktober 2016 den Beschluss, einen Antrag auf Genehmigung einer gymnasialen Oberstufe für die Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz zu stellen. Grundlage der Beschlussfassung war dabei die Schulentwicklungsplanung (Stand: Oktober 2016) des Planungsbüros "biregio" (Projektgruppe Bildung und Region). Kernpunkt dieser Schulentwicklungsplanung ist maßgeblich die Prüfung, ob und in welcher Weise sich durch die geplante Erweiterung um einen Oberstufenbereich die schulische Nachfrage nach der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz verändern würde. Das Planungsbüro kommt dabei zum Ergebnis, dass für den Fall der Einrichtung einer eigenen gymnasialen Oberstufe an der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz mehr Sekundarstufen-I-Schüler an der Schule gebunden werden könnten. Es sei dann mit 25 Schüler(innen) mehr ab der 5. Jahrgangsstufe zu rechnen, wobei positive Effekte bereits unmittelbar nach der Erweiterung um einen Oberstufenbereich zu verzeichnen seien. Mittelfristig sei mit circa 50 und langfristig mit circa 60 Oberstufenschüler(innen) zu rechnen, sollte ein Oberstufenbereich eingerichtet werden. Der positive Ausblick sei unter anderem auf eine Verknappung der Schulplätze an den Schulen der Hansestadt Lübeck, die Abkehr vom Wunsch des Besuches eines Gymnasiums sowie vermehrte Einpendler an diesen Standort rückführbar. Dabei geht die Schulentwicklungsplanung von einer stabilen Bevölkerungsentwicklung in den Mitgliedsgemeinden des Klägers aus. Mittelfristig sei zudem mit dem Neubau von 343 Wohneinheiten zu rechnen, was die heutigen Geburten- sowie damit die künftigen Einschulungszahlen mehr als stabilisieren würde.
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Auch die derzeitige Raumsituation würde es dem Kläger erlauben, völlig „risikolos“ eine Oberstufe aufzubauen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schulentwicklungsplanung Bezug genommen (Anlage 3 in der Beiakte A der Gerichtsakte).
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Unter dem 20. Oktober 2016 informierte der Kläger die benachbarten Schulträger über den Beschluss vom 11. Oktober 2016 und leitete das Gutachten des Planungsbüros an sie weiter. Die Stadt Ratzeburg als Schulträgerin der Lauenburgischen Gelehrtenschule (Gymnasium) sprach sich daraufhin gegen die Erweiterung der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz um einen Oberstufenbereich aus, weil eine solche die Leistungsfähigkeit der benachbarten Schule erheblich in Mitleidenschaft ziehen würde. Zudem sei mit erheblichen Auswirkungen auf den Lehrerbedarf, den Entzug von Stellen in umliegenden Gemeinschaftsschulen wegen des Rückgangs der Schülerzahlen sowie mit einer Verknappung der finanziellen Ressourcen bei den Nachbarschulträgern wegen fehlender sowie zu zahlender Schulkostenbeiträge zu rechnen.
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Mit Schreiben vom 16. November 2016 stellte der Kläger bei dem Beklagten entsprechend der Beschlussfassung vom 11. Oktober 2016 einen Antrag auf Genehmigung einer gymnasialen Oberstufe für die Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Zur Begründung seines Antrages verwies er darauf, dass es ihm dadurch gelänge, möglichst viele Schüler(innen) aus der 4. Jahrgangsstufe zu halten und damit dem Rückgang der Schülerzahlen entgegen zu wirken. Auswirkungen in Richtung Sandesneben - erst zum Schuljahr 2014/2015 wurde hier die Erweiterung um einen Oberstufenbereich genehmigt - seien zu vernachlässigen, weil die Auswahl der dortigen Grund- und Gemeinschaftsschule mit Oberstufe gering sei. Das Gebiet Sandesneben sei eher der Metropolregion Hamburg zuzuordnen, während die Region Stecknitz beziehungsweise das Amt Berkenthin schon von jeher in Richtung Lübeck als Einkaufsort, als Kulturstätte und als Ort der Freizeitgestaltung orientiert sei. Auch eine Gefährdung für die Lauenburgische Gelehrtenschule in Ratzeburg erscheine nahezu ausgeschlossen. Die aktuellen Zahlen der Anwahl von Viertklässlern zur Lauenburgischen Gelehrtenschule seien nämlich im Vergleich zu anderen Gymnasien nicht besonders herausragend. Demgegenüber habe die Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz eine nicht unerhebliche Anzahl an „Rückläufern/Rückläuferinnen“ zu verzeichnen; aus der Lauenburgischen Gelehrtenschule seien dies im durchschnittlichen Schuljahr bis zu 10. Der Anteil der „Rückläufer“ von anderen Schulen nach dem 5. Jahrgang liege aktuell bei circa 25 Prozent.
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Mit dem angegriffenen Bescheid vom 13. März 2017, dem Kläger zugegangen am 15. März 2017, wurde der Antrag des Klägers abgelehnt. Zur Begründung seiner Entscheidung führt der Beklagte im Wesentlichen aus, es fehle an einem entsprechenden öffentlichen Bedürfnis im Sinne von § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 des Schulgesetzes des Landes Schleswig-Holstein vom 24. Januar 2007 (GVOBl. Schl.-H. 2007, S. 39), zuletzt geändert mit Gesetz vom 4. Februar 2014 (GVOBl. Schl.-H. 2014, S. 21) - im Folgenden: SchulG -, weil die Anzahl der Schüler(innen) an der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz selbst zuzüglich der Schüler(innen) umliegender Schulen nicht erwarten lasse, dass spätestens drei Jahre nach Eintritt des ersten Jahrgangs dauerhaft eine Anzahl von mindestens 50 Schüler(innen) in der Einführungsphase der Oberstufe erreicht werde.
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Zur Einschätzung, ob die Anzahl von mindestens 50 Schüler(innen) spätestens drei Jahre nach Eintritt des ersten Jahrgangs in die Einführungsphase der Oberstufe dauerhaft erreicht werde, seien dabei folgende Annahmen, die sich aus statistischen Erfahrungswerten ermitteln ließen, zugrunde zu legen:
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1. Schülerinnen und Schüler der Schule selbst würden zu 33 Prozent der durchschnittlichen Jahrgangsbreite in der Sekundarstufe I in die Oberstufe wechseln.
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2. Schülerinnen und Schüler umliegender Schule ohne Oberstufe würden zu 10 Prozent der durchschnittlichen Jahresbreite in der Sekundarstufe I in die neue Oberstufe wechseln.
- 11
3. Schülerinnen und Schüler umliegender Schulen mit Oberstufe würden zu 5 Prozent der durchschnittlichen Jahrgangsbreite in der Sekundarstufe I ein Potential für die neue Oberstufe bilden.
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Bei der Berechnung seien dabei die Ziff. 2 und Ziff. 3 bei den Schulen der Hansestadt Lübeck nicht beziehungsweise dergestalt anzuwenden, dass auf die - im Gegensatz zu den übrigen Schulen vorhandene - wirklichkeitsgetreuere Einpendler-Zahl der Schüler(innen) aus Berkenthin/Krummesse an die Lübecker Sekundarstufen-Schulen und nicht auf die durchschnittliche Jahrgangsbreite der betreffenden (Lübecker) Schule abzustellen sei. Laut Schulentwicklungsplan der Hansestadt Lübeck (Stand: Dezember 2015/Februar 2016) würden im Mittelwert 14 Schüler(innen) aus Berkenthin/Krummesse an die Lübecker Gymnasien, 2 Schüler(innen) an die Lübecker Gemeinschaftsschule mit Oberstufe und 3 Schüler(innen) an die Lübecker Gemeinschaftsschule ohne Oberstufe einpendeln. Die Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben sei nicht in die Berechnung mit einzubeziehen gewesen, weil sie eine neu genehmigte Grund- und Gemeinschaftsschule mit Oberstufe im Entstehen sei.
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Unter Zugrundelegung dessen ergebe sich für das Schuljahr 2017/2018 ein Potential für eine Oberstufe von 44 Schüler(innen), für das Schuljahr 2018/2019 und für das Schuljahr 2019/2020 von jeweils 40 Schüler(innen) sowie für das Schuljahr 2020/2021 von 38 Schüler(innen). Die Berechnung ergebe sich dabei aus nachfolgender Tabelle:
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Die Annahme des Gutachters im Schulentwicklungsplan - so der Beklagte weiter -, es sei in der Oberstufe mit 50 beziehungsweise 60 Schüler(innen) zu rechnen, stelle sich demgegenüber als eine reine Annahme ohne konkrete Belege dar. Dass ab der 5. Jahrgangsstufe zudem zusätzlich 25 Schüler(innen) gebunden werden könnten, erweise sich insofern als unerheblich, weil es sechs Jahre dauern würde, bis diese Erhöhung der Schülerzahlen aufgewachsen sei. Die anzustellende Prognose beziehe sich jedoch zunächst auf einen Zeitraum von drei Jahren nach Eintritt des ersten Jahrgangs in die Einführungsphase.
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Am 12. April 2017 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens sein bei dem Beklagten beantragtes Ziel weiter verfolgt. Ergänzend führt er an, die von dem Beklagten angestellte Prognoseentscheidung sei fehlerhaft. Im Hinblick auf die einzige zwischen den Beteiligten streitige Frage der notwendigen Anzahl von mindestens 50 Schüler(innen) spätestens drei Jahre nach Eintritt des ersten Jahrgangs in die Einführungsphase (§ 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG) habe sich dieser nämlich nicht auf „statistische Erfahrungswerte“ stützen dürfen, weil sich aus dem Schulentwicklungsplan des Klägers konkrete Zahlen ergäben, die auf Grundlage der tatsächlichen Situation vor Ort getroffen worden seien. Dass diese Zahlen unrichtig seien, habe der Beklagte nicht dargelegt. Zugleich beruft sich der Kläger im Klageverfahren auf weitere Stellungnahmen des Planungsbüros "biregio". Danach kommt der Gutachter insbesondere zu dem Schluss, dass das Berechnungsverfahren des Beklagten nicht nachvollziehbar, teilweise als unrealistisch zu bezeichnen und daher zurückzuweisen sei. Dies begründet er im Wesentlichen wie folgt: Die seitens des Beklagten bei seiner Berechnung des Oberstufenpotentials für die Schuljahre 2017/2018 bis 2020/2021 in Ansatz gebrachte Anzahl an „eigenen“ Schüler(innen) (60, 59, 58 und 59) könne nicht bestätigt werden und ließe sich auch nicht - wie von dem Beklagten behauptet - aus dem Schulentwicklungsplan entnehmen. In den 10. Klassen des Schuljahres 2016/2017 seien es 79 potentielle Übergänge für das nächste Schuljahr gewesen und die Zahl der potentiellen Übergänge aus den 10. Klassen in der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz sinke landestypisch wohl noch schneller als vor einigen Jahren für diesen Schultyp angenommen, weil sie aus räumlichen Überlegungen heraus vor einigen Jahren keine Sekundarstufe II aufgebaut habe. Die Berechnung des Beklagten führe zudem dazu, dass die Zahl und der Anteil der sogenannten „Quereinsteiger“ deutlich höher liege als die Zahl sowie der Anteil der aus der Schule selbst stammenden Schüler (Schuljahr 2017/2018: 20 eigene Schüler(innen) und 24 „Quereinsteiger“; Schuljahr 2018/2019: 19 eigene Schüler und 21 „Quereinsteiger“; Schuljahr 2019/2020: 19 eigene Schüler und 21 „Quereinsteiger“; Schuljahr 2020/2021: 19 eigene Schüler und 19 „Quereinsteiger“). Diese Annahme sei mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht zu vereinbaren und werde anhand der Erfahrungen an den Gemeinschaftsschulen in Büchen, Kellinghusen, Wedel, Thesdorf sowie der Hansestadt Lübeck widerlegt. Die Berechnung sei auch nicht langfristig angelegt worden, weil der Effekt einer neuen Ausrichtung der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz unberücksichtigt geblieben sei. Zugleich sei die Annahme des Beklagten, dass bei einer neuen Oberstufe lediglich drei Schüler(innen) aus den Lübecker Schulen an die Oberstufe der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz wechseln würde, unrealistisch und daher zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern Bezug genommen auf die mit Schriftsatz vom 11. Januar 2018 als Anlage K 1 und K 2 sowie mit Schriftsatz vom 27. Juni 2018 als Anlage K 3 zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2017 zu verpflichten, die Genehmigung zur Einrichtung einer Oberstufe an der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält an dem angefochtenen Bescheid unter Vertiefung seiner dortigen Ausführungen fest und ergänzt im Wesentlichen, die dem angegriffenen Bescheid zugrundeliegende Prognoseeinschätzung genüge in jeder Hinsicht den rechtlichen Anforderungen und sei von dem ihm zustehenden Beurteilungsspielraum gedeckt. Für die zu treffende Prognose habe sich auf Grund der langjährigen Erfahrungen aus der Entwicklung der Gemeinschaftsschulen eine ständige Verwaltungspraxis herausgebildet. Diese gehe sowohl auf pädagogische Erfahrungswerte der Schulaufsicht des Beklagten als auch auf statistische Erkenntnisse zurück und werde in ihren wesentlichen Grundzügen allen Entscheidungen über die Genehmigung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen zugrunde gelegt. Die bisherigen Prognoseentscheidungen hätten sich bisher auch weit überwiegend als zutreffend erwiesen.
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Zu den der Entscheidung vom 13. März 2017 zugrundeliegenden prognostischen Kriterien führ der Beklagte vertiefend und ergänzend aus:
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Die im ersten Prognosekriterium enthaltene Annahme, dass Schüler(innen) der betreffenden Schule selbst zu 33 Prozent der durchschnittlichen Jahrgangsbreite in der Sekundarstufe I in die Oberstufe wechseln würden, gehe in ihrem historischen Ursprung auf die pädagogisch-strukturelle Konzeption der Gesamtschulen seit den 1970er Jahren zurück. In den integrierten Gesamtschulen sei das zuvor streng gegliederte Schulsystem insofern durchbrochen worden, als die Schüler(innen) beim Wechsel auf die weiterführende Schule nicht getrennten Schularten zugewiesen worden seien. Stattdessen seien sie in einem gemeinsamen Bildungsgang mit differenzierten Leistungsanforderungen unterrichtet worden, sodass die Entscheidung über den Schulabschluss zunächst bis in die 9. beziehungsweise 10 Klassenstufe habe offengehalten werden können. In der kooperativen Gesamtschule konnten ein Gymnasium, eine Realschule und eine Hauptschule bei einem Schulträger organisatorisch verbunden sein, sodass ein verstärkter Austausch von Lernangeboten zwischen den Schularten ermöglicht worden sei. Bei der Einrichtung und Ausgestaltung der Gesamtschulen sei das pädagogische Modell der „begabungsgerechten Heterogenität“ zugrunde gelegt worden. Man sei von einer im Wesentlichen gleichmäßigen Verteilung der Begabungshöhe und Leistungsstärke der Schüler(innen) ausgegangen, die sich etwa je zu einem Drittel auf gymnasialen Niveau, auf Realschulniveau und Hauptschulniveau bewegt hätten. Entsprechend hätten auch die Orientierungslinien für die Erteilung der damaligen Schulübergangsempfehlungen auf der Annahme beruht, dass im Mittel je ein Drittel der Schüler(innen) eine der weiterführenden Schularten besuchten beziehungsweise in einer Gesamtschule auf dem entsprechenden Niveau unterrichtet werden würden. Die Schulübergangsempfehlungen wiederum hätten ihrerseits die tatsächliche Aufnahme von Schüler(innen) in die Gesamtschule beeinflusst.
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Vorgenannte Annahmen - so der Beklagte weiter - hätten sich in der schulischen Praxis im Großen und Ganzen, das heißt im Rahmen der üblichen Schwankungsbreiten, bestätigt. Daher sei auf das bewährte Modell der grundsätzlichen Drittelparität auch für die Erstellung der Prognose der Auslastung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen zurückgegriffen worden. Denn die Gemeinschaftsschulen seien als Weiterentwicklung der früheren Gesamtschulen anzusehen. In der Gemeinschaftsschule (ohne Oberstufe) könnten nämlich Abschlüsse der Sekundarstufe I in einem gemeinsamen Bildungsgang ohne Zuordnung zu unterschiedlichen Schularten erreicht werden (Bezugnahme auf § 43 Abs. 1 Satz 1 SchulG). Auch die jüngeren statistischen Erhebungen würden im Ergebnis das verwendete Prognosekriterium stützen. 30,4 Prozent der Schüler(innen) der 10. Jahrgangsstufe an einer Gemeinschaftsschule ohne und mit Oberstufe würden nämlich an die Oberstufe einer Gemeinschaftsschule wechseln. In diesem Zusammenhang sei zudem darauf hinzuweisen, dass die durchschnittliche Jahrgangsbreite in der 10. Jahrgangsstufe der Gemeinschaftsschule deutlich unter jener der 9. Jahrgangsstufe liege, da zahlreiche Schüler(innen) die Gemeinschaftsschule mit Erwerb des Ersten allgemeinbildenden Schulabschlusses verließen. Bei Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe betrage die Abgangsquote regelmäßig mindestens 40 Prozent. Vor diesem Hintergrund sei im Rahmen des ersten Prognosekriteriums nicht die durchschnittliche Jahrgangsbreite der 10. Jahrgangsstufe als Referenzwert zugrunde gelegt worden, sondern die durchschnittliche Jahrgangsbreite der Sekundarstufe I.
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Bezogen auf die Prognosekriterien unter Ziff. 2 und Ziff. 3 des Bescheides vom 13. März 2017 würden sich diese auf Erfahrungen und Schätzungen der Schulaufsicht gründen. Systematische statistische Zahlen, die landesweite repräsentative Rückschlüssen erlauben würden, lägen hierzu nicht vor. Gleichwohl seien die Prognosekriterien realitätsnah veranschlagt worden.
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Weiter führt der Beklagte aus, der Vorwurf des Klägers, die Prognose sei nicht langfristig genug angelegt worden, gehe ins Leere, weil es auf den Zeitraum von drei Jahren nach Eintritt des ersten Jahrgangs in die Einführungsphase der Oberstufe ankomme. Diesem Umstand sei hinreichend Rechnung getragen worden.
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Der Beklage behauptet zudem, ein stetiges Wachstum der Gemeinschaftsschulen, insbesondere mit Oberstufen, zulasten der Gymnasien sei, angesichts der unverändert hohen Beliebtheit des gymnasialen Schulangebots, nicht zu befürchten. Auch die spezifische Situation in der Hansestadt Lübeck und in ihrem Umfeld würde im Ergebnis keine andere Bewertung rechtfertigen. Zwar werde das Lübecker Oberstufenangebot rege nachgefragt, so dass nicht immer jeder individuelle Schulwunsch erfüllbar sei. Eine Beschulung an einer erreichbaren Oberstufenschule sei für alle interessierten Schülerinnen und Schüler allerdings gesichert. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben nicht ausgelastet sei. Das Beispiel Sandesneben zeige auch, dass selbst bei einer hohen Nachfrage nach einem Oberstufenbereich an Lübecker Gemeinschaftsschulen trotzdem nicht festzustellen sei, dass es zu signifikanten Wechseleffekten zugunsten von Gemeinschaftsschulen in der ländlichen Umgebung käme. Auch für die Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz als Schule mit zwei Standorten sei somit selbst nach Einrichtung einer Oberstufe nicht zu erwarten, dass Auspendler oder Querwechsler aus Lübeck im für die Prognose relevanten Zeitraum dauerhaft eine signifikante Steigerung der zu erwartenden Schülerzahlen in der Einführungsphase der Oberstufe herbeiführen werden.
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Soweit der Kläger Rückschlüsse aus Daten der Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe in Büchen, Kellinghusen, Wedel, Thesdorf sowie der Hansestadt Lübeck ziehe, könnten diese für die Prognoseentscheidung keine Berücksichtigung finden. Diese würden nämlich aus einem unterschiedlichen regionalen oder schulstrukturellen Kontext stammen und seien insoweit ohne hinreichende Aussagekraft. Die Vergleichbarkeit der zuvor genannten Schulen werde von dem Kläger auch nur behauptet, nicht aber stringent hergeleitet oder begründet. Die Situation an der räumlich und strukturell eher vergleichbaren Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben werde hingegen bezeichnenderweise nicht als Referenz für eine vergleichende Betrachtung gewählt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2018 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1, 2. Var. VwGO) ist im tenorierten Umfang begründet. Die von dem Beklagten vorgenommene Ablehnung der Genehmigungserteilung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen subjektiven Rechten (dazu unter 1.). Mangels Spruchreife steht dem Kläger allerdings lediglich ein Neubescheidungsanspruch zu (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO; dazu unter 2.).
1.
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Der Beklagte hat seine ablehnende Entscheidung im angegriffenen Bescheid vom 13. März 2017 darauf gestützt, dass voraussichtlich die Zahl von mindestens 50 Schüler(innen) in der Einführungsphase der Oberstufe im Sinne von § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG spätestens drei Jahre nach Eintritt des ersten Jahrgangs in die Einführungsphase der Oberstufe dauerhaft nicht erreicht werden wird.
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Nach § 57 SchulG wirken das Land und die Schulträger bei der Errichtung, Änderung und Auflösung der Schulen zusammen. Zur Änderung in diesem Sinne zählt dabei gemäß § 59 Satz 2 SchulG die - hier streitige - Erweiterung um einen Oberstufenbereich. Gemäß § 58 Abs. 1 SchulG in Verbindung mit § 59 Satz 1 SchulG entscheidet der Schulträger über die Errichtung und Änderung einer Schule. Die Entscheidung des Schulträgers bedarf allerdings gemäß § 58 Satz 2 in Verbindung mit § 59 Satz 1 SchulG der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde. Diese Genehmigung setzt nach § 58 Abs. 2 SchulG voraus, dass unter Berücksichtigung der Schulentwicklungsplanung des Schulträgers und des Kreises für die Errichtung beziehungsweise Änderung der Schule ein „öffentliches Bedürfnis“ besteht und die nach § 52 SchulG (in Verbindung mit der Landesverordnung über die Bestimmung der Mindestgröße von öffentlichen allgemein bildenden Schulen und Förderzentren) bestimmte Mindestgröße eingehalten wird. Soweit es - wie hier - um die Erweiterung einer Gemeinschaftsschule um einen Oberstufenbereich geht, enthält § 43 Abs. 5 Satz 2 SchulG eine besondere Regelung dahingehend, dass ein „öffentliches Bedürfnis“ im Sinne von § 59 Satz 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 SchulG als gegeben gilt, wenn
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1. die Anzahl der Schülerinnen und Schüler an der Gemeinschaftsschule selbst zuzüglich der Schülerinnen und Schüler umliegender Schulen erwarten lässt, dass spätestens drei Jahre nach Eintritt des ersten Jahrgangs in die Einführungsphase der Oberstufe dauerhaft eine Anzahl von mindestens 50 Schülerinnen und Schülern in der Einführungsphase der Oberstufe erreicht wird, und
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2. infolge der Erweiterung um die Oberstufe der Bestand einer allgemein bildenden Schule mit Oberstufe oder eines Beruflichen Gymnasiums, die oder das bisher allein die Erreichbarkeit einer Oberstufe dieser Schulart in zumutbarer Entfernung gewährleistet, nicht gefährdet wird.
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Eine Genehmigung kann dabei erst erteilt werden, wenn die Gemeinschaftsschule mindestens bis zur Jahrgangsstufe neun aufgewachsen ist (§ 43 Abs. 5 Satz 3 SchulG).
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Bei der Erteilung von Genehmigungen nach den §§ 58 ff. SchulG handelt es sich um schulorganisatorische Maßnahmen, die im Grundsatz eine Planungsentscheidung durch die Schulaufsichtsbehörde erfordern. Anders als im Regelfall der Errichtung oder Änderung einer Schule hat der Gesetzgeber den Planungsspielraum in § 43 Abs. 5 Satz 2 SchulG allerdings eingeschränkt und selbst vorgegeben, wann ein öffentliches Bedürfnis anzunehmen ist. Denn nach § 43 Abs. 5 Satz 2 SchulG „gilt“ ein öffentliches Bedürfnis nach § 59 Satz 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 SchulG als gegeben, wenn die in Ziff. 1 und Ziff. 2 genannten Voraussetzungen vorliegen. Der Gesetzgeber hat damit die Einzelumstände, aus denen sich das öffentliche Bedürfnis ergibt, selbst umschrieben und verbindlich festgelegt, welche Belange zu prüfen sind. Diese Festlegung auf bestimmte Maßstäbe setzt dem in §§ 58 ff. SchulG grundsätzlich eröffneten Planungsermessen Grenzen (vgl. VG Schleswig, U. v. 08.07.2015 - 9 A 117/14 -, juris, Rdnr. 53, unter Bezugnahme auf Rux/Niehues, Schulrecht, Rdnr. 1482).
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Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Klägers liegt die Entscheidung darüber, ob voraussichtlich eine hinreichende Schülerzahl dauerhaft erreicht werden wird, originär beim beklagten Ministerium. Dies folgt schon aus dem Wortlaut - und dem Sinn - der vorgenannten Bestimmungen, wonach die Entscheidung des Schulträgers hinsichtlich der Erweiterung um eine Oberstufe der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde bedarf (§ 58 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 SchulG) und diese Genehmigungserteilung insbesondere voraussetzt, dass „unter Berücksichtigung“ der Schulentwicklungsplanung des Schulträgers und des Kreises für die Erweiterung um eine Oberstufe ein - in § 43 Abs. 5 Satz 2 SchulG näher konkretisiertes - öffentliches Bedürfnis besteht (§ 58 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 SchulG). Schon dieser Wortlaut spricht gegen eine eigenständige, vom Beklagten nur im Rahmen einer Genehmigung zu überprüfenden Entscheidung des Schulträgers über das Vorliegen eines „öffentlichen Bedürfnisses“. Gestützt wird diese Sichtweise von der Regelung in § 125 Abs. 2 Ziff. 2 SchulG, wonach der Schulaufsichtsbehörde die zentrale Planung der Schulstandorte obliegt. Sie ist nicht auf die Überprüfung der Entscheidung des Schulträgers beschränkt, sondern muss in Wahrnehmung der in Art. 7 Abs. 1 GG gewährleisteten staatlichen Schulaufsicht dafür Sorge tragen, dass allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet werden (BVerfG, B. v. 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, BVerfGE 26, 228; VGH Mannheim, U. v. 12.08.2014 - 9 S 1722/13 -, juris, Rn. 61). Eine zentrale Aufgabe der obersten Schulbehörde ist damit die Gewähr eines leistungsfähigen und wirtschaftlichen Schulsystems (vgl. hierzu die Bemerkungen 2018 sowie die Stellungnahme zum Abbau des strukturellen Finanzierungsdefizits bis 2020 des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein, Seite 81 unter Ziff. 11.3). Eine Beschränkung auf eine Rechtskontrolle wäre damit nicht vereinbar, weshalb die maßgebliche Prüfungs- und Beurteilungskompetenz bei der Schulaufsichtsbehörde liegt (VG Schleswig, a. a. O., juris, Rdnr. 52). Diese und nicht der Schulträger prüft, ob ein öffentliches Bedürfnis besteht, wobei sie die Schulentwicklungsplanung des Schulträgers und des Kreises zu berücksichtigen hat. Dass über die Genehmigungserteilung unter „Berücksichtigung“ der Schulentwicklungsplanung des Schulträgers und des Kreises entschieden wird, macht dabei zudem hinreichend deutlich, dass der Schulträger nicht bereits hieraus die Erweiterung um einen Oberstufenbereich beanspruchen kann. Vielmehr hat die Schulaufsichtsbehörde die Aussagen und Feststellungen in der Schulentwicklungsplanung lediglich hinreichend zu würdigen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber der Schulaufsichtsbehörde allerdings bewusst einen hinreichenden Gestaltungs- und Handlungsspielraum belassen. Im Übrigen dient die Entscheidung durch die Schulaufsichtsbehörde auch dem Schutz des Schulträgers. Dieser wird nämlich in aller Regel erhebliche Investitionen tätigen. Umso mehr muss hinreichend geprüft werden, ob die Genehmigungsvoraussetzungen gegeben sind. Eine verlässliche und realistische Einschätzung des Schülerpotentials (§ 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG) sowie der Auswirkungen auf andere Schulen (§ 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 2 SchulG) ist allerdings nur der Schulaufsichtsbehörde möglich, die über die notwendige Kenntnisse der tatsächlichen Grundlagen und Erfahrungen bei der Erweiterung einer Gemeinschaftsschule um einen Oberstufenbereich verfügt.
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Daraus folgt, dass der seitens des Klägers erfolgten Vorgehensweise zur Ermittlung des Schülerpotentials im Sinne von § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG und den insoweit zugrunde gelegten Zahlen für die rechtliche Beurteilung der streitgegenständlichen Verwaltungsrechtssache keine unmittelbare Bedeutung zukommt. Zu prüfen ist vielmehr, ob die von dem Beklagten getroffene Entscheidung nach den von ihm zugrunde gelegten Kriterien einer rechtlichen Überprüfung standhält. Ihm kommt insofern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. Die Prüfung des nach § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG zu beurteilenden Schülerpotentials beruht nämlich nicht lediglich in der Feststellung von Tatsachen und deren konkreten Anwendung. Vielmehr bedarf es, wie der Wortlaut von § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG zeigt („erwarten lässt“), einer vorausschauenden Prognose (vgl. hierzu auch Karpen, in: Kommentar zum Schleswig-Holsteinischen Schulgesetz, § 43 SchulG, Ziff. 5, Seite 4). Das erkennende Gericht überprüft damit grundsätzlich nur, ob die Behörde die Prognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln auf einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet hat (vgl. VG Schleswig, a. a. O., juris, Rdnr. 39; siehe hierzu auch BVerwG, U. v. 07.07.1978 - 4 C 79.76 -, juris, Rdnr. 57; U. v. 06.12.1985 - 4 C 59/82 -, juris, Rdnr. 17). Es ist nicht Aufgabe des erkennenden Gerichts, eine neue, auf einer anderen Methodik beruhende Berechnung anzustellen, nur weil es diese Methodik für aussagekräftiger hält. Ebenso wenig darf das Gericht eine den zuvor dargestellten Anforderungen nicht genügende Prognose dadurch entscheidungsreif machen, indem sie die der Behörde obliegende prognostische Einschätzung selbst trifft. Es bleibt vielmehr auch in diesen Fällen Aufgabe der Behörde, unter Vermeidung der beanstandeten Fehler eine neue Prognose zu erstellen. Das Gericht kann eine rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidung im Grundsatz daher nur aufheben und diese zu einer erneuten Bescheidung verpflichten. Dies ist Ausfluss des rechtsstaatlichen Prinzips der Gewaltenteilung (siehe nur OVG Lüneburg, B. v. 18.12.2015 - 2 ME 193/15 -, juris, Rdnr. 11; VG Karlsruhe, U. v. 20.04.2017 - 3 K 2922/16 -, juris, Rdnr. 46).
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Nach diesen Grundsätzen ist die Ablehnung der beantragten Genehmigung zur Errichtung eines Oberstufenbereichs rechtswidrig.
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Der Beklagte hat bei seiner Entscheidung zunächst Zielgruppen gebildet, die bei der Einschätzung des Schülerpotentials zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu auch Karpen, a. a. O., § 43 SchulG, Ziff. 5, Seite 4). Dabei ist er im Grundsatz davon ausgegangen, dass 1. Schülerinnen und Schüler der Schule selbst zu 33 Prozent, 2. Schülerinnen und Schüler umliegender Schule ohne Oberstufe zu 10 Prozent sowie 3. Schülerinnen und Schüler umliegender Schulen mit Oberstufe zu 5 Prozent der durchschnittlichen Jahrgangsbreite in der Sekundarstufe I in die Oberstufe wechseln würden. Insoweit soll eine ständige Verwaltungspraxis zur Anwendung gelangt sein, die auf einer „langjährigen Erfahrung aus der Entwicklung der Gemeinschaftsschulen“ und den bisherigen „praktischen und statistischen Erkenntnissen“ beruhen soll.
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Die Vorgehensweise des Beklagten ist dabei im Grundsatz rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufen auf seine statistischen Erfahrungswerte erweist sich insbesondere nicht von vornherein als sachfremd oder sogar willkürlich.
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Der angegriffene Bescheid vom 13. März 2017 ist allerdings deshalb rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen subjektiven Rechten, weil das von dem Beklagten praktizierte Verfahren eine hinreichend ermittelte Tatsachengrundlage nicht erkennen lässt. Auf Grundlage der vorgelegten Schriftsätze sowie des Behördenvorgangs ist kein konkreter Anhalt dafür ersichtlich, auf welcher tatsächlichen Datengrundlage die „statistischen Erfahrungswerte“ (33 Prozent, 10 Prozent, 5 Prozent) beziehungsweise die „ständige Verwaltungspraxis“ gebildet worden sind. Der Beklagte führt zwar hierzu aus, dass auf konkretes, tatsachen- und erhebungsgestütztes Datenmaterial zurückgegriffen wurde. Als Grundlage der Prognoseentscheidung sind allerdings konkrete, nachvollziehbare und überprüfbare Anhaltspunkte erforderlich, die es dem erkennenden Gericht, aber auch dem Kläger ermöglichen, die angegriffene Entscheidung nachvollziehen und beurteilen zu können, ob die Behörde die Prognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln auf einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet hat. Erst im Anschluss daran kann nämlich beurteilt werden, ob die Annahme eines fehlenden öffentlichen Bedürfnisses im Sinne von § 43 Abs. 5 Satz 2 SchulG tatsächlich gerechtfertigt ist und die statistischen Erfahrungswerte auch im streitgegenständlichen Fall aussagekräftig genug sind, um im konkreten Fall hieraus belastbares Erfahrungswissen ableiten zu können. Insoweit obliegt die Darlegungs- und Begründungslast dem Beklagten.
- 42
Diesen Anforderungen wird der angegriffene Bescheid vom 13. März 2017 nicht gerecht. Es fehlt bereits an einer dem Sachgebiet angemessenen und methodisch einwandfreien Vorgehensweise des Beklagten.
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Mangels nachvollziehbarer Begründung sowie Auswertung des vorhandenen Datenmaterials ist zunächst nicht ersichtlich, wie der Beklagte zu seiner Annahme gelangt, dass Schüler(innen) der betreffenden Schule selbst zu 33 Prozent der durchschnittlichen Jahrgangsbreite in der Sekundarstufe I in die Oberstufe wechseln werden. Die von dem Beklagten angeführten Gründe vermögen nicht zu überzeugen. Insbesondere stützt die von dem Beklagten angeführte Drittelparität die von ihm angestellte Prognose nicht. Diese belegt nämlich nur, dass 33 Prozent der Schüler(innen) mit Hauptschul-, 33 Prozent mit Realschul- und 33 Prozent mit Gymnasialempfehlung an den (ehemaligen) integrierten Gesamtschulen aufgenommen und die Schüler(innen) anschließend gleichmäßig auf die Klassen verteilt wurden, sodass sich jede Klasse leistungsheterogen zusammensetzte. Das Übergangsverhalten von der Grundschule in die integrierte Gesamtschule stellt jedoch vorliegend deshalb kein verlässliches Erkenntnisvermögen dar, weil der Beklagte im Rahmen seiner Prognoseentscheidung auf durchschnittliche Jahrgangsbreite in der Sekundarstufe I abgestellt hat. Die Drittelparität zielt eindeutig auf die Zusammensetzung der Schulklassen in der 5. Jahrgangsstufe ab und ist damit nicht ansatzweise dazu geeignet, die angeführte Prognosebasis und -erwartung, die sich auf die Schüler(innen) der durchschnittlichen Jahrgangsbreite der Sekundarstufe I bezieht, plausibel zu belegen.
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Die von dem Beklagten insofern angestellte Prognose rechtfertigt sich auch nicht vor dem Hintergrund, dass die Übergangsquote von Schüler(innen) an Gemeinschaftsschulen ohne und mit Oberstufe an die Oberstufe einer Gemeinschaftsschule 30,4 Prozent beträgt. Die insofern als Anlage B 4 zur Gerichtsakte gereichte Berechnung bezieht sich nämlich auf die Anzahl der Übergänge in die Oberstufe im Verhältnis zur Jahrgangsbreite der 10. Jahrgangsstufe. Auf die Schülerstärke in der 10. Jahrgangsstufe hat der Beklagte im Rahmen seiner Entscheidung jedoch - wie dargelegt - gerade nicht abgestellt, sondern auf die durchschnittliche Jahrgangsbreite der Sekundarstufe I. Dabei erweist sich auch als unerheblich, dass die Anzahl der Schüler(innen) der durchschnittlichen Jahrgangsbreite der Sekundarstufe I deutlich höher liegt als die der durchschnittlichen Jahrgangsbreite der 10. Jahrgangsstufe, sodass der Kläger hinsichtlich der von dem Beklagten erfolgte Berechnung sogar profitiert hat. Entscheidend ist nämlich nicht, welche Berechnungsmethode sich für den Kläger als vorteilhaft erweist, sondern ob die von dem Beklagten erfolgte Annahme - bezogen auf die durchschnittliche Jahrgangsbreite der Sekundarstufe I - zutreffend ist und tatsächlich - wie behauptet - durch statistische Erfahrungswerte belegt wird.
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Hieran gemessen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das von dem Beklagten unter Ziff. 1 seiner Entscheidung zugrunde gelegte Prognosekriterium auf Grundlage einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise ermittelt wurde.
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Die angegriffene Entscheidung vom 13. März 2017 erweist sich auch im Hinblick auf die in Ziff. 2 und Ziff. 3 zugrunde gelegten Annahmen als rechtswidrig. Der Beklagte trägt diesbezüglich selbst vor, dass sich diese Prognosekriterien lediglich auf Erfahrungen und Schätzungen der Schulaufsicht gründen, ohne dass diese Behauptung nur (annähernd) durch Vorlage entsprechender Zahlen, die dem Beklagten angesichts der in der Vergangenheit erfolgten Genehmigungen einer nicht unerheblichen Anzahl an Oberstufen vorliegen dürften, belegt wurde. Insofern ist es dem erkennenden Gericht auch nicht möglich, zu überprüfen, ob die prognostischen Erfahrungen tatsächlich den gemachten Erfahrungen der Vergangenheit entsprechen und inwieweit die erfolgten Schätzungen sich noch im Rahmen des ihm eingeräumten Prognosespielraums halten.
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Auch der Umstand, dass nach dem Vortrag des Beklagten die meisten genehmigten Oberstufen in der Vergangenheit in dem nach § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG relevanten Dreijahreszeitraum die erforderliche Schülerzahl erreichten, weshalb sich die bisherigen Prognoseentscheidungen bei der Genehmigung von neuen Oberstufen weit überwiegend als zutreffend erwiesen hätten, lässt die Entscheidung des Beklagten nicht als rechtmäßig erscheinen. Der Sachvortrag des Beklagten beschränkt sich insofern erneut auf eine bloße Behauptung, ohne ansatzweise substantiiert vorzutragen. Zwar mag es zutreffen, dass die nach § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG erforderlichen Schülerzahlen in der überwiegenden Anzahl der Fälle erreicht wurden. Davon zu trennen ist allerdings die Frage, ob sich auch die einzelnen Prognosekriterien letztlich als überwiegend zutreffend erwiesen haben, sodass diese auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruhen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Bemerkungen 2018 sowie die Stellungnahme zum Abbau des strukturellen Finanzierungsdefizits bis 2020 des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein, Seite 84 unter Ziff. 11.5, wonach die Genehmigung weiterer Oberstufen fundierter als bisher erfolgen müsse. Nur wenn konkret und nachvollziehbar eine Anmeldezahl von 50 zu erwarten sei, dürfe eine Genehmigung erfolgen).
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Da damit die an die Prognoseentscheidung des Beklagten zu stellenden Anforderungen bereits im Ansatz nicht erfüllt sind, kann offen bleiben, ob sich der Beklagte hinreichend mit den Prognosen des Klägers im Schulentwicklungsplan und den Erläuterungen dazu aus-einandergesetzt hat. Insoweit sei aber angemerkt, dass der Beklagte im Bescheid vom 13. März 2017 im Grundsatz zu Recht darauf hingewiesen hat, dass nach § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG die Zahl von 50 Schüler(innen) in der Einführungsphase innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des ersten Jahrgangs in die Oberstufe erreicht werden muss. Eine Zunahme der Schülerzahlen in der 5. Jahrgangsstufe aufgrund der gesteigerten Attraktivität einer Gemeinschaftsschule mit Oberstufe würde sich jedoch erst in sechs Jahren auswirken.
2.
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Im Ergebnis erweist sich der Bescheid des Beklagten vom 13. März 2017 damit als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen subjektiven Rechten. Eine abschließende gerichtliche Entscheidung hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Genehmigungserteilung scheidet allerdings aus. Es würde nämlich - wie bereits dargelegt - dem Grundsatz der Gewaltenteilung widersprechen, würde das Gericht durch Vornahmeurteil (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) entscheiden und damit den Prognosespielraum des Beklagten missachten. Im Übrigen ist noch nicht entscheiden, ob eine Gefährdung benachbarter Schulen im Sinne von § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 2 SchulG vorliegt; auch hierbei handelt es sich um eine vom Beklagten zu treffende Prognoseentscheidung (VG Schleswig, a. a. O., juris, Rdnrn. 39 ff.). Der Beklagte war damit - was in dem Verpflichtungsbegehren als „Minus“ mitumfasst ist - zur erneuten Bescheidung zu verpflichten. Hiervon ausgehend wird der Beklagte erneut zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen des § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 SchulG - sowie gegebenenfalls des § 43 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 2 SchulG - gegeben sind. Er wird dabei zu prüfen haben, ob er an den bisherigen Kriterien festhält oder beispielsweise auf einen prozentualen Vergleich der Zahlen der 10. und 11. Jahrgangsstufe an den Gemeinschaftsschulen mit genehmigter Oberstufe abstellt. Jedenfalls wird er dabei auch die Erfahrungen aus den bisherigen Genehmigungen „neuer“ Oberstufen berücksichtigen müssen. Regionalen Besonderheiten ist dabei stets Rechnung zu tragen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO. Der tenorierten Verpflichtung zur Neubescheidung kommt im Vergleich zum weitergehenden Verpflichtungsbegehren eine geringere Bedeutung zu. Der Sache nach besteht allerdings ein überwiegendes Obsiegen des Klägers. Daraus folgt die im Tenor ausgesprochene verhältnismäßige Teilung der Kosten unter den Beteiligten.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Ziff. 11 in Verbindung mit § 711 ZPO.
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Das Gericht hat die Berufung zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO vorliegen, vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, weil bislang keine Entscheidung zur Genehmigung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen in der hier streitgegenständlichen Konstellation vorliegt und nicht ausgeschlossen ist, dass es zu weiteren entsprechenden Verfahren kommt.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.