Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 17. Sept. 2015 - RO 9 K 14.30237

bei uns veröffentlicht am17.09.2015

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage auf die Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigte gerichtet war.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung von Flüchtlings- und von subsidiärem Schutz und zur Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots.

Die Kläger sind nach eigenen Angaben georgische Staatsangehörige mit kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit und stellten am 30. Oktober 2013 ihren Asylantrag.

Der Kläger zu 1 gab bei seiner Befragung durch die Regierung von Mittelfranken am 29. Oktober 2013 unter anderem an, seine beiden Eltern seien am 23. Februar 2004 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Er sei ohne Berufsabschluss und habe mit Gelegenheitsarbeiten monatlich ca. 400 bis 500 US-Dollar verdient. Er sei verheiratet, seine Eheschließung habe am 24. Juli 2011 beim Standesamt in … stattgefunden. Die gesamte Reise nach Deutschland habe sie 1.000 Euro gekostet. Das Geld hätten ihnen entfernte Verwandte von ihm geliehen, diese lebten aber nicht mehr in Georgien.

Bei der am 29. Oktober 2013 erfolgten Befragung der Klägerin zu 2 durch die Regierung von Mittelfranken gab diese unter anderem an, ihr Onkel mütterlicherseits lebe in Deutschland. Er heiße … Geburtsdatum und die Anschrift seien ihr unbekannt, er wohne aber in Nürnberg. Ihr Stiefvater sei 2011 verstorben, zu ihrem leiblichen Vater habe sie nie Kontakt gehabt. Der derzeitige Aufenthaltsort ihrer Mutter sei ihr unbekannt, sie habe keinen Kontakt mehr zu ihr. Sie selbst habe vor etwa einem Jahr beim Standesamt in … geheiratet, das genaue Datum der Eheschließung kenne sie nicht mehr, es könne aber der 22. September 2012 gewesen sein. Sie habe einen Sohn und sei im sechsten Monat schwanger.

Bei seiner Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gab der Kläger zu 1 am 31. Oktober 2013 gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Weiteren: Bundesamt) unter anderem an, seine Eltern seien bereits verstorben und er habe keine Verwandten mehr im Heimatland, sondern nur einen Onkel in …Russland. Er habe elf Klassen der Schule Nr. 81 in … besucht, keinen Beruf erlernt und als Gelegenheitsarbeiter in verschiedenen Bereichen gearbeitet. Der Kläger zu 1 gab ferner an, er sei von der Polizei gezwungen worden, mit ihr zusammenzuarbeiten. Deshalb sei er von anderen verfolgt worden und habe er ausreisen müssen. Sie seien am 14. Oktober 2013 in einem Lkw losgefahren und am 18. Oktober 2013 in Berlin angekommen. Durch welche Länder sie gefahren seien, wisse er nicht. Der Lkw-Fahrer habe für die ganze Familie 1.000 Euro verlangt.

Die Klägerin zu 2 gab bei ihrer Befragung zur Vorbereitung der Anhörung am 31. Oktober 2013 gegenüber dem Bundesamt unter anderem an, sie sei im sechsten Monat schwanger. Wo ihre Eltern leben, wisse sie nicht. Weitere Verwandte habe sie weder im Heimatland noch außerhalb. Sie habe neun Klassen der Schule Nr. 21 in … besucht, keinen Beruf erlernt und auch nicht gearbeitet.

Der Kläger zu 1 gab bei seiner Anhörung gegenüber dem Bundesamt am 18. Dezember 2013 zu seinem Verfolgungsschicksal im Wesentlichen an, es sei allgemein bekannt, dass die Kurden kein eigenes Land hätten und überall mehr oder weniger verfolgt würden. In Georgien sei es nicht anders. Die Kurden würden oft von einfachen Menschen beleidigt und erniedrigt. Damit meine er nicht konkret sich und seine Familie, sondern allgemein die Kurden in Georgien. Außerdem habe die Polizei dringend informelle Mitarbeiter gebraucht und ihm gedroht, ihm irgendwelche Sachen anzuhängen, wenn er nicht bereit sei, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es habe einmal einen Vorfall gegeben, da sei er vor ein paar Jahren auf der Straße von der Polizei angehalten worden und die Polizisten hätten ein kleines Päckchen in der Hand gehabt, das hätten sie ihm in die Tasche stecken wollen. Er habe sie aber daran gehindert. Es seien viele Dinge, die die Polizei jemanden anhängen könne, Drogen zum Beispiel. Konkret habe ihn die Polizei im September 2013 angesprochen und versucht, ihn zu zwingen, als Informant für sie tätig zu sein. Das erste Gespräch habe im Polizeiwagen stattgefunden. Er sei auf der Straße angehalten und aufgefordert worden, sich ins Polizeiauto zu setzen. Er gehe davon aus, dass sie ihn gezielt angesprochen hätten. Sie hätten ihn beruhigt und gemeint, er bekäme keine Probleme. Aber nachdem er die erste und einzige Information geliefert habe, habe er gleich dadurch Probleme bekommen. Er habe einmal erfahren gehabt, dass ein Nachbar Führerscheine fälsche und ein anderer Nachbar gegen Bezahlung einen Führerschein bei ihm gekauft habe. Während der Vater der Antragsteller zunächst erklärte, er habe im September davon erfahren, korrigierte er dies auf Nachfrage dahingehend, dass er von dem Fälscher schon im Sommer gewusst habe, und ihm klar gewesen sein, dass dieser für 500 Dollar Führerscheine verkaufe. Aus Angst, weil er unter Zwang gestanden und von der Polizei verbal bedroht worden sei, habe der Kläger zu 1 diese Information an die Polizei weitergegeben. Der Führerscheinfälscher sei aber ein Nachbar gewesen und muss wohl ein paar Mal den Polizeiwagen vor dem Haus gesehen haben bzw. gesehen haben, wie der Kläger zu 1 mit der Polizei geredet habe. Die Polizei sei nämlich ein paar Mal vor ihrer Wohnung vorgefahren, sie hätten ihn dann gerufen und mitgenommen. Er habe ihnen zwar gesagt, dass er das nicht gut finde, die Polizei habe aber gemeint, dass er nichts zu befürchten habe. Die Verwandtschaft des Führerscheinfälschers habe jedenfalls davon erfahren, deshalb habe die ganze Familie des Klägers zu 1 Schwierigkeiten bekommen und sei von diesen Personen bedroht worden, als der Fälscher auf die Informationen des Klägers zu 1 hin festgenommen worden sei. Die Verwandtschaft des Fälschers habe ihn Anfang Oktober, am 2. oder 3., unweit seiner Wohnung auf der Straße erwischt, ihn hinter das Wohnhaus gebracht und verprügelt. Einer der drei Kerle habe ein Messer dabei gehabt, um ihn zu verletzen. Der Kläger zu 1 habe zwar behauptet, er sei nicht der Informant gewesen. Sie hätten aber gesagt, sie würden sicher wissen, dass er es gewesen sei, es aber nochmal überprüfen. Falls sich eindeutig herausstelle, dass er es gewesen sei, wollten sie nochmal kommen und „ernsthaft mit ihm reden.“ Die Klägerin zu 2 sei konkret nicht bedroht worden. Die Männer hätten aber auch gesagt, sie würden nicht nur ihn, sondern auch seine Familie mit hineinziehen. Er habe die Polizei um Hilfe gebeten, die Polizisten hätten aber gemeint, sie könnten nichts für ihn tun. Am 14. Oktober seien sie bereits ausgereist, bis dahin sei nichts mehr vorgefallen. Inzwischen dürften diese Leute das Ganze aber überprüft und festgestellt haben, dass er hinter dem Verrat stecke. Sie hätten bestimmt auch gemerkt, dass er abgehauen sei. Er schließe nicht aus, dass ihn diese Männer töten würden.

Die Klägerin zu 2 gab bei ihrer Anhörung am 18. Dezember 2013 auf die Frage nach ihrem Verfolgungsschicksal im Wesentlichen an, sie persönlich habe keine Probleme gehabt. Die Familie sei insgesamt betroffen gewesen, ihr Mann habe die meisten Probleme gehabt. So viel sie wisse, sei er im Oktober mal verprügelt nach Hause gekommen. Genau wisse sie nicht, mit wem oder weshalb er Probleme gehabt habe. Das habe wohl irgendetwas mit der Polizei zu tun gehabt. Die Georgier hätten gemeint, sie sollten verschwinden.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 11. Februar 2014 den Antrag der Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) jeweils ab. Ferner erkannte es den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Die Bescheidsadressaten wurden ferner aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen; für den Fall, dass die Ausreisefrist nicht eingehalten werde, wurde die Abschiebung in die Republik Kosovo oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Nr. 5). Wegen der näheren Bescheidsbegründung wird auf dessen weiteren Inhalt verwiesen.

Hinsichtlich dieses Bescheids ließen die Kläger Klage erheben und zur Begründung im Wesentlichen vortragen, der Kläger zu 1 sei in seiner Heimat Georgien aufgrund seiner nationalen Zugehörigkeit zu Volksgruppe der Kurden mehrfach Gewalttätigkeiten seitens der regionalen Polizeibehörden ausgesetzt gewesen. Der Kläger zu 1 sei zunächst durch körperliche Gewalt gefügig gemacht und anschließend durch die Angehörigen der örtlichen Kriminalpolizei als sogenannter Polizeiinformant bzw. -spitzel angeheuert worden. Aus Furcht vor weiteren Bedrohungen und Gewaltanwendungen habe er seinen Nachbarn ausgeliefert, der Führerscheinfälschungen verkauft haben soll. Einen Tag nach der Verhaftung des Nachbarn hätten sich dessen Verwandte mit dem Kläger zu 1 zu einem Treffen verabredet, bei dem letzterer krankenhausreif zusammengeschlagen worden sei. In der Folgezeit habe er sich an einen der Polizeibeamten gewandt, um polizeilichen Schutz vor weiterer Gewalt durch die Familie des Nachbarn zu ersuchen, er sei jedoch als Spinner und ähnliches ausgelacht und aus dem Polizeirevier herausgeschubst worden. Die Klägerin zu 2 könne bestätigen, dass ihr Ehemann wiederholt verfolgt und die ganze Familie bedrängt worden sei. Auch der psychische Zustand der Klägerin zu 2, die an einer ausgeprägten Angstsymptomatik leide, belege die wiederholten Übergriffe auf ihren Ehemann. Die Verfolgung stelle eine staatliche bzw. dem Staat zurechenbare Handlung dar. Der Kläger sei sowohl von der Polizei verhaftet und längere Zeit festgehalten als auch bedrängt worden. Er sei wiederholt von der Polizei festgehalten und gequält worden. Bei einer Verhaftung sei er geschlagen und getreten worden, zeitweise habe er keine Luft mehr bekommen und er habe Angst um sein Leben gehabt. Die polizeilichen Maßnahmen seien als solche diskriminierend und unverhältnismäßig. Auch psychische Gewalt sei zu bejahen, da die Klägerin zu 2 unter posttraumatischen Belastungssymptomatiken leide. Wie allgemein bekannt werde in Georgien die Minderheit der Kurden zunehmend diskriminiert. Ausschließlich die Zugehörigkeit zur kurdischen Minderheit habe dazu geführt, dass der Kläger zu 1 verfolgt worden sei. Bei einer Rückkehr befürchte er, dass er aufgegriffen und verhaftet sowie wiederholt festgenommen werden würde. Eine Rückkehr in die Heimat sei dem Kläger zu 1 nicht zumutbar, insbesondere weil er dort nicht frei leben könne, ohne von der Polizei erneut verhaftet, eingesperrt und misshandelt zu werden.

Nachdem die Regierung von Mittelfranken mit Schreiben vom 7. April 2014, beim Bundesamt eingegangen am 13. Juni 2014, die am 22. Februar 2014 erfolgte Geburt des Sohnes der Kläger zu 1 und 2 anzeigte, leitete dieses unter dem Aktenzeichen 5770307-430 auch für ihn ein Asylverfahren ein. Auf das an die Kläger zu 1 und 2 gerichtete Schreiben des Bundesamtes vom 23. Juni 2014, mit dem sie um Darlegung der für den nachgeborenen Sohn geltend gemachten Gründe für die Zuerkennung von Flüchtlings- oder von subsidiärem Schutz gebeten wurden, erfolgte keine Antwort.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 28. Juli 2015 auch den Antrag des Sohnes der Kläger zu 1 und 2 auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) jeweils als offensichtlich unbegründet ab. Ferner erkannte es den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Er wurde ferner aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen; für den Fall, dass die Ausreisefrist nicht eingehalten werde, wurde die Abschiebung nach Georgien oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Nr. 5). Wegen der näheren Bescheidsbegründung wird auf dessen weiteren Inhalt verwiesen. Dieser Bescheid wurde laut Zustellungsurkunde am 31. Juli 2015 zugestellt.

Hiergegen ließ der Sohn der Kläger zu 1 und 2 mit am 7. August 2015 bei Gericht eingegangenem Schreiben Klage erheben (RO 9 K 15.31599) und um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, es bestehe keine hohe Gewissheit dahingehend, dass mit der Zurückweisung des Asylbegehrens ein materieller Asylanspruch nicht verletzt werde. Darüber hinaus leide der angefochtene Bescheid wegen wiederholter Verletzung der Vorhaltepflicht an schwerwiegenden Verfahrensfehlern, sodass eine persönliche Anhörung im Eilrechtsschutzverfahren geboten sei. Die im Bescheid angeführten Widersprüche bestünden nicht bzw. seien ohne weiteres überzeugend aufzulösen. Der Abschiebung des Antragstellers stehe ein inländisches Vollstreckungshindernis entgegen, da über die Asylanträge der Eltern noch nicht entschieden sei. Inländische Vollstreckungshindernisse seien als Duldungsgründe im Rahmen von § 34a AsylVfG zu überprüfen, denn die Abschiebung solle nach dieser Bestimmung erst durchgeführt werden, sobald feststehe, dass sie durchgeführt werden könne. Da das Gesetz nicht nach der Art der Hindernisse für eine Abschiebung differenziere, seien neben den zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten auch inländische Vollstreckungshindernisse Prüfungsgegenstand.

Die Kläger beantragen im gegenständlichen Verfahren sinngemäß,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 11. Februar 2014 zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und ein nationales Abschiebungsverbot festzustellen.

Soweit sich die Klage ursprünglich auch auf die Anerkennung als Asylberechtigte erstreckte, wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt unter Verweis auf die Bescheidsgründe,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Vervollständigung der Sachverhaltsdarstellung auf die Inhalte der vorgelegten Asylakten des Bundesamtes und der Gerichtsakten in den Verfahren RO 9 K 14.30237, RN 9 K 15.31598 und RO 9 K 15.31599 Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage wurde hinsichtlich der ursprünglich noch begehrten Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigte in der mündlichen Verhandlung am 17. September 2015 zurückgenommen. Insoweit ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

Die Einstellung des Verfahrens ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).

II.

Soweit die Klage im Übrigen im Hauptantrag aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig, aber unbegründet.

1. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft setzt gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG insbesondere voraus, dass sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe außerhalb des Staates befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Es ist dabei Sache des Schutzsuchenden, die Umstände, aus denen sich eine politische Verfolgung ergeben soll, in schlüssiger Form von sich aus folgerichtig, substantiiert und mit genauen Einzelheiten vorzutragen (vgl. § 15 Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2 AsylVfG sowie BVerwG B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 - juris). Das Gericht muss die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten individuellen Schicksals und von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung gewinnen. Dem persönlichen Vorbringen des Schutzsuchenden kommt dabei besondere Bedeutung zu.

Aus dem für die Kläger erfolgten Vorbringen lässt sich nicht ableiten, dass ihnen in Georgien flüchtlingsschutzrelevante Gefahr droht. Zwar wird für den Kläger zu 1 geltend gemacht, dass er von Seiten der Polizei bzw. von Seiten der Familie seines Nachbarn, den er an die Polizei gemeldet habe, verfolgt werde. Das Vorbringen des Klägers zu 1 wird aber nicht den genannten Anforderungen an eine Glaubhaftmachung gerecht. Den Klägern ist es auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass ihr Vorbringen der Wahrheit entspricht. Das Gericht teilt die Einschätzung des Bundesamts, dass der Vortrag zu unsubstantiiert, vage und nicht plausibel gehalten ist, um für den Fall einer Rückkehr der Kläger nach Georgien tatsächlich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von der geltend gemachten Gefahr ausgehen zu müssen.

So treten im Laufe des Verfahrens verschiedene gravierende Widersprüche und auch eine zwischenzeitliche Steigerung des Vorbringens zu Tage. So berichtete der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung davon, nur zweimal mit der Polizei Kontakt gehabt zu haben; dabei sei ihm verbal gedroht worden. Gegenüber dem Bundesamt berichtete er hingegen von deutlich mehr Kontakten zwischen der Polizei und ihm, teilweise hätten sie ihn bei ihm zu Hause abgeholt und vor den Augen der Nachbarn mitgenommen; von Verhaftungen oder massiven körperlichen Misshandlungen durch die Polizisten berichtete er gegenüber dem Bundesamt aber ebenfalls nicht. Demgegenüber werden erstmals und nur in der schriftlichen Klagebegründung mehrere Gewalttätigkeiten der örtlichen Polizeibehörden gegenüber dem Kläger zu 1 und wiederholte Übergriffen behauptet. Die Klägerin zu 2 wiederum berichtete in ihrer Aussage gegenüber dem Bundesamt nur von einem Übergriff auf den Kläger zu 1, bei dem er verletzt worden sei. Auch hinsichtlich der Geschehnisse ab seiner Aussage gegenüber der Polizei bzw. nach der Verhaftung des Nachbarn gehen die Darstellungen im Laufe des Verfahrens maßgeblich auseinander: In der mündlichen Verhandlung trägt der Kläger zu 1 beispielsweise vor, er habe seine Aussage gegenüber der Polizei etwa Mitte September gemacht, etwa drei bis vier Tage später sei der Nachbar verhaftet worden und am zweiten Tag danach sei er vom Bruder des Nachbarn und dessen Freunden auf dem Hof hinter ihrem Haus aufgesucht und im angrenzenden Garten geschlagen worden; noch am selben Tag habe er sich mit seiner Familie zu einem Onkel begeben, wo sie sich etwas über drei Wochen versteckt gehalten hätten, bis sie am 14. Oktober in einem LKW die vom Onkel vermittelte Ausreise unternommen hätten. Abweichend davon trug er gegenüber dem Bundesamt vor, er sei erst Anfang Oktober, etwa am 2. oder 3. Oktober, von dem Bruder seines Nachbarn und weiteren Personen unweit der Wohnung auf der Straße erwischt, hinter das Wohnhaus gebracht und dort verprügelt worden; er habe dann jemanden kennengelernt, der ihm Informationen geliefert habe, wie man ausreise. Wiederum abweichend wird in der Klagebegründung behauptet, der Kläger zu 1 habe sich einen Tag nach der Verhaftung des Nachbarn mit dessen Verwandten zu einem Treffen verabredet, hierbei sei er krankenhausreif zusammengeschlagen worden. Des Weiteren ist noch auf die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid (Seiten 3 f) aufgezeigte fehlende Nachvollziehbarkeit einzelner weiterer Punkte des Vorbringens des Klägers zu 1 und dessen fehlende Glaubhaftigkeit hinzuweisen; das Gericht macht sich die entsprechenden Ausführungen im Bundesamtsbescheid zu eigen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Ungeachtet der weiteren Unstimmigkeit in Bezug auf die Angaben zu in Georgien lebenden Verwandte des Klägers zu 1 (in der mündlichen Verhandlung berichtete er von einem in Georgien lebenden Onkel mütterlicherseits, gegenüber der Regierung von Mittelfranken gab der Kläger zu 1 hingegen an, dass keine weiteren Verwandten im Heimatland leben würden) ist das Vorbringen der Kläger in sich insgesamt nicht stimmig und plausibel; es enthält so viele Ungereimtheiten, dass ihnen ihr Vorbringen zum Verfolgungsschicksal insgesamt nicht geglaubt werden kann. Es ist damit auch der weiteren Prüfung nicht mehr zu Grunde zu legen, etwa als gefahrerhöhender Umstand.

Die Kläger befinden sich daher nach der Überzeugung des Gerichts nicht aus begründeter Furcht vor derartiger Verfolgung außerhalb Georgiens, insbesondere sind sie nicht vorverfolgt ausgereist. Ihnen droht auch im Fall einer Ausreise nach Georgien dort keine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung. Ein individuelles Verfolgungsschicksal haben sie weder beim Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren substantiiert und glaubhaft geltend gemacht.

2. Die Voraussetzungen für subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG (Todesstrafe), § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG (Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) oder § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie – QRL) sind bezüglich Georgien, wohin den Klägern die Abschiebung angedroht wurde, vor oben dargestelltem Hintergrund des nicht glaubhaften Vorbringens ebenfalls nicht gegeben.

Anhaltspunkte für eine Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG) bzw. für Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) der Kläger in ihrem Heimatstaat sind hier weder glaubwürdig geltend gemacht noch sonst erkennbar. Die Kläger können sich aber auch nicht auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG berufen. Danach gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die allgemeine Gefahr, die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgeht, kann sich zwar individuell so verdichten, dass sie eine ernsthafte individuelle Bedrohung darstellt. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine außergewöhnliche Situation, die durch einen so hohen Gefährdungsgrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein auf Grund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer solchen Bedrohung ausgesetzt ist (vgl. BVerwG U.v. 14.7.2009 – 10 C 9/08 – juris). In Georgien liegt gegenwärtig weder ein solcher internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor noch eine derartige Gefährdungssituation.

3. Schließlich sind auch die Voraussetzungen für die weiter begehrte Zuerkennung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG (menschenrechtswidrige Behandlung) bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt.

Nach Sachlage ist vorliegend nur auf die letztgenannte Anspruchsnorm einzugehen, nach der von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden soll, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Not- und Gefahrenlage im Herkunftsstaat, der die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, ist aber nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG grundsätzlich bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, das heißt im Wege einer generellen politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörden und nicht durch Einzelfallentscheidungen des Bundesamts. Fehlt es – wie hier – an einem solchen Abschiebestopp-Erlass oder einem sonstigen vergleichbar wirksamen Abschiebungshindernis, ist die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei verfassungskonformer Auslegung ausnahmsweise dann, aber nur dann unbeachtlich, wenn dem Ausländer auf Grund der allgemeinen Verhältnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit extreme Gefahren drohen. Diese Voraussetzungen hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung mit der Formulierung umschrieben, eine Abschiebung müsse ungeachtet der Erlasslage dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. z.B. BVerwG B.v. 14.11.2007 – 10 B 47/07 – juris m.w.N.). Eine extreme Gefahrenlage in diesem Sinn wäre indes auch dann anzunehmen, wenn dem Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage in seiner Heimat landesweit der alsbaldige sichere Hungertod drohen würde.

Von einer derartigen extremen Gefahrenlage ist im Fall der Kläger jedoch nicht auszugehen. Weder ist eine Verdichtung allgemeiner Gefahren zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung geltend gemacht noch ist das Bestehen derartiger Gefahren sonst ersichtlich. Es gibt insbesondere keine Hinweise, dass das Existenzminimum im Fall einer Ausreise in den Heimatstaat nicht gesichert oder die allgemeine Versorgung nicht gewährleistet wäre.

4. Gegen diese Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken. Die Abschiebung nach Georgien oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat durfte den Klägern auf Grundlage von § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, § 59 AufenthG mit der gesetzten Ausreisefrist angedroht werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m.

§ 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.