Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 14. Jan. 2015 - RN 3 K 14.1045

bei uns veröffentlicht am14.01.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Fraktion der Freien Wähler (FW) im Stadtrat der Stadt ... möchte erreichen, dass sechs ständige Ausschüsse des Stadtrats (Bauausschuss, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, Personalausschuss, Grundstücksausschuss, Verkehrsausschuss, Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, Sozialausschuss) und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit jeweils 13 (ohne den Oberbürgermeister als Vorsitzendem) statt wie bisher mit zwölf Mitgliedern besetzt werden, weil damit dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit besser entsprochen würde.

Der Wahlausschuss der Beklagten stellte in seiner Sitzung am 27. März 2014 folgendes Ergebnis der Wahl des Stadtrats am 16. März 2014 fest:

WV-Nr.

Wahlvorschlag

Stimmen

Prozent

Sitze im Stadtrat

01

Christlich-Soziale Union (CSU)

164.821

47,99%

19

02

Sozialdemokratische Partei (SPD)

51.489

14,99%

6

03

Freie Wähler (FW)

46.940

13,67%

5

04

Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

25.189

7,34%

3

05

Wählerliste (WAN)

21.392

6,23%

3

06

Junge Liste (JL)

20.113

5,86%

2

07

Die Republikaner (REP)

4.392

1,28%

1

08

Freie Demokratische Partei (FDP)

9.053

2,63%

1

In der konstituierenden Sitzung des Stadtrats am 5. Mai 2014 lehnte dieser einen Antrag der FW, die Mitgliederzahl in den weiteren Ausschüssen auf 13 (ohne Oberbürgermeister) zu erhöhen, ab (TOP 6). Außerdem stimmte er einer Vergrößerung des Aufsichtsrats der Stadtwerke ... GmbH auf 13 Sitze (TOP 8) nicht zu. Ferner wurde die Geschäftsordnung für den Stadtrat beschlossen, die rückwirkend zum 1. Mai 2014 in Kraft trat. Sie trifft u. a. folgende Regelungen:

㤠6

Bildung, Auflösung

(1) In den Ausschüssen nach § 2 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts sind die den Stadtrat bildenden Parteien und Wählergruppen unter Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften gemäß ihren Vorschlägen nach dem Verhältnis ihrer Stärke vertreten (Art. 33 Abs. 1 GO). Die Sitze werden nach dem Verfahren gem. Hare/Niemeyer verteilt; haben Parteien und Wählergruppen wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet die größere Zahl der bei der Stadtratswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Wird durch den Austritt oder Übertritt von Stadtratsmitgliedern oder der Bildung einer Ausschussgemeinschaft das ursprüngliche Stärkeverhältnis der im Stadtrat vertretenen Parteien und Wählergruppen verändert, so sind diese Änderungen nach Satz 2 Halbsatz 1 auszugleichen; haben danach Parteien und Wählergruppen, bei denen Veränderungen eingetreten sind, wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet des Los. Gleiches gilt für die Vertreter in den Verbandsgremien und Aufsichtsräten.“

Die Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts vom 10. Juli 2014, rückwirkend in Kraft gesetzt zum 1. Mai 2014, bestimmt hinsichtlich der Ausschussgrößen folgendes:

㤠2

Ausschüsse

(1) Der Stadtrat bestellt zur Mitwirkung bei der Erledigung seiner Aufgaben folgende ständige Ausschüsse:

a) den Verwaltungsausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 16 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

b) den Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

c) den Personalausschuss bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

d) den Grundstücksausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

e) den Verkehrsausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

f) den Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

g) den Sozialausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern.“

Die Gesellschafterversammlung der Stadtwerke ... GmbH beschloss am 8. Juli 2014 eine Vergrößerung des Aufsichtsrats von elf auf zwölf Sitze (ohne Oberbürgermeister). Diese Satzungsänderung wurde am 16. Juli 2014 in das Handelsregister eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg am 23. Juni 2014, erhob die Fraktion der FW Klage und begründete sie im Wesentlichen damit, dass ein 13. Sitz nach dem Verfahren Hare-Niemeyer der Fraktion der FW zufallen würde. Diese Aufstockung auf 13 Sitze verhindere eine grobe Verzerrung der Sitzverteilung gemäß dem Ergebnis der Stadtratswahl vom 16. März 2014. Der Gemeinderat habe dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse grundsätzlich jeder Ausschuss des Bundestags ein verkleinertes Abbild des Plenums sein, um in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerzuspiegeln. Aus dem Prinzip der repräsentativen Demokratie folge, dass für Gemeinderäte und deren Ausschüsse das Gleiche gelte. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit habe bei den beschließenden Ausschüssen erhöhte Bedeutung, weil sie in ihrem Aufgabenbereich die Repräsentationstätigkeit der Gesamtheit der vom Volk gewählten Ratsmitglieder nicht nur vorweg nähmen, sondern insgesamt ersetzten. Nur aus gewichtigen und nachvollziehbaren Gründen könne vom Spiegelbildprinzip abgewichen werden. Die Fraktionen der FW, der Grünen, der WAN sowie die zwei Stadträte der JL erhielten bei zwölf Mitgliedern jeweils einen Sitz, obwohl die Zahl der Stadtratsmitglieder bei der FW bei fünf, bei den Grünen und der WAN jedoch nur bei drei und bei der JL sogar nur bei zwei liege.

Es könne mathematisch ermittelt werden, wie gut die Gleichheit der Wahl bei der Sitzverteilung in einem Ausschuss gewährleistet sei. Nach Prof. P. sei der Erfolgswert einer Wählerstimme nicht nur ein qualitativer Begriff, sondern lasse sich zu einer quantitativen Größe als Quotient von Mandatsanteil und Stimmenanteil einer Partei präzisieren. Bei einer Ausschussgröße von zwölf Sitzen ohne Oberbürgermeister ergebe sich nach dem Verfahren Hare-Niemeyer, dass die CSU, SPD, Grüne, JL und WAN einen größeren Anteil erhielten als ihnen eigentlich nach dem Wahlergebnis zustehe. Einzig die FW hätten bei dieser Ausschussgröße einen deutlich geringeren Anteil an Ausschusssitzen. Den größten Erfolg habe gegenwärtig eine Stimme für die JL. Für die Wähler der CSU, SPD, Grünen, WAN und JL sei der Erfolgswert höher als eins. Nur bei der FW und natürlich bei den in den Ausschüssen nicht vertretenen REP und FDP sei er deutlich niedriger. Für jede in Frage kommende Ausschussgröße ohne Oberbürgermeister könne ein globales Ungleichheitsmaß berechnet werden. Die Ausschussgrößen von 13 und 14 Sitzen würden den Verfassungsvorgaben am besten entsprechen. Sie seien mit großem Abstand am besten geeignet, das Prinzip der Spiegelbildlichkeit zu realisieren. Die Ausschussgröße von zwölf Mitgliedern führe zu Verzerrungen, die nicht mehr tolerabel seien. Effizienzüberlegungen aufgrund des Organisationsermessens sprächen nicht für die Festlegung auf zwölf Ausschussmitglieder. Es sei nicht notwendig, eine gerade Anzahl von Mitgliedern zu vermeiden, da bei Stimmengleichheit der Antrag abgelehnt sei. Mit den zwei Mandaten der „CSU-Tarnliste“ der JL und den drei Stadträten der WAN, die teilweise CSU-Mitglieder seien, und sich erfahrungsgemäß bei ihren Entscheidungen an der CSU orientierten, sei eine Mehrheit des CSU-Oberbürgermeisters ohnehin gut abgesichert.

Im Bereich der relevanten Ausschussgrößen von elf bis 16 Sitzen würden die Zahlen für das globale Ungleichheitsmaß der Erfolgswerte aller Wählerstimmen deutlicher für die Sitzzahlen von 13 und 14 als für die Sitzzahlen von elf, zwölf, 15 und 16 sprechen. Die Erläuterungen der Klägerin mit Hilfe der in der wissenschaftlichen Literatur dafür angegebenen mathematisch-objektiven Messzahlen würden in der Klageerwiderung mit keinem Wort angesprochen. Dies diene der Verschleierung oder sei ein Zeichen dafür, dass diese mathematische Modellierung offensichtlich nicht genügend rezipiert worden sei. Verkannt werde auch die Bedeutung der Zahl der Wählerstimmen für die Gruppierungen. Es sei verkürzend, nur die Sitzzahlen im Plenum heranzuziehen. Entscheidend für die Bewertung seien nicht diese, sondern die von den Gruppierungen erzielten Wählerstimmen. Der Fraktion der FW stünden nach dem Wählerwillen 5,47 Stadtratssitze zu. Bei der Ausschussbildung aber werde aber mit fünf Sitzen gerechnet. Die Gewährleistung des Spiegelbildlichkeitsprinzips könne also nicht allein aufgrund der Sitzzahlen im Plenum erfolgen. Es sei zwar richtig, dass bei der Zusammensetzung der Ausschüsse der Oberbürgermeister keine direkte Rolle spiele. Der angeblich nicht zur Fraktion der CSU gehörende Oberbürgermeister nehme freilich regelmäßig an deren Fraktionssitzungen teil, nicht aber an denen aller anderen Fraktionen. Faktisch sei er also ein Fraktionsmitglied der CSU. Außerdem habe er als Oberbürgermeister mit seinem Amt aktiv Wahlkampf für die CSU gemacht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dass der Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, der Personalausschuss, der Grundstücksausschuss, der Verkehrsausschuss, der Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, sowie der Sozialausschuss und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit 13 Mitgliedern ohne den Oberbürgermeister besetzt werden. Die Beschlüsse zu TOP 6 und 8 der Sitzung des Stadtrats vom 5. Mai 2014 werden insoweit aufgehoben.

Hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, über die Zahl der Mitglieder des Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschusses, des Personalausschusses, des Grundstücksausschusses, des Verkehrsausschusses, des Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschusses, sowie des Sozialausschusses und des Aufsichtsrats der Stadtwerke unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Ansicht verzerren die vom Stadtrat beschlossenen Größen der Ausschüsse bzw. des Aufsichtsrats der Stadtwerke mit jeweils zwölf Sitzen nicht in grober Weise die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat. Aus dem Spiegelbildlichkeitsprinzip habe die Klägerin daher keinen Anspruch auf deren Erweiterung auf 13 Mitglieder. Die Bildung von Ausschüssen, deren Größe sowie das bei der Besetzung anzuwendende Verfahren seien Ausfluss der Organisationskompetenz des Gemeinderats. Die Autonomie bei der Bestimmung der Mitgliederzahl der Ausschüsse sowie bei der Wahl des Besetzungsverfahrens sei durch Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen sei. Jeder Ausschuss müsse in seiner Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild des Gemeinderats darstellen. Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO verlange aber nicht die Festlegung einer das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierenden Ausschussgröße, sondern verbiete lediglich grobe Verzerrungen der im Plenum bestehenden Stärkeverhältnisse. Eine solche Verzerrung liege bei zwölf Mitgliedern ohne Oberbürgermeister nicht vor. Zwar hätten die Fraktionen der Grünen bzw. der WAN mit jeweils drei Stadtratsmitgliedern jeweils einen Sitz in den Ausschüssen. Die Ausschussgröße sei so zu bemessen, dass ansehnlich große Fraktionen und Gruppen von einer Vertretung im Ausschuss nicht ausgeschlossen würden. Die CSU-Fraktion mit 19 Stadtratsmitgliedern erreiche weder in den streitgegenständlichen Ausschüssen noch im Aufsichtsrat eine absolute Mehrheit. Sie sei in diesen nach dem Verfahren Hare-Niemeyer mit 50% vertreten und damit mit 2,5% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat „überrepräsentiert“. Die Klägerin sei in den 12er-Ausschüssen mit einem Sitz mit 4,2% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat unterrepräsentiert. Bei der Erhöhung der Ausschusssitze auf 13 würde die CSU-Fraktion um 1,3% unterrepräsentiert, während die Klägerin um 2,9% überrepräsentiert wäre. In dem Verfahren Az. RN 3 K 05.1239 des Verwaltungsgerichts Regensburg sei die dortige Klägerin mit ihrem Ausschusssitz in den Ausschüssen mit 7,9% unterrepräsentiert gewesen. Trotzdem habe das Gericht keinen willkürlichen Verstoß gegen das Spiegelbildlichkeitsgebot erkannt.

Bei der Berechnung sei der Oberbürgermeister nicht einzubeziehen. Er gehöre der CSU-Fraktion nicht an. Dass aufgrund des Wahlergebnisses bei gleichgerichteter Abstimmung der CSU-Fraktion und des Oberbürgermeisters eine absolute Mehrheit entstehen könne, sei nicht zu beanstanden. Ausgangspunkt für die Rechtsprechung zur Ausschussgröße sei die Effektivität der Ausschussarbeit und damit die Entlastung des Plenums. Dass 13 Ausschusssitze für die Klägerin optimaler wären und das Spiegelbildlichkeitsgebot besser abbilden würden, möge sein. Dies führe allerdings nicht dazu, dass eine Ausschussgröße von zwölf unzulässig sei. Es bestehe kein Anspruch auf eine das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierende Ausschussgröße. Der „Erfolgswert“ einer Wählerstimme könne nach verschiedenen mathematischen Verfahren bestimmt werden, woraus sich Rechtsunsicherheit und Streitigkeiten ergeben könnten. Es würde sich immer eine Partei oder Wählergruppe bei der Anwendung der einen oder der anderen mathematischen Berechnungsmethode benachteiligt fühlen. Es wäre Sache der Gerichte bzw. des Gesetzgebers, das entsprechende mathematische Verfahren für den „Erfolgswert“ einer Wählerstimme zu bestimmen und danach die Ausschussgröße zu berechnen. Möglichweise würden die Ausschüsse so groß, dass eine effektive und sachorientierte Arbeit nicht mehr möglich sei. Eine einseitig den Erfolgswert der Wählerstimme optimierende Festlegung der Ausschussgröße führe zu Rechtsunsicherheiten und zu aufwändigen Berechnungsverfahren. Der Stadtrat werde dadurch in seiner Organisationsautonomie stark eingeschränkt.

Der Stadtrat habe in der Sitzung am 5. Mai 2014 über die Ausschussgrößen diskutiert und auch 13 und 14 Sitze in Erwägung gezogen. Er habe sich aus Effizienzgründen für die Zahl von zwölf Sitzen entschieden. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, 13-er Ausschüsse plus Vorsitzendem zu bilden, da sie dem Mehrheitsprinzip und damit der Vermeidung von Pattsituationen den Vorrang eingeräumt habe. Die Bemessung der Größe, bei welcher ein Ausschuss am effektivsten arbeiten könne, stehe in der Organisationsautonomie und Einschätzung des Stadtrats. Es bleibe ihm überlassen, in der neuen Wahlperiode für eine effektive und klare Abstimmungsmehrheit zu sorgen. Dass dies bei einer Ausschussgröße von zwölf Mitgliedern plus Oberbürgermeister besser erreicht werden könne als bei elf oder 13 Mitgliedern, dürfte unstrittig sein. Die Entscheidungen des Stadtrats zur Ausschussgröße seien damit nicht willkürlich erfolgt. Dem Stadtrat sei die Argumentation der Klägerin bekannt gewesen. Ihre Modellrechnungen aus der wissenschaftlichen mathematischen Literatur seien angesichts der klaren Rechtsprechung nicht Ausschlag gebend. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe sich in keinem Urteil an mathematischen Formeln orientiert. Im Gegenteil habe er bisher immer auf die Organisationsautonomie des Stadtrates verwiesen.

Ein Vergleich mit der Landkreisordnung (LKrO) zeige, dass der Erfolgswert einer Wählerstimme für die Festlegung der Ausschussgröße vom Gesetzgeber nicht konsequent beachtet werde. Der Kreisausschuss des Kreistags des Landkreises ... bestehe aufgrund der gesetzlichen Vorgabe zwingend aus zwölf Mitgliedern bei 60 Kreistagsmitgliedern. Der Gesetzgeber sei beim Kreisausschuss der Ansicht, dass die Festlegung der Ausschussgröße unabhängig vom Wahlausgang weder gegen das Spiegelbildlichkeitsprinzip noch gegen das Übermaß- bzw. Willkürverbot verstoße. Der Erfolgswert einer Wählerstimme spiele für die Größe des Kreisausschusses keine Rolle, wobei zwischen Kreistags- und Gemeinderatswahlen keine relevanten Unterschiede bestünden. Auch bei der Besetzung des Kreisausschusses könne es zu erheblichen Benachteiligungen einzelner politischer Parteien und Wählergruppen kommen. Dies nehme der Gesetzgeber hin. Ähnliches gelte für den Rechnungsprüfungsausschuss, dessen Größe der Gesetzgeber mit mindestens drei und höchstens sieben Sitzen unabhängig von der Größe des Gemeinderats festgelegt habe.

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH sei ein sog. fakultativer Aufsichtsrat. Die Stadt könne seine Größe und Zusammensetzung im Gesellschaftsvertrag regeln. Die Beklagte habe den Aufsichtsrat mit Beschluss vom 5. Mai 2014 um einen Sitz von elf auf zwölf erweitert. Bereits in der vorangegangenen Wahlperiode habe der Stadtrat den Aufsichtsrat an die Größenverhältnisse der überwiegenden Anzahl der beschließenden Stadtratsausschüsse angepasst. Dies sei aufgrund der Bedeutung der Stadtwerke als größter städtischer GmbH geschehen. Die Regelungen des Spiegelbildlichkeitsprinzips seien bei einem fakultativen Aufsichtsrat auf eine kommunale GmbH anzuwenden, wenn sie im Gesellschaftsvertrag und der Geschäftsordnung für den Stadtrat für anwendbar erklärt würden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig.

Klagebegehren ist die Verurteilung der Beklagten dahingehend, dass sechs ständige Ausschüsse des Stadtrats (Bauausschuss, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, Personalausschuss, Grundstücksausschuss, Verkehrsausschuss, Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, Sozialausschuss) und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit jeweils 13 Mitgliedern (neben dem Oberbürgermeister als Vorsitzendem) besetzt werden. Bei dieser Ausschussgröße würde die Klägerin in den genannten Gremien zwei Sitze, also einen mehr als bisher, erhalten. Hilfsweise erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, über die Zahl der Mitglieder dieser Gremien unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Besetzung der Ausschüsse eines Gemeinderats ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet, da es bei einem solchen Streit zwischen einer Stadtratsfraktion und der Stadt um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen der Stadt geht.

Der Verwaltungsrechtsweg ist auch hinsichtlich der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke GmbH eröffnet. Grundsätzlich sind gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, wie die ordnungsgemäße Besetzung des Aufsichtsrates einer GmbH, im Zivilrechtsweg gemäß § 13 GVG zu entscheiden. Die Beklagte bleibt jedoch für das Handeln ihrer Eigengesellschaft voll verantwortlich. Gemäß Art. 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 93 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO) hat sie diese Verantwortlichkeit durch Einflussnahme im Aufsichtsrat sicherzustellen. Wie sich § 6 Abs. 1 Satz 4 der (öffentlich-rechtlichen) Geschäftsordnung für den Stadtrat entnehmen lässt, sollen die öffentlich-rechtlichen Regelungen über die Verteilung der Ausschusssitze auch auf Aufsichtsräte Anwendung finden. Über die Entsendung der Aufsichtsratsmitglieder entscheidet der Stadtrat durch Beschluss gemäß Art. 51 Abs. 1 GO. Die streitentscheidenden Regelungen über die Besetzung des Aufsichtsrats wurzeln also in der Kommunalverfassung und werden durch die Beschlusspraxis des Stadtrates der Beklagten ausgeformt. Auch insoweit handelt es sich im Verhältnis der Stadt zu den Fraktionen um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen.

Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung, soweit es um die Aufhebung der Beschlüsse des Stadtrats der Beklagten vom 5. Mai 2014 über die Mitgliederzahl in den weiteren Ausschüssen (TOP 6) und im Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH (TOP 8) geht. Eine Anfechtungsklage scheidet aus, da die Besetzung von Ausschüssen und eines Aufsichtsrats nicht durch einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) erfolgt (vgl. BayVGH vom 31.7.1976 Az. 2 IV 72, BayVBl. 1976, 753/754).

Die Klägerin ist zur Klage befugt, § 42 Abs. 2 VwGO analog. Sie kann die mögliche Verletzung ihres Rechts auf angemessene Vertretung in den oben genannten Gremien entsprechend dem Gebot der Spiegelbildlichkeit geltend machen. Ihr steht möglicherweise ein Recht aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO zu, die Zahl der Ausschussmitglieder und entsprechend auch die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats zu verändern. Sie hat grundsätzlich einen gerichtlich einklagbaren Anspruch darauf, dass ihr in diesen Gremien als verkleinerte Abbilder des Stadtrats so viele Sitze zugeteilt werden, als es dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen untereinander entspricht (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117, vom 2.8.1962 Az. 105 IV 61, VGH n. F. 15, 82/88).

2. Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet, da die Besetzung der oben genannten sechs ständigen Ausschüsse der Beklagten und der dieser Besetzung zugrundeliegende Stadtratsbeschluss vom 5. Mai 2014 (TOP 6) rechtmäßig sind. Gleiches gilt für die Mitgliederzahl im Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH (TOP 8). Die Mitgliederzahl in diesen Gremien widerspricht nicht dem Prinzip der Spiegelbildlichkeit, das in Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO einfachgesetzlich verankert ist. Eine rechtlich unzulässige Überrepräsentation einer Fraktion in diesen Gremien besteht bei einer Gremiumsgröße von zwölf Mitgliedern (ohne den Oberbürgermeister) nicht, so dass der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gewahrt ist. Diese Sitzzahl hält sich im Rahmen des dem Stadtrat der Beklagten zustehenden Organisationsermessens. Ein Anspruch auf eine das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierende Ausschussgröße besteht nicht. Die Klage hat deshalb auch in ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg.

a. Gemäß Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO hat der Gemeinderat bei der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Haben dabei mehrere Parteien und Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, so ist statt eines Losentscheids auch der Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese abgegebenen Stimmen zulässig, Art. 33 Abs. 1 Satz 3 GO. Den gesetzlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO genügt § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung für den Stadtrat i. V. m. § 2 Abs. 1 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts.

Das Spiegelbildlichkeitsgebot folgt aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit. Auch wenn der Gemeinderat kein Parlament, sondern ein Verwaltungsorgan einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, repräsentiert er die Bürger der Stadt. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Stadtratsplenum, sondern auch in den Ausschüssen (vgl. hierzu BVerwG vom 10.3.2003 Az. 8 C 18/03 m.w.N). Die Ausschüsse einer kommunalen Gebietskörperschaft müssen grundsätzlich als verkleinerte Abbilder des Plenums dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln (vgl. BVerwG vom 27.3.1992 Az. 7 C 20.91). Ein Ausschuss muss soweit als möglich ein verkleinertes Abbild des Plenums sein (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117 und 4 BV 03.1159).

Die Fraktionen haben bei der Ausschussbesetzung Anspruch auf Berücksichtigung nach Maßgabe ihrer jeweiligen Mitgliederzahl im Plenum (vgl. BVerwG vom 7.12.1992 Az. 7 B 49.92). Hat eine Fraktion einen Anspruch auf mehrere Sitze in einem Ausschuss, kann sie diese auch beanspruchen. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit der Zusammensetzung von Ausschüssen gewinnt bei den beschließenden Ausschüssen erhöhte Bedeutung, weil sie in ihrem Aufgabenbereich die Repräsentationstätigkeit der Gesamtheit der vom Volk gewählten Ratsmitglieder nicht nur im Weg von Beschlussvorschlägen vorwegnehmen, sondern durch die verbindliche Entscheidung der ihnen zur Erledigung zugewiesenen Aufgaben ersetzen (vgl. BVerwG vom 27.3.1992 a. a. O.).

Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse ist das Zahlenverhältnis der auf die verschiedenen Wahlvorschläge hin gewählten Stadtratsmitglieder, also die Zahl der Sitze der Parteien und Wählergruppen im Plenum, nicht die von ihnen bei der Stadtratswahl erreichte Stimmenzahl (vgl. BayVGH vom 1.3.2000 Az. 4 B 99.1172). Die in einem Ausschuss zu vergebenden Sitze sind nach dem Verhältnis zuzuteilen, in welchem die auf sie entfallenden Stadtratssitze zueinander stehen (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117). Geschäftsordnungen, die dem Spiegelbildlichkeitsprinzip widersprechen, sind insoweit nichtig und für die Verwaltungsgerichte unbeachtlich (vgl. VG Regensburg vom 8.3.2006 Az. RO 3 K 05.02175). Die Autonomie des Stadtrats bei der Bestimmung der Mitgliederzahl von Ausschüssen sowie der Wahl des Besetzungsverfahrens ist insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Stadtrat vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen ist (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 a. a. O.). Bei einer Überaufrundung oder Unteraufrundung zugunsten oder zulasten einer Gruppierung wäre dies nach der Rechtsauffassung des Gerichts nicht mehr der Fall. Solche liegen freilich hier nicht vor.

Die Verteilung der Ausschusssitze nach dem Verfahren Hare-Niemeyer gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung begegnet keinen Bedenken. Der Landesgesetzgeber hat den kommunalen Gremien - anders als z. B. in Art. 35 Abs. 2 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) - insoweit kein bestimmtes Berechnungsverfahren vorgegeben. Sie haben grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren. Dabei entsprechen die gängigen Verfahren - nämlich das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt, das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers und das Restverteilungsverfahren nach Hare-Niemeyer - grundsätzlich dem Gebot der Wahlgleichheit nach Maßgabe des verbesserten Verhältniswahlrechts (vgl. zum Verfahren nach d’Hondt BayVerfGH vom 26.10.2009 Vf. 16-VII-08).

Die den Mitgliedern des Stadtrats eingeräumte Wahlmöglichkeit beruht auf der Erkenntnis, dass allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent sind. Hinzu kommt, dass weder die Ausschussmitglieder noch die Ausschusssitze teilbar sind. In einer derartigen Situation wechselseitig begünstigender und belastender Rundungsfehler stoßen der strikte Normbefehl des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO und damit die richterliche Kontrolle an ihre Grenzen. Daraus ergeben sich aber zugleich die Grenzen der Wahlmöglichkeiten, die das Gesetz den Gemeinderäten eröffnet. Denn jeder Ausschuss muss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und die Mehrheitsverhältnisse im Plenum widerspiegeln. Die Anwendung des Verfahrens nach d’Hondt ist dann nicht mehr mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit vereinbar, wenn es zugunsten einer Gruppe eine sogenannte Überaufrundung bewirkt (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.1159 und 4 BV 03.117). In einem solchen Fall ist auf ein alternatives Berechnungsverfahren zurückzugreifen, das zu keiner Überrepräsentierung führt, aber auch keine Unterrepräsentation einer anderen Gruppe zur Folge hat. Die Berechnungsverfahren sind kein Selbstzweck und führen nicht aus sich heraus zu rechtmäßigen Ergebnissen (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117). Sie bieten nur mathematische Techniken, um mit den in der Praxis regelmäßig auftretenden Bruchzahlen umgehen zu können. Das Resultat ist daher einer rechtlichen Überprüfung im Hinblick auf dem hinter den Berechnungsverfahren stehenden Zweck, nämlich der Spiegelbildlichkeit nahe zu kommen, fähig und bedürftig. Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO verlangt nicht die Festlegung einer das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierenden Ausschussgröße, sondern verbietet lediglich grobe Verzerrungen der Stärkeverhältnisse im Plenum (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.1159).

Die Beklagte hat bestimmt, dass die Sitze nicht nach dem Verfahren d’Hondt, sondern nach dem Verfahren Hare-Niemeyer verteilt werden. Den Fall einer Überaufrundung hat sie nicht geregelt. Falls Parteien und Wählergruppen wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz haben, entscheidet die größere Zahl der bei der Stadtratswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Um eine Überaufrundung festzustellen, muss zunächst eine mathematische Proportionalberechnung durchgeführt werden. Dazu ist die Anzahl der Stadtratsmitglieder der jeweiligen Fraktion mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze zu multiplizieren und durch die Anzahl aller Gemeinderatssitze zu teilen:

Fraktionen

Sitze im Stadtrat

Proportionalberechnung bei 40 Stadtratsmitgliedern und 12, 13 bzw. 14 Ausschussmitgliedern

CSU

19

5,7, 6,175 bzw. 6,65

SPD

6

1,8, 1,95 bzw. 2,1

FW

5

1,5, 1,625 bzw. 1,75

Grüne

3

0,9, 0,975 bzw. 1,05

WAN

3

0,9, 0,975 bzw. 1,05

JL

2

0,6, 0,65 bzw. 0,7

REP

1

0,3, 0,325 bzw. 0,35

FDP

1

0,3, 0,325 bzw. 0,35

Rechnerisch stehen der Klägerin also bei zwölf Sitzen der fraglichen Ausschüsse 1,5 Sitze zu. Bei 13 bzw. 14 Sitzen der Ausschüsse stünden ihr 1,625 bzw. 1,75 Sitze zu.

Die Ausschusssitze verteilen sich nach dem Verfahren Hare-Niemeyer wie folgt:

Fraktionen

Sitze im Stadtrat

Zahl der Sitze der Fraktion im Stadtrat X Ausschusssitze /Gesamtzahl der Stadtratsmitglieder (Bei 12 Sitzen)

Bei 13 Sitzen

Bei 14 Sitzen

CSU

19

5,7 = 5+1

6,175 = 6

6,65 = 6+1

SPD

6

1,8 = 1+1

1,95 = 1+1

2,1 = 2

FW

5

1,5 = 1

1,625 = 1+1

1,75 = 1+1

Grüne

3

0,9 = 1

0,975 = 1

1,05 = 1

WAN

3

0,9 = 1

0,975 = 1

1,05 = 1

JL

2

0,6 = 1

0,65 = 1

0,7 = 1

REP

1

0,3

0,325

0,35

FDP

1

0,3

0,325

0,35

Demnach steht der Klägerin bei zwölf Sitzen ein Ausschusssitz zu. Bei 13 und 14 Ausschusssitzen würde sie jeweils einen weiteren Sitz erhalten, wobei die CSU-Fraktion bei 14 Ausschusssitzen sieben Sitze, also einen Sitz mehr, bekommen würde. Eine unzulässige Überrepräsentation einer Fraktion in den Ausschüssen im Sinne der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 a. a. O.) ergibt sich bei Sitzzahlen der Ausschüsse von zwölf, 13 oder 14 nicht, da keine Fraktion einen ganzen Sitz mehr erhält, als ihr rechnerisch zusteht bzw. zustehen würde. Eine unzulässige Überaufrundung ergibt sich weder bei Zugrundelegung des Berechnungsverfahrens nach Hare-Niemeyer noch aus der Kombination dieses Verfahrens mit der Zahl der bei der Wahl abgegebenen Stimmen (vgl. VG Regensburg vom 17.12.2014 Az. RN 3 K 14.1351), so dass eine Korrektur der Ausschussgröße aufgrund einer Überaufrundung nicht erforderlich ist. Grobe Verzerrungen der Stärkeverhältnisse im Plenum im Sinne dieser Rechtsprechung liegen nicht vor.

Das Gericht teilt die Einschätzung der Klägerin nicht, dass bei der Bestimmung der Ausschussgrößen ein mathematisch möglichst exaktes und optimales Verteilungsverfahren Anwendung finden muss. Soweit dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit dadurch genügt wird, dass eine Über- und Unterrepräsentation einer maßgeblichen Fraktion nicht vorliegt, liegt es im Organisationsermessen des Stadtrats, die Zahl der Mitglieder der Ausschüsse und eines Aufsichtsrats festzulegen.

Bei der Bemessung der Zahl der Mitglieder der Ausschüsse kommt es nicht auf die bei der Stadtratswahl für die jeweilige Partei oder Wählergruppe abgegebenen Stimmen an. Die Sitze im Stadtrat werden gemäß Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GLKrWG nach dem Verfahren Hare-Niemeyer auf die einzelnen Wahlvorschläge verteilt. Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse ist die nach diesem Verfahren errechnete Zahl der Sitze im Plenum und nicht eine fiktive „rechnerisch genaue“ Anzahl von Sitzen, da Ausschüsse soweit wie möglich ein verkleinertes Abbild des Plenums und nicht des Wählerwillens darstellen sollen. Anders als von der Klägerin vertreten, kommt es für die Verteilung der Ausschusssitze damit nicht auf den „Erfolgswert“ einer Wählerstimme und ein damit einhergehendes „Ungleichheitsmaß“ an. Es kommt auch nicht auf angebliche „Tarnlisten“ und/oder „befreundete“ Fraktionen der CSU-Fraktion an.

Der Oberbürgermeister der Beklagten als Vorsitzender der jeweiligen Ausschüsse und des Aufsichtsrats ist bei der Berechnung der Zahl der Ausschusssitze und bei der Zusammensetzung der Ausschüsse nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. b) bis g) der Geschäftsordnung bestehen die Ausschüsse aus dem Vorsitzenden - also dem Oberbürgermeister - und zwölf ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern. Rechtliche Bedenken, dass der Oberbürgermeister bei der Besetzung der Ausschüsse nach dem Spiegelbildlichkeitsprinzip außer Betracht bleibt, bestehen nicht. Dieser führt nämlich gemäß Art. 33 Abs. 2 GO den Vorsitz in den Ausschüssen. Angesichts des klaren Wortlauts der Geschäftsordnung ist der Vorsitzende nicht zu den Stadtratsmitgliedern zu zählen, die bei den Ausschusssitzen zu berücksichtigen sind.

Das Gericht verkennt nicht, dass die von der Klägerin begehrte Erhöhung auf 13 oder 14 Ausschusssitze die Mehrheitsverhältnisse im Plenum etwas genauer widerspiegelt als bei zwölf Ausschusssitzen.

Fraktionen

Sitze im Stadtrat

Prozentualer Anteil

Abweichung bei 12 Sitzen

Bei 13 Sitzen

Bei 14 Sitzen

CSU

19

47,5%

+ 2,5%

- 1,35%

+ 2,5%

SPD

6

15%

+ 1,67%

+ 0,39%

- 0,71%

FW

5

12,5%

- 4,17%

+ 2,89%

+ 1,79%

Grüne

3

7,5%

+ 0,83%

+ 0,19%

+ 0,36%

WAN

3

7,5%

+ 0,83%

+ 0,19%

+ 0,36%

JL

2

5%

+ 3,33%

+ 2,69%

+ 2,14%

REP

1

2,5%

- 2,5%

- 2,5%

- 2,5%

FDP

1

2,5%

- 2,5%

- 2,5%

- 2,5%

Bei 13 Ausschusssitzen würde die Klägerin zwei Sitze erhalten, wäre aber mit 2,89% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat „überrepräsentiert“. Dagegen ist sie bei zwölf Ausschusssitzen mit 4,17% unterrepräsentiert. Bei 14 Ausschusssitzen würde die Klägerin ebenfalls zwei Sitze erhalten und wäre mit 1,79% „überrepräsentiert“.

Die durch den Stadtrat der Beklagten kraft seiner Autonomie festgelegten Ausschussgrößen halten sich nach der Überzeugung des Gerichts im Rahmen seines Organisationsermessens. Dabei hat er beachtet, dass es weder zu einer Über- noch einer Unterrepräsentation einer Fraktion in den Ausschüssen kommt. Die CSU-Fraktion erhält mit sechs von zwölf Sitzen auch keine absolute Mehrheit der Ausschusssitze. Der Oberbürgermeister kann nämlich, auch wenn er Mitglied der CSU ist, rechtlich nicht der Mehrheitsfraktion zugerechnet werden. Denn nach Art. 33 Abs. 2 GO steht ihm der Vorsitz in den Ausschüssen kraft Gesetzes zu. Er ist daher bei der Berechnung der Spiegelbildlichkeit nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO nicht zu berücksichtigen.

Ermessensentscheidungen können vom Gericht nur in engen Grenzen überprüft werden, vgl. § 114 Satz 1 VwGO. Im vorliegenden Fall waren durch das Gericht keine Verwaltungsakte zu überprüfen, so dass die Verfahrensvorschriften für solche, wie z. B. Art. 40 BayVwVfG, zumindest keine unmittelbare Anwendung finden. Allerdings dürfen öffentliche Organe - wie der Stadtrat - auch im Rahmen ihres Organisationsermessens nicht willkürlich handeln. Eine Willkür bei der Festlegung der Ausschussgrößen ist nicht festzustellen. Ausweislich der Niederschrift zu TOP 6 der Sitzung vom 5. Mai 2014 wurde die Größe der Ausschüsse diskutiert und es wurden Argumente hinsichtlich der Vor- und Nachteile der verschiedenen Ausschussgrößen ausgetauscht.

Der Stadtrat durfte sich aus Effizienzgründen und zur Vermeidung einer Pattsituation für zwölf Ausschussmitglieder ohne den Oberbürgermeister entscheiden und damit dem Mehrheitsprinzip ein besonderes Gewicht zumessen. Eine solche Pattsituation könnte nämlich bei 13 Ausschussmitgliedern und dem Oberbürgermeister als Vorsitzenden bei Abstimmungen entstehen. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass bei Stimmengleichheit ein Antrag abgelehnt ist. Gleichwohl kann der Stadtrat im Rahmen seines Organisationsermessens solchen Pattsituationen vorbeugen wollen. Um sachfremde Erwägungen handelt es sich dabei nicht. Dass dieser Gesichtspunkt in der Diskussion über die Zahl der Ausschussmitglieder erörtert wurde, lässt sich der Sitzungsniederschrift entnehmen. Auch die Entscheidung des Stadtrats, die Zahl der Ausschussmitglieder im Vergleich zur vorherigen Wahlperiode nur um eines und nicht um zwei zu erhöhen, erscheint nicht willkürlich. Die Überlegung ist nicht sachfremd, dass mit zunehmender Zahl der Ausschussmitglieder Effektivität und Geschwindigkeit der Willensbildung abnehmen.

Das dem Stadtrat zustehende Organisationsermessen ist nicht dahingehend reduziert, dass nur eine möglichst genaue mathematische Aufteilung einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung entspricht. Soweit die Klägerin auf Ausarbeitungen von Professor Dr. P. hinweist, beziehen sich diese nicht auf die Besetzung von Ausschüssen, sondern auf die Berechnung der Zuteilung von Mandaten im Plenum bei Verhältniswahlen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht darum, die Zahl der Wählerstimmen in den jeweiligen Ausschüssen möglichst genau abzubilden, sondern dem Gebot der Spiegelbildlichkeit anhand der Sitze im Stadtratsplenum unter Berücksichtigung sachgerechter Kriterien - wie dem Vermeiden einer Pattsituation - zu entsprechen. Die von der Klägerin geforderte mathematisch genaue Berechnung schreibt weder der Gesetzgeber vor, noch verlangen es die Grundsätze der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit. Wie sich zum Beispiel Art. 27 Abs. 1 Satz 1 der Landkreisordnung entnehmen lässt, der eine bestimmte Zahl von Mitgliedern des Kreisausschusses gesetzlich festlegt, ist der Erfolgswert einer Wählerstimme für die Festlegung der Größe des Kreisausschusses nicht Ausschlag gebend. Bei der Besetzung des Kreisausschusses kann es zu Benachteiligungen einzelner Parteien und Wählergruppen kommen. Dies ist hinzunehmen, soweit es nicht zu einer Überrepräsentierung einer Gruppe führt, als keine Fraktion oder Wählergruppe einen ganzen Sitz mehr erhält, als ihr rechnerisch zusteht. Ähnliches gilt für den Rechnungsprüfungsausschuss der gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 1 GO mindestens drei bis höchstens sieben Mitglieder haben kann. Aufgrund der geringen Größe nimmt der Gesetzgeber sogar in Kauf, dass zahlenmäßig durchaus relevante Gruppen im Rechnungsprüfungsausschuss gar nicht vertreten sind.

Eine mathematisch genaue Aufteilung für die eine Gruppierung führt möglicherweise zu „Ungerechtigkeiten“ für andere Parteien und Wählergruppen. Zudem entstehen Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der mathematisch genauesten und optimalsten Zahl der Ausschusssitze. Am Gerechtesten könnte die Ausschussbesetzung erscheinen, welche auch der kleinsten im Stadtrat vertretenen Gruppierung zumindest noch einen Ausschusssitz einräumt. Dadurch entstünden jedoch oft zu große Ausschüsse, die mit einer effektiven und beschleunigten Arbeit nicht mehr im Einklang stünden.

Für die Bestimmung der Mitgliederzahl des Aufsichtsrats der Stadtwerke GmbH gelten vorstehende Ausführungen entsprechend.

b. Die Klage hat auch in ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg, da das Gericht keine rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Ausschussgrößen und der Größe des Aufsichtsrats der Stadtwerke GmbH, sowie hinsichtlich der ordnungsgemäßen Ausübung des der Beklagten zustehenden Organisationsermessens hat.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer obergerichtlichen Entscheidung abweicht, vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO. Die Begriffe der Spiegelbildlichkeit und der Überaufrundung sind in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt. Es ist nicht erkennbar, dass dem Urteil über den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 13


Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehö

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 14. Jan. 2015 - RN 3 K 14.1045 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 17. Dez. 2014 - RN 3 K 14.1351

bei uns veröffentlicht am 17.12.2014

Tenor I. Der Beklagte wird verurteilt, die Sitze im Kreisausschuss so zu verteilen, dass die Klägerin zwei Sitze und die Beigeladene sechs Sitze erhält. Der Beschluss des Kreistags der Beklagten vom 12. Mai 2014 wird aufgehoben, sowei
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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 13. Mai 2016 - RN 3 K 14. 2156

bei uns veröffentlicht am 13.05.2016

Tenor I. Der Beschluss des Gemeinderates des Marktes ... vom 4. November 2014, mit dem die Ausschussgemeinschaft „...“ aus der Lenkungsgruppe für die Schulsanierung ausgeschlossen wurde, wird aufgehoben. II. Di

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - 4 ZB 16.1815

bei uns veröffentlicht am 20.03.2017

Tenor I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

I.

Der Beklagte wird verurteilt, die Sitze im Kreisausschuss so zu verteilen, dass die Klägerin zwei Sitze und die Beigeladene sechs Sitze erhält. Der Beschluss des Kreistags der Beklagten vom 12. Mai 2014 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Fraktion der Freien Wähler im Kreistag des Landkreises ... (FW) möchte erreichen, dass sie im Kreisausschuss des Kreistags, der (neben dem Landrat) mit zwölf Mitgliedern besetzt ist, zulasten der beigeladenen CSU-Kreistagsfraktion zwei Sitze und damit einen Sitz mehr erhält als bisher und die CSU-Fraktion nur mehr sechs Sitze (anstatt bisher sieben Sitze). Sie ist der Ansicht, dass die Ausschussbesetzung dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit widerspricht.

Der Landkreiswahlausschuss des Beklagten stellte in seiner Sitzung am 28. März 2014 das Ergebnis der Wahl zum Kreistag vom 16. März 2014 und die Sitzverteilung im Kreistag wie folgt fest:

WV-Nr.

Wahlvorschlag

Stimmen

Prozent

Sitze im Kreistag

01

Christlich-Soziale Union (CSU)

1.236.522

46,88%

28

02

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

324.256

12,29%

7

04

Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

203.743

7,72%

5

05

Unabhängige Wähler (UWG)

218.595

8,29%

5

06

Freie Wähler (FW)

342.485

12,98%

8

07

Ökologisch Demokratische Partei/Parteifreie Bürger (ÖDP/Parteifreie Bürger)

312.150

11,83%

7

In der konstituierenden Sitzung des Kreistags am 12. Mai 2014 beschloss er unter TOP 4 die Geschäftsordnung für den Kreistag, Kreisausschuss und die weiteren Ausschüsse rückwirkend zum 1. Mai 2014. Sie trifft für den Kreisausschuss u. a. folgende Regelungen:

㤠33 Bestellung des Kreisausschusses

(1) Dem Kreisausschuss gehören der Landrat und 12 Kreisräte an (Art. 27 LKrO).

(2) Die Mitglieder des Kreisausschusses werden vom Kreistag aufgrund der Vorschläge der Parteien und Wählergruppen nach dem d’Hondtschen Verfahren ermittelt. Ergibt die Ermittlung nach dem d’Hondtschen Verfahren eine Überpräsentation einer Partei oder Wählergruppe zulasten einer anderen und kann eine solche Überpräsentation durch alternative Verfahren vermieden werden, ohne dass dies zu einer Unterpräsentation einer anderen Partei oder Wählergruppe führt, sind die Sitze nach dem Verfahren Saint Lague/Schepers zu verteilen.

Bei gleicher Teilungszahl entscheidet die größere Zahl der bei der Wahl auf die betreffenden Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen.“

Ferner beschloss der Kreistag in dieser Sitzung in TOP 9, dass dem Kreisausschuss sieben Mitglieder der CSU und jeweils ein Mitglied der SPD, der Grünen, der UWG, der FW und der ÖDP angehören.

Mit Schreiben vom 26. Mai 2014 reichten die Fraktionen der FW, der Grünen und der ÖDP eine Aufsichtsbeschwerde bei der Regierung von Niederbayern ein. Diese verneinte mit Schreiben vom 24. Juni 2014 das Vorliegen einer unzulässigen Überaufrundung bei der Besetzung des Kreisausschusses. Es komme bei der Berechnung nach dem d’Hondtschen Höchstzahlverfahren bezüglich des letzten Sitzes zu einer Pattsituation. Eine unzulässige „Überaufrundung“ liege aber nicht vor, wenn sich eine solche erst im Wege der Auflösung einer Pattsituation durch einen Losentscheid oder einen Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl abgegebenen Stimmen ergebe. Bei der Frage, ob eine sog. „Überaufrundung“ vorliege, sei allein auf das Resultat des der Berechnung zugrunde gelegten mathematischen Berechnungsverfahrens abzustellen. Der in Art. 27 Abs. 2 Satz 3 der Landkreisordnung (LKrO) zugelassene Rückgriff auf die Wählerstimmen erfolge nicht im Rahmen des d’Hondtschen Verfahrens, sondern in einem von diesem losgelösten, gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zur Auflösung einer Pattsituation, die im Übrigen auch bei einem anderen Berechnungsverfahren auftreten könne.

Mit Schriftsatz vom 11. August 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg am selben Tag, ließ die Fraktion der FW Klage erheben und sie im Wesentlichen wie folgt begründen:

Der Beschluss des Beklagten, für die CSU-Fraktion im Kreisausschuss sieben Mitglieder zu bestellen, sei rechtswidrig und verletze die organschaftlichen Rechte der Klägerin. Gemäß Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO habe der Kreistag bei der Bestellung der Ausschussmitglieder dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit besage, dass ihnen in den Ausschüssen möglichst genau der Einfluss zustehen solle, der ihrem Wahlergebnis entspreche. Die Ausschüsse müssten ein verkleinertes Abbild des Kreistagsplenums in seinem durch die Fraktionen geprägten und auf die Volkswahl zurückgehenden politischen Stärkeverhältnis darstellen. Mit der Bestellung von sieben Mitgliedern der CSU-Fraktion in einem Ausschuss von zwölf Mitgliedern finde eine deutliche Verzerrung des durch die Kommunalwahl vorgegebenen Stärkeverhältnisses statt. Die Tatsache, dass bei einem Wahlergebnis für die CSU von 46,88%, das zu 28 Kreistagssitzen (46,7% der Sitze im Kreistagsplenum) geführt habe, diese Fraktion im mit Abstand wichtigsten Kreisausschuss für sich eine absolute Mehrheit von 58,33% beanspruchen könne, sei eine ins Gewicht fallende Abweichung vom Wählerwillen und eine eindeutige Verletzung des Spiegelbildgebots. Dies wiege umso schwerer, als der Kreisausschuss wichtige, ihm in der Geschäftsordnung übertragene Aufgaben an Stelle des Kreistags allein und abschließend entscheide und seine Beschlüsse nur unter denselben Voraussetzungen aufgehoben werden könnten, wie Kreistagsbeschlüsse selbst. Für die CSU-Fraktion ergebe sich mit der absoluten Mehrheit im Kreisausschuss eine qualitative Veränderung ihrer Wirkungsmöglichkeiten, die ihr aufgrund des Wahlergebnisses und der Repräsentanz im Kreistagsplenum nicht zukomme. Diese Verletzung des Spiegelbildgebots stelle gleichzeitig einen Verstoß gegen das Demokratieprinzip dar. Die Abstimmungen in den Ausschüssen dürften grundsätzlich nicht zu anderen Ergebnissen führen als im Plenum. Die Aufgabe des Mehrheitsprinzips bestehe darin zu verhindern, dass einer Fraktion, die im Plenum nicht über die Mehrheit verfüge, im Ausschuss eine solche Mehrheit zukomme. Im Plenum könne sich die CSU-Fraktion ohne Unterstützung der Mitglieder anderer Gruppierungen nicht durchsetzen.

Der Kreistag sei gehalten, bei jedem Ausschuss die zwei „Stellschrauben“, mit denen das Spiegelbild hergestellt werden könne, nämlich Ausschussgröße und Berechnungsverfahren, so festzulegen, dass die genannten Grundsätze nicht verletzt würden. Erforderlichenfalls seien entweder die Ausschussgröße oder das zu wählende Zuteilungsverfahren zu variieren. Bei dem Kreisausschuss sei die Größe von zwölf Mitgliedern verbindlich vorgegeben, so dass die Einhaltung des Spiegelbilds über eine Vergrößerung oder Verkleinerung des Kreisausschusses nicht gewährleistet werden könne. Vielmehr könne das Stärkeverhältnis ausschließlich über das vom Kreistag auszuwählende Zählsystem erreicht werden.

Der Kreistag hätte, was er in § 33 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung auch geregelt habe, das für diesen Fall präferierte Zählverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers zugrunde legen müssen. Dem stünden weder Art. 27 Abs. 2 Satz 2 noch Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO entgegen. Mit dem Wort „dabei“ in Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO normiere der Gesetzgeber einen Vorrang des Satzes 2 dergestalt, dass „dem Stärkeverhältnis Rechnung zu tragen sei“. Damit sei festgelegt, dass ein etwaiger Rückgriff bzw. Losentscheid nur nachrangig unter der Voraussetzung möglich sei, dass eine vorher durchgeführte Berechnung das möglichst proporzgenaue Stärkeverhältnis ermittelt habe. Eine nach Satz 2 gebotene „möglichst proporzgenaue“ Berechnung könne vorliegend nur in der Anwendung des Verfahrens Sainte-Laguë/Schepers erfolgen. Die Klägerin könne verlangen, dass an Stelle des d’Hondtschen Verfahrens ein anderes mit der Verfassung und Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO vereinbares Berechnungsverfahren gewählt werde.

Das d’Hondtsche Verfahren führe in Verbindung mit der Rückgriffsregelung zu einer Überrepräsentation der CSU im Kreisausschuss. Die Verfahren gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 der Geschäftsordnung seien keine eigenständigen und voneinander unabhängigen Verfahren, die auch dann kombiniert werden dürften, wenn diese Kombination zu einer Überrepräsentation führe. Die Bestimmungen der Geschäftsordnung müssten mit den Demokratiegrundsätzen der Bayerischen Verfassung und des Grundgesetzes in Einklang stehen. Verfassungskonform könne Art. 27 Abs. 2 LKrO nur so gelesen werden, dass auch die Kombination des gewählten Zählverfahrens mit dem Rückgriff zu einem verkleinerten Abbild des Plenums führen müsse. Um dies zu gewährleisten, sei der Beklagte bei der Wahl des Zählverfahrens in seinem organisatorischen Gestaltungsermessen beschränkt. Er müsse dasjenige Verfahren wählen, das dem Spiegelbildgebot am Präzisesten entspreche. Die Anwendung des Zählverfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers führe zu einer dem Stärkeverhältnis entsprechenden Ausschussbesetzung. Die Sitzzuteilung nach d’Hondt führe dagegen zu einer Überaufrundung von 1,40. Es sei vorliegend als Verteilungsverfahren nicht geeignet. Bei der Anwendung des Verfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers komme es zu einer 100%-igen Sitzverteilung, ohne dass ein Rückgriff auf die Stimmenzahl erforderlich werde. Auch bei seiner Anwendung entfielen auf die CSU immer noch sechs Sitze, was zu einem Stimmenanteil von 50% im Kreisausschuss und damit zu einer sog. „Blockademehrheit“ führe. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe bei einer vergleichbaren Konstellation für die Ausschüsse des Bayerischen Landtags entschieden, dass dann, wenn eine Fraktion im Plenum des Landtags weniger als die Hälfte der Sitze innehabe, in den Ausschüssen aber über exakt die Hälfte der Sitze verfüge und damit aus eigener Kraft zwar über keine Gestaltungs-, wohl aber über Blockademöglichkeiten verfüge, der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit tangiert sei. Vorliegend komme es für die CSU-Fraktion im Kreisausschuss aber sogar zur absoluten Mehrheit von über 58%. Bei der Anwendung des Verfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers erhalte die Fraktion der FW einen weiteren Sitz im Kreisausschuss. Die CSU-Fraktion müsse auf diesen einen Sitz verzichten.

Das Demokratieprinzip und der aus ihm folgende Mehrheitsgrundsatz würden es gebieten, dass die Mehrheitsverhältnisse des Plenums im Ausschuss abgebildet werden. Die hierzu ergangene verfassungsgerichtliche Rechtsprechung sei auch auf die Besetzung der kommunalen Ausschüsse anwendbar. Beim Mehrheitsprinzip handle es sich um einen Grundpfeiler des Demokratieprinzips, das in Art. 45 Abs. 1 Satz 1 LKrO verbindlich normiert sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelte der Grundsatz, wonach jeder Ausschuss ein verkleinertes Bild des Plenums sei und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln müsse, auch für kommunale Ausschüsse. Nicht nur die streitgegenständliche Ausschussbesetzung, sondern auch die für die Sitzverteilung maßgeblichen Bestimmungen der Geschäftsordnung seien am Maßstab dieser verfassungsrechtlichen Grundsätze zu messen. Es bestehe ein Rechtsanspruch darauf, dass den Fraktionen im Ausschuss so viele Sitze zugeteilt würden, als es ihrem Stärkeverhältnis im Plenum entspreche. Das Stärkeverhältnis im Plenum sei grundsätzlich streng proporzgerecht auf die Ausschüsse zu übertragen. Das Proporzverhältnis zwischen der Fraktion der FW und der CSU betrage 1,60 zu 5,60. Bei Aufrunden der Stellen würde dies zu einer Verteilung von zwei zu sechs Sitzen im Kreisausschuss führen. Dies entspreche dem Stärkeverhältnis der Fraktionen und spiegle die Repräsentanz der beiden Gruppierungen im Kreistag zutreffend wider. Diesen Grundsatz der strengen Proportionalität setze der Beklagte mit dem d’Hondtschen Verfahren außer Kraft. Zwar habe der Landesgesetzgeber kein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben. Berechnungsverfahren seien aber kein Selbstzweck und führten nicht aus sich heraus zu rechtmäßigen Ergebnissen. Das Resultat der Berechnung sei im Hinblick auf den hinter dem Berechnungsverfahren stehenden Zweck, der Spiegelbildlichkeit möglichst nahe zu kommen, einer rechtlichen Überprüfung zugänglich. Der Sprung von 46,7% der Sitzverteilung im Plenum auf 58,33% im Kreisausschuss sei qualitativ ein „Quantensprung“ von der relativen zur absoluten Mehrheit.

Die Klägerin lässt beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses zu TOP 9 der Kreistagssitzung vom 12. Mai 2014 zu verurteilen, dass die Klägerin zwei Sitze und die Beigeladene sechs Sitze im Kreisausschuss erhält.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Ansicht ist der Beschluss des Beklagten vom 12. Mai 2014 rechtmäßig. Es bestehe kein Anspruch auf eine Neubesetzung des Kreisausschusses. Rechtsgrundlage für die Besetzung sei Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO. Danach habe der Kreistag dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung würden die Mitglieder des Kreisausschusses nach dem d’Hondtschen Verfahren ermittelt. Lediglich für den Fall einer Überrepräsentation seien die Sitze nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers zu verteilen, § 33 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung. Komme es - unabhängig vom Berechnungsverfahren - zu einer Pattsituation, entscheide gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung die größere Zahl der bei der Wahl abgegebenen Stimmen. Bei Anwendung dieses Maßstabs seien auf die CSU zunächst sechs Ausschussmitglieder und auf die anderen Gruppierungen jeweils ein Ausschussmitglied entfallen. Zur Auflösung der Pattsituation sei der zwölfte und letzte Sitz unter Rückgriff auf das Wahlergebnis an die CSU gefallen.

Dieses Ergebnis sei nicht aus kommunal- oder verfassungsrechtlichen Erwägungen zu korrigieren. Der Kreistag sei nicht gehindert, für die Besetzung des Kreisausschusses grundsätzlich das Verfahren d’Hondt anzuwenden. Er habe die freie Wahl unter verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren. Die Anwendung des Verfahrens nach d’Hondt sei mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit lediglich dann nicht (mehr) vereinbar, wenn es zugunsten einer Gruppe eine sog. Überaufrundung bewirke, also eine Aufrundung über den nächsten Sitz hinaus. Eine Überaufrundung gebe es vorliegend bei der Besetzung des Kreisausschusses nicht. Nach dem gewählten Berechnungsverfahren ergäben sich aus 5,6 errechneten Sitzen sechs von 12 Sitzen für die Beigeladene. Von einer Überaufrundung könne nicht die Rede sein. Der Fall einer rechtswidrigen „Überaufrundung“ liege dann nicht vor, wenn sich eine solche erst aufgrund einer Verteilung des letzten Ausschusssitzes im Fall einer Pattsituation ergebe. Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO lasse eine Abweichung vom Grundsatz der Spiegelbildlichkeit für den Fall zu, dass nach Durchführung des gewählten Berechnungsverfahrens mehrere Gruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz hätten. Zulässig sei dann ein Losentscheid oder der Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl abgegebenen Stimmen. Der Umstand, dass dann aufgrund dieser Regelung zur Auflösung der Pattsituation der letzte Sitz durch einen Rückgriff auf das Wahlergebnis verteilt werde, mache das zunächst zulässig gewählte Berechnungsverfahren nicht „rückwirkend“ unzulässig, wenn hierdurch dann die zum Zuge kommende Gruppierung „überrepräsentiert“ werde.

Eine Besetzung des Kreisausschusses nach den Vorstellungen der Klägerin wäre mit Art. 27 Abs. 2 Sätze 2, 3 LKrO i. V. m. der Geschäftsordnung nicht vereinbar. Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO regele abschließend, dass der Anspruch auf einen Ausschusssitz durch Losentscheid oder durch Rückgriff auf die abgegebene Stimmenzahl zu ermitteln sei, wenn mehrere Gruppierungen einen gleichrangigen Anspruch auf den Sitz hätten. Dieses Verfahren sei erst dann zulässig, wenn feststehe, dass mehrere Gruppierungen gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz hätten. Ein anderes Verfahren sei unzulässig. Dies setze wiederum voraus, dass zunächst die Sitze, die auf eine Gruppierung entfielen, ermittelt worden seien, um überhaupt zum Ergebnis zu kommen, dass mehrere Parteien oder Wählergruppen einen gleichen Anspruch hätten. Sei die Verteilung des letzten Sitzes per Losentscheid oder Rückgriff auf die Stimmenzahl durchgeführt, sei die Sitzverteilung abgeschlossen. Der Lösungsansatz der Klägerin sei mit diesen Vorgaben unvereinbar. Er liefe darauf hinaus, dass die Sitzverteilung nach Verteilung des letzten Sitzes gemäß Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO unter Anwendung eines neuen Zählverfahrens erneut begonnen werde. Hinzu komme, dass nach einer Entscheidung für ein Berechnungsverfahren dieses bis zur Verteilung aller Sitze des jeweiligen Ausschusses konsequent bis zur Beendigung des Berechnungsverfahrens anzuwenden sei und nicht im Lauf des Berechnungsverfahrens auf ein anderes Berechnungsverfahren übergewechselt werden dürfe. Die von der Klägerin gewählte Methode laufe auf Billigkeitserwägungen hinaus, mit denen die bei der jeweiligen Methode auftretenden Fehler minimiert werden sollten, was unzulässig sei.

Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO sei weder verfassungswidrig noch so zu lesen, dass auch die Kombination des Zählverfahrens und des Rückgriffs auf das Wahlergebnis zu einem verkleinerten Abbild des Kreistagsplenums führen müssten. Die Vorschrift lasse durch den Rückgriff gerade eine Abweichung von dem Grundsatz zu, dass ein Ausschuss ein verkleinertes Abbild darstellen müsse. Einer solchen Entscheidung seien „Verzerrungen des Abbildes“ immanent. Die Verteilung des letzten Sitzes durch Los oder unter Anknüpfung auf die Zahl der abgegebenen Stimmen sei bisher weder vom Verwaltungsgerichtshof noch vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof in Frage gestellt worden.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig.

Klagegegenstand ist die Verurteilung des Beklagten dahingehend, dass die Klägerin zwei Sitze und die Beigeladene sechs Sitze im Kreisausschuss erhält.

Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Besetzung der Ausschüsse eines Kreistags ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet, da es sich bei einem solchen Streit zwischen einer Kreistagsfraktion und dem Landkreis um eine kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeit handelt. Es geht um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen des Landkreises.

Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung, die auch die Aufhebung des der Sitzverteilung zugrundeliegenden Kreistagsbeschlusses vom 12. Mai 2014 (TOP 9 der Kreistagssitzung) zum Gegenstand haben kann. Eine Anfechtungsklage scheidet aus, da die Besetzung eines Ausschusses nicht durch einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG erfolgt (vgl. BayVGH vom 31.7.1976 Az. 2 IV 72, BayVBl. 1976, 753/754).

Die Klägerin ist zur Klage befugt, § 42 Abs. 2 VwGO analog. Sie kann die (mögliche) Verletzung ihres Rechts auf angemessene Vertretung in dem Kreisausschuss entsprechend dem Gebot der Spiegelbildlichkeit der Ausschüsse geltend machen. Ihr steht möglicherweise ein Recht aus Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO zu, die Ausschussbesetzung zu verändern. Sie hat grundsätzlich einen gerichtlich einklagbaren Anspruch darauf, dass ihr in den Ausschüssen als verkleinertes Abbild des Kreistages so viele Sitze zugeteilt werden, als es dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen untereinander entspricht (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117, vom 2.8.1962 Az. 105 IV 61, VGH n. F. 15, 82/88)

2. Die Klage ist auch begründet, da die Besetzung des Kreisausschusses des Beklagten und der dieser Besetzung zugrundeliegende Kreistagsbeschluss vom 12. Mai 2014 (TOP 9) rechtswidrig sind. Die Ausschussbesetzung widerspricht dem Prinzip der Spiegelbildlichkeit, das in Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO einfachgesetzlich verankert ist. Die Anwendung des d’Hondtschen Höchstzahlverfahrens führt in Kombination mit dem Rückgriff auf die Zahl der bei der Kreistagswahl für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen zu einer unzulässigen Überrepräsentation der beigeladenen CSU-Fraktion, da diese im wichtigsten Ausschuss des Kreistags mit einer absoluten Mehrheit von sieben von insgesamt zwölf Sitzen vertreten ist, obwohl sie im Kreistagsplenum nur 28 von 60 Sitzen hat.

Gemäß Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO hat der Kreistag bei der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Haben dabei mehrere Parteien und Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, so ist statt eines Losentscheids auch der Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese abgegebenen Stimmen zulässig, Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO. Den gesetzlichen Vorgaben des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO genügt § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Kreistag im konkreten Fall nicht, da der Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen bei der CSU-Fraktion im wichtigsten Ausschuss des Kreistags zu einer unzulässigen Überaufrundung führt, die durch die Wahl eines anderen zulässigen Verteilungsverfahrens vermieden werden kann. Eine solche Überaufrundung liegt auch dann vor, wenn sie sich - wie hier - aus der Kombination des Verteilungsverfahrens mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die jeweilige Partei oder Wählergruppe abgegebenen Stimmen ergibt.

Das Spiegelbildlichkeitsgebot folgt aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit. Auch wenn der Kreistag kein Parlament, sondern ein Verwaltungsorgan einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, repräsentiert er die Bürger des Landkreises. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Kreistagsplenum, sondern auch in den Ausschüssen (vgl. hierzu BVerwG vom 10.3.2003 Az. 8 C 18/03 m.w.N). Die Ausschüsse einer kommunalen Gebietskörperschaft müssen grundsätzlich als verkleinerte Abbilder des Plenums dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln (vgl. BVerwG vom 27.3.1992 Az. 7 C 20.91). Ein Ausschuss muss soweit als möglich ein verkleinertes Abbild des Plenums sein (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117 und 4 BV 03.1159).

Die Fraktionen haben bei der Ausschussbesetzung Anspruch auf Berücksichtigung nach Maßgabe ihrer jeweiligen Mitgliederzahl (vgl. BVerwG vom 7.12.1992 Az. 7 B 49.92). Hat eine Fraktion einen Anspruch auf mehrere Sitze in einem Ausschuss, kann sie diese auch beanspruchen. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit der Zusammensetzung von Ausschüssen gewinnt bei den beschließenden Ausschüssen erhöhte Bedeutung, weil sie in ihrem Aufgabenbereich die Repräsentationstätigkeit der Gesamtheit der vom Volk gewählten Ratsmitglieder nicht nur im Weg von Beschlussvorschlägen teilweise vorwegnehmen, sondern durch die verbindliche Entscheidung der ihnen zur Erledigung zugewiesenen Aufgaben ersetzen (vgl. BVerwG vom 27.3.1992 a. a. O.).

Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse ist das Zahlenverhältnis der auf die verschiedenen Wahlvorschläge hin gewählten Kreisräte, also die Zahl ihrer Sitze im Plenum, nicht die von den Parteien und Wählergruppen erreichte Stimmenzahl (vgl. BayVGH vom 1.3.2000 Az. 4 B 99.1172). Die in einem Ausschuss zu vergebenden Sitze sind nach dem Verhältnis zuzuteilen, in welchem die auf sie entfallenden Kreistagssitze zueinander stehen (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117). Geschäftsordnungen, die dem Spiegelbildlichkeitsprinzip widersprechen, sind insoweit nichtig und für die Verwaltungsgerichte unbeachtlich (vgl. VG Regensburg vom 8.3.2006 Az. RO 3 K 05.02175). Die Autonomie des Kreistags bei der Bestimmung der Mitgliederzahl von Ausschüssen sowie der Wahl des Besetzungsverfahrens ist insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Kreistag vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen ist (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 a. a. O.). Da der Kreisausschuss gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 LKrO ein verpflichtender ständiger Ausschuss mit einer gesetzlich strikt vorgegebenen Anzahl von Mitgliedern (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 LKrO) ist, kann dem Stärkeverhältnis nur mit der Wahl eines rechtmäßigen Berechnungsverfahrens Rechnung getragen werden.

Dabei hat der Landesgesetzgeber den kommunalen Gremien - anders als z. B. in Art. 35 Abs. 2 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) - kein bestimmtes Berechnungsverfahren vorgegeben. Sie haben grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren. Dabei entsprechen die gängigen Verfahren - nämlich das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt, das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers und das Restverteilungsverfahren nach Hare-Niemeyer - grundsätzlich dem Gebot der Wahlgleichheit nach Maßgabe des verbesserten Verhältniswahlrechts (vgl. zum Verfahren nach d’Hondt BayVerfGH vom 26.10.2009 Vf. 16-VII-08).

Die den Kreistagen im Rahmen des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO eingeräumte Wahlmöglichkeit beruht auf der Erkenntnis, dass allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent sind. Hinzu kommt, dass weder die Ausschussmitglieder noch die Ausschusssitze teilbar sind. In einer derartigen Situation wechselseitig begünstigender und belastender Rundungsfehler stoßen der strikte Normbefehl des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO und damit die richterliche Kontrolle an ihre Grenzen. Daraus ergeben sich aber zugleich die Grenzen der Wahlmöglichkeiten, die das Gesetz den Kreistagen eröffnet. Denn jeder Ausschuss muss soweit wie möglich ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und die Mehrheitsverhältnisse im Plenum widerspiegeln. Die Anwendung des Verfahrens nach d’Hondt ist dann nicht mehr mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit vereinbar, wenn es zugunsten einer Gruppe eine sogenannte Überaufrundung bewirkt (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.1159 und 4 BV 03.117). In einem solchen Fall ist auf ein alternatives Berechnungsverfahren zurückzugreifen, das zu keiner Überrepräsentierung führt, aber auch zu keiner Unterrepräsentation einer anderen Gruppe führen darf. Die Berechnungsverfahren sind kein Selbstzweck und führen nicht aus sich heraus zu rechtmäßigen Ergebnissen (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117). Sie bieten nur mathematische Techniken, um mit den in der Praxis regelmäßig auftretenden Bruchzahlen umgehen zu können. Das Resultat ist daher einer rechtlichen Überprüfung im Hinblick auf dem hinter den Berechnungsverfahren stehenden Zweck, nämlich der Spiegelbildlichkeit möglichst nahe zu kommen, fähig und bedürftig.

Der Beklagte hat für den Fall einer Überaufrundung bestimmt, dass die Sitze im Kreisausschuss nach dem Verfahren Saint-Laguë/Schepers zu verteilen sind, wenn die Ermittlung nach dem d’Hondtschen Verfahren eine Überrepräsentation einer Partei oder Wählergruppe zulasten einer anderen ergibt und eine solche Überrepräsentation durch alternative Verfahren vermieden werden kann, ohne dass dies zu einer Unterrepräsentation einer anderen Partei oder Wählergruppe führt, § 33 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung. Den Fall einer Überrepräsentierung aufgrund der Kombination von d’Hondt und einem Losentscheid bzw. dem Rückgriff auf die Zahl der abgegebenen Stimmen hat er dagegen in der Geschäftsordnung nicht geregelt.

Um eine Überaufrundung festzustellen, muss zunächst eine mathematische Proportionalberechnung durchgeführt werden. Dazu ist die Anzahl der Kreisräte der jeweiligen Fraktion mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze zu multiplizieren und durch die Anzahl aller Gemeinderatssitze zu teilen:

Fraktionen

Sitze im Kreistag

Proportionalberechnung bei 60 Kreisräten und 12 Ausschussmitgliedern

CSU

28

5,60

SPD

7

1,4

Grüne

5

1

UWG

5

1

FW

8

1,6

ÖDP

7

1,4

Die Verteilung der Ausschusssitze nach dem d’Hondtschen Verfahren zeigt folgende Übersicht:

Teiler

CSU

SPD

Grüne

UWG

FW

ÖDP

1

28

7

5

5

8

7

2

14

4

3

9,33

4

7

5

5,66

6

4,66

7

4

Danach können nach dem d’Hondtschen Verfahren elf Sitze im Kreisausschuss ohne Schwierigkeiten verteilt werden. Davon stehen der CSU-Fraktion sechs Ausschusssitze und den anderen Fraktionen jeweils ein Ausschusssitz zu. Eine Überrepräsentation der CSU-Fraktion im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung ergibt sich aus der Anwendung dieses Verfahrens nicht, da sie sechs Sitze erhält und ihr rechnerisch 5,6 Sitze zustehen. Eine Überaufrundung im Sinne der Geschäftsordnung kommt nämlich nur in Betracht, wenn die Beigeladene einen ganzen Sitz mehr erhalten hätte, als ihr rechnerisch zusteht (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117). Durch die Vergabe des zwölften Ausschusssitzes gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung an die CSU-Fraktion erhält diese aber sieben Ausschusssitze. Eine solche Verteilung entspricht zwar den Vorgaben der Geschäftsordnung, sie ist aber mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO nicht mehr vereinbar, da die Beigeladene infolge der Kombination beider Verfahren eine Überaufrundung erreicht. Dies ist nach der Rechtsüberzeugung des Gerichts nicht anders zu behandeln als eine Überrepräsentation, die nur auf dem gewählten Berechnungsverfahren beruht.

Zwar ist die Anwendung des Berechnungsverfahrens nach d’Hondt grundsätzlich zulässig. Eine Verteilung nach einem alternativen Berechnungsverfahren wäre gemäß der autonomen Rechtssetzungsmöglichkeit des Kreistags ebenfalls möglich. Wenn sich der Kreistag für ein bestimmtes Verfahren entschieden hat, muss er dieses auch konsequent bis zur Verteilung aller Sitze im jeweiligen Ausschuss anwenden und darf grundsätzlich nicht auf ein anders aufgebautes Verfahren überwechseln (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 a. a. O. m.w.N). Wie der Beklagte zu Recht ausführt, sind Billigkeitserwägungen im Sinne einer Minimierung des bei der jeweiligen Methode auftretenden Gesamtfehlers unzulässig (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 a. a. O. m.w.N). Der Kreistag ist aber verpflichtet ein Verfahren zu wählen, das die Mehrheitsverhältnisse so abbildet, dass eine Überrepräsentation auch bei einer Kombination mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen vermieden wird. Es gibt verfassungsrechtlich zulässige Berechnungsverfahren, die die Überaufrundung vermeiden, ohne gleichzeitig bei einer anderen Fraktion zu einer Unterrepräsentierung zu führen. So ergibt die Verteilung der Sitze im Kreisausschuss nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers, dass der Klägerin zwei und der Beigeladenen sechs Sitze zustehen und eine Pattsituation vermieden wird:

Teiler

CSU

SPD

Grüne

UWG

FW

ÖDP

1

28

7

5

5

8

7

3

9,33

2,33

1,67

1,67

2,67

2,33

5

5,6

7

4

9

3,11

11

2,55

Prozentual:

50%

8,33%

8,33%

8,33%

16,67%

8,33%

Auch das Verfahren Hare-Niemeyer führt zu einer solchen Verteilung der Ausschusssitze:

Fraktionen

Sitze im Kreistag

Zahl der Sitze der Fraktion im Kreistag X Ausschusssitze /Gesamtzahl der Kreistagsmitglieder

CSU

28

5,6 = 5 + 1

SPD

7

1,4 = 1

Grüne

5

1= 1

UWG

5

1 = 1

FW

8

1,6 = 1 + 1

ÖDP

7

1,4 = 1

Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Kreisausschuss als verpflichtender Ausschuss gemäß Art. 27 LKrO der wichtigste Ausschuss des Landkreises ist. Er bereitet gemäß § 30 Abs. 1 der Geschäftsordnung nicht nur die Verhandlungen des Kreistags vor. Ihm sind in eigener Verantwortung Verwaltungsaufgaben übertragen, die nicht dem Kreistag, weiteren beschließenden Ausschüssen oder dem Landrat vorbehalten sind, § 31 Satz 1 der Geschäftsordnung. Er erledigt an Stelle des Kreistags die ihm übertragenen Angelegenheiten, Art. 26 Satz 2 LKrO. Der Kreissauschuss beschließt im Rahmen seiner Zuständigkeit endgültig, § 31 Satz 2 der Geschäftsordnung. Ein wesentlicher Teil der Beschlussfassungen erfolgt nicht im Plenum, sondern in den Ausschüssen, und hier insbesondere im Kreisausschuss. Da der Kreistag relativ selten zusammentritt, ist die Stellung des Kreisausschusses wesentlich gewichtiger als die eines Gemeindesenats (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung, Art. 27 LKrO, Nr. 2). Beim Kreisausschuss kommt deshalb dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit besondere Bedeutung zu. Während die CSU-Fraktion im Kreistagsplenum mit 28 Sitzen nur auf einen Anteil von 46,67% kommt, nimmt sie nach der gegenwärtigen Verteilung im Kreisausschuss mit 58,33% dort die absolute Mehrheit ein. Sie hat damit im wichtigsten Ausschuss des Landkreises eine Gestaltungsmehrheit, die ihr nach der Sitzverteilung im Plenum nicht zukommt.

Zwar wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass eine solche Überaufrundung rechtlich nicht bedenklich sei, weil der Losentscheid und der Rückgriff auf die Zahl der Wählerstimmen in einem von dem d’Hondtschen Verfahren losgelösten gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zur Auflösung einer Pattsituation geschieht, die im Übrigen auch bei einem anderen Berechnungsverfahren auftreten könne (vgl. z. B. Gaß, KommP BY 2009, S. 42, 45; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Art. 33 GO, Nr. 4.2). Auch das Bayerische Staatsministerium des Innern sieht einen Losentscheid bei einer Pattsituation nicht als einen Fall der Überaufrundung im Sinne der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an (vgl. IMS vom 13.7.2004 Az. IB1-1413.1-28). Jedenfalls wenn bei der Zusammensetzung des Kreisausschusses die Gestaltungsmehrheit verändert wird, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen.

Die gegenständliche Besetzung des Kreisausschusses begegnet auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht Bedenken (vgl. hierzu BVerfG vom 8.12.2004 Az. 2 BvE 3/02 und BayVerfGH vom 26.11.2009 Vf. 32-IVa-09). Zwar ist ein Kreisausschuss kein parlamentarisches Gremium, sondern ein Verwaltungsorgan des Landkreises. Allerdings kommt auch hier zum Tragen, dass auch beim Kreissauschuss alle Fraktionen ein grundsätzlich gleiches Recht auf Zugang haben müssen (vgl. BayVerfGH vom 26.11.2009 a. a. O.) Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat eine Repräsentation der CSU-Fraktion im Landtag bereits mit der Hälfte der Sitze, also mit 50%, in den mit 16, 20 und 22 Mitgliedern besetzten Ausschüssen als bedenklich angesehen, weil sie im Plenum nur 49,2% der Sitze innehatte. Verfassungsrechtlich umso bedenklicher ist ein „Sprung“ von 46,67% auf 58,33%, der nicht nur wie damals im Landtag eine „Blockademehrheit“, sondern sogar eine „Gestaltungsmehrheit“ eröffnet, welche die CSU-Fraktion im Kreistagsplenum nicht hat. Zu bedenken ist auch, dass der Gesetzgeber für die Landkreise, anders als für den Land- oder Bundestag, die Spiegelbildlichkeit bei der Ausschussbesetzung vorgegeben hat. Zudem, dass die Parlamentsausschüsse in wesentlich geringerem Umfang anstelle des Plenums ein Letztentscheidungsrecht haben als ein Kreisausschuss. Schließlich auch, dass zu den Mitgliedern des Kreisausschusses noch der Landrat als Ausschussvorsitzender hinzutritt, der tendenziell eher mit „seiner“ Mehrheitsfraktion stimmen dürfte. Auch nach den oben dargestellten alternativen Berechnungsverfahren erhält die Beigeladene sechs Sitze im Kreisausschuss, obwohl ihr Anteil im Kreistagsplenum geringer ist als bei der CSU-Landtagsfraktion in der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Das Bundesverfassungsgericht hat den Grundsatz der Spiegelbildlichkeit für die Ausschüsse des Bundestags bekräftigt, aber auch festgestellt, dass dieser Grundsatz mit dem Prinzip stabiler parlamentarischer Mehrheitsbildung in Einklang zu bringen ist (vgl. BVerfG vom 8.12.2004 a. a. O.). Im vorliegenden Fall kommt dem Gesichtspunkt der „Regierungsunfähigkeit“ nicht diese Bedeutung zu, da der Kreistag kein Parlament ist und die CSU-Fraktion - rechnet man den Landrat dazu - auch weiterhin eine Gestaltungsmehrheit hat.

Die Sache ist auch spruchreif. Die Heranziehung des d’Hondtschen Verfahrens in Kombination mit der Zahl der für die CSU bei der Kreistagswahl abgegebenen Stimmen ist wegen Verstoßes gegen das Spiegelbildlichkeitsprinzip ausgeschlossen. Die anderen in Betracht kommenden anerkannten Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers, das nach der Geschäftsordnung des Beklagten für den Fall einer Überrepräsentation nach d’Hondt Anwendung findet, und nach Hare-Niemeyer führen zu den gleichen Resultaten. Nach diesen Berechnungsverfahren stehen der Klägerin zwei und der Beigeladenen sechs Sitze im Kreisausschuss zu.

Aus diesen Gründen hatte die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO Erfolg. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, vgl. § 162 Abs. 3 VwGO, weil sie keine Anträge gestellt hat und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist. Die Kostenentscheidung war gemäß § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2004 (Az. 4 BV 03.117 und 4 BV 03.1159) beziehen sich nach Ansicht der Kammer nur auf eine Überrepräsentation, die sich allein aus dem gewählten Verteilungsverfahren ergibt. Nicht entschieden ist vom Verwaltungsgerichtshof bislang, ob sich eine unzulässige Überaufrundung auch - wovon die Kammer überzeugt ist - aus der Kombination des Verteilungsverfahrens mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen oder einen Losentscheid ergeben kann.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.