Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 31. März 2014 - 7 K 13.30434

bei uns veröffentlicht am31.03.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylverfahrensgesetz zuzuerkennen. Der Bescheid der Beklagten vom 7.8.2013 wird aufgehoben soweit er dem entgegen steht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Flüchtlingsanerkennung, hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes.

Sie ist nach ihren Angaben somalische Staatsangehörige, 1981 geboren und hat sich am 8.3.2010 in München mit einem 2009 geborenen Sohn als Asylsuchende gemeldet. Die ihr bei der erkennungsdienstlichen Behandlung abgenommenen Fingerabdrücke waren im nationalen System nicht verwertbar, was regelmäßig eine EURODAC-Abfrage unmöglich macht. Nach erneuten erfolglosen erkennungsdienstlichen Behandlungen konnten ihr im April 2012 verwertbare Fingerabdrücke abgenommen werden. Diese ergaben einen EURODAC-Treffer, der Asylantragstellungen in Italien (23.08.2008) und Schweden (7.8.2008) dokumentiert. Von der Einleitung eines Überstellungsverfahrens wurde abgesehen, weil der (nunmehrige) Ehemann der Klägerin als Flüchtling anerkannt ist und es eine gemeinsame 2011 geborene Tochter gibt, die als Flüchtling anerkannt ist.

Nach einer eingeholten Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamts in Italien ist der Klägerin in Messina/Italien ein subsidiärer europarechtlicher Schutzstatus gewährt worden und ein bis 10.9.2011 gültiger Aufenthaltstitel erteilt worden.

Zu den Gründen für die Ausreise aus Somalia hat die Klägerin beim Bundesamt angegeben, sie habe mit einer anderen Frau ein Kosmetik-Studio betrieben und sei deshalb von der Al Shabab misshandelt worden. Ihr damaliger Ehemann sei von der Al Shabab zwangsrekrutiert worden.

Mit Bescheid vom 7.8.2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. Eine Abschiebungsanordnung oder -androhung enthält der Bescheid nicht. Zur Begründung wird ausgeführt, es handle sich um einen Zweitantrag nach § 71a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG). Es seien keine Wiederaufgreifensgründe geltend gemacht worden. Von der Prüfung europarechtlicher Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) könne abgesehen werden, da die Klägerin den Schutzstatus aufgrund des Asylverfahrens in Italien bereits besitze.

Der Bescheid wurde am 15.8.2013 per Einschreiben an die Bevollmächtigte der Klägerin versandt. Mit bei Gericht am 28.8.2013 eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin Klage erheben.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass ein Anspruch auf Feststellung subsidiären Schutzes bestehe, weil die Zuerkennung in Italien nach deutscher Rechtslage die Klägerin nicht vor einer Abschiebung nach Somalia schütze.

In der mündlichen Verhandlung wurde beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 7.8.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 3 AsylVfG hinsichtlich Somalia vorliegen, hilfsweise die Voraussetzungen des § 4 AsylVfG hinsichtlich Somalia vorliegen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, sowie auf die vorgelegte Behördenakte des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere fehlt dem Verpflichtungsantrag auf Gewährung subsidiären Schutzes nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin neben dem bereits in Italien erlangten Schutzstatus einer Feststellung nach deutschem Recht nicht mehr bedürfte.

1. Ein Schutz der Klägerin vor Abschiebung ergibt sich nicht schon aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Dieser betrifft nach seinem Wortlaut ausdrücklich nur die außerhalb des Bundesgebiets erfolgte Anerkennung als ausländischer Flüchtling nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG n. F. verweist ausdrücklich nur auf § 60 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AufenthG; ihm kann daher nicht entnommen werden, dass auch Satz 2 auf den subsidiären Schutz Anwendung findet. Dies ergibt sich auch nicht sinngemäß aus der Verweisung des Satzes 3 auf Satz 2 (so VG Würzburg, U. vom 31.1.2014 Az. W 3 K 11.30376 und VG Augsburg, B. vom 8.1.2014, Az. Au 7 S 13.30495). Für diese Verweisungskette bleibt insoweit ein Anwendungsbereich als sich ergibt, dass bei einer Flüchtlingsanerkennung im Ausland nicht nur ein weiteres Verfahren auf die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, sondern auch ein solches auf die Gewährung subsidiären Schutzes nicht durchzuführen ist.

Es ist auch kein Raum für eine Auslegung entgegen dem Wortlaut nach einem tatsächlichen Willen des Gesetzgebers. Ein solcher ergibt sich nicht aus der Gesetzesbegründung. Vielmehr wurde die Vorschrift des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Zuge der letzten Änderung des Aufenthaltsgesetzes sogar geändert und dabei die Tatbestandsvoraussetzungen zur Klarstellung einschränkend formuliert (vgl. BT-Drucksache 17/13063, S. 16). § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG soll nach der Gesetzesbegründung lediglich klarstellen, dass es sich bei Anträgen auf subsidiären Schutz um Asylanträge handelt, über die das Bundesamt zu entscheiden hat (vgl. BT-Drucksache 17/13063, S. 16/17). Im Zeitpunkt der Gesetzesänderung war auch der Aufenthalt einer Vielzahl von Personen im Bundesgebiet mit bereits in anderen Mitgliedstaaten gewährtem Schutzstatus bekannt (insbesondere von aus Italien und Malta eingereisten Somaliern). Es kann daher auch nicht von einem bloßen Redaktionsversehen ausgegangen werden, zumal im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens andere redaktionelle Änderungen erfolgt sind (vgl. BT-Drucksache 17/13556). Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der sich aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht nur ergebende Ausschluss eines weiteren Verfahrens, sondern die sich auch zugunsten von Ausländern ergebende Folge der Übernahme des im Ausland festgestellten Abschiebungsverbots für den Fall des subsidiären Schutzes nicht gewollt war und insoweit eine eigenständige Prüfung durch deutsche Behörden erfolgen soll.

Allerdings ergibt sich aus der dargestellten Auslegung im Ergebnis im Rahmen des § 25 Abs. 2 AufenthG eine Besserbehandlung von Personen mit subsidiärem Schutzstatus im Ausland gegenüber Personen mit ausländischer Flüchtlingsanerkennung. Dort ist nämlich Tatbestandsvoraussetzung die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt, die es bei ausländischer Flüchtlingsanerkennung wegen § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht geben kann. Allein die dort vorgesehene Gleichbehandlung von Flüchtlingsanerkennung und subsidiärem Schutz kann aber nicht dazu führen, eine andere Vorschrift entgegen dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung ebenfalls auf den subsidiären Schutz anzuwenden.

2. Es gibt keine europäische Vorschrift, die die Verbindlichkeit eines in einem Mitgliedstaat gewährten subsidiären Schutzstatus in anderen Mitgliedstaaten bestimmen würde. Nicht geteilt wird die Auffassung des Verwaltungsgerichts Bayreuth (B. v. 30.10.2013, Az. B 3 S 13.30280), dass Art. 19 Abs. 4 QualRL (Qualifikationsrichtlinie - RL 2004/83/EG) die Geltung für andere Mitgliedstaaten ergeben würde. Die Vorschrift kann zwanglos statt als Regelung der Zuständigkeit für einen Widerruf als Regelung der Beweislast bei Widerruf des Schutzstatus ausgelegt werden.

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Es besteht kein Anspruch auf die Anerkennung als Flüchtling.

a) Der entsprechenden Feststellung steht schon das bereits in Italien durchgeführte Asylverfahren entgegen.

Nach § 71a AsylVfG ist, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für das Asylverfahren zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AsylVfG vorliegen.

Wegen § 77 AsylVfG ist hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 71a AsylVfG auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen. Nach § 13 AsylVfG n. F. und § 60 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG n. F. ist sowohl der Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft als auch der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes nunmehr Teil des Asylantrags. Es steht daher fest, dass der Begriff des Asylantrags in § 71a AsylVfG für beide Begehren erfüllt ist. Als weiteres Tatbestandsmerkmal erfordert die Vorschrift, dass das Asylverfahren im Drittstaat erfolglos war. Wegen der Neudefinition des Asylantragsbegriffs erfasst der Begriff des Asylverfahrens nunmehr zweifellos den subsidiären Schutz. Insoweit war das Asylverfahren der Klägerin in Italien nicht erfolglos. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass deshalb die Anwendbarkeit des § 71a AsylVfG insgesamt entfallen würde. Dies würde der Zielsetzung der Vorschrift, die Art. 25 RL 2005/85/EG für die Flüchtlingsanerkennung und Art. 33 RL 2013/31/EU umsetzt, widersprechen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass nach den verschiedenen Gegenständen des Asylverfahrens zu differenzieren ist. § 71a AsylVfG ist daher anwendbar auf die Flüchtlingsanerkennung. Da die Klägerin nicht dargelegt hat, dass bezüglich ihres Vorbringens die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz vorliegen, ist schon deshalb die Flüchtlingsanerkennung ausgeschlossen.

b) Ein Anspruch der Klägerin bezüglich der Feststellung des Flüchtlingseigenschaft besteht zudem auch in der Sache nicht.

Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Verfolgung in diesem Sinne kann nach § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat, den Staat beherrschende Organisationen oder internationale Organisationen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft.

Die von der Klägerin geschilderte Vorverfolgung durch die Al Shabab ist nicht glaubhaft. An die beim Bundesamt geschilderte Verfolgungsmaßnahmen wegen des Betreibens eines Friseur-Salons und Kosmetik-Studios hat sie sich trotz mehrfacher Nachfragen der Einzelrichterin zunächst überhaupt nicht erinnert. Erst nach mehrmaligem Vorhalt von Details der Angaben beim Bundesamt durch die Klägervertreterin hat sie angegeben, dass die Vorfälle so geschehen seien. Die erst dann gemachten Angaben zum konkreten Geschehen sind aber in wesentlichen Punkten, wie z. B. der betroffenen Zahl von Personen oder des Ablaufes der Flucht mit den Angaben bei der Anhörung beim Bundesamt nicht zu vereinbaren. Daneben sind auch die Angaben zu den angeblichen sonstigen Ausreisegründen widersprüchlich. So hat die Klägerin unterschiedliche Angaben zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes und ihrer Mutter gemacht. Die behauptete Schwangerschaft von ihrem Ehemann bei der Ausreise ist mit dem EURODAC-Treffer am 23.8.2008 in Italien und der Geburt des Sohnes Yusuf am 21.10.2009 nicht zu vereinbaren. Vor dem Hintergrund der insgesamt unschlüssigen Angaben ist auch die beim Bundesamt gemachte Angabe, dass die Al Shabab sie und ihre Töchter gezwungen habe, sich komplett zu verschleiern nicht glaubhaft.

2. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 4 AsylVfG.

a) Der Feststellung steht nicht entgegen, dass der Klägerin bereits in Italien subsidiärer Schutz gewährt wurde.

aa) Soweit die Klägerin die Gewährung subsidiären Schutzes begehrt, ist § 71a AsylVfG nicht anwendbar, weil nach § 13 AsylVfG n. F. wegen des in Italien gewährten subsidiären Schutzes das Tatbestandsmerkmal des erfolglosen Asylverfahrens fehlt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die entsprechenden Gesetzesänderungen auf vor dem 1.12.2013 gestellte Zweitanträge keine Anwendung finden (so VG Ansbach, Urteil vom 10.12.2013, Az. AN 2 K 12.30329). Es entspricht dem generellen Grundsatz des § 77 AsylVfG, dass in gerichtlichen Verfahren jeweils die aktuelle Rechtslage zugrunde zu legen ist, auch sonst wird hingenommen, dass sich die Beurteilung des Asylantrags wegen nachträglich eingetretener Umstände während des gerichtlichen Verfahrens ändern und unter Umständen zum gegenteiligen Ergebnis führen kann (vgl. Marx, AsylVfG, 7.Auflage, § 77 Rn. 7). Es hat auch der Gesetzgeber den Bedarf für Übergangsregelungen wegen der Einbeziehung des subsidiären Schutzes in das Asylverfahren erkannt, wie aus der Vorschrift des § 104 Abs. 9 AufenthG n. F. zu erkennen ist. Dennoch wurde keine Regelung bezüglich der bereits anhängigen Asyl-(Zweit-)Verfahren getroffen.

Die Vorschrift kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nur beim Vorliegen ihrer Voraussetzungen ein Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens besteht. Vielmehr ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der Stellung als Sondervorschrift für Folgeanträge innerhalb des Gesetzes und der Vergleichbarkeit zu § 71 AsylVfG, dass das auf einen Antrag hin grundsätzlich durchzuführende Asylverfahren (ausnahmsweise) ausgeschlossen werden soll. Ein solches ist demnach durchzuführen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 71a AsylVfG nicht vorliegen.

bb) Die Feststellung ist nicht nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausgeschlossen, weil dieser auf die Feststellung des subsidiären Schutzes nicht anwendbar ist (vgl. oben).

cc) Ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Voraussetzungen des § 4 AsylVfG entfällt auch nicht aufgrund einer von der Beklagten angenommenen materiell-rechtlichen Subsidiarität des internationalen Schutzes.

Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8.2.2005, Az. 1 C 29.03) konnte wegen grundlegender Unterschiede zwischen Flüchtlingsanerkennung und Abschiebungsschutz schon auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. keine Anwendung finden (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 14.2.2013, Az. RO 7 K 12.30272 - juris). Es kann offen bleiben, ob wegen der nunmehr auch beim subsidiären Schutz vorzunehmenden Statusfeststellung insoweit eine andere Betrachtung geboten wäre. Selbst bezüglich der Flüchtlingsanerkennung hat das Bundesverwaltungsgericht den entsprechenden Rechtsstandpunkt nämlich ausdrücklich aufgegeben (vgl. Urteil vom 4.9.2013, Az. 10 C 13/11).

Soweit die Beklagte in anderen gerichtlichen Verfahren vertreten hat, dass diese Änderung der Rechtsprechung sich nur auf die Flüchtlingsanerkennung beziehe und keinen Schluss auf den subsidiären Schutz zulasse, kann dem nicht gefolgt werden. Nach der Entscheidung ist nunmehr vorrangig das verfahrensrechtliche Konzept heranzuziehen. Dieses sei im deutschen Recht in § 29 Abs. 1 AsylVfG umgesetzt worden. Aufgrund der Änderung der Definition des Asylantrags in § 13 AsylVfG ist diese Vorschrift nunmehr auch auf einen Antrag auf subsidiären Schutz anwendbar. Dies macht auch die ohne Änderung verbliebene Einschränkung des § 71a AsylVfG auf Fälle erfolgloser Asylverfahren schlüssig: im Fall erfolgreicher Asylverfahren ist bereits mit § 29 AsylVfG eine Regelung getroffen. Danach ist ein Antrag aber nur dann unbeachtlich, wenn die Rückführung in den Drittstaat möglich ist. Diese ist nach dem Eintritt der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland wegen Ablaufs der Überstellungsfrist nicht nach der Dublin-II-VO möglich. Darüber hinaus hat das Bundesamt ausdrücklich entschieden, dass wegen des Schutzes der Familie und des Aufenthaltsrechts anderer Familienmitglieder eine Rückführung auch nicht erfolgen soll. Insoweit würden einer u.U. tatsächlich möglichen Rückführung auch Rechtsgründe entgegen stehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 AsylVfG sind daher nicht gegeben.

dd) Der Ausschluss einer weiteren Feststellung ergibt sich auch nicht aus der Dublin-II-VO, die wegen Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO [VO (EU) 604/2013] im Fall der Klägerin noch anwendbar ist. Die Dublin-II-VO regelt die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates für das Asylverfahren eines Antragstellers. Wie sich u. a. aus Art. 16 Abs. 2 Dublin-II-VO ergibt, kann die Zuständigkeit für ein Asylverfahren auch eintreten, wenn ein Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat schon abgeschlossen ist. Davon geht im Übrigen auch § 71a AsylVfG aus. Da in der Dublin-II-VO eine Regelung fehlt, die die bereits getroffene Entscheidung für den neu zuständigen Staat verbindlich machen würde, ergibt sich somit gerade aus der Dublin-II-VO ein Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Nur damit wird nach Entfallen der Zuständigkeit des Mitgliedstaates, der bereits Schutz gewährt hat, der Zweck der Überstellungsfristen gewahrt, dass möglichst rasch Gewissheit über den für den Schutzbedürftigen zuständigen Staat geschaffen werden soll. Hier ist unstreitig aufgrund des Ablaufs der Überstellungsfrist die Zuständigkeit der Bundesrepublik für ein Asylverfahren der Klägerin eingetreten. Die für Folgeanträge im europäischen Recht in Art. 25 RL 2005/85/EG für die Flüchtlingsanerkennung und in Art. 33 RL 2013/31/EU für den internationalen Schutz vorgesehenen Möglichkeiten der Einschränkungen des weiteren Asylverfahrens sind in Deutschland durch § 71a AsylVfG für ablehnende Entscheidungen im Drittstaat und durch § 29 AsylVfG für stattgebende Entscheidungen im Drittstaat umgesetzt. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind nach obigen Ausführungen bezüglich des subsidiären Schutzes aber nicht gegeben.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass es keine Rechtsgrundlage für die Annahme des Bundesamts gibt, dass wegen des bereits in Italien gewährten subsidiären Schutzes kein Anspruch mehr auf Feststellung des subsidiären Schutzes in Deutschland gegeben sei.

b) Der begehrten Feststellung bezüglich des subsidiären Schutzes steht auch nicht entgegen, dass die Voraussetzungen für die Feststellung nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 AsylVfG beim Herkunftsstaat Somalia nicht gegeben wären. In Süd- und Zentralsomalia herrscht ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, aufgrund dessen der Klägerin eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt droht (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG).

Wie auch im aktuellsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12.6.2013 beschrieben wird, haben die seit spätestens 1991 fehlende effektive Staatsgewalt und die faktische Machtausübung bewaffneter extremistischer, in Fundamentalopposition zur ehemaligen Übergangsregierung sowie zur neuen Bundesregierung stehenden Gruppen in weiten Teilen Somalias für die allgemeine Menschenrechtslage desaströse Folgen. Grundlegende Menschenrechte wie das Recht auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit würden regelmäßig verletzt. Die entsprechenden Detailbeschreibungen sind in den vorliegenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes seit 2006 ungeachtet der Unterschiede in der Beschreibung der politischen Lage im Wesentlichen unverändert. Ebenso steht seit Jahren fest, dass die Verhältnisse in Somaliland und Puntland zwar besser sind, diese aufgrund des somalischen Clansystems aber keine erreichbare innerstaatliche Fluchtalternative darstellen. Entsprechend dieser Ausgangslage entsprach es - wie aus hier anhängig gewesenen Verfahren somalischer Staatsangehöriger bekannt ist - spätestens seit ca. 2007 der Praxis der Beklagten bei glaubhafter Herkunft aus Süd- und Zentralsomalia generell zumindest Abschiebungsschutz wegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts oder drohender Menschenrechtsverletzungen zu gewähren. Eine quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010, Az. 10 C 4.09 und vom 17.11.2011, Az. 10 C 13.10) erfolgte insoweit nicht. Sie war auch nicht möglich, weil es keine Staatsgewalt und deshalb auch keine Erfassung von Verletzungs- und Todesopfern bewaffneter Konflikte oder Straftaten gab und auch der Zugang von internationalen Hilfsorganisationen, Pressevertretern und anderen Personen, die insoweit Zahlenmaterial hätten liefern können, stark eingeschränkt bis unmöglich war. Bestätigt wurde die Entscheidungspraxis des Bundesamts durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 28.6.2011 (Nr. 8319/07 Sufi u. Elmi), in der ebenfalls die ernsthafte Gefahr einer Verletzung von Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) für Jedermann in Mogadishu und das Fehlen einer innerstaatlichen Fluchtalternative angenommen wurde.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Situation in Süd- und Zentralsomalia maßgeblich geändert hat. Zwar hat der EGMR in einer Entscheidung vom 5.9.2013 (Nr. 886/11) im Fall eines somalischen Staatsangehörigen, dessen Abschiebung nach Somaliland angedroht worden war und bei dem die Weiterschiebung nach Mogadishu nicht auszuschließen war, unter Auswertung aktueller Erkenntnisquellen entschieden, dass sich die Situation so verbessert habe, dass nicht mehr angenommen werden könne, es bestehe für Jedermann in Mogadishu das ernsthafte Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gemäß Art. 3 EMRK. Schon in einer „Dissenting Opinion“ zur Entscheidung vom 5.9.2013 wurde aber ausgeführt, dass der EGMR seine eigenen Vorgaben in der Entscheidung vom 28.6.2011 nicht ausreichend berücksichtigt habe. Insbesondere sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass die Einschätzung des Rückgangs ziviler Opfer nicht auf belastbaren Zahlen beruhe, es sei die Zahl der Rückkehrer vor dem Hintergrund der weiterhin extrem hohen Zahl der Vertriebenen überbewertet und die fehlende gesicherte Lebensgrundlage für Rückkehrer missachtet worden sowie die Unberechenbarkeit der Situation nach zwanzig Jahren Bürgerkrieg nicht hinreichend berücksichtigt worden. Zudem wird in der Entscheidung vom 5.9.2013 betont, dass ebenso wie in der am 28.6.2011 getroffenen Entscheidung die jeweilige Situation im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend sei (vgl. insbesondere Rn. 79 der Entscheidung vom 5.9.2013). Die vom EGMR angenommene positive Entwicklung in Mogadishu hat sich weder bestätigt noch fortgesetzt. Zwar hat die Al Shabab nicht wieder offiziell die Macht in Mogadishu übernommen, aktuelle Zeitungsberichte belegen aber, dass regelmäßig Sprengstoffattentate mit Tötung und Verletzung von Zivilpersonen stattfinden (vgl. z. B. Spiegel Online vom 19.10.2013: Anschlag auf Restaurant; vom 8.11.2013: Anschlag auf Hotel; vom 1.1.2014: Anschlag auf Hotel; vom 13.2.2014: Anschlag auf Flughafen; vom 21.2.2014: Anschlag auf Präsidentenpalast), ohne dass eingeschätzt werden kann, mit welcher Vollständigkeit entsprechende Vorfälle international bekannt werden. Nachdem in der Entscheidung des EGMR noch angenommen wurde, dass es am internationalen Flughafen Mogadishu keine Anschläge gebe (vgl. Rn. 37) hat ein solcher am 13.2.2014 mit mindestens sieben Toten stattgefunden (vgl. Spiegel Online vom 13.2.2014). Es kann daher nur der Schluss gezogen werden, dass sich die Methoden des innerstaatlichen Konflikts innerhalb von Mogadishu und anderer „befreiter“ Städte geändert haben, nicht aber, dass er beendet ist. Auch im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12.6.2012 wird ausgeführt, dass in Somalia Bürgerkrieg herrscht, obwohl sich die Lage im Süden und Westen und einigen Städten in Süd-Somalia „etwas beruhigt habe“. Bei der deutschen Bundeswehr wurde die Gefahrenlage in Somalia im März 2014 auf der höchsten Stufe als „erheblich“ eingeschätzt (vgl. Spiegel Online vom 4.3.2014). Aktuelle Berichte über die Situation von Binnenvertriebenen (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 25.10.2013 und Amnesty-Länderinformationen vom 16.11.2013) ergeben, dass es in den IDP-Camps keine gesicherte Lebensgrundlage gibt; vor diesem Hintergrund kann die Rückkehr von Personen nach Mogadishu nicht als Indiz oder gar Beleg dafür gesehen werden, dass eine ernsthafte Bedrohung jedes Einzelnen in Mogadishu nicht mehr gegeben sei. Die vorliegenden Erkenntnisquellen zur aktuellen Lage lassen keine Einschätzung zu, in welchem Umfang es trotz des Endes offener bewaffneter Konflikte zu Vorfällen kommt, die nur zu Verletzung von Einzelpersonen führen; die erhebliche Bedrohung der Unversehrtheit von Zivilpersonen ist im Rahmen des hier zu prüfenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG aber beachtlich. Fest steht, dass die Al Shabab in einigen Landesteilen weiterhin die Macht hat und in Mogadishu trotz des Verlustes der Herrschaft noch präsent ist. Berichtet wird, dass jeder, der öffentlich eine negative Haltung gegenüber der Al Shabab zeigt, in Gefahr ist (vgl. Landinfo, Oslo/Danish Immigration Service, Security and protection in Mogadishu and South-Central Somalia, Mai 2013, nachfolgend abgekürzt mit Landinfo, Mai 2013). Besonders gefährdet seien auch Personen, die von der Al-Shabab verdächtigt werden, Spione der Regierung zu sein (vgl. Landinfo Mai 2013; amnesty Jahresbericht 2013). Umgekehrt wird auch beschrieben, dass es zu Übergriffen der Regierungskräfte auf Personen kommt, die verdächtigt werden, der Al Shabab anzugehören, insbesondere nach Anschlägen der Al Shabab (vgl. Landinfo, Mai 2013; Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12.6.2013). Keine sicheren Rückschlüsse lassen die vorliegenden Erkenntnisquellen zu, in welchem Umfang es auch in den „befreiten“ Städten noch zu der von der Mehrheit der männlichen Asylbewerber geschilderten Zwangsrekrutierung durch die Al Shabab kommt bzw. zu der von weiblichen Asylbewerberinnen geschilderten Durchsetzung extrem islamistischer Vorstellungen zum Auftreten von Frauen, jeweils unter Androhung und Ausübung körperlicher Gewalt. Solche Handlungen sind als Machtinstrument einer Bürgerkriegspartei Ausfluss des außerhalb der „befreiten“ Städte immer noch stattfindenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die verfügbaren Erkenntnisquellen lassen allenfalls Schätzungen bezüglich der Todesopfer zu, nicht aber zu sonstigen Gewaltopfern. Eine quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. oben) ist daher weiterhin nicht möglich.

Zusätzlich zu dieser generellen Einschätzung der Lage in Somalia, kann sich die Klägerin auf Art. 4 Abs. 4 QualRL berufen. Auch wenn ihre Angaben zu den konkreten Ausreisegründen nicht glaubhaft sind, gibt es keine Anhaltspunkte, dass sie Somalia - nach den EURODAC-Treffern wohl im Jahr 2008 - aus anderen Gründen als wegen der instabilen Verhältnisse verlassen hat. Es müssen daher stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung bedroht wird. Nach einem zwanzig Jahre dauernden Bürgerkrieg, mit ständig wechselnden Fronten und häufigem Wechsel der Machtverhältnisse in einzelnen Gebieten ist dies nicht schon deshalb der Fall, weil derzeit die Al Shabab die Macht in Mogadishu so weit verloren hat, dass keine offenen bewaffneten Konflikte mehr stattfinden. Es gibt keine belastbaren Zahlen, in welchem Umfang andere Aktivitäten der Al Shabab bzw. anderer regierungsfeindlicher Gruppierungen sowie willkürliche Akte der auf der Seite der Regierung stehenden Einheiten weiterhin Todes- und Verletzungsopfer in der Zivilbevölkerung fordern. Die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen beschreiben im Ergebnis lediglich, dass die Regierung Siege über die Al Shabab in Mogadishu und anderen Städten errungen hat, nicht dagegen, dass es ihr bereits gelungen wäre, dort ein funktionierendes Polizei- und Justizsystem aufzubauen, das die Bevölkerung effektiv schützen kann. Die insoweit getroffene Einschätzung wird im Übrigen durch eine erst nach der mündlichen Verhandlung hier bekannt gewordene Stellungnahme des UNHCR („International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central Somalia, Januar 2014) bestätigt, die auf der Grundlage einer Auswertung der Situation bis 24.12.2013 ebenfalls von einem weiterhin gegebenen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt mit erheblichen Opfern in der Zivilbevölkerung ausgeht.

Dass sich die Situation in Süd- und Zentralsomalia nicht grundlegend geändert hat und weiterhin dramatisch ist, nimmt im Übrigen offenbar auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge selbst an. Von diesem wird zwar einerseits in gerichtlichen Verfahren einzelner Kläger (z. B. im Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht Az. 10 C 6.13 oder in einzelnen hier anhängig gewordenen Verfahren) die Auffassung vertreten, dass die erforderliche Gefahrendichte für ein Schadensrisiko aller am Ort Aufhältigen nicht mehr gegeben sei. Andererseits wurden aber gleichzeitig im Zeitraum seit 2012 bis heute in erheblichem Umfang bei somalischen Staatsangehörigen neben Flüchtlingsanerkennungen weiterhin Abschiebungshindernisse festgestellt. Ausweislich der vom Bundesamt herausgegebenen Statistik erfolgten im Jahr 2012 in 278 Fällen Flüchtlingsanerkennungen, in 230 Fällen wurden Abschiebungsverbote festgestellt (in Relation zu 38 Ablehnungen). Im Jahr 2013 erfolgten in 452 Fällen Asyl- oder Flüchtlingsanerkennungen, in 268 Fällen wurden Abschiebungsverbote festgestellt (in Relation zu 274 Ablehnungen). Im Zeitraum vom 1.1.2014 bis 28.2.2014 wurden in 73 Fällen Asyl- oder Flüchtlingsanerkennungen ausgesprochen, in 27 Fällen erfolgte die Gewährung von subsidiärem Schutz, in 19 Fällen die Feststellung von Abschiebungsverboten (in Relation zu 32 Ablehnungen). Aufgrund der Zahlen kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle stattgebenden Entscheidungen auf vorangegangenen entsprechenden gerichtlichen Verurteilungen beruht haben oder dass es sich um Einzelfallentscheidungen gehandelt haben kann.

Von der Beklagten wurde nicht angezweifelt, dass die Klägerin - wie angegeben - aus Mogadishu - kommt. Dies ist auch trotz der Ungereimtheiten der weiteren Angaben glaubhaft. Die Angaben bei der Anhörung beim Bundesamt zeigen Ortskenntnisse, die Angaben zu ihrem Clan Sachkenntnisse.

c) Ausschlussgründe bezüglich der Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 2 AsylVfG werden von der Beklagten nicht geltend gemacht und sind auch nach Beiziehung der Ausländerakte der Klägerin nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 104 Übergangsregelungen


(1) Über vor dem 1. Januar 2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung ist nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht zu entscheiden. § 101 Abs. 1 gilt entsprechend. (2) B

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 31. März 2014 - 7 K 13.30434 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 31. März 2014 - 7 K 13.30434 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 04. Sept. 2012 - 10 C 13/11

bei uns veröffentlicht am 04.09.2012

Tatbestand 1 Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt seine Asyl- und Flüchtlingsanerkennung.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 31. März 2014 - 7 K 13.30434.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Mai 2014 - 7 K 13.30208

bei uns veröffentlicht am 23.05.2014

Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylverfahrensgesetz zuzuerkennen. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Über vor dem 1. Januar 2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung ist nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht zu entscheiden. § 101 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Bei Ausländern, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis sind, ist es bei der Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU hinsichtlich der sprachlichen Kenntnisse nur erforderlich, dass sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen können. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 8 findet keine Anwendung.

(3) Bei Ausländern, die sich vor dem 1. Januar 2005 rechtmäßig in Deutschland aufhalten, gilt hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt geborenen Kinder für den Nachzug § 20 des Ausländergesetzes in der zuletzt gültigen Fassung, es sei denn, das Aufenthaltsgesetz gewährt eine günstigere Rechtsstellung.

(4) (weggefallen)

(5) Auch für Ausländer, die bis zum Ablauf des 31. Juli 2015 im Rahmen des Programms zur dauerhaften Neuansiedlung von Schutzsuchenden einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 2 erhalten haben, sind die Regelungen über den Familiennachzug, das Bleibeinteresse, die Teilnahme an Integrationskursen und die Aufenthaltsverfestigung auf Grund des § 23 Absatz 4 entsprechend anzuwenden.

(6) § 23 Abs. 2 in der bis zum 24. Mai 2007 geltenden Fassung findet in den Fällen weiter Anwendung, in denen die Anordnung der obersten Landesbehörde, die auf Grund der bis zum 24. Mai 2007 geltenden Fassung getroffen wurde, eine Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bei besonders gelagerten politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland vorsieht. § 23 Abs. 2 Satz 5 und § 44 Abs. 1 Nr. 2 sind auf die betroffenen Ausländer und die Familienangehörigen, die mit ihnen ihren Wohnsitz in das Bundesgebiet verlegen, entsprechend anzuwenden.

(7) Eine Niederlassungserlaubnis kann auch Ehegatten, Lebenspartnern und minderjährigen ledigen Kindern eines Ausländers erteilt werden, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis nach § 31 Abs. 1 des Ausländergesetzes oder einer Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 2 des Ausländergesetzes waren, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 erfüllt sind und sie weiterhin die Voraussetzungen erfüllen, wonach eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 des Ausländergesetzes oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 2 des Ausländergesetzes erteilt werden durfte.

(8) § 28 Absatz 2 in der bis zum 5. September 2013 geltenden Fassung findet weiter Anwendung auf Familienangehörige eines Deutschen, die am 5. September 2013 bereits einen Aufenthaltstitel nach § 28 Absatz 1 innehatten.

(9) Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 besitzen, weil das Bundesamt oder die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 2, 3 oder 7 Satz 2 in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung vorliegen, gelten als subsidiär Schutzberechtigte im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes und erhalten von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative, es sei denn, das Bundesamt hat die Ausländerbehörde über das Vorliegen von Ausschlusstatbeständen im Sinne des „§ 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a bis d in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung unterrichtet. Die Zeiten des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 Satz 1 in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung stehen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 73b des Asylgesetzes gilt entsprechend.

(10) Für Betroffene nach § 73b Absatz 1, die als nicht entsandte Mitarbeiter des Auswärtigen Amts in einer Auslandsvertretung tätig sind, findet § 73b Absatz 4 ab dem 1. Februar 2016 Anwendung.

(11) Für Ausländer, denen zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 31. Juli 2015 subsidiärer Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder der Richtlinie 2004/38/EG unanfechtbar zuerkannt wurde, beginnt die Frist nach § 29 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 mit Inkrafttreten dieses Gesetzes zu laufen.

(12) Im Falle einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34 und 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes, die bereits vor dem 1. August 2015 erlassen oder angeordnet worden ist, sind die Ausländerbehörden für die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 zuständig.

(13) Die Vorschriften von Kapitel 2 Abschnitt 6 in der bis zum 31. Juli 2018 geltenden Fassung finden weiter Anwendung auf den Familiennachzug zu Ausländern, denen bis zum 17. März 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative erteilt worden ist, wenn der Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke des Familiennachzugs zu dem Ausländer bis zum 31. Juli 2018 gestellt worden ist. § 27 Absatz 3a findet Anwendung.

(14) (weggefallen)

(15) Wurde eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 4 in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung erteilt, gilt § 19d Absatz 1 Nummer 4 und 5 nicht, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d Absatz 1a der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat.

(16) Für Beschäftigungen, die Inhabern einer Duldung bis zum 31. Dezember 2019 erlaubt wurden, gilt § 60a Absatz 6 in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung fort.

(17) Auf Personen mit einer bis zum Ablauf des 30. Juni 2023 abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung nach § 15 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung sind bis zur erstmaligen Erstellung eines Kooperationsplans nach § 15 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der ab dem 1. Juli 2023 gültigen Fassung, spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023, § 44a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 sowie § 45a Absatz 2 Satz 1 in der bis zum 30. Juni 2023 gültigen Fassung weiter anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt seine Asyl- und Flüchtlingsanerkennung.

2

Er reiste im Mai 2006 auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein. Zur Begründung seines Asylantrags gab er an, in der Türkei wegen Unterstützung der PKK ("Kurdische Arbeiterpartei") für 10 Jahre inhaftiert worden zu sein. Nach seiner Entlassung im Jahr 1990 sei er in Syrien und dem Libanon als PKK-Kämpfer ausgebildet worden und habe 1992/93 in der Türkei an Kampfhandlungen teilgenommen. Später sei er bei der ERNK ("Kurdische Befreiungsfront") gewesen und habe politische und logistische Aufgaben erledigt, d.h. finanzielle Dinge geregelt und versucht, Dorfbewohner für die PKK zu gewinnen. Im Nordirak sei er im Oktober 1999 als Guerilla bei einem Angriff von der türkischen Armee verletzt worden und habe sich dann bis 2004 im Lager Kandil aufgehalten. Danach sei er für den KONGRA-GEL ("Volkskongress Kurdistan") im Nordirak als Kontaktmann zu anderen Organisationen eingesetzt worden. Bis 2006 habe er auf einen Gewaltverzicht der PKK gehofft und sich auch entsprechend geäußert. Nachdem sich diese Auffassung in der PKK nicht durchgesetzt habe, habe er sich entschlossen, die Organisation zu verlassen. Aus Furcht, von der PKK als Verräter getötet zu werden, habe er Kontakt mit seiner Familie aufgenommen. Er sei dann über den Iran nach Deutschland gereist.

3

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 25. Juni 2008 als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen und auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehen, und drohte dem Kläger die Abschiebung in die Türkei an. Der Asylantrag sei gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich unbegründet, da beim Kläger die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG vorlägen. Durch seine Mitgliedschaft in der PKK und die langjährigen Guerillaaktivitäten für diese Organisation in der Türkei und im Nordirak sei die Annahme gerechtfertigt, dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling außerhalb Deutschlands eine schwere nichtpolitische Straftat begangen habe.

4

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. Juni 2008 verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass dieser die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfülle. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger als nachhaltiger PKK-Aktivist und exponierter Gegner des türkischen Staates bei der Wiedereinreise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu erleiden habe. Sein Begehren scheitere nicht an der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, denn als PKK-Aktivist habe er im Iran nicht Fuß fassen können. Schließlich habe er keinen Ausschlussgrund verwirklicht. Schwere Straftaten i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG seien vor allem terroristische, d.h. durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnete Handlungen. Der Kläger sei in der Südosttürkei für die PKK aber ganz überwiegend nur propagandistisch tätig gewesen und habe im Nordirak Kontakte zu anderen Organisationen gehalten. Als Guerilla habe er allenfalls 1992 und 1993 gekämpft; bei militärischen Auseinandersetzungen zwischen der PKK und türkischen Sicherheitskräften hätten jedoch Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung nicht im Vordergrund gestanden. Der von der PKK ausgeübte Druck auf die Dorfbevölkerung liege weit unterhalb der Schwelle des Terrors. Die Beseitigung von nicht genehmen oder abtrünnigen PKK-Leuten habe der Kläger weder selbst begangen noch zu verantworten. Zwar habe er von dem Mord an M.S., dessen Todesurteil auf der vom Kläger besuchten "Kerker-Konferenz" im August 1991 von den Anwesenden beschlossen worden sei, Kenntnis haben müssen. Aber ihm könnten diese Gewaltakte nicht zugerechnet werden, da er als einfacher Aktivist die Zusammenhänge und den Unrechtsgehalt der Taten nicht erkannt habe. Jedenfalls habe er sie aufgrund der Rechtfertigungen von Öcalan und seiner Führungsclique für "legitim" halten dürfen. Äußerstenfalls habe er unter einem derartigen Gruppendruck und in konkreter Gefahr für sein eigenes Leben gestanden, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als diese Morde zur Kenntnis zu nehmen. Anschläge auf zivile Ziele in Istanbul und touristische Zentren der Südwesttürkei seien erst erfolgt, als er sich bereits von der PKK losgesagt habe und auf der Flucht gewesen sei. Terroristische Aktivitäten mit internationaler Dimension i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG habe der Kläger nicht unterstützt. Er sei in der Südosttürkei und dem Nordirak aktiv gewesen, habe aber mit Aktivitäten der PKK in Europa, geschweige denn mit solchen terroristischer Art, auch im Vorfeld nichts zu tun gehabt.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, das Berufungsgericht habe die anderweitige Sicherheit des Klägers bzw. Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes nur unzureichend geprüft. Für § 27 AsylVfG komme es - anders als beim Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - nicht auf die Möglichkeit der Rückkehr in den sicheren Drittstaat an. Zudem dränge es sich auf, diesbezüglich auf die Lage des Klägers im Irak abzustellen. Das Berufungsurteil verletze ferner § 3 Abs. 2 AsylVfG, denn das Oberverwaltungsgericht befasse sich bei Prüfung der Nr. 2 nur mit terroristischen Handlungen, die zudem durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sein müssten. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die persönliche Verantwortung des Klägers für das Todesurteil gegen den abtrünnigen M.S. trotz seiner Teilnahme an der "Kerker-Konferenz" ausschließe, seien nicht tragfähig.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit einer Begründung zurückgewiesen, die Bundesrecht verletzt. Denn es hat zum einen bei Prüfung des Asylanspruchs die anderweitige Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG nicht im Hinblick auf den Irak untersucht (1.). Zum anderen halten die Erwägungen, mit denen es die Verwirklichung von Ausschlussgründen gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG durch den Kläger verneint hat, einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand (2.). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen (3.).

9

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen.

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1. Das Berufungsgericht ist, nachdem es für den Kläger als exponierten PKK-Aktivisten bei der Wiedereinreise in die Türkei politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit prognostiziert hat, auf die anderweitige Sicherheit vor Verfolgung nur unter dem Stichwort "Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes" und nur hinsichtlich des Iran, nicht aber des Irak eingegangen (UA S. 21). Damit hat es bei der Verpflichtung zur Asylanerkennung des Klägers § 27 AsylVfG verletzt (1.1); mit Blick auf die Flüchtlingsanerkennung erweist sich seine Entscheidung aber im Ergebnis als zutreffend (1.2).

11

1.1 Nach § 27 Abs. 1 AsylVfG wird ein Ausländer, der bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war, nicht als Asylberechtigter anerkannt. Hat sich ein Ausländer in einem sonstigen Drittstaat, in dem ihm keine politische Verfolgung droht, vor der Einreise in das Bundesgebiet länger als drei Monate aufgehalten, so wird gemäß Absatz 3 Satz 1 der Vorschrift vermutet, dass er dort vor politischer Verfolgung sicher war. Das gilt gemäß Satz 2 nicht, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass eine Abschiebung in einen anderen Staat, in dem ihm politische Verfolgung droht, nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen war.

12

Das Berufungsgericht hat diese Vorschrift bei der Prüfung des Asylanspruchs nicht in den Blick genommen, obwohl es davon ausgeht, dass der Kläger mehrere Jahre im Nordirak gelebt hat. Nach den tatrichterlichen Feststellungen spricht alles dafür, dass er dort vor einer Verfolgung durch den türkischen Staat sicher war und eine Lebensgrundlage nach Maßgabe der dort bestehenden Verhältnisse gefunden hat (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1987 - BVerwG 9 C 285.86 - BVerwGE 78, 332 <344 ff.> zu § 2 AsylVfG 1982); eine Verfolgung seitens des Irak hat der Kläger selbst nicht behauptet. Damit greift die widerlegbare gesetzliche Vermutung des § 27 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG ein.

13

Daher hätte das Berufungsgericht der Frage nachgehen müssen, ob der Kläger durch seine Abkehr von der PKK die im Nordirak bestehende Verfolgungssicherheit verloren hat. Denn § 27 AsylVfG findet keine Anwendung und die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen lebt wieder auf, wenn der in einem anderen Land gewährte Schutz vor politischer Verfolgung durch Widerruf, praktischen Entzug oder aus anderen Gründen entfällt; dies gilt auch dann, wenn sich der Asylbewerber längere Zeit in dem Drittstaat aufgehalten hat. Einem Asylanspruch steht die anderweitige Verfolgungssicherheit allerdings dann entgegen, wenn der Asylbewerber auf den Verfolgungsschutz freiwillig verzichtet, etwa durch eine nicht erzwungene Ausreise aus dem Gebiet des ihm Schutz gewährenden Staates (so bereits Urteil vom 6. April 1992 - BVerwG 9 C 143.90 - BVerwGE 90, 127 <135> m.w.N. zu § 2 AsylVfG 1982). Der Wegfall des Schutzes oder das Entstehen neuer Verfolgungsgefährdung durch die Abkehr von einer terroristischen Organisation - wie der PKK - steht einer freiwilligen Aufgabe der anderweitigen Sicherheit aber nicht gleich. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, welche Konsequenzen der Kläger als abtrünniges PKK-Mitglied im Irak zu befürchten hatte und ob seine Verfolgungssicherheit durch ggf. erfolgende Nachstellungen der PKK entfallen ist. Da hierzu jegliche tatrichterlichen Feststellungen fehlen, ist die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Asylanerkennung des Klägers schon aus diesem Grund aufzuheben.

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1.2 Auch bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung hat das Berufungsgericht die Regelung des § 27 AsylVfG nicht herangezogen. Das verletzt Bundesrecht nicht, denn die Vorschrift betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG, nicht aber die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Urteil vom 8. Februar 2005 - BVerwG 1 C 29.03 - BVerwGE 122, 376 <386> m.w.N.). Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, für die es auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Februar 2005 a.a.O.) zurückgegriffen hat, erweisen sich jedoch mit den inzwischen zu beachtenden unionsrechtlichen Vorgaben als nicht mehr vereinbar. Denn nach Ablauf der Umsetzungsfristen für die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) - Qualifikationsrichtlinie - und die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl EU Nr. L 326 vom 13. Dezember 2005 S. 13; berichtigt ABl EU Nr. L 236 vom 31. August 2006 S. 35) - Verfahrensrichtlinie - ist für ein materiellrechtliches Verständnis der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes kein Raum mehr.

15

Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG sieht einen materiellrechtlichen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung aus Gründen der Subsidiarität nur in Fällen des Schutzes oder Beistands einer Organisation oder Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR oder dann vor, wenn der Betroffene von den Behörden des Aufenthaltsstaates als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten eines Staatsangehörigen dieses Landes oder gleichwertige Rechte und Pflichten hat. Die Möglichkeit anderweitig bestehender Sicherheit vor Verfolgung greift die Qualifikationsrichtlinie im Übrigen nur mit Blick auf den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG) auf, nicht aber im Hinblick auf die Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat. Das Unionsrecht verfolgt insoweit keinen materiellrechtlichen, sondern einen verfahrensrechtlichen Ansatz: Nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Mitgliedstaat einen Asylantrag als unzulässig betrachten, wenn ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als erster Asylstaat des Asylbewerbers gemäß Art. 26 RL 2005/85/EG betrachtet wird. Nach Art. 26 Satz 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Staat als erster Asylstaat eines Asylbewerbers u.a. dann angesehen werden, wenn dem Asylbewerber in dem betreffenden Staat anderweitig ausreichender Schutz einschließlich der Anwendung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährt wird, vorausgesetzt, dass er von diesem Staat wieder aufgenommen wird. Nach diesem verfahrensrechtlichen Konzept des ersten Asylstaats sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, einen Asylantrag in der Sache zu prüfen, wenn ein Drittstaat dem Antragsteller - auch ohne ihn als Flüchtling anzuerkennen - anderweitig ausreichenden Schutz gewährt und die Rückübernahme des Antragstellers in diesen Staat gewährleistet ist (vgl. auch den 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/85/EG).

16

Der deutsche Gesetzgeber hat dieses verfahrensrechtliche Konzept des ersten Asylstaats in § 29 Abs. 1 AsylVfG in der Weise umgesetzt, dass ein Asylantrag - und damit auch ein Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG) - unbeachtlich ist, wenn offensichtlich ist, dass der Ausländer bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen Staat oder in einen anderen Staat, in dem er vor politischer Verfolgung sicher ist, möglich ist. In den Fällen des § 29 Abs. 1 AsylVfG droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war (§ 35 AsylVfG). Das Asylverfahren ist gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG allerdings fortzuführen, wenn die Rückführung innerhalb von drei Monaten nicht möglich ist. Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unbeachtlichkeit des Antrags wird unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht; auch dann hat das Bundesamt das Asylverfahren fortzuführen (§ 37 Abs. 1 AsylVfG). Das Asylverfahrensgesetz knüpft somit an die Offensichtlichkeit, dass der Ausländer in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen oder einen anderen sicheren Drittstaat möglich ist, ausschließlich die Unbeachtlichkeit des Asylantrags mit der verfahrensrechtlichen Folge, dass eine Abschiebungsandrohung in einen sicheren Drittstaat ohne umfassende Sachprüfung des Asylbegehrens ergehen kann. Macht das Bundesamt davon keinen Gebrauch, sondern entscheidet es - wie hier - über das Asylbegehren in der Sache, bleibt für eine materiellrechtlich verstandene Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes mit Blick auf die o.g. unionsrechtlichen Vorgaben kein Raum mehr. Die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Februar 2005 a.a.O.) erweist sich insoweit als überholt.

17

2. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger keinen der in § 3 Abs. 2 AsylVfG enthaltenen Ausschlussgründe verwirklicht. Die dafür angeführten Erwägungen halten einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand.

18

Ein Ausländer ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG nicht Flüchtling, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG), wenn er vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG), oder wenn er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG). Dies gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). Liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 AsylVfG vor, ist der Asylantrag gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, so dass sich die Ausschlussgründe auch auf die Asylanerkennung erstrecken.

19

2.1 Das Berufungsgericht hat zu § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG ausgeführt, der Kläger habe während seiner Zugehörigkeit zur PKK weder eine schwere nichtpolitische Straftat, insbesondere keine terroristische Handlung, begangen noch sei ihm eine solche zuzurechnen. Terroristische Handlungen seien Gewaltaktionen zur Erreichung politischer Ziele, die durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet seien (UA S. 24). Indem das Berufungsgericht der Prüfung dieses Ausschlussgrundes ausschließlich terroristische Gewaltaktionen der PKK zugrunde gelegt hat, die sich durch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung auszeichnen, hat es - wie die Beklagte zutreffend rügt - einen zu engen Maßstab gewählt.

20

§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG dient wie Art. 1 F Buchst. b GFK dem Ausschluss "gemeiner Straftäter", denen man den Flüchtlingsschutz vorenthalten wollte, um den Status eines "bona fide refugee" aus Gründen der Akzeptanz in der internationalen Gemeinschaft nicht in Misskredit zu bringen. Daher rechtfertigt nicht jedes kriminelle Handeln des Schutzsuchenden vor seiner Einreise einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung. Vielmehr muss der Straftat zunächst ein gewisses Gewicht zukommen, wofür internationale und nicht lokale Standards maßgeblich sind. Es muss sich also um ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat handeln, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird (Urteil vom 24. November 2009 - BVerwG 10 C 24.08 - BVerwGE 135, 252 Rn. 41).

21

Zugleich muss die Tat nichtpolitisch sein. Dazu ist auf den Delikttypus sowie die der konkreten Tat zugrunde liegenden Motive und die mit ihr verfolgten Zwecke abzustellen. Nichtpolitisch ist eine Tat, wenn sie überwiegend aus anderen Motiven, etwa aus persönlichen Beweggründen oder Gewinnstreben begangen wird. Besteht keine eindeutige Verbindung zwischen dem Verbrechen und dem angeblichen politischen Motiv bzw. Ziel oder ist die betreffende Handlung in Bezug zum behaupteten politischen Ziel unverhältnismäßig, überwiegen nichtpolitische Beweggründe und kennzeichnen die Tat damit insgesamt als nichtpolitisch. So hat der Gesetzgeber in Umsetzung des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b letzter Halbsatz der Richtlinie 2004/83/EG insbesondere grausame Handlungen beispielhaft als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft, auch wenn mit ihnen vornehmlich politische Ziele verfolgt werden. Dies ist bei Gewalttaten, die gemeinhin als "terroristisch" bezeichnet werden, regelmäßig der Fall (Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 42), insbesondere, wenn sie durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - Rs. C-57/09 und 101/09 - NVwZ 2011, 285 Rn. 81; dem folgend Urteil vom 7. Juli 2011 - BVerwG 10 C 26.10 - BVerwGE 140, 114 Rn. 35). Letzteres ist aber - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - keine notwendige, sondern eine bereits hinreichende Voraussetzung für das Vorliegen einer nichtpolitischen Straftat. Die vorsätzliche rechtswidrige und schuldhafte Tötung oder erhebliche Verletzung eines Menschen erweist sich in Bezug auf das behauptete politische Ziel grundsätzlich als unverhältnismäßig und ist daher in aller Regel eine schwere nichtpolitische Straftat unabhängig davon, ob das Opfer ein Angehöriger der staatlichen Sicherheitskräfte, der Zivilbevölkerung oder ein abtrünniges Mitglied der eigenen Organisation ist.

22

Demzufolge hätte das Berufungsgericht bei der Prüfung des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG die Beteiligung des Klägers an Kampfhandlungen in den Jahren 1992/93 sowie Angriffe der PKK mit Opfern auf Seiten der türkischen Sicherheitskräfte nur dann aus seiner Betrachtung ausscheiden dürfen, wenn es zuvor festgestellt hätte, dass die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat die völker(straf)rechtliche Schwelle eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut überschritten haben. Dann würden die für einen solchen Konflikt vorgesehenen Regelungen des Humanitären Völkerrechts und deren völkerstrafrechtlicher Sanktionierung auch die Maßstäbe beeinflussen, nach denen sich in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Mittel beurteilt. Denn soweit Kampfhandlungen von Kämpfern in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG erfasst werden, erfüllen sie in der Regel auch nicht den Ausschlussgrund der schweren nichtpolitischen Straftat (Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 43). Dazu, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat im Südosten der Türkei Anfang der 1990er Jahre die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut (vgl. dazu Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 33) erfüllten, hat das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.

23

2.2 Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Ermordung des abtrünnigen PKK-Mitglieds M.S., dessen Todesurteil nach den tatsächlichen Feststellungen auf der vom Kläger besuchten "Kerker-Konferenz" im August 1991 von mehr als fünfhundert PKK-Leuten "beschlossen" worden ist, als dem Kläger nicht zurechenbar ansieht (UA S. 27), verletzen ebenfalls § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 AsylVfG. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Kläger als einfacher PKK-Aktivist die Zusammenhänge und den Unrechtsgehalt der Taten nicht erkannt hat, sie aber jedenfalls aufgrund der Rechtfertigung der PKK-Führung für "legitim" habe halten dürfen. Äußerstenfalls habe er unter einem derartigen Gruppendruck gestanden und konkrete Gefahr für sein eigenes Leben befürchten müssen, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als diese Morde zur Kenntnis zu nehmen. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

24

Bei der Prüfung des Ausschlussgrunds des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG ist zu berücksichtigen, dass die notwendige individuelle Verantwortlichkeit eine Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne erfordert, wobei allerdings mit Blick auf die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände das im Vergleich zum Strafrecht abgesenkte Beweismaß ("wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist"; vgl. dazu Urteil vom 31. März 2011 - BVerwG 10 C 2.10 - BVerwGE 139, 272 Rn. 26) genügt. Soweit keine Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht zu ziehen sind und daher nicht zugleich § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG mit dem dynamischen Verweis auf die Regelungen im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 eingreift, liegt mangels einheitlicher internationaler Kriterien sowohl für Täterschaft und Teilnahme (vgl. die Länderberichte in: Sieber/Cornils, Nationales Strafrecht in rechtsvergleichender Darstellung, Teilband 4 Tatbeteiligung, Berlin 2010) als auch für Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe (vgl. dazu die Beiträge in: Eser/Fletcher, Rechtfertigung und Entschuldigung - Rechtsvergleichende Perspektiven, Bd. I 1987 und Bd. II 1988) grundsätzlich zunächst eine Orientierung an den Regeln des nationalen Strafrechts nahe (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38).

25

Gerechtfertigt werden kann die Tötung eines Menschen nur durch Notwehr, nicht aber nach dem Prinzip des überwiegenden Interesses, denn das Leben eines Menschen steht in der Werteordnung des Grundgesetzes und der Menschenrechte - ohne zulässige Relativierung - an höchster Stelle der zu schützenden Rechtsgüter (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; Art. 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, Resolution 217 A der Generalversammlung der UN; Art. 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl II 1973, 1533; Art. 2 Abs. 1 EMRK; Art. 2 GRCh). Dieser allgemein anerkannte Rang des Rechts auf Leben in der Wertehierarchie der internationalen Gemeinschaft lässt die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums als Entschuldigungsgrund im Hinblick auf die Tötung eines Menschen nur schwerlich als vorstellbar erscheinen. Denn bei einem offensichtlich rechtswidrigen vorsätzlichen Tötungsdelikt kommt ein Schuldausschluss nicht in Betracht, wenn nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände gegen eine Erkennbarkeit des Strafrechtsverstoßes sprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1996 - 2 BvR 1851/94 u.a. - BVerfGE 95, 96 <142>). Diesem strengen Maßstab genügt die Annahme des Berufungsgerichts auf der Grundlage seiner zur "Kerker-Konferenz" getroffenen tatrichterlichen Feststellungen, der Kläger habe das "Todesurteil" für M.S. wegen der Rechtfertigung durch die PKK-Führung für legitim halten dürfen, nicht. Auch die - mit der Annahme eines Verbotsirrtums im Übrigen unvereinbare - Entschuldigung durch einen Nötigungsnotstand vermag die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen. Gegen die vom Berufungsgericht nicht mit tatsächlichen Feststellungen unterlegte Annahme, der Kläger habe nur aus Angst um das eigene Leben nicht gegen das "Todesurteil" der PKK-Führung aufbegehrt, spricht bereits, dass er sich nicht unmittelbar nach der "Kerker-Konferenz" von der PKK gelöst hat.

26

2.3 Das Berufungsgericht hat den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG nicht durchgreifen lassen, da der Kläger keine terroristischen Aktivitäten mit internationaler Dimension unterstützt habe. Er sei in der Südosttürkei und dem Nordirak aktiv gewesen, habe aber mit terroristischen Aktivitäten der PKK in Europa auch im Vorfeld nichts zu tun gehabt. Auch diese Erwägungen verletzen Bundesrecht. Das Berufungsgericht nimmt für die internationale Dimension, die Handlungen des Terrorismus grundsätzlich haben müssen, um die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen berühren zu können (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 im Anschluss an EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 82 ff.), nur die terroristischen Aktivitäten der PKK in Europa, nicht aber deren grenzüberschreitende Aktionen im Nordirak in den Blick. Zudem müssen Unterstützungshandlungen zugunsten einer Organisation, die - wie die PKK - Akte des internationalen Terrors begeht, sich nicht konkret auf terroristische Aktionen internationaler Qualität beziehen, um von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 AsylVfG erfasst zu werden. Denn dieser Ausschlussgrund verlangt keine Zurechnung nach strafrechtlichen Kriterien, da er kein strafbares Handeln im Sinne einer Beteiligung an bestimmten Delikten voraussetzt. Demzufolge können auch rein logistische Unterstützungshandlungen von hinreichendem Gewicht im Vorfeld den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 AsylVfG erfüllen (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 39). Soweit das Berufungsgericht schließlich ausführt, die Aktivitäten des Klägers hätten nicht das für § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG erforderliche Gewicht gehabt, beruht seine Wertung infolge zu enger Maßstäbe auf unzureichenden Tatsachenfeststellungen.

27

3. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Ausschlussgründen des § 3 Abs. 2 AsylVfG kann der Senat nicht abschließend selbst entscheiden, ob dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Asyl- und Flüchtlingsanerkennung zustehen. Deshalb ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das neue Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

28

Das Berufungsgericht wird zunächst seine Überzeugungsbildung zu der von ihm gestellten Prognose, der Kläger habe bei einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten, aktualisieren und jedenfalls detailliert begründen müssen. Mit Blick auf die dafür in der angefochtenen Entscheidung angeführten Quellen, u.a. den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2011, ist seine Annahme jedenfalls nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Denn das Berufungsgericht hat sich mit der Aussage im Lagebericht auf S. 27 nicht auseinandergesetzt, dass weder dem Auswärtigen Amt noch türkischen Menschenrechtsorganisationen oder Vertretungen anderer EU-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren Fälle bekannt geworden seien, in denen auch exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt worden seien. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt jedoch, dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, ohne einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse auszublenden oder zu übergehen.

29

Hat der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen seiner PKK-Tätigkeit - über reine Strafverfolgungsmaßnahmen hinaus - politische Verfolgung zu befürchten, ist im Hinblick auf die Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 AsylVfG in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, dass die PKK jedenfalls bis zum Ausscheiden des Klägers eine terroristische Organisation war (Urteile vom 30. März 1999 - BVerwG 9 C 23.98 - BVerwGE 109, 12 <20 ff.>; vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <129 f.> und vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 35). Im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Begriff der schweren nichtpolitischen Straftat sich nicht auf terroristische Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung beschränkt. Im Rahmen der tatsächlichen Würdigung des Verhaltens der PKK gegenüber der Landbevölkerung im Südosten der Türkei hat das Berufungsgericht das gesamte Geschehen der Auseinandersetzung in den Blick zu nehmen und dabei Feststellungen zu den tatsächlichen Übergriffen und Opfern der PKK aus jener Zeit zu treffen. Dabei wird sich das Berufungsgericht auch mit den entsprechenden Feststellungen anderer Obergerichte auseinanderzusetzen haben (vgl. z.B. VGH München, Urteil vom 21. Oktober 2008 - 11 B 06.30084 - juris Rn. 34 ff.; OVG Schleswig, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 4 LB 5/11 - juris Rn. 45 f.; OVG Bautzen, Urteil vom 22. März 2012 - A 3 A 428/11 - juris Rn. 37). Für die Berücksichtigung von Opfern bei den Sicherheitskräften und diesen nahestehenden Zivilpersonen wird gegebenenfalls auch zu prüfen sein, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat Anfang der 1990er Jahre die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut erfüllten und - sollte dies bejaht werden - PKK-Aktionen (zumindest teilweise) als Verstöße gegen das Völkerrecht i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG zu werten sind.

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Allerdings rechtfertigt - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - allein der Umstand, dass der Kläger der PKK angehört hat und den von dieser Organisation geführten bewaffneten Kampf aktiv unterstützt hat, nicht automatisch die Annahme eines der genannten Ausschlussgründe. Zur Ermittlung der individuellen Verantwortung des Klägers bedarf es vielmehr einer genauen Würdigung seiner gesamten Aktivitäten für die PKK sowohl als Kämpfer als auch anschließend als Funktionär bei der Wahrnehmung politischer, logistischer und finanzieller Aufgaben. Dabei ist seine jedenfalls zuletzt offenbar nicht nur untergeordnete Stellung innerhalb der Organisation zu berücksichtigen. Bei der tatsächlichen Würdigung ist dem in der Vorschrift geregelten Beweisniveau Rechnung zu tragen (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 94 ff.). Nur zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der abgesenkte Beweismaßstab des § 3 Abs. 2 AsylVfG sich nur auf die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen, nicht aber deren (straf)rechtliche Würdigung z.B. als schwere nichtpolitische Straftat bezieht.

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Für die Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat richtet sich die Zurechnung grundsätzlich zunächst nach nationalen strafrechtlichen Maßstäben (s.o. Rn. 24); erfasst wird mithin sowohl der Täter als auch der Anstifter. Auch der in sonstiger Weise Beteiligte ist für eine schwere nichtpolitische Straftat verantwortlich, wenn er eine strafrechtlich relevante Beihilfe i.S.d. § 27 StGB begangen hat. Allerdings muss auch im Fall der Beihilfe der Tatbeitrag nach seinem Gewicht dem einer schweren nichtpolitischen Straftat im Sinne dieser Vorschrift entsprechen (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird insoweit u.a. der Rolle des Klägers bei der sog. "Kerker-Konferenz" nachgehen müssen. Sollte es sich bei dieser Veranstaltung - was angesichts der streng hierarchischen Struktur der PKK durchaus in Betracht kommt - um einen reinen "Schauprozess" gehandelt haben, bei dem das "Todesurteil" der Führung bereits zuvor unumstößlich feststand, läge wohl mangels objektiver Förderung oder Erleichterung der Tathandlung eine Strafbarkeit selbst in der Form einer psychischen Beihilfe nicht nahe (vgl. zur psychischen Beihilfe: BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07 - NJW 2008, 1460 <1461>).

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Bei dem Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG, der jedenfalls bei Handlungen des Terrorismus mit internationaler Dimension auch von Personen verwirklicht werden kann, die keine Machtposition in einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation haben, setzt der Tatbestand nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraus. Von diesem Ausschlussgrund können auch Personen erfasst werden, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zugunsten terroristischer Aktivitäten vornehmen. Zusätzlich wird allerdings - um der Funktion dieses Ausschlussgrundes gerecht zu werden - in jedem Fall zu prüfen sein, ob der individuelle Beitrag des Betroffenen ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG entspricht (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 und 39 m.w.N.).

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Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger keinen Ausschlussgrund verwirklicht hat, wird es schließlich prüfen müssen, ob § 27 AsylVfG seiner Asylanerkennung entgegensteht, weil er auch nach Loslösung von der PKK im Irak vor politischer Verfolgung sicher war.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.