Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 03. Juli 2018 - RO 7 S 18.767

bei uns veröffentlicht am03.07.2018

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 des Bescheides des Antragsgegners vom 9.5.2018 wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Der Antragsteller und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine baurechtliche Nutzungsuntersagung.

Der Antragsteller ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs u.a. auf den Grundstücken FlNr. 483 und 487 der Gemarkung E... (S...-straße 1, P...). Im Rahmen einer Kontrolle durch das zuständige Veterinäramt am 9.2.2015 fielen neben Verstößen im Bereich des Tierschutz- und Tierseuchenrechts auch die Baufälligkeit eines hinteren Teils eines Rinderstalles auf o.g. Anwesen auf. Anlässlich eines Ortstermins mit dem Landratsamt am 12.3.2015 wurde vereinbart, einen Statiker einzuschalten. Mit Email vom 20.3.2015 teilte dieser Statiker nach Besichtigung des Stallgebäudes am 19.3.2015 mit, dass verschiedene Maßnahmen zur baulichen Ertüchtigung des Stallgebäudes durchgeführt werden (u.a. Erneuerung Dachstuhl, Erneuerung schadhafter Stallstützen etc.). Mit Email vom 11.5.2015 teilte der Statiker mit, dass sich der Bauherr nicht um eine rasche Sanierung bemühe und er eine weitere Zusammenarbeit mit dem Bauherrn ablehne. Die Bausubstanz befinde sich in einem schlechten Zustand. Um Personen- und Sachschaden zu vermeiden, müsse dringend ein anderes Statikbüro eingeschaltet werden.

Mit Bescheid vom 5.6.2015 wurde dem Antragsteller aufgegeben, einen Statiker zu beauftragen, welcher den Rinderstall begutachtet und feststellt, welche Sofortmaßnahmen wegen der augenscheinlichen Baufälligkeit unverzüglich zu ergreifen sind, wie ggf. vorübergehende Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen sind und welche weiteren Maßnahmen in absehbarer Zeit notwendig werden. Insoweit wurde auch die Ersatzvornahme angedroht. Der Antragsteller teilte nachfolgend mit, verschiedene Maßnahmen ergriffen zu haben. Es wurde eine statische Berechnung des Ing. Büros … vom 26.8.2015 für den partiellen Wiederaufbau des Stalldaches im Bereich von Sturmschäden vorgelegt. Darin wird u.a. aufgeführt, dass die zum Teil bereits eingestürzte Dachkonstruktion zurückgebaut und durch ein neues Dach aus Sparren, Pfetten, Fachwerkbindern ersetzt werde. In den Bereichen A und B liege ein Käferbefall vor. Es werde empfohlen, den gesamten Bestand von einem Sachverständigen auf weitere Befallstellen untersuchen zu lassen und evtl. Sanierungsmaßnahmen einzuleiten.

Anlässlich einer örtlichen Überprüfung am 20.2.2018 durch den Antragsgegner wurde in einem Aktenvermerk festgehalten, das Stallgebäude mache nicht den Anschein, dass es seit der letzten Überprüfung vor Ort stark saniert worden sei. Es sei nur schwer zu erkennen gewesen, ob und ggf. wo Erneuerungen angebracht worden seien. Der Antragsteller und sein Bruder erklärten, dass der Rückbau des baufälligen Abschnittes des Stallgebäudes bis Mai 2018 erfolgen solle.

Mit Schreiben vom 11.4.2018 wurde der Antragsteller aufgefordert, einen Standsicherheitsnachweis eines zugelassenen Tragwerksplaners bis spätestens 20.4.2018 dem Landratsamt vorzulegen. Sollte der Antragsteller diese Frist nicht einhalten, werde das Landratsamt eine kostenpflichtige und zwangsgeldbewehrte Anordnung erlassen. Gleichzeitig beabsichtige das Landratsamt den Erlass einer Nutzungsuntersagung für das komplette Stallgebäude, bis sichergestellt werden könne, dass die ausreichende Standsicherheit des Gebäudes gegeben ist. Vor Erlass der Bescheide werde dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bis zum genannten Zeitpunkt zu äußern. Das Schreiben gelte daher als Anhörung i.S.d. des Art. 28 BayVwVfG. Bei der Begehung des Gebäudes sei noch immer ein großes Loch im Dachstuhl im Norden des Gebäudes festgestellt worden. Durch die eindringende Nässe seien die tragenden Bauteile des Stallgebäudes bereits stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Inwieweit derzeit noch eine Tragfähigkeit für das Stallgebäude, in welchem ebenfalls Tiere untergebracht seien, bestünde, könne durch das Landratsamt nicht abschließend beurteilt werden. Beim Ortstermin habe man sich deshalb darauf geeinigt, dass der Antragsteller innerhalb von 2 Wochen nach der Ortsbesichtigung eine Bestätigung eines zugelassenen Tragwerksplaners vorlege, welcher die ausreichende Standsicherheit des aktuellen baulichen Zustands bescheinige. Diese geforderte Bescheinigung habe der Antragsteller bislang nicht vorgelegt.

Am 26.4.2018 sollte eine erneute Baukontrolle durchgeführt werden, die allein anwesende Schwester des Antragstellers verweigerte jedoch den Zutritt. Am 7.5.2018 fand daraufhin eine erneute Baukontrolle statt. In einem Aktenvermerk des zuständigen Technikers des Landratsamt vom 8.5.2018 ist zur Überprüfung der Stallgebäude festgehalten, dass im Bereich des Dachfirstes im Gebäudewinkel sich eine Einsenkung im Firstverlauf zeige. Dies könne auf eine Senkung des darunterliegenden Dachstuhls in diesen Bereichen deuten. Weiterhin zeige sich im Bereich der statischen Verstrebungen des Dachstuhls, dass diese teilweise gar nicht mehr bzw. in Teilbereichen nur unterbrochen vorhanden seien. Hier sei eine Ableitung von auftretenden Lasten nicht mehr gegeben. Durch die undichte Dacheindeckung bestünde weiterhin die Gefahr, dass das vorhandene Dachtragwerk durchfeuchtet werde. Dringe über einen längeren Zeitraum Feuchtigkeit in diesen Bereich ein, könne es hier auch zu Schäden in der Holzkonstruktion kommen, teilweise zeigten sich bereits Schädigungen an dieser Konstruktion. Auf Grund der vorhandenen Schädigungen und unnatürlichen Gebäudeöffnungen könne eine Beeinträchtigung der Standsicherheit nicht ausgeschlossen werden. Um evtl. Schäden bzw. Gefahren für Personen und Tiere vorzubeugen, sei derzeit davon auszugehen, dass die Standsicherheit in Teilbereichen nicht mehr gegeben sei. Ob bei einem Einsturz von Teilbereichen des Rinderstallgebäudes auch weitere Gebäudeanbauten einstürzen würden, könne nicht abschließend ausgeschlossen werden. Auf Grund der vor Ort vorherrschenden und bestehenden Einsturzgefahr solle eine schnellstmögliche Entscheidung über eine Nutzungsuntersagung für den Rinderstall und einen Teilbereich des angebauten Nordgebäudes getroffen werden.

Mit Bescheid vom 9.5.2018 untersagte das Landratsamt unter Bezugnahme auf einen beigefügten Lageplan für den Rinderstall im Westen und den Verbindungsanbau im Norden der FlNr. 483 Gemarkung E... ab Zustellung des Bescheides bis zur Vorlage eines Standsicherheitsnachweises eines zugelassenen Tragwerksplaners, aus welchem hervorgeht, dass der einsturzgefährdete Rinderstall und der Verbindungsanbau ausreichend standsicher ertüchtigt worden sei, jegliche Nutzung (Ziffer 1). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 2). Für den Fall der Nichtbeachtung der in Nr. 1 des Bescheides festgelegten Pflicht werde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.500,- Euro zur Zahlung fällig (Ziffer 3). Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen. Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 15.5.2018 zugestellt.

Am 21.5.2018 ließ der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen. Zur Begründung wird u.a. vorgebracht, die Anordnung des Sofortvollzuges genüge nicht den formalen Kriterien des § 80 VwGO, insbesondere sei keine hinreichende Begründung (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) erfolgt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht gewahrt. Das mildeste Mittel, das vorliegend in einer Anordnung der Prüfung durch einen Statiker hinsichtlich notwendiger Sicherungsmaßnahmen und einem möglicherweise eng begrenzten Teilabriss der ohnehin nicht für die Landwirtschaft genutzten Stallteile, welche wirklich einsturzgefährdet sein könnten, bestanden hätte, sei nicht gewählt worden. Stattdessen habe der Antragsgegner pauschal die Nutzung eines für die Rinderzucht stets genutzten und in keiner Weise absturzgefährdeten Teils des Stalles angeordnet und damit die Erwerbsquelle des Antragstellers, namentlich seine Existenz, zu vernichten beabsichtigt und im Sinne eines weiteren Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den unmittelbaren Verkauf des gesamten Viehbestandes im Sinne der einzigen Möglichkeit der Erfüllung der Nutzungsuntersagung letztlich angeordnet. Dies zumal keinerlei zusätzliche Gefährdung in den letzten 3 Jahren seit der vormaligen Überprüfung hinzugekommen sei. Es sei bekannt, dass der Antragsteller Maßnahmen beabsichtige, die neben dem erwähnten Teilabriss des wirklich einsturzgefährdeten (und nicht genutzten) Stallteiles zusätzliche Stützmaßnahmen beinhalte. Eine tatsächliche Einsturzgefahr bestehe nur in einem Bereich, der weder von Menschen genutzt noch in dem Tiere gehalten würden. Das Stallgebäude sei in den hinteren Teilbereichen (Nordseite) bereits frei von Tieren und werde nur im vorderen Bereich benutzt. Die Stahlstützen, die im Jahre 2015 von dem Antragsgegner bemängelt worden seien, seien gewechselt worden und aus diesem Grunde sei der vordere Teil des Stalles überhaupt nicht zur Disposition zu stellen. Außerdem seien Abstützungen an der Nordseite an die beschädigten Bauteile angebracht worden. Reparaturbedürftig seien unzweifelhaft der Nordteil (Nagelbrettbinder) und Teilbereiche des Überbaus über dem Stallgebäude in der Verschneidung mit der querlaufenden Scheune (Überbau). Der Antragsteller sei im Begriff, diese Reparaturmaßnahmen durchzuführen, dabei bestehe jedoch keinerlei Gefahr für das Leben von Menschen oder auch nur der Tiere. Es sei vollkommen unerfindlich, den unteren Teil der Scheune (östlicher Bereich) ebenso mit in den Bereich der Reparaturmaßnahme einzubeziehen, um den Betrieb komplett in Bezug auf die Viehhaltung und die Lagerung von Heu, Stroh und anderen Betriebsmitteln vollständig stillzulegen. Im Bescheid werde wahrheitswidrig der Aufbau der Stallscheune, der über dem vorderen Stallbereich liege, ebenso als nicht standsicher eingestuft. Der Stallbetrieb mit Viehhaltung sei als eine der zwingenden Lebensgrundlagen des landwirtschaftlichen Betriebes anzusehen. Es läge für den Rinderstall Bestandsschutz vor. Der Antragsteller könne keinen Ersatzstall anmieten oder pachten, daher müsse er die Tiere verkaufen. Der Schaden daraus sei unabsehbar und der Antragsteller könne nicht mehr in die Lage versetzt werden, in Zukunft seinem Broterwerb nachzugehen. Eine großflächige Nutzungsuntersagung quasi als Strafmaßnahme sei auch nie erwähnt worden und treffe den Antragsteller vollkommen unvorbereitet. Es habe auch keine Anhörung im April 2018 gegeben, wie sich der Verfahrensakte entnehmen lassen dürfte. Das im Bescheid genannte Schreiben vom 11.4.2018, als angebliche Anhörung tituliert, sei beim Antragsteller nicht nachweislich angekommen.

Der Antragsteller beantragt,

  • 1.die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9.5.2018 wiederherzustellen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), und

  • 2.bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1. die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9.5.2018 wiederherzustellen (Hängebeschluss).

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebende Wirkung abzuweisen.

Das Rinderstallgebäude im Westen als auch ein Teilbereich des Verbindungsbaus im Norden seien durch den derzeit vorherrschenden Reparaturstau akut einsturzgefährdet. Bei der Begehung der Gebäudlichkeiten sei weiterhin ein großes Loch im Dachstuhl im Norden des westlichen Gebäudes festgestellt worden. Durch die eindringende Nässe seien die tragenden Bauteile des Stallgebäudes stark in Mitleidenschaft gezogen. So sei aktuell im Norden des westlichen Gebäudes die gesamte Giebelfläche freiliegend, was den baulichen Verfall des bestehenden Gebäudes beschleunige. Durch die teils großflächig abgedeckte Dachhaut seien die freiliegenden Dachsparren und tragenden Bauteile des Gebäudes (Stahlträger) starken Witterungseinflüssen ausgesetzt. Dies führe zu massiven Verrostungen der Stahlstützen und morschen Balken in den tragenden Bauteilen. Teilweise seien Querträger aus Holz vollständig abgefallen, da sie morsch gewesen seien. Die im Standsicherheitsnachweis vom 26.8.2015 geforderten Maßnahmen (baldige Erneuerung des Daches) zur Ertüchtigung der Standsicherheit seien vom Eigentümer nicht vollumfänglich vorgenommen worden. Durch den unmittelbaren Anbau des einsturzgefährdeten westlichen Rinderstallgebäudes an das nördliche Stallgebäude (nördlicher Verbindungsbau) sei bei einem Einsturz des westlichen Gebäudes davon auszugehen, dass auch Teile des nördlichen Gebäudes einstürzen würden. Eine bauliche Trennung der Dachflächen und der Verstrebungen des Dachstuhls zwischen westlichem Rinderstall und dem nördlichen Verbindungsanbau sei nicht gegeben. Mit Schreiben vom 11.4.2018 sei der Antragsteller nochmals angehört worden. Ebenfalls sei die Schwester des Betroffenen bei der Ortsbegehung am 7.5.2018 auf die bevorstehende Nutzungsuntersagung mündlich hingewiesen worden, um bereits im Vorfeld Überlegungen zu alternativen Unterbringungsmöglichkeiten für die Tiere anstellen zu können. Die Anordnung unter Nr. 1 des Bescheides stütze sich auf Art. 76 Satz 2 BayBO i.V.m. Art. 54 Abs. 4 BayBO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 BayBO. Da die Tiere zum Teil direkt unter den einsturzgefährdeten Dachelementen (nördlichen Bereich des westlichen Gebäudes) stünden, wie die Bilder der Baukontrolle vom 7.5.2018 zeigten, sei von einem regelmäßigen Aufenthalt von Personen unter den einsturzgefährdeten Gebäudeteilen auszugehen. Die Behauptung des Antragstellers, im hinteren Teil des westlichen Gebäudes (Nordseite) seien keine Tiere eingestellt, werde damit widerlegt und sei wahrheitswidrig. Dem Grundsatz des Art. 3 Abs. 1 BayBO könne daher nicht weiter Rechnung getragen werden, was zu einer materiellen Illegalität der Nutzung des westlichen Rinderstallgebäudes und eines Teilbereichs des Verbindungsanbaus im Norden führe. Es sei davon auszugehen, dass das Schreiben vom 11.4.2018 in den Machtbereich des Antragstellers tatsächlich gelangt ist, eine automatische Rücksendung an den Absender auf Grund einer Unzustellbarkeit sei nicht erfolgt. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs sei in formell rechtmäßiger Weise erfolgt, die Anordnung sei verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei ergangen. Die in der statischen Berechnung vom 26.8.2015 geforderten Maßnahmen, welche kurzfristige Sicherungsmaßnahmen bis zur baldigen Erneuerung des Daches darstellen würden, seien nicht mehr geeignet, um eine ausreichende Standsicherheit über einen noch längeren Zeitraum ohne Erneuerung des Dachstuhls herzustellen, zumal diese auch bisher nicht voll umfänglich umgesetzt worden seien. Eine Behebung der Statikmängel könne daher nicht erneut kurzfristig hergestellt werden, wodurch die erlassene Nutzungsuntersagung im Bescheid vom 9.5.2018 das mildeste Mittel dargestellt habe.

Am 9.6.2018 ließ der Antragsteller auch Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die Anträge haben teilweise Erfolg.

1. Der Eilantrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Februar 2018 ist in Ziffer 1 zulässig und in der Sache teilweise erfolgreich.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage, die hier gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auf Grund der Sofortvollzugsanordnung hinsichtlich der Nutzungsuntersagung bzw. gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung entfällt, auf Antrag des Betroffen wiederherstellen bzw. anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung. Erklärt die Behörde, wie in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides geschehen, die sofortige Vollziehung von Anordnungen gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, prüft das Gericht vor der dargestellten Interessenabwägung zunächst, ob die formellen Voraussetzungen für die Sofortvollzugsanordnung gegeben sind.

a) Soweit sich der vorläufige Rechtschutz auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die für sofort vollziehbare Nutzungsuntersagung (Ziffer 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids) richtet, war der Antrag abzulehnen.

Die die Nutzungsuntersagung betreffende Anordnung des Sofortvollzugs in Nr. 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 9.5.2018 ist formell rechtmäßig, insbesondere wird dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO genügt. Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bedarf das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einer schriftlichen Begründung. Aus der Begründung muss hinreichend deutlich hervorgehen, warum die Behörde eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Lediglich floskelhafte Formulierungen oder eine Wiederholung des Gesetzeswortlautes genügen nicht. Die Behörde muss sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst sein und die für den Sofortvollzug maßgeblichen, einzelfallbezogenen Erwägungen erkennen lassen. Diesen Anforderungen genügt die auf Seite 5 des angefochtenen Bescheides gegebene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Die Behörde hat dabei insbesondere auf ein erhebliches öffentliches Interesse an der Verhinderung von Gefahren für Leib und Leben von Personen sowie für das Wohl der im betroffenen Gebäude eingestellten Tiere abgestellt. Das Landratsamt hat ausgeführt, dass die in der mangelhaften Standsicherheit der Stallgebäude liegenden Gefahren nicht bis zum erstinstanzlichen Abschluss einer etwaigen Verwaltungsstreitsache hingenommen werden können; zum möglichst sofortigen effektiven Schutz von Leben und Gesundheit bedürfe es der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Das öffentliche Interesse überwiege insoweit das private Interesse am Bestand der aufschiebenden Wirkung. Diese Erwägungen sind in der Sache nicht zu beanstanden und ausreichend für eine Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges. Ob die Begründung und die Abwägung insoweit zutreffend ist, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Sofortvollzugsanordnung, sondern insoweit trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung.

Hinsichtlich der in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Nutzungsuntersagung geht die gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 2 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Nach summarischer Prüfung wird seine Klage hiergegen voraussichtlich erfolglos bleiben, weil sich die Anordnung als rechtmäßig erweist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Unabhängig davon streiten vorliegend im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung für die Aufrechterhaltung der Anordnung des Sofortvollzugs die hohen gefährdeten Rechtsgüter wie Leib und Leben von Menschen und Tieren, dessen Schutz mit der streitgegenständlichen Anordnung verfolgt wird. Die schutzwürdigen Interessen des Antragstellers, insbesondere die Folgen der Nutzungsuntersagung im Hinblick auf die Fortführung des Betriebs sind insoweit zwar ebenfalls erheblich. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass es der Antragsteller selbst in der Hand hat, durch Vorlage eines Standsicherheitsnachweises eines zugelassenen Tragwerksplaners, aus welchem hervorgeht, dass der einsturzgefährdete Rinderstall und der Verbindungsanbau ausreichend standsicher ertüchtigt wurde, die Wirkung der Nutzungsuntersagung mit den für ihn verbundenen wirtschaftlichen nachteiligen Folgen abzuwenden. Der Bescheid gibt nach dem in Ziffer 1 enthaltenen Bescheidstenor dem Antragsteller nicht vor, mit welchen konkreten Maßnahmen eine Ertüchtigung des Rinderstalles erforderlich ist. Dabei erschient auch die vorübergehende Unterbringung der Tiere im Hofbereich, z.B. durch Räumung anderweitiger Gebäude, im Freien oder bei einem Dritten, gerade jetzt in den Sommermonaten, nicht von vornherein als unmöglich.

Der Antrag hat nicht bereits deswegen Erfolg, weil der Antragsteller vorträgt, nicht ausreichend i.S.d. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG vor Erlass des Bescheides angehört worden zu sein. Sollte es tatsächlich so sein, dass wie behauptet das Anhörungsschreiben vom 11.4.2018 den Antragsteller nicht erreicht hat, obwohl es nach den Behördenakten zur Post gegeben wurde, kann der insoweit ggf. bestehende formelle Mangel im Rahmen des Klageverfahrens geheilt werden, indem die Anhörung nachgeholt wird (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).

Nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte sich der streitgegenständliche Bescheid in der Sache als rechtmäßig erweisen. Nach Art. 54 Abs. 4 BayBO können auch bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen Anforderungen gestellt werden, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. Wichtige Anwendungsfälle sind insoweit die Abwendung von Gefahren durch einsturzgefährdende Gebäude oder Teile davon (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Band I, Rn 171 ff zu Art. 54 BayBO). Art. 54 Abs. 4 BayBO ermächtigt insbesondere auch zu Anforderungen hinsichtlich der Benutzung baulicher Anlagen, etwa eine bestimmte Nutzung in einem einsturzgefährdeten Gebäude zu untersagen (Dirnberger a.a.O., Rn 174 zu Art. 54).

Nach summarischer Prüfung ist auf Grund der Aktenlage davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach Art. 54 Abs. 4 BayBO auf Grund von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit infolge Einsturzgefahr der genannten Gebäude gegeben sind. Hierfür spricht insbesondere die Stellungnahme des zuständigen Bautechnikers des Antragsgegners vom 8.5.2018 (Bl. 121 d. A.), der unter Anführung konkreter Mängel zu dem Ergebnis kommt, dass derzeit davon auszugehen sei, dass die Standsicherheit für den Rinderstall und einen Teilbereich des unmittelbar angrenzenden Nordgebäudes nicht mehr gegeben sei. Insoweit ist es für die Kammer plausibel und nachvollziehbar, dass bei Einsturz eines Teilbereiches des in Nordsüdrichtung verlaufenden Stalles an der Westseite des klägerischen Anwesens auch der südliche Bereich des Stalles sowie der konstruktiv verbundene Querbau im Norden möglicherweise einsturzgefährdet sein kann. Die von Antragstellerseite hiergegen vorgebrachten Einwendungen führen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes schon deswegen zu keiner anderweitigen Entscheidung, weil nicht ersichtlich wäre, dass die anderweitige Einschätzung bezüglich der von der Gefährdung betroffenen Bereiche unter Einschaltung einer fachkundigen Person mit entsprechender fachlicher Qualifikation getroffen worden wäre. Die von der Anordnung erfassten Gebäudeteile werden durch die Bezugnahme auf einen beigefügten Lageplan, in der der betroffene Bereich rot dargestellt ist, auch ausreichend bestimmt.

Bei Annahme einer entsprechenden Gefahr erscheint es weder unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft, dem Antragsteller aufzugeben, bis zur Vorlage eines Standsicherheitsnachweises eines zugelassenen Tragwerksplaners, aus welchem hervorgeht, dass der einsturzgefährdete Rinderstall und der Verbindungsanbau ausreichend standsicher ertüchtigt wurde, jegliche Nutzung zu untersagen. Sollte eine Standsicherheit wie vorgetragen weitgehend gegeben sein bzw. mit relativ einfachen Maßnahmen zu erreichen sein, ist es für den Antragsteller nicht unzumutbar, die ggf. notwendigem Maßnahmen zu ergreifen und durch Vorlage eines entsprechenden Standsicherheitsnachweises eines zugelassenen Tragwerkplaners zu erreichen, dass er das Gebäude wieder benutzen kann. Insoweit obliegt es der Entscheidung des Antragstellers, die Wirtschaftlichkeit von Sanierungsarbeiten zu prüfen und eine Entscheidung über die zu tätigenden Investitionen zu treffen, jeweils aber unter der Voraussetzung, dass die notwendige Standsicherheit des Gebäudes für eine Nutzung gegeben sein muss. Sollten hierfür Investitionen größeren Umfanges nötig sein und die Standsicherheit auch nicht mit vorübergehenden Maßnahmen hergestellt werden können, ist es im Hinblick auf die hohen Rechtsgüter, die gefährdet sind, auch nicht unverhältnismäßig, dass die Nutzung des Gebäudes für längere Zeit nicht mehr möglich ist. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der von Antragstellerseite angeführten erheblichen wirtschaftlichen Probleme, die er im Falle einer längerfristigen Unbenutzbarkeit der Stallungen ausgesetzt ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass der Antragsteller bereits im Jahr 2015 gegenüber dem Antragsgegner die Ergreifung von Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung baulicher Mängel angekündigt hat.

b) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Zwangsgeldandrohung ist hingegen begründet.

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheids erweist sich als rechtswidrig. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist bei der Androhung von Zwangsmitteln eine Frist für die Erfüllung einer Verpflichtung zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Zwar ist eine solche Erfüllfrist regelmäßig bei einer Nutzungsuntersagung nicht nötig, weil diese regelmäßig zu einer reinen Unterlassenspflicht führt. Ist jedoch ausnahmsweise, wie hier, mit der Nutzungsuntersagung neben der (reinen Unterlassens-)Pflicht darüber hinaus auch noch eine Verpflichtung zum aktiven Tun verbunden, gilt etwas anderes. Hier ist der Antragsteller verpflichtet, den mit Rindern besetzten Stall zu räumen, für die Rinder anderweitig auf dem Hof (z.B. durch Räumung anderer Gebäudlichkeiten oder im Freien) oder bei Dritten Unterstellmöglichkeiten zu schaffen bzw. zu finden, so dass der Bescheid letztlich zu einem aktiven Tun verpflichtet. Insoweit ist es nicht rechtens, wenn mit Zustellung des Bescheides nicht nur die Räumungspflicht des Stalles einsetzt, sondern zeitgleich bereits mit Zustellung des Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 3.500,- Euro zur Zahlung fällig wird. In einem solchen Fall besteht wegen des Erfordernisses eines aktiven Tuns die Notwendigkeit einer angemessenen Fristsetzung für diese Verpflichtung (vgl. Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Rn. 300 zu Art. 76 m.w.N.). Andernfalls würde eine Beseitigungspflicht, die objektiv nicht sofort erfüllt werden kann, sanktioniert. Dem Antragsteller hätte demnach bezogen auf die mit der Nutzungsuntersagung verbunden Beseitigungspflicht eine angemessene Erfüllfrist gesetzt werden müssen. Da dies nicht erfolgte, hat der Eilantrag insoweit Erfolg.

2. Soweit in Ziffer 2 des Antrags der Erlass eines Hängebeschlusses beantragt ist, bedarf es ungeachtet der Zulässigkeit des Antrag, der wiederum auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichtet ist, keiner Entscheidung mehr. Dem Erlass eines Hängebeschlusses mit vorläufiger Wirkung ist durch die Entscheidung unter Ziffer 1 über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Grundlage entzogen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO, die vorläufige Streitwertfestsetzung aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG unter Berücksichtigung des aktuellen Streitwertkatalogs.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.