Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Feb. 2017 - M 6 K 16.5922

bei uns veröffentlicht am28.02.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L und M.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die Nr. I der Gründe (Tatbestand) des Beschlusses vom 27. April 2017, M 6 S 16.5923, Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom … Dezember 2016, per Telefax beim Bayerischen Verwaltungsgericht München (VG München) am 22. Dezember 2016 eingegangen, lies der Kläger durch seine Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 24. November 2016 erheben und beantragte,

den Bescheid aufzuheben.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 8. Februar 2018,

die Klage abzuweisen.

Die Behördenakten gingen am 15. Februar 2017 bei Gericht ein.

Den Antrag auf Anordnung / Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage nach § 80 Abs. 5 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – lehnte das Gericht mit o.g. Beschluss vom 27. April 2017 ab. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller am … Mai 2017 Beschwerde ein. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 6. Oktober 2017 wurde der Beschluss des VG München in Ziffern I. und II. aufgehoben, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nummer 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 24. November 2016 angeordnet und festgestellt dass die Klage gegen Nr. 2 dieses Bescheids aufschiebende Wirkung hat.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch diejenigen des Verfahrens M 6 S 16.5923, ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

Gründe

1. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids vom 24. November 2016 ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der BayVGH hat in seinem Beschluss vom 6. Oktober 2017 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids angeordnet und festgestellt, dass die Klage gegen Nr. 2 des Bescheids aufschiebende Wirkung hat. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG – gleichwohl beitreiben wird.

2. Hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis aller Klassen in Nr. 1 des Bescheids vom 24. November 2016 ist die Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid ist – auch in seinen Nrn. 4, 5 und 6 – rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2.1 Das erkennende Gericht geht wie schon im Beschluss vom 27. April 2017 davon aus, dass die Beklagte das Verfahren nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – eingehalten hat und die Zustellung der schriftlichen Verwarnung vom … November 2013 nach der gescheiterten Ersatzzustellung an den vormaligen Wohnsitz im Elternhaus des Klägers gemäß Art. 9 VwZVG durch tatsächlichen Zugang geheilt worden ist. Diese Ansicht hat auch der BayVGH in seinem Beschluss vom 6. Oktober 2017 geteilt.

2.2 Das Gericht hält auch an seiner Auffassung fest, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht deshalb rechtswidrig ist, weil die Beklagte bei ihrer Entscheidung Ordnungswidrigkeiten berücksichtigt hat, die gemäß § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG zum Entscheidungszeitpunkt dem Kläger nicht mehr zum Zwecke der Beurteilung der Fahreignung (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 StVG) vorgehalten bzw. zu seinem Nachteil verwertet werden durften.

Der Ansicht des BayVGH, der unter Verweis auf die Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 22.2.2017 – 12 ME 240/16 – juris Rn. 13), in seinem Beschluss vom 6. Oktober 2017 seine bisherige Rechtsprechung zu dieser Frage geändert hat (vergleiche z. B. BayVGH, U.v. 21.6.2010 – 11 CS10.377 – juris Rn. 24ff zur alten Rechtslage unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 3 C 21/07 juris) folgt die Kammer nicht.

Der BayVGH ist nunmehr (Rn. 16) der Auffassung, dass die Regelungen zur Berechnung des für eine behördliche Maßnahme maßgeblichen Punktestands (§ 4 Abs. 5 Satz 5 bis 7 StVG) im Rahmen der Rechtsfolgenregelung einer Löschung im Fahreignungsregister nicht anzuwenden seien (§ 29 Abs. 7 Satz 1 StVG). Es stellt nach seiner Auffassung keinen durch Gesetzesauslegung auszuräumenden Wertungswiderspruch, sondern eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Begrenzung des für die Berechnung des Punktestands maßgeblichen Tattagprinzips dar, wenn diese Bestimmung für ihren Regelungsbereich tatbestandlich an die Tilgung bzw. Tilgungsreife anknüpft und § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG an die nach Eintritt der Tilgungsreife, nämlich nach Ablauf der Überliegefrist erfolgende Löschung. Es handele sich bei § 4 Abs. 5 Satz 7 StVG nicht um eine das Verwertungsverbot durchbrechende Spezialvorschrift, diese Bestimmung sei auch nicht analog anzuwenden. Nach Auffassung des Gesetzgebers ziehe die Löschung einer Eintragung nach Ablauf der Überliegefrist ein absolutes Verwertungsverbot nach sich, wodurch das für die Berechnung des Punktestands maßgebliche Tattagsprinzip in § 4 Abs. 5 Satz 5 und 7 StVG eine Begrenzung erfahren solle.

Eine solche Auslegung ist der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/126369) nach Auffassung der Kammer jedoch nicht zu entnehmen. Die Ausführungen in der Begründung zu § 4 Abs. 5 Satz 4 (S. 41f) sprechen vielmehr gerade gegen eine solche Auslegung:

„Die Behörde hat also bei Hinzutreten einer neuen Tat zu prüfen, ob diese in Kumulation mit anderen, am Tattag der neuen Tat noch nicht getilgten Verstößen zum erstmaligen Erreichen einer Stufe führt […] Satz 6 stellt klar, dass es ausreicht, wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis einmal eine Stufe erreicht hat. Sollte sich danach der Punktestand aufgrund von Tilgungen wieder reduzieren, wird dennoch die Maßnahme der erreichten Stufe ergriffen. Dies gilt für alle drei Maßnahmenstufen und ist die konsequente Folge des Tattagsprinzips bei der Punkteentstehung: Maßnahmen werden bezogen auf den Tattag ergriffen und nicht bezogen auf den aktuellen Punktestand am Tag des Ergreifens der Maßnahme durch die Behörde. Geht also der Behörde eine Mitteilung des KBA über den jeweiligen Punktestand zu und tritt bis zum Tätigwerden der Behörde eine Punktereduktion aufgrund einer Tilgung ein, die den Inhaber einer Fahrerlaubnis wieder in die vorherige Stufe oder in die Vormerkung versetzt, hat die Behörde die Maßnahme dennoch zu ergreifen.“

Die Kammer teilt insoweit die Auffassung der 26. Kammer des VG München (B.v. 4.9.2017; M 26 S 17.3378 – juris), dass die Überliegefrist lediglich bei der Berechnung des Punktestandes von Belang ist. Sie hat den Zweck, nach Ablauf der Tilgungsfrist feststellen zu können, ob der Fahrerlaubnisinhaber vor Ablauf der Tilgungsfrist eine oder mehrere andere Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen hat, die sich auf den Punktestand ausgewirkt haben, zu denen die rechtskräftige Entscheidung aber erst nach Ablauf der Tilgungsfrist im Fahreignungsregister eingetragen wird. Solche Erhöhungen des Punktestandes könnten nicht mehr berücksichtigt werden, wenn eine Eintragung unmittelbar mit Eintritt der Tilgungsreife gelöscht werden würde (Begründung zum Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze, BT-Drs. 17/12636 S. 19 f). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Beibehaltung der Überliegefrist einen Kompromiss zwischen der Transparenz des Registers und der Vermeidung von Anreizen für rein taktisch motivierte Rechtsmittel herbeiführen.

Mit Erreichen von 8 oder mehr Punkten gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis kraft Gesetzes (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG) als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen. Der Gesetzgeber hielt die Entziehung in solchen Fällen für so dringlich, dass nach § 4 Abs. 9 StVG Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung in diesen Fällen keine aufschiebende Wirkung haben. Die Rechtsauffassung des BayVGH würde das aussichtslose Einlegen von Rechtsmitteln fördern, deren Zweck einzig im Verzögern des Eintritts der Rechtskraft besteht. In Kenntnis dessen hat sich der Gesetzgeber bei der Gesetzesnovelle bewusst für die Beibehaltung des Tattagsprinzips entschieden. Daran ist umso mehr festzuhalten, als der Gesetzgeber die Vorschriften über die Ablaufhemmung (§ 29 Abs. 6 StVG a.F.) abgeschafft und eine absolute Tilgungsfrist von in der Regel zwei Jahren und sechs Monaten für Ordnungswidrigkeiten (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 StVG) eingeführt hat.

Das erkennende Gericht ist deshalb wie das Sächsische Oberverwaltungsgericht (B.v. 29.11.2017 – 3B 274/17 – juris, Rn 15) der Auffassung, dass das in § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG angeordnete Verwertungsverbot durch § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG kraft Spezialität verdrängt wird.

Zur Begründung im Übrigen wird auf die Nr. II der Gründe (Entscheidungsgründe) des Beschlusses vom 27. April 2017, M 6 S 16.5923, Bezug genommen

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung.

5. Die Berufung war zuzulassen, weil das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht und auf dieser Abweichung beruht, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 4 Fahreignungs-Bewertungssystem


(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 29 Tilgung der Eintragungen


(1) Die im Register gespeicherten Eintragungen werden nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. Die Tilgungsfristen betragen 1. zwei Jahre und sechs Monate bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, a) die in der Rechtsverordnung na

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 28 Führung und Inhalt des Fahreignungsregisters


(1) Das Kraftfahrt-Bundesamt führt das Fahreignungsregister nach den Vorschriften dieses Abschnitts. (2) Das Fahreignungsregister wird geführt zur Speicherung von Daten, die erforderlich sind 1. für die Beurteilung der Eignung und der Befähigung

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Apr. 2017 - M 6 S 16.5923

bei uns veröffentlicht am 27.04.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller wendet sich g

Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Sept. 2017 - M 26 S 17.3378

bei uns veröffentlicht am 04.09.2017

Tenor I. Es wird festgestellt, dass die Klage des Antragstellers vom … Juli 2017 gegen die in Nummer 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 17. Juli 2017 verfügte Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins aufschiebende Wi

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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die (kraft Gesetzes) sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L und Mnach dem sog. Fahreignungs-Bewertungssystem.

Aus mehreren Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes mit den jeweiligen Auszügen aus dem Verkehrszentralregister bzw. Fahreignungsregister sind folgende Eintragungen zulasten des Antragstellers zu ersehen (sortiert nach dem Tattag; einzelne Ergänzungen nach Aktenlage):

Tattag

Verkehrszuwiderhandlung

Ahndung/Rechtskraft

Punkte

…08.2010

Sie hielten bei einer Geschwindigkeit von 94 km/h den erforderlichen Abstand von 47,00 mzum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein. Ihr Abstand betrug 19,06 m und damit weniger als 5/10 des halben Tachowertes. Toleranzen sind zu ihren Gunsten berücksichtigt

Bußgeldbescheid

10.11.2010/27.11.2010

1

…8.2011

Sie benutzten als Führer des Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobil- oder Autotelefon, indem sie hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnahmen oder hielten.

Bußgeldbescheid

27.09.2011/14.10.2011

1

… 3. 2012

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 36 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 60 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 96 km/h

Bußgeldbescheid

24.04.2012/11.05.2012

3

… 5. 2013

Sie missachteten das Rotlicht der Lichtzeichenanlage.

Bußgeldbescheid

26.8.2013/25.9.2013

3

…5.2013

Sie benutzten als Führer des Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobil- oder Autotelefon, indem sie hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnahmen oder hielten.

Bußgeldbescheid

5.7.2013/24.7.2013

1

Schreiben vom 7.11.2013 mit PZU zugestellt am 12.11.2013 (Adresse: …)

Verwarnung durch das Landratsamt München nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 StVG (a.F.) zu angeblich 9 Punkten

1.5.2014

Umstellung von 9 auf 4 Punkte

… 11. 2014

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 33 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 50 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 83 km/h

Bußgeldbescheid

23.2.2015/21.4.2015

2

Schreiben vom 30.7.2015 mit PZU zugestellt am 4.8.2015 (Adresse: …)

Verwarnung nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 StVG zu angeblich 6 Punkten

...8.2014

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 30 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 51 km/h

Bußgeldbescheid

30.10.2014/21.4.2015

1

…7.2015

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 50 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 75 km/h

Bußgeldbescheid

23.9.2015/10.10.2015

1

Nach Anhörung vom 29. April 2016 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 24. November 2016, zugestellt am 26. November 2016, die Fahrerlaubnis aller Klassen und teilte ihm mit, dass die Fahrerlaubnis am Tage der Zustellung des Bescheids erlösche und damit ungültig werde (Nr. 1 des Bescheids). In Nr. 2 ordnete sie die Abgabe des Führerscheins spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids an. Für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- EUR an (Nr. 3) und wies unter Nr. 4 darauf hin, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei. Nr. 5 und 6 des Bescheids enthalten die Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde damit begründet, dass bei dem Antragsteller wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften vorlägen und aufgrund dieser Verstöße das Fahreignungsregister zu seiner Person Eintragungen enthalte, die mit 8 Punkten registriert seien. Mit der Tat vom … Juli 2015, rechtskräftig seit 10. Oktober 2015 und im Fahreignungsregister gespeichert am 20. Oktober 2015, habe der Antragsteller den zu bewertenden Punktestand von 8 Punkten erreicht. Alle Eintragungen zur Person des Antragstellers im Fahreignungsregister seien rechtskräftig und daher zu verwerten. Die Stufenregelung gemäß § 4 Abs. 6 Straßenverkehrsgesetz (StVG) sei beachtet worden. Die Fahrerlaubnis sei dem Antragsteller nach § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG zu entziehen.

Auf die Gründe des Bescheids im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).

Am 2. Dezember 2016 ging der Führerschein des Antragstellers bei der Antragsgegnerin ein.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom ... Dezember 2016, der am 22. Dezember 2016 per Telefax einging, ließ der Antragsteller zum Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erheben und beantragen, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. November 2016 aufzuheben.

Mit weiterem Schriftsatz vom ... Dezember 2016, der am 22. Dezember 2016 per Telefax einging, ließ der Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom ... Dezember 2016, gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. November 2016 wiederherzustellen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Entscheidung der Antragsgegnerin genüge nicht den Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei unverhältnismäßig. Der Antragsteller sei dringend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen.

Des Weitern wird ausgeführt, die Entscheidung sei unverhältnismäßig und verletze den Antragsteller in seinen Grundrechten nach Art. 2 Grundgesetz (GG) und Art. 103 Abs. 1 GG.

Ferner wird dargelegt, dass der Antragsteller die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Verwarnung vom 7. November 2013 nicht erhalten habe, da er zwar unter der Adresse …-Straße in … bei seinen Eltern gemeldet gewesen sei, aber seit 1987 dort nicht mehr wohne. Die Antragsgegnerin habe die fehlerhafte Ersatzzustellung unter dieser Adresse fälschlicherweise als wirksam angesehen. Zur Glaubhaftmachung verweist der Prozessbevollmächtigten insbesondere auf eine in den Akten befindliche eidesstattliche Versicherung des Antragstellers. Außerdem wird ausgeführt, die Antragsgegnerin hätte bei der Berechnung der Punkte, die angeblich zu 8 Punkten geführt haben, fälschlicherweise auch auf Punkte abgestellt, die seit dem 25. September 2015 verjährt und bereits am 25. September 2016 endgültig aus dem Fahreignungsregister gelöscht worden seien. Zur Antragsbegründung wurde im Übrigen auf die der Klage beigefügte Begründung Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 13. Februar bei 2017, bei Gericht eingegangen am 15. Februar 2017, legte die Antragsgegnerin ihre Akte vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung weist sie insbesondere auf die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamts über die den Antragsteller betreffenden punktebewerteten Eintragungen im Verkehrszentralregister hin, aus denen gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG folge, dass der Antragsteller kraft Gesetzes als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gelte. Die Maßnahmen, die im Rahmen des Punktsystems der Fahrerlaubnisentziehung vorauszugehen haben, seien ordnungsgemäß gegenüber dem Antragsteller ergriffen worden. Er sei beim Stand von 9 Punkten verwarnt und gemäß den gesetzlichen Bestimmungen auf die Möglichkeit einer Punktereduzierung durch freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar hingewiesen worden (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG alter Fassung [a.F.]). Mit Schriftsatz vom … Februar 2014 habe der Antragsteller die Genehmigung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar als Einzelseminar beantragt. Der Einwand des Bevollmächtigten des Antragstellers, dieser habe von der Verwarnung keine Kenntnis erhalten, sei daher nicht nachvollziehbar.

Nachdem sich für den Antragsteller aufgrund weiterer Taten insgesamt 6 Punkte ergeben haben, sei er mit Schreiben vom 30. Juli 2015 verwarnt worden, gleichzeitig sei er auf die Möglichkeit zur freiwilligen Teilnahme an einem Fahreignungsseminar und die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Erreichen von 8 Punkten oder mehr hingewiesen worden. Die Fahrerlaubnisbehörden seien bei Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 StVG an rechtskräftige Entscheidungen über Ordnungswidrigkeiten gebunden. Die jeweils vorgenommene Punktebewertung sei nicht zu beanstanden gewesen.

Das Landratsamt München übersandte dem Gericht auf schriftliche und telefonische Nachfrage am 18. April 2017 bzw. 19. April 2017 die Einzahlungsnachweise der Gebühr und der Auslagen für die am 7. November 2013 gegenüber dem Antragsteller ergangene Verwarnung.

Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers äußerte hierzu in einem per Telefax am … April 2017 eingegangenen Schriftsatz:

„Da es sich um einen vergleichsweise geringen Betrag handelte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Überweisung durch die Eltern des Antragstellers oder auch durch eine Mitarbeiterin der … GmbH & Co. KG im Wege einer Sammelüberweisung erfolgte. Der Antragsteller hat eine sehr enge Verknüpfung zwischen seiner Firma, die er mit seiner Schwester betreibt und seinen privaten Dingen, das geht fließend ineinander über, da die … GmbH & Co. KG nicht für Dritte arbeitet, sondern nur eigene Objekte entwickelt, plant und verwirklicht und eigenes Vermögen verwaltet. Da der Antragsteller sehr häufig auch auf Geschäftsreisen ist, kümmert sich seine Sekretärin um solche Angelegenheiten, diese hat auch die Kontovollmacht, solche Beträge eigenständig zu überweisen.“

Mit Beschluss vom 26. April 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten einschließlich der Gerichtsakte zum Verfahren M 6 K 16.5922 ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Bei der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung, erweist sich der Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. November 2016 als rechtmäßig, sodass es bei der vorliegend kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis verbleibt.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist dahin auszulegen, dass mit ihm die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes (§ 4 Abs. 9 Straßenverkehrsgesetz [StVG]) sofort vollziehbare Entziehung der Fahrerlaubnis erreicht werden soll. Die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten, dass der Bescheid der Antragsgegnerin nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genüge, gehen deshalb ins Leere.

Die kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit erstreckt sich auch auf die Pflicht zur Abgabe des Führerscheins nach § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG.

Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bereits unzulässig, denn der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben. Damit ist die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) gleichwohl noch beitreiben wird. Daher fehlt es dem Antragsteller für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich Nr. 3 des Bescheids am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (BayVGH, B. v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris).

Demgegenüber hat sich durch die Abgabe des Führerscheins die Verpflichtung hierzu in Nr. 2 des Bescheids nicht erledigt, denn diese stellt den Rechtsgrund für das vorläufige behalten dürfen dieses Dokuments für die Fahrerlaubnisbehörde dar (BayVGH, B. v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris).

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 - 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin geht zu Recht davon aus, dass dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen war.

Nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG war die Fahrerlaubnis zu entziehen, weil der Antragsteller Verkehrszuwiderhandlungen begangen hatte, die insgesamt mit 8 Punkten zu bewerten waren.

Er wurde beim Stand von 9 Punkten (vor der Umstellung 1.5.2014) mit Schreiben vom 7. November 2013 verwarnt. Eine wirksame Zustellung der Verwarnung an den Antragsteller ist zwar nicht nachweisbar, der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass die Verwarnung dem Antragsteller - nach Überzeugung des Gerichts - tatsächlich zugegangen ist (Art. 9 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz [VwZVG]). Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde die Verwarnung am 12. November 2013 unter der Anschrift „…-Straße …“, an einen erwachsenen Familienangehörigen ( …) übergeben. Zu diesem Zeitpunkt war der Antragsteller unter dieser Wohnanschrift zwar noch im Sinne des Bundesmeldegesetzes (BMG) gemeldet, wohnte dort jedoch seit vielen Jahren nicht mehr. Es handelt sich, nach seiner eidesstattlichen Versicherung, um seine elterliche Wohnadresse. Die Ersatzzustellung nach Art. 3 Abs. 2 VwZVG i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) setzt voraus, dass die Person, der dort zugestellt werden soll, tatsächlich dort wohnt. Da dies nicht der Fall war, war die Ersatzzustellung unwirksam. Die Überzeugung des Gerichts, dass die Verwarnung dem Antragsteller tatsächlich zugegangen ist und der Zustellungsmangel dadurch geheilt wurde (Art. 9 VwZVG) ergibt sich zum einen daraus, dass der Antragsteller mit Schreiben vom … Februar 2014 bei der Kfz-Zulassungsstelle des Landratsamts München einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Punkteabbau im Einzelunterricht gestellt hat. Die Ausnahmegenehmigung für ein Aufbauseminar im Einzelunterricht wurde ihm auch mit Schreiben vom 27. Februar 2014 erteilt. Der Antragsteller hat jedoch keine Teilnahmebescheinigung vorgelegt. Zum anderen ergibt sich der Zugang der Verwarnung daraus, dass der Antragsteller, ausweislich der Einzahlungsquittung der Kreiskasse des Landkreises München, die für die Verwarnung angefallenen Verwaltungskosten in Höhe von 20,22 EUR am 2. Dezember 2013 bezahlt hat. Die Detailansicht der Kontoumsätze weist den Antragsteller als Auftraggeber der Überweisung aus. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Verwarnung dem Antragsteller spätestens am 2. Dezember 2013 zugegangen war. Die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers steht hierzu nicht in Widerspruch, denn der Antragsteller erklärte zu diesem Punkt:

„Was die Verwarnung vom ...11.2013 anbetrifft, die an die Wohnadresse meiner Eltern zugestellt wurde, habe ich keine Erinnerung mehr, dass ich eine solche Verwarnung erhalten hätte, da sie mir nicht unter meiner seit 2012 gültigen Wohnadresse …straße … zugestellt wurde.“

Das Gericht hält es in diesem Zusammenhang auch für ausgeschlossen, dass die Eltern die Überweisung – quasi heimlich – unter dem Namen ihres Sohnes getätigt haben, ohne diesem das Verwarnungsschreiben auszuhändigen, oder dass die Sekretärin das Verwarnungsschreiben von den Eltern des Antragstellers erhielt und ohne ihm dieses zu geben die Überweisung von seinem Konto getätigt hat. Ein solcher Hergang wird letztlich vom Bevollmächtigten des Antragstellers auch nicht behauptet, sondern lediglich als abstrakte Möglichkeit in den Raum gestellt.

Da die Verwarnung dem Antragsteller nach Überzeugung des Gerichts zugegangen ist, kann hier auch dahinstehen, ob sich der Antragsteller möglicherweise wegen Rechtsmissbrauchs nicht auf die Unwirksamkeit der Ersatzzustellung der an ihn gerichteten Verwarnung berufen kann, weil er bei der Verwaltungsbehörde einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt unter Verstoß gegen die Meldegesetze herbeigeführt hat und es folglich eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn er sich nun auf die fehlerhafte Ersatzzustellung beruft, obwohl er den Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt hat (OLG Stuttgart, B. v. 10.01.2017 – 1 Ss 732/16 – juris).

Die mit Schreiben vom 30. Juli 2015 durch die Antragsgegnerin erteilte Verwarnung (6 Punkte) wurde dem Antragsteller unstreitig ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde am 4. August 2015 zugestellt. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG wurden somit die erforderlichen Maßnahmen stufenweise ergriffen.

Das Gericht nimmt im Übrigen Bezug auf die Gründe des Bescheids vom 24. November 2016 und der Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017.

Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass der Bescheid nicht deshalb rechtswidrig ist weil er bei dem Punktestand von 8 Punkten auch solche berücksichtigt, die bereits seit dem 25. September 2015 verjährt waren und seit dem 25. September 2016 endgültig aus dem Fahreignungsregister gelöscht worden sind, denn gemäß § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG hat die Antragsgegnerin für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich imZeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 7 StVG bleiben spätere Verringerungen des Punktestandes aufgrund von Tilgungen unberücksichtigt. Die letzte punkterechtlich relevante Tat wurde vom Antragsteller am … Juli 2015 und somit vor dem 25. September 2015 begangen. Die Antragsgegnerin war deshalb verpflichtet sämtliche Punkte zu berücksichtigen. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG ist die Fahrerlaubnis bei einem Punktestand von 8 oder mehr Punkten zwingend zu entziehen. Ein Ermessensspielraum besteht hierbei nicht. Schon aus diesem Grunde kann die Entscheidung der Antragsgegnerin nicht unverhältnismäßig sein. Probleme im beruflichen oder privaten Bereich aufgrund der Fahrerlaubnisentziehung sind ohne rechtliche Bedeutung, da die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs den persönlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Interessen des Einzelnen vorgeht. Im Übrigen ist gerade bei berufsbedingter und deshalb verstärkter Verkehrsteilnahme von fahrungeeigneten Kraftfahrern das öffentliche Interesse an der Entziehung der Fahrerlaubnis besonders hoch, um weitere vielfältige Straßenverkehrsgefährdungen auszuschließen.

Anhaltspunkte für eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) oder der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 GG) bestehen nicht. Insbesondere hat die Antragstellerin keine Möglichkeit die rechtskräftigen Bußgeldentscheidungen und deren ordnungsgemäße Zustellung zu überprüfen, sondern ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 4 StVG an diese gebunden.

Mangels Erfolgsaussicht der Klage ist kein Raum für eine weitergehende Interessenabwägung. Daher müssen die persönlichen Interessen des Antragstellers auch insoweit hinter den Interessen der Allgemeinheit - hier insbesondere an der Sicherheit des Straßenverkehrs - zurücktreten.

Da somit die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese – im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte – Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG.

Rechtliche Bedenken gegen die im Bescheid enthaltenen Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des GerichtskostengesetzesGKG - in Verbindung mit den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 sowie 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die im Register gespeicherten Eintragungen werden nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. Die Tilgungsfristen betragen

1.
zwei Jahre und sechs Monatebei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit,
a)
die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit einem Punkt bewertet ist oder
b)
soweit weder ein Fall des Buchstaben a noch der Nummer 2 Buchstabe b vorliegt und in der Entscheidung ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
2.
fünf Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, vorbehaltlich der Nummer 3 Buchstabe a,
b)
bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit zwei Punkten bewertet ist,
c)
bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
d)
bei Mitteilungen über die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, einem Aufbauseminar, einem besonderen Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung,
3.
zehn Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist,
b)
bei Entscheidungen über Maßnahmen oder Verzichte nach § 28 Absatz 3 Nummer 5 bis 8.
Eintragungen über Maßnahmen der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 werden getilgt, wenn dem Inhaber einer Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis entzogen wird. Sonst erfolgt eine Tilgung bei den Maßnahmen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 ein Jahr nach Ablauf der Probezeit und bei Maßnahmen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 dann, wenn die letzte Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist.Verkürzungen der Tilgungsfristen nach Absatz 1 können durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 zugelassen werden, wenn die eingetragene Entscheidung auf körperlichen oder geistigen Mängeln oder fehlender Befähigung beruht.

(2) Die Tilgungsfristen gelten nicht, wenn die Erteilung einer Fahrerlaubnis oder die Erteilung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, für immer untersagt ist.

(3) Ohne Rücksicht auf den Lauf der Fristen nach Absatz 1 und das Tilgungsverbot nach Absatz 2 werden getilgt

1.
Eintragungen über Entscheidungen, wenn ihre Tilgung im Bundeszentralregister angeordnet oder wenn die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren oder nach den §§ 86, 102 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig aufgehoben wird,
2.
Eintragungen, die in das Bundeszentralregister nicht aufzunehmen sind, wenn ihre Tilgung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde angeordnet wird, wobei die Anordnung nur ergehen darf, wenn dies zur Vermeidung ungerechtfertigter Härten erforderlich ist und öffentliche Interessen nicht gefährdet werden,
3.
Eintragungen, bei denen die zugrundeliegende Entscheidung aufgehoben wird oder bei denen nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 eine Änderung der zugrundeliegenden Entscheidung Anlass gibt,
4.
sämtliche Eintragungen, wenn eine amtliche Mitteilung über den Tod der betroffenen Person eingeht.

(4) Die Tilgungsfrist (Absatz 1) beginnt

1.
bei strafgerichtlichen Verurteilungen und bei Strafbefehlen mit dem Tag der Rechtskraft, wobei dieser Tag auch dann maßgebend bleibt, wenn eine Gesamtstrafe oder eine einheitliche Jugendstrafe gebildet oder nach § 30 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes auf Jugendstrafe erkannt wird oder eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren ergeht, die eine registerpflichtige Verurteilung enthält,
2.
bei Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 59, 60 des Strafgesetzbuchs und § 27 des Jugendgerichtsgesetzes mit dem Tag der Rechtskraft,
3.
bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen sowie bei anderen Verwaltungsentscheidungen mit dem Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung,
4.
bei Aufbauseminaren nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, verkehrspsychologischen Beratungen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Fahreignungsseminaren nach § 4 Absatz 7 mit dem Tag der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung.

(5) Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung, der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs oder bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung oder dem Tag des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen, beginnt die Tilgungsfrist fünf Jahre nach Ablauf oder Aufhebung des Verbots oder der Beschränkung.

(6) Nach Eintritt der Tilgungsreife wird eine Eintragung vorbehaltlich der Sätze 2 und 4 gelöscht. Eine Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c wird nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht. Während dieser Überliegefrist darf der Inhalt dieser Eintragung nur noch zu folgenden Zwecken übermittelt, verwendet oder über ihn eine Auskunft erteilt werden:

1.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zur Anordnung von Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe nach § 2a,
2.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5,
3.
zur Auskunftserteilung an die betroffene Person nach § 30 Absatz 8,
4.
zur Verwendung für die Durchführung anderer als der in den Nummern 1 oder 2 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis, wenn die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist.
Die Löschung einer Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a oder c unterbleibt in jedem Fall so lange, wie die betroffene Person im Zentralen Fahrerlaubnisregister als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gespeichert ist; während dieser Zeit gilt Satz 3 Nummer 1, 3 und 4 nach Ablauf der Überliegefrist entsprechend.

(7) Ist eine Eintragung im Fahreignungsregister gelöscht, dürfen die Tat und die Entscheidung der betroffenen Person für die Zwecke des § 28 Absatz 2 nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. Abweichend von Satz 1 darf eine Tat und die hierauf bezogene Entscheidung trotz ihrer Löschung aus dem Fahreignungsregister für die Durchführung anderer als der in Absatz 6 Satz 3 Nummer 4 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis verwendet werden, solange die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist. Unterliegt eine Eintragung im Fahreignungsregister über eine gerichtliche Entscheidung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a einer zehnjährigen Tilgungsfrist, darf sie nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften entspricht, nur noch für folgende Zwecke an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden:

1.
zur Durchführung von Verfahren, die eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben,
2.
zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5.
Außerdem dürfen für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b des Strafgesetzbuches an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Eintragungen wegen strafgerichtlicher Entscheidungen, die für die Ahndung von Straftaten herangezogen werden. Insoweit gelten die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes.

(1) Das Kraftfahrt-Bundesamt führt das Fahreignungsregister nach den Vorschriften dieses Abschnitts.

(2) Das Fahreignungsregister wird geführt zur Speicherung von Daten, die erforderlich sind

1.
für die Beurteilung der Eignung und der Befähigung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen oder zum Begleiten eines Kraftfahrzeugführers entsprechend einer nach § 6e Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung,
2.
für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen,
3.
für die Ahndung der Verstöße von Personen, die wiederholt Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, begehen oder
4.
für die Beurteilung von Personen im Hinblick auf ihre Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung der ihnen durch Gesetz, Satzung oder Vertrag übertragenen Verantwortung für die Einhaltung der zur Sicherheit im Straßenverkehr bestehenden Vorschriften.

(3) Im Fahreignungsregister werden Daten gespeichert über

1.
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte wegen einer Straftat, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist, soweit sie auf Strafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt erkennen oder einen Schuldspruch enthalten,
2.
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte, die die Entziehung der Fahrerlaubnis, eine isolierte Sperre oder ein Fahrverbot anordnen, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, sowie Entscheidungen der Strafgerichte, die die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis anordnen,
3.
rechtskräftige Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit
a)
nach den § 24 Absatz 1, § 24a oder § 24c, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist und gegen die betroffene Person
aa)
ein Fahrverbot nach § 25 angeordnet worden ist oder
bb)
eine Geldbuße von mindestens sechzig Euro festgesetzt worden ist und § 28a nichts anderes bestimmt,
b)
nach den § 24 Absatz 1, § 24a oder § 24c, soweit kein Fall des Buchstaben a vorliegt und ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
c)
nach § 10 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist,
4.
unanfechtbare oder sofort vollziehbare Verbote oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
5.
unanfechtbare Versagungen einer Fahrerlaubnis,
6.
unanfechtbare oder sofort vollziehbare
a)
Entziehungen, Widerrufe oder Rücknahmen einer Fahrerlaubnis,
b)
Feststellungen über die fehlende Berechtigung, von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen,
7.
Verzichte auf die Fahrerlaubnis,
8.
unanfechtbare Ablehnungen eines Antrags auf Verlängerung der Geltungsdauer einer Fahrerlaubnis,
9.
die Beschlagnahme, Sicherstellung oder Verwahrung von Führerscheinen nach § 94 der Strafprozessordnung,
10.
(weggefallen)
11.
Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 und 2,
12.
die Teilnahme an einem Aufbauseminar, an einem besonderen Aufbauseminar und an einer verkehrspsychologischen Beratung, soweit dies für die Anwendung der Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe (§ 2a) erforderlich ist,
13.
die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, soweit dies für die Anwendung der Regelungen des Fahreignungs-Bewertungssystems (§ 4) erforderlich ist,
14.
Entscheidungen oder Änderungen, die sich auf eine der in den Nummern 1 bis 13 genannten Eintragungen beziehen.

(4) Die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden teilen dem Kraftfahrt-Bundesamt unverzüglich die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung einer Eintragung führenden Daten mit. Die Datenübermittlung nach Satz 1 kann auch im Wege der Datenfernübertragung durch Direkteinstellung unter Beachtung des § 30a Absatz 2 bis 4 erfolgen.

(5) Bei Zweifeln an der Identität einer eingetragenen Person mit der Person, auf die sich eine Mitteilung nach Absatz 4 bezieht, dürfen die Datenbestände des Zentralen Fahrerlaubnisregisters und des Zentralen Fahrzeugregisters zur Identifizierung dieser Personen verwendet werden. Ist die Feststellung der Identität der betreffenden Personen auf diese Weise nicht möglich, dürfen die auf Anfrage aus den Melderegistern übermittelten Daten zur Behebung der Zweifel verwendet werden. Die Zulässigkeit der Übermittlung durch die Meldebehörden richtet sich nach den Meldegesetzen der Länder. Können die Zweifel an der Identität der betreffenden Personen nicht ausgeräumt werden, werden die Eintragungen über beide Personen mit einem Hinweis auf die Zweifel an deren Identität versehen.

(6) Die regelmäßige Verwendung der auf Grund des § 50 Abs. 1 im Zentralen Fahrerlaubnisregister gespeicherten Daten ist zulässig, um Fehler und Abweichungen bei den Personendaten sowie den Daten über Fahrerlaubnisse und Führerscheine der betreffenden Person im Fahreignungsregister festzustellen und zu beseitigen und um das Fahreignungsregister zu vervollständigen.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

(1) Die im Register gespeicherten Eintragungen werden nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. Die Tilgungsfristen betragen

1.
zwei Jahre und sechs Monatebei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit,
a)
die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit einem Punkt bewertet ist oder
b)
soweit weder ein Fall des Buchstaben a noch der Nummer 2 Buchstabe b vorliegt und in der Entscheidung ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
2.
fünf Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, vorbehaltlich der Nummer 3 Buchstabe a,
b)
bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit zwei Punkten bewertet ist,
c)
bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
d)
bei Mitteilungen über die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, einem Aufbauseminar, einem besonderen Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung,
3.
zehn Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist,
b)
bei Entscheidungen über Maßnahmen oder Verzichte nach § 28 Absatz 3 Nummer 5 bis 8.
Eintragungen über Maßnahmen der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 werden getilgt, wenn dem Inhaber einer Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis entzogen wird. Sonst erfolgt eine Tilgung bei den Maßnahmen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 ein Jahr nach Ablauf der Probezeit und bei Maßnahmen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 dann, wenn die letzte Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist.Verkürzungen der Tilgungsfristen nach Absatz 1 können durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 zugelassen werden, wenn die eingetragene Entscheidung auf körperlichen oder geistigen Mängeln oder fehlender Befähigung beruht.

(2) Die Tilgungsfristen gelten nicht, wenn die Erteilung einer Fahrerlaubnis oder die Erteilung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, für immer untersagt ist.

(3) Ohne Rücksicht auf den Lauf der Fristen nach Absatz 1 und das Tilgungsverbot nach Absatz 2 werden getilgt

1.
Eintragungen über Entscheidungen, wenn ihre Tilgung im Bundeszentralregister angeordnet oder wenn die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren oder nach den §§ 86, 102 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig aufgehoben wird,
2.
Eintragungen, die in das Bundeszentralregister nicht aufzunehmen sind, wenn ihre Tilgung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde angeordnet wird, wobei die Anordnung nur ergehen darf, wenn dies zur Vermeidung ungerechtfertigter Härten erforderlich ist und öffentliche Interessen nicht gefährdet werden,
3.
Eintragungen, bei denen die zugrundeliegende Entscheidung aufgehoben wird oder bei denen nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 eine Änderung der zugrundeliegenden Entscheidung Anlass gibt,
4.
sämtliche Eintragungen, wenn eine amtliche Mitteilung über den Tod der betroffenen Person eingeht.

(4) Die Tilgungsfrist (Absatz 1) beginnt

1.
bei strafgerichtlichen Verurteilungen und bei Strafbefehlen mit dem Tag der Rechtskraft, wobei dieser Tag auch dann maßgebend bleibt, wenn eine Gesamtstrafe oder eine einheitliche Jugendstrafe gebildet oder nach § 30 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes auf Jugendstrafe erkannt wird oder eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren ergeht, die eine registerpflichtige Verurteilung enthält,
2.
bei Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 59, 60 des Strafgesetzbuchs und § 27 des Jugendgerichtsgesetzes mit dem Tag der Rechtskraft,
3.
bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen sowie bei anderen Verwaltungsentscheidungen mit dem Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung,
4.
bei Aufbauseminaren nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, verkehrspsychologischen Beratungen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Fahreignungsseminaren nach § 4 Absatz 7 mit dem Tag der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung.

(5) Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung, der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs oder bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung oder dem Tag des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen, beginnt die Tilgungsfrist fünf Jahre nach Ablauf oder Aufhebung des Verbots oder der Beschränkung.

(6) Nach Eintritt der Tilgungsreife wird eine Eintragung vorbehaltlich der Sätze 2 und 4 gelöscht. Eine Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c wird nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht. Während dieser Überliegefrist darf der Inhalt dieser Eintragung nur noch zu folgenden Zwecken übermittelt, verwendet oder über ihn eine Auskunft erteilt werden:

1.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zur Anordnung von Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe nach § 2a,
2.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5,
3.
zur Auskunftserteilung an die betroffene Person nach § 30 Absatz 8,
4.
zur Verwendung für die Durchführung anderer als der in den Nummern 1 oder 2 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis, wenn die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist.
Die Löschung einer Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a oder c unterbleibt in jedem Fall so lange, wie die betroffene Person im Zentralen Fahrerlaubnisregister als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gespeichert ist; während dieser Zeit gilt Satz 3 Nummer 1, 3 und 4 nach Ablauf der Überliegefrist entsprechend.

(7) Ist eine Eintragung im Fahreignungsregister gelöscht, dürfen die Tat und die Entscheidung der betroffenen Person für die Zwecke des § 28 Absatz 2 nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. Abweichend von Satz 1 darf eine Tat und die hierauf bezogene Entscheidung trotz ihrer Löschung aus dem Fahreignungsregister für die Durchführung anderer als der in Absatz 6 Satz 3 Nummer 4 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis verwendet werden, solange die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist. Unterliegt eine Eintragung im Fahreignungsregister über eine gerichtliche Entscheidung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a einer zehnjährigen Tilgungsfrist, darf sie nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften entspricht, nur noch für folgende Zwecke an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden:

1.
zur Durchführung von Verfahren, die eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben,
2.
zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5.
Außerdem dürfen für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b des Strafgesetzbuches an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Eintragungen wegen strafgerichtlicher Entscheidungen, die für die Ahndung von Straftaten herangezogen werden. Insoweit gelten die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass die Klage des Antragstellers vom … Juli 2017 gegen die in Nummer 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 17. Juli 2017 verfügte Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins aufschiebende Wirkung hat. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf Euro 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen BE und C1E einschließlich Unterklassen.

Gemäß einer Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom … Oktober 2014 waren für den Antragsteller im vormaligen Verkehrszentralregister bzw. im heutigen Fahreignungsregister die nachstehend aufgeführten Entscheidungen eingetragen:

Tattag

Rechtskräftig seit

Tatbezeichnung

Punkte

…10.2009

03.12.2009

Sie benutzten als Führer des Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobil- oder Autotelefon, indem Sie hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnahmen oder hielten.

1

…11.2011

10.02.2012

Sie benutzten als Führer des Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobil- oder Autotelefon, indem Sie hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnahmen oder hielten.

1

…02.2012

12.05.2012

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 32 (von 31-40) km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 100 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 132 km/h.

3

…12.2012

09.04.2013

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 (von 21 - 25) km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 100 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 125 km/h.

1

…06.2013

01.10.2013

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 (von 21 -25) km/h. Zulässige Geschwindigkeit:100 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 125 km/h.

1

…03.2014

15.09.2014

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 100 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 130 km/h.

1

Mit Schreiben vom 14. November 2014, zugestellt am 18. November 2014, ermahnte das Landratsamt den Antragsteller bei einem Stand von vier Punkten und wies ihn auf die Möglichkeit eines Punkteabbaus durch die freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar hin. Hiervon machte der Antragsteller nach Aktenlage keinen Gebrauch.

Mit Schreiben vom … Januar 2015 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt dem Landratsamt mit, dass der Antragsteller eine weitere Verkehrszuwiderhandlung begangen hatte:

Tattag

Rechtskräftig seit

Tatbezeichnung

Punkte

…07.2014

02.01.2015

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 37 (von 31 - 40) km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 50 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 87 km/h.

2

Mit Schreiben vom 7. April 2015, zugestellt am 10. April 2015, verwarnte das Landratsamt den Antragsteller bei einem Stand von sechs Punkten und wies ihn darauf hin, dass ihm bei Erreichen eines Punktestandes von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen werden müsse.

Mit Schreiben vom … Mai 2016 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt dem Landratsamt mit, dass für den Antragsteller zwei weitere Entscheidungen eingetragen wurden:

Tattag

Rechtskräftig seit

Tatbezeichnung

Punkte

…12.2014

20.04.2016

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 100 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 130 km/h.

1

…12.2014

01.04.2015

Sie benutzten als Führer des Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobil- oder Autotelefon, indem Sie hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnahmen oder hielten.

1

Nach vorheriger Anhörung entzog das Landratsamt dem Antragsteller mit Bescheid vom 17. Juli 2017 die Fahrerlaubnis aller Klassen und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, seinen Führerschein innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Dem kam der Antragsteller nach. Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller am … Juli 2017 Klage erheben. Zugleich stellte er einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz; er beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Juli 2017 anzuordnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die am 10. April 2015 zugestellte Verwarnung habe ihren Zweck hinsichtlich der bereits zuvor begangenen Taten vom … Dezember bzw. … Dezember 2014, wegen derer nun die Fahrerlaubnis entzogen werden solle, nicht mehr erfüllen können. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 StVG sei gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 5 Satz 5 StVG der Tattag des zum Punkteeintrag führenden Delikts. Aus dem Gesetz ergebe sich an keiner Stelle, dass auf die Warnfunktion verzichtet worden wäre. Die am 3. Dezember 2009 rechtskräftig geahndete Tat hätte bei der Entziehungsentscheidung überdies nicht mehr verwertet werden dürfen, weil sie bereits getilgt gewesen sei. Darüber hinaus sei die Entziehung im vorliegenden Fall unverhältnismäßig, weil der Antragsteller nach altem Recht nur zwölf Punkte hätte.

Das Landratsamt beantragt unter Vorlage der einschlägigen Akten, den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen – auch im Verfahren M 26 K 17.3376 – und die Akten des Landratsamts Bezug genommen.

II.

Der Antrag bleibt überwiegend ohne Erfolg.

Nach Auslegung des gestellten Antrags (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) ist davon auszugehen, dass der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage hinsichtlich der in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten, bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Entziehung seiner Fahrerlaubnis begehrt (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 4 Abs. 9 StVG; vgl. sogleich unter 1.). Des Weiteren ist der Antrag im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers dahingehend auszulegen, dass die Feststellung begehrt wird, dass die Klage hinsichtlich der in Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins aufschiebende Wirkung hat (vgl. sogleich unter 2.). Schließlich wird der Antrag dahingehend ausgelegt, dass er sich nicht auf die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids bezieht. Der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits abgegeben, so dass die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt ist. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das Landratsamt das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) gleichwohl noch beitreiben wird. Einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Nr. 3 des Bescheids fehlte es daher bereits am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (BayVGH, B. v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris).

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zulässig, aber unbegründet.

Bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigenständige Interessenabwägung vorzunehmen. Abzuwägen ist das Interesse des Antragstellers, zumindest vorläufig von seiner Fahrerlaubnis weiter Gebrauch machen zu können, gegen das Interesse der Allgemeinheit daran, dass dies unverzüglich unterbunden wird. Hierbei sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des eingelegten Hauptsacherechtsbehelfs, hier der Klage vom … Juli 2017, ausschlaggebend. Lässt sich schon bei summarischer Überprüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass die Klage mit Sicherheit Erfolg haben wird, kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsaktes bestehen. Andererseits ist für eine Interessenabwägung, die zu Gunsten des Antragstellers ausgeht, im Regelfall kein Raum, wenn keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen.

So liegt die Sache hier. Die zulässige Klage gegen die mit Bescheid vom 17. Juli 2017 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis hat keine Aussicht auf Erfolg, da diese rechtmäßig ist und den Antragsteller daher nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG. Danach gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn sichacht oder mehr Punkte im Fahreignungs-Bewertungssystem ergeben. Die Fahrerlaubnisbehörde hat dann zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sie die Maßnahmen der davor liegenden Stufen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG bereits ergriffen hat (§ 4 Abs. 6 Satz 1 StVG).

Für die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der 8-Punkte-Grenze nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem kommt es nicht auf den Punktestand im Zeitpunkt des Bescheiderlasses an. Als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen mit der zwingenden Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis vielmehr, sobald sich in der Summe acht oder mehr Punkte ergeben. Für die Entziehung der Fahrerlaubnis hat die Behörde auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat (§ 4 Abs. 5 Satz 5 StVG). Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird (§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG). Bei der Berechnung des Punktestands werden Zuwiderhandlungen nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG genannten Zeitpunkt (Tag der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Zuwiderhandlung) noch nicht abgelaufen war (§ 4 Abs. 5 Satz 6 StVG). Spätere Verringerungen des Punktestands auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt (§ 4 Abs. 5 Satz 7 StVG) (BayVGH, B.v. 13.6.2017 - 11 CS 17.909- juris).

Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind vorliegend erfüllt, denn der Antragsteller hat mit Begehung der Ordnungswidrigkeit vom … Dezember 2014 (Tattagprinzip, vgl. § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG) einen Punktestand von acht Punkten erreicht.

a) Das Landratsamt hat den Punktestand korrekt berechnet und die der Entziehung der Fahrerlaubnis vorgelagerten Maßnahmen ordnungsgemäß ergriffen. Der Punktestand des Antragstellers von sieben Punkten war zum Ablauf des 30. April 2014 gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG mit drei Punkten in das neue Fahreignungs-Bewertungssystem zu überführen. Dabei waren die den Punkten zugrundeliegenden Verstöße bei der Überleitung sämtlich zu berücksichtigen (§ 65 Abs. 3 Nr. 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a) StVG i.V.m. Anlage 13 zu § 40 FeV). Nach Mitteilung der am 15. September 2014 rechtskräftig geahndeten, gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 3 StVG i.V.m. § 40 i.V.m. Anlage 13 FeV n.F. nach neuem Recht mit einem Punkt zu bewertenden Verkehrszuwiderhandlung ermahnte das Landratsamt den Antragsteller gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG, wobei die Ermahnung die nach § 4 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 7 erforderlichen Hinweise enthielt.

Nach Mitteilung zweier weiterer Verkehrszuwiderhandlungen, die jeweils mit einem Punkt zu bewerten sind, hat das Landratsamt die zweite Stufe des Fahreignungs-Bewertungssystems ergriffen, indem es den Antragsteller mit am 10. April 2015 zugestelltem Schreiben gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG verwarnte, wobei die Verwarnung die nach § 4 Abs. 5 Sätze 2 und 3 StVG erforderlichen Hinweise enthielt. Mit Begehung der Ordnungswidrigkeiten vom … Und … Dezember 2014 hat der Antragsteller daher acht Punkte erreicht.

Der Punktestand des Antragstellers war nicht deshalb gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG zu reduzieren, weil der Antragsteller die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führenden Zuwiderhandlungen vom Dezember 2014 bereits vor Zustellung der Verwarnung begangen hatte, diese aber noch nicht rechtskräftig geahndet bzw. der Fahrerlaubnisbehörde noch nicht bekannt waren (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2017 - 3 C 21.15 - juris). Das mit Wirkung vom 1. Mai 2014 eingeführte Fahreignungs-Bewertungssystem wurde mit Wirkung ab dem 5. Dezember 2014 insbesondere hinsichtlich der Regelungen in § 4 Abs. 5 und 6 StVG durch das Gesetz zur Änderung des StVG, der GewO und des BZRG v. 28.11.2014 (BGBl I S. 1802) nochmals geändert. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, ist seit Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung für das Ergreifen von Maßnahmen nach rechtskräftiger Ahndung der Zuwiderhandlung nicht mehr ausschließlich auf den sich für den betreffenden Tattag ergebenden Punktestand abzustellen. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG und eine Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG sind die im Fahrerlaubnisregister eingetragenen und der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme nach § 4 Abs. 8 StVG übermittelten Zuwiderhandlungen. Von der im vormaligen Mehrfachtäter-Punktsystem maßgeblichen Warnfunktion und der deshalb auch für die Frage der Punktereduzierung angenommenen Maßgeblichkeit des Tattagprinzips hat sich der Gesetzgeber für das Fahreignungs-Bewertungssystem bewusst abgesetzt. Bei Fahrerlaubnisinhabern, die sich durch eine Anhäufung von innerhalb kurzer Zeit begangenen Verkehrsverstößen als ungeeignet erwiesen haben, sollen die Verkehrssicherheit und das Ziel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, Vorrang vor dem Erziehungsgedanken haben. Für das Fahreignungs-Bewertungssystem soll es nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreicht und ihm die Möglichkeit der Verhaltensänderung einräumt, bevor es zu weiteren Maßnahmen kommen darf. Die Erziehungswirkung liege – so der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Begründung der vorgeschlagenen und im Gesetzgebungsverfahren angenommenen Änderungen des Regierungsentwurfs – dem Gesamtsystem als solchem zugrunde, während die Stufen in erster Linie der Information des Betroffenen dienten. Die Prüfung der Behörde, ob die Maßnahme der vorangehenden Stufe bereits ergriffen worden sei, sei vom Kenntnisstand der Behörde bei der Bearbeitung zu beurteilen und beeinflusse das Entstehen von Punkten nicht (BT-Drs. 18/2775, S. 9f.).

Umgesetzt wird der vom Gesetzgeber gewollte Systemwechsel insbesondere durch § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 und § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG werden bei der Berechnung des Punktestandes Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind. Diese Vorschrift soll die Punktebewertung eines Verkehrsverstoßes auch dann ermöglichen, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen wurde, bei dieser Maßnahme aber noch nicht verwertet werden konnte, etwa weil deren Ahndung erst später Rechtskraft erlangt hat oder sie erst später im Fahreignungsregister eingetragen oder der Behörde zur Kenntnis gelangt sei (BT-Drs. 18/2775, S. 10). Ein solcher Fall liegt hier bezogen auf die Ordnungswidrigkeiten vom Dezember 2014 vor.

§ 4 Abs. 6 Satz 4 StVG stellt ausdrücklich auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ab. Nach dieser Bestimmung erhöhen Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand (vgl. zur Systematik auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn 88a).

Im Fahreignungs-Bewertungssystem entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde mithin auf der Grundlage der ihr gemäß § 4 Abs. 8 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Eintragungen im Fahreignungsregister. Dieser Kenntnisstand ist maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 StVG. Für die Frage, ob die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist und sich, wenn zunächst diese Maßnahme zu ergreifen ist, der Punktestand verringert (§ 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG), kann nichts anderes gelten. Eine andere Betrachtung liefe dem Ziel der Gesetzesänderung zuwider, bei einer Anhäufung von Verkehrsverstößen die Entziehung der Fahrerlaubnis auch dann zu ermöglichen, wenn der Betroffene nach der Verwarnung die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr durch eine Änderung seines Verkehrsverhaltens verhindern kann.

b) Die Entziehung der Fahrerlaubnis verstößt auch nicht gegen das Verwertungsverbot des § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG.

aa) Die seit dem Jahr 2011 begangenen Zuwiderhandlungen waren im Zeitpunkt der zum Ergreifen der Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG führenden Tat vom … Dezember 2014 noch nicht getilgt. Nach der Übergangsregelung in § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG sind solche Entscheidungen nach den Bestimmungen des § 29 StVG a.F. zu tilgen und zu löschen. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVG a. F. sieht für Verkehrsordnungswidrigkeiten eine Tilgungsfrist von zwei Jahren vor, die nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG a. F. mit dem Tag der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung zu laufen beginnt. Nach § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG a. F. (i.V.m. § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG) ist die Tilgung bei mehreren nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 9 StVG a. F. einzutragenden Entscheidungen allerdings erst zulässig, wenn für alle Eintragungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen, es sei denn, dass § 29 Abs. 6 Satz 2 bis 6 StVG a. F. hiervon abweicht. Aus § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 StVG folgt weiter, dass Entscheidungen, die erst ab dem 1. Mai 2014 gespeichert werden, keine Ablaufhemmung nach § 29 Abs. 6 Satz 2 StVG a. F. mehr auslösen (siehe hierzu nur BT-Drs. 17/13452, S. 7). Zugleich folgt hieraus jedoch auch zwingend, dass eine Ablaufhemmung nach § 29 Abs. 6 StVG a.F., die durch eine nach altem Recht im Verkehrszentralregister gespeicherte Tat ausgelöst wurde, unberührt bleibt.

Im konkreten Fall bedeutet dies, dass die seit dem Jahr 2011 begangenen Ordnungswidrigkeiten mit Ablauf des 1. Oktober 2015 getilgt wurden, da zu diesem Zeitpunkt die zweijährige Tilgungsfrist hinsichtlich der zuletzt rechtskräftig geahndeten und noch nach altem Recht zu speichernden Ordnungswidrigkeit ablief. Am für das Erreichen der 8-Punkte-Grenze maßgeblichen Tag der Begehung der letzten Zuwiderhandlung vom … Dezember 2014 (§ 4 Abs. 5 Satz 5 StVG) waren diese Ordnungswidrigkeiten daher sämtlich noch verwertbar.

Zurecht weist der Bevollmächtigte des Antragstellers darauf hin, dass die am 3. Dezember 2009 rechtskräftig geahndete Ordnungswidrigkeit zu diesem Zeitpunkt gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 29 Abs. 6 Satz 4 StVG bereits getilgt war. Diese Tilgung führt jedoch nicht zu einer Veränderung des Punktestands. Denn nach Löschung dieser nach altem Recht mit einem Punkt zu bewertenden Ordnungswidrigkeit ist von einem Punktestand von sechs Punkten nach altem Recht auszugehen (vgl. § 65 Abs. 3 Nr. 6 StVG), der gemäß der Tabelle des § 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG ebenfalls in drei Punkte umzurechnen ist. Hieraus ergeben sich daher keine Änderungen.

bb) Unerheblich ist nach Auffassung der Kammer, dass im Zeitpunkt des Bescheiderlasses die einjährige Überliegefrist des § 29 Abs. 6 Satz 2 StVG hinsichtlich der auf der Grundlage des StVG a.F. eingetragenen Ordnungswidrigkeitenentscheidungen bereits abgelaufen war. Der Ansicht des OVG Lüneburg, wonach Eintragungen für eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr verwertet werden dürfen, wenn sie im Zeitpunkt des Bescheiderlasses wegen Ablaufs der Überliegefrist bereits gelöscht sind (OVG Lüneburg, B.v. 22.2.2017 - 12 ME 240/16 – juris Rn. 7), folgt die Kammer nicht.

Die Überliegefrist ist lediglich bei der Berechnung des Punktestandes von Belang. Sie hat den Zweck, nach Ablauf der Tilgungsfrist feststellen zu können, ob der Fahrerlaubnisinhaber vor Ablauf der Tilgungsfrist eine oder mehrere andere Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen hat, die sich auf den Punktestand ausgewirkt haben, zu denen die rechtskräftige Entscheidung aber erst nach Ablauf der Tilgungsfrist im Fahreignungsregister eingetragen wird. Solche Erhöhungen des Punktestandes könnten nicht mehr berücksichtigt werden, wenn eine Eintragung unmittelbar mit Eintritt der Tilgungsreife gelöscht werden würde (Begründung zum Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze, BT-Drs. 17/12636 S. 19 f). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Beibehaltung der Überliegefrist einen Kompromiss zwischen der Transparenz des Registers und der Vermeidung von Anreizen für rein taktisch motivierte Rechtsmittel herbeiführen. Der Ablauf der Überliegefrist des § 29 Abs. 6 Satz 2 StVG wirkt sich im Fahreignungs-Bewertungssystem somit in Fällen aus, in denen eine neue Tat während der Tilgungsfrist einer eingetragenen früheren Tat begangen wurde und der durch die neue Tat bewirkte höhere Punktestand eine Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem auslösen würde, die Eintragung der rechtskräftigen Ahndung der neuen Tat in das Register aber erst nach Ablauf der Überliegefrist der früheren Tat erfolgt. Ist die Überliegefrist hingegen im Zeitpunkt der rechtskräftigen Ahndung der letzten zum Ergreifen der Maßnahme führenden Tat noch nicht abgelaufen und durfte die „Vortat“ daher der Fahrerlaubnisbehörde zur Ermittlung des retrospektiv auf den Tattag bezogenen Punktestandes noch übermittelt werden, bleibt ein nachträglicher Ablauf der Überliegefrist genau wie nachfolgende Tilgungen unberücksichtigt (vgl. auch BVerwG, B.v. 6.11.2012 - 3 B 5/12 -, juris Rn. 4 zu § 29 Abs. 8 StVG a.F.). Auch im Fahreignungs-Bewertungssystem greift das Verwertungsverbot in Bezug auf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG nur, bevor acht Punkte erreicht sind, ist also lediglich für das Feststellen des Punktestandes maßgeblich. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Mehrfachtäter-Punktsystems und der Änderung des § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG, der nunmehr anstatt der Tilgung die Löschung als maßgeblich für die Unverwertbarkeit benennt, insoweit Änderungen herbeiführen wollte. Vielmehr diente die Änderung insoweit lediglich der Klarstellung (BT-Drs. 17/12636 S. 46 ff). Allein diese Gesetzesauslegung wird im Übrigen der unwiderleglichen Vermutung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG, wonach der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt, wenn sich acht oder mehr Punkte ergeben, gerecht.

c) Nicht zu folgen ist schließlich dem Einwand des Bevollmächtigten des Antragstellers, die Entziehung der Fahrerlaubnis sei vorliegend unverhältnismäßig, weil der Antragsteller nach altem Recht höchstens zwölf Punkte erreicht hätte. Hierbei wird zum einen verkannt, dass sowohl die Maßnahmestufen als auch die Punktebewertungen im bis zum 30. April 2014 geltenden Mehrfachtäter-Punktsystem von denjenigen des Fahreignungs-Bewertungssystems abweichen. So wären im Mehrfachtäter-Punktsystem die drei vom Antragsteller begangenen Geschwindigkeitsüberschreitungen jeweils mit drei Punkten zu bewerten gewesen. Zum anderen sind die Gesetzesänderung und damit auch die vorliegend in Rede stehende, auf deren Grundlage ergriffene Einzelfallmaßnahme zur Erreichung des damit verfolgten Zwecks, die Verkehrssicherheit zu stärken und ungeeignete Kraftfahrzeugführer auch tatsächlich vom Straßenverkehr auszuschließen (vgl. BT-Drs. 18/2775 S. 9f) geeignet, erforderlich und angemessen. Dieses Ziel ließe sich nur eingeschränkt erreichen, wenn die Neuregelung auf vor ihrem Inkrafttreten begangene, aber noch nicht rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße nicht anwendbar wäre. Die Grenze der Zumutbarkeit bleibt für die Betroffenen gewahrt. Ihre Erwartung, dass das der Gefahrenabwehr dienende Fahrerlaubnisrecht nach Begehung einer noch nicht rechtskräftig geahndeten Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht zu ihrem Nachteil geändert werde, genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. auch BVerwG, U.v. 26.1.2017, a.a.O.).

2. Soweit der Antrag dahingehend auszulegen ist, dass der Antragsteller die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die in Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins begehrt, ist er zulässig und begründet. Der Antragsgegner berühmt sich der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids auch hinsichtlich der Ablieferungsverpflichtung des Führerscheins. Bei einer solchen Sachlage ist ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage als Sonderform des Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 109).

Der Antrag ist auch begründet. Die aufschiebende Wirkung entfällt nur, wenn die sofortige Vollziehung durch Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich angeordnet ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder wenn die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Insbesondere kann § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV nicht so verstanden werden, dass er einen besonderen Fall des gesetzlichen Sofortvollzugs im Sinne von § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO enthält, denn dafür wäre ein Gesetz im formellen Sinn erforderlich; dem genügt eine Verordnung wie die Fahrerlaubnis-Verordnung nicht (BayVGH, B.v. 22.9.2015 - 11 CS 15.1447 – juris). § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG enthält keine § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV entsprechende Regelung zur sofortigen Vollziehbarkeit der Ablieferungsverpflichtung. Die anhängige Anfechtungsklage hat daher insoweit aufschiebende Wirkung.

Das Gericht weist allerdings darauf hin, dass es dem Landratsamt unbenommen bleibt, die sofortige Vollziehung der Nummer 2 des Bescheids vom 17. Juli 2017 nachträglich anzuordnen. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die sechs-Monats-Frist des § 4 Abs. 10 Satz 1 StVG für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis mit der Ablieferung des Führerscheins beginnt (§ 4 Abs. 10 Satz 3 StVG).

3. Da der Antragsgegner nach dem soeben Ausgeführten nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, ergibt sich die Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Nrn. 1.5, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

(1) Die im Register gespeicherten Eintragungen werden nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. Die Tilgungsfristen betragen

1.
zwei Jahre und sechs Monatebei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit,
a)
die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit einem Punkt bewertet ist oder
b)
soweit weder ein Fall des Buchstaben a noch der Nummer 2 Buchstabe b vorliegt und in der Entscheidung ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
2.
fünf Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, vorbehaltlich der Nummer 3 Buchstabe a,
b)
bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit zwei Punkten bewertet ist,
c)
bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
d)
bei Mitteilungen über die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, einem Aufbauseminar, einem besonderen Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung,
3.
zehn Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist,
b)
bei Entscheidungen über Maßnahmen oder Verzichte nach § 28 Absatz 3 Nummer 5 bis 8.
Eintragungen über Maßnahmen der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 werden getilgt, wenn dem Inhaber einer Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis entzogen wird. Sonst erfolgt eine Tilgung bei den Maßnahmen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 ein Jahr nach Ablauf der Probezeit und bei Maßnahmen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 dann, wenn die letzte Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist.Verkürzungen der Tilgungsfristen nach Absatz 1 können durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 zugelassen werden, wenn die eingetragene Entscheidung auf körperlichen oder geistigen Mängeln oder fehlender Befähigung beruht.

(2) Die Tilgungsfristen gelten nicht, wenn die Erteilung einer Fahrerlaubnis oder die Erteilung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, für immer untersagt ist.

(3) Ohne Rücksicht auf den Lauf der Fristen nach Absatz 1 und das Tilgungsverbot nach Absatz 2 werden getilgt

1.
Eintragungen über Entscheidungen, wenn ihre Tilgung im Bundeszentralregister angeordnet oder wenn die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren oder nach den §§ 86, 102 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig aufgehoben wird,
2.
Eintragungen, die in das Bundeszentralregister nicht aufzunehmen sind, wenn ihre Tilgung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde angeordnet wird, wobei die Anordnung nur ergehen darf, wenn dies zur Vermeidung ungerechtfertigter Härten erforderlich ist und öffentliche Interessen nicht gefährdet werden,
3.
Eintragungen, bei denen die zugrundeliegende Entscheidung aufgehoben wird oder bei denen nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 eine Änderung der zugrundeliegenden Entscheidung Anlass gibt,
4.
sämtliche Eintragungen, wenn eine amtliche Mitteilung über den Tod der betroffenen Person eingeht.

(4) Die Tilgungsfrist (Absatz 1) beginnt

1.
bei strafgerichtlichen Verurteilungen und bei Strafbefehlen mit dem Tag der Rechtskraft, wobei dieser Tag auch dann maßgebend bleibt, wenn eine Gesamtstrafe oder eine einheitliche Jugendstrafe gebildet oder nach § 30 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes auf Jugendstrafe erkannt wird oder eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren ergeht, die eine registerpflichtige Verurteilung enthält,
2.
bei Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 59, 60 des Strafgesetzbuchs und § 27 des Jugendgerichtsgesetzes mit dem Tag der Rechtskraft,
3.
bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen sowie bei anderen Verwaltungsentscheidungen mit dem Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung,
4.
bei Aufbauseminaren nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, verkehrspsychologischen Beratungen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Fahreignungsseminaren nach § 4 Absatz 7 mit dem Tag der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung.

(5) Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung, der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs oder bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung oder dem Tag des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen, beginnt die Tilgungsfrist fünf Jahre nach Ablauf oder Aufhebung des Verbots oder der Beschränkung.

(6) Nach Eintritt der Tilgungsreife wird eine Eintragung vorbehaltlich der Sätze 2 und 4 gelöscht. Eine Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c wird nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht. Während dieser Überliegefrist darf der Inhalt dieser Eintragung nur noch zu folgenden Zwecken übermittelt, verwendet oder über ihn eine Auskunft erteilt werden:

1.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zur Anordnung von Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe nach § 2a,
2.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5,
3.
zur Auskunftserteilung an die betroffene Person nach § 30 Absatz 8,
4.
zur Verwendung für die Durchführung anderer als der in den Nummern 1 oder 2 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis, wenn die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist.
Die Löschung einer Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a oder c unterbleibt in jedem Fall so lange, wie die betroffene Person im Zentralen Fahrerlaubnisregister als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gespeichert ist; während dieser Zeit gilt Satz 3 Nummer 1, 3 und 4 nach Ablauf der Überliegefrist entsprechend.

(7) Ist eine Eintragung im Fahreignungsregister gelöscht, dürfen die Tat und die Entscheidung der betroffenen Person für die Zwecke des § 28 Absatz 2 nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. Abweichend von Satz 1 darf eine Tat und die hierauf bezogene Entscheidung trotz ihrer Löschung aus dem Fahreignungsregister für die Durchführung anderer als der in Absatz 6 Satz 3 Nummer 4 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis verwendet werden, solange die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist. Unterliegt eine Eintragung im Fahreignungsregister über eine gerichtliche Entscheidung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a einer zehnjährigen Tilgungsfrist, darf sie nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften entspricht, nur noch für folgende Zwecke an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden:

1.
zur Durchführung von Verfahren, die eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben,
2.
zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5.
Außerdem dürfen für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b des Strafgesetzbuches an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Eintragungen wegen strafgerichtlicher Entscheidungen, die für die Ahndung von Straftaten herangezogen werden. Insoweit gelten die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die (kraft Gesetzes) sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L und Mnach dem sog. Fahreignungs-Bewertungssystem.

Aus mehreren Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes mit den jeweiligen Auszügen aus dem Verkehrszentralregister bzw. Fahreignungsregister sind folgende Eintragungen zulasten des Antragstellers zu ersehen (sortiert nach dem Tattag; einzelne Ergänzungen nach Aktenlage):

Tattag

Verkehrszuwiderhandlung

Ahndung/Rechtskraft

Punkte

…08.2010

Sie hielten bei einer Geschwindigkeit von 94 km/h den erforderlichen Abstand von 47,00 mzum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein. Ihr Abstand betrug 19,06 m und damit weniger als 5/10 des halben Tachowertes. Toleranzen sind zu ihren Gunsten berücksichtigt

Bußgeldbescheid

10.11.2010/27.11.2010

1

…8.2011

Sie benutzten als Führer des Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobil- oder Autotelefon, indem sie hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnahmen oder hielten.

Bußgeldbescheid

27.09.2011/14.10.2011

1

… 3. 2012

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 36 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 60 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 96 km/h

Bußgeldbescheid

24.04.2012/11.05.2012

3

… 5. 2013

Sie missachteten das Rotlicht der Lichtzeichenanlage.

Bußgeldbescheid

26.8.2013/25.9.2013

3

…5.2013

Sie benutzten als Führer des Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobil- oder Autotelefon, indem sie hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnahmen oder hielten.

Bußgeldbescheid

5.7.2013/24.7.2013

1

Schreiben vom 7.11.2013 mit PZU zugestellt am 12.11.2013 (Adresse: …)

Verwarnung durch das Landratsamt München nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 StVG (a.F.) zu angeblich 9 Punkten

1.5.2014

Umstellung von 9 auf 4 Punkte

… 11. 2014

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 33 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 50 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 83 km/h

Bußgeldbescheid

23.2.2015/21.4.2015

2

Schreiben vom 30.7.2015 mit PZU zugestellt am 4.8.2015 (Adresse: …)

Verwarnung nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 StVG zu angeblich 6 Punkten

...8.2014

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 30 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 51 km/h

Bußgeldbescheid

30.10.2014/21.4.2015

1

…7.2015

Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 50 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 75 km/h

Bußgeldbescheid

23.9.2015/10.10.2015

1

Nach Anhörung vom 29. April 2016 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 24. November 2016, zugestellt am 26. November 2016, die Fahrerlaubnis aller Klassen und teilte ihm mit, dass die Fahrerlaubnis am Tage der Zustellung des Bescheids erlösche und damit ungültig werde (Nr. 1 des Bescheids). In Nr. 2 ordnete sie die Abgabe des Führerscheins spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids an. Für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- EUR an (Nr. 3) und wies unter Nr. 4 darauf hin, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei. Nr. 5 und 6 des Bescheids enthalten die Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde damit begründet, dass bei dem Antragsteller wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften vorlägen und aufgrund dieser Verstöße das Fahreignungsregister zu seiner Person Eintragungen enthalte, die mit 8 Punkten registriert seien. Mit der Tat vom … Juli 2015, rechtskräftig seit 10. Oktober 2015 und im Fahreignungsregister gespeichert am 20. Oktober 2015, habe der Antragsteller den zu bewertenden Punktestand von 8 Punkten erreicht. Alle Eintragungen zur Person des Antragstellers im Fahreignungsregister seien rechtskräftig und daher zu verwerten. Die Stufenregelung gemäß § 4 Abs. 6 Straßenverkehrsgesetz (StVG) sei beachtet worden. Die Fahrerlaubnis sei dem Antragsteller nach § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG zu entziehen.

Auf die Gründe des Bescheids im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).

Am 2. Dezember 2016 ging der Führerschein des Antragstellers bei der Antragsgegnerin ein.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom ... Dezember 2016, der am 22. Dezember 2016 per Telefax einging, ließ der Antragsteller zum Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erheben und beantragen, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. November 2016 aufzuheben.

Mit weiterem Schriftsatz vom ... Dezember 2016, der am 22. Dezember 2016 per Telefax einging, ließ der Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom ... Dezember 2016, gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. November 2016 wiederherzustellen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Entscheidung der Antragsgegnerin genüge nicht den Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei unverhältnismäßig. Der Antragsteller sei dringend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen.

Des Weitern wird ausgeführt, die Entscheidung sei unverhältnismäßig und verletze den Antragsteller in seinen Grundrechten nach Art. 2 Grundgesetz (GG) und Art. 103 Abs. 1 GG.

Ferner wird dargelegt, dass der Antragsteller die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Verwarnung vom 7. November 2013 nicht erhalten habe, da er zwar unter der Adresse …-Straße in … bei seinen Eltern gemeldet gewesen sei, aber seit 1987 dort nicht mehr wohne. Die Antragsgegnerin habe die fehlerhafte Ersatzzustellung unter dieser Adresse fälschlicherweise als wirksam angesehen. Zur Glaubhaftmachung verweist der Prozessbevollmächtigten insbesondere auf eine in den Akten befindliche eidesstattliche Versicherung des Antragstellers. Außerdem wird ausgeführt, die Antragsgegnerin hätte bei der Berechnung der Punkte, die angeblich zu 8 Punkten geführt haben, fälschlicherweise auch auf Punkte abgestellt, die seit dem 25. September 2015 verjährt und bereits am 25. September 2016 endgültig aus dem Fahreignungsregister gelöscht worden seien. Zur Antragsbegründung wurde im Übrigen auf die der Klage beigefügte Begründung Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 13. Februar bei 2017, bei Gericht eingegangen am 15. Februar 2017, legte die Antragsgegnerin ihre Akte vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung weist sie insbesondere auf die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamts über die den Antragsteller betreffenden punktebewerteten Eintragungen im Verkehrszentralregister hin, aus denen gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG folge, dass der Antragsteller kraft Gesetzes als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gelte. Die Maßnahmen, die im Rahmen des Punktsystems der Fahrerlaubnisentziehung vorauszugehen haben, seien ordnungsgemäß gegenüber dem Antragsteller ergriffen worden. Er sei beim Stand von 9 Punkten verwarnt und gemäß den gesetzlichen Bestimmungen auf die Möglichkeit einer Punktereduzierung durch freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar hingewiesen worden (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG alter Fassung [a.F.]). Mit Schriftsatz vom … Februar 2014 habe der Antragsteller die Genehmigung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar als Einzelseminar beantragt. Der Einwand des Bevollmächtigten des Antragstellers, dieser habe von der Verwarnung keine Kenntnis erhalten, sei daher nicht nachvollziehbar.

Nachdem sich für den Antragsteller aufgrund weiterer Taten insgesamt 6 Punkte ergeben haben, sei er mit Schreiben vom 30. Juli 2015 verwarnt worden, gleichzeitig sei er auf die Möglichkeit zur freiwilligen Teilnahme an einem Fahreignungsseminar und die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Erreichen von 8 Punkten oder mehr hingewiesen worden. Die Fahrerlaubnisbehörden seien bei Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 StVG an rechtskräftige Entscheidungen über Ordnungswidrigkeiten gebunden. Die jeweils vorgenommene Punktebewertung sei nicht zu beanstanden gewesen.

Das Landratsamt München übersandte dem Gericht auf schriftliche und telefonische Nachfrage am 18. April 2017 bzw. 19. April 2017 die Einzahlungsnachweise der Gebühr und der Auslagen für die am 7. November 2013 gegenüber dem Antragsteller ergangene Verwarnung.

Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers äußerte hierzu in einem per Telefax am … April 2017 eingegangenen Schriftsatz:

„Da es sich um einen vergleichsweise geringen Betrag handelte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Überweisung durch die Eltern des Antragstellers oder auch durch eine Mitarbeiterin der … GmbH & Co. KG im Wege einer Sammelüberweisung erfolgte. Der Antragsteller hat eine sehr enge Verknüpfung zwischen seiner Firma, die er mit seiner Schwester betreibt und seinen privaten Dingen, das geht fließend ineinander über, da die … GmbH & Co. KG nicht für Dritte arbeitet, sondern nur eigene Objekte entwickelt, plant und verwirklicht und eigenes Vermögen verwaltet. Da der Antragsteller sehr häufig auch auf Geschäftsreisen ist, kümmert sich seine Sekretärin um solche Angelegenheiten, diese hat auch die Kontovollmacht, solche Beträge eigenständig zu überweisen.“

Mit Beschluss vom 26. April 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten einschließlich der Gerichtsakte zum Verfahren M 6 K 16.5922 ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Bei der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung, erweist sich der Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. November 2016 als rechtmäßig, sodass es bei der vorliegend kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis verbleibt.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist dahin auszulegen, dass mit ihm die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes (§ 4 Abs. 9 Straßenverkehrsgesetz [StVG]) sofort vollziehbare Entziehung der Fahrerlaubnis erreicht werden soll. Die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten, dass der Bescheid der Antragsgegnerin nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genüge, gehen deshalb ins Leere.

Die kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit erstreckt sich auch auf die Pflicht zur Abgabe des Führerscheins nach § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG.

Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bereits unzulässig, denn der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben. Damit ist die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) gleichwohl noch beitreiben wird. Daher fehlt es dem Antragsteller für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich Nr. 3 des Bescheids am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (BayVGH, B. v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris).

Demgegenüber hat sich durch die Abgabe des Führerscheins die Verpflichtung hierzu in Nr. 2 des Bescheids nicht erledigt, denn diese stellt den Rechtsgrund für das vorläufige behalten dürfen dieses Dokuments für die Fahrerlaubnisbehörde dar (BayVGH, B. v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris).

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 - 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin geht zu Recht davon aus, dass dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen war.

Nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG war die Fahrerlaubnis zu entziehen, weil der Antragsteller Verkehrszuwiderhandlungen begangen hatte, die insgesamt mit 8 Punkten zu bewerten waren.

Er wurde beim Stand von 9 Punkten (vor der Umstellung 1.5.2014) mit Schreiben vom 7. November 2013 verwarnt. Eine wirksame Zustellung der Verwarnung an den Antragsteller ist zwar nicht nachweisbar, der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass die Verwarnung dem Antragsteller - nach Überzeugung des Gerichts - tatsächlich zugegangen ist (Art. 9 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz [VwZVG]). Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde die Verwarnung am 12. November 2013 unter der Anschrift „…-Straße …“, an einen erwachsenen Familienangehörigen ( …) übergeben. Zu diesem Zeitpunkt war der Antragsteller unter dieser Wohnanschrift zwar noch im Sinne des Bundesmeldegesetzes (BMG) gemeldet, wohnte dort jedoch seit vielen Jahren nicht mehr. Es handelt sich, nach seiner eidesstattlichen Versicherung, um seine elterliche Wohnadresse. Die Ersatzzustellung nach Art. 3 Abs. 2 VwZVG i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) setzt voraus, dass die Person, der dort zugestellt werden soll, tatsächlich dort wohnt. Da dies nicht der Fall war, war die Ersatzzustellung unwirksam. Die Überzeugung des Gerichts, dass die Verwarnung dem Antragsteller tatsächlich zugegangen ist und der Zustellungsmangel dadurch geheilt wurde (Art. 9 VwZVG) ergibt sich zum einen daraus, dass der Antragsteller mit Schreiben vom … Februar 2014 bei der Kfz-Zulassungsstelle des Landratsamts München einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Punkteabbau im Einzelunterricht gestellt hat. Die Ausnahmegenehmigung für ein Aufbauseminar im Einzelunterricht wurde ihm auch mit Schreiben vom 27. Februar 2014 erteilt. Der Antragsteller hat jedoch keine Teilnahmebescheinigung vorgelegt. Zum anderen ergibt sich der Zugang der Verwarnung daraus, dass der Antragsteller, ausweislich der Einzahlungsquittung der Kreiskasse des Landkreises München, die für die Verwarnung angefallenen Verwaltungskosten in Höhe von 20,22 EUR am 2. Dezember 2013 bezahlt hat. Die Detailansicht der Kontoumsätze weist den Antragsteller als Auftraggeber der Überweisung aus. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Verwarnung dem Antragsteller spätestens am 2. Dezember 2013 zugegangen war. Die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers steht hierzu nicht in Widerspruch, denn der Antragsteller erklärte zu diesem Punkt:

„Was die Verwarnung vom ...11.2013 anbetrifft, die an die Wohnadresse meiner Eltern zugestellt wurde, habe ich keine Erinnerung mehr, dass ich eine solche Verwarnung erhalten hätte, da sie mir nicht unter meiner seit 2012 gültigen Wohnadresse …straße … zugestellt wurde.“

Das Gericht hält es in diesem Zusammenhang auch für ausgeschlossen, dass die Eltern die Überweisung – quasi heimlich – unter dem Namen ihres Sohnes getätigt haben, ohne diesem das Verwarnungsschreiben auszuhändigen, oder dass die Sekretärin das Verwarnungsschreiben von den Eltern des Antragstellers erhielt und ohne ihm dieses zu geben die Überweisung von seinem Konto getätigt hat. Ein solcher Hergang wird letztlich vom Bevollmächtigten des Antragstellers auch nicht behauptet, sondern lediglich als abstrakte Möglichkeit in den Raum gestellt.

Da die Verwarnung dem Antragsteller nach Überzeugung des Gerichts zugegangen ist, kann hier auch dahinstehen, ob sich der Antragsteller möglicherweise wegen Rechtsmissbrauchs nicht auf die Unwirksamkeit der Ersatzzustellung der an ihn gerichteten Verwarnung berufen kann, weil er bei der Verwaltungsbehörde einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt unter Verstoß gegen die Meldegesetze herbeigeführt hat und es folglich eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn er sich nun auf die fehlerhafte Ersatzzustellung beruft, obwohl er den Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt hat (OLG Stuttgart, B. v. 10.01.2017 – 1 Ss 732/16 – juris).

Die mit Schreiben vom 30. Juli 2015 durch die Antragsgegnerin erteilte Verwarnung (6 Punkte) wurde dem Antragsteller unstreitig ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde am 4. August 2015 zugestellt. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG wurden somit die erforderlichen Maßnahmen stufenweise ergriffen.

Das Gericht nimmt im Übrigen Bezug auf die Gründe des Bescheids vom 24. November 2016 und der Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017.

Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass der Bescheid nicht deshalb rechtswidrig ist weil er bei dem Punktestand von 8 Punkten auch solche berücksichtigt, die bereits seit dem 25. September 2015 verjährt waren und seit dem 25. September 2016 endgültig aus dem Fahreignungsregister gelöscht worden sind, denn gemäß § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG hat die Antragsgegnerin für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich imZeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 7 StVG bleiben spätere Verringerungen des Punktestandes aufgrund von Tilgungen unberücksichtigt. Die letzte punkterechtlich relevante Tat wurde vom Antragsteller am … Juli 2015 und somit vor dem 25. September 2015 begangen. Die Antragsgegnerin war deshalb verpflichtet sämtliche Punkte zu berücksichtigen. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG ist die Fahrerlaubnis bei einem Punktestand von 8 oder mehr Punkten zwingend zu entziehen. Ein Ermessensspielraum besteht hierbei nicht. Schon aus diesem Grunde kann die Entscheidung der Antragsgegnerin nicht unverhältnismäßig sein. Probleme im beruflichen oder privaten Bereich aufgrund der Fahrerlaubnisentziehung sind ohne rechtliche Bedeutung, da die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs den persönlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Interessen des Einzelnen vorgeht. Im Übrigen ist gerade bei berufsbedingter und deshalb verstärkter Verkehrsteilnahme von fahrungeeigneten Kraftfahrern das öffentliche Interesse an der Entziehung der Fahrerlaubnis besonders hoch, um weitere vielfältige Straßenverkehrsgefährdungen auszuschließen.

Anhaltspunkte für eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) oder der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 GG) bestehen nicht. Insbesondere hat die Antragstellerin keine Möglichkeit die rechtskräftigen Bußgeldentscheidungen und deren ordnungsgemäße Zustellung zu überprüfen, sondern ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 4 StVG an diese gebunden.

Mangels Erfolgsaussicht der Klage ist kein Raum für eine weitergehende Interessenabwägung. Daher müssen die persönlichen Interessen des Antragstellers auch insoweit hinter den Interessen der Allgemeinheit - hier insbesondere an der Sicherheit des Straßenverkehrs - zurücktreten.

Da somit die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese – im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte – Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG.

Rechtliche Bedenken gegen die im Bescheid enthaltenen Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des GerichtskostengesetzesGKG - in Verbindung mit den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 sowie 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.