Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Verlusts seines Freizügigkeitsrechts verbunden mit einer 5-jährigen Wiedereinreisesperre.
Der am … April … in …, Ungarn, geborene Kläger ist ungarischer Staatsangehöriger. Nach den gerichtlichen Angaben im Strafverfahren (Amtsgericht München, Az.: 843 Ds 242 Js 229374/08, Urteil vom 04.03.2009) hatte er seit seinem 11. Lebensjahr keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern und wuchs in einem Heim auf. In der Haft machte er seinen Hauptschul- und einen höheren Schulabschluss. Nach den Feststellungen dieses Urteils begab sich der Kläger, nachdem er im Mai 2008 aus einem ungarischen Gefängnis entlassen worden war, nach Österreich, wo er zwei Tage nach seiner Einreise straffällig wurde. Nach seiner Entlassung am 9. Oktober 2008 aus der Justizvollzugsanstalt Wien reiste er ins Bundesgebiet ein und wurde am 11. Oktober 2008 in Untersuchungshaft genommen.
Nach seiner Haftentlassung am 10. Mai 2009 hielt er sich zeitweise bei seiner Halbtante in M. auf bzw. war obdachlos und lebte auf der Straße. Melderechtlich war der Kläger während der Zeit seiner Inhaftierung sowie vom 10. Mai 2009 bis zum 18. Dezember 2009 sowie im Zeitraum vom 1. November 2010 bis zum 1. Januar 2011 erfasst. Am 12. Mai 2009 wurde dem Kläger eine Bescheinigung über das Aufenthaltsrecht als EU-Staatsangehöriger ausgestellt.
Das österreichische Strafregister enthält folgenden Eintrag:
Landesgericht für Strafsachen Wien, 9.6.2008 32HV 63/2008D, Einbruchsdiebstahl, Freiheitsstrafe neun Monate.
Das Bundeszentralregister weist folgende Eintragungen auf:
1. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 4. März 2009 wurde der Kläger wegen versuchten Diebstahls (Tat: 11.10.2008) zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt.
Die Strafvollstreckung war durch Anrechnung der Untersuchungshaft erledigt. Der Kläger wurde am 10. Mai 2009 aus der Haft entlassen.
2. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 7. Januar 2010 wurde gegen den Kläger wegen Hausfriedensbruchs (Tat: 11.10.2009) eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verhängt.
Der Kläger verbüßte vom 27. September 2010 bis 26. Oktober 2010 eine Ersatzfreiheitsstrafe.
3. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 26. Juni 2010 wurde gegen den Kläger wegen Diebstahls in zwei Fällen eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verhängt (letzte Tat: 26.04.2010).
Vom 21. Mai 2011 bis 28. Juli 2011 verbüßte der Kläger eine Ersatzfreiheitsstrafe.
4. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 20. Juni 2012 wurde der Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung (Tat: 22.03.2012) zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt.
Der Kläger verbüßte vom 4. April 2013 bis 4. Oktober 2013 eine Ersatzfreiheitsstrafe. Vom 9. März 2013 bis 3. April 2013 war er wegen eines anderen Strafverfahrens in Untersuchungshaft.
5. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 17. Oktober 2012 wurde der Kläger wegen Betrugs in 18 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Im Berufungsverfahren vor dem Landgericht München I (Urteil vom 26. März 2013) wurde das Urteil des Amtsgerichts München (Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 17 Fällen in Tatmehrheit mit Betrug in 4 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten) mit dieser Maßgabe aufrechterhalten.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 14. Mai 2009 schloss der Kläger mit der Stadtsparkasse M. einen Vertrag über die Eröffnung eines Girokontos, worauf ihm die Bank eine Bankkarte aushändigte. Der Kläger hatte dabei von Anfang vor, kein Geld auf das Konto einzuzahlen, da er, wie er wusste, keine Arbeit oder sonstige Einnahmequellen hatte. Dennoch setzte der Kläger die Bankkarte in der Folgezeit ein, wobei er, entgegen den tatsächlichen Verhältnissen, seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit vorgab. So schloss er in der Folgezeit mehrere Verträge mit Mobilfunkanbietern und ließ sich Smartphones aushändigen. Am 26. Oktober 2009 schloss der Kläger mit der Postbank einen Vertrag über die Eröffnung eines Girokontos, worauf diese ihm eine Bankkarte aushändigte. Auch hier hatte der Kläger von Anfang an vor, kein Geld auf das Konto einzuzahlen. Dennoch setzte er die Bankkarte in der Folgezeit ein, um Waren ohne entsprechende Bezahlung zu erhalten. Neben dem Erwerb von Lebensmitteln kaufte er am 16. November 2009 beim MVV 12 Monatskarten, ohne die Forderung zu begleichen. Der Kläger hat durch diese Handlungen einen Gesamtschaden in Höhe von 4.385,56 Euro verursacht.
Der Kläger, der bereits vom 20. Mai 2014 bis 11. Juli 2014 und seit dem 31. August 2014 in Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Begehung einer anderweitigen Strafhaft war, war vom 17. September 2014 bis zum 3. Januar 2017 aufgrund dieser Verurteilung in Haft.
6. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 3. Juni 2016 wurde gegen den Kläger wegen Hausfriedensbruch in zwei Fällen (Datum der letzten Tat: 28.12.2013) eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 3,00 Euro verhängt.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2014 stellte die Beklagte nach vorheriger Anhörung des Klägers fest, dass dieser sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren habe (Ziff. 1.). Die Einreise und der Aufenthalt wurden für sieben Jahre untersagt (Ziff. 2.). Der Kläger wurde aufgefordert, das Bundesgebiet binnen eines Monats nach Bestandskraft des Bescheids zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise oder der Unmöglichkeit der Ausreise aufgrund der Inhaftierung wurde die Abschiebung nach Bestandskraft des Bescheids nach Ungarn oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder zur Rückübernahme verpflichteten Staat angedroht (Ziff. 3.).
Zur Begründung des auf § 6 Abs. 1, 2 FreizügG/EU gestützten Bescheides wurde angeführt, aufgrund des persönlichen Verhaltens des Klägers sowie der in den abgeurteilten Straftaten gezeigten kriminellen Energie sowie der fehlenden Integration des Klägers im Bundesgebiet bestehe die Gefahr, dass dieser weiterhin Straftaten begehe, welche ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren würden. Ein Daueraufenthaltsrecht habe der Kläger nicht erworben, so dass er sich nicht auf § 6 Abs. 4 FreizügG/EU berufen könne. Im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensentscheidung seien schutzwürdige Belange des Klägers berücksichtigt worden, wobei der vorgebrachte Kontakt zu seiner Halbtante auch brieflich aufrechterhalten werden könne. Das öffentliche Interesse an der Verhütung weiterer Straftaten überwiege jedoch. Auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher sowie europarechtlicher Wertentscheidungen sei im Hinblick auf die hohe Wiederholungsgefahr, auch unter Berücksichtigung der familiären und sonstigen Belange des Klägers, eine 7-jährige Wiedereinreisesperre geboten.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2014, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 5. Januar 2015 eingegangen, erhob der Kläger Klage (Verfahren M 25 K 15.40).
Zur Begründung führte er aus, eine Abschiebung sei nur möglich, wenn er zu einer Freiheitsstrafe über 3 Jahren verurteilt worden sei. Dies würde bei ihm nicht vorliegen. Er befinde sich seit fast 7 Jahren in Deutschland. Er habe eine Halbtante im Bundesgebiet, die krank sei. In Ungarn habe er keine Familie mehr. Er sei nicht gefährlich, da die Verurteilungen nur wegen Diebstahl und Betrug und gefährlicher Körperverletzung erfolgt seien. Er würde bei seiner Tante wohnen, könne sich dort aber nicht melden, da diese eine Betreuungswohnung habe. Die ihm vorgeworfene Vergewaltigung habe er nicht begangen. Er sei kein Terrorist oder Landesverräter.
Der Kläger wurde am 3. Januar 2017 aus der Justizvollzugsanstalt … mit unbekannter Anschrift entlassen. Nachdem ein durchgeführtes Verfahren zur Aufenthaltsfeststellung erfolglos blieb, wurde der Kläger mit am 10. März 2017 öffentlich zugestelltem Schreiben vom 7. März 2017 aufgefordert, binnen zwei Monaten die derzeitige Anschrift mitzuteilen. Auf die Folgen des § 92 Abs. 2 VwGO wurde hingewiesen. Eine Reaktion des Klägers erfolgte nicht. Mit öffentlich zugestelltem Beschluss vom 28. Juni 2017 wurde das Verfahren eingestellt.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017, bei Gericht am 18. Oktober 2017 eingegangen, wandte sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 und beantragte, die Ausweisung aufzuheben. In mehreren Folgeschreiben beantragte er sinngemäß die Wiederaufnahme des (abgeschlossenen) Verfahrens, weil er seit 9. Januar 2017 eine Postadresse gehabt habe und die Beklagte und die Staatsanwaltschaft die Postadresse „absichtlich Versäumnis gemacht“ hätten.
Seit 10. Januar 2018 sitzt der Kläger wieder in Untersuchungshaft.
In der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2018 beantragte der Kläger, den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 aufzuheben und das Verfahren M 25 K 15.40 fortzusetzen.
Der Vertreter der Beklagten beantragte
Klageabweisung.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakte, die (elektronisch) vorgelegte Behördenakte, die beigezogenen Strafakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2018.
I.
Auf den entsprechenden Antrag des Klägers war der Beschluss vom 28. Juni 2017 (Verfahren M 25 K 15.40) aufzuheben und das Verfahren fortzusetzen. Zwar erfolgte auf die öffentliche Bekanntmachung der Betreibensaufforderung vom 7. März 2017 keine Reaktion des Klägers. Dieser hat jedoch angegeben, dass er seine c/o Adresse sowohl der Staatsanwaltschaft als auch der Beklagten weitergegeben und deshalb damit gerechnet habe, dass diese die Adresse an das Gericht weiterleiten würde. Vom Fehlen eines Rechtsschutzinteresses auf Seiten des Klägers ist somit nicht auszugehen.
II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 in der Fassung der Änderung vom 24. Januar 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Die von der Beklagten vorgenommene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden, § 114 VwGO.
Die nach pflichtgemäßem Ermessen ausgesprochene Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 und Abs. 2 FreizügG/EU erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – juris) als rechtmäßig.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU unbeschadet des § 2 Abs. 7 und des § 5 Abs. 4 FreizügG/EU nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit (Art. 45 Abs. 3, Art. 52 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) festgestellt und die Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht oder die Aufenthaltskarte oder Daueraufenthaltskarte entzogen werden. Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt für sich allein nicht, um die in Abs. 1 genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen, § 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU. Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrundeliegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt, § 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU. Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, § 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU. Das Erfordernis einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung verlangt eine hinreichende – unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit nach dem Ausmaß des möglichen Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts differenzierte – Wahrscheinlichkeit, dass der Ausländer künftig die öffentliche Ordnung i.S. des Art. 45 Abs. 3 AEUV beeinträchtigen wird (BVerwG, U.v. 3.8.2004 – 1 C 30/02 – juris). Eine strafrechtliche Verurteilung kann den Verlust des Freizügigkeitsrechts daher nur insoweit rechtfertigen, als die ihr zugrundeliegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Ob die Begehung einer Straftat nach Art und Schwere ein persönliches Verhalten erkennen lässt, das ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, lässt sich nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles beurteilen (vgl. EuGH, U.v. 27.10.1977, C-30/77 „Bouchereau“; U.v. 4.10.2007 „Polat“).
Die erschwerten Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU für die Verlustfeststellung liegen nicht vor. Der Kläger hat im Bundesgebiet nie gearbeitet und unabhängig davon, dass die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit erst zum 1. Mai 2011 eintrat, § 284 Abs. 1 SGB III in der bis 30.4.2011 geltenden Fassung, nie die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU erfüllt. Der am 12. Mai 2009 ausgehändigten Bescheinigung über das Freizügigkeitsrecht kommt nur deklaratorische Bedeutung zu.
Gemessen an diesen Grundsätzen liegt vorliegend eine den Verlust des Freizügigkeitsrechts rechtfertigende hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Kläger vor, welche ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Das Gericht ist auf der Grundlage der beigezogenen Akten sowie der persönlichen Verhältnisse des Klägers überzeugt, dass dieser auch in Zukunft Straftaten begeht, welche ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist die Verlustfeststellung nicht an die Verhängung einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren gebunden. Weder das Freizügigkeitsgesetz in der bis 30. Juni 2015 geltenden Fassung (Zeitpunkt des Bescheidserlasses) noch die derzeit aktuell gültige Fassung enthalten eine diesbezügliche Regelung.
Unzutreffend ist auch die Ansicht des Klägers, nur bei Terroristen oder Landesverrätern könne die Verlustfeststellung getroffen werden. Die Verlustfeststellung ist vielmehr auch möglich, wenn eine Vielzahl von kleineren Straftaten vorliegt, welche für sich allein genommen nicht geeignet sind, eine hinreichend schwere Gefährdung zu begründen (vgl. EuGH, Urteil vom 4.10.2007, C-349/06-“Polat“), wobei beim Kläger Verurteilungen wegen schwerer Straftaten (gefährliche Körperverletzung, Betrug) vorliegen.
Der Kläger hat unmittelbar nach Einreise ins Bundesgebiet und nach der Entlassung aus österreichischer Strafhaft (Verurteilung wegen eines Einbruchsdiebstahls) am 11. Oktober 2008 versucht, in einen Verkaufsstand einzubrechen, um Waren aus dem Inneren zu entwenden. Wenige Tage nach Haftentlassung am 10. Mai 2009 ließ sich der Kläger am 14. Mai 2009 von einer Bank (und am 26. Oktober 2009 von einer weiteren Bank) Girokarten ausstellen, obwohl er, wie er wusste, über keine Einnahmen verfügte und schloss in der Folge über mehrere Monate Kaufverträge mit verschiedenen Firmen ab, ohne die Forderungen zu begleichen. Diese hohe Rückfallgeschwindigkeit zeigt, dass der Kläger über keinerlei Unrechtsbewusstsein verfügt und nicht bereit ist, sich an geltende Gesetze zu halten. Auch die folgenden Verurteilungen (Amtsgericht München vom 7. Januar 2010 und 26. Juni 2010) hielten den Kläger nicht von der Begehung weiterer erheblicher Straftaten ab. So wurde der Kläger im Rahmen einer Auseinandersetzung am 22. März 2012 gewalttätig. Im Zuge dieser Auseinandersetzung trat er zweimal mit dem Fuß gegen den Kopf des Geschädigten, die zu einer blutigen Riss-Quetsch-Wunde am Schädeldach führte, die mit sieben Stichen genäht wurde. Keine der verhängten Strafen führte zu einer Verhaltensänderung des Klägers.
Auch die Justizvollzugsanstalt … geht in der Stellungnahme vom 22. November 2016 davon aus, dass der Kläger aufgrund der zahlreichen Vorstrafen und seiner desolaten Lebenssituation als Risikoprobant angesehen werden müsse. Dem Kläger fehle jegliche Kritik und Einsicht. Das Landgericht Coburg hat daher mit Beschluss vom 19. Dezember 2016 eine Führungsaufsicht für die Dauer von zunächst fünf Jahren festgesetzt.
Die Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Straftaten gegen das Eigentum und das Vermögen sowie die körperliche Unversehrtheit Dritter ergibt sich auch aufgrund der persönlichen Situation des Klägers. Dieser hat im Bundesgebiet nie (nach eigenen Angaben nur einen Tag) gearbeitet. Des Weiteren hatte der Kläger, mit Ausnahme der Zeiten der Inhaftierung, überwiegend keinen festen Wohnsitz und auf der Straße gelebt. Seit seiner Entlassung am 3. Januar 2017 lebte er, bis zur erneuten Verhaftung am 10. Januar 2018, durchgängig auf der Straße. Auch hat der Kläger nach den Feststellungen der Strafgerichte ein unbehandeltes Alkoholproblem, welches er offensichtlich verdrängt.
Die vom Kläger begangenen Straftaten sind auch als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet sind, die Ruhe und die Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen. Das Grundinteresse der Gesellschaft besteht vorliegend in der Sicherung des friedlichen Zusammenlebens seiner Bürger unter Einhaltung der geltenden Rechtsordnung, insbesondere des Vermögens- und Eigentumsschutzes sowie des Schutzes vor Gewalttaten.
Die von der Beklagten getroffene Verlustfeststellung ist auch unter Berücksichtigung der besonderen Belange des Klägers gemäß § 6 Abs. 3 FreizügG/EU nicht zu beanstanden. Der Kläger hält sich zwar seit mehr als neun Jahren im Bundesgebiet auf. Davon verbrachte er jedoch fast vier Jahre in Haft. Eine wirtschaftliche und soziale Integration ist dem Kläger nie geglückt. Er hat hier nie gearbeitet und überwiegend auf der Straße gelebt. Nähere Beziehungen ins Bundesgebiet hat er nicht. Seine Halbtante ist zwischenzeitlich verstorben. Auch wenn er keinerlei Beziehungen mehr nach Ungarn haben sollte – nach eigenen Angaben lebt dort noch sein zwei Jahre jüngerer Bruder, zu dem er keinen Kontakt haben will – stellt sich die Situation in Ungarn nicht anders bzw. schlechter als im Bundesgebiet dar.
Auch die von der Beklagten nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 7 Abs. 2 Satz 5, Satz 6 FreizügG/EU getroffene Befristung der Sperre zur Wiedereinreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet für die Dauer von (zuletzt) fünf Jahren ist rechtlich nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung der Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Straftaten durch den Kläger ist angesichts fehlender sozialer Bindungen im Bundesgebiet die Sperrfrist von fünf Jahren erforderlich und nicht unverhältnismäßig.
Die in Ziffer 3. verfügte Ausreisepflicht beruht auf § 7 Abs. 1 FreizügG/EU, die Ausreisefrist entspricht den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 FreizügG/EU.
Zur Ergänzung wird auf die Ausführungen des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.