Verwaltungsgericht München Urteil, 27. Juli 2016 - M 23 K 15.4350

published on 27.07.2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 27. Juli 2016 - M 23 K 15.4350
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Gericht

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Tenor

I. Der Beklagte wird verpflichtet, über eine Reduzierung der Kostenrechnung vom 31. 8. 2015 in Höhe von 8.064,-EUR (etwa nach Art. 12 Abs. 2 KG) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe von Vermessungsgebühren.

In der Baubeschreibung zum Bauantrag vom 26. Februar 2014 gab die Klägerin die Baukosten für den geplanten Bau eines Hotels mit Tiefgarage in der ...str. 50 in München (Fl.Nr. ... Gemarkung ...) gegenüber der Lokalbaukommission mit 10,24 Mio. EUR an.

Auf Aufforderung der Lokalbaukommission an den Architekten der Klägerin legte dieser mit Datum vom 19. Mai 2014 eine Aufstellung der Baukosten gemäß DIN 276, unterteilt nach Baugruppen, mit einem Gesamtbruttobetrag von 12.185.600,00 EUR vor.

Am 6. Juni 2014 erteilte die Lokalbaukommission die Baugenehmigung für das oben bezeichnete Vorhaben, erhob für die Genehmigung gemäß dort anliegender Kostenrechnung als Bestandteil des Bescheids Gebühren in Höhe von 152.598,04 EUR und teilte (unter anderem) der Vermessungsverwaltung die Tatsache der am selben Tag erfolgten Genehmigung sowie Baukosten in Höhe von 26.836.984,- EUR mit.

Am 17. August 2015 erfolgte die Gebäudevermessung auf dem Grundstück.

Durch streitgegenständlichen Kostenbescheid vom 31. August 2015 erhob das Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung ... von der Klägerin Kosten in Höhe von 17.798,14 EUR und legte hierfür die Kosten der Baumaßnahme gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung über die Benutzungsgebühren der staatlichen Vermessungsämter (GebOVerm) für einen Baukostenrahmen von 25,0 – 27,5 Mio. EUR zugrunde.

Die für die Klägerin am 21. September 2015 erstellte Schlussrechnung der bauausführenden ... gab für das streitgegenständliche Bauvorhaben eine der Gesamtsumme nach Vertrag entsprechende Baukostengesamtsumme von brutto 15.806.361,94 EUR an.

Durch Schriftsatz vom 30. September 2015 erhob die ... GmbH als konzerninterne Rechtsberatungsgesellschaft in Vertretung der Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München „gegen die Kostenrechnung vom 31. August 2015“.

Durch Schriftsatz vom 5. November 2015 zeigte der Klägerbevollmächtigte die Vertretung an und beantragte zuletzt in der mündlichen Verhandlung:

Der Bescheid vom 31. August 2015 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von 8.450,- EUR zzgl. Mehrwertsteuer übersteigt.

Hilfsweise wird der Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsausführungen des Gerichts über eine Änderung der Kostenrechnung vom 31. August 2015 (etwa nach Art. 12 Abs. 2 BayKG) zu entscheiden.

Dies wurde, auch in weiteren Schriftsätzen, im Wesentlichen damit begründet, dass die im Antragsformular für die Baugenehmigung bezeichneten Baukosten von etwa 10,24 Mio. EUR ausweislich der Schlussrechnung vom 21. September 2015 lediglich um etwa 30% überschritten worden seien und diese in etwa der Schätzung im Vorbescheidsverfahren entsprochen haben.

Die Lokalbaukommission der ... habe, ohne die Angaben des Architekten der Klägerin hierzu in einem Gespräch am 23. Mai 2014 zu berücksichtigen, deren Baukostenindex zugrunde gelegt und die Baukosten geschätzt. Diese seien von der Vermessungsverwaltung übernommen worden.

Ausweislich des Verordnungstextes seien aber die im Zeitpunkt der Baugenehmigung geschätzten tatsächlichen Baukosten zu Grunde zu legen; eine andere Auslegung sei nicht möglich, da die Formulierung „gewöhnliche Herstellungskosten“ im zweiten Halbsatz des § 6 Abs. 1 GebOVerm ansonsten ins Leere ginge. Zudem stelle der Verordnungstext ausdrücklich auf die individuelle Baumaßnahme, nicht auf vergleichbare Baumaßnahmen allgemein, ab. Der Beklagte dürfe nicht ohne weiteres auf die geschätzten Baukosten nach dem Baukostenindex abstellen; vorrangig seien die Angaben des Bauwerbers. Es habe – was sich nachträglich erwiesen habe – keine Anhaltspunkte für fehlerhafte bzw. unvollständige Angaben der Klägerin gegeben.

Der Beklagte nahm durch Schriftsätze vom 1. Dezember 2015 und 5. Januar 2016 zum Klagebegehren Stellung, beantragte Klageabweisung und gab zur Begründung im Wesentlichen an, dass es nur auf die Höhe der Baukosten im Zeitpunkt der Baugenehmigung ankomme. Die Vermessungsverwaltung habe die von der Lokalbaukommission mitgeteilte Summe verwendet. Die Angaben der Klägerin seien offenbar nicht ausreichend bzw. nicht nachvollziehbar gewesen, so dass der Baukostenindex verwendet worden sei. Die Klägerin habe gegen die Baugenehmigungsgebühr keine Rechtsmittel erhoben. Laut telefonischer Auskunft der Lokalbaukommission würden bei Hotels Baukosten von 830,- EUR/m³ und für Großgaragen 340,- EUR/m³ zugrunde gelegt, was bei Berücksichtigung der jeweiligen Baumasse für das Hotel 24,3 Mio. EUR und für die Garage 2,5 Mio. EUR, mithin gesamt 26,8 Mio. EUR ergebe.

Am 22. Juni 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Die Parteien verzichteten im Hinblick auf die Beibringung ergänzender Erkenntnisse auf weitere mündliche Verhandlung.

Die Parteien äußerten sich erneut durch Schriftsätze vom 14. Juli (Beklagtenpartei) und 22. Juli 2016 (Klagepartei).

Der Beklagte gab an, Einsicht in die Unterlagen der Lokalbaukommission ... genommen und die Ermittlung der Baukosten überprüft zu haben. Bei deutlich zu niedrigen Ansätzen der Baukosten in der Baubeschreibung (= Abweichung um mehr als 10% - 15%) würden vom Bauherrn prüffähige Kostenaufstellungen, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostengruppen gemäß DIN 276, gefordert. Seien diese nicht vorhanden oder nicht ausreichend plausibel, würden in der Regel die Baukostenwerte des Index verwendet. Damit werde eine gewisse Gleichheit und Objektivität hinsichtlich der Berechnung der jeweiligen Verwaltungskosten gewährleistet.

Auch sei die Klägerin im Baugenehmigungsverfahren nicht gegen die festgesetzte Gebühr vorgegangen. Selbst wenn die Gestaltung der Kostenrechnung zur Baugenehmigung nicht optimal gewesen sei (die Baukostensumme sei daraus nicht direkt ersichtlich gewesen), könne man von der Klägerin - einem Konzern mit langjähriger Markt- und Branchenerfahrung – erwarten, dass es ihr möglich sei, solch eine Kostenrechnung nachzuvollziehen. Eine Nachprüfung der durch die Klägerin vorgelegten Schlussrechnung sei nicht notwendig. Es komme nicht auf die tatsächlich angefallenen, sondern auf die für ein Vorhaben dieser Art normalerweise erforderlichen Baukosten an.

Der Klägerbevollmächtigte wies in seinem Schriftsatz darauf hin, dass davon auszugehen sei, dass die nach DIN 276 ermittelten Baukosten, die sich letztlich auch auf Basis der vorgelegten Schlussrechnung als richtig erwiesen hätten, von dem Beklagten überhaupt nicht berücksichtigt worden seien. Die Baugenehmigung selbst habe keine tenorierte Festsetzung oder sonst verbindliche Feststellung der Baukosten enthalten. Als Baukosten, die die Grundlage der Gebührenberechnung darstellen, seien vorrangig die konkreten Baukosten relevant. Im konkreten Fall sei eine Schätzung nicht erforderlich gewesen, da – abgesehen von Feinheiten – die konkreten Baukosten auch bezifferbar gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte im Einverständnis mit den Parteien ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg. Der Beklagte war zu verpflichten, über die Reduzierung der Vermessungskosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO); der Hauptantrag war abzuweisen.

§ 6 Abs. 1 GebOVerm bestimmt, dass den Gebühren für die Vermessung und katastertechnische Behandlung von Gebäudeveränderungen die Baukosten der Gebäudeveränderung gemäß Nr. 2 I 1/ 2.1 der Anlage zum Kostenverzeichnis, hilfsweise die gewöhnlichen Herstellungskosten, zugrunde gelegt werden. Gemäß Nr. 2 I 1/ 2.1. der Anlage zum Kostenverzeichnis sind Baukosten Kosten (inkl. Umsatzsteuer), die am Ort der Bauausführung im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur Vollendung des zu genehmigenden Vorhabens erforderlich sind. Einsparungen wegen Eigenleistungen (Material und Arbeit) bleiben unberücksichtigt.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte in seiner Normenkontrollentscheidung vom 12. April 2000 (19 N 98.3739 – juris Rn. 52 f.) insofern (teilweise zur damaligen Rechtslage) ausgeführt:

„(...) Des Weiteren rügt die Antragstellerin, dass der in (...) § 6 Abs. 1 GebOVerm benutzte Begriff der „Baukosten“ für die Wertbestimmung nicht hinreichend bestimmt und die Verordnung deshalb insoweit nichtig sei. Der Antragstellerin ist zwar zuzugestehen, dass dieser Begriff an sich wenig bestimmt ist und innerhalb der GebOVerm nicht definiert wird. Bei der Verordnung über die Benutzungsgebühren der staatlichen Vermessungsämter handelt es sich jedoch um eine kostenrechtliche Regelung, die auf der Ermächtigung im Kostengesetz beruht und auf die die Bestimmungen des Kostenrechts anzuwenden sind. Eine entsprechende Definition des Begriffs „Baukosten“ ist in der kostenrechtlichen Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz (KVz) vom 18. Juli 1995 (GVBl S. 454) enthalten. Bei Tarifstelle 2.1.1/2 heißt es: „Soweit die Gebühren nach den Baukosten berechnet werden, ist von den Kosten auszugehen, die am Ort der Bauausführung im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur Vollendung des zu genehmigenden Vorhabens erforderlich sind. Einsparungen durch Eigenleistungen (Material und Arbeitsleistungen) sind dabei nicht zu berücksichtigen. Der Betrag wird auf volle Tausend DM aufgerundet.“ Damit ist der in der GebOVerm verwendete Begriff der „Baukosten“ ohne weiteres bestimmbar. Im Vermessungswesen existiert zudem eine Konkretisierung in Form der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 22. Januar 1996 zum Vollzug kosten- und kassenrechtlicher Vorschriften für die staatlichen Vermessungsämter (KVermBek). Dort ist in „Ziff. 12. Gebäudeveränderungen (§ 3 GebOVerm), 12.1 Baukosten“ geregelt, dass „bei den Baukosten grundsätzlich von den Kosten auszugehen ist, die am Ort der Bauausführung im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur Vollendung des genehmigten Vorhabens erforderlich sind. ... Einsparungen durch Eigenleistungen (Material und Arbeitsleistungen) sind dabei nicht zu berücksichtigen. Nach Möglichkeiten sind die den Baugenehmigungsbehörden vorliegenden Baukosten oder geeignete Nachweise der Gebäudeeigentümer heranzuziehen; im Übrigen genügen einfache Schätzungen, z.B. anhand geeigneter Vergleichsfälle oder auf der Grundlage des umbauten Raumes“. Diese innerbehördliche Bekanntmachung wäre zwar grundsätzlich nicht geeignet, eine eventuell fehlende Bestimmtheit der angefochtenen Verordnung zu ersetzen; sie stellt jedoch sicher, dass die einschlägige Begriffsbestimmung im Kostenverzeichnis bei den Vermessungsbehörden Beachtung findet. Die „Baukosten“ im Sinne der GebOVerm umfassen somit die gesamten tatsächlichen Kosten der Baumaßnahmen (...).“

Da der streitgegenständliche Bescheid für die Klägerin einen belastenden Verwaltungsakt darstellt, bedarf er einer eindeutigen gesetzlichen Eingriffsermächtigung.

Indem der erste Halbsatz des § 6 Abs. 1 durch einen zweiten Halbsatz ergänzt wird, ergibt sich hieraus eine vom Verordnungsgeber (auf Grundlage des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 KG) eindeutig bezeichnete Relation. Vorrangig sind demzufolge die individuellen Kosten der Bauausführung im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung heranzuziehen, lediglich „hilfsweise“ die gewöhnlichen Herstellungskosten. Die Regelung ist nach keiner der gängigen Auslegungsmethoden dahingehend auslegungsfähig, dass sich diese Rangordnung regelmäßig umkehrt und damit die gewöhnlichen Herstellungskosten den individuell erforderlichen Baukosten vorgehen (so wohl aber VG Ansbach, U. v. 18.7.2007 – AN 9 K 06. 3136, juris Rn. 17 ff.).

Der Verordnungsgeber wäre andernfalls gehalten, eine Präzisierung vorzunehmen.

Vorliegend war dem Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt bei Bescheidserlass nicht bekannt, dass es im Vorfeld und im Zuge der Baugenehmigung Gespräche und unterschiedliche Ansichten zur Höhe der Baukosten zwischen Bauherr und Behörde gegeben hatte. Der Vermessungsverwaltung wurde lediglich die Baukostensumme ohne Berechnungsgrundlage mitgeteilt. Zumindest die hieraus errechnete Baugenehmigungsgebühr war mangels Rechtsmitteln hiergegen in Bestandskraft erwachsen. Für den Beklagten bestanden daher keinerlei Anhaltspunkte für eine Nachermittlung.

Aufgrund der Vielzahl von Verfahren im Bereich der Vermessungsverwaltung ist es auch schwerlich praktikabel, wenn der Beklagte in jedem Einzelfall die von der Baugenehmigungsbehörde mitgeteilten Baukosten nochmal vollständig sachlich und rechnerisch zu überprüfen hat, wenn er selbst keinerlei Anhaltspunkte dafür hat, dass die mitgeteilte Baukostensumme von vornherein falsch bzw. auch nur bestritten ist (anders wohl, wenn derartige Anhaltspunkte vorliegen, denen der Beklagte wegen seiner Amtsermittlungspflicht nachzugehen hat).

Die Kostenentscheidung des Beklagten vom 31. August 2015 erweist sich jedoch im Nachhinein als teilweise fehlerhaft, nämlich in Bezug auf einen Betrag von (maximal) 8.064,00 EUR. Von Klageseite wurde im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen, dass statt des von dem Beklagten zugrunde gelegten Baukostenrahmens des § 6 Abs. 2 Nr. 8 GebOVerm (dort: 25,0 – 27,5 Mio. EUR) zutreffend der Rahmen von 12,5 Mio. – 15,0 Mio. EUR bzw. der von 15,0 – 17,5 Mio. EUR (vgl. hierzu unten) der Gebührenberechnung zugrunde zu legen gewesen wäre.

Die von der Klageseite im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Schlussrechnung belegt die zumindest grobe Richtigkeit der ursprünglich im Baugenehmigungsverfahren von Klageseite vorgenommenen Schätzung der Baukostensumme nachträglich.

Es trifft zu, dass – und dies ist zwischen den Parteien unstreitig – maßgeblich alleine die Kosten sind, die im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung für die Realisierung des Vorhabens erforderlich erscheinen. Auf die Schlussrechnung für sich kommt es nicht an. Sie erlangt aber – wie hier – Bedeutung, wenn sie geeignet ist, die Richtigkeit der zum Zeitpunkt der Baugenehmigung vom Bauherrn zwangsläufig anzustellenden Prognoseberechnung im Nachhinein zumindest in etwa zu belegen.

Die von der Baugenehmigungsbehörde ermittelten und von dem Beklagten zunächst zulässigerweise übernommenen Baukosten stellen sich daher als fehlerhaft dar, da die Genehmigungsbehörde die Baukosten fehlerhaft unter Zugrundelegung ihres Baukostenindexes ermittelt hat. Sie darf jedoch entsprechend der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U. v. 26.2.2003 – 2 B 00.1313, juris Rn. 23) nur in den Fällen, in denen Angaben des Bauherren fehlen bzw. die Baukosten so niedrig beziffert sind, dass sie unter Zugrundelegung der konkreten Umstände keinen realistischen Bezug mehr zu den objektiv erforderlichen Baukosten aufweisen, von diesen Angaben abweichen bzw. auf den Baukostenindex zurückgreifen (vgl. auch Ziff. 12.1.4 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 14. Oktober 1985, MABl. 22/1985). Bei der Frage, ob kein realistischer Bezug mehr besteht, darf nicht nur auf den Durchschnittswert abgestellt werden, sondern muss auch die gesamte Preisspanne der im Index verwerteten Baukosten in den Blick genommen werden (vgl. VG München, U. v. 30.6.2014 – M 8 K 14.145 – juris Rn. 49).

Im vorliegenden Verfahren vermochte der Beklagte trotz Recherchen hierzu nicht (mehr) darzulegen, aus welchen Gründen die von der Lokalbaukommission im Baugenehmigungsverfahren vorgenommene Berechnung nach Baukostenindex erfolgte, obgleich der Bauherr bzw. dessen Vertreter erforderliche Angaben gemacht hatte. Die vorgetragene Unvollständigkeit bzw. der vorgetragene Realitätsbezug der klägerischen Angaben bewegen sich – was sich nachträglich erwiesen hat – im Bereich von Vermutungen.

Aus nachträglich erkannten Fehlerhaftigkeit der ursprünglich vorgenommenen Berechnung folgt die Pflicht des Beklagten zur nachträglichen Korrektur. Dies gebietet schon der Gesetzmäßigkeitsgrundsatz. Es mag der Praxis entsprechen, dass sich Bauwerber in der besonderen Situation des Erhalts der Baugenehmigung nicht gesondert gegen die aus der Baukostensumme errechnete Baugenehmigungsgebühr wenden, wie vorliegend für die Klägerin dargelegt. Die Tatsache, dass gegen eine – im vorliegenden Fall im Übrigen gesondert gar nicht ausgewiesene – Baukostenfestsetzung nicht vorgegangen und die Gebührenfestsetzung selbst bestandskräftig wurde, wirkt sich auf die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Rechnung nicht aus.

Der Beklagte war daher zu verpflichten, über eine Reduzierung der Baukosten im tenorierten Umfang zu entscheiden. Allerding erscheint es auch im Rahmen der dem Beklagten obliegenden Amtsermittlung (Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG) sachgerecht – wie im Übrigen für die Klägerin im Ergebnis auch ohne ersichtliche Rechtsnachteile –, den Beklagten „lediglich“ zu verpflichten, auf nachträglich nach Bescheidserlass ihm erstmals bekannt gewordene Tatsachen eine Korrektur der Kostenentscheidung zugunsten der Klägerin vorzunehmen, wie dies etwa auch Art. 12 Abs. 2 KG vorsieht.

Das Gericht erkennt und akzeptiert damit die volle Verantwortlichkeit der Vermessensverwaltung für die Richtigkeit der von außen mitgeteilten Baukosten im Regelfall jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens von substantiierten Zweifeln hieran (vgl. auch VG München, B. v. 6.8.2014 – M 23 K 14.2525 – juris).

Dem Beklagten steht in Bezug auf die Vorgehensweise ein Auswahlermessen zu. In Betracht kommen etwa eine Teilaufhebung des Bescheides vom 31. August 2015 oder aber eine vollständige Aufhebung bei gleichzeitigem Erlass eines Kostenbescheides im reduzierten Maße oder aber eine Entscheidung im Rahmen des Art. 12 Abs. 2 KG (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

Im Hinblick auf den Umfang der vorzunehmenden Reduzierung wird der Beklagte des Weiteren darüber zu entscheiden haben, ob er die im Baugenehmigungsverfahren angegebene Brutto - Baukostensumme (12.185.600,00 EUR), oder diese Summe unter Hinzurechnung der von Klageseite eingeräumten Steigerung um etwa 30%, oder aber die von Klageseite selbst beanspruchte und demgegenüber erhöhte Summe der Schlussrechnung (15.806.361,94 EUR brutto) zugrunde legt. Entgegen der Berechnung des Klägerbevollmächtigten käme dann aber der „nächsthöhere“ Baukostenrahmen von 15,0 bis 17,5 Mio. EUR zur Anwendung. Der im Tenor genannte und der Antragstellung geschuldete Maximaldifferenzbetrag (§ 88 VwGO schließt eine noch höhere Reduzierung aus), der in Folge eines BruttoBaukostenrahmens von 12,5 bis 15,0 Mio. EUR zustände käme, würde sich in letzterem Fall verringern.

Der Klage war daher lediglich im Hilfsantrag stattzugeben, der Hauptantrag hingegen  sen ...

[Die Neb]enentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Das (formelle) Unterliegen der Klagepartei wegen Abweisung des Hauptantrages bzw. wegen des dem Beklagten verbleibenden Ermessens wirkt sich nicht bzw. lediglich geringfügig aus.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. .

Die Berufung war zuzulassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic
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Annotations

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.