Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Dez. 2014 - M 19 DK 14.3163

15.12.2014

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der 1961 geborene Beklagte besuchte das …Gymnasium in …, das er 1980 mit der Allgemeinen Hochschulreife abschloss. Am … 1981 trat er als Polizeiwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst des Klägers ein.

Sein dienstlicher Werdegang verlief wie folgt:

„… 1981 Ernennung zum Polizeioberwachtmeister 1984 Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (2,81)

… 1984 Ernennung zum Polizeikommissar unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe

… 1988 Ernennung zum Polizeioberkommissar

… 1988 Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

… 1991 Ernennung zum Polizeihauptkommissar

1994 Laufbahnprüfung für den höheren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „gut“ (2,33)

… 1994 Ernennung zum Polizeirat

… 1997 Ernennung zum Polizeioberrat

2010 Ernennung zum Polizeidirektor unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe gem. Art. 46 BayBG

2012 Feststellung der nicht erfolgreichen Beendigung der Probezeit im Amt eines Polizeidirektors In seiner letzten periodischen Beurteilung zum 2010 erreichte der Beklagte das Gesamturteil 14 Punkte.

Der Beklagte ist geschieden, in zweiter Ehe verheiratet und Vater von 1994 und 1997 geborenen Kindern aus erster Ehe.

Er bezieht Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 14.“

Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten. Mit Urteil des Landgerichts … vom … 2012 (Az.: ...) wurde der Beklagte wegen drei tatmehrheitlicher Fälle der Körperverletzung im Amt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Die Revision des Beklagten wurde mit Beschluss des BGH vom 2013 als unbegründet verworfen. Dem Urteil des Landgerichts … vom …  2012 liegen folgende tatsächliche Feststellungen zu Grunde:

„Arm 2011 befand sich der Angeklagte ab 18.00 Uhr im Dienst. Als Leiter der Polizeiinspektion … verrichtete er diesen auch auf dem Herbstfest in …, welches vom … bis … stattfand. Auf dem Festgelände auf der …-wiese befindet sich eine, während der Wiesnzeit provisorisch eingerichtete Wiesnwache, von wo aus die polizeilichen Einsätze koordiniert und durchgeführt werden. Nachdem der Angeklagte am 2012 zunächst damit befasst war, eine größere Gruppe von Motorradrockern aus Sicherheitsgründen davon abzuhalten, dass diese gemeinsam auf das Herbstfest gehen, was sich schließlich ohne größere Probleme erledigte, begab er sich im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit kurz vor 22.00 Uhr zusammen mit seinem Kollegen, PHK K. auf Fußstreife über das Festgelände.

Zum gleichen Zeitpunkt kam es vor dem Fahrgeschäft … zu einer Rangelei und kurzen Schlägerei, an der auch der später Geschädigte M. H. beteiligt war. Der Geschädigte H. befand sich mit zwei Freunden ebenfalls auf dem Herbstfest und die drei pöbelten zunächst vor dem Fahrgeschäft eine Gruppe von jungen Erwachsenen an. Kurze Zeit darauf versetzte der Geschädigte H. dem Zeugen D. auch einen Kopfstoß. Die am Streit Beteiligten stürzten dabei auch zu Boden. Der genaue Hergang dieser Auseinandersetzung konnte nicht geklärt werden. Möglicherweise erhielt der Geschädigte H. im Rahmen dieser Auseinandersetzung einen Schlag oder Stoß an die rechte Unterkieferseite, wodurch an zwei Backenzähnen eine Zahnschmelzabplatzung bzw. -sprung und an dem rechten vorderen Unterkieferrand ein Bluterguss entstand.

Der Geschädigte H. war zum Zeitpunkt dieser Auseinandersetzung nach dem Genuss von zwei Maß Bier nicht unerheblich alkoholisiert. Seine Blutalkoholkonzentration betrug wahrscheinlich 1,4 Promille, maximal 1,66 Promille. Der Geschädigte H. wurde schließlich durch die herbeigerufenen Polizeibeamten, die Zeugen B. und N. wegen der Beteiligung an der Schlägerei und unter dem Verdacht der Körperverletzung festgenommen. Die Zeugen B. und N. brachten den Geschädigten H. zu Boden und fesselten seine Hände auf den Rücken. Anschließend sollte der Geschädigte H. von den Zeugen B. und N. zur etwa 50 m entfernten Wiesnwache abgeführt werden.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Geschädigte keine, insbesondere keine blutenden Verletzungen im Bereich der Lippe. Aufgrund seiner Alkoholisierung und der unmittelbar zuvor stattgefundenen Auseinandersetzung war der Geschädigte eher aggressiv gestimmt, aber nicht so, dass er sich der Festnahme widersetzt hätte. Der zum Einsatzort hinzugekommene Angeklagte löste den Kollegen N. ab und führte den Geschädigten zusammen mit dem Zeugen B. in Richtung Wiesnwa-che, wobei der Geschädigte vom Angeklagten rechts und vom Zeugen B. links gehalten und geführt wurde. Aufgrund des hohen Besucherandrangs auf dem Festplatz kam es hierbei immer wieder zu kurzen Stockungen, auch drehte sich der Geschädigte mehrmals nach rechts zum Angeklagten hin um und wollte wissen, was denn der Grund dafür sei, warum er abgeführt werde. Er habe wissen wollen „was abgehe“ und was er gemacht habe. Der Angeklagte antwortete ihm darauf, dass dies auf der Wache geklärt werde. Der Geschädigte meinte daraufhin, sein Vater sei Rechtsanwalt (was nicht zutrifft) und es gäbe eine Anzeige. Von Seiten des Geschädigten wurden auch im Einzelnen nicht mehr feststellbare Beleidigungen gegen den Angeklagten ausgesprochen. Während dieses Abführens versetzte der Angeklagte dem Geschädigten mehrere Stöße, mindestens zwei, mit dem Knie in den rechten Gesäßbereich des Geschädigten, um diesen zum zügigen Weitergehen zu veranlassen. Für diese Stöße bestand jedoch nicht die geringste Notwendigkeit, da der Geschädigte ohnehin gefesselt war und auf beiden Seiten von Polizeibeamten abgeführt wurde. Der Geschädigte „bedankte“ sich ironisch beim Angeklagten und wurde zunehmend aggressiver, er fragte „was ist los du Irrer“ und bezeichnete den Angeklagten auch als „Psycho“ und fragte was mit ihm „los“ sei. Daraufhin versetzte der Angeklagte dem Geschädigten mit der rechten offenen flachen Hand einen Schlag in die linke Gesichtshälfte. Auf dem weiteren Weg zur Wache gab der Angeklagte dem Geschädigten eine Anzahl weiterer nicht mehr genauer feststellbarer Kniestöße, mindestens aber vier. Kurz bevor der Angeklagte und der Geschädigte die Wiesnwache erreichten, versetzte der Angeklagte dem Geschädigten eine weitere Ohrfeige. Durch diese beiden Ohrfeigen bzw. Schläge ins Gesicht entstanden beim Geschädigten keine nennenswerten Verletzungen, die Schläge waren aber so heftig, dass der Geschädigte jeweils Schmerzen verspürte. Durch die Kniestöße in die rechte Gesäßgegend verspürte der Geschädigte zwei bis drei Tage ziehende Schmerzen vor allem beim Liegen, welche in den Lenden- und Nierenbereich ausstrahlten.

Eine blutende Verletzung im Bereich Nase/Mund trug der Geschädigte weder bei der Schlägerei, welche Anlass für den Polizeieinsatz war, noch bei der Festnahme und beim Abführen zur Wiesnwache davon.

Nachdem die drei Personen an der Wiesnwache angekommen waren, wurde der Geschädigte vom Angeklagten in einen Raum, welcher sich unmittelbar nach Betreten des Gebäudes rechts befand, geführt. Bei diesem Raum handelt es sich um eine Räumlichkeit einer Bäckerei, die in der Zeit des Herbstfestes proviso risch als Dienstraum für die Polizeiinspektion eingerichtet ist, sonst aber der Bäckerei als Lager- und Abstellraum dient. Unmittelbar nach dem Eingang befindet sich auf der linken Seite an der Wand eine vorübergehend dort angebrachte Sitzbank mit einer Sitzfläche von etwa 1,20 m x 46 cm. Die Sitzfläche befindet sich auf einer Höhe von 42,5 cm. In dem insgesamt etwa 17 m2 großen Raum befanden sich weiterhin noch ein Tresen, ein Schreibtisch und ein kleiner Schrank, sowie eine provisorische Spüle. Wegen der Einzelheiten der örtlichen Verhältnisse wird auf die Planskizze auf Bl. 544 d.A. verwiesen. Unmittelbar nach Betreten dieses Wachraumes setzte der Angeklagte den nach wie vor mit den Händen auf den Rücken gefesselten Geschädigten auf diese Sitzbank. Der Geschädigte äußerte sich weiterhin erbost über den Umstand seiner Festnahme. Hierauf entwickelte sich ein zunehmend lauter werdendes Streitgespräch zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Aus Verärgerung über das weiter andauernde renitente Verhalten des Geschädigten trat der Angeklagte aufgrund eines neuen Tatentschlusses, kurz nachdem sich der Geschädigte auf die Bank gesetzt hatte, an diesen heran, zog ihn nach oben und drehte ihn mit dem Gesicht gegen die Wand. Sodann packte der Angeklagte den Geschädigten hinten am Kopf oder im Nacken und stieß dessen Kopf mindestens zweimal gegen die Wand. Der Geschädigte war dabei in seiner Abwehrfähigkeit nicht nur durch die auf den Rücken gefesselten Hände beeinträchtigt, sondern auch durch die Sitzbank, welche sich unmittelbar vor seinen Schienbeinen befand und welche es ihm unmöglich machte, nach vorne auszuweichen und die Stöße damit irgendwie abzufangen oder abzumildern.

Durch die beiden Stöße gegen die Wand brach ein Teil des linken oberen vorderen Schneidezahns ab, ferner erlitt der Geschädigte zwei blutende QuetschRisswunden an der Unterlippe, wovon eine 1 cm tief und 0,5 cm breit war. Des Weiteren wurden vier Zähne gelockert. Danach verließ der Angeklagte das Dienstzimmer.

Einige Zeit darauf kam er wieder in den Wachraum zurück, wo der zwischenzeitlich stark blutende Geschädigte auf der Sitzbank saß. Als dieser den Angeklagten wahrnahm, begann er sofort wieder auf ihn zu schimpfen und ihn zu beleidi gen, darüber hinaus spuckte er in Richtung des Angeklagten, ohne ihn jedoch zu treffen. Auch versuchte er gegen diesen zu treten. Wegen dieses Verhaltens ent-schloss sich der Angeklagte erneut den Geschädigten zu maßregeln und versetzte diesem eine weitere heftige Ohrfeige in die linke Gesichtshälfte. Auch hierdurch verspürte der Geschädigte Schmerzen, bleibende Verletzungen sind aber nicht entstanden.

Die Verletzung an der Lippe wurde im Krankenhaus … durch zwei Nähte versorgt. Ferner mussten die gelockerten Zähne wieder gerichtet werden und der abgebrochene Schneidezahn durch eine Teilprothese ersetzt werden. Aufgrund der Verletzungen ist beim Geschädigten eine kleine, kaum sichtbare Narbe an der Unterlippe verblieben, zudem besteht ein maßvoll erhöhtes Risiko dafür, dass der geschädigten Schneidezahn später absterben könnte und durch ein Implantat ersetzt werden müsste.

Weitergehende Folgen hat der Vorfall weder in körperlicher, noch in psychischer Hinsicht beim Geschädigten hinterlassen.

Der Angeklagte hat im Rahmen der Durchführung eines von ihm angestrebten Täter Opfer Ausgleichs einen Termin bei der Fachstelle für Täter Opfer Ausgleich der Diakonie in … am …2012 wahrgenommen und dort ein Gespräch mit der Dipl. Sozialpädagogin G. G. geführt.

Der Geschädigte nahm an diesem Gespräch nicht teil, weil seine Mutter als Erziehungsberechtigte ein Gespräch mit der Fachstelle ablehnte. Der Angeklagte verfasste daraufhin unter dem …2012 ein zweiseitiges Entschuldigungsschreiben an den Geschädigten.

In der Hauptverhandlung erkannte der Angeklagte durch gerichtlich protokollierten Teilvergleich an, dem Geschädigten dem Grunde nach Schadensersatz und Schmerzensgeld zu schulden und verpflichtete sich einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 6.000 Euro zu bezahlen."

Die mit Vermerk vom 2011 eingeleiteten disziplinarrechtlichen Ermittlungen wurden wegen des sachgleichen strafrechtlichen Verfahrens ausgesetzt. Mit Verfügung vom 2011 wurde dem Beklagten die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Mit Schreiben vom 2012 übernahm das Polizeipräsidium … das Disziplinarverfahren und setzte dieses nach Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens mit Schreiben vom 2013 fort. Der Beklagte erhielt Gelegenheit, sich zu dem vorgeworfenen Sachverhalt zu äußern. Ihm wurde auch Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben.

Mit Bescheid des Polizeipräsidiums … vom 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben, die jährliche Sonderzuwendung sowie 30% seiner Dienstbezüge einbehalten. Mit Bescheid vom … 2012 wurde der Einbehalt der Dienstbezüge auf 25% geändert; mit Bescheid vom 2013 wurde er aufgehoben. Mit Schreiben vom 2014 wurde der Beklagte auf die Möglichkeit der Beteiligung der Personalvertretung hingewiesen. Die Personalvertretung wurde antragsgemäß beteiligt und hat der Erhebung der Disziplinarklage zugestimmt.

Mit am 2014 eingegangenem Schreiben vom 2014 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München, Kammer für Disziplinarange-legenheiten des Landes erhoben und beantragt,

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beklagte habe ein sehr schweres Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Er habe mehrfach schuldhaft gegen die Dienstpflichten verstoßen. Innerhalb des Dienstes habe er sich nicht ach-tungs- und vertrauenswürdig verhalten, auch habe er die Gesetze nicht beachtet. Das Dienstvergehen stehe fest. Insoweit bestehe gemäß Art. 25 Abs. 1 BayDG Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Landgerichts... vom ... 2012.

Ein Polizeibeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begehe, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliege, handle seinem gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr zuwider. Auch missbrauche er die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse und erschüttere nicht nur das vom Dienstherrn in ihn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit, sondern beeinträchtige auch in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei insgesamt. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte grob im Kernbereich seiner Dienstpflichten gefehlt, denn er habe den Geschädigten M. H. am … 2011 wissentlich und willentlich auf der Wiesnwache mit dem Kopf mindestens zweimal gegen die Wand geschlagen. Zu Lasten des Beklagten sei zu gewichten, dass es sich um eine Mehrzahl von Körperverletzungshandlungen unterschiedlicher Intensität und mit nicht unerheblichen Verletzungsfolgen gehandelt habe. Der Beklagte habe so wiederholt gegen eine leicht verständliche und einsehbare Grundpflicht verstoßen. Der Allgemeinheit könne nicht verständlich gemacht werden, dass ein Polizeibeamter, der sich um Schutz eines Bürgers vor Straftaten verpflichtete habe, selbst während des Dienstes straffällig werde. Er genüge daher nicht mehr den elementarsten Anforderungen an einen Polizeibeamten.

Gegen den Beklagten spreche auch, dass er sich am … 2011 in einer für die Wiesnwache typischen Einsatzsituation befunden habe. Es habe von ihm erwartet werden können, dass er die dienstlich angezeigten Maßnahmen routiniert und ordnungsgemäß abwickele. Der Kontakt mit alkoholisierten Wiesnbesuchern und das erhöhte Menschenaufkommen stellten die typische Einsatzsituation auf einem Volksfest dar. Außerdem habe sich M. H. widerstandslos von dem Beklagten und seinem Kollegen abführen lassen. Dass Festgenommene gegenüber Polizisten einen ruppigen Ton anschlügen, sei nicht außergewöhnlich. Ein den Anforderungen seines Berufs gerecht werdender Beamter fühle sich hierdurch weder provoziert noch in seiner Dienstausübung behindert. Der Beklagte sei dieser Routinesituation nicht gerecht geworden. Er sei dem M. H. von Anfang an grundlos gewaltvoll gegenübergetreten.

Auch habe er die Konfrontation mit M. H. auf der Wiesnwache von sich aus fortgesetzt, obwohl er sich räumlich und persönlich hätte Distanz zum Geschehen verschaffen können. Selbst nach seinen Schlägen habe der Beklagte versucht, M. H. in eine Diskussion zu verwickeln und ihn ein weiteres Mal geohrfeigt. Damit habe der Beklagte über einen längeren Zeitraum ein völlig unverhältnismäßiges Verhalten vorgezeigt. Er habe seine dienstlichen Machtbefugnisse derart missbraucht, dass sein Verhalten nur noch als Ausdruck der persönlichen Machtdemonstration angesehen werden könne. Der Beklagte habe durch sein Fehlverhalten anlässlich des … Herbstfestes in der Öffentlichkeit die Gefahr begründet, dass sich andere Gäste des Volksfests gegen die Polizei solidarisieren, die Situation eskaliert sowie Unbeteiligte gefährdet werden. Bei Einsatzlagen wie dem … Herbstfest sei ein solches Risiko untragbar. Auch könne zu Lasten des Beklagten nicht außer Acht gelassen werden, dass er das Gesicht von M. H. gegen die Wand der Wiesnwache geschlagen habe und damit besonders brutal gehandelt habe. Das Gesicht stelle ein besonders empfindliches Körperteil dar, wie die Verletzungen und bleibenden Schäden des M. H. zeigten. Die wiederholten Schläge gegen die Wand stünden in keinem Verhältnis zu dem vorangegangenen Ablauf.

Schließlich sei M. H. dem Beklagten zu jedem Zeitpunkt körperlich unterlegen und schutzlos ausgeliefert gewesen. Aufgrund der Alkoholisierung, der auf dem Rücken gefesselten Hände und seiner Position vor der Sitzbank habe M. H. keine Möglichkeit gehabt, der Gewalt des Beklagten zu entkommen.

Außer Acht gelassen werden könne nicht, dass M. H. zur Tatzeit Jugendlicher gewesen sei, der durch das Fehlverhalten des Beklagten nicht nur in körperlicher sondern auch in seelischer Entwicklung stark beeinträchtigt worden sei. M. H. habe noch mindestens ein Jahr nach dem Vorfall an Schlafstörungen gelitten und habe deshalb therapeutisch behandelt werden müssen. Schließlich falle negativ ins Gewicht, dass der Beklagte als lebens- und berufserfahrener Beamter mit schwierigen Situationen hätte vertraut sein müssen. Zudem habe er als Einsatzleiter Vorbildfunktion für seine Dienststelle und die Kollegen und Kolleginnen der Wiesnwache gehabt. Diesen Anforderungen sei er nicht im Geringsten gerecht geworden.

Auch das Nachtatverhalten des Beklagten sei negativ zu würdigen. Er habe am … 2011 eine E-Mail an seine Kollegen und Kolleginnen geschrieben mit seiner Stellungnahme zum Sachverhalt vom … 2011. Außerdem sei er wenige Tage nach dem Vorfall auf den Kollegen K. zugegangen und habe diesen befragt, ob dieser seine Stellungnahme gelesen habe und was er denn gesehen habe. Auf die Antwort des Kollegen K., dass er die Hand des Beklagten im Gesicht des M. H. gesehen habe, habe der Beklagte das Gespräch beendet. Ein solches Verhalten sei nicht nur unüblich, sondern erwecke auch den Eindruck, dass der Beklagte auf seine Kollegen und Kolleginnen habe Einfluss nehmen wollen. Auch habe der Beklagte die Körperverletzungen im Amt bis zuletzt geleugnet und damit seine Kollegen gezwungen, vor Gericht gegen ihn auszusagen. Er habe damit eine Belastungssituation für die Kollegen und Kolleginnen geschaffen, die seiner Vertrauens- und Vorgesetztenrolle nicht gerecht würde.

Das Fehlverhalten des Beklagten habe ein erhebliches negatives Presseecho hervorgerufen und sei Gegenstand der Aktuellen Stunde im Bayerischen Landtag gewesen.

Zu Gunsten des Beklagten sei zu gewichten, dass er bisher straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet sei und über eine Beurteilung mit 14 Punkten verfüge. Er habe auch in der strafrechtlichen Hauptverhandlung seine Schadens- und Schmerzensgeldpflicht dem Grunde nach anerkannt und aufgrund eines gerichtlich protokollierten Teilvergleichs ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,- € an M. H. geleistet habe. Die positiv zu würdigenden Gesichtspunkte könnten jedoch die Schwere des Dienstvergehens nicht aufwiegen.

Milderungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme zulassen könnten, lägen nicht vor. Insbesondere könne das Verhalten des Beklagten nicht als einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat gewertet werden.

Die Klage wurde dem Bevollmächtigten des Beklagten am … 2014 unter Hinweis auf die Rechte des Beklagten zur Äußerung zugestellt. Auf telefonische Bitte des Bevollmächtigten des Beklagten wurde die Äußerungsfrist bis einschließlich … 2014 verlängert.

Der Bevollmächtigte des Beklagten hat beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinar-maßnahme zu erkennen.

Die Disziplinarklage sei unbegründet, allenfalls komme eine geringere Disziplinar-maßnahme in Betracht. Das Gericht sei verpflichtet, die erforderlichen Beweise in einer Beweisaufnahme zu erheben und sich von den Feststellungen des Strafgerichts gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen. Eine Lösung sei erforderlich, wie sich aus dem dargestellten und durch Beweisangebote hinreichend sub-stantiierten Sachvortrag des Beklagten ergebe. Das Strafurteil beruhe im Wesentlichen auf den Angaben des Geschädigten, der jedoch keine glaubwürdigen Angaben hätte machen können aufgrund seiner Alkoholisierung. Die Feststellungen des Strafgerichts würden ferner nicht durch die erhobenen objektiven Befunde oder sonstigen Zeugen- und Sachverständigenaussagen gestützt. Bei Zugrundelegung des sich nach Durchführung einer Beweisaufnahme ergebenden Sachverhalts ergebe sich, dass jedenfalls kein schweres Dienstvergehen vorliege, so dass die Disziplinarklage abzuweisen sei.

Soweit der Sachverhalt aufgrund der Bindungswirkung des Strafurteils für die erkennende Kammer feststehe, komme es maßgeblich auf die Bemessung der Diszipli-narmaßnahme an. Ein endgültiger Vertrauensverlust sei nicht gegeben. Es sei zu berücksichtigen, dass das Fehlverhalten des Beklagten nicht aus heiterem Himmel er folgt sei, sondern vor einer aufgeheizten Stimmung, die jeden Polizeibeamten extrem fordere. Auch habe der Beklagte am … 2012 zu Beginn seines Dienstes eine Gruppe von Motorradrockern aus Sicherheitsgründen davon abhalten müssen, das Herbstfest zu besuchen. Entgegen der Äußerung des Klägers habe sich der Beklagte nicht in einer für ihn typischen Einsatzsituation befunden. Diese Aussage träfe nur für Beamte der Wiesnwache zu. Der Beklagte habe als Leiter der Polizeidirektion … grundsätzlich nicht an vergleichbaren Vor-Ort-Einsätzen teilgenommen. Das vorgetragene Nachtatverhalten des Beklagten spreche ebenfalls nicht gegen ihn. Es träfe nicht zu, dass der Beklagte den Beamten K. durch seine Nachfrage habe beeinflussen wollen. Ausgangspunkt der Nachfrage sei allein, dass die Mutter des Geschädigten in ihrer Anzeige von mindestens fünf angeblich von ihr gesehenen Kopfstößen an die Wand gesprochen habe. Gerade um den Eindruck einer Einflussnahme nicht entstehen zu lassen, habe der Beklagte nicht insistiert sondern habe das Gespräch mit dem Kollegen K. nach dessen Schilderung beendet. Des Weiteren sei das Versenden einer Stellungnahme an Kollegen als Zeugen, die man nicht alle Tage träfe, absolut üblich. Beamte einer Dienstgruppe, die täglich miteinander Dienst verrichteten, benötigten hierzu keine E-Mails sondern tauschten sich direkt untereinander aus.

Im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beklagten sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er bislang völlig unbelastet gewesen sei und herausragende Leistungen erbracht habe. Des Weiteren habe er ein überhartes Einschreiten gegen den Geschädigten im Strafprozess zugestanden und versucht, einen Täter-OpferAusgleich zu erreichen. Darüber hinaus sei der Beklagte bereits zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Gericht habe damit zu erkennen gegeben, dass es trotz der von ihm als erwiesen angesehenen Vorwürfe ein Verbleiben des Beklagten im Beamtenverhältnis als möglich erachte.

Mit am … 2014 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat der Beklagte folgende Anträge gestellt:

1. bei einer Atemalkoholkonzentration im Blut zwischen 1,4 und 1,66%% ist das Erinnerungsvermögen eingeschränkt. Zum Beweis der Richtigkeit der vorstehenden Behauptung wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

2. Die Verbringung des Geschädigten in die Wiesnwache und das in der Wache vom Landgericht … im Urteil vom … 2012 festgestellte Tatgeschehen führt bei einer jugendlichen Person mit einer Atemalkoholkonzentration zwischen 1,4 und 1,66% nicht zu einer solchen Ernüchterung, dass dadurch das Erinnerungsvermögen uneingeschränkt vorhanden ist.

Zum Beweis der Richtigkeit vorstehender Behauptung wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

3. Der Beklagte hat dem Geschädigten nach der Übernahme von den festnehmenden Beamten in deren Beisein keinen Faustschlag versetzt.

Zum Beweis der Richtigkeit vorstehender Behauptung wird die Beiziehung des Vernehmungsprotokolls aus der polizeilichen Vernehmung und die Videoaufzeichnung der Wache beantragt.

4. Der Beklagte hat den Geschädigten nach Betreten des Raums in der Wache vor eine dort befindliche Bank gestellt. Der Geschädigte stand vor der Sitzfläche mit dem Gesicht zur Wand und fiel dann gegen die Wand, wobei er mit dem Gesicht insgesamt einmal gegen die Wand stieß. Anschließend drehte der Beklagte den Geschädigten und setzte ihn auf die Bank.

Zum Beweis der Richtigkeit vorstehender Behauptung wird die Einvernahme des POM B., zu laden über die Polizeiinspektion …, beantragt.

5. Gegenüber der die ärztliche Erstversorgung durchführenden Notfallärztin erklärte der Geschädigte zur Ursache der Verletzung, dass diese von einem Faustschlag auf der Wiesnwache stamme.

Zum Beweis der Richtigkeit vorstehender Behauptung wird die Einvernahme von Frau Dr. G. H., RoMed Klinikum … als Zeugin beantragt.

6. Die Verletzungen des Geschädigten stammen abgesehen von etwaigen vorher erlittenen Verletzungen jedenfalls nur von einem Stoß an die Wand.

Zum Beweis der Richtigkeit vorstehender Behauptungen wird die Einvernahme von Dr. M. Sch., Institut für Rechtsmedizin sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

7. Aufgrund des Alkoholisierungsgrads des Geschädigten ist nicht ausgeschlossen, dass der Geschädigte aufgrund seiner Stellung vor der Bank ins Wanken geraten und deshalb an die Wand gestoßen ist.

Zum Beweis der Richtigkeit vorstehender Behauptung wird die Einvernahme von Dr. I. S., Institut für Rechtsmedizin als sachverständiger Zeugin sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

8. Die Verletzungsbilder an den Zähnen des Geschädigten stammten von zwei unterschiedlichen Krafteinwirkungen, wovon eine von einer Schlägerei stammen könne.

Zum Beweis der Richtigkeit vorstehender Behauptung wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

Ergänzend wurde vorgetragen, der Beklagte habe während des Herbstfests … … bis … 2011 nahezu durchgängig Dienst versehen. Es würden zwei Arzt rechnungen zum Nachweis der besonderen Belastungssituation, in der sich der Beklagte vor und während des Vorfalls befunden habe, vorgelegt.

Zum Vortrag des Beklagten hat der Kläger ergänzend ausgeführt: Es bedürfe keines Sachverständigenbeweises hinsichtlich möglicher Einschränkungen der Wahrnehmungsfähigkeit des M. H. infolge seiner Alkoholisierung. Eine Alkoholisierung mache einen Geschädigten nicht per se unglaubwürdig. Auch seien alkoholbedingte Ausfallserscheinungen, die die Wahrnehmungsfähigkeit des M. H. beeinträchtigten, weder vom Beklagten noch von einem der beteiligten Polizeibeamten geäußert worden. Es sei unrealistisch, dass M. H. während seines Verweilens auf der Wiesnwache plötzlich und unvorhergesehen eine die Wahrnehmungsfähigkeit einschränkende Alkoholisierung verspürt haben solle. Auch sei eine solche nicht von Seiten der Sachverständen Dr. S. festgestellt worden. Das Landgericht … habe die Alkoholisierung des M. H. von wahrscheinlich 1,44 bis maximal 1,66% in seinem Urteil gewürdigt und somit Zweifel an der Wahrnehmungsfähigeit nachvollziehbar ausgeschlossen.

Auch der Umstand, dass der Geschädigte M. H. sich an die Ohrfeige, die der Beklagte selbst eingeräumt habe, nicht erinnern könne, führe zu keinem anderen Ergebnis. Einer Klärung der Frage, ob der Beklagte dem Geschädigten keinen Faustschlag versetzt habe, bedürfe es nicht. Der Geschädigte habe den Vorwurf ausdrücklich fallen gelassen, wie dem Urteil des Landgerichts … vom … 2012 zu entnehmen sei.

Ferner bedürfe es keiner Einvernahme von POM B., da das Landgericht … entsprechend den Sachverständigenfeststellungen von zwei Verletzungskomplexen ausgehe. Mangels Entscheidungserheblichkeit scheide daher eine Unrichtigkeit der Feststellungen des Strafgerichts aus.

Auch eine Einvernahme der Frau Dr. H. sei entbehrlich. Aus der Aussage des Geschädigten gegenüber der Ärztin könne nicht auf dessen Unglaubwürdigkeit ge schlossen werden. Im Übrigen beruhe die strafrechtliche Verurteilung des Beklagten nachweislich nicht auf der Anamnese der Frau Dr. H., so dass eine weitere Beweisaufnahme nicht angezeigt erscheine.

Die nunmehr geltend gemachte Erkrankung mit einem Tinnitus in der Zeit vom … … bis … 2011 könne den Beklagten nicht entlasten. Die Behandlung sei ambulant erfolgt, krankheitsbedingte Fehlzeiten seien nicht entstanden. Von einer dienstlich eingeschränkten Einsetzbarkeit des Beklagten könne folglich nicht ausgegangen werden.

Das Disziplinarklageverfahren wurde am 15. Dezember 2014 mündlich verhandelt. Die vom Bevollmächtigten des Beklagten gestellten Beweisanträge wurden durch Beschluss des Gerichts abgelehnt. Die Parteien wiederholten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge. Der Bevollmächtigte des Beklagten verlas eine Erklärung des Beklagten. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift, im Übrigen auf die vorgelegten Behörden- und Strafakten, sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Der Beklagte wurde in allen Verfahrensabschnitten gehört. Die Klageschrift entspricht den Vorgaben der Art. 58, 53 Abs. 1 BayDG.

Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stehen zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Beklagte hat am … 2011 drei tatmehrheitliche Fälle der Körperverletzung im Amt begangen. Insoweit besteht die Bindungswirkung des Urteils des Landgerichts … vom … 2012 gemäß Art. 25, 55 BayDG.

Das Gericht hat keinen Anlass, sich von den tatsächlichen Urteilsfeststellungen des Landgerichts … zu lösen.

Eine solche Lösung ist nämlich nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich. Das Disziplinargericht darf die eigene Entscheidung nicht an die Stelle derjenigen des Strafgerichts setzen. Strafgerichtliche Feststellungen, die nicht auf einer gegen Denkgesetze oder Erfahrungswerte verstoßenden Beweiswürdigung beruhen, sind daher auch dann für das Disziplinargericht bindend, wenn dieses aufgrund eigener Würdigung abweichende Feststellungen für möglich hält. Andernfalls wäre die Vorschrift des Art. 25 Abs. 1 BayDG auf Fälle beschränkt, in denen das Disziplinargericht der Beweiswürdigung der Strafgerichte ohnehin folgen würde. Das aber wäre weder mit dem Begriff der gesetzlichen Bindung noch mit dem Gesichtspunkt vereinbar, dass die Disziplinargerichte keine Überprüfungsinstanz für Strafurteile sind. Die Zulässigkeit einer Lösung nach Art. 55 2. Halbsatz BayDG ist in der Praxis sonach auf Fälle beschränkt, in denen das Disziplinargericht sonst gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden. Nur dies soll durch die Lösungsmöglichkeit verhindert werden. Die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, reicht zu einem Lösungsbe-schluss nicht aus (vgl. BVerwG vom 19.11.1989, 1 D 71/88 < juris >). Daran gemessen liegen keine Gründe vor, die dem Gericht eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts erlauben würde.

Insgesamt betrachtet hat der Beklagte ein äußerst schweres Dienstvergehen begangen. Er hat schuldhaft und in schwerwiegender Weise die ihm obliegenden Pflichten aus §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 34 BeamtStG verletzt, denn er hat die Gesetze nicht beach tet und sich seinem Beruf entsprechend weder achtungsnoch vertrauenswürdig verhalten.

Bei einer Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände geht das Gericht davon aus, dass das Fehlverhalten des Beklagten äußerst schwer wiegt und hält im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen, das Maß der Schuld und auch aus generalpräventiven Erwägungen eine Dienstentfernung des Beklagten für angemessen und erforderlich.

Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße und den Umständen der Tatbegehung, zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Betrieb und für Dritte (BVerwG, Urt.v. 29.5.2008, Az.: 2 C-59/07 < juris >, BayVGH, Urt.v. 23.9.2009, Az.: 16a D 07.2355 < juris >).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dabei ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zur Vertrauensbeeinträchtigung, zum Persönlichkeitsbild und zum bisherigen dienstlichen Verhalten im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Wiegt das Dienstvergehen schwer, kann das Persönlichkeitsbild des Beamten nur ausnahmsweise die Disziplinarmaßnahme noch im Sinn einer Milderung beeinflussen.

Das Kriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Bemessungskriterien Persönlichkeitsbild des Beamten und bisheriges dienstliches Verhalten gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfassen dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstlichen Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Sie erfordern eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Diszipli-narmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (vgl. BVerwG, Urt.v. 29.5.2008 a.a.O.).

Als Disziplinarmaßnahme kommt im vorliegenden Fall allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis in Betracht. Das Vorbringen des Beklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Ein Polizeibeamter, der selbst Straftaten begeht, beeinträchtigt das für die Ausübung seines Berufs erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und sein Ansehen in der Öffentlichkeit auf das Schwerste. Er stellt seine Eignung für die Wahrung von Recht und Gesetz einzutreten und die Kriminalität zu bekämpfen nachhaltig in Frage, wenn er selbst einen Straftatbestand verwirklicht. Ein Polizeibeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine oder mehrere vorsätzliche Körperverletzungen begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, verstößt in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr und verletzt den Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er missbraucht damit die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttert das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtigt in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatlicher Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahlt. Die Allgemeinheit darf mit Recht erwarten, dass das allgemeine strafgesetzliche Verbot, andere körperlich zu verletzen, gerade von Polizeibeamten befolgt wird, die kraft ihrer Dienstpflicht die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen und Verstöße hiergegen zu unterbinden und zu verfolgen haben (BayVGH, Urt.v. 5.3.2008, Az.: 16a D 07.1368 < juris >). Daraus folgt, dass bei rechtswidrigen und schuldhaften Körperverletzungen im Amt an Personen, denen gegenüber der Beamte Amtshandlungen vorzunehmen hatte, im Regelfall eine der nur im förmlichen Disziplinarverfahren statthaften Disziplinarmaßnahmen geboten ist. Körperverletzungsdelikte hat der Gesetzgeber im Strafgesetzbuch unter erhebliche Strafandrohung gestellt und die Bedeutung des Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit vor staatlichen Übergriffen in der besonderen Strafbestimmung des § 340 StGB über die Körperverletzung im Amt zum Ausdruck gebracht. In schwerwiegenden Fällen, vor allem bei Übergriffen auf sich in (polizeilichem) Gewahrsam befindlichen Personen ist nach ständiger Rechtsprechung angesichts der Tatsache, dass aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine staatliche Schutzpflicht abzuleiten ist, die körperliche Integrität jeder Person in staatlichem Gewahrsam zu wahren und zu schützen, im Regelfall die Höchstmaßnahme erforderlich.

Die auf dieser Grundlage vorzunehmende Gesamtbetrachtung ergibt, dass die vom Beklagten begangenen Körperverletzungen im Amt bereits für sich genommen jedenfalls aber in Verbindung mit seinem Nachtatverhalten das erforderliche Vertrauen in nicht wiederherzustellender Weise zerstört hat.

Der Beklagte hat in drei, durch zeitliche Zäsur getrennten, Komplexen dem Geschädigten jeweils auf neuen Tatentschlüssen beruhende, erhebliche Verletzungen zugefügt. Beim Abführen auf die Wiesnwache gab er dem Geschädigten mehrere Stöße, mindestens sechs, mit dem Knie in den Gesäßbereich, die zu zwei bis drei Tage ziehenden Schmerzen, insbesondere im Liegen mit Ausstrahlungen in den Lenden- und Nierenbereich führten. Auch versetzte er ihm zwei heftige, Schmerzen verursachende Ohrfeigen. Diese Körperverletzungshandlungen nahm der Beklagte vor, obwohl der Geschädigte gefesselt war und sich nach Aussagen seines beim Abführen beteiligten Kollegen in keiner Weise dem Abführen zur Wiesnwache widersetzte. Auf der Wiesnwache trat der Beklagte an den auf einer Bank sitzenden, an den Händen gefesselten M. H. heran, zog ihn nach oben und drehte ihn mit dem Gesicht gegen die Wand. Er packte hinten am Kopf oder Nacken und stieß den Kopf des Geschädigten mindestens zweimal gegen die Wand. Durch die beiden Stöße brach ein Teil des linken oberen vorderen Schneidezahns ab, auch erlitt der Geschädigte zwei blutende Quetsch-Risswunden an der Unterlippe, wovon eine 1 cm tief und 0,5 cm breit war. Ferner wurden vier Zähne gelockert.

Nachdem der Beklagte den Raum verlassen, dann aber wieder zurückgekommen war, versetzte er dem zwischenzeitlich stark blutenden Geschädigten eine weitere heftige Ohrfeige in die linke Gesichtshälfte, die zu erheblichen Schmerzen führte. Demgegenüber wirken sich die provozierenden Äußerungen und Handlungen des Geschädigten nicht mildernd aus.

Die Drohung mit einer Anzeige seines - in unzutreffender Weise als Rechtsanwalt bezeichneten Vaters -, die Fragen, „was ist los, du Irrer“, „was ist mit dir los“ und die Bezeichnung als „Psycho“ sind als von Festgenommenen durchaus übliche Äußerungen zu qualifizieren. Auch die vom Geschädigten in der Wiesnwache vorgenommenen Beschimpfungen und die Versuche, den Beklagten anzuspucken und zu treten, führen nicht dazu, dass der Beklagte als langjähriger, erfahrener Polizeibeamter mit Recht darauf verweisen kann, provoziert worden zu sein. Denn es handelte sich um einen typischen Routineeinsatz; außerdem war der Geschädigte dem Beklagten körperlich unterlegen, und aufgrund der Handschellen schutzlos ausgeliefert. Die vom Beklagten vorgenommenen Körperverletzungshandlungen zeigen eine äußerst brutale Vorgehensweise. Der Beklagte hat dem Geschädigten ohne Not mehrfach ins Gesäß getreten und ihn geohrfeigt. Er hat ihn mindestens zweimal heftig mit dem Gesicht an die Wand geschlagen und ihm eine weitere massive Ohrfeige verpasst. Ein solches Handeln steht völlig außer Verhältnis zu der vorangegangenen Provokation. Auch belegt das Maß der hier angewandten Gewalt den Missbrauch der dienstlichen Machtbefugnisse durch den Beklagten nachdrücklich.

Zu Lasten des Beklagten fällt in hohem Maße ins Gewicht, dass es sich um einen mit 14 Punkten beurteilten Polizisten handelt, der sich zum maßgeblichen Zeitpunkt in der Probezeit für die Ernennung zum Polizeidirektor befand. Er verfügte über eine jahrzehntelange Diensterfahrung; sein Dienstantritt erfolgte bereits 1981. Darüber hinaus hatte er als Leiter der Dienststelle … Vorbildfunktion inne.

Ferner spricht gegen den Beklagten sein Nachtatverhalten. In der E-Mail vom … 2011 hat der Beklagte seinen Kolleginnen und Kollegen seine Stellungnahme zum Vorfall mitgeteilt. Durch diese Mitteilung hat er den Versuch unternommen, die Kolleginnen und Kollegen zu beeinflussen und auf seine „Sicht der Dinge“ einzu-schwören. Andernfalls hätte es einer solchen Mail gar nicht bedurft. Dass dies seine Absicht war, bestätigt auch der Umstand, dass er seinen Kollegen K. nach dessen Beobachtungen und zu der in seiner E-Mail gegebenen Stellungnahme befragt hat.

Schließlich hat der Beklagte weder im Strafverfahren noch in seiner vom Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht verlesenen Stellungnahme echte Reue und Einsicht in seine Schuld gezeigt. Im Hinblick auf dieses Verhalten vermag sein Versuch, einen Täter-Opfer-Ausgleich herbeizuführen und seine schriftliche und auch mündliche Entschuldigung beim Geschädigten kaum zu überzeugen. In seiner in der mündlichen Verhandlung verlesenen Stellungnahme vom 14. Dezember 2014 zeigt er nach wie vor keinerlei Einsicht in die Fehlerhaftigkeit seines Handelns und so gut wie kein Bedauern über seine in dieser Situation völlig unangemessene Vorgehensweise. Er sucht die Verantwortung vielmehr bei den Medien mit ihrer unsachlichen und ehrverletzenden Berichterstattung, beim Landgericht …, das ein falsches Urteil gesprochen hat und beim Dienstherrn, der in einem vergleichbaren Fall in … gegen den Kollegen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht betreibe und in seinem Fall ein Exempel statuiere, um behaupten zu können, prügelnde Polizisten würden entlassen, insbesondere wenn sie für negative Schlagzeilen sorgten.

Letztendlich ist zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen, dass das Dienstvergehen infolge der Presseberichterstattung zu einer massiven Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und der Polizei in der Öffentlichkeit geführt hat.

Milderungsgründe, aufgrund derer von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen vor. Die Anwendung dieses Milderungsgrundes setzt voraus, dass der Beklagte einmal, spontan ohne hinreichende Überlegung, quasi kurzschlussartig gehandelt hat, weil nur dann davon ausgegangen werden kann, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn nicht völlig zerstört und wiederhergestellt werden kann. Hier hat der Beklagte nicht einmal quasi kurzschlussartig gehandelt, vielmehr bestand sein Versagen aus mehreren, nämlich drei „Teilakten“, wobei jedes Fehlverhalten auf einem neuen Tatentschluss beruhte.

Auch wenn der Beklagte disziplinarisch nicht vorbelastet ist, ist angesichts des Umfangs und der Nachdrücklichkeit seines Versagens das notwendige Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört. Der Ansehens- und Vertrauensverlust wird durch die beanstandungsfreie langjährige Tätigkeit des Beklagten, seine gute Beurteilung und die Schmerzensgeldzahlung nicht derart relativiert, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte. Nach Abwägung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände ist vor diesem Hintergrund wegen des eingetretenen endgültigen Ansehens- und Vertrauensverlustes die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten und verhältnismäßig.

Auch die zweifellos harten wirtschaftlichen Folgen, die die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für den Beklagten nach sich zieht, können die angestrebte Milderung des Disziplinarmaßes nicht rechtfertigen. Anknüpfungspunkte für die zu verhängende Disziplinarmaßnahme sind Gewicht und Schwere des Dienstvergehens. Die wirtschaftlichen Einbußen, die mit einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als der angemessenen und erforderlichen disziplinaren Ahndung des Fehlverhaltens des Beklagten verbunden sind, fallen in dessen Risikobereich. Die Auflösung des Dienst verhältnisses beruht hier nämlich auf den schuldhaften Pflichtverletzungen durch den Beklagten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge zuzurechnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 BayDG.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Dez. 2014 - M 19 DK 14.3163 zitiert 6 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 33 Grundpflichten


(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Strafgesetzbuch - StGB | § 340 Körperverletzung im Amt


(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die

Referenzen

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.