Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Okt. 2015 - M 10 K 14.3975

bei uns veröffentlicht am08.10.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom ... November 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts ... vom ... Juli 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Erlassantrag des Klägers vom 27. August 2012 zu entscheiden.

III.

Die Beteiligten haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erlass von steuerlichen Nebenforderungen.

Ab dem 15. Juli 1998 bis zum 17. Dezember 2009 setzte die Beklagte für die jeweiligen Veranlagungsjahre Gewerbesteuern gegenüber dem Kläger fest, sowie insbesondere auch Säumnis- und Verspätungszuschläge. Die Zahlung der entstandenen Forderungen erfolgte jeweils im Lastschriftverfahren. Aufgrund mehrfacher Zahlungsausfälle und den damit verbundenen Maßnahmen der Beklagten zur Begleichung der ausstehenden Forderungen gegenüber dem Kläger ergab sich zum 9. Juli 2012 ein Forderungsbetrag in Höhe von 540,87 Euro für Säumniszuschläge, Mahngebühren, Gebühren für Rücklastschriften, Kontopfändungen und Postzustellungsaufträge. Dies wurde dem Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 9. Juli 2012 mitgeteilt.

Mit Schreiben vom 27. August 2012 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers den Vollerlass der Säumniszuschläge und übrigen Gebühren für die Kalenderzeiträume 2002 bis einschließlich 2012 aus finanziellen und wirtschaftlichen Gründen. Zur Begründung des Antrags wies er auf die Aktenlage der Beklagten und ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen den Kläger hin. Weiterhin sei es dem Kläger wegen Zahlungsunfähigkeit aufgrund erheblicher Forderungsausfälle und Überschuldung nicht mehr möglich, die angefallenen Beträge rechtzeitig zu zahlen. Im Übrigen betonte der Klägerbevollmächtigte die mehrfachen und erfolglosen Kontopfändungen durch die Beklagte und ein stets steuerehrliches Verhalten des Klägers.

Der Erlassantrag des Klägers wurde mit Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses der Beklagten vom 15. November 2012 mit der Begründung abgelehnt, dass weder sachliche noch persönliche Billigkeitsgründe vorlägen.

Mit Bescheid vom ... November 2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erlass der Säumniszuschläge vom 27. August 2012 schließlich förmlich mit der Begründung ab, dass keine sachlichen Billigkeitsgründe vorlägen, da der Kläger seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, was darin gemündet habe, dass ihm vom Landratsamt ... mit Bescheid vom ... Januar 2008 das Gewerbe untersagt worden sei. Eine Erlassbedürftigkeit sowie eine Erlasswürdigkeit lägen nach Aktenlage nicht vor, da der Kläger durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen habe.

Gegen die Ablehnung des Erlassantrages vom 27. August 2012 legte der Klägerbevollmächtigte mit Email vom 21. Dezember 2012 Widerspruch ein und stellte mit Schreiben vom 11. Januar 2013 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand mit der Begründung, dass unverschuldete familiäre Verhältnisse des Bevollmächtigten die rechtzeitige Übersendung des Widerspruchs in Schriftform verhindert hätten. Die Beklagte gab dem Antrag mit Schreiben vom 9. April 2013 statt.

Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts ... als Widerspruchsbehörde vom ... Juli 2014 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die geltend gemachte Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Klägers u. a. aufgrund erheblicher Forderungsausfälle in den zurückliegenden Jahren durch die Vorlage entsprechender Unterlagen weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber der Widerspruchsbehörde nachgewiesen worden seien. Die enthaltene Begründung unter Verweisung auf eine aussagekräftige Aktenlage der Beklagten und in der Vergangenheit durchgeführte fruchtlose Kontenpfändungen sei dagegen nicht überzeugend. So seien bei der Beklagten keine entsprechenden Akten vorhanden, die eine Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Klägers belegen würden. Dieser habe eine solche finanzielle Lage in zahlreichen Telefonaten zur gegenständlichen Thematik gegenüber der Beklagten vor Erhebung des Widerspruchs nie angezeigt. Im Übrigen hätten auch die durch die Beklagten in Auftrag gegebenen Kontenpfändungen stets zum Erfolg geführt. Allein in den Kalenderjahren 2006 bis 2008 sei eine Pfändungssumme von 6.490,25 Euro vereinnahmt worden. Vor diesem Hintergrund könne eine Zahlungsunfähigkeit, die eine Begleichung von Säumniszuschlägen und Mahngebühren in Höhe von 540,87 Euro unmöglich mache, nicht glaubhaft erscheinen. Auch andere Billigkeitsgründe u. a. persönlicher Natur seien vom Kläger nicht vorgebracht worden und darüber hinaus auch nicht ersichtlich. Insbesondere die Gefahr der Verwirklichung einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung oder gar Vernichtung sei im Hinblick der Verhältnisse der geschuldeten Summe aus steuerlichen Nebenleistungen und den ab dem Veranlagungsjahr 1998 bereits beglichenen Gewerbesteuerforderungen der Beklagten nicht erkennbar.

Mit Schreiben vom 7. August 2014 hat der Bevollmächtigte des Klägers schließlich Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom ... November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts ... vom ... Juli 2014 aufzuheben und

2. die Beklagte zu verpflichten, ihm den Betrag von 540,87 Euro gemäß § 227 AO zu erlassen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass die Beklagte sich in diesem Verfahren Maßnahmen bedient habe, die in dieser Art und Weise nicht angebracht gewesen seien, zumal es sich um Steuerschulden aus Schätzbescheiden und nicht aus rechtskräftigen Steuern gehandelt habe. Die Gewerbesteuern für die Jahre 2006 bis 2012 hätten allesamt 0,- Euro betragen. Verschiedene Schriftstücke seien nur mit einfachem Brief versandt worden, welche dem Kläger von seiner Schwester niemals ausgehändigt worden seien. Die Beklagte habe keine objektive Würdigung des Sachverhalts vornehmen können, da sie den objektiven Sachverhalt nicht kenne und nicht in Besitz von Bilanzen, Steuererklärungen, Gerichtsakten usw. gewesen sei. Für die Kalenderzeiträume 2002/2012 hätten Gründe für einen Vollerlass der Säumniszuschläge/Gebühren zur Gewerbesteuer aus finanziellen und wirtschaftlichen Gründen dementsprechend vorgelegen. Als Nachweis für den zu gewährenden Erlass sei die Aktenlage der Beklagten zugrunde zu legen. Säumniszuschläge stellten in erster Linie ein Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuerforderungen dar. Die Ausübung eines auf pünktliche Steuerzahlung gerichteten Drucks verliere besonders dann seinen gesetzlichen Sinn und Zweck, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuer wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht mehr möglich sei. Darüber hinaus habe der Steuerpflichtige sich bislang steuerehrlich verhalten. Er habe nachweislich seine finanzielle und wirtschaftliche Lage in den zurückliegenden Jahren nicht selbst verschuldet. Erhebliche Forderungsausfälle hätten teilweise zur Zahlungsunfähigkeit geführt. Die Beklagte habe dadurch, dass die Gewerbesteuer 2006 erst 2012 bearbeitet worden sei, auch keinen finanziellen Schaden. Der Kläger habe sich in besagtem Zeitraum in einem Finanzgerichtsprozess befunden, welcher für ihn letztendlich erfolgreich gewesen sei. Nachweise zur tatsächlichen Überschuldung des Klägers könnten im Zweifel durch Sachverständige erbracht werden. Daher sei die Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit des Klägers wohlwollend zu prüfen.

Die Beklagte beantragte dagegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass sachliche Billigkeitsgründe für einen Erlass nicht vorlägen, da der Kläger seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. So sei z. B. die Gewerbesteuer für das Veranlagungsjahr 2006 erst 2012 bearbeitet worden. Aus diesem und anderen Gründen sei dem Kläger mit Bescheid vom 18. Januar 2008 das Gewerbe durch das Landratsamt ... untersagt worden. Trotzdem habe er dieses weiterhin ausgeführt, da die Beklagte im November 2008 aus einer Pfändung Zahlung erhalten hätte. Die Unzuverlässigkeit des Klägers gehe soweit, dass er von Amts wegen in der Gemeinde abgemeldet worden und seit längerer Zeit ohne Wohnsitz sei. Eine Erlassbedürftigkeit liege nach Aktenlage nicht vor, da der Kläger nie erwähnt habe, dass er zahlungsunfähig sei, da die Beklagte letztendlich alle Forderungen, wenn auch teils erst nach Pfändungen, erhalten habe. Ebenso wenig bestehe eine Erlasswürdigkeit, da der Kläger durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.

Zwar ist der ablehnende Bescheid vom ... November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts ... vom ... Juli 2014 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (I.). Jedoch ist die Sache hinsichtlich des Antrags des Klägers, die Beklagte zu dem beantragten Erlass zu verpflichten, nicht im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO spruchreif, so dass nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO lediglich die Verpflichtung ausgesprochen werden kann, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (II.).

I.

Die Ablehnung des Antrags auf Erlass der steuerlichen Nebenforderungen, also der Säumniszuschläge, Mahngebühren, Rücklastschriftgebühren, Pfändungs- und Zustellungsgebühren, Stundungszinsen, Verspätungszuschläge und Nachholungszinsen, in Höhe von 540,87 Euro durch Bescheid der Beklagten vom ... November 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn dem Kläger steht ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Erlass der steuerlichen Nebenforderungen zu (1.). Die Ablehnung des Erlassantrages durch die Beklagte war ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig (2.).

1. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Erlass der für die rückständigen Gewerbesteuern festgesetzten Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge und Zinsen ist § 2 Abs. 2 Nr. 5 AO i. V. m. § 227 AO. Danach können die Behörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet werden. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Erlass der sonstigen Gebühren ist Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Kostengesetz (KG). Auch danach kann die Behörde den Kostenanspruch erlassen oder bereits entrichtete Kosten erstatten, wenn die Einziehung der Beträge nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Art. 16 Abs. 2 Satz 1 KG entspricht dabei seinem Wortlaut nach der Regelung des § 227 AO. Da das Kostengesetz die Regelung der Abgabenordnung damit übernommen hat, kann Art. 16 Abs. 2 Satz 1 KG auch in Anlehnung an § 227 AO ausgelegt werden (vgl. BayVGH, U. v. 18.2.2013 - 10 B 10.1028 - juris Rn. 21 m. w. N.).

Bei § 227 AO und Art. 16 Abs. 2 Satz 1 KG handelt es sich um Ermessensvorschriften, wobei der Begriff der Unbilligkeit in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt (vgl. GemsS-OGB, E. v. 19.10.1971 - GMS-OGB 3/70 - juris Rn. 26). Im Rahmen der Ermessensausübung zum Unbilligkeitsbegriff sind insbesondere die allgemeinen Rechtsgrundsätze wie Treu und Glauben, Vertrauensschutz, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit sowie das Rückführverbot zu beachten. Die Ermessensentscheidung der Behörde kann vom Gericht nur darauf überprüft werden ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten wurden und ob von ihm in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (vgl. § 114 S. 1 VwGO).

2. Den danach bestehenden Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Erlassantrag vom 27. August 2012 hat die Beklagte mit ihrem Bescheid vom ... November 2012 jedoch in ermessensfehlerhafter und damit rechtswidriger Weise abgelehnt.

a. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung ist dabei im Hinblick darauf, dass die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Entscheidung vorgelegen haben, der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1990 - 8 C 42.88 - juris Rn. 34; BayVGH, U. v. 18.2.2013 - 10 B 10.1028 - juris Rn. 25). Maßgeblicher Zeitpunkt ist daher der Zeitpunkt des Bescheids vom ... November 2012. Denn dieser enthält die Ablehnung des Antrags des Klägers vom 27. August 2012 und stellt damit die letzte Behördenentscheidung dar.

b. Die Ablehnung des Erlassantrags war auch zum danach maßgeblichen Zeitpunkt dieses Bescheids rechtswidrig. Denn die Beklagte hat bezogen auf diesen Zeitpunkt das ihr durch § 227 AO und Art. 16 Abs. 2 Satz 1 KG eröffnete Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt, sondern die Grenzen dieses Ermessens überschritten und es nicht dem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Es liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor (aa). Die Ablehnung des Erlassantrags ist darüber hinaus auch nicht deshalb rechtmäßig, weil die Widerspruchsbehörde den streitgegenständlichen Bescheid durch Ermessenserwägungen im Widerspruchsverfahren ergänzt hat (bb) oder die Beklagte den Ermessenfehlgebrauch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch die Nachholung von Ermessenserwägungen geheilt hätte (cc).

aa. Die Beklagte hat zwar erkannt, dass der Erlass von steuerlichen Nebenleistungen im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu überprüfen ist. Jedoch hat sie nicht die richtigen Ermessenserwägungen angestellt.

Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kann sich die Unbilligkeit aus persönlichen oder aus sachlichen Billigkeitsgründen ergeben.

Sachliche Billigkeitsgründe sind gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte oder wenn angenommen werden kann, dass die Einziehung den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft (vgl. BFH, U. v. 6.2.1985 - I R 206/80 - juris Rn. 19; BayVGH, U. v. 26.4.2006 - 4 B 04.64 - juris Rn. 25). Sachlich unbillig ist die Erhebung von Säumniszuschlägen u. a. auch dann, wenn Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit beim Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Fälligkeit und den nachfolgenden Zeiträumen erfolgloser Beitreibung bestehen. Denn dann verliert die Ausübung von Druck zur Zahlung des geschuldeten Betrages ihren Sinn und Säumniszuschläge als Druckmittel eigener Art dienen gerade dem Zweck, den Schuldner zur rechtzeitigen Zahlung anzuhalten (vgl. BFH, U. v. 7.7.1999 - X R 87/96 - juris Rn. 21 ff.; Loose in Tipke/Kruse, AO, Stand: November 2015, § 240 Rn. 55).

Zu den sachlichen Billigkeitsgründen hat die Beklagte ausgeführt, dass solche nicht vorlägen, da der Kläger seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, was darin gemündet habe, dass ihm vom Landratsamt ... das Gewerbe im Jahr 2008 untersagt worden sei. Die Nichterfüllung von steuerlichen Pflichten führt jedoch gerade erst zum Entstehen von steuerlichen Nebenleistungen, ist also Voraussetzung für deren Entstehen und daher nicht bei der Prüfung von sachlichen Billigkeitsgründen in die Ermessenserwägungen einzustellen.

Eine persönliche Unbilligkeit liegt dagegen vor, wenn der Steuerpflichtige erlassbedürftig und erlasswürdig ist. Eine Erlassbedürftigkeit ist gegeben, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Das ist der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann (vgl. BFH, U. v. 27.9.2001 - X R 134/98 - juris Rn. 24 m. w. N.; BayVGH, B. v. 6.2.2012 - 4 ZB 11.1516 Rn. 13).

Ein Abwägungsfehler bei der Ermessensprüfung ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beklagte hierzu lediglich ausgeführt hat, dass eine Erlassbedürftigkeit des Klägers nach Aktenlage nicht vorliege. Denn die Beklagte durfte den Antrag ungeachtet der Mitwirkungspflichten des Klägers nicht ohne jegliche weiteren Ermittlungen des Sachverhalts ablehnen.

Der Bevollmächtige des Klägers hat im Erlassantrag vom 27. August 2012 ausgeführt, dass als Nachweis für den zu gewährenden Erlass des Klägers die Aktenlage der Beklagten zugrunde zu legen sei, explizit die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens. Aus der Antragsbegründung ging daher jedenfalls hervor, dass der Kläger den Erlass im Hinblick auf seine finanzielle Situation beantragte, die nach dem Vortrag des Bevollmächtigten des Klägers so beschaffen war, dass sie die Beklagte zur Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahren veranlasst hatte. Bei dieser Sachlage bestand für die Beklagte aber hinreichend Anlass, den Sachverhalt nach § 88 Abs. 1 Satz 1 AO von Amts wegen zu ermitteln, um nach § 88 Abs. 2 AO alle für ihre Entscheidung bedeutsamen, insbesondere auch die für den Kläger günstigen Umstände berücksichtigen zu können. Sie konnte dazu insbesondere nach § 89 Abs. 1 Satz 1 AO auf die Abgabe weiterer Erklärungen des Klägers hinwirken. Zwar findet die Verpflichtung der Beklagten, den Sachverhalt zu ermitteln, ihre Grenze an den Mitwirkungspflichten des Klägers nach § 90 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO (vgl. BFH, U. v. 13.6.1991 - V R 68/87 - juris Rn. 13), nach denen er an der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken und insbesondere ihm bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben soll. Dies entband die Beklagte aber nicht davon, den Kläger vor Ablehnung seines Antrags auf seine Mitwirkungspflichten hinzuweisen (§ 89 Abs. 1 Satz 2 AO; vgl. BayVGH, U. v. 26.4.2006 - 4 B 04.64 - juris Rn. 32; U. v. 18.2.2013 - 10 B 10.1028 - juris Rn. 49).

Erlasswürdig ist weiter, wer seine mangelnde Leistungsfähigkeit nicht selbst herbeigeführt oder durch sein Verhalten nicht in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat (vgl. BFH, B. v. 15.10.1992 - X B 152/92 - juris Rn. 16).

Der bloße Hinweis der Beklagten, dass der Kläger durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat, ist lediglich eine allgemeine Floskel und stellt in keiner Weise eine dezidierte Auseinandersetzung mit den finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers dar.

bb. Auch die umfassenderen Ermessenserwägungen im Widerspruchsbescheid können den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom ... November 2012 schon deshalb nicht rechtmäßig machen, da die Beklagte sowohl bei der Festsetzung der Gewerbesteuer und der Nebenleistungen sowie auch bei Erlassentscheidungen im eigenen Wirkungskreis (Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinden gemäß Art. 28 Abs. 2 S. 3 i. V. m. Art. 106 Abs. 6 GG, §§ 1,2 GewStG) handelt. Da der Beklagten nach den genannten Vorschriften des Grundgesetzes das Recht auf finanzielle Eigenverantwortung zusteht, trifft sie insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Daher war die Widerspruchsbehörde gemäß Art. 119 Nr. 1 Bayerische Gemeindeordnung auf die Rechtmäßigkeitsprüfung hinsichtlich des streitgegenständlichen Erlassablehnungsbescheids beschränkt und durfte deshalb keine eigenen Ermessenserwägungen anstellen. Die auf die Rechtmäßigkeitsprüfung beschränkte staatliche Widerspruchsbehörde kann daher auch keinen im eigenen Wirkungskreis einer Selbstverwaltungskörperschaft rechtswidrig erlassenen Ermessensbescheid durch zusätzliche Ermessenserwägungen rechtmäßig werden lassen (vgl. VG München, U. v. 21.7.2005 - M 10 K 05.810 - juris Rn. 41).

cc. Die daraus folgende Ermessensfehlerhaftigkeit der Ablehnung des Erlassantrags des Klägers ist auch nicht nach § 114 Satz 2 VwGO dadurch geheilt worden, dass die Beklagte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ihre Ermessenserwägungen ergänzt hat. Denn auch in ihrem Schreiben vom 17. September 2014 hat sie lediglich die im Ablehnungsbescheid vom ... November 2012 dargestellten Gründe wiederholt und zusätzlich auf die vorübergehende Wohnsitzlosigkeit des Klägers abgestellt, die in keiner Weise in die Ermessensprüfung beim Erlass von steuerlichen Nebenforderungen einzustellen ist.

Die Beklagte hat daher in ermessensfehlerhafter Weise den Erlass der steuerlichen Nebenleistungen abgelehnt.

II.

Auch wenn die Ablehnung des Erlassantrages des Klägers durch die Beklagte rechtswidrig ist, steht dem Kläger kein Anspruch auf Erlass der steuerlichen Nebenleistungen zu, weil die Sache nicht spruchreif ist, wie es § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO voraussetzen würde.

Spruchreif im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO wäre die Sache nur dann, wenn mit Abschluss des gerichtlichen Verfahrens die von der Beklagten zu treffende Sachentscheidung feststünde. Danach wäre die Sache hier aber nur dann spruchreif, wenn in Folge einer entsprechenden Ermessensreduktion auf Null die Beklagte dem Kläger die festgesetzten steuerlichen Nebenforderungen erlassen müsste.

Eine derartige Ermessensreduzierung auf Null könnte nur dann Berücksichtigung finden, wenn das Fehlen einer Entscheidungsalternative bei Abschluss des gerichtlichen Verfahrens offensichtlich und damit der Erlass die einzig rechtmäßige Entscheidung wäre (vgl. BayVGH, U. v. 18.2.2013 - 10 B 10.1028 - juris Rn. 32, 52). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Eine Ermessensreduktion auf Null mit der Folge, dass der beantragte Erlass zu gewähren wäre, käme also nur dann in Betracht, wenn die Einziehung der steuerlichen Nebenforderungen zum Zeitpunkt der Ablehnung des Erlassantrags offenkundig unbillig gewesen wäre. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden.

Die persönliche Unbilligkeit für den Kläger ergibt sich weder aus dem Erlassantrag beigefügten noch aus von der Beklagten angeforderten Unterlagen und es lässt sich ebenfalls nicht aus den dem Gericht vorgelegten Behördenakten entnehmen, dass die Einziehung der steuerlichen Nebenleistungen unbillig wäre und sie deshalb erlassen werden müssten. Es fehlen vielmehr jegliche Angaben über die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse des Klägers.

Dementsprechend wird die Beklagte bei ihrer erneuten Entscheidung über den Erlassantrag unter Einbeziehung des Klägers im Rahmen der diesem nach § 89 Abs. AO obliegenden Mitwirkungspflichten prüfen müssen, ob sich die Einziehung der Gebühren und Säumniszuschläge, auf die sich der Erlassantrag bezog, nach den finanziellen Verhältnissen des Klägers im Zeitpunkt der Ablehnung des Erlassantrags mit Bescheid vom... November 2012 als unbillig darstellte (vgl. BFH, U. v. 27.9.2001 - X R 134/98 - juris Rn. 28).

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO mit den §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 540,87 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Artikels 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes über die Besteuerung gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vor.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen nach Satz 1 sind einvernehmliche Vereinbarungen der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten eines Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen, die

1.
Einkünfte oder Vermögen oder Teile davon bestimmen, für die die Bundesrepublik Deutschland in Anwendung der Bestimmung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf Grund einer auf diplomatischem Weg erfolgten Notifizierung eine Steueranrechnung vornimmt, und
2.
in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über den öffentlichen Dienst eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung diejenigen Körperschaften und Einrichtungen einbeziehen, die auf Grund einer in diesem Abkommen vorgesehenen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden bestimmt worden sind.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.

(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.

(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird,
2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger,
3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können,
4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Einzelheiten der Risikomanagementsysteme dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Auf dem Gebiet der von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern legen die obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs der Steuergesetze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.

(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:

1.
die Zölle,
2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,
4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:

1.
die Vermögensteuer,
2.
die Erbschaftsteuer,
3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
4.
die Biersteuer,
5.
die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.

(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.

(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.

(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.

(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.

(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.

(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.

(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.