Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juli 2015 - M 1 K 15.2938

bei uns veröffentlicht am28.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom 8. Juni 2015 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die erneute Zwangsgeldandrohung vom 8. Juni 2015 wegen einer Nutzungsuntersagung für Räume im Obergeschoß und Dachgeschoß des „Gasthof ...“, FlNr. 43 Gemarkung ..., der Klägerin zu 1) zugestellt am 17. Juni 2015.

Der Kläger zu 2) ist Eigentümer des Grundstücks und des denkmalgeschützten Hotels „Gasthof ...“, das bis zum 15 Mai 2015 von der Klägerin zu 1) betrieben wurde. Danach hat die Beigeladene den Betrieb übernommen. Mit Bescheid vom 4. Februar 2008 wurde dem Kläger zu 2) der Umbau des Hotels bauaufsichtlich genehmigt. Zwei Tekturen folgten mit Bescheiden vom 27. August 2008 und 1. August 2012.

Nachdem das Hotel sich wieder in Nutzung befand, führte das Landratsamt am 12. Dezember 2013 eine Baukontrolle durch und stellte dabei fest, dass die Brandschutzanforderungen aus den Baugenehmigungsbescheiden und dem Brandschutznachweis nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt waren und es eine Reihe brandschutzrelevanter Mängel gab.

Nach mehreren Baukontrollen und Aufforderungen an die Kläger sowie entsprechender förmlicher Anhörung mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 untersagte das 2Landratsamt beiden Klägern jeweils mit Bescheid vom 17. März 2015 in sofort vollziehbarer Weise die Nutzung sämtlicher Räume im 1. und 2. Obergeschoß des Anwesens „Gasthof ...“ zu Aufenthaltszwecken und drohte für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung bis 3. April 2015 ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro an (Nr. III).

Gegen diese Bescheide wurde am 13. April 2015 Klage erhoben (M 1 K 15.1420), die mit Urteil vom 28. Juli 2015 abgewiesen wurde.

Nachdem die Kläger die Brandschutzmängel nicht beseitigt, aber auch die Nutzung der Obergeschoße des „Gasthof ...“ zu Aufenthaltszwecken nicht aufgegeben haben, stellte das Landratsamt mit an beide Kläger gerichteten Schreiben vom 8. Juni 2015 jeweils das in Nr. III des Bescheids vom 17. März 2015 angedrohte Zwangsgeld i. H. v. 10.000 Euro fällig und drohte beiden Klägern jeweils mit Bescheid vom 8. Juni 2015 ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro an. Die Bescheide wurden der Klägerin zu 1) am 17. Juni 2015, dem Kläger zu 2) am 19. Juni 2015 zugestellt.

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen die erneute Zwangsgeldandrohung und beantragen,

den Bescheid des Landratsamts ... vom 8. Juni 2015, zugestellt am 17. Juni 2015, aufzuheben.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt,

Klageabweisung.

Die „Hotel ... GmbH & Co. KG“ wurde in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2015 zum Verfahren beigeladen. Sie stellte keinen eigenen Antrag. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung im Übrigen wird auf die Niederschrift vom 28. Juli 2015, wegen der weiteren Einzelheiten auf das Urteil vom 28. Juli 2015 in der Sache M 1 K 15.1420 sowie die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Auslegung (§ 88 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) ergibt, dass die Klage sich nur gegen den der Klägerin zu 1) gegenüber am 8. Juni 2015 erlassenen und ihr am 17. Juni 2015 zugestellten Bescheid richtet. Zum einen ergibt sich dies daraus, dass nur dieser Bescheid mit der Klage vorgelegt wurde. Zum anderen ergibt es sich vor allem daraus, dass im gestellten Klageantrag ausdrücklich das Zustelldatum „17. Juni 2015“ zitiert wird. Dem Kläger zu 2) wurde der Bescheid vom 8. Juni 2015 aber nicht am 17., sondern am 19. Juni 2015 zugestellt.

Die zulässige Klage der Klägerin zu 1) hat in der Sache Erfolg, weil der an sie gerichtete Bescheid des Beklagten vom 8. Juni 2015 sich wegen unrichtiger Störerauswahl als rechtswidrig erweist und die Klägerin zu 1) hierdurch in ihren Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klage des Klägers zu 2) gegen den an die Klägerin zu 1) gerichteten Bescheid kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil er hierdurch nicht beschwert ist.

Es kann dahinstehen, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der erhobenen Anfechtungsklage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist, mithin hier der 17. Juni 2015, an dem der Klägerin zu 1) und der 19. Juni 2015, an dem dem Kläger zu 2) der angefochtene Bescheid bekannt gegeben wurde, oder ob maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Jedenfalls war seit dem Betriebsübergang zum 15. Mai 2015 nicht mehr die Klägerin zu 1), sondern die Beigeladene die Betreiberin des „Gasthof ...“. Seit dem Betriebsübergang ist daher richtige Adressatin für die erneute Androhung eines Zwangsgelds wegen der Nichtbefolgung der Nutzungsuntersagung vom 17. März 2015 nicht mehr die Klägerin zu 1), sondern allenfalls die Beigeladene.

Zwar waren die Vollstreckungsvoraussetzungen für den Erlass einer erneuten Zwangsgeldandrohung erfüllt. Die sofort vollziehbare Nutzungsuntersagung vom 17. März 2015 stellt einen Verwaltungsakt i. S. d. Art. 19 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) dar und verpflichtet die beiden Kläger jeweils zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen i. S. d. Art. 29 Abs. 1 VwZVG. Die Verpflichtung wurde nicht rechtzeitig, d. h. bis zum 3. April 2015 erfüllt. Art 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG erlaubt die erneute Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 8. Juni 2015, denn die vorangegangene Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 17. März 2015 ist erfolglos geblieben.

Die Klägerin zu 1) war auch ursprünglich Zustandsstörerin i. S. d. Art. 9 Abs. 2 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG). Hiernach ist, wenn der Zustand einer Sache sicherheitsrechtliche Maßnahmen erforderlich macht, die Maßnahme in erster Linie gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten. Die Bestimmung ist einschlägig, weil der Zustand des „Gasthof ...“ aufgrund seiner brandschutztechnischen Mängel die Nutzungsuntersagung erforderlich gemacht hat. Nachdem die Klägerin zu 1) zum 15. Mai 2015 die tatsächliche Gewalt über den „Gasthof ...“ aufgegeben und den Betrieb an die Beigeladene übergeben hat, ist diese nunmehr Zustandsstörerin. Der Erlass einer neuen Nutzungsuntersagung ihr gegenüber durfte unterbleiben, weil gemäß Art. 54 Abs. 2 Satz 3 BayBO bauaufsichtliche Maßnahmen auch gegenüber dem Rechtsnachfolger wirken. Die erneute Zwangsgeldandrohung knüpft an den Umstand an, dass die Nutzungsuntersagung fortgesetzt unbeachtet geblieben ist. Ab dem 15. Mai 2015 oblag es der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin der Klägerin zu 1), diese Nutzungsuntersagung umzusetzen. Ab diesem Zeitpunkt war sie Störerin i. S.d Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG.

Darauf, ob die Bauaufsichtsbehörde des Landratsamts von dem Wechsel in der Person der Hotelbetreiberin und Zustandsstörerin in zurechenbarer Weise Kenntnis gehabt hat, weil die Beigeladene nach Übernahme des Betriebs beim Landratsamt eine Gaststättenerlaubnis für den „Gasthof ...“ beantragt und damit bekanntgegeben hat, dass ein Betreiberwechsel stattgefunden hat, kommt es nicht an. Jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung liegt es grundsätzlich im Verantwortungsbereich der Behörde, den richtigen Adressaten eines belastenden Bescheids zu bestimmen. Gelingt ihr dies nicht, weil ihr die Kenntnis fehlt, fällt das in ihren Risikobereich. Etwas anderes gilt nur dann, wenn, wie z. B. in Art. 48 Abs. 4 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), vom Gesetz etwas anderes bestimmt wird.

Die erneute Zwangsgeldandrohung gegenüber der Klägerin zu 1) konnte somit nicht mehr in rechtmäßiger Weise erfolgen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; angesichts der wirtschaftlichen Verflechtung der Kläger erscheint es gerechtfertigt, die nicht aussichtsreiche Klage des Klägers zu 2) insoweit unberücksichtigt zu lassen. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 10.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG i. V. m. Nr. 1.7.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 3 Gerichtliche Vertretung


(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften

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bei uns veröffentlicht am 28.07.2015

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen eine Nutzungsuntersagung für Räume im Obergeschoß und Dachgeschoß des „Gasthof ...“, FlNr. 43 Gemarkung ...

Der Kläger zu 2) ist Eigentümer des Grundstücks und des denkmalgeschützten Hotels „Gasthof ...“, das bis zum 15. Mai 2015 von der Klägerin zu 1) betrieben wurde. Danach hat die Beigeladene den Betrieb übernommen. Mit Bescheid vom 4. Februar 2008 wurde dem Kläger zu 2) der Umbau des Hotels bauaufsichtlich genehmigt. Zwei Tekturen folgten mit Bescheiden vom 27. August 2008 und 1. August 2012.

Nachdem das Hotel sich wieder in Nutzung befand, führte das Landratsamt am 12. Dezember 2013 eine Baukontrolle durch und stellte dabei fest, dass die Brandschutzanforderungen aus den Baugenehmigungsbescheiden und dem Brandschutznachweis nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt waren und es eine Reihe brandschutzrelevanter Mängel gab. Mit Schreiben des Landratsamts vom 9. Januar 2014 wurden die Kläger aufgefordert, diese Mängel bis spätestens 15. März 2014 zu beseitigen.

Eine Kontrolle am 18. August 2014 ergab, dass die Mängel in ihrer überwiegenden Zahl nicht behoben worden waren. Mit Schreiben des Landratsamts vom 21. August 2014 wurden die Kläger daraufhin erneut aufgefordert, die Mängel zu beseitigen. Die Frist hierfür wurde diesmal bis 15. Oktober 2014 gesetzt. Ferner wurde für den Fall der Nichtbefolgung die Nutzungsuntersagung angedroht.

Kontrollen des Landratsamts am 22. Dezember 2014 und am 15. Februar 2015 ergaben, dass die Mängelbeseitigung weiter unterblieben war.

Nach entsprechender förmlicher Anhörung mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 untersagte das Landratsamt den Klägern mit Bescheid vom 17. März 2015 in sofort vollziehbarer Weise (Nr. II) die Nutzung sämtlicher Räume im 1. und 2. Obergeschoß des Anwesens „Gasthof ...“ zu Aufenthaltszwecken (Nr. I) und drohte für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung bis 3. April 2015 ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro an (Nr. III). In dem auf Art. 76 Satz 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) und die formelle Rechtswidrigkeit der Nutzung gestützten Bescheid, auf den insoweit Bezug genommen wird, sind die brandschutzrelevanten Mängel im Detail aufgeführt. Die von den Baugenehmigungen abweichende tatsächliche Nutzung sei so auch nicht genehmigungsfähig. Zum Schutz von Leib und Leben der Hotelgäste und Mitarbeiter vor erheblichen Gefahren im Brandfall sei die Nutzungsuntersagung ermessensgerecht. Das wirtschaftliche Interesse, das Hotel unverändert weiter zu betreiben, müsse dahinter zurückstehen. Der Betrieb der Gastronomie im Erdgeschoß bleibe weiter möglich.

Gegen diesen Bescheid wurde am 13. April 2015 Klage erhoben, zu deren Begründung insbesondere vorgetragen wird, die Nutzungsuntersagung sei jedenfalls zum Zeitpunkt der Klagebegründung (20.7.2015) unverhältnismäßig. Unstreitig seien mehrere brandschutzrechtliche Vorgaben aus den Baugenehmigungsbescheiden nicht oder nicht vollständig umgesetzt. Dem Landratsamt sei bekannt, dass hierfür wirtschaftliche Gründe verantwortlich seien. Es habe den Zustand jedoch bis in das Jahr 2014 hinein geduldet. Nunmehr sei die wirtschaftliche Lage der Kläger noch stärker eingeschränkt als in den vergangenen Jahren. Auch das gegenüberliegende „Hotel ...“ gehöre den Klägern und habe wegen einer gerichtlich bestätigten Nutzungsuntersagung ebenfalls brandschutzmäßig ertüchtigt werden müssen. Insbesondere sei hier die sehr teure Brandmeldeanlage inzwischen fertig gestellt. Das Kostenvolumen für den Umbau des „Hotel ...“ belaufe sich auf 300.000 Euro. Die Nachrüstung des „Gasthof ...“ habe deshalb nicht zeitgleich betrieben werden können, zumal das „Hotel ...“ wegen des Umbaus geraume Zeit nicht nutzbar gewesen sei. Der „Gasthof ...“ habe deshalb weiter betrieben werden müssen, um Stammgäste zu erhalten und Umsätze zu erzielen. Eine Einstellung der Nutzung beider Hotels würde unmittelbar zum Ende beider Betriebe führen. Gleichwohl seien die Kläger nicht untätig geblieben. Insbesondere sei ein Kostenangebot für eine Brandmeldeanlage eingeholt worden. Sie seien bemüht, die Finanzierung der etwa 30.000 Euro teuren Brandmeldeanlage sowie der übrigen notwendigen Brandschutzmaßnahmen zu klären. Ferner teilen die Kläger mit, dass zum 15. Mai 2015 die „Hotel ... GmbH & Co. KG“ den Betrieb des „Gasthof ...“ von der Klägerin zu 2) übernommen habe.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid des Landratsamts ... vom 17. März 2015 aufzuheben.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt,

Klageabweisung.

Die „Hotel ... GmbH & Co. KG“ wurde in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2015 zum Verfahren beigeladen, stellte aber keinen eigenen Antrag. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung im Übrigen wird auf die Niederschrift vom 28. Juli 2015, wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der Bescheid des Beklagten vom 17. März 2015 sich als rechtmäßig erweist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der von den Klägern erhobenen Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin hier der 19. März 2015, an dem der angefochtene Bescheid beiden Klägern bekannt gegeben wurde. Aus diesem Grund bleibt auch die Klägerin zu 1) als damalige Betreiberin des „Gasthof ...“ Prozesspartei und war die neue Betreiberin lediglich gemäß § 65 Abs. 2 VwGO zum Verfahren beizuladen.

1. Gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung von Anlagen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, untersagt werden. Hierbei entspricht es der herrschenden Auffassung, dass es für eine Untersagung grundsätzlich ausreicht, wenn die Nutzung in formell baurechtswidriger Weise, also ungenehmigt erfolgt. Allerdings darf eine wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; B. v. 30.8.2007 - 1 CS 07.1253 - juris Rn. 18). Dies wird selbst von den Klägern, die die formelle Baurechtswidrigkeit der Nutzung zugestehen, nicht behauptet.

Die Kläger machen vielmehr sinngemäß nur geltend, die Nutzungsuntersagung sei nicht ermessensgerecht, insbesondere nicht verhältnismäßig, weil ihre wirtschaftliche Gesamtsituation nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Die geforderte Erfüllung der Brandschutzanforderungen parallel in ihren beiden Betrieben sei existenzbedrohend.

Die Ermessensausübung des Landratsamts ist aber nicht zu beanstanden. Das wirtschaftliche Interesse der Kläger daran, den „Gasthof ...“ vorerst trotz seiner gravierenden Brandschutzmängel weiter betreiben zu dürfen, wurde im streitigen Bescheid zu Recht als nachrangig bewertet. Es handelt sich bei dem „Gasthof ...“ um einen Beherbergungsbetrieb im Sinn der Beherbergungsstättenverordnung (BStättV) mit mehr als 30 Gästebetten. Weil es um die Beherbergung einer größeren Zahl von Menschen geht, werden in der BStättV besondere Anforderungen an den Brandschutz gestellt. Dies ist zum Schutz von Leben und Gesundheit der Gäste, aber auch der Mitarbeiter gerechtfertigt, weil die Gefährdung dieser überragend bedeutsamen Rechtsgüter im Sinn von Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) im Brandfall schwerwiegend und nicht hinnehmbar ist. Die in mitten stehenden Brandschutzmängel sind keineswegs geringfügig. Im Gegenteil fehlt es bereits an so grundlegenden Elementen des Brandschutzes wie der Brandschutzordnung und einer funktionsfähigen Alarmierungs- und Brandmeldeanlage. Zusammen mit den übrigen, insbesondere baulichen Mängeln, wie z. B. dem Fehlen von feuerhemmenden Rauchschutztüren und Abschlüssen, was die rasche Ausbreitung eines Brandes erheblich begünstigt, führt dies dazu, dass im Brandfall eine effiziente Brandbekämpfung und Rettung der Betroffenen nicht gewährleistet ist.

Zwar trifft es zu, dass die wirtschaftliche Existenz des klägerischen Betriebs und der dort Beschäftigten Beachtung und Schutz verdient. Das hat auch der Beklagte gesehen, jedoch im Ergebnis zu Recht die Bekämpfung der Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter als bedeutsamer erachtet.

Ein milderes Mittel als die Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO stand dem Landratsamt dabei nicht zu Gebote, denn Bauanträge und Genehmigungen für die nötigen Maßnahmen existieren bereits; es fehlt hier an deren Umsetzung. Auch ein sukzessives Vorgehen zur schrittweisen Durchsetzung des Brandschutzes im „Gasthof ...“, etwa unter Verfügung lediglich partieller Nutzungsuntersagungen für einzelne Gästezimmer oder Geschosse, war angesichts der beschriebenen Gefahrenlage ebenso wenig verantwortbar wie ein weiteres Zuwarten.

Eine Verwirkung des Rechts zum bauaufsichtlichen Einschreiten innerhalb der rund zwei Jahre, in denen das Landratsamt versucht hat, die Kläger ohne förmlichen Bescheid zur Erfüllung der Brandschutzanforderungen zu bewegen, kommt nicht in Betracht. Auch hat der Zeitablauf nicht die Unverhältnismäßigkeit der Nutzungsuntersagung zur Folge. Im Gegenteil zeigt er viel eher, dass das Landratsamt durchaus gewillt war, auf die Lage der Kläger einzugehen.

2. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. III des angefochtenen Bescheids entspricht Art. 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.