Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Apr. 2016 - M 1 K 15.1167

bei uns veröffentlicht am05.04.2016

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch eines ehemaligen Wasserreservoirs.

Auf den Grundstücken FlNr. 944/3, 944/4 und 946/6 Gemarkung ... stellt sie ...fertigteile her, die vor Ort gelagert werden. Die Grundstücke liegen an der K. Straße und sind größtenteils von Wald umgeben. FlNr. 944/3 und 944/4 befinden sich im Geltungsbereich des am 19. Dezember 2000 als Satzung beschlossenen und am 20. Dezember 2000 ortsüblich bekanntgemachten Bebauungsplans Nr. 1 „Sondergebiet an der K. Str. 1 für ...warenherstellung“. Die erste Erweiterung des Bebauungsplans, die auch das Grundstück FlNr. 946/6 umfassen soll, wurde bereits als Satzung beschlossen, bisher aber nicht ortsüblich bekanntgemacht.

Auf dem Grundstück FlNr. 946/6 befindet sich ein ehemaliges, aus zwei Becken bestehendes Wasserreservoir mit den Ausmaßen 44 m x 22 m, das Teil des ehemaligen Rüstungswerks im ... Hart ist. Das gesamte Rüstungswerk ist sowohl in die Teilliste A: Baudenkmäler im Bereich des „... Hart“ (...) als auch in die Teilliste B: Bodendenkmäler im Bereich des „... Hart“ (...) der Denkmalliste eingetragen.

Mit Bescheid vom ... März 1995, gültig bis 1. April 1999, wurde der Bundesrepublik Deutschland u. a. die Beseitigung des Wasserreservoirs auf FlNr. 946 genehmigt. Unter dem ... September 1995 wurde der Klägerin die Beseitigung mehrerer zu dem Denkmal gehörender Bunker auf FlNr. 944/3 genehmigt. Mit Bescheid vom ... April 1996 wurde die Erlaubnis zum vollständigen Abbruch des Wasserreservoirs gegenüber einem privaten Antragsteller abgelehnt.

Etwa im Jahr 2010 hat die Klägerin das heutige Grundstück FlNr. 946/6 erworben. Sie beantragte unter dem ... Mai 2013 eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Abbruch des Wasserreservoirs und hielt unter dem ... Januar 2015 weiterhin an ihrem Antrag fest.

Mit Bescheid vom ... März 2015 lehnte das Landratsamt ... (Landratsamt) den Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ab. Es sprächen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands. Die Belange des Denkmalschutzes würden die widerstreitenden privaten und öffentlichen Belange überwiegen, die Erhaltung des Wasserreservoirs sei für die Klägerin nicht unverhältnismäßig.

Am ... März 2015 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids vom ... März 2015 die Erlaubnis für den Abbruch eines betonierten Wasserreservoirs auf dem Grundstück FlNr. 946/6 zu erteilen,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom ... März 2015 rechtsfehlerfrei über den Antrag der Klägerin auf Abbruch eines betonierten Wasserreservoirs auf dem Grundstück FlNr. 946/6 erneut unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Das Ermessen aus Art. 6 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz - DSchG) sei auf Null reduziert, jedenfalls sei die Entscheidung des Landratsamts ermessensfehlerhaft. Sie benötige dringend neue Flächen zur Lagerung der ...fertigteile. Schon die Denkmaleigenschaft des Reservoirs sei zweifelhaft, da es sich um einen reinen Funktionsbau handele. Es sei mittlerweile kaum mehr erkennbar und habe keine geschichtliche oder wissenschaftliche Relevanz. Ein Betrachter gelange nicht zu dem Reservoir, da es mitten auf ihrem Grundstück liege. Es bestehe kein funktioneller Zusammenhang zu den benachbarten Baudenkmälern, außerdem seien in den 90er Jahren mehrere Bunker im näheren Umkreis mit Genehmigung des Landratsamts entfernt worden. Sie werde erheblich in der Nutzbarkeit ihres Eigentums beschränkt, ihr gehe eine Grundstücksfläche von mindestens 4.000 m² verloren. Die Kapazitäten auf dem Betriebsgrundstück seien nahezu erschöpft. Die vom Landratsamt vorgeschlagenen Hoch- und Vertikallager würden unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Das Gericht hat am 5. April 2015 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Protokoll verwiesen.

Bezüglich der mündlichen Verhandlung wird auf die Protokolle vom 8. Dezember 2015 und vom 5. April 2015, bezüglich der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in ihrem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der Bescheid vom ... März 2015 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch des Wasserreservoirs noch auf Neuverbescheidung, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

I.

Der beantragte Abbruch des Wasserreservoirs bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG.

1. Die am ... März 1995 erteilte Genehmigung zum Abbruch des Wasserreservoirs galt nur bis zum 1. April 1999, so dass derzeit keine Genehmigung zum Abbruch vorhanden ist. Aus der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch des Reservoirs mit Bescheid vom ... April 1996 gegenüber dem damaligen Eigentümer ergibt sich keine entgegenstehende Bestandskraft betreffend den nunmehr beantragten Abbruch.

2. Bei dem Wasserreservoir handelt es sich um ein Baudenkmal i. S. d. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG. Dies ergibt sich nicht schon aus der Eintragung des Denkmals in die Denkmalliste, die nur nachrichtlich erfolgt. Das Reservoir erfüllt aber die Tatbestandsmerkmale des Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 DSchG. Es handelt sich um eine bauliche Anlage aus vergangener Zeit, die von Menschen geschaffen wurde und deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.

a) Insbesondere liegt die Erhaltung des Wasserreservoirs entgegen dem klägerischen Vortrag wegen seiner geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit. Es ist Teil eines integralen Denkmals, das die obertägigen und untertägigen Reste des ehemaligen Rüstungswerks im Bereich ... Hart und damit Bau- und Bodendenkmäler umfasst (vgl. BayVerfGH, E.v. 22.7.2008 - Vf. 11-VII-07 - juris Rn. 45 ff.). Das Reservoir gehört zu den baulichen Anlagen des Rüstungswerks im ... Hart und veranschaulicht das Terrorregime des Nationalsozialismus, die „Topographie des Terrors“ und die „Vernichtung durch Arbeit“ in einzigartiger Weise. Dabei dokumentiert es den Versuch der Nationalsozialisten, innerhalb kürzester Zeit durch Zwangsarbeiter rücksichtslos einen Rüstungsgroßbetrieb zu errichten. Das Wasserreservoir steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ehemaligen Rüstungswerk im ... Hart, von dem insbesondere die Ruine einer halbunterirdischen Flugzeugmontagehalle noch erhalten ist, die im Rahmen des Augenscheins am 5. April 2016 besichtigt wurde. Die Entfernung des Reservoirs zu dieser Ruine spricht nicht gegen die Denkmaleigenschaft des Wasserbeckens, sondern verdeutlicht die immensen Ausmaße des Rüstungswerks. Es spricht viel dafür, dass das Reservoir zur Herstellung der Flugzeugmontagehalle diente, die mit einer segmentbogig gewölbten, in Teilen erhaltenen Betonschale überspannt war. Denn aus einem digitalen Luftbild, das vom Vertreter des Landesamts für Denkmalpflege (LfD) näher erläutert wurde, ergibt sich, dass links und rechts des noch vorhandenen Weges westlich des Firmengeländes der Klägerin, der zur ehemaligen Flugzeugmontagehalle führt, zwei Lorentrassen vorhanden waren, wobei die südliche direkt am Wasserreservoir vorbeiführte. Damit liegt es nahe, dass das Wasser aus dem Reservoir zur Errichtung der Bunkeranlage verwendet wurde. Aber auch wenn es sich nicht um einen Bau zur Herstellung der Bunkeranlage, sondern um einen - wie von der Klägerin vorgetragen - „reinen Zweckbau“ im Sinne eines Löschwasserbeckens handelte, steht dieser auch als „Zweckbau“ in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bunkeranlage und verdeutlicht deren Ausmaße. Letzteres gilt gerade auch für die Dimension des Wasserreservoirs selbst, dessen Größe für sich genommen schon anschaulich die riesigen Ausmaße des ehemaligen Rüstungswerks vor Augen führt. Dass westlich der als Ruine vorhandenen Flugzeugträgerhalle in größerer Entfernung zum Wasserreservoir weitere Ruinen vorhanden sind, beseitigt entgegen dem klägerischen Vortrag nicht die Denkmaleigenschaft des Reservoirs, sondern bestätigt umso mehr die Bedeutung zur Veranschaulichung der Dimension des ehemaligen Rüstungswerks. Das Vorhandensein größerer und ggf. auch besser erhaltener Teile des integralen Denkmals ändert nichts an der Eigenschaft des Reservoirs als Baudenkmal, sondern unterstreicht nur dessen Bedeutung.

b) Dass das Reservoir sehr eingewachsen ist und die Spuren der Zeit trägt, ändert ebenfalls nichts daran, dass es sich um ein Denkmal handelt. Denn der Erhaltungszustand des Bauwerks hat grundsätzlich keinen Einfluss auf seine Denkmaleigenschaft (vgl. BayVGH, U.v. 18.10.2010 - 1 B 06.63 - juris Rn. 32 zur Beseitigung eines ehemaligen Gasthofs). Hinzu kommt, dass es sich um ein Denkmal handelt, das als Mahnmal an die vergangene NS-Zeit erinnert und dessen Wiederaufbau - anders als etwa bei einem erhaltenswerten, alten Wohnhaus - gerade keinen Sinn machen würde. Allein durch sein Vorhandensein im jetzigen Zustand ist das Wasserreservoir denkmalwürdig und dient als Mahnung an die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus. Daher ist es gerade auch in seinem derzeitigen, durch die Jahrzehnte gezeichneten und verwitterten Zustand als Denkmal erhaltenswert.

c) Dass das Reservoir nicht öffentlich zugänglich ist, ändert nichts an seiner Denkmaleigenschaft. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass sich Denkmäler auf Privatgrund befinden. Das Reservoir liegt - anders als von der Klägerin vorgetragen - am Rande des Grundstücks FlNr. 946/6 in unmittelbarer Nähe zu einem öffentlich genutzten Weg, so dass es von östlicher und südlicher Seite betrachtet werden kann. Der interessierte Besucher kann sich von dem öffentlich genutzten Weg aus einen guten Überblick über das Reservoir und dessen Zusammenhang zum gesamten Rüstungswerk verschaffen.

d) Die Denkmaleigenschaft ist auch nicht aufgrund des Abrisses mehrerer zur Gesamtanlage gehörender Bunker und des Zwangsarbeiterlagers in den 90er Jahren entfallen. Den Genehmigungen von damals kommt keine Wirkung dahingehend zu, dass, wenn schon der Abbruch der Bunkeranlagen denkmalrechtlich genehmigt wurde, erst Recht der Abbruch des Wasserreservoirs genehmigt werden müsste.

e) Dass das Wasserreservoir nicht zusammen mit der Flugzeugmontagehalle in den geplanten „Gedenkort ...“ einbezogen werden soll, ändert ebenfalls nichts an seiner Denkmaleigenschaft. Denn es ist zwischen einem Gedenkort einerseits und der Denkmaleigenschaft eines Bauwerks andererseits zu unterscheiden. Es obliegt der Entscheidung des Beklagten, welchen Bereich er tatsächlich als Gedenkort ausgestalten will. Diese Entscheidung ist von einer Vielzahl an Faktoren, insbesondere auch von der Zugänglichkeit, der tatsächlichen Verfügbarkeit und der Geeignetheit eines Denkmals als Gedenkort, abhängig. Dabei ist es keine Voraussetzung zur Bejahung der Denkmaleigenschaft, dass das Bauwerk als Gedenkort ausgewiesen ist.

II.

Es sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes i. S. d. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG gegen den Abriss des Wasserreservoirs und für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands.

Die „gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes“ stellen einen uneingeschränkt gerichtlicher Überprüfung unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff dar (BayVGH, B.v. 31 10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4 m. w. N.). Fehlen gewichtige Gründe, so ist ein Versagungsermessen nicht eröffnet, d. h. es bestünde ein Anspruch der Klägerin auf die Erteilung der Erlaubnis. Dabei sind die gewichtigen Gründe nicht dahingehend zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen müsste. Vielmehr ergibt sie sich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht (BayVGH, U.v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 70). Für den Regelfall ist daher bei Baudenkmälern davon auszugehen, dass stets ein Erhaltungsinteresse anzuerkennen ist und damit gewichtige Gründe für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes indiziert sind. Gewichtige Gründe liegen allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern nicht vor (BayVGH, B.v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 18.10.2010 - 1 B 06.63 - juris Rn. 35).

Nach diesem Maßstab sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes gegen die Beseitigung des Wasserreservoirs. Sie ergeben sich unabhängig davon, wie die Bedeutung des Baudenkmals bei der Abwägung zwischen den für und gegen einen Abbruch sprechenden Gründen zu gewichten ist, aus den oben unter I.2. dargelegten Gründen, die die Denkmaleigenschaft des Reservoirs begründen.

III.

Die Entscheidung des Beklagten, der Klägerin die Abbrucherlaubnis betreffend das Wasserreservoir zu versagen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Klägerin hat dementsprechend weder einen Anspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung noch auf Neuverbescheidung.

1. Der klägerische Antrag darf nicht alleine aus den festgestellten gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes abgelehnt werden. Vielmehr verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG eine Ermessensentscheidung. Nach Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) ist das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Zweck des Erlaubnisvorbehaltes in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist vor allem, durch eine präventive Kontrolle den Hauptzielen des Gesetzes, einer möglichst unveränderten Erhaltung (Art. 4 DSchG) und einer möglichst zweckentsprechenden Nutzung (Art. 5 DSchG) der Denkmäler gegen Maßnahmen, die diesen Zielen typischerweise zuwiderlaufen, im Rahmen des dem Denkmaleigentümer Zumutbaren Rechnung zu tragen. Die Behörde trifft mithin eine rechtsgestaltende Entscheidung, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie die widerstreitenden öffentlichen Belange und die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite ausgleichen muss. Hierfür müssen alle vom Vorhaben betroffenen Belange berücksichtigt und miteinander und gegeneinander abgewogen werden (BayVGH, U.v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 87 m. w. N.; VG München, U.v. 20.4.2015 - M 8 K 14.635 - juris Rn. 42). Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen (BayVGH, U.v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 26). Bei der Ermessensausübung ist maßgeblich die Bedeutung des Baudenkmals zu berücksichtigen sowie Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis zu setzen. Je gravierender der Eingriff aus denkmalfachlicher Sicht ist, desto größere Bedeutung kommt danach bei der Abwägung den für einen unveränderten Erhalt sprechenden gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zu, was im Einzelfall auch zur Folge haben kann, dass sich das Versagungsermessen zu einer Versagungspflicht verdichtet (VG München, U.v. 20.4.2015 - M 8 K 14.635 - juris Rn. 43).

Ferner ist Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG so auszulegen und anzuwenden, dass den aus Art. 14 Grundgesetz (GG) folgenden Anforderungen an ein Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmendes Gesetz entsprochen wird. Hierfür muss die Prüfung, ob dem Denkmaleigentümer die (unveränderte) Beibehaltung des bisherigen Zustands mit den Erhaltungs- und Nutzungspflichten gemäß Art. 4 und Art. 5 DSchG zuzumuten ist, zumindest dem Grunde nach im Erlaubnisverfahren erfolgen. Im Fall der Unzumutbarkeit muss die Erlaubnis erteilt werden. Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist nicht auf die besondere Situation des jeweiligen Eigentümers, sondern auf den „für Denkmalbelange aufgeschlossenen Eigentümer“ abzustellen (BayVGH, U.v. 18.10.2010 - 1 B 06.63 - juris Rn. 38; BVerfG, B.v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 - juris, BVerfGE 100, 226).

2. Der Beklagte hat sein Ermessen, das nach § 114 VwGO nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegt, rechtmäßig ausgeübt und unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Interessen der Klägerin und der Allgemeinheit von der Erteilung einer Abbrucherlaubnis in ermessensgerechter und damit rechtmäßiger Weise abgesehen. Die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ist auch verhältnismäßig.

a) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass keine größeren Erhaltungsmaßnahmen von der Klägerin gefordert werden und ihr damit kein größerer finanzieller Aufwand zur Erhaltung des Denkmals abverlangt wird. Die Vertreterin des LfD führte hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2016 aus, dass keine Sanierung des Reservoirs gefordert werde, dass aber Pflegemaßnahmen wie etwa das Zurückschneiden der wuchernden Vegetation in Betracht kämen. Das Baudenkmal solle in einem Zustand erhalten werden, dass es für den Betrachter erlebbar bleibe. Diese Ausführungen sind nachvollziehbar, da Sanierungsmaßnahmen unter Würdigung des geschichtlichen Hintergrunds nicht sinnvoll erscheinen. Das Wasserreservoir dient zusammen mit der gesamten Anlage als Zeuge des nationalsozialistischen Terrors und damit als Mahnmal für die Allgemeinheit.

b) Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2015 sein Ermessen dahingehend ergänzt, dass sich auch in Anbetracht der fehlenden Nutzbarkeit einer Fläche für die Klägerin von rund 3.500 m² am Abwägungsergebnis nichts ändere. Diese Abwägung ist angesichts der immensen geschichtlichen Bedeutung des Wasserreservoirs nicht zu beanstanden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass selbst bei einer Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Abbrucherlaubnis die Klägerin den Platz, auf dem sich das Wasserreservoir befindet, nicht als Lagerfläche für ihre ...fertigteile nutzen könnte. Denn das Grundstück FlNr. 946/6 befindet sich im Außenbereich, wo ein Lagerplatz nicht zulässig ist. Der aktuell gültige Bebauungsplan Nr. 1 „Sondergebiet an der K. Str. 1 für ...warenherstellung“ umfasst gerade nicht das streitgegenständliche Grundstück FlNr. 946/6. Die erste Änderung des Bebauungsplans, mit der auch das Grundstück FlNr. 946/6 überplant werden soll, ist (noch) nicht in Kraft getreten. Damit ist die Fläche, auf der sich das Wasserreservoir befindet, für die Klägerin zum Entscheidungszeitpunkt nicht als Lagerplatz für die ...fertigteile nutzbar, so dass ihr auch kein Lagerplatz „verloren“ geht; ein Inkrafttreten der Bebauungsplanänderung ist nicht absehbar. Daher ist die Klägerin aufgrund der Ablehnung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nicht unzumutbar in ihrem Eigentum beeinträchtigt, ohne dass es darauf ankommt, ob sie auf die vom Beklagten vorgeschlagenen Hoch- und Vertikallager verwiesen werden kann.

c) Aber auch unabhängig von der baurechtlichen Zulässigkeit des Lagerplatzes ist die Versagung der Erlaubnis unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG nicht unverhältnismäßig. Die Gesamtfläche des Grundstücks FlNr. 946/6 beträgt knapp 11.000 m², die gesamte Fläche des Betriebs der Klägerin inklusive des Grundstücks FlNr. 946/6 beträgt etwa 53.000 m². Selbst wenn der Lagerung von ...fertigteilen auf dem Grundstück FlNr. 946/6 baurechtlich nichts entgegenstünde, ist die der Klägerin aufgrund des Denkmals nicht als Lagerfläche zur Verfügung stehende Fläche mit etwa 2.900 m² im Verhältnis dazu relativ gering, so dass es nicht unverhältnismäßig erscheint, den Bereich des Denkmals als Lagerfläche auszunehmen. Bei den etwa 2.900 m² ist nicht nur das Wasserreservoir selbst mit seinen etwa 1.700 m², sondern die gesamte Fläche ab dem Reservoir bis hin zur Grundstücksgrenze berücksichtigt. Im Übrigen würde auch dann die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein, wenn die nicht als Lager zur Verfügung stehende Fläche - wie von der Klägerin vorgetragen - mindestens 4.000 m² betragen würde. Denn von Art. 14 GG ist nicht stets die wirtschaftlichste Verwendung des Privateigentums geschützt. Auch wenn das Reservoir auf dem Grundstück der Klägerin bestehen bleibt, kann sie - sofern die baurechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen - ihr Grundstück FlNr. 946/6 als Lagerfläche benutzten. Allein der Bereich, auf dem das Denkmal steht, ist hiervon ausgenommen.

d) Berücksichtigt man gegenüber den Interessen der Klägerin die erhebliche geschichtliche Bedeutung des Denkmals, folgt hieraus keine Unverhältnismäßigkeit der Erhaltung des Wasserreservoirs. Es ist Zeitzeuge des Terrorregimes zu NS-Zeiten und dient als mahnende Erinnerung an diese Zeit (vgl. auch oben unter I.2.). Es verdeutlicht das Ausmaß des ehemaligen Rüstungswerks und damit auch der „Topographie des Terrors“. Würde es abgerissen, würde ein wichtiger Teil der erhaltenswerten, da einzigartigen - aus heutiger Sicht erschreckenden - Bunkeranlage fehlen. Fotos zur Dokumentation des Reservoirs können die Substanz der baulichen Anlage nicht ersetzten und sind im Hinblick auf die Erlebbarkeit des Denkmals nicht mit dessen Vorhandensein vergleichbar. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Ausmaße des Reservoirs selbst, von dem sich das Gericht im Rahmen des Augenscheins am 5. April 2016 überzeugen konnte. Schon das Reservoir für sich genommen ist von eindrucksvollem Ausmaß. Hinzu kommt, dass es Teil eines integralen Denkmals ist (vgl. BayVerfGH, E.v. 22.7.2008 - Vf. 11-VII-07 - juris Rn. 45 ff.). Dass das Reservoir von einer bewachsenen Böschung umgeben und für den Betrachter nur schlecht einsehbar ist, ändert hieran nichts. Viele Denkmäler befinden sich auf Privatgrund. Das Reservoir befindet sich entgegen dem klägerischen Vortrag nicht mitten auf ihrem Grundstück, sondern am Rande des Grundstücks FlNr. 946/6 zu einem öffentlich genutzten Weg, so dass es von östlicher und südlicher Seite jedenfalls betrachtet werden kann. Hinzu kommt, dass der interessierte Besucher gerade durch einen Fußmarsch von der Ruine der Flugzeughalle zum Wasserreservoir die Größenausmaße der ehemaligen Bunkeranlage nachvollziehen kann.

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Apr. 2015 - M 8 K 14.635

bei uns veröffentlicht am 20.04.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München M 8 K 14.635 Im Namen des Volkes Urteil vom 20. April 2015 8. Kammer Sachgebiets-Nr. 940 Hauptpunkte: denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung;

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 8 K 14.635

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 20. April 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 940

Hauptpunkte:

denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung; Denkmalensemble; gewichtige Gründe des Denkmalschutzes

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... - Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Landeshauptstadt München Lokalbaukommission, Untere Naturschutzbehörde

vertreten durch den Oberbürgermeister PLAN HA IV, Blumenstr. 19, 80331 München

- Beklagte -

wegen Erlaubnis DSchG ...str. ...

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2015

am 20. April 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger sind Miteigentümer des Anwesens ...str. ..., Fl.Nr. 1014/12 der Gemarkung ... und beantragten am ... September 2013 bei der Beklagten die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) zum Abbruch des im Jahr 1921 errichteten zweigeschossigen Wohnhauses mit einer Grundfläche von 8,00 x 7,50 m und einer Wohnfläche von ca. 75 m². Das Grundstück hat eine Größe von ca. 950 m² und befindet sich im Umgriff des Ensembles „Villenkolonie ... II“, das in der Denkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (LfD) unter Nr. ... wie folgt beschrieben ist: „Die Villenkolonie ... II stellt ein städtebaulich und architektonisch charakteristisches Beispiel des mittelständischen Einfamilienhausbaus der Jahrhundertwende dar. Das Ensemble umfasst ein Gebiet westlich des ... Bahnhofes. Entlang der Bahnlinie ... sind fünf kurze, parallel zueinander liegende und von Westen nach Osten verlaufende Straßenzüge zwischen der ...straße und der ... ... eingespannt. Im Norden wird die Kolonie durch die ...straße begrenzt und im Osten weist die vereinzelte Bebauung entlang der ... ... auf die ehemals weitaus umfangreichere Planung hin.

Die Planung von ... ... für die Villenkolonie II entstand 1897 fast parallel mit der ... Villenkolonie ... I, denn fünf Jahre nach der ersten Gründung ließ das dortig parzellierte Bauland keine Erweiterungen mehr zu (vgl. Ensemble Villenkolonie ... I). Die große Nachfrage rechtfertigte daher zeitnah eine zweite Villenkolonie, die ursprünglich ein fünfmal so großes Gebiet mit etwa 650 Häusern für etwa 4000 Einwohner beinhalteten sollte, zu gründen. 1899 gab ... die Verantwortung ab und die Terraingesellschaft ... übernahm den Ausbau, der bis 1914 mit ungefähr 150 Bauten vorangeschritten war. Nach der zeitlichen Zäsur des Ersten Weltkrieges wurde, vor allem im äußersten Nordwesten, die Bebauung der Villenkolonie bis in die Mitte der 1930er Jahre weiter aufgefüllt.

Die Struktur und Bebauung der Villenkolonie II sind den gleichen Entstehungsfaktoren und dem gleichen Konzept verpflichtet, wie sie für die erste Villenkolonie ausschlaggebend waren: der Eisenbahn als konstitutivem Moment, dem Mittelstand Münchens als Zielgruppe und dem Gedanken, den Interessenkonflikt zwischen Arbeitsplatz in der Stadt und Bedürfnis nach Leben auf dem Lande mittels des schnell erreichbaren Einfamilienhauses im Grünen auszugleichen. Auch hier bestimmt das frei im Garten mit Obstbäumen stehende Einfamilienhaus den Charakter des Quartiers. Mit Bäumen bepflanzt sind grundsätzlich alle Straßen, die kurzen und relativ schmalen Querstraßen sind dabei meist mit Obstbäumen gesäumt, wodurch der dörfliche Eindruck im Vergleich zur Villenkolonie I noch gesteigert ist. Als städtebaulicher Auftakt im Südosten wurde dem Quartier die neubarocke ...kirche von ... ... vorgelagert. Die Bebauung zeigt meist zweigeschossige Einfamilienhäuser in einer Mischung von Landhaus und Villa in einer typologisch größeren Vielfalt als in der Villenkolonie ... I. Für die neue Kolonie waren von Anfang an Wasserleitung, Schwemmkanalisation und elektrische Beleuchtung vorgesehen.

Innerhalb des Ensembles Villenkolonie ... ... entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg Neubauten, die aufgrund ihrer Größe und Kubatur oder in der Lage in zweiter Reihe eine erhebliche Beeinträchtigung für das Ensemble darstellen.“

In einer E-Mail des LfD an die untere Denkmalschutzbehörde vom ... August 2013 wird mitgeteilt, dass am ... Juli 2013 u. a. gemeinsam mit dem damaligen Eigentümer eine Ortseinsicht erfolgt ist. Danach entstand der eingeschossige Satteldachbau mit Eingangsvorbau und Verbretterung am oberen Giebel 1923 nach Plänen von ... ... Das Innere sei später im Grundriss verändert und mit zahlreichen Ausbauelementen erneuert worden. Weder die Reste der bauzeitlichen Ausbauelemente noch die späteren Veränderungen ließen im Inneren eine besondere Gestaltung erkennen. Das Gebäude erfülle nicht die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 und 2 DSchG als Baudenkmal. Der im heimatstiligen Formen gestaltete Bau gehöre mit seiner Entstehungszeit zu einer das Ensemble mitbestimmenden Bauphase und sei in seiner Außengestaltung den Vorgaben der Villenkolonie ... II eingepasst. Das Gebäude bilde daher für das Ensemble einen zusätzlichen Denkmalwert (bauliche Anlage mit besonderem Aussagewert).

In einer am ... Oktober 2013 nachgereichten Begründung ihres Antrages machten die Kläger geltend, dass sich das streitgegenständliche Anwesen in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand befinde. Es entspreche weder den aktuellen energetischen Anforderungen noch den erforderlichen Standards zeitgemäßen Wohnens. Ein Erhalt des Hauses sei nur mit einem sehr hohen Sanierungsaufwand zu erreichen, der unter anderem die Trockenlegung des Kellers, eine Instandsetzung und Dämmung des Daches, neue Heiz- und Installationstechnik, neue Bäder, neue Fenster, eine Instandsetzung der Fassade, eine Sanierung aller Flächen im Innenbereich sowie eine Anpassung der Grundrisse umfassen würde. Eine Modernisierung und Renovierung des Wohnhauses mit dem Ziel einer modernen Wohnsituation sei nur unter erheblichem Kostenaufwand möglich. Wegen der geringen Gesamtwohnfläche von etwa 75 m² eigene sich das Anwesen lediglich für die Wohnzwecke von 3 Personen. Eine bauliche Erweiterung nach Norden stelle für die Kläger keine Lösung dar. Es werde einem Neubau nach Abriss des streitgegenständlichen Anwesens daher der Vorrang gegeben.

Mit Schriftsatz vom ... Februar 2014, der am 17. Februar 2014 bei Gericht eingegangen ist, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage, mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz zu erteilen.

Mit Bescheid vom ... Februar 2014 versagte die Beklagte als Untere Denkmalschutzbehörde die Erlaubnis zum Abbruch des Anwesens. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das streitgegenständliche Anwesen befinde sich im Ensemble „Villenkolonie ... ...“ und daher bedürfe der Abbruch des Hauses einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG. Eine solche könne nicht erteilt werden, da gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprächen. Das streitgegenständliche Anwesen befände sich in einem Gebiet, das als Ensemble in die Denkmalliste eingetragen sei. Die Eintragung sei erfolgt, da die Villenkolonie ein städtebaulich und architektonisch charakteristisches Beispiel des mittelständischen Einfamilienhausbaus der Jahrhundertwende darstelle. Charakteristisch für dieses Viertel seien vor allem die Kubatur der einzelnen Anwesen und die verhältnismäßig großbemessenen Gartengrundstücke um die Anwesen herum. Ein Abriss des streitgegenständlichen Gebäudes sei geeignet, dem Ensemble insgesamt großen Schaden zuzufügen, weshalb gewichtige denkmalschutzrechtliche Gründe gegen einen Abriss stünden und daher eine Erlaubnis zum Abbruch versagt werden müsse. Dieser Einschätzung stünden auch nicht im Wege der Abwägung zu berücksichtigende Interessen der Klägerin sowie öffentliche Interessen entgegen. Hierbei wurde von der Beklagten ausdrücklich auf die Möglichkeit eines ensembleverträglichen Anbaus an das bestehende Haus und darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit der Sanierung auch mit in der Vergangenheit unterlassener Instandhaltung zu erklären sei. Auch eine im aktuellen öffentlichen Interesse stehende Schaffung von Wohnraum stünde einer denkmalschutzrechtlichen Beibehaltung des Zustandes nicht entgegen.

Mit Schriftsatz vom ... März 2014, beim Verwaltungsgericht München am 12. März 2014 eingegangen, beantragen die Bevollmächtigten der Klägerin nunmehr:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom ... Februar 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, die beantragte Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz für den Abbruch des Anwesens ...str. ... in München zu erteilen.

Zur Begründung wird im Schriftsatz vom ... April 2014 im Wesentlichen ausgeführt, einem Abbruch des streitgegenständlichen Anwesens stünden keine gewichtigen denkmalschutzrechtlichen Gründe entgegen. Unter Verweis auf die große Anzahl neuerer, nicht der ursprünglichen Bebauung der Gegend entsprechender, erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstandener Bauwerke, wurde insgesamt die denkmalschutzrechtliche Qualifizierung der „Villenkolonie ... II“ bzw. jedenfalls der Teil um das streitgegenständliche Anwesen als schützenswertes Ensemble in Frage gestellt. Selbst wenn die Ensemblequalität insgesamt bejaht würde, würde im Hinblick auf die Tatsache, dass im Wesentlichen die Gartenfreiflächen ensembleprägend sein sollten, ein Abbruch des Anwesens allein nicht in das Ensemble eingreifen.

Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2014 vertieften die Bevollmächtigten der Klägerin ihre Ausführungen und zogen insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der denkmalschutzrechtlichen Regelungen, auf deren Grundlage die Versagung der Erlaubnis ergangen war, grundsätzlich in Frage. Während für einzelne Baudenkmäler in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG die Voraussetzungen, unter denen eine Erlaubnis zur Veränderung oder Beseitigung erteilt werden könne, genannt seien, fehle eine solche Regelung für die Erlaubniserteilung zur Veränderung von Ensembles. Dieses Fehlen begründe einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot sowie das Rechtsinstitut des Vorbehalts des Gesetzes und begründe damit die Verfassungswidrigkeit einer Versagung der Erlaubnis zum Abbruch eines Gebäudes im Denkmalensemble, das selbst kein Baudenkmal sei.

Mit Schreiben vom ... Februar 2015 ist die Beklagte der Klage entgegengetreten und beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der beantragte Abriss stelle eine Veränderung des Ensembles dar und könne sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG auswirken. Die Erlaubnis sei zu versagen, da nach Art. 6 Abs. 2 DSchG gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprächen.

Es bestehe keine Regelungslücke, da Art. 1 Abs. 3 DSchG das Ensemble einem Baudenkmal gleichsetze, weshalb der Genehmigungsmaßstab des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG gelte.

Das Ensemble sei vom Landesamt für Denkmalpflege 2013 überprüft und im bisherigen Umfang bestätigt worden. Sein Umgriff ergebe sich aus der ursprünglichen Planung ... ... und sei tatsächlich immer noch klar ablesbar. Die Begrenzung durch die Bahnanlagen einerseits und der Übergang zur freien Landschaft mit nur geringen Anknüpfungspunkten an die übrige ... Bebauung andererseits, führten dazu, dass die Villenkolonie ... II immer noch als einheitliche, vom übrigen Stadtgebiet abgesetzte Siedlung wahrgenommen werde. Die einheitliche Struktur setze sich im Inneren bei der Anordnung der Straßen ebenso wie in der gleichmäßigen Verteilung des Gebäudebestandes innerhalb großer Obstgärten fort, wobei die Bedeutung der Gebäude in der sie umgebenden Freiflächen als gleichwertige Elemente nebeneinander stünden. Die neueren Gebäude trügen überwiegend der Ensemblestruktur Rechnung und könnten insgesamt nicht das Ensemble in Frage stellen. Den noch vorhandenen bauzeitlichen Gebäuden komme aufgrund ihrer historischen Bausubstanz besondere Bedeutung zu.

Es sei keine Reduzierung auf überschaubare Bereiche, die von Einzelbaudenkmälern geprägt seien, erforderlich. Geschützt sei ein von seiner äußeren Gestaltung her erhaltenswerter Bereich, was sich nicht nur auf Einzelbaudenkmäler oder den von ihnen geprägten Bereich beziehe. Auch neue Gebäude nähmen am Ensembleschutz teil, wobei sich der Schutz auf das Äußere, die Bewahrung einer bestimmten städtebaulichen Struktur und eines besonderen Charakters dieses Bereiches beziehe. Voraussetzung eines schützenswerten Ensembles sei nicht der lückenlose Erhalt aller bauzeitlichen Gebäude, solange die schützenswerte Struktur, das Ortsbild noch ohne Weiteres ablesbar sei.

Auch könne keine beliebige Ersetzung der bauzeitlichen Gebäude durch Neubauten unter Einhaltung der alten Kubatur erfolgen, da dann der Ensembleschutz eine „leere Hülle“ wäre. Entscheidend sei der Erhalt der historischen Substanz; Sinn und Zweck des Denkmalschutzes sei der Erhalt der historischen Gebäude und nicht nur bestimmte Ortsbildpflege (BayVGH, U.v. 03.08.2000 - 2 B 97.1119; U.v. 03.08.2008 - 2 BV 07.760). Im Übrigen sei nur der Abriss, nicht aber ein möglicher Ersatzbau Streitgegenstand.

Ein Abriss stelle den massivsten Eingriff dar. Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Ensembles seien wegen der einheitlichen Anordnung der Straßen sowie der ihnen zugeordneten Gebäude inmitten großer Gärten zu bejahen.

Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes sprächen für die unveränderte Beibehaltung, da der einheitliche Charakter der Villenkolonie als eigenständige Siedlung trotz vorhandener Neubauten klar ablesbar sei. Der beantragte Abriss am Randbereich des Ensembles würde zu einer empfindlichen Schwächung des Ensembles sowohl durch den Verlust bauzeitlicher und damit besonders ensembleprägender Bausubstanz als auch durch das Fehlen eines Gebäudes in der einheitlichen Straßenstruktur führen. Da das Ensemble insgesamt noch intakt sei, könne aus dem Vorhandensein neuerer Gebäude kein Abbruchanspruch abgeleitet werden.

Mit Schriftsätzen vom ... März 2015 sowie vom ... April 2015 haben die Bevollmächtigten der Klägerin ihre bisherige Klagebegründung weiter vertieft und insbesondere vorgetragen, aufgrund der Änderung des Art. 6 Abs. 1 DSchG durch das Gesetz vom 24. Juli 2003 hätten sich mit der Anfügung eines eigenständigen Satz 3 zum Ensembleschutz sämtliche Entscheidungen zum Ensembleschutz vor diesem Zeitpunkt überholt. Entscheidend sei für die Erlaubnispflicht bei Ensembles die Auswirkung auf das Erscheinungsbild des Ensembles (VG Ansbach, U.v. 23.11.2010 - AN 9 K 10.2049; BayVGH, B.v. 29.07.2013 - 14 ZB 11.398). Auch vorliegend fehle es an einem im Wesentlichen einheitlichen, historischen Straßenbild.

Zudem fehle es an einer Normierung der Voraussetzungen für die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis bei einer Veränderung im Ensemble. Zwar sei 2003 die Erlaubnispflicht in Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG eigenständig geregelt worden; der Gesetzgeber habe aber übersehen und unterlassen, die Voraussetzungen hierfür zu regeln.

Das Gericht hat am 20. April 2015 Beweis durch Einnahme eines Augenscheines auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheines wird auf das Protokoll verwiesen. In der mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 stellten die Beteiligen ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtakte sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Verpflichtungsklage ist in der Sache nicht begründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom ... Februar 2014 verletzt die Kläger nicht in deren Rechten, da die Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis für einen Abriss des Wohnhauses ...str. ... haben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Der beantragte Abbruch des Anwesens ...str. ... bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Denkmalschutzgesetz (DSchG). Zwar erfüllt das Anwesen nicht die Voraussetzungen, die es selbst zu einem Baudenkmal im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG qualifizieren würden. Jedoch liegt das Anwesen im Bereich des Ensembles „Villenkolonie ... II“, was zur Genehmigungspflicht - auch von baulichen Anlagen - führt, die selbst nicht die erforderliche Denkmalqualität aufweisen. Gemäß Art. 1 Abs. 3 DSchG kann zu den Baudenkmälern auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 DSchG erfüllt, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltenswürdig ist. Im Hinblick auf die Gleichsetzung von Ensembles mit Baudenkmälern in Art. 1 Abs. 3 DSchG unterfallen im Ensemble befindliche bauliche Anlagen, die selbst kein Baudenkmal im Sinne des Art. 1 Abs. 2 DSchG sind, der Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG. Danach bedarf der Erlaubnis, wer Baudenkmäler beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen will.

Der Erlaubnispflicht des beantragten Abrisses stehen weder die von der Klägerseite geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des Art. 6 DSchG noch ein Fehlen der Ensemblequalität der Umgebung des streitgegenständlichen Grundstückes entgegen.

1.1 Entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin stellt insoweit Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG - der 2003 in das Denkmalschutzgesetz eingefügt wurde - nicht die eigentliche, die Erlaubnispflicht der Veränderung begründende Rechtsnorm dar; vielmehr ergibt sich diese aus Art. 1 Abs. 3 DSchG und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG.

Durch das Gesetz zur Änderung denkmalrechtlicher Vorschriften vom 24. Juli 2003 (GVBl S. 475) wurde mit Wirkung vom 1. August 2003 dem Art. 6 Abs. 1 DSchG folgender - auch heute noch gültige - Satz 3 angefügt: „Wer ein Ensemble verändern will, bedarf der Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann.“

Im Gegensatz zur Ansicht der Bevollmächtigten der Klägerin wurde damit aber nicht eine eigenständige und neue Genehmigungspflicht für Veränderungen in Ensembles eingeführt; vielmehr diente diese Regelung der Verwaltungsvereinfachung und sollte insbesondere für Nicht-Baudenkmäler in Ensembles die bis dahin grundsätzlich auch bei baulichen Änderungen im Inneren dieser Gebäude bestehende Genehmigungsbedürftigkeit entfallen lassen. Im Übrigen blieb durch diese Verwaltungsvereinfachung die Genehmigungsbedürftigkeit im Ensemble unverändert und galt bzw. gilt der Genehmigungsmaßstab des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG. In der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung denkmalrechtlicher Vorschriften wird ausgeführt, dass nach der bisherigen Rechtslage eine Erlaubnis nach Art. 6 DSchG auch dann erforderlich ist, wenn Maßnahmen im Inneren eines Bauwerkes durchgeführt werden sollen, das zwar Teil eines Ensembles, nicht aber für sich genommen ein Baudenkmal ist (LT-Drs. 14/12042 S. 4).

Weiter wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass durch den neuen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG gewährleistet werden soll, dass Maßnahmen an Nicht-Denkmälern im Ensemblebereich künftig nur mehr erlaubnispflichtig sind, wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken können. Für Maßnahmen im Inneren von Nicht-Denkmälern entfällt mithin künftig die Erlaubnispflicht, wodurch ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung geleistet werden soll. Damit kann der Gesetzesgenese entnommen werden, dass mit Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG eine Einschränkung des Genehmigungstatbestandes im Sinne einer Erleichterung für Nicht-Baudenkmäler geregelt worden ist. Auch dem Wortlaut der Bestimmung „Wer ein Ensemble verändern will, bedarf der Erlaubnis nur“ belegt, dass es sich hierbei nicht um eine konstitutive oder auch nur andersartige Regelung der Erlaubnispflicht im Ensemble handelt, sondern um eine bloße Einschränkung im Interesse der Eigentümer von Nicht-Denkmälern im Ensemble. Im Hinblick darauf greifen die von der Klägerseite aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht durch. Im Übrigen führten diese bei ihrem Vorliegen nicht dazu, dass aufgrund der Verfassungswidrigkeit die begehrte Abrisserlaubnis zu erteilen wäre. Vielmehr hätte das Gericht, wenn es die Ansicht der Klägerseite teilte und Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG für verfassungswidrig hielte, nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

1.2 Das streitgegenständliche Anwesen ...str. ... gehört zum Ensemble „Villenkolonie ... II“, die eine Mehrheit von baulichen Anlagen im Sinne eines Ensembles gemäß Art. 1 Abs. 3 DSchG bildet. Das Ensemble ist in die Denkmalliste gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG nachrichtlich eingetragen. Die Ensemblequalität des Gebietes wurde im Rahmen einer Revision und Nachqualifizierung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege im Jahr 2013 bestätigt. Auch aufgrund der der Inaugenscheinnahme des Anwesens sowie der näheren Umgebung haben sich keine durchgreifenden Gründe ergeben, die die Einstufung des Gebietes als Ensemble durchgreifend in Frage stellen. Die „Villenkolonie ... II“ entstand um die Jahrhundertwende auf der Grundlage der Planungen von ... ... anlässlich des Neubaus der Eisenbahnstrecke zwischen ... und ..., um Wohnraum für Familien in Form von Einfamilienhäusern zu schaffen und damit den Wunsch nach einer Kombination von ländlicher Wohnqualität mit schneller Anbindung an den Arbeitsplatz in München zu erfüllen. Charakteristisch für diese Zwecke sind insbesondere die großen Gartenflächen sowie die Kubaturen der einzelnen Gebäude. An der hieraus folgenden Ensembleeigenschaft haben nach Überzeugung des Gerichts auch die neueren Bauten - welche in Kubatur und Größe nicht mehr den ursprünglichen architektonischen Vorgaben entsprechen und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gebaut wurden (etwa ...str. ... und ..., ...str. ... und ...) nichts geändert. Dem Gebiet kommt trotz der teilweise erheblichen Beeinträchtigungen ein nach wie vor erhaltenswertes Ortsbild im Sinne des Art. 1 Abs. 3 DSchG zu, so dass es Baudenkmälern gleichzustellen ist. In seinem Eintrag in die Denkmalliste konstatiert auch das LfD, dass innerhalb des Ensembles nach dem Zweiten Weltkrieg Neubauten entstanden sind, die aufgrund ihrer Größe und Kubatur oder ihrer Lage in zweiter Reihe eine erhebliche Beeinträchtigung für das Ensemble darstellen. Diese Beeinträchtigungen sind jedoch nach Überzeugung des Gerichts nicht derart schwerwiegend, als dass damit die grundsätzliche Schutzwürdigkeit des Ensembles in Frage gestellt wäre.

2. Der beantragte Abbruch des Anwesens ...str. ... würde sich auch auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken. Der Abbruch des Anwesens ...str. ... sowie ein möglicher, später nachfolgender, größer bemessener Neubau auf dem Grundstück, würde die Eigenschaften des Ensembles gefährden, da dadurch nicht nur das Haus und die typische Kubatur verschwinden würde, sondern auch das für das Ensemble charakteristische Verhältnis von relativ großem Gartengrundstück und relativ kleinem Bauwerk verändert würde. Da sich der für die Siedlung typische Charakter gerade aus dem Zusammenwirken von relativ kleiner Bebauung und verhältnismäßig großen umliegenden Gartengrundstücken ergibt, würde ein Abriss des Hauses gerade nicht das Charakteristikum eines großen Gartens stärken, sondern vielmehr dieses wegen des Fehlens des entsprechenden Wohnhauses beeinträchtigen.

Der Umstand, dass in der Nachbarschaft bereits neuere, nicht mehr der ursprünglichen Bauweise entsprechende Bauwerke entstanden sind, rechtfertigt keine andere Bewertung, sondern unterstreicht vielmehr die Bedeutung des streitgegenständlichen Anwesens für die zukünftige Erhaltung des Ensembles und den Schutz vor weiterer Auszehrung des historischen Charakters.

Dabei wird nicht übersehen, dass ein möglicher Neubau vorliegend nicht vom Klagebegehren umfasst (§ 88 VwGO) und daher nicht streitgegenständlich ist. Gerade die vollständige Beseitigung einer Wohnhausbebauung würde allerdings die Gefahr mit sich bringen, dass das Grundstück auf Dauer unbebaut bleibt und insoweit für das Straßen- und Ortsbild und damit für das Ensemble auf Dauer eine erhebliche Beeinträchtigung entsteht. Wenn auch die Gefahr für das Unterbleiben eines Neubaus nach einem Abriss nach allgemeiner Lebenserfahrung aufgrund der Grundstückspreise faktisch äußerst gering sein mag, so besteht doch gleichwohl weder denkmalschutz- noch baurechtlich eine praktikable Möglichkeit, den Eigentümer zu einer ensemblegerechten Neu-Bebauung anzuhalten (vgl. BayVGH, U.v. 03.01.2008 - 2 BV 07.760 - juris Rn. 21).

3. Den Klägern steht kein Anspruch auf Erteilung der erforderlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG zu, da gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen bzw. dem Abriss des Wohnhauses ...str. ... als Bestandteil des denkmalgeschützten Ensembles „Villenkolonie ... II“ gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegen stehen, die für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen.

Die „gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes“ stellen einen uneingeschränkt gerichtlicher Überprüfung unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff dar (vgl. BayVGH, B.v. 08.05.1989 - 14 B 88.02426, BayVBl 1990, 208) und sind für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit eines Vorhabens in zweierlei Hinsicht von Bedeutung:

Bei dem Fehlen gewichtiger Gründe ist ein Versagungsermessen nicht eröffnet, besteht also auf Seiten des Antragstellers ein Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis. Die gewichtigen Gründe sind nach der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht dahingehend zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen müsste; vielmehr ergibt sie sich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht (BayVGH, U.v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 70). Für den Regelfall ist daher bei Baudenkmälern davon auszugehen, dass stets ein Erhaltungsinteresse anzu-erkennen ist und damit gewichtige Gründe für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes indiziert sind (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4; Eberl/Martin/Greipl, BayDSchG, 6. Aufl. 2007, Art. 6 Rn. 56).

Im Hinblick auf die Gleichstellung von Ensembles mit Baudenkmälern gilt für eine Veränderung einer baulichen Anlage, die selbst kein Baudenkmal darstellt, jedoch im Ensemble gelegen ist, nichts anderes. Ziel des Denkmalschutzes ist es, die Baukultur der Vergangenheit, das heißt die geschichtlichen Zeugnisse im Original zu erhalten. Denkmalpflege und Denkmalschutz zielen darauf, historische Zusammenhänge in Gestalt einer baulichen Anlage oder einer Mehrheit baulicher Anlagen in der Gegenwart zu veranschaulichen (BVerwG, U.v. 18.5.2001 - 4 CN 4/00, BVerwGE 114, 247 - juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - juris Rn. 18). Da das Denkmalschutzgesetz kein Gesetz zur ausschließlichen Ortsbildpflege, sondern zur Erhaltung der historischen Bausubstanz ist, gilt nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass Ensembles den gleichen Schutz wie Einzelbaudenkmäler genießen und ensembleprägende Bestandteile - auch wenn sie keine Baudenkmäler sind - grundsätzlich erhalten werden sollen (BayVGH, U.v. 03.01.2008 - a. a. O.). Danach ist der Schutzanspruch eines Ensembles nicht geringer als der für Einzelbaudenkmäler, auch wenn er stärker und vorrangig auf das Erscheinungsbild zielt, das die Bedeutung vermittelt und in seiner Anschaulichkeit zu bewahren ist (BayVGH, U.v. 03.01.2008 - a. a. O. m. w. N.).

4. Alleine die Feststellung, dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, rechtfertigt für sich allerdings nicht die Ablehnung des Antrages. Vielmehr verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG gerade für diesen Fall eine Ermessensentscheidung. Nach Art. 40 BayVwVfG ist das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Zweck des Erlaubnisvorbehaltes in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist vor allem, durch eine präventive Kontrolle den Hauptzielen des Gesetzes einer möglichst unveränderten Erhaltung (Art. 4 DSchG) und einer möglichst zweckentsprechenden Nutzung (Art. 5 DSchG) der Denkmäler gegen Maßnahmen, die diesen Zielen typischerweise zuwiderlaufen, im Rahmen des dem Denkmaleigentümer Zumutbaren Rechnung zu tragen. Die Behörde trifft mithin eine rechtsgestaltende Entscheidung, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie die widerstreitenden öffentlichen Belange und die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite ausgleichen muss. Hierfür müssen alle vom Vorhaben betroffenen Belange berücksichtigt und miteinander und gegeneinander abgewogen werden (BayVGH, U.v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 87).

Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen (BayVGH, U.v. 11.01.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 26). Bei der Ermessensausübung ist maßgeblich die Bedeutung des Baudenkmals bzw. des Ensembles zu berücksichtigen sowie Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis zu setzen. Je gravierender der Eingriff aus denkmalfachlicher Sicht ist, desto größere Bedeutung kommt danach bei der Abwägung den für einen unveränderten Erhalt sprechenden gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zu, was im Einzelfall auch zur Folge haben kann, dass sich das Versagungsermessen zu einer Versagungspflicht verdichtet.

Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen - soweit es gerichtlicher Überprüfung nach § 114 VwGO unterliegt - rechtmäßig ausgeübt und unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Interessen der Kläger sowie der Allgemeinheit von einer Erteilung einer Erlaubnis in ermessensgerechter und damit rechtmäßiger Weise abgesehen. So hat sie bei ihrer Entscheidung zutreffend berücksichtigt, dass bei einer Umgestaltung des Gebäudes im Inneren - da es sich um kein Einzelbaudenkmal handelt - gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG keine denkmalschutzrechtlichen Beschränkungen bestehen. Auch hat sie zutreffend berücksichtigt, dass aus denkmalfachlicher Sicht ein Anbau an der nördlichen, gartenseitigen Seite des Anwesens unter Beachtung der schon bestehenden Kubatur eine Vergrößerung und Modernisierung des Hauses möglich ist. Schließlich wurde auch der aktuelle technische Bauzustand des Anwesens in der Abwägung berücksichtigt. Ebenso das öffentliche Interesse an der Schaffung von Wohnraum.

Hinsichtlich der Gewichtung der Eigentümerinteressen war dabei von der Sicht eines dem Denkmalschutz aufgeschlossenen Eigentümers auszugehen (vgl. BVerfG, U.v. 02.03.1999 - 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 - juris Rn. 85; BayVGH, U.v. 11.01.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 28).

Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass das noch bewohnte klägerische Wohnhaus nicht erhaltungs- und sanierungsfähig wäre, sind nicht ersichtlich. Eine unverhältnismäßige Belastung der Kläger ist mit Rücksicht auf den Umstand zu verneinen, dass die bisherige Nutzung des Gebäudes als Wohnhaus auch weiterhin ohne weiteres möglich ist. Angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzes, dem in Bayern aufgrund der Staatszielbestimmung des Art. 141 Abs. 2 BV Verfassungsrang zukommt, und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird, da Art. 14 Abs. 1 GG nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt (BVerfG, B.v. 3.2.1999 a. a. O. - juris Rn. 84). Rechtlich nicht zu beanstanden ist deshalb der Schluss der Beklagten, dass die gewichtigen Belange des Denkmalschutzes die wirtschaftlichen Interessen des Klägers bei weitem überwiegen.

Andererseits würde eine Beseitigung des Anwesens ...str. ... zu einem Verschwinden eines der noch wenigen aus der ersten Bebauungsphase stammen und damit der originären Planung ... entsprechen Bauwerke der Villenkolonie führen. Damit würde die Ensemblequalität der Villenkolonie eine weitere Beeinträchtigung erfahren, die aufgrund der bereits vorhandenen Nachkriegsbebauung eine erhebliche Vorbelastung erfahren hat.

Das Ermessen der Beklagten war auch nicht durch die offenbar in jüngerer Zeit erfolgten Baugenehmigungen im näheren Umfeld des streitgegenständlichen Anwesens aufgrund einer damit bewirkten Selbstbindung eingeschränkt. Hiergegen spricht, dass es sich bei den neueren Bauvorhaben eben nicht nur - wie vorliegend beantragt - um einen bloßen Abriss gehandelt hat, so dass unter diesem Gesichtspunkt die Sachverhalte schon nicht vergleichbar sind.

Etwas anderes könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die Kläger einen entsprechenden Bauantrag für ein denkmal- bzw. ensemblegerechtes Bauvorhaben - sofern aus denkmalfachlicher Sicht ein solches möglich sein sollte - einreichen, bei dem dann gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V. mit Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zwingend auch über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit zu entscheiden wäre. Inwieweit in einem derartigen Verfahren dann eine Berufung auf entsprechende Vorbilder unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie der Selbstbindung der Verwaltung möglich wäre, kann vorliegend dahinstehen. Grundsätzlich ist eine derartige Berufung auf Vorbilder im Denkmalschutzrecht nur eingeschränkt möglich, da es auf die jeweiligen Einzelumstände des individuellen Baudenkmales ankommt, weshalb eine Berufung auf Vorbilder bzw. eine Selbstbindung der Verwaltung im Denkmalschutzrecht allenfalls eingeschränkt möglich erscheint. Ob im Ensemble - einer Mehrheit von baulichen Anlagen - insoweit eine andere Beurteilung möglich ist, kann vorliegend dahinstehen, da ein möglicher Neubau vorliegend nicht vom Klagebegehren umfasst (§ 88 VwGO) und daher nicht streitgegenständlich ist.

Da den Klägern kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für den Abbruch des streitgegenständlichen Anwesens zusteht und ihre Versagung damit rechtmäßig war, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.