Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Juli 2014 - 6b K 13.3903
Gericht
Principles
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wurde seit Januar 19... als privater Rundfunkteilnehmer des Beklagten unter der Teilnehmernummer ..., zuletzt seit September 2007 mit einem Radio geführt. Das Teilnehmerkonto des Klägers war bis Ende 2012 ausgeglichen.
Mit Bescheid vom ... Juni 2013 setzte der Beklagte rückständige Rundfunkbeiträge gegenüber dem Kläger für den Zeitraum Januar 2013 bis einschließlich März 2013 in Höhe von insgesamt a. Euro einschließlich eines Säumniszuschlags von 8,00 Euro fest. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Widerspruch eingelegt, über den bislang noch nicht entschieden worden ist.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom ... August 2013 setzte der Beklagte rückständige Rundfunkbeiträge gegenüber dem Kläger für den Zeitraum April 2013 bis einschließlich Juni 2013 in Höhe von insgesamt a. Euro einschließlich eines Säumniszuschlags von 8,00 Euro fest.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom ... August 2013, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am ... September 2013, Klage und beantragte sinngemäß,
den Beitragsbescheid vom ... August 2013 aufzuheben.
Zur Begründung trug er vor, der Bescheid sei rechtswidrig, da die Rechtsgrundlage, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, formell und materiell gegen das Grundgesetz verstoße. Die formelle Verfassungswidrigkeit ergebe sich daraus, dass der sog. Rundfunkbeitrag als Steuer zu qualifizieren sei, da der Beitrag auch für Haushalte erhoben werde, die kein Empfangsgerät besäßen, also keinen Vorteil daraus ziehen könnten. Hierfür fehle aber die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Die materielle Verfassungswidrigkeit ergebe sich u. a. aus der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, da 3,8% der deutschen Haushalte über kein Fernsehgerät verfügten. Er selbst besäße seit Jahren kein Fernsehgerät und beabsichtige auch weiterhin nicht ein solches zu besitzen. Die sich für ihn ergebende Gebührenerhöhung um 300% erscheine ihm daher sittenwidrig. Durch den streitgegenständlichen Bescheid werde er darüber hinaus in seinem Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung beschränkt. Er rege an, den Beklagten zu verpflichten, seine Sendungen codiert auszustrahlen und seine Gebühren von denen einzufordern, die seine Programme auch sehen und hören wollten.
Unter dem ... Oktober 2013 legte der Beklagte die Akten vor und beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verwies er auf die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags sowie die Regelungen der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 19. Dezember 2012 sowie hinsichtlich der allgemeinen Bedenken des Klägers gegen die Verfassungskonformität des Rundfunkbeitrags auf diverse Veröffentlichungen und Gutachten.
Mit Beschluss vom ... November 2013 wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet, um die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs über die eingelegten Popularklagen abzuwarten.
Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Rheinland-Pfalz vom 13. Mai 2014 und die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 hörte das Gericht den Kläger mit Schreiben vom ... Mai 2014 dazu an, ob er das vorliegende Verfahren fortführen wolle, obwohl beide Verfassungsgerichte entschieden hätten, dass der Rundfunkbeitrag keine Steuer sei und auch keinen sonstigen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne.
Der Kläger teilte mit Schreiben vom ... Juni 2014 mit, die Klage fortführen zu wollen. Er gehe davon aus, dass die in den Pressemitteilungen angegebenen Ausführungen vermutlich nicht unanfechtbar seien. Aus den gewählten Formulierungen der Entscheidungen zeige sich, dass es für ihn eben keinen Vorteil gebe und dass er damit tatsächlich nur für die bestehende Möglichkeit der Gegenleistung eines Programmangebots zu zahlen hätte. Er habe die Rundfunkgebühren im Treu und Glauben gezahlt, weil er fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass es sich beim Rundfunkstaatsvertrag um geltendes Recht handeln würde, müsse nun aber feststellen, dass oben genannter Vertrag gar keinem Gesetz zu unterliegen scheine, sondern lediglich ein Vertrag sei, der ohne seine Beteiligung aber zu seinen Lasten von Dritten geschlossen worden sei. Daher melde er gegenüber dem Beklagten Rückerstattungsansprüche auf unrechtmäßig eingeforderte Beitragszahlungen an und setze den Beklagten mit der Rückerstattung bereits gezahlter Beiträge in Verzug.
Das Gericht hat am ... Juli 2014 zur Sache mündlich verhandelt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und die Verwaltungsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am ... Juli 2014 ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom ... August 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Bescheid vom ... August 2013 ist formell und materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die vom Kläger insoweit erhobenen Einwände greifen im Ergebnis nicht durch.
Der Bescheid entspricht den an ihn zu stellenden formellen Anforderungen. Insoweit hat der Kläger auch keine Einwendungen vorgebracht.
Der Bescheid vom ... August 2013 ist auch materiell rechtmäßig. Als Inhaber einer Wohnung hat der Kläger für den hier maßgeblichen Zeitraum April 2013 bis Juni 2013 Rundfunkbeiträge in der durch den Bescheid vom ... April 2014 festgesetzten Höhe einschließlich des Säumniszuschlags zu zahlen.
Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist seit dem 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 [GVBl S. 258], der durch Zustimmungsbeschluss des Landtags des Freistaates Bayern vom 17. Mai 2011 in Bayerisches Landesrecht umgesetzt worden ist, sowie § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [GVBl S. 566], zuletzt geändert durch Art. 6 Nr. 8 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 7.6.2011).
Im privaten Bereich ist nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag in Höhe von b. Euro im Monat zu entrichten (ebenso BayVGH, B. v. 3.12.2013 - 7 ZB 13.1817 - juris Rn. 16). Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die rechtliche Einordnung (Abgabe-Steuer) des neuen Rundfunkbeitrags ist in der Literatur heftig umstritten.
U. a. Degenhart (Rechtsgutachtliche Stellungnahme zu Fragen des Rundfunkbeitrags für Betriebsstätten und nicht ausschließlich privat genutzte Kraftfahrzeuge, Leipzig 2013, veröffentl. in K u. R, Beiheft I/2013 zu Heft 3), Exner und Seifarth (Der neue „Rundfunkbeitrag“ - Eine verfassungswidrige Reform, veröffentl. in NVwZ 2013, 569 ff) sowie Terschüren (Die Reform der Rundfunkfinanzierung in Deutschland, Universität Ilmenau 2013) erheben neben anderen verfassungsrechtlichen Einwänden gewichtige verfassungsrechtliche Bedenken insbesondere gegen die Einordnung des Rundfunkbeitrags als Vorzugslast und ordnen diesen rechtlich als der Gesetzgebungskompetenz der Länder entzogene Steuer ein. Dagegen haben u. a. Bullinger (Der neue Rundfunkbeitrag - Formell verfassungsgemäß oder unzulässige Steuer, WD 10-3000-009/13), Kube (Rundfunkbeitrag - Rundfunk- und verfassungsrechtliche Einordnung, Universität Mainz, Juni 2013) und Kirchhof (Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Heidelberg, April 2010) den neuen Rundfunkbeitrag als verfassungsrechtlich unbedenkliche (Sonder-)Abgabe eingeordnet.
Mittlerweile hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof unter Würdigung dieser Argumente am 15. Mai 2014 auf zwei Popularklagen (Az.: ... und ...) hin unanfechtbar und für alle bayerischen Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden bindend (Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof - VfGHG -) insbesondere entschieden, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RBStV über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung mit der Bayerischen Verfassung - BV - vereinbar sei (Leitsatz Nr. 1; die Entscheidung ist im Volltext veröffentlicht unter www.b...de). Die Norm verstoße nicht gegen die Rundfunkempfangsfreiheit, die allgemeine Handlungsfreiheit, den allgemeinen Gleichheitssatz oder das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen (Rn. 62). Bei dem Rundfunkbeitrag handele es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe, die zu regeln in die Gesetzgebungskompetenz der Länder falle. Sie sei sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern werde als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben (Leitsatz Nr. 2). Die Abgabe habe den Charakter einer Vorzugslast; dem stehe nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, zahlungspflichtig seien. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwinge den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollten (Leitsatz Nr. 3). Im privaten Bereich werde mit der Anbindung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung (§ 3 Abs. 1 RBStV) die Möglichkeit der Rundfunknutzung als abzugeltender Vorteil sachgerecht erfasst (Leitsatz Nr. 4).
Das Recht aus Art. 112 Abs. 2 BV auf Rundfunkempfangsfreiheit werde nicht beeinträchtigt (Rn. 63). Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) sei ebenfalls nicht verletzt (Rn. 65), insbesondere weil das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV nicht wegen eines Widerspruchs zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes verletzt sei (Rn. 68). Der Freistaat Bayern habe mit seiner Zustimmung zum RBStV von seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70 Grundgesetz - GG - Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanzverfassung des GG gezogenen Grenzen zu überschreiten (Rn. 70). Die Zahlungspflichten im privaten und nicht privaten Bereich seien verhältnismäßig (Rn. 97).
Die Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV (Rn. 101). Indem der Gesetzgeber für jede Wohnung deren Inhaber ohne weitere Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlege, habe er nicht wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt. Anknüpfungspunkt für die Rundfunkbeitragspflicht sei die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet werde. Durch den Wohnungsbegriff würden verschiedene Lebenssachverhalte - von dem allein lebenden „Medienverweigerer“ über die „typische Familie“ bis hin zur „medienaffinen“ Wohngemeinschaft - normativ zusammengefasst und einer einheitlichen Beitragspflicht unterworfen, die sämtliche Möglichkeiten der Rundfunknutzung einschließlich der mobilen und derjenigen in einem privaten Kraftfahrzeug abdecke und die vorbehaltlich der Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen des § 4 RBStV unausweichlich sei. Diese Typisierung für den privaten Bereich beruhe auf einleuchtenden, sachlich vertretbaren Gründen und sei auch unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit nicht zu beanstanden (Rn. 105 ff).
Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt der Bayerische Verfassungsgerichtshof sodann noch klar, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Programmangebot im Rahmen seines klassischen Funktionsauftrags, zur Meinungs- und Willensbildung beizutragen, zu unterhalten und zu informieren sowie eine kulturelle Verantwortung wahrzunehmen, als allgemein zugängliche Informationsquelle im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bereitstelle (Rn. 72).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 verwiesen.
Die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags im Rahmen der Popularklagen vorgebrachten Argumente sind damit nicht durchgreifend. Ergänzend ist anzumerken, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof seine Prüfung bei Popularklageverfahren auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung erstreckt, selbst wenn sie von der Antragspartei nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (Rn. 60). Nachdem in der Entscheidung vom 15. Mai 2014 eine Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsrechts nach Art. 103 Abs. 1 BV nicht stattfand ist offensichtlich, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof noch nicht einmal dessen Schutzbereich durch die Rundfunkbeitragspflicht als berührt angesehen hat. Gleichermaßen hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 13. Mai 2014 (VGH B 35/12 - juris) auf eine Verfassungsbeschwerde gegen den RBStV hin den Schutzbereich unter anderem der Eigentumsfreiheit nach der Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV - als schon gar nicht berührt erachtet und die Verfassungsbeschwerde insoweit als unzulässig angesehen (Rn. 37, 53). Die Rundfunkbeiträge hätten keine übermäßig belastende oder gar erdrosselnde Wirkung. Auch knüpfe die Abgabenpflicht nicht an den Hinzuerwerb von Eigentum oder den Bestand des Hinzuerworbenen an (juris Rn. 54). Von daher ist ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 103 Abs. 1 BV nicht ersichtlich.
Hieraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Bescheid vom ... August 2013 auch materiell rechtmäßig ist. Der Kläger war für den Zeitraum April 2013 bis einschließlich Juni 2013 verpflichtet, einen monatlichen Rundfunkbeitrag in Höhe von b. Euro zu bezahlen. Dies folgt daraus, dass er zu dieser Zeit Inhaber einer Wohnung war und damit Beitragsschuldner im Sinne des § 2 Abs. 1 RBStV ist. Insoweit hat er Einwände gegen den vorliegenden Bescheid auch nicht erhoben. Gründe, die ausnahmsweise zu einer Befreiung oder Ermäßigung von der Beitragspflicht hätten führen können bzw. müssen, liegen nicht vor.
Die gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom ... August 2013 erhobenen Einwände greifen nicht durch.
Insbesondere hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit für das erkennende Gericht bindender Wirkung in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2014 (a. a. O.) festgestellt, dass es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer handelt. Der Gleichheitssatz ist nicht verletzt, auch nicht dadurch, dass nicht unterschieden wird, wie viele Personen tatsächlich in einer Wohnung zusammenleben, in welcher Beziehung sie zueinander stehen oder ob die Bewohner auch außerhalb der Wohnung von der Möglichkeit des Rundfunkempfangs durch Nutzung mobiler Geräte Gebrauch machen. Darüber hinaus hat es der Bayerische Verfassungsgerichtshof zwar als Ungleichbehandlung erkannt, gleichwohl aber für hinnehmbar erklärt, wenn Obdachlose oder Bewohner von Pflegeheimen nicht zum Rundfunkbeitrag herangezogen werden (BayVerfGH v. 15.5.2014, a. a. O., Rn. 113 f.).
Das Recht, das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu nutzen, wird durch die Beitragspflicht nicht eingeschränkt. Es steht jedermann auch zukünftig frei, weder ein zum Rundfunkempfang fähiges Gerät zu besitzen, noch ein solches zu nutzen. Insofern liegt auch der von Klägerseite behauptete Eingriff in die sogenannte „negative Informationsfreiheit“ und die allgemeine Handlungsfreiheit nicht vor. Die vom Kläger angeführte Missachtung seiner „sozialen Achtung“ und seiner Menschenwürde sind nicht ersichtlich. Auch wenn jemand hiervon Gebrauch macht und tatsächlich das Rundfunkangebot nicht nutzt, ist es aus den vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof genannten Gründen gleichwohl gerechtfertigt, ihn (solidarisch) zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags heranzuziehen (BayVerfGH v. 15.5.2014, a. a. O., Rn. 78, 80 und 111 sowie Leitsatz Nr. 3).
Soweit im Nichtbereithalten eines Fernsehgeräts der Vortrag enthalten sein sollte, die Erhebung des Rundfunkbeitrags sei deshalb unzulässig, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Programmauftrag nicht erfülle, sondern stattdessen unter Einsatz unangemessener finanzieller Mittel Sendungen anbiete, die mit der Erfüllung der ihm von der Verfassung zugewiesenen Aufgaben entweder nichts zu tun hätten oder eine Schlechterfüllung dieser Aufgaben darstellten, greift auch dieser Einwand nicht durch. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist nicht zu prüfen und zu entscheiden, ob diese Einwände in der Sache zutreffen. Es ist zunächst Aufgabe der hierzu berufenen Gremien, insbesondere der Rundfunkräte, über die Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu wachen und erforderlichenfalls entsprechend Einfluss auf die Programmgestaltung zu nehmen. Sollten die hierzu berufenen Gremien ihren Kontrollpflichten nicht oder nur ungenügend nachkommen, stehen entsprechende rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, insbesondere steht der Weg zu den Verfassungsgerichten offen (siehe z. B. BVerfG U. v. 25.03.2014, 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11
Soweit der Kläger einwendet, die Rundfunkbeiträge würden nicht auf Gesetz, sondern auf einem zu seinen Lasten von Dritten geschlossenen Vertrag beruhen, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der Rundfunkbeitragsstaatsbetrags durch den Beschluss des Landtags des Freistaates Bayern vom 17. Mai 2011, mit dem dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugestimmt worden ist, in Bayerisches Landesrecht umgesetzt worden ist.
Der Rundfunkbeitrag ist auch in Hinblick auf alternative Finanzierungsmodelle (die vom Kläger angeregte Codierung) das mildeste Mittel.
Soweit teilweise vorgeschlagen worden ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verschlüsseln und die Rundfunkgebühren an die Nutzung von Decodern zu koppeln (Viehbeck, Rundfunkgebührenpflicht und Medienkonvergenz, 410 ff., 435; v. Münch, NJW 2000, 634) begegnet diese Lösung praktischen wie rechtlichen Bedenken. Zum einen bestünden in der Praxis erhebliche Umgehungsrisiken, weil Zugangsdaten an Nichtgebührenzahler weitergegeben werden könnten (BVerwG, MMR 2011, 258 [261]); BayVGH, U. v. 19.5.2009 - 7 B 08.2922) und auch Decoder - deren Kosten letztlich die Gebührenzahler tragen müssten - äußerst manipulationsanfällig sind. Zudem müsste damit gerechnet werden, dass im Ausland ansässige, kommerzielle Rundfunkportale auch deutsche Sendungen in das Internet einspeisen, so dass auch im Inland ein gebührenfreier Empfang möglich wäre (BayVGH a. a. O.).
Zum anderen wäre ein solches Pay-per-view-System nicht mit dem verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrag zu vereinbaren, der eine Übertragungstechnik voraussetzt, die alle Rundfunkteilnehmer erreicht (BVerfG, NJW 1992, 3285; BayVerfGH, U. v. 15.12.2005 - Vf. 8-VII-04). In Hinblick auf die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist außerdem zu berücksichtigen, dass die strukturellen Vielfaltsdefizite des privaten Rundfunks überhaupt nur deshalb hingenommen werden können, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk diese Defizite im dualen System im Rahmen seines Grundversorgungsvertrags ausgleicht (vgl. hierzu BVerfG, U. v. 25.3.2014 - 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11
Auch die Festsetzung des Säumniszuschlags in Höhe von 8,00 Euro ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Säumniszuschlags ist § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge - Rundfunkbeitragssatzung - vom 19. Dezember 2012, in Kraft getreten am 1. Januar 2013 (veröffentlicht im Bayerischen Staatsanzeiger vom 21.12.2012, StAnz Nr. 51-52/2012, S. 3; § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV). Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 Euro fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung).
Vorliegend hatte der Kläger die für den festgesetzten Zeitraum fälligen Rundfunkbeiträge - unstreitig - nicht bezahlt, so dass der Beklagte den Säumniszuschlag von 8,00 Euro festsetzen durfte. Die Festsetzung ist auch der Höhe nach zutreffend, weil der Kläger c. Euro Rundfunkbeiträge schuldet, wovon 1% weniger als 8,00 Euro sind, so dass der Säumniszuschlag i. H. von 8,00 Euro anzusetzen war. Der Kläger war auch säumig, da er die geschuldeten Rundfunkbeiträge auch bis 4 Wochen nach Fälligkeit - und bis heute - nicht gezahlt hat.
Wegen fehlender Beitragszahlung waren auch die im Übrigen wohl nur gegenüber dem Beklagten geltend gemachten und nicht bei Gericht anhängig gemachten Rückerstattungsansprüche nicht weiter zu verfolgen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO.
Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
moreResultsText
Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.