Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Okt. 2014 - 11 K 13.3966

bei uns veröffentlicht am09.10.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Bescheid des Beklagten vom ... Juli 2013 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbetafel auf dem Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., entsprechend dem Bauantrag vom 8. Februar 2013 zu erteilen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbetafel auf FlNr. ... der Gemarkung ...

Mit Bauantrag vom 8. Februar 2013 (Eingang beim Beigeladenen) beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Plakatwerbetafel auf Monofuß für wechselnde Produktwerbung auf FlNr. ... Gemarkung ..., ... Str. 99, in ...

Der Beigeladene beschloss in der Sitzung seines Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschusses am 8. April 2013, die Entscheidung zum Einvernehmen bezüglich des Bauantrags zurückzustellen bis zur Sitzung des Ausschusses/Marktgemeinderats im Mai 2013. Auf dieser Sitzung solle der Satzungsbeschluss über den Erlass einer Satzung des Beigeladenen über die besonderen Anforderungen an Werbeanlagen (Werbeanlagensatzung) erfolgen.

In der Folge wurde auf der Sitzung des Marktgemeinderats des Beigeladenen vom ... April 2013 unter Tagesordnungspunkt 4.2 der Erlass einer Satzung über besondere Anforderungen an Werbeanlagen (Werbeanlagensatzung) beschlossen, am ... April 2013 ausgefertigt und am ... April 2013 bekannt gemacht.

Am 10. Mai 2013 wurde der Bauantrag dem Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt) zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Bescheid des Landratsamts vom ... Juli 2013 wurde der Bauantrag abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ... innerhalb des Geltungsbereichs des qualifizierten Bebauungsplans „Wohngebiet zwischen ... und ... Straße“ des Beigeladenen liege. Für den oben genannten Standort des Bauvorhabens werde durch Festsetzung Nr. 1.1 des Bebauungsplans ein Mischgebiet nach § 6 Baunutzungsverordnung (BauNVO) festgelegt. Gemäß § 5 der Werbeanlagensatzung des Beigeladenen seien in überwiegend durch Wohnen geprägten Mischgebieten Werbeanlagen ausschließlich an der Stätte der Leistung zulässig. Das vorliegende Mischgebiet sei überwiegend durch Wohnnutzung geprägt. Die beantragte Werbeanlage sei eine Anlage für Fremdwerbung, somit liege keine Werbung an der Stätte der Leistung vor. Die Werbeanlagensatzung des Beigeladenen sei rechtmäßig, da generalisierende Regelungen möglich seien, die die Zulässigkeit von Werbeanlagen von der Art des Baugebiets abhängig machten. Eine generelle Beschränkung von Werbeanlagen für Mischgebiete und Kerngebiete sei allein aufgrund des Gebietstyps grundsätzlich unzulässig. Dies liege hier jedoch nicht vor. Nach § 5 der Werbeanlagensatzung seien Anlagen der Fremdwerbung nur in solchen Baugebieten ausgeschlossen, die nicht durch eine überwiegend gewerbliche Nutzung geprägt seien, also überwiegend dem Wohnen dienten. Zwar sehe § 5 der Werbeanlagensatzung auch ein Verbot von Fremdwerbung in Mischgebieten vor. Das solle jedoch nur dann gelten, sofern das Mischgebiet durch Wohnnutzung geprägt sei. Damit greife die Satzung nicht in unzulässiger Weise in Art. 12 und 14 Grundgesetz (GG) ein. Die Bereiche der Baugebiete, denen eine gewerbliche Hauptnutzung zugewiesen sei, würden von dem Verbot ausgenommen. Es bestünden somit ausreichende Möglichkeiten zur gewerblichen Betätigung im Bereich der Fremdwerbung. Die Belange privaten Werbeinteresses würden damit ausreichend berücksichtigt. Des Weiteren entscheide die untere Bauaufsichtsbehörde im bauaufsichtlichen Verfahren nach §§ 31, 33 - 35 Baugesetzbuch (BauGB) über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einvernehmen mit der Gemeinde,

§ 36 Abs. 1 BauGB. Der Beigeladene habe dem oben genannten Bauvorhaben das gemeindliche Einvernehmen verweigert. Ein rechtswidriges Versagen des gemeindlichen Einvernehmens bzw. Gründe für das Ersetzen des gemeindlichen Einvernehmens seien nicht erkennbar.

Der Bescheid wurde laut Vermerk auf Bl. 37 der Behördenakten am 7. August 2013 zur Post gegeben.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 6. September 2013, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ die Klägerin Klage erheben und beantragte,

den Bescheid des Beklagten vom ... Juli 2013, zugestellt am 8. August 2013, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die Genehmigung zur Errichtung von einer Werbetafel auf Monofuß im Euroformat auf dem Grundstück ..., ... Str. 99, Gemarkung ..., FlNr. ... entsprechend ihrem Bauantrag zu erteilen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung habe. Die Werbeanlage sei genehmigungsfähig. Das Bauvorhaben befinde sich in einem Mischgebiet und erweise sich damit als planungsrechtlich zulässig. In Mischgebieten seien Werbetafeln zuzulassen. Die entgegenstehende Werbeanlagensatzung des Beigeladenen sei unwirksam. Es bestünden Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausfertigung und Bekanntmachung der Satzung. Die Unterschrift des Bürgermeisters sei nicht nachgewiesen. Die Satzung gelte gemäß § 1 Abs. 2 der Satzung offensichtlich für das gesamte Gemeindegebiet. Dadurch sei der Geltungsbereich nicht hinreichend bestimmt. Die Satzung verstoße gegen das Bestimmtheitserfordernis. Eine Begründung der Satzung fehle vollständig. Es sei nicht klar, was genau geschützt werden solle. Außerdem sei offensichtlich überhaupt keine Abwägung zwischen den Belangen der Stadt und den Bürgern vorgenommen worden. Schließlich könne den Regelungen der Satzung kein gebietstypisches Gestaltungsziel entnommen werden. Auch sei für die Ausdehnung des Gebiets auf das streitgegenständliche Grundstück kein speziell schützenswerter Charakter des Gebiets erkennbar. Es handle sich um ein normales Mischgebiet. Bei dem streitgegenständlichen Grundstück handele es sich um ein unbebautes Grundstück. Das bedeute, dass das Gebiet um das Antragsgrundstück herum noch entwicklungsfähig sei, d. h. es könne sowohl gewerblich genutzt werden oder auch zur Wohnbebauung dienen. Die Differenzierung innerhalb des Mischgebiets nach einem Teil, der gewerblich sei und einem Teil, welcher der Wohnnutzung diene, widerspreche der Eigenart eines Mischgebiets, in dem gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung gerade gleichberechtigt nebeneinander vorkommen sollten. Allein deshalb sei die Satzung, insbesondere § 5, unwirksam. Selbst wenn eine solche Regelung zulässig wäre, so sei zum Erlass der Satzung ein gestalterisches Ziel notwendig. Dies liege im vorliegenden Fall nicht vor. Die Satzung enthalte keine Begründung. Ein gestalterisches Ziel sei nicht erkennbar. Auch könnten gemäß § 10 der Satzung Abweichungen zugelassen werden. Dies sei seitens des Beklagten nicht einmal geprüft worden. Es liege somit bereits ein Ermessensausfall vor. Dies gelte auch dann, wenn - wie hier - die Klägerin keinen gesonderten Antrag auf Befreiung gestellt habe.

Mit Schreiben vom 4. Januar 2014 übersandte der Beklagte die Verwaltungsvorgänge.

Mit Schreiben vom 20. Januar 2014 erwiderte der Beklagte auf die Klagebegründung. Der Bauantrag sei abzulehnen gewesen, da öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstünden. § 5 der Werbeanlagensatzung des Beigeladenen stehe entgegen. Im Folgenden wird in der Klageerwiderung im Wesentlichen die Begründung des Bescheids wiederholt.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 9. September 2014 replizierte die Klägerin auf die Klagebegründung.

Mit Schreiben vom 10. September 2014 übersandte der Beigeladene auf entsprechende Aufforderung des Gerichts die Begründung zur Werbeanlagensatzung sowie die Ausfertigung derselben mit Unterschrift der ersten Bürgermeisterin und die Bekanntmachung der Werbeanlagensatzung im Amtsblatt des Beigeladenen vom ... April 2013.

Das Gericht erhob am 9. Oktober 2014 Beweis über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem Vorhabensgrundstück sowie in dessen Umgebung durch Einnahme eines Augenscheins. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

In der anschließenden mündlichen Verhandlung stellte der Vertreter der Klägerin den Antrag aus der Klageschrift vom 6. September 2013.

Der Vertreter des Beklagten beantragte

Klageabweisung.

Die Vertreterin des Beigeladenen stellte keinen Antrag.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten einschließlich Planunterlagen Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO-).

Gründe

Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO).

Das genehmigungspflichtige Vorhaben ist genehmigungsfähig. Dem Vorhaben stehen keine im anzuwendenden vereinfachten Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen.

Das Vorhaben steht in Einklang mit dem Bauplanungsrecht, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 VarBayBOayBO i. V. m. §§ 29 ff. BauGB.

Der Beklagte hat weder im Bescheid noch im Klageverfahren geltend gemacht, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig wäre, sondern er geht wie das Gericht davon aus, dass es planungsrechtlich zulässig ist. Das Vorhaben, das sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Wohngebiet zwischen ... und ... Straße“ befindet, ist zulässig, da es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht. Der Bebauungsplan setzt für den Bereich, in dem der Standort des Vorhabens liegt, ein Mischgebiet fest. Die Werbeanlage ist dort gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO allgemein zulässig. Auch sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht das Vorhaben nicht.

Auch die Werbeanlagensatzung des Beigeladenen steht dem Vorhaben nicht entgegen, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 VarBayBOayBO i. V. m. § 5 der Werbeanlagensatzung. Denn die Werbeanlagensatzung des Beigeladenen ist insoweit, als sie in ihrem § 5 Nr. 1 der Satzung bezogen auf überwiegend durch Wohnen geprägte Mischgebiete Fremdwerbung ausschließt, unwirksam.

Zwar ist die Regelung, in einer Werbeanlagensatzung Fremdwerbung im Mischgebiet, wenn dieses (überwiegend) durch Wohnbebauung geprägt ist, auszuschließen, grundsätzlich möglich (BayVGH, B. v. 11.2.2014 - 1 ZB 12.1614 -, Rn. 4 und 7; VG München, U. v. 23.5.2012 - M 9 K 11.5487 -, juris Rn. 20).

Das ändert aber nichts daran, dass eine Werbeanlagensatzung auch dann, soweit sie Fremdwerbung in Mischgebieten, die überwiegend durch Wohnen geprägt sind, verbietet, aufgrund der einschlägigen Rechtsgrundlage des Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO nur aus ortsgestalterischen Gründen ergehen darf. Ein Verbot der Errichtung von Werbeanlagen durch den Satzungsgeber auf der Grundlage des Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO ist nur dort gerechtfertigt und somit verhältnismäßig, wo die vom Gesetzgeber genannten ortsgestalterischen Gründe ein entsprechendes Verbot tatsächlich erfordern (vgl. Decker in: Simon/Busse, BayBO, Stand: Mai 2013, Art. 81 Rn. 138 m. w. N.). Ob und inwieweit dies der Fall ist, beurteilt sich jeweils nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Bereichs. Sollen mit einer Werbeanlagensatzung, wie hier in § 1 Abs. 2 der Werbeanlagensatzung des Beigeladenen geschehen, Regelungen für ein gesamtes Gemeindegebiet erlassen werden, so hat sich der Satzungsgeber mit dem Problem auseinanderzusetzen, dass ein Gemeindegebiet in seiner Gesamtheit in der Regel aus verschiedenen Bereichen besteht, deren Ortsbild unterschiedlich schutzwürdig ist. Demnach sind an die Zulässigkeit von Werbeanlagen je nach den Gegebenheiten des jeweiligen Gemeindebereichs und dem damit verbundenen Schutzzweck unterschiedliche Anforderungen zu stellen und nach diesen Schutzmaßnahmen abzustufen (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.9.2013 - Au 5 K 12.1588 -, juris Rn. 48 m. w. N.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist die in § 5 Nr. 1 der Werbeanlagensatzung getroffene Regelung, wonach Werbeanlagen außerhalb der Stätte der Leistung u. a. in Mischgebieten unzulässig sind, selbst dann unwirksam, wenn - wie hier - die Satzung bestimmt, dass das Fremdwerbeverbot nur für solche Mischgebiete oder gegebenenfalls - unter entsprechender Auslegung der Bestimmung - deren Teile Geltung beansprucht, die überwiegend durch Wohnen geprägt sind. Die Regelung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen in Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO; auch wenn der insoweit getroffene Ausschluss von Fremdwerbung damit nicht pauschal für sämtliche Mischgebiete im Sinne des § 6 BauNVO Geltung beansprucht, so fehlt es doch trotzdem an der Darlegung der ortsgestalterischen Gründe, die einen so weitreichenden Ausschluss rechtfertigen. Auch aus der oben zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs folgt nicht, dass ein Ausschluss von Werbeanlagen in Mischgebieten, die überwiegend durch Wohnen geprägt sind, auch dann zulässig ist, wenn überhaupt keine ortsgestalterischen Gründe für diesen Ausschluss vorliegen.

Bezogen auf die gestalterischen Gründe hat es der Beigeladene versäumt, entweder in der Werbeanlagensatzung selbst oder in der beim Gerichtsakt befindlichen Begründung dazu darzulegen, warum gerade in sämtlichen Mischgebieten, auch wenn diese überwiegend durch Wohnnutzung geprägt sind, ein Fremdwerbeverbot fachlich geboten ist. Die Werbeanlagensatzung selbst enthält keine Gründe oder örtliche Besonderheiten für einen Ausschluss jeglicher Fremdwerbung in Mischgebieten, die überwiegend durch Wohnen geprägt sind. Auch die Begründung zu der Werbeanlagensatzung vom ... April 2013 lässt es hieran fehlen. Die dort unter 1. Allgemeines ausgeführten Überlegungen enthalten überhaupt keine konkreten ortsgestalterischen Gründe. Der allgemeine Hinweis auf das Erscheinungsbild und das Ortsbild genügt ohne weitere Konkretisierungen hierfür nicht. Auch der Hinweis auf die Teilnahme an dem ...-Projekt „innerörtliche Hinweisbeschilderung“ genügt nicht. Dieses repräsentiert keine ortsgestalterischen Gründe im Sinne von Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO. Der Verweis in diesem Zusammenhang auf das städtebauliche Erscheinungsbild ist ebenfalls zu allgemein gehalten, um eine konkrete ortsgestalterische Entscheidung darzustellen. Gleiches gilt für die befürchtete Verunstaltung des Ortsbildes durch entsprechende Häufung von Werbeanlagen. Auch die Begründung speziell zu § 5 unter 6. der Begründung enthält keinerlei konkrete ortsgestalterische Begründungen.

Auch dem Bebauungsplan „Wohngebiet zwischen ... und ... Straße“ einschließlich dessen Begründung, dem unter Umständen bei fehlenden sonstigen Überlegungen zu ortsgestalterischen Gründen gegebenenfalls nachrangig entsprechende Absichten des Plangebers entnommen werden könnten, enthält nichts, was darauf schließen lassen würde, dass der Beigeladene für das streitgegenständliche Werbeanlagenverbot irgendwelche konkreten ortsgestalterischen Ziele und Beweggründe gehabt hätte.

Dieses Ergebnis entspricht auch den tatsächlichen Umständen um das Vorhabensgrundstück herum. Die Kammer ist insoweit der Auffassung, dass für den maßgeblichen Bereich, für den im Augenscheinstermin entsprechende Feststellungen, auf die Bezug genommen wird, getroffen wurden, keine ortsgestalterischen Gründe bzw. eine städtebaulich bedeutsame Prägung vorliegt, die den vollständigen Ausschluss von Fremdwerbeanlagen in diesem Bereich rechtfertigen würden. Auch insoweit ist maßgeblich auf die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung abzustellen (BayVGH, B. v. 14.8.2012 - 15 ZB 12.1515 -, juris Rn. 6). Im Bereich, der von der geplanten Werbeanlage maßgeblich geprägt wird, sind ausweislich des beim Augenscheinstermin gewonnenen Eindrucks keine ortsgestalterischen Elemente erkennbar, die den vollständigen Ausschluss von Fremdwerbeanlagen in diesem Bereich fordern. Auch handelt es sich nicht um einen historischen Altstadtbereich bzw. um die Notwendigkeit des Schutzes von Bau- und Kulturdenkmälern. Vielmehr gibt es in diesem Bereich und auch in der weiteren Sichtweite überhaupt kein Gebäude oder eine sonstige Anlage, die ortsgestalterischen Schutz bedürfte bzw. rechtfertigen würde. Die Kammer verkennt nicht, dass - wie vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt - der Beigeladene sicherlich gute und nachvollziehbare Gründe dafür hat, die Beschilderung in seinem Gemeindebereich zu regeln und auch zu reduzieren. Jedoch handelt es sich hierbei eben nicht um ortsgestalterische Gründe, wie sie jedoch bei einem Gebrauchmachen von der Rechtsgrundlage in Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO erforderlich wären.

Damit steht die Werbeanlagensatzung des Beigeladenen einer Genehmigung nicht entgegen. Andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, die der Genehmigung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Da das Vorhaben damit in seiner Gesamtheit genehmigungsfähig ist, war die rechtswidrig erfolgte Ablehnung des Antrags im streitgegenständlichen Bescheid des Beklagten vom ... Juli 2013 aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Das stattgebende Urteil wirkt zudem grundsätzlich als Ersetzung eines rechtswidrig verweigerten Einvernehmens. Dies ist hier allerdings deswegen nicht nötig, weil das Einvernehmen bereits auf der Grundlage von § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt gilt. Nach dieser Vorschrift gilt das Einvernehmen als erteilt, wenn die Gemeinde es nicht binnen zwei Monaten nach Einreichung des Antrags bei der Gemeinde (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB i. V. m. Art. 67 Abs. 1 Satz 1 BayBO) verweigert. Hier ist der Bauantrag am 8. Februar 2013 beim Beigeladenen eingegangen (vgl. Bl. 1 der Behördenakten). In der Sitzung seines Bauplanungs-, Verkehrs- und Umweltausschusses am ... April 2013 hat der Beigeladene das Einvernehmen gerade nicht verweigert, wie es aber die Vorschrift des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB erfordert. Vielmehr ist dort die Entscheidung zu dem streitgegenständlichen Antrag zurückgestellt worden. Eine Zurückstellung ist bereits begrifflich keine Verweigerung des Einvernehmens. Eine weitere Beschlussfassung über das Einvernehmen mit dem Ergebnis einer Einvernehmensverweigerung - ein entsprechender Beschluss hätte wegen § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB spätestens bis zum Ablauf des... April 2013 erfolgen und bis zu diesem Zeitpunkt der Baugenehmigungsbehörde zugegangen sein müssen (BayVGH, B. v. 277.10.2000 - 1 ZS/CS 00.2727 -, juris Rn. 11) - enthält der Behördenakt nicht.

Der streitgegenständliche Bescheid geht in den Gründen davon aus, dass dem Vorhaben in der Gemeinderatssitzung des Beigeladenen vom ... Mai 2013 das Einvernehmen verweigert worden sei. Ein entsprechender Nachweis findet sich zwar in den Behördenakten nicht, die zeitliche Nähe zur Weiterleitung des Bauantrags an das Landratsamt ... spricht allerdings für die Richtigkeit dieser Annahme. Die Angaben in der Stellungnahme der Gemeinde auf den Blättern 12 bis 15 des Behördenakts, wonach bei „das gemeindliche Einvernehmen wird erteilt“ „Nein“ angekreuzt ist (vgl. Bl. 15 der Behördenakte) genügt nicht. Der Umstand, dass insoweit auf den Beschluss vom ... April 2013 verwiesen wird und gleichzeitig die Behandlung „als Angelegenheit der laufenden Verwaltung“ angekreuzt ist, ist nicht mit dem Protokollauszug vom 9. April 2013 über die Sitzung des Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschusses vom ... April 2013 in Einklang zu bringen. Dort wurde nämlich - wie oben bereits ausgeführt - ausdrücklich beschlossen, die Behandlung des Bauantrags zurückzustellen. Für eine noch dazu nicht nachgewiesene Verweigerung des Einvernehmens als Angelegenheit der laufenden Verwaltung ist danach kein Raum mehr gewesen.

Unabhängig hiervon ist die Verweigerung des Einvernehmens - selbst wenn sie überhaupt erfolgt sein sollte - nicht rechtzeitig dem Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde zugegangen; der Zugang ist ausweislich des Eingangsstempels des Landratsamts auf dem Bauantrag erst am 10. Mai 2013 erfolgt, also mehr als einen Monat zu spät, um den Eintritt der Fiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu hindern.

Nach alledem war der Klage - wie geschehen - stattzugeben.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 Halbsatz 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

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(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

Baugesetzbuch - BBauG | § 33 Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung


(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn1.die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden is

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2014 - 1 ZB 12.1614

bei uns veröffentlicht am 11.02.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Zulassu

Referenzen

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Darlegungen der Klägerin sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hervorzurufen.

1. Soweit die Klägerin vorträgt, Inhalt, Umfang und räumliche Reichweite der Werbeanlagensatzung der Beigeladenen ließen sich nicht eindeutig feststellen, da ein faktisches Mischgebiet vorliege, dessen „Anfang und Ende“ nicht klar erkennbar sei, führt dies nicht dazu, dass die Werbeanlagensatzung der Beigeladenen (s. Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO) wegen Unbestimmtheit nichtig wäre.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung sowohl im Verwaltungsrecht (BVerwG, U. v. 16.6.1994 - 4 C 2/94 - BVerwGE 96, 110; VGH BW, U. v. 28.7.1994 - 5 S 2467/93 - NVwZ 1995, 402) als auch im Ordnungswidrigkeitenrecht (BGH, B. v. 15.3.1996 - 3 StR 506/95 - BGHSt 42, 79) zur Frage des aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Erfordernisses angemessener Bestimmtheit von Normen, dass der Normgeber zwar gehalten ist, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfG, B. v. 24.11.1981 - 2 BvL 4/80 - BVerfGE 59, 104/114). Er verfügt aber, wenn er vor der Frage steht, ob er in einer Vorschrift unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet oder sie ins Einzelne gehend fasst, über einen Gestaltungsspielraum, wobei nicht zuletzt auch Erwägungen der praktischen Handhabung seine Entscheidung beeinflussen dürfen (BVerfG, B. v. 8.8.1978 - 2 BvL 8/77 - BVerfGE 49, 89/137). Insgesamt genügt es, wenn die Betroffenen die Rechtslage an Hand objektiver Kriterien erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Verfassungsrechtlich geboten ist demnach nicht eine Bestimmtheit „um jeden Preis“, sondern eine auch unter Berücksichtigung der praktischen Handhabung in der Weise ausreichende Bestimmtheit, die eine willkürliche Behandlung durch Behörden und Gerichte ausschließt (BVerwG, U. v. 16.6.1994 a. a. O.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze verletzt die zur Festsetzung des räumlichen Geltungsbereichs in § 3 Nr. 1 der Werbeanlagensatzung verwendete Formulierung „in Mischgebieten (§ 6 BauNVO), wenn das Mischgebiet durch Wohnnutzung geprägt ist“ sowie die in § 3 Nr. 2 der Satzung enthaltene Verweisung auf § 34 Abs. 2 BauGB nicht den Bestimmtheitsgrundsatz. Nach der genannten Rechtsprechung ist auch die Bezugnahme auf den Rechtsbegriff des Bauplanungsrechts „innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“ zur Festsetzung des räumlichen Geltungsbereichs einer (Baumschutz) Satzung ausreichend bestimmt (BVerwG, U. v. 16.6.1994 a. a. O.; BGH, B. v. 15.3.1996 a. a. O.). Danach ist der mit dieser Formulierung erfasste räumliche Bereich in aller Regel und in der weit überwiegenden Zahl der Anwendungsfälle ohne weiteres aufgrund der Siedlungsstruktur erkennbar. Lediglich in Grenzfällen können sich im Einzelfall Auslegungsschwierigkeiten ergeben, die jedoch - ggf. durch Rücksprache bei der Gemeinde oder Einholung von Rechtsrat - behoben werden können. Nach alledem können - erst recht - die Gebietskategorien des Bauplanungsrechts zur näheren Bestimmung der Bereiche, in denen Fremdwerbung ausgeschlossen ist, verwendet werden. Diesem Erfordernis entspricht die von der Beigeladenen verwendete Formulierung, dass unter bestimmten Voraussetzungen in Mischgebieten, wenn das Mischgebiet durch Wohnnutzung geprägt ist, Fremdwerbung ausgeschlossen ist. Dass die Beigeladene im vorliegenden Fall das Werbeverbot nur auf Mischgebiete, soweit das Wohnen überwiegt, beschränkt, entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Verbot in einer Ortssatzung, durch das die Werbung mit (Großflächen-)Werbetafeln in Mischgebieten generell verboten wird, gegen Art. 14 GG verstößt (BVerwG, U. v. 28.4.1972 - IV C 11.69 - BVerwGE 40, 94).

2. Auch der Vortrag der Klägerin, ein Mischgebiet müsse durch Wohnnutzung und nicht störende gewerbliche Betriebe, die sich in etwa im Gleichgewicht halten müssten, geprägt sein, auch sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich eine Aufgliederung des Mischgebiets in wohnliche und gewerbliche Bereiche als unzulässig angesehen worden, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Nach § 6 Abs. 1 BauNVO dienen Mischgebiete dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Hieraus folgt die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe (BVerwG, U. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207). Erforderlich ist damit eine quantitative und qualitative Durchmischung des Mischgebiets mit Wohn- und Gewerbenutzung. Eine generelle Trennung von Wohnnutzung und der nach § 6 Abs. 1, 2 BauNVO zulässigen sonstigen, insbesondere der gewerblichen Nutzung, ist deshalb (für Bebauungspläne) auf der Grundlage des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauNVO grundsätzlich unzulässig. Vielmehr muss ein Mischgebiet begriffsnotwendig auch durch eine Wohnnutzung geprägt sein.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass ein Mischgebiet nicht überwiegend durch Wohnnutzung geprägt werden dürfe und damit ein solches unter Zugrundelegung der Satzungsdefinition begrifflich gar nicht vorliegen könne, kann eine solche Interpretation ohne weiteres durch Auslegung der Nr. 3.1 der Werbeanlagensatzung überwunden werden. Die Beigeladene will - offensichtlich - das Werbeverbot nur in denjenigen Teilen eines Mischgebiets zur Geltung bringen, die überwiegend durch Wohnnutzung geprägt sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Möglichkeit einer solchen überwiegenden Prägung durch das Erfordernis der Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit der beiden Hauptnutzungsarten im Mischgebiet nicht ausgeschlossen. Dieses Erfordernis verlangt nämlich nicht, dass die Hauptnutzungsarten zu genauen oder annähernd gleichen Teilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind (BVerwG, U. v. 4.5.1988 - 4 C 34.86 - BVerwGE 79, 309 m. w. N.). Auch die Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO zur Zulässigkeit nicht kerngebietstypischer Vergnügungsstätten im Mischgebiet geht selbst davon aus, dass Teile eines Mischgebiets überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt sein können; dann muss aber auch für die Wohnnutzung die Möglichkeit der überwiegenden Prägung gelten.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es wurde davon abgesehen, ihr auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Prozessbevollmächtigten bestellt hat und ihr deshalb keine nennenswerten Kosten entstanden sind (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.1.2.3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013). Das Verwaltungsgericht hat den ursprünglich in Höhe von 10.000,- Euro zu hoch festgesetzten Streitwert nachträglich durch Beschluss vom 23. Juli 2012 auf 5.000,- Euro reduziert. Eine Streitwertänderung durch den Senat war deshalb nicht mehr veranlasst.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.