Verwaltungsgericht München Beschluss, 24. März 2015 - M 2 S 15.36

published on 24/03/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 24. März 2015 - M 2 S 15.36
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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wehren sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Inanspruchnahme eines Grundstücks durch die Beigeladene für das Durchleiten von Schmutzwasser in einer unterirdischen Druckleitung.

Die Beigeladene beabsichtigt, den Ortsteil ... und dabei u. a. auch das Anwesen der Antragsteller an die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage anzuschließen. Die ermittelte Leitungstrasse verläuft in etwa entlang des Verlaufs eines öffentlichen Feld- und Waldwegs auf den angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücken und dabei u. a. auch auf einer Länge von ca. 380 m über das ca. 58.000 qm große landwirtschaftlich genutzte Grundstück FlNr. ... (Gemarkung ...), dessen Eigentümer die Antragsteller in Gütergemeinschaft sind. Eine Einigung über den Erwerb des erforderlichen Grundes durch die Beigeladene oder eine dingliche Belastung kam nicht zustande. Die Beigeladene beantragte deshalb mit Schreiben vom 6. Februar 2014 beim Antragsgegner den Erlass einer Duldungsanordnung.

Nach vorheriger Anhörung erließ das Landratsamt ... am ... November 2014 gegenüber den Antragstellern eine ihnen am 4. Dezember 2014 zugestellte Duldungsanordnung. Danach werden die Antragsteller verpflichtet zu dulden, dass das Grundstück FlNr. ... zur unterirdischen Durchleitung von Abwasser (Schmutzwasserdurchleitung nebst den dazu dienenden Anlagen) auf einer Länge von ca. 380 m entsprechend der Eintragung auf einem beiliegenden Plan in Anspruch genommen wird (Ziffer 1. a)), dass die Beigeladene und die mit der Durchführung der Arbeiten für die Verlegung der Anlagen nach Buchst. a) Beauftragten das Grundstück nach vorheriger Ankündigung betreten und vorübergehend in einer Breite bis zu 7 m entsprechend dem beiliegenden Plan benutzen dürfen, soweit es zur Vorbereitung und Durchführung des Vorhabens erforderlich ist (Ziffer 1. b)) sowie dass nach vorheriger Benachrichtigung die zum Betrieb der Abwasserleitung erforderlichen Begehungen zu Kontrollzwecken und die erforderlichen Unterhaltungsarbeiten durchgeführt werden (Ziff. 1. c)). In Ziff. 2 des Bescheids wurden die Antragsteller verpflichtet, jegliche Handlungen zu unterlassen, die den Bau und den Unterhalt der Abwasserleitung beeinträchtigen, insbesondere Anpflanzungen und Überbauungen vorzunehmen. Die sofortige Vollziehung der vorgenannten Anordnungen wurde angeordnet (Ziff. 3.). Nach Ziff. 4. der Anordnung gilt diese auch gegenüber möglichen Nutzungsberechtigten und Rechtsnachfolgern hinsichtlich des Eigentums an dem Grundstück FlNr. .... Die Ziff. 5. des Bescheids betrifft Entschädigungsfragen, nach Ziff. 6. erging der Bescheid kostenfrei. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, die geplanten Entwässerungsmaßnahmen dienten dem Wohl der Allgemeinheit. Die Beigeladene beabsichtige, das Vorhaben im Frühjahr 2015 durchzuführen. Die Duldungsanordnung stütze sich auf § 93 WHG. Die Beigeladene sei zwingend darauf angewiesen, eine Teilfläche des Grundstücks der Antragsteller in Anspruch zu nehmen, da die einzige Alternative, nämlich die Verlegung im sog. „Milchweg“, aus kostenmäßigen Gründen ausscheiden würde. Die Mehrkosten für eine Verlegung in der Straße entlang des Grundstücks FlNr. ... würden sich auf ca. 27.000 € (ca. 10,7%) belaufen. Hinzu komme, dass bei einer Verlegung in der Straße der gesamte Verkehr während der Bauzeit stark eingeschränkt bzw. unmöglich wäre. Während der Bauzeit wäre wegen der geringen Straßenbreite von ca. 3 m die Vollsperrung unumgänglich. Über eine verkehrsrechtliche Anordnung müsse dann eine Erschließung u. a. für Schulbus-, Milch-, Müll- und Rettungsfahrzeuge geregelt werden. Diese Einschränkungen könnten sich bei eventuell notwendigen künftigen Unterhaltungsarbeiten wiederholen. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs wäre stark beeinträchtigt. Auch könnten Behinderungen und Gefährdungen während der Bauzeit auf dem gerade für Familien mit Kindern sehr beliebten Wanderweg nicht ausgeschlossen werden. Demgegenüber seien die durch den Bau und die Unterhaltung der Rohrleitung entstehenden Beeinträchtigungen in der landwirtschaftlichen Grundstücksnutzung als gering einzustufen. Für die Leitungsverlegung werde nur ein Grundstücksrandstreifen des Außenbereichsgrundstücks in Anspruch genommen. Außerdem würden die Eingriffe in das Eigentum im Wege der Entschädigung ausgeglichen. Den Antragstellern werde auch wegen der Größe des Grundstücks nicht mehr abverlangt, was nicht als billigerweise zumutbar bewertet werden könne. Das betroffene Grundstück sei ca. 58.000 qm groß, für die Leitungsverlegung würden während der Bauphase ca. 2.660 qm in Anspruch genommen. Nach Abschluss der Verlegungsarbeiten sei auch diese Fläche wieder in der bisherigen Art und Weise nutzbar. Tatsächlich spürbare Nachteile seien mit Ausnahme etwaiger Behinderungen während der Bauarbeiten und denkbarer künftiger Unterhaltungs- und Reparaturmaßnahmen nicht zu befürchten. Bei einer Interessenabwägung sei der Antragsgegner nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu dem Ergebnis gekommen, dass der durch die Maßnahme zu erwartende Nutzen seinen Nachteil erheblich übersteige.

Am 2. Januar 2015 erhoben die Antragsteller gegen die Anordnung vom ... November 2014 Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht München (die unter dem Aktenzeichen M 2 K 15.35 anhängig ist) und beantragten zugleich,

die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 2. März 2015 im Wesentlichen ausgeführt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung, weshalb das private Interesse der Antragsteller an einer Außervollzugsetzung überwiege. Sachlich nachvollziehbare Gründe für eine Inanspruchnahme des Grundeigentums der Antragsteller, die zudem deren Interesse an einer Unversehrtheit ihres Eigentums überwiegen würden, seien nicht erkennbar. Die Abwasserleitung könne ohne erkennbare Nachteile im Bereich der Gemeindestraße verlegt werden. Angebliche Mehrkosten von 10,7% im Vergleich zur Verlegung im Bereich des Grundeigentums der Antragsteller seien nicht belegt und würden bestritten. Der Antragsgegner habe nicht berücksichtigt, dass die für eine ohnehin in absehbarer Zeit erforderliche Instandsetzung bzw. Instandhaltung der derzeit nicht asphaltierten oder geteerten Straße anfallenden „Sowieso-Kosten“ abzuziehen seien. Die vorhandene Kiesschüttung sei zum Großteil schadhaft. Für die angeblich unzumutbare Einschränkung der Benutzbarkeit der Gemeindestraße während der Bauarbeiten werde keine hinreichende Begründung gegeben. Nachvollziehbare und konkrete Angaben zum Umfang des stattfindenden Straßenverkehrs fehlten. Ohnehin könne eine lediglich vorübergehende Einschränkung der Nutzbarkeit die zeitlich unbegrenzte Inanspruchnahme des Grundeigentums der Antragsteller nicht rechtfertigen. Eine fortwährende uneingeschränkte Nutzbarkeit der Straße könne etwa auch in Fällen von Instandhaltungsmaßnahmen nicht gewährleistet werden. Ferner werde übersehen, dass selbst bei einer Verlegung im Grundeigentum der Antragsteller bei einem geplanten Abstand von nur 3,50 m die Benutzung der Straße eingeschränkt bis ausgeschlossen werden würde. Auch bestünden vielfältige und zumutbare Umleitungsmöglichkeiten. Der möglicherweise betroffene Verkehr von Schulbus-, Milch- und Müllfahrzeugen betreffe weitestgehend die Antragsteller selbst, wofür die Antragsteller Lösungen finden könnten. Für die Nutzung als Wanderweg sowie den landwirtschaftlichen Verkehr seien Umleitungen zumutbar, möglicherweise sogar durch vorübergehende Nutzung der Weide- und Grasflächen der Antragsteller.

Der Antragsgegner äußerte sich mit Schriftsatz vom 16. März 2015 zum Verfahren und verwies im Wesentlichen auf die Begründung der Duldungsanordnung sowie die Äußerungen der Beigeladenen.

Die Beigeladene äußerte sich mit Schreiben vom 27. Februar und 5. März 2015 im Hauptsacheverfahren: Sie versuche seit zwei Jahren mit den Betroffenen eine Einigung zu erzielen. Entschädigungs- und Kaufangebote, die den Preis für landwirtschaftlichen Grund bei weitem überstiegen hätten, seien unterbreitet worden. Gesprächsangebote hätten die Antragsteller abgelehnt. Es bestünden auch Anhaltspunkte für eine Verzögerungstaktik auf der Antragstellerseite. Die Submission für die Maßnahme habe am 12. Februar 2015 stattgefunden, die Auftragsvergabe solle am 4. März 2015 erfolgen, danach solle bei entsprechender Witterung der Baubeginn erfolgen. Die Straße im Bereich der Baumaßnahme sei als öffentlicher Feld- und Waldweg gewidmet. Wegen der Unterhaltungs- bzw. Kostenerstattungspflicht der An- und Hinterlieger gehe das Argument, dass für den Ausbau auf die Gemeinde in Zukunft ohnehin Mehrkosten zukämen, ins Leere. Der Weg sei 2005 ab dem Anwesen der Antragsteller bis zum Ortsteil ... mit finanzieller Beteiligung der Anlieger ausgebaut und befestigt worden. Der Zustand des Wegs sei gut und für den Verkehr auf dem Weg noch für viele Jahre ausreichend. Auch im Übrigen Bereich des Grundstücks FlNr. ... befinde sich der Weg in einem akzeptablen Zustand. Der Weg könne durch die Verlegung in der Wiese erhalten werden, die ansonsten erforderliche Komplettsperrung entfalle. Die verlegte Leitung würde keinerlei Beeinträchtigungen der vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzung (Grünland) nach sich ziehen.

Die Antragsteller ergänzten ihre Antragsbegründung mit Schriftsatz vom 13. März 2015 und gingen dabei insbesondere auf zumutbare Umleitungsmöglichkeiten für den Fall der Sperrung des Feldwegs und auf den aus Sicht der Antragsteller sanierungsbedürftigen Fahrbahnbelag des Feldwegs ein. Bestritten werde, dass eine mögliche Umlage von Kosten im Fall einer Verlegung der Leitung im Bereich des Wegs bei der Ermittlung der angeblichen Mehrkosten berücksichtigt wurde. Ebenso werde bestritten, dass die anderen betroffenen Anlieger einer Inanspruchnahme ihres Grundeigentums für die Verlegung der Leitung zugestimmt hätten.

Mit Schriftsatz vom 17. März 2015 nahm die Beigeladene zu einem gerichtlichen Aufklärungsschreiben vom 6. März 2015 Stellung: Die Baumaßnahme umfasse wegen der unterschiedlichen örtlichen Verhältnisse zwei Abschnitte. Im „Bauabschnitt 11“ (dieser betrifft den Bereich des Grundstücks der Antragsteller) sei nur eine Pumplösung technisch und finanziell vertretbar, im „Bauabschnitt 10“ sei teilweise die Verlegung eines Freispiegelkanals im Straßenbereich als kostengünstigere Maßnahme vorgesehen. Dort, im Ortsteil ..., sei die Straße ohnehin in einem schlechten Zustand und bedürfe der Erneuerung. Vom Ortsende ... in Richtung Norden bis zum Anschluss an das bereits bestehende Kanalnetz sei dann wieder eine Druckleitung in der Wiese vorgesehen. Für den „Bauabschnitt 10“ seien im Juni 2013 Baukosten von 225.292 € ermittelt worden, für den „Bauabschnitt 11“ von 157.587 €. Bei der Submission im Februar 2015 habe das Angebot der günstigsten Firma für beide Bauabschnitte bei 400.842 € (brutto) gelegen. Falls eine Verlegung der Leitung im Privatgrund der Antragsteller rechtlich nicht durchgesetzt werden könne, sei keine Änderung der Trassenführung im Übrigen zu erwarten. Mit den betroffenen Anliegern seien schriftliche Vereinbarungen getroffen worden, wonach Bauerlaubnisse für die Verlegung der Leitung erteilt worden seien und später hierfür Grunddienstbarkeiten bestellt werden sollen. Schließlich wurde die Stellungnahme eines Ingenieurbüros zur Aufschlüsselung der erwarteten Mehrkosten von rund 27.000 € brutto vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des Eil- und Klageverfahrens sowie die im Klageverfahren vorgelegte Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

II.

Der Antrag (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO) ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Gegenstand der Abwägung sind einerseits das durch die Antragsteller geltend gemachte Interesse daran, dass bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens keine vollendeten Tatsachen zulasten ihres Grundeigentums geschaffen werden, sowie andererseits das vom Antragsgegner und der Beigeladenen angeführte öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Duldungsanordnung zur zeitnahen Durchführung der Bauarbeiten für die Entwässerungsleitung. Dabei kann das Gericht seine vorläufige Einschätzung im Eilverfahren nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage treffen (vgl. hierzu: Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2014, § 80 Rn. 399). Von Bedeutung hierfür sind zunächst die Erfolgsaussichten der Klage der Antragsteller im Hauptsacheverfahren. Soweit keine verlässliche Abschätzung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens (im Sinne einer Evidenzkontrolle) möglich erscheint, etwa wegen der besonderen Dringlichkeit der gerichtlichen Entscheidung oder der Komplexität der inmitten stehenden Sach- und Rechtsfragen, nimmt das Gericht eine eigene Interessenabwägung vor (vgl. insgesamt hierzu: BVerwG, B. v. 22.3.2010 - 7 VR 1/10 u. a. - juris Rn. 13).

2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1. und 2. des Bescheids des Landratsamts ... vom ... November 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in Ziffer 3. des Bescheids ist in formeller Hinsicht (§ 80 Abs. 3 VwGO, vgl. hierzu: BVerwG, B. v. 22.3.2010 - 7 VR 1/10 u. a. - juris Rn. 12; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 80 Rn. 233 ff., 247) nicht zu beanstanden. Die Antragsteller haben insoweit auch nichts vorgetragen.

3. Gemessen an der Antragsbegründung wird die Klage im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach erfolglos bleiben. Nachdem dem Gericht auch sonst keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Ziffern 1. und 2. der streitgegenständlichen Duldungsanordnung ersichtlich sind, bleibt der Antrag erfolglos.

a) Nach § 93 Satz 1 WHG kann die zuständige Behörde als grundsätzlich zulässigen Inhaltsbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, vgl. BVerwG, B. v. 16.2.2007 - 7 B 8/07 - juris Rn. 13) Eigentümer von Grundstücken verpflichten, das Durchleiten von u. a. Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Abwasserbeseitigung erforderlich ist. Nach § 93 Satz 2 WHG gilt § 92 Satz 2 WHG entsprechend. Danach ist die Verpflichtung nur möglich, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

In einem ersten Schritt ist mithin zu prüfen, ob das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand zu realisieren ist. Wenn es keine oder nur weniger zweckmäßige Alternativen gibt oder diese nur mit erheblichem Mehraufwand zu realisieren sind, ist in einem zweiten Schritt weiter danach zu fragen, ob der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer ist als der Nachteil des Betroffenen.

b) Die Verlegung der Druckleitung auf der Fläche des öffentlichen Feldwegs anstelle der Verlegung im angrenzenden Grundstück der Antragsteller könnte nur mit erheblichem Mehraufwand i. S. v. § 93 i. V. m. § 92 Satz 2 WHG durchgeführt werden.

Der unbestimmte Rechtsbegriff des „erheblichen Mehraufwands“ unterliegt der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Entscheidend ist die Gegenüberstellung des tatsächlichen und wirtschaftlichen Aufwands im konkreten Fall, was den notwendigen Einsatz nicht nur von finanziellen, sondern auch von personellen und technischen Mitteln umfasst (Petersen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2014, § 92 WHG Rn. 28). Sofern sich die durchzusetzende Maßnahme als Teil einer Gesamtmaßnahme darstellt, kommt es für die Frage nach der Erheblichkeit des Mehraufwands darauf an, ob die Kosten der Gesamtmaßnahme und nicht nur des entsprechenden Teils erheblich steigen (Petersen in Landmann/Rohmer, a. a. O., Rn. 29).

Vorliegend ergibt sich aus der im Antragsverfahren konkretisierten Kostenaufstellung des Planungsbüros der Beigeladenen vom 16. März 2015, an deren inhaltlicher Korrektheit der Kammer Zweifel bei der gebotenen summarischen Prüfung weder ersichtlich sind noch von Antragstellerseite substantiiert geltend gemacht wurden, dass sich für die Verlegung der Druckleitung im Straßenbereich entlang der FlNr. ... Kosten von 35.164,50 € (brutto) ergeben. Nach Abzug der mit 8.032,50 € (brutto) angegebenen Kosten der Verlegung der Druckleitung im Grundstück der Antragsteller errechnen sich mithin Mehrkosten für die von den Antragstellern bevorzugte Bauausführung in Höhe von 27.132,00 € (brutto). Hinzu kommen nach der Kostenaufstellung Nebenkosten für Planung und Bauleitung in Höhe von ca. 15%, womit sich Mehrkosten insgesamt von etwa 31.200,00 € (brutto) errechnen. Hiervon in Abzug zu bringen ist noch derjenige Betrag, der an die Antragsteller im Falle einer Verlegung der Druckleitung in ihrem Grundstück sowie für einen eventuellen Ernteausfall als Entschädigung gezahlt werden müsste. Das Gericht schätzt diesen Betrag angesichts der mit den anderen Betroffenen vereinbarten Beträge auf 2.000,00 €. Auf die Frage, ob und ggf. inwieweit auch für die Mehrkosten eine staatliche Förderung gewährt werden oder eine gewährte Förderung auf die Mehrkosten mitentfallen könnte, kommt es nicht an, da sie an dem insgesamt zulasten der öffentlichen Hand entstehenden Mehraufwand nichts ändern würde. Auch das Argument der Antragstellerseite, wegen des schlechten baulichen Zustands des Feldwegs würden ohnehin Kosten für dessen Instandsetzung anfallen, führt zu keiner rechnerischen Minderung der angeführten Mehrkosten: Jedenfalls ein Großteil der für eine Sanierung des Feldwegs anfallenden Kosten wäre aufgrund Art. 54 Abs. 1 Satz 2 oder Art. 54 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 BayStrWG von denjenigen Grundstückseigentümern zu tragen, deren Grundstücke über den Weg bewirtschaftet werden. Diese theoretische Kostenbeteiligung privater Dritter kann jedoch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit eines Vorhabens i. S. v. § 92 Satz 2 WHG nicht beeinflussen. Ob und in welchen Teilstücken der Feldweg tatsächlich überhaupt erneuerungsbedürftig ist, was von der Beigeladenen für den Bereich der FlNr. ... schlüssig verneint wurde, braucht deshalb nicht weiter aufgeklärt zu werden.

Es ergibt sich somit ein Mehraufwand in Höhe von etwa 29.200,00 €. Bei der Beurteilung der Erheblichkeit dieses Mehraufwands verkennt die Kammer nicht, dass die Durchleitung von Abwasser durch privates Grundeigentum auf der Grundlage des § 93 WHG einen Ausnahmefall darstellt und ein relativ geringer Mehraufwand die Verpflichtung des Vorhabensträgers, für die Leitungsführung vorrangig Grundstücke der öffentlichen Hand in Anspruch zu nehmen, nicht ohne weiteres entfallen lässt (OVG RhPf, U. v. 17.8.2006 - 1 A 10509/06 - juris Rn. 27). Der vorliegend im Raum stehende Betrag stellt jedoch bereits in absoluter Hinsicht (vgl. zur absoluten Kostenbetrachtung: VG München, U. v. 15.11.2011 - M 2 K 11.3044 - juris Rn. 20) einen erheblichen Mehraufwand dar. Aber auch in Relation zu den zu erwartenden Kosten der Gesamtmaßnahme von 400.842 € (brutto, vgl. Schriftsatz der Beigeladenen vom 17. März 2015) ergibt sich mit über 7% der Kosten der Gesamtbaumaßnahme ein erheblicher Mehraufwand. Zu berücksichtigten ist dabei auch, dass die vorgenannte Kostenschätzung nur den Aufwand der aktuellen Baumaßnahme beziffert, aber auch bei künftigen Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten der Aufwand für Arbeiten in der Straßenfläche stets aufwändiger ausfallen würde als bei Arbeiten im Grünland.

Nachdem die Aspekte der Zweckmäßigkeit und des Mehraufwands i. S. v. § 92 Satz 2 WHG in einem Alternativverhältnis stehen, so dass eine Befugnis der Behörde zum Erlass einer Duldungsanordnung bereits dann eröffnet ist, wenn eine der beiden Alternativen erfüllt ist (vgl. Petersen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2014, § 92 WHG Rn. 24), kommt es auf die Frage, ob die Druckleitung ebenso zweckmäßig auch in dem öffentlichen Feldweg verlegt werden könnte, nicht weiter an.

c) Der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen ist vorliegend auch erheblich größer als der Nachteil der Betroffenen, § 93 i. V. m. § 92 Satz 2 WHG.

Durch die Verlegung der Schmutzwasserdruckleitung im Grundstück FlNr. ... der Antragsteller ergibt sich für diese kein ernstlicher Nachteil. Mit Ausnahme der Bewirtschaftung während der Bauphase, für die Entschädigung zu leisten ist, ergibt sich nach unwidersprochenem Vortrag der Beigeladenen für die spätere landwirtschaftliche Nutzung der Grünlandfläche keine Beeinträchtigung. Die Druckleitung wird auch dem Wegeverlauf folgend entlang des östlichen Rands des im Übrigen unberührt bleibenden, ca. 58.000 qm großen Grundstücks verlegt. Der mit dem Vorhaben verbundene Nachteil für die Antragsteller beschränkt sich mithin bei realistischer Betrachtung - die Bauphase ausgenommen - auf die ideelle Beeinträchtigung ihres Grundeigentums.

Diesen Belangen der Antragsteller sind die für die Duldungsanordnung sprechenden Gemeinwohlgründe gegenüberzustellen. Dabei ist der zu erwartende Nutzen immer dann erheblich größer als der eintretende Nachteil, wenn die für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlgründe die beeinträchtigten Eigentümer- und Nutzerbelange in ihrer Gesamtheit deutlich überwiegen (Zöllner in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand Mai 2014, § 93 WHG Rn. 68). Vorliegend ist dabei nicht nur auf den - nicht näher zu erläuternden, weil offensichtlichen - generellen Vorteil durch den erstmaligen Anschluss der Außenbereichsanwesen an die gemeindliche Kanalisation abzustellen, da die Beigeladene diese Maßnahme im Zweifel auch ohne die Inanspruchnahme des Grundstücks der Antragsteller durchführen könnte und durchführen würde. Der Nutzen liegt vielmehr in der mit der Duldungsanordnung verbundenen - erheblichen, s.o. - Kostenersparnis, welche die mit dem Vorhaben für die Antragsteller verbundenen Nachteile bei weitem überwiegt. In die Gesamtabwägung dürfte wohl zusätzlich auch die Überlegung einzustellen sein, dass die Beigeladene in den beiden Bauabschnitten (soweit nicht aus technischen Gründen anders erforderlich) die Druckleitung einheitlich entlang des Feldwegs verlegen kann und somit in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht eine Sonderlösung für einen Teilabschnitt des Vorhabens im Vergleich zu dem im Übrigen geplanten und mit den anderen betroffenen Grundstückseigentümern bereits konsensual vereinbarten Vorgehen vermieden wird.

d) Im Hinblick auf die weiteren Voraussetzungen einer rechtmäßigen Duldungsanordnung nach § 93 WHG, insbesondere die vergeblichen Bemühungen um die Durchsetzung eines zivilrechtlichen Durchleitungsrechts im Verhandlungsweg (vgl. hierzu Petersen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2014, § 93 Rn. 27 f.) und die Ermessensausübung des Antragsgegners, sind Rechtsfehler weder erkennbar noch substantiiert vorgetragen.

Der Antrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Nachdem die Beigeladene im Eilverfahren keinen Antrag stellte und sich damit keinem Kostenrisiko aussetzte (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspräche die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten nicht der Billigkeit, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.