Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Juli 2016 - M 18 S7 16.2804

07.07.2016

Tenor

I.

Der Beschluss des Gerichts vom 2. Mai 2016 (M 18 E 16.1267) wird aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner zu verpflichten, ihn vorläufig in Obhut zu nehmen, wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Abänderungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller erhob durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom ... März 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid des Antragsgegners vom 18. Januar 2016, mit dem sein Antrag auf Inobhutnahme abgelehnt worden war, aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihn ärztlich untersuchen zu lassen. Die Klage ist unter dem Az. M 18 K 16.1266 noch anhängig.

Gleichzeitig beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom ... März 2016, den Antragsgegner zu verpflichten, ihn einstweilen in Obhut zu nehmen (M 18 E 16.1267).

Mit Beschluss vom 2. Mai 2016 verpflichtete das Gericht den Antragsgegner im Rahmen einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, den Antragsteller vorläufig in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen, da nach Auffassung des Gerichts bisher keine ordnungsgemäße Alterseinschätzung des Antragstellers durch den Antragsgegner durchgeführt worden war.

Mit Schriftsatz vom ... Juni 2016 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers, dem Antragsgegner gemäß § 172 VwGO eine Frist zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem gerichtlichen Beschluss vom 2. Mai 2016 zu setzen, ein Zwangsgeld anzudrohen und nach fruchtlosem Fristablauf festzusetzen (M 18 V 16.2569).

Der Antragsgegner habe dem Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht Folge geleistet, vielmehr am 3. Juni 2016 eine erneute Alterseinschätzung durchgeführt und aufgrund dieser den Antragsteller nicht in Obhut genommen.

Dieses Verfahren wurde vom Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom ... Juli 2016 für erledigt erklärt, nachdem der Antragsgegner den Antragsteller aufgrund des Beschlusses vom 2. Mai 2016 am 27. Juni 2016 in einer Jugendhilfeeinrichtung unterbrachte.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2016 beantragte der Antragsgegner,

den Beschluss des Verwaltungsgericht vom 2. Mai 2016 aufzuheben.

Eine entsprechend diesem Beschluss durchgeführte Altersfeststellung habe erneut die Volljährigkeit des Antragstellers ergeben, so dass seine Inobhutnahme rechtswidrig sei. Es werde gebeten, auch die Sicherung der Qualität der Jugendhilfe bei der Entscheidung zu berücksichtigen, da die Unterbringung eines Volljährigen in einer Jugendhilfeeinrichtung u. U. massive Probleme für die Einrichtung und die dort untergebrachten Jugendlichen bedeute.

Dem Antrag beigefügt war ein Schreiben an den Antragsteller vom 13. Juni 2016, in dem der Antragsteller darüber informiert wurde, dass aufgrund der am 3. Juni 2016 erfolgten Alterseinschätzung, die durch drei Mitarbeiter des Jugendamtes unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers erfolgt sei, seine Volljährigkeit festgestellt worden sei. Es sei eine detaillierte Befragung durchgeführt worden, um einen umfassenden Gesamteindruck zu gewinnen. Äußeres Erscheinungsbild, Art und Ausdrucksweise und das Verhalten des Antragstellers seien in die Beurteilung miteingeflossen. Das äußere Erscheinungsbild sei durch eine tiefe Stimmlage, dichte Haare, ausgeprägte Stirnfalten und Bartwuchs, kantige Gesichtszüge und einen erwachsenen Körperbau, eine abgeschlossene körperliche Entwicklung, gekennzeichnet. Art und Ausdrucksweise seien während des Gesprächs bewusst und überlegt gewesen. So habe der Antragsteller erklärt, fünf Brüder und eine Schwester zu haben, zu deren Alter er keine genaueren Angaben machen könne. Der Antragsteller habe angegeben, seine Familie habe überwiegend von der Landwirtschaft gelebt, er selbst habe außer der Koranschule keine Schule besucht, aber ca. 3-4 Jahre in einer Autowerkstatt gearbeitet. Das Alter, das er angeblich von seiner Mutter erfahren habe, habe er mit 16 Jahren angegeben. Er habe während des Gesprächs sicher, gefasst und rational reagiert, auf genauere Nachfragen zur Biographie jedoch ausweichend geantwortet.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers beantragte mit Schriftsatz vom ... Juli 2016

den Antrag abzulehnen.

Die Volljährigkeit des Antragstellers sei nach wie vor nicht endgültig geklärt, so dass die vorläufige Inobhutnahme weiterhin sachgerecht sei. Käme es nur auf Zweifel des Jugendamtes an, hätte es dieses in der Hand, die Anträge des Minderjährigen oder des Vormunds einfach dadurch auszuhebeln, dass es erkläre, keine Zweifel zu haben. Es hätte damit ein Entscheidungsmonopol, was der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt habe. Zweifel seien daher auch dann zu bejahen, wenn der Minderjährige oder sein Vormund auf seiner Altersangabe beharre und diese nicht aus objektiver Sicht wiederlegt werden könne. So käme eine Aufhebung des Beschlusses allenfalls nach Durchführung einer ärztlichen Untersuchung mit einem eindeutigen Ergebnis in Betracht.

Dem Antrag beigefügt war ein Beitrag aus dem „Sozialmagazin“ Sonderheft UMF zur Alterseinschätzung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Aufhebungsantrag hat Erfolg.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Eine Abänderung bzw. Aufhebung einer Entscheidung gemäß § 123 VwGO ist bei Vorliegen der entsprechend anwendbaren Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 VwGO möglich (BayVGH, Beschluss vom 27.8.2010-11 A S 10.1650; Eyermann, VwGO, § 123, Rn. 77f).

Der Antrag des Antragsgegners auf Aufhebung des Beschlusses vom 2. Mai 2016 ist auch begründet, da sich die für die damalige Entscheidung maßgebliche Sachlage geändert hat. Aufgrund der vom Antragsgegner am 03. Juni 2016 durchgeführten Alterseinschätzung ist von der Volljährigkeit des Antragstellers auszugehen, so dass er nicht mehr in Obhut genommen werden kann und darf.

Im Rahmen des behördlichen Verfahrens zur Altersfeststellung hat das Jugendamt zunächst gemäß § 42 f Abs. 1 SGB VIII die Minderjährigkeit einer Person durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere festzustellen oder hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen. Nur wenn danach noch Zweifel bezüglich der Minderjährigkeit bestehen, kommt eine ärztliche Untersuchung des Betroffenen gemäß Abs. 2 der Vorschrift in Betracht. Ob ein Zweifelsfall vorliegt, unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen, gerichtlichen Kontrolle.

Der Antragsteller verfügt über keine aussagekräftigen Ausweispapiere, die Rückschlüsse auf sein Alter ermöglichen würden. Die in den Akten enthaltene Ablichtung bzw. Fotografie einer Tazkira stellt kein Dokument mit Beweiswert dar (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.9.2014-12B 923/14-juris).

Der Antragsteller war daher gehalten, eine Alterseinschätzung durch eine qualifizierte Inaugenscheinnahme des Antragstellers, die eine Befragung einschließt, durchzuführen.

Aufgrund dieser Inaugenscheinnahme ist der Antragsgegner, für das Gericht, das sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kein eigenes Bild von dem Antragsteller machen kann, nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsteller volljährig ist.

Der Antragsteller selbst hat wechselnde Angaben zu seinem Alter gemacht. Bei der Bundespolizei in ... gab er sein Alter mit 15 Jahren an (entspr. Geburtsjahr 2000), gegenüber den Mitarbeitern der Sicherheitsfirma in der Gemeinschaftsunterkunft in ... behauptete er, am 20. Januar 1999 geboren zu sein und im Antrag auf Inobhutnahme vom 12. Januar 2016 ist als Geburtsdatum der 1. Januar 1999 angegeben. Zum Alter seiner Geschwister konnte er dagegen in dem Alterseinschätzungsgespräch mit dem Antragsgegner keine genaueren Angaben machen. Auch anderen klaren Aussagen zu seiner Biographie, die Rückschlüsse auf sein Alter zulassen würden, wich der Antragsteller nach den Feststellungen des Antragsgegners aus. Dabei kann grundsätzlich von dem Betroffenen erwartet werden, dass er Angaben zu seinem Lebenslauf macht, die eine gewisse zeitliche Einordnung ermöglichen. Die wenigen Angaben des Antragstellers sind jedoch nicht geeignet, die ausreichend dokumentierten Feststellungen des Antragsgegners, dass der Antragsteller nach seinem äußeren Erscheinungsbild und seinem Verhalten volljährig sei, zu erschüttern.

Es liegt auch kein Zweifelsfall vor, der eine ärztliche Untersuchung des Antragstellers erfordern würde. Für die Annahme eines Zweifelsfalles ist es nicht ausreichend, dass der Antragsteller seine Minderjährigkeit nach wie vor behauptet. Ein Zweifelsfall setzt vielmehr voraus, dass die Alterseinschätzung des Jugendamtes nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, in sich widersprüchliche Angaben enthält oder tragfähige Indizien für die behauptete Minderjährigkeit vorgelegt werden. Wäre allein die Behauptung des Betroffenen ausreichend, würde das von seinem Bevollmächtigten behauptete „Entscheidungsmonopol des Jugendamtes“ in das Gegenteil verkehrt und zu einem Entscheidungsmonopol des Antragstellers. Würde das schlichte Behaupten der Minderjährigkeit für die Annahme eines Zweifelsfalls - und damit für eine vorläufige Inobhutnahme - ausreichen, bestünde, worauf nicht zuletzt der Antragsgegner mit dem Hinweis auf die Sicherung der Qualität der Jugendhilfe abzielt, die Gefahr, in erheblichem Umfang auch volljährige Personen in Einrichtungen unterbringen zu müssen, die für einen anderen, den besonders schutzwürdigen Personenkreis der Minderjährigen konzipiert sind. Möglicherweise würden damit sowohl den Sinn und Zweck dieser Einrichtungen gefährdet wie auch vorhandene Kapazitäten vorschnell erschöpft. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung oder Beendigung einer vorläufigen Inobhutnahme gemäß § 42 f Abs. 3 SGB VIII zeigt, dass es ein besonderes Anliegen des Gesetzgebers war, für die besonders schutzbedürftigen minderjährigen Flüchtlinge ausreichende Kapazitäten bereit zu halten bzw. die Plätze bei unberechtigter Inanspruchnahme kurzfristig frei zu machen (vgl. BT-Drs. 18/6392, S.21).

Aufgrund der geänderten Sachlage nach der qualifizierten Alterseinschätzung des Antragsgegners waren daher dem Antrag auf Aufhebung des Gerichtsbeschlusses vom 2. Mai 2016 stattzugeben und den Antrag auf vorläufige Inobhutnahme des Antragstellers abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 VwGO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 172


Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.