Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Jan. 2015 - M 11 S 14.50667
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Bescheid des Bundesamtes ... vom ... Oktober 2014 wird angeordnet.
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
II.
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Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht München
M 11 K 14.50666
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
vom 18. Mai 2015
11. Kammer
Sachgebiets-Nr. 710
Hauptpunkte:
Dublin III-Verfahren; Überstellung nach Ungarn; Systemische Mängel betreffend die Unterbringung von Familien mit minderjährigen Kindern;
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
1. ..., geb. ...1983
2. ..., geb. ...1991
3. ..., geb. ...2007
4. ..., geb. ...2010
5. ..., geb. ...2012
zu 1 bis 5 wohnhaft: ....
- Kläger -
zu 1 bis 5 bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...
gegen
... - Beklagte -
wegen Vollzugs des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 11. Kammer, durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichterin
am 18. Mai 2015
folgenden Gerichtsbescheid:
I.
Der Bescheid des Bundesamtes ... vom ... Oktober 2014 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher
Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
den Bescheid vom ... Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren in eigener Zuständigkeit durchzuführen.
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Dem Antrag eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Gründe
-
I.
- 1
-
Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
-
II.
- 2
-
Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
- 3
-
1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
-
"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
- 4
-
Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
- 5
-
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
- 6
-
Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
- 7
-
Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
- 8
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
- 9
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
- 11
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
Gründe
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I.
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Der Kläger, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben im Jahr 2009 über den Seeweg nach Italien ein. Er lebte etwa einen Monat in einer Aufnahmeeinrichtung in Sizilien, wurde dort erkennungsdienstlich behandelt und reiste im Herbst 2009 nach Deutschland weiter, ohne in Italien Asyl beantragt zu haben. Im Oktober 2009 stellte er in Deutschland einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens nach der Dublin-II-Verordnung als unzulässig ablehnte. Der Kläger wurde daraufhin im Dezember 2009 auf dem Luftweg über den Flughafen Rom-Fiumicino nach Italien überstellt. Im Januar 2011 wurde er erneut in Deutschland angetroffen und stellte wieder einen Asylantrag. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 27. April 2011 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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II.
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.
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Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"inwieweit bei der Prognoseentscheidung über beachtliche Wahrscheinlichkeit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bei Rückführung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat individuelle Erfahrungen des Betroffenen im dortigen Mitgliedstaat in erheblichem Maße zu berücksichtigen sind."
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Damit in Zusammenhang stehe die Frage,
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"ob es der Feststellung systemischer Mängel bedarf, wenn einem Betroffenen schon einmal oder ggf. auch mehrmals erniedrigende und unmenschliche Behandlung widerfahren ist, insbesondere nach einer schon einmal erfolgten Überstellung."
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Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lassen sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Der beschließende Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 19. März 2014 - BVerwG 10 B 6.14 - (juris Rn. 5 ff.) ausgeführt:
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"Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
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Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den 'zuständigen Mitgliedstaat' im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ('systemic failure') abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus."
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Aus der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin-II-Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten kann und es nicht darauf ankommt, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass derartige individuelle Erfahrungen vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung des Antragstellers (hier: Italien) vorliegen (UA S. 26). In diesem begrenzten Umfang sind individuelle Erfahrungen des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass persönliche Erlebnisse Betroffener, die - wie hier - einige Jahre zurückliegen, durch neuere Entwicklungen im betreffenden Staat überholt sein können. Individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 GR-Charta verstoßenden Behandlung führen hingegen nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (so auch das Berufungsgericht UA S. 26 f.). Weiteren Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es zur Beantwortung der von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nicht.
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22.01.2014 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... September 2014 wird angeordnet.
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge syrischer Staatsangehörigkeit und reiste am
Laut einer Eurodac-Treffermeldung liegt in Ungarn ein Asylantrag des Antragstellers vom
Mit Bescheid vom ... Mai 2014 ordnete das Bundesamt die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn an. Am
Mit Bescheid vom ... September 2014, dem Antragsteller am
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 3 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.
Am
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Verfahren M 16 K 14.50534 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist begründet.
Eine Abwägung des Interesses des Antragstellers an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage mit dem öffentlichen Interesse an einem Sofortvollzug der Abschiebungsanordnung ergibt, dass die privaten Interessen des Antragstellers derzeit überwiegen.
Die Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf der Grundlage der aktuell vorliegenden Erkenntnismittel ergibt, dass die Erfolgsaussichten der Klage jedenfalls offen sind. Nach derzeitigem Sach- und Streitstand sprechen hinreichend gewichtige Gründe dafür, dass der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes vom ... September 2014 rechtswidrig und der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein könnte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Möglicherweise ist der Asylantrag des Antragstellers nicht deshalb gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, weil ein anderer Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig wäre. Sollte vielmehr die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung des Asylantrags gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO gegeben sein, so wäre der Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34 a i. V. m. § 27 a AsylVfG bereits aus diesem Grund rechtswidrig.
1. Zwar wäre hier grundsätzlich von einer Zuständigkeit Ungarns gemäß Art. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl.
2. Die Frage, ob in Ungarn „systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber“ im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegen und ob eine Überstellung nach Ungarn einen Verstoß gegen Art. 4 der EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK darstellt, wird in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unterschiedlich beantwortet (vgl. in diesem Sinne z. B. aus jüngerer Zeit insbesondere VG München, U. v. 29.8.2014 - M 24 K 13.31294; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris; a. A. z. B. VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris). In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird diese Frage vor dem Hintergrund der neueren Erkenntnismittel auch vielfach als zumindest offen angesehen (vgl. z. B. VG Gelsenkirchen, B. v. 2.10.2014 - 10a L 1415/14.A; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris; VG Sigmaringen, B. v. 22.4.2014 - A 5 K 972/14 - juris; VG Freiburg, B. v. 7.3.2014 - A 5 K 93/14 - juris). Auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat jüngst im Hinblick auf die divergierende erstinstanzliche Rechtsprechung in einem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dem Antrag im Rahmen einer zugelassenen Berufung stattgegeben (vgl.
Weitere obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage liegt bislang, soweit ersichtlich, nur mit den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt
Sowohl UNHCR als auch der Europäische Flüchtlingsrat sowie das ungarische Helsinki Komitee warnen, dass die Rechtsgrundlagen für eine Inhaftierung von Personen, die internationalen Schutz suchen, zu weit seien und daher ein erhebliches Risiko einer umfassenden Inhaftierung von Asylbewerbern bestehe (vgl. UNHCR, UNHCR Comments and Recommendations on the Draft Modification of certain migration-related Legislative Acts for the Purpose of Legal Harmonisation, 12.4.2013, S. 7 f, S. 10; European Council on Refugees and Exiles - ECRE Weekly Bulletin, 14.6.2013, S. 3; Hungarian Helsinki Committee, Brief Information Note on the Main Asylum-Relates Legal Changes in Hungary as of 1 July 2013, S. 2 unter www.helsinki.hu). Die Gesetzesänderung sieht - neben anderen Gründen - als Grund für die Inhaftierung von Asylbewerbern die Feststellung ihrer Identität oder Nationalität vor, und wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, dass der Asylsuchende das Asylverfahren verzögert oder vereitelt oder Fluchtgefahr bei ihm besteht (vgl. Hungarian Helsinki Committee, a. a. O., S. 2). UNHCR äußert dabei in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf die Vermutung, dass Hauptziel dieser (zeitlich vorgezogenen) Gesetzesänderung eine Senkung der Zahl der Asylanträge sei. Inhaftierung würde als Instrument zur Kontrolle von Migration eingesetzt, um illegale Einreise zu pönalisieren und unrechtmäßige Weiterwanderung zu verhindern (vgl. UNHCR, a. a. O., S. 7 f). Weiterhin berichtet das ungarische Helsinki Komitee davon, dass im Hinblick auf die steigende Zahl der Asylsuchenden in Ungarn (mehr als 10.000 Asylbewerber seien im Zeitraum von Januar bis Juni 2013 registriert worden) die Hauptaufnahmeeinrichtung in Debrecen deutlich überbelegt sei (über 1.300 Asylsuchende Mitte Juni), was zu ernsthaften Problemen geführt habe, insbesondere zu einer eklatanten Verschlechterung der hygienischen Bedingungen. Auch der aktuelle Bericht der Arbeitsgruppe über willkürliche Inhaftierungen des „United Nations Human Rights Office of the High Commissioner“ über einen Besuch in Ungarn vom 23. September bis 2. Oktober 2013 kritisiert die Inhaftierungspraxis in Ungarn, insbesondere auch die fehlenden effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten und mahnt solide Verbesserungen an (vgl. United Nations Human Rights Office of the High Commissioner - Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon conclusion of its visit to Hungary - 23 September - 2 October 2013 - S. 4, unter http://www.ohchr.org). Ebenso kommt der aktualisierte und ergänzte Bericht von Pro Asyl „Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, zu dem Ergebnis, dass in Ungarn derzeit von „systematischen Mängeln“ in den Aufnahmeeinrichtungen auszugehen sei. Es sei aufgrund des massiven Anstiegs von Asylanträgen davon auszugehen, dass die „systemischen Mängel“ noch weiter zunehmen würden. Sollte der Großteil der Asylantragsteller, die sich derzeit in anderen EU-Staaten aufhielten, zurück nach Ungarn überstellt werden, so wären die vorhandenen Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende keinesfalls in der Lage, eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten (vgl. Pro Asyl, Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, Stand Oktober 2013 (http://bordermonitoring.eu/files/2013/10/Ungarn_Update_Oktober_2013. pdf, S. 35f). Auch der aktualisierte Bericht des ungarischen Helsinki Komitees (Hungarian Helsinki Committee, „Information Note On Asylum-Seekers In Detention And In Dublin Procedures In Hungary”, Stand: Mai 2014, http://helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-info-update-May-2014.pdf), der aida Länderbericht (aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30. April 2014, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_-_hungary_second_update_final_uploaded_0.pdf) sowie die Stellungnahme des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf (vgl.
Insbesondere im Hinblick auf diese neueren Erkenntnisquellen sind die Erfolgsaussichten der Klage nach summarischer Prüfung derzeit als offen anzusehen. Eine eingehendere Prüfung muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Im Eilrechtsschutzverfahren ist jedenfalls bei der Abwägung das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage nicht zwangsweise nach Ungarn rücküberstellt zu werden, angesichts der ihm nicht ausschließbar drohenden Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer möglichst umgehenden Rückführung des Antragstellers aufgrund der Dublin-III-Verordnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage - A 5 K 971/14 - gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25.03.2014 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
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Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 09.01.2014 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens.
Gründe
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 5. Kammer - vom 6. August 2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger ist somalischer Staatsangehöriger. Er reiste von Serbien nach Ungarn ein und stellte dort am 17. November 2011 einen Asylfolgeantrag. Nachdem er zunächst in Abschiebehaft genommen worden war, wurde er ab Dezember 2011 in einer offenen Aufnahmeeinrichtung untergebracht. Der Asylantrag wurde nach Durchführung einer persönlichen Anhörung des Klägers am 16. Dezember 2011 abgelehnt, da er über einen sicheren Drittstaat eingereist sei. Der Kläger verließ daraufhin die Aufnahmeeinrichtung und reiste am 2. Januar 2012 über Österreich nach Deutschland. Nachdem die Beklagte am 9. Januar 2012 ein entsprechendes Übernahmeersuchen gestellt hatte, erklärte die zuständige ungarische Behörde mit Schreiben vom 16. Januar 2012 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Klägers. Dieser stellte dann am 30. Januar 2012 in Deutschland einen Asylantrag.
- 2
Mit Bescheid vom 19. April 2012 erklärte die Beklagte den Asylantrag des Klägers für unzulässig und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an. Außergewöhnliche humanitäre Gründe zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts seien nicht ersichtlich. Mit Beschluss vom 30. Mai 2012 verpflichtete das Verwaltungsgericht Magdeburg die Beklagte bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens im Wege der einstweiligen Anordnung, Maßnahmen zu unterlassen, welche eine Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn ermöglichen sollten (- 5 B 136/12 MD -).
- 3
Der Kläger hat am 6. Juli 2012 beim Verwaltungsgericht Magdeburg zunächst im Wege einer Untätigkeitsklage eine Verpflichtungsklage erhoben und mit Schriftsatz vom 16. Juli 2012 die Klage auf eine Anfechtungsklage umgestellt.
- 4
Mit Urteil vom 6. August 2012 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben. Die Beklagte sei verpflichtet, ihr Selbsteintrittsrecht gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-Verordnung auszuüben, auch wenn der Kläger nicht zu den besonders schutzbedürftigen Personen zähle. Das Gericht erkenne im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes erhebliche systemische Mängel von Asylverfahren in Ungarn, speziell in Bezug auf die Behandlung von "Dublin-Rückkehrern". Zwar stünde das ungarische Asylrecht im Allgemeinen mit den internationalen und europäischen Standards in Einklang und enthalte die wichtigsten Garantien. Jedoch gäbe es in der Anwendungspraxis schwerwiegende Mängel. Dies ergebe sich aus einem Bericht des UNHCR zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn ("Ungarn als Asylland") von April 2012 sowie einer Veröffentlichung von Pro Asyl mit dem Titel "Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit Bericht einer einjährigen Recherche bis Februar 2012". Der Kläger stünde danach in Gefahr, bei einer Abschiebung nach Ungarn einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
- 5
Auf den Antrag der Beklagten hat der beschließende Senat die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
- 6
Die Beklagte hat fristgerecht Berufung eingelegt und trägt vor, das ungarische Ausländergesetz und das ungarische Asylgesetz seien mit Wirkung vom 1. Januar 2013 novelliert worden, entsprechende Änderungen des Verfahrens habe es schon seit Juni 2012 gegeben. Die Gefahr, dass Dublin-Rückkehrern auf Grund unzureichender Aufnahmebedingungen und nicht ausreichendem Schutzzugang für Asylsuchende im Falle einer Rücküberstellung nach Ungarn eine erniedrigende Behandlung drohe, könne damit nicht (mehr) festgestellt werden. Insoweit verweise er auf Berichte eines Mitarbeiters des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, der seit Januar 2012 als Liasonmitarbeiter in der Asyldirektion des Ungarischen Amtes für Staatsbürgerschaft und Einwanderung eingesetzt sei. Nach Auskünften der zuständigen Mitarbeiter in der Ungarischen Asyldirektion würde der Kläger automatisch als Asylfolgeantragsteller behandelt, ohne dass es einer förmlichen zweiten Antragstellung bedürfe. In dem durchzuführenden Asylfolgeverfahren würden sämtliche individuellen Fluchtgründe berücksichtigt, ohne dass auf die Einreise aus Serbien abgestellt werde. Ein Ausweisungsverfahren würde nicht eingeleitet werden und der Kläger zunächst ein auf ein Jahr beschränktes temporäres Aufenthaltsrecht erhalten. Während des Verfahrens würde er einer offenen Aufnahmeeinrichtung zugewiesen werden.
- 7
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 5. Kammer - vom 6. August 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er macht geltend, es bestünde die Gefahr seiner Inhaftierung und verweist auf eine auf ihn zugeschnittene Stellungnahme des ungarischen Helsinki-Kommitees vom 8. April 2013, eine Stellungnahme des UNHCR zu einem aktuellen ungarischen Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Migrationsrechts vom 12. April 2013 sowie auf die Ausführungen in dem Bericht von Pro Asyl zu dem Haftregime in Ungarn. Am 1. Juli 2013 solle eine neue Gesetzgebung in Ungarn in Kraft treten, welche die Inhaftierung von Asylbewerbern für maximal sechs Monate vorsehe und auch auf laufende Fälle Anwendung finden solle. Möglicherweise werde ihm nach geplanten Regelungen dieser Gesetzgebung vorgehalten, dass er sich im Dezember 2011 nach Ablehnung seines Asylantrages aus der Aufnahmeeinrichtung abgesetzt habe. Der UNHCR führe in seinem Bericht aus, dass er mit Besorgnis registriert habe, dass die Novellierung der EU-Richtlinie zu den Aufnahmebedingungen zuerst im Hinblick auf die Bestimmungen zur Inhaftierung von Asylbewerbern umgesetzt würden. Nach dem Bericht seien die Inhaftierungsgründe auch viel zu unbestimmt und es bestünde der Verdacht, dass das vorrangige Ziel der Gesetzesänderung die Verringerung der Zahl der Asylanträge sei. Ein weiterer Grund für Besorgnis sei, dass Asylbewerber nach den neuen Bestimmungen bezüglich ihrer Inhaftierung schärferen gesetzlichen Bedingungen als Personen in Migrationshaft ausgesetzt seien, die kein Asyl beantragt hätten. Schließlich werde große Besorgnis im Hinblick auf die Effizienz der gerichtlichen Kontrolle in Ungarn bezüglich der Verhängung und Verlängerung von Abschiebungshaft zum Ausdruck gebracht. Weiterhin sei auch zu beachten, dass ihm nach dem Bericht von Pro Asyl bei Erlangung eines Schutzstatus längerfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit die Obdachlosigkeit und das Ausscheiden aus dem Sozialleistungssystem drohe. Die entsprechenden Ausführungen stünden in Einklang mit denjenigen des UNHCR in seinem Bericht von April 2012.
- 12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorganges, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, Bezug genommen.
II.
- 13
Der Senat entscheidet über die zulässige Berufung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO, weil er sie einstimmig für begründet und bei geklärtem Sachverhalt keine mündliche Verhandlung für erforderlich hält.
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Die Beteiligten wurden dazu angehört (§§ 130a Satz 2 i.V.m. 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Eine erneute Anhörung auf Grund des Schriftsatzes des Klägers vom 10. Mai 2013 musste nicht erfolgen. Die Verfahrensbeteiligten sind nur dann durch eine erneute Anhörungsmitteilung von der fortbestehenden Absicht des Gerichts in Kenntnis zu setzen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wenn nach der entsprechenden Ankündigung ein erheblicher Beweisantrag gestellt wurde oder sich die prozessuale Lage des Rechtsstreits nach einer Anhörungsmitteilung wesentlich ändert, etwa dadurch, dass ein Prozessbeteiligter seinen bisherigen Sachvortrag in erheblicher Weise ergänzt oder erweitert (vgl. BVerwG, Beschlüsse v. 17. August 2010 - 10 B 19/10 - und v. 15. Mai 2008 - 2 B 77/07 -, jeweils zit. nach JURIS). Eine solche erhebliche Änderung der Sachvortrags lag nicht vor.
- 15
Die Anfechtungsklage des Klägers ist nicht begründet. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Klägern nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
- 16
Der Asylantrag des Klägers ist gem. § 27a AsylVfG unzulässig. Ungarn ist nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Abl Nr. L 50 S. 1) Dublin-II-VO - in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 (ABl Nr. L 222 S. 3) der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat.
- 17
Die Verpflichtung Ungarns ist unstreitig weder nach den einschlägigen Regelungen der Dublin-II-VO erloschen noch hat nach diesen Regelungen ein Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte oder einen anderen Staat stattgefunden.
- 18
Die Beklagte ist für die Prüfung des Asylantrags des Klägers auch nicht gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO zuständig.
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Danach kann abweichend von Absatz 1 jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (Satz 1). Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen (Satz 2). Der Europäische Gerichtshof - EuGH - hat zu der Reduzierung des in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO enthaltenen Ermessensspielraums entschieden, dass zwar die Vermutung gelte, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention stehe. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoße, so dass eine ernstzunehmende Gefahr bestehe, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar sei. Nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat oder jeder Verstoß gegen einzelne Bestimmungen der einschlägigen unionsrechtlichen Richtlinien berühre die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten. Wenn dagegen dem Mitgliedstaat einschließlich der nationalen Gerichte nicht unbekannt sein könne, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt zu werden, obliege es ihnen, keine Überstellung vorzunehmen. Der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, sei in einem solchen Fall verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden könne (so EuGH, Urt. v. 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, zit. nach JURIS, Rdnr. 80 ff.).
- 20
Es ist aber nicht ernsthaft zu befürchten, dass das Asyl(folge)verfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren (vgl. auch VG Augsburg, Beschl. v. 22. April 2013 - Au 6 S 13.30099 -; VG Regensburg, Urt. v. 8. Februar 2013 - RO 4 K 11.30204 -; VG Potsdam, Beschl. v. 26. Februar 2013 - 6 L 50/13.A -; VG Trier, Beschl. v. 15. Januar 2013 - 5 L 51/13.Tr -, jeweils zit. nach JURIS).
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Die vom Verwaltungsgericht angenommenen Mängel in der Anwendung des einschlägigen ungarischen Asyl- und Ausländerrechts, insbesondere hinsichtlich der Behandlung sog. Dublin-Rückkehrer, sind durch die im November 2012 erfolgte Verabschiedung umfangreicher Gesetzesänderungen in hinreichender Weise abgestellt worden. Der Senat folgt insoweit den detaillierten Angaben des Mitarbeiters des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der als Liaisonmitarbeiter beim Ungarischen Amt für Staatsbürgerschaft und Einwanderung eingesetzt ist, und denen der Kläger nicht widersprochen hat. Auch in einem Bericht vom Dezember 2012 führt der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen - UNHCR - aus, dass Dublin-Rückkehrer nicht inhaftiert werden und die Möglichkeit erhielten, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Soweit das VG Hannover in einem Beschluss vom 18. März 2013 (- 1 B 2448/13 -) eine abweichende Einschätzung vorgenommen hat, verwies das Gericht unter Bezugnahme auf eine ältere Entscheidung des VG Ansbach vom 7. Januar 2013 (- AN 11 E 13.30006 -) lediglich darauf, es handele sich bei den Gesetzesänderungen nach einem Bericht des UNHCR von April 2012 um einen Regelungsentwurf und damit sei erst recht noch keine Änderung in der Praxis eingetreten. Diese Einschätzung, der auch das Verwaltungsgericht (Beschl. v. 11. April 2013 - 9 B 140/13 -, zit. nach JURIS) folgt, ist inzwischen überholt.
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Die Einwendungen des Klägers im Berufungsverfahren führen zu keiner anderen Beurteilung.
- 23
Ohne Erfolg macht er geltend, ab 1. Juli 2013 in Ungarn geltende Bestimmungen führten möglicherweise zu seiner Inhaftierung für bis zu sechs Monaten. Abgesehen davon, dass diese Bestimmungen noch nicht in Kraft getreten sind und nicht hinreichend feststeht ist, ob sie auf den Kläger überhaupt anwendbar sind, ist schon nach den insoweit maßgebenden Kriterien zum Ausmaß der Beeinträchtigungen von Grundrechten der Asylbewerber (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 21. Dezember 2011, a.a.O., Rdnr. 81, 87 89; Schlussanträge in dem Verfahren C-411/10, zit. nach JURIS, Rdnr. 113 sowie in dem Verfahren C-4/11, zit. nach CURIA, Rdnr. 61; Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406, 408) und dem dazu zu fordernden Umfang der Erkennbarkeit (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 21. Dezember 2011, a.a.O., Rdnr. 89, 106; Schlussanträge in dem Verfahren C4/11, zit. nach EU-CURIA, Rdnr. 61) weder dargelegt noch sonst hinreichend ersichtlich, dass die geplanten Regelungen zu systemischen Mängeln i.S.d. Rechtsprechung des EuGH führen. Weder in der vom Kläger übermittelten Stellungnahme des Helsinki-Komitees noch in dem von ihm angeführten Bericht des UNHCR von April 2013 wird geltend gemacht, dass eine Inhaftierung von Asylbewerbern nach den geplanten Regelungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen würde. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass Ungarn damit gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK verstoßen würde. Auch wurde nicht behauptet, dass es sich dabei um eine Verletzung des Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft handelt, wonach die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Gewahrsam nehmen, weil sie ein Asylbewerber ist. Vielmehr wird in dem Bericht des UNHCR gerade darauf verwiesen, dass Ungarn mit den Gesetzesänderungen teilweise Vorgaben einer (geplanten) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Asylbewerbern umsetzen wolle. Hinreichende Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht daraus, dass der UNHCR hinsichtlich der Unbestimmtheit der Regelungen, der Effizienz der gerichtlichen Kontrolle und der Vergleichbarkeit mit Personen in Migrationshaft, die kein Asyl beantragt hätten, (große) Besorgnis zum Ausdruck bringt. Dass Haftbedingungen bestehen, welche die auf Grund der geplanten Regelungen inhaftierte Asylbewerber einer erniedrigenden Behandlung aussetzen (vgl. auch EGMR, Urt. v. 21. Januar 2011 30696/0 -, NVwZ 2011, 413, 414), ist ebenfalls weder dargelegt noch sonst ersichtlich, insbesondere nicht in den vom Kläger vorgelegten Stellungnahmen. Berichte zu Haftbedingungen aus der Vergangenheit bezogen sich auf Fälle der automatischen Inhaftierung von Asylbewerbern und Dublin-Rückkehrern. Eine solche automatische Inhaftierung findet gerade nicht mehr statt.
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Soweit der Kläger darauf verweist, es drohten "bei Erlangung eines Schutzstatus in Ungarn längerfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit die Obdachlosigkeit und das Ausscheiden aus dem Sozialleistungssystem", ergibt sich schon aus den von ihm angeführten Stellungnahmen des UNHCR und von Pro Asyl nicht, dass derart eklatante Missstände vorliegen, die derzeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass Asylbewerber in Ungarn insoweit der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (vgl. auch EGMR, Entscheidung v. 2. April 2013 - 27725/10 -, zit. nach HUDOC zu Italien) ausgesetzt sind.
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Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger mit seinen Einwendungen geltend machen will, ihm selbst drohe bei einer Überstellung nach Ungarn eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, und eine solche Einzelfallbetrachtung im Rahmen der Prüfung eines Selbsteintritts gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-VO für notwendig erachtet (vgl. dazu Schlussanträge in dem Verfahren C-411/10, a.a.O., Rdnr. 112; Marx, NVwZ 2011, 409, 411 ff.; vgl. auch Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406, 408), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Angesichts der vom EuGH dargelegten Bedeutung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und des diesem zugrunde liegenden Vertrauensgrundsatzes (vgl. Urt. v. 21. Dezember 2011, a.a.O., Rdnr. 75, 83 ff.) müsste eine solche Einzelfallbetrachtung denselben Prüfungsmaßstäben genügen wie der Nachweis systemischer Mängel. Nach den oben getroffenen Feststellungen ist aber die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung auch im (Einzel)Fall des Klägers weder hinreichend dargelegt noch sonst ersichtlich.
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Offen bleiben kann danach, welche subjektiven Ansprüche der Kläger überhaupt aus Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO herleiten kann (vgl. dazu Schlussanträge in dem Verfahren C-4/11, a.a.O.. Rdnr. 72 ff.).
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.