Verwaltungsgericht Minden Beschluss, 07. Jan. 2015 - 10 L 694/14.A
Tenor
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin U. , C. , wird abgelehnt.
Die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren 10 K 2140/14.A gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. August 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Antragsgegnerin zu vier Fünfteln und die Antragsteller zu 1. und 2. jeweils zu einem Zehntel.
1
G r ü n d e :
2I. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin U. , C. , wird abgelehnt, weil die Antragsteller trotz Aufforderung durch gerichtliche Verfügung vom 5. September 2014 keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt haben (§§ 166 VwGO, 117 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 ZPO).
3II. Der zulässige, insbesondere innerhalb der einwöchigen Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren 10 K 2140/14.A gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. August 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung anzuordnen,
5ist begründet. Die im Verfahren nach § 34a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zugunsten der Antragsteller aus.
61. Für die vorzunehmende Interessenabwägung gelten die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO anwendbaren allgemeinen Grundsätze. Dementsprechend ist das Interesse der Antragsteller an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung gegen das öffentliche Interesse an deren alsbaldiger Vollziehung abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage maßgeblich zu berücksichtigen.
7Dagegen setzt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage anders als in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags (§ 36 Abs. 1 und 4 Satz 1 AsylVfG) nicht voraus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen. Im Gegensatz zu § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG enthält § 34a Abs. 2 AsylVfG keine entsprechende Einschränkung. Ein Antrag, § 34a Abs. 2 AsylVfG entsprechend zu fassen, fand im Gesetzgebungsverfahren keine Mehrheit.
8Vgl. VG Trier, Beschluss vom 18. September 2013 - 5 L 1234/13.TR -, juris Rn. 5 ff. mit ausführlicher Darstellung des Ablaufs des Gesetzgebungsverfahrens; VG Darmstadt, Beschluss vom 9. Mai 2014 - 4 L 491/14.DA.A -, juris Rn. 2.
92. Zum Zeitpunkt des Erlasses der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG) ist offen, ob die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung rechtswidrig ist und die Antragsteller in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Unterlagen liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsteller, die ausweislich des Schreibens des italienischen Innenministeriums vom 7. Juli 2014 bereits in Italien als Flüchtlinge anerkannt wurden, im Falle ihrer Überstellung nach Italien dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des inhaltsgleichen Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ausgesetzt sein werden.
10a) Italien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union sicherer Drittstaat i.S.d. § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Diese Norm bestimmt, dass sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 (GG) berufen kann, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist. Die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin III-VO) bzw. deren Vorgänger, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin II-VO), jeweils i.V.m. § 27a AsylVfG, dürften der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 4 AsylVfG nicht entgegenstehen. Diese Verordnungen dürften auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, nachdem ihnen - wie hier - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz i.S.d. Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, 9; sog. Qualifikationsrichtlinie) zuerkannt worden ist, keine Anwendung finden.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, InfAuslR 2014, 400 (juris Rn. 26); Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a Rn. 34.
12Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG liegt das sog. Konzept der normativen Vergewisserung zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten kraft Entscheidung der Verfassung als sicher.
13Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 u.a. -, BVerfGE 94, 49 (juris Rn. 181).
14Abweichend vom Konzept der normativen Vergewisserung bzw. dem inhaltsgleichen Prinzip des gegenseitigen Vertrauens
15- zu Letzterem vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 (Abdullahi)-, NVwZ 2014, 208 (jurisRn. 52 f., 60) -
16ist Ausländern Schutz zu gewähren, wenn ihrer Überstellung in den sicheren Drittstaat Hindernisse entgegen stehen, die durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nicht vorweg im Rahmen dieses Konzepts von Verfassung oder Gesetz wegen berücksichtigt werden können und die damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. Dies gilt u.a. auch dann, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass der Drittstaat den Ausländer selbst politisch verfolgt bzw. ihn einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK aussetzt.
17Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 u.a. -, BVerfGE 94, 49 (juris Rn. 189).
18Asylbewerber, die in der Regel vollständig auf staatliche Hilfe angewiesen sind, sind einer solchen Behandlung ausgesetzt, wenn sie sich in einer mit der menschlichen Würde unvereinbaren Situation ernsthafter Entbehrungen und Not behördlicher Gleichgültigkeit gegenüber sehen.
19Vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarak-hel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 98; s.a. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12 (juris Rn. 24); United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Febru-ar 2014 - EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 -, Rn. 62.
20Das Gleiche muss für Personen gelten, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt oder denen nationaler Abschiebungsschutz gewährt wurde, weil sich diese Personen in Bezug auf ihre tatsächliche soziale Lage im Aufnahmestaat in vielen Aspekten in einer vergleichbaren Situation wie Asylbewerber befinden. Insbesondere verfügen sie in der Regel weder über ausreichende Kenntnisse der Landessprache noch verfügen sie in der Regel im Aufnahmestaat über Familienangehörige oder Bekannte. Insbesondere diese beiden Aspekte schränken diese Personen darin ein, ihren Lebensunterhalt unabhängig von staatlicher Hilfe zu bestreiten.
21Vgl. VG Minden, Beschluss vom 15. März 2013 - 10 L 123/13.A -, Abdruck S. 4.
22Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob staatliche Stellen es durch ihr vorsätzliches Handeln oder Unterlassen betroffenen Personen praktisch verwehren, von ihren gesetzlich verankerten Rechten auf eine Unterkunft und annehmbare materielle Bedingungen Gebrauch zu machen.
23Vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarak-hel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 96.
24Sind Kinder betroffen, ist entscheidend auf ihre besondere Verletzlichkeit abzustellen, der der Vorrang gegenüber dem Gesichtspunkt ihres Status als illegaler Einwanderer einzuräumen ist.
25Vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarak-hel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 99.
26Im Rahmen der Prognose, ob Ausländer im Falle ihrer Überstellung in einen anderen Staat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein werden, ist nicht allein auf die Rechtslage in diesem Staat abzustellen; maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis.
27Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S./ Belgien und Griechenland) -, NVwZ 2011, 413 und HUDOC Rn. 359; Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rn. 21.
28Die Frage, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt, dürfte im hier zu entscheidenden Fall schon deshalb unabhängig davon zu prüfen sein, ob im Aufnahmestaat systemische Mängel der Aufnahmebedingungen bestehen, weil Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 604/2013 wie die gesamte Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und deren Vorgänger, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003, auf Personen, denen - wie hier - bereits die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, wie bereits dargelegt keine Anwendung finden dürfte.
29b) Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Unterlagen kann nicht zuverlässig ausgeschlossen werden, dass die Antragsteller im Falle ihrer Rückkehr nach Italien auf längere Zeit Obdachlosigkeit und existenzbedrohender materieller Armut ausgesetzt sein werden. Bezüglich Italiens gilt, dass sich die Situation für anerkannte Schutzberechtigte in der Regel schwieriger als für Personen darstellt, die sich dort noch im Asylverfahren befinden.
30Vgl. borderline-europe e.V., Gutachten Dezember 2012, S. 52.
31Dies beruht darauf, dass anerkannte Schutzberechtigte im Gegensatz zu Asylbewerbern weitgehend von staatlichen Leistungen ausgeschlossen sind. Zwar erhalten anerkannte Schutzberechtigte eine Aufenthaltserlaubnis, mit der sie dieselben Rechte wie italienische Staatsangehörige genießen, insbesondere freien Zugang zum Arbeitsmarkt und kostenfreien Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung. Dementsprechend sind anerkannte Schutzberechtigte selbst für eine Unterkunft und die Bestreitung ihres Lebensunterhalts verantwortlich. Ein Anspruch auf weitere Sozialleistungen besteht grundsätzlich nicht.
32Vgl. Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 21. Januar 2013, Punkt 7, sowie vom 24. Mai 2013, Antwort zu Frage 12; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013; S. 47; bordermonitoring.eu, Vai Via - zur Situation der Flüchtlinge in Italien: Ergebnisse einer einjährigen Recherche, S. 21 f.
33Ein der deutschen Rechtslage vergleichbares System der Sozialhilfe gibt es in Italien nicht. Für die Festsetzung von Sozialhilfeleistungen sind grundsätzlich die Regionen zuständig, in bestimmten Regionen wie z.B. der Emilia Romagna oder der Toskana, die Kommunen. Öffentliche Fürsorgeleistungen weisen daher deutliche Unterschiede je nach regionaler und kommunaler Finanzkraft auf. Sozialhilfe kann Personen gewährt werden, die nicht über Mindesteinkünfte zur Bestreitung grundlegender Bedürfnisse verfügen. Die Ausgaben für die Sicherung des Lebensunterhalts machen oft nur einen kleinen Teil der Gesamtsumme aus; stärker ins Gewicht fallen spezifische Sach- und Geldleistungen oder Familienleistungen, die je nach Einkommen und Kinderzahl gestaffelt sind.
34Vgl. Deutsche Botschaft Rom, Sozialpolitische Information Italien, Januar 2012, S. 24 f.
35Allerdings sind entsprechende Leistungen in jüngster Zeit wie z.B. in Mailand gekürzt worden; Rom soll Berichten zufolge gar keine Sozialleistungen mehr gewähren.
36Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013; S. 48.
37Zudem stehen Sozialhilfeleistungen nur denjenigen zu, die ihren Wohnsitz in der betreffenden Gemeinde haben. Berichten zufolge verweigern viele Gemeinden die Neuregistrierung von Personen, die hilfebedürftig sind. Dadurch bleiben sie hinsichtlich des Bezugs von Sozialhilfeleistungen an ihren ursprünglichen Wohnort gebunden.
38Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bewegungsfreiheit in Italien für mittellose Personen mit Schutzstatus, 4. August 2014, S. 3 ff.
39Im Gegensatz zu Asylbewerbern haben anerkannte Schutzberechtigte keinen Zugang mehr zu Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber (sog. CARAS) oder zu aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds finanzierten Unterkünften (sog. FER-Projekte). Ihnen stehen nur Unterkünfte aus dem Zweitaufnahmesystem (sog. SPRAR-System) offen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn sie eine SPRAR-Unterkunft bereits einmal vorzeitig verlassen haben. Hinzu kommt, dass die Kapazität des SPRAR-Systems nicht ausreichend ist und nur für eine geringe Anzahl berechtigter Personen eine - zudem in der Regel auf sechs Monate beschränkte - Unterkunft bietet.
40Vgl. borderline-europe e.V., Gutachten Dezember 2012, S. 52; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 21 ff.
41Die unzureichende Kapazität des italienischen Aufnahmesystems führt dazu, dass zahlreiche Ausländer, und zwar sowohl Asylbewerber als auch anerkannte Schutz-berechtigte, obdachlos sind oder unter unzumutbaren Bedingungen in besetzten Gebäuden oder slumartigen Siedlungen leben. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle, sondern um ein weit verbreitetes Schicksal. Auch Frauen, alleinerziehende Mütter, Familien und psyschisch Kranke sind von diesem Risiko betroffen.
42bordermonitoring.eu, Vai Via - zur Situation der Flüchtlinge in Italien: Ergebnisse einer einjährigen Recherche, S. 21 f.; Der Spiegel; Mogadischu in Apulien, Nr 25 vom 17. Juni 2013, S. 34; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013; S. 35 f. und 40 bis 42; Frankfurter Rundschau, Die Vergessenen, 9. Oktober 2013.
43Angesichts der aufgrund der Wirtschaftskrise relativ hohen Arbeitslosigkeit in Italien schätzte borderline-europe e.V. es schon im Dezember 2012 als fast unmöglich ein, als Flüchtling mit wenigen Sprachkenntnissen finanziell auf eigenen Füßen zu stehen.
44Vgl. Gutachten, S. 52.
45Laut einer Studie von Juni 2012 sollen damals etwa 45 % der anerkannten Schutzberechtigten ohne Arbeit gewesen sein.
46Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 43.
47Daran dürfte sich angesichts der gegenüber 2012 nochmals gestiegenen Arbeitslosigkeit (Gesamtquote im August 2014 12,2 % bei einer Quote von 40,2 % für die Gruppe der unter 25-Jährigen)
48- vgl. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/jugendarbeitslo sigkeit-in-italien-erreicht-im-august-rekordstand-a-925511.html (abgerufen am 30. Dezember 2014) -
49nichts geändert haben. Im Falle der Antragsteller zu 1. und 2., die laut eidesstattlicher Versicherung der Antragstellerin zu 2. vom 23. September 2014 seit Mitte Februar 2014 ohne Unterkunft waren und keine staatliche Unterstützung zur Sicherung ihres Lebensunterhalts erhielten, kommt hinzu, dass sie ein im Juni 2014 geborenes Kleinstkind zu versorgen haben. Da nach den vorstehenden Ausführungen nicht davon ausgegangen werden kann, dass den Antragstellern in Italien staatliche Leistungen zur Verfügung stehen, ist nicht ersichtlich wie es ihnen im Falle ihrer Überstellung nach Italien gelingen sollte, die notwendigen finanziellen Mittel für eine Unterkunft und die Bestreitung ihres Lebensunterhalts aufzubringen, zumal sich die Lage sowohl auf dem Wohnungs- als auch auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der auch in Italien steigenden Anzahl von Asylanträgen weiter verschärfen dürfte.
50Im Vergleich zu 2013 als etwa 28.000 Asylanträge zu verzeichnen waren
51- vgl. Asylmagazin 4/2014, S. 103 -,
52sind bis Ende September 2014 in Italien bereits etwas über 43.000 Asylanträge registriert worden.
53Vgl. http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&plugin =1&language=en&pcode=tps00189 (abgerufen am 22. Dezember 2014).
54Dies entspricht allein bis Ende September einem Anstieg von 75 % gegenüber dem gesamten Vorjahr. Damit wird 2014 auch der bisherige Höchststand in der jüngeren Vergangenheit von etwa 37.000 Asylanträgen im Jahr 2011
55- vgl. Associazione per gli Studi Giuridici sull' Immigrazione (ASGI), Parlamento, governo e ue potenzino subito il sistema itialiano per il diritto d'asilo - Raccomandazioni e richieste dell' ASGI, 12. April 2014, S. 2, http://www.asgi.it/wp-content/up loads/public/1_0014 asilo_asgidocumenti.pdf (abgerufen am 22. Dezember 2014) -
56bei weitem überschritten.
57Anhaltspunkte dafür, dass Italien sein Aufnahmesystem der steigenden Anzahl von Asylanträgen angepasst, insbesondere die Zahl der Unterkunftsplätze angemessen erhöht hat, liegen dem Gericht nicht vor. Vielmehr hat UNHCR bereits im April 2014 zusätzliche Aufnahmehilfen angemahnt
58- vgl. UNHCR, Italy rescues 6000 people crossing Mediterranean in four days, 11. April 2014, http://www.unhcr.org/5347 d8fa9.html (abgerufen am 22. Dezember 2014) -
59und im Juni 2014 eine Verteilung der in internationalen Gewässern geretteten und in Italien an Land gegangenen Flüchtlinge angeregt, um das italienische Asylsystem zu entlasten.
60Vgl. Reuters, EU should share out refugees rescued at sea, 13. Juni 2014, http://www.trust.org/item/20140613154221-5bt33 /?source=jtOtherNews1 (abgerufen am 22. Dezember 2014).
61Dementsprechend konstatiert auch das Bundesverfassungsgericht das Vorliegen belastbarer Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Versorgung nach Italien überstellter Ausländer mit einer tauglichen Unterkunft
62- vgl. Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, AuAS 2014, 244 (juris Rn. 15) -,
63und hält es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der schon für 2013 eine eklatante Diskrepanz zwischen der Anzahl der Asylanträge und der Anzahl der verfügbaren Unterkunftsplätze feststellt, nicht für ausgeschlossen, dass eine erhebliche Anzahl von Asylbewerbern in Italien ohne Unterkunft bleibt oder in überfüllten Einrichtungen ohne Privatsphäre oder sogar in Einrichtungen mit ungesunden Bedingungen oder in Einrichtungen, in denen Gewalt droht, untergebracht wird.
64Vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarak-hel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 110 und 115.
653. Ist nach den vorstehenden Ausführungen derzeit offen, ob die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung rechtswidrig ist und die Antragsteller in ihren Rechten verletzt, überwiegt angesichts der durch die Abschiebungsanordnung betroffenen Rechte der Antragsteller - insbesondere ihrer Rechte auf körperliche Unversehrtheit sowie auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums - das Interesse der Antragsteller an einem vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet und damit an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung das öffentliche Interesse an deren alsbaldiger Vollziehung durch Überstellung der Antragsteller nach Italien.
66III. Der weitere Antrag,
67die Antragsgegnerin zu verpflichten, die zuständige Ausländerbehörde anzuweisen, die Abschiebung der Antragsteller bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen,
68ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Aufgrund des Tenors des vorliegenden Beschlusses hat die Klage der Antragsteller aufschiebende Wirkung. Aufgrund dessen ist es der zuständigen Ausländerbehörde in den zeitlichen Grenzen des § 80b Abs. 1 VwGO untersagt, die Antragsteller nach Italien zu überstellen. Einer Anweisung seitens des Bundesamts bedarf es insoweit nicht.
69Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO, 83b AsylVfG.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Minden Beschluss, 07. Jan. 2015 - 10 L 694/14.A
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Minden Beschluss, 07. Jan. 2015 - 10 L 694/14.A
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Minden Beschluss, 07. Jan. 2015 - 10 L 694/14.A zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
Soweit die Kläger ihre Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. August 2014 aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die nicht durch amtliche Dokumente ihres Heimatlands ausgewiesenen Kläger geben an, am 25. Mai 1990 bzw. am 19. Januar 1994 geboren zu sein und aus Somalia zu stammen. Die Kläger sind Eltern ihres am 3. Juni 2014 geborenen Sohnes (Geburtsurkunde des Standesamts Bünde, G 151/2014).
3Die Kläger stellten am 22. April 2014 einen Asylantrag. Eine Anfrage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) an die Eurodac-Datenbank ergab, dass die Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hatten. Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts teilten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 7. Juli 2014 mit, die Kläger seien in Italien bereits als Flüchtlinge anerkannt worden. Mit Bescheid vom 25. August 2014, den Klägern zugestellt am 27. August 2014, stellte das Bundesamt fest, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1), und ordnete ihre Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2). Dieses Land und nicht die Bundesrepublik Deutschland sei für die Entscheidung über den Asylantrag der Kläger zuständig.
4Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 3. September 2014 Klage erhoben. Nachdem sie ihre Klage mit Schriftsatz vom 8. Juni 2015 bezüglich der Ziffer 1 dieses Bescheids zurückgenommen haben, beantragen sie nunmehr sinngemäß noch,
5Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. August 2014 aufzuheben.
6Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
7die Klage abzuweisen.
8Mit Beschluss vom 7. Januar 2015 (10 L 694/14.A) hat das Gericht auf Antrag der Kläger die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts vom 25. August 2014 enthaltene Abschiebungsandrohung angeordnet. Mit Beschluss vom 23. Januar 2015 hat die Kammer den Klägern unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie mit ihrer Klage die Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 25. August 2014 verfolgen, und den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Übrigen abgelehnt. Mit weiterem Beschluss vom 3. Juni 2015 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts-akten (10 K 2140/14 und 10 L 694/14.A) und den Verwaltungsvorgang des Bundesamts (1 Hefter) Bezug genommen.
10E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
11Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). Der Kläger hat sein Einverständnis mit einer solchen Entscheidung durch Schriftsatz vom 8. Juni 2015 erklärt. Die Beklagte hat am 26. Januar 2015 - Az.: M21-9221-2015 - gegenüber dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Minden eine allgemeine Prozesserklärung abgegeben, in der sie für asylrechtliche Verfahren (u.a.) auf mündliche Verhandlung verzichtet. Eine hiervon abweichende Erklärung hat die Beklagte für das vorliegende Verfahren nicht beigebracht.
12I. Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Die Rücknahmeerklärung mit Schriftsatz vom 8. Juni 2015 war im Lichte des gerichtlichen Hinweises vom 15. Mai 2015 dahingehend zu verstehen, dass sie auch das mit der Klageschrift geltend gemachte (Teil-) Begehren der Kläger, die Beklagte zur Durchführung eines Asylverfahrens zu verpflichten, umfasst.
13II. Die so verstandene Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft
14- vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 (juris Rn. 28 ff.); OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris Rn. 21 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 (juris Rn. 22); VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, 293 (juris Rn. 18) und vom 18. November 2014 - A 3 S 265/14 -, Abdruck S. 5; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 2. Februar 2015- 1 Bf 208/14.AZ -, juris Rn. 12 ff. -
15und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben. Dabei kann offen bleiben, ob die gesetzliche Klagefrist zwei Wochen (§ 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylVfG)
16- so z.B. VG Stuttgart, Urteil vom 26. Mai 2014 - A 12 K 12/14 -, Abdruck S. 3 -
17oder in Anknüpfung an die gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG einwöchige Frist für die Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Woche (§ 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylVfG) ab Zustellung des Bescheids vom 25. August 2014 beträgt.
18So z.B. VG Ansbach, Urteil vom 8. April 2014 - AN 11 K 14.30189 -, juris Rn. 15.
19Im vorliegenden Fall wäre auch die Wochenfrist eingehalten. Der angefochtene Bescheid wurde den Klägern ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Zustellungsurkunde am 27. August 2014 zugestellt; ihre Klage ist am 3. September 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangen
20III. Die Klage ist auch begründet. Die mit Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts angeordnete Abschiebung der Kläger nach Italien ist in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt, in dem die vorliegende Entscheidung gefällt wird, rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bestimmt, dass das Bundesamt dann, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; es steht nicht i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung der Kläger nach Italien erfolgen kann. Dabei hat das Bundesamt nicht nur zielstaatsbezogene, sondern auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu prüfen.
22Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014- 2 B 215/14 -, juris Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, 310 (juris Rn. 3).
231. Einer Abschiebung der Kläger nach Italien steht entgegen, dass im für die Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Zeitpunkt keine individuelle Zusicherung der italienischen Behörden vorliegt, dass dort eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung steht, die die gemeinsame Unterbringung der Kläger und ihres ein Jahr alten Sohnes erlaubt. Eine solche Zusicherung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
24- vgl. Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, AuAS 2014, 244 ( juris Rn. 16) -
25als auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
26- vgl. Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel/ Schweiz) -, HUDOC Rn. 120 und 122 -
27Voraussetzung für die Abschiebung von Familien mit kleinen Kindern nach Italien. Darüber hinausgehend verlangt das Bundesamt eine entsprechende Zusicherung auch für Abschiebungen von Familien mit Kindern unter 16 Jahren.
28Vgl. Einzelentscheiderbrief 11/2014, S. 5 f.
29Eine solche Zusicherung hat das Bundesamt trotz gerichtlichen Hinweises bisher nicht vorgelegt. Im Übrigen ist aufgrund der Mitteilung der Liaisonbeamtin des Bundesamts, dass die italienischen Behörden keine individuellen Zusicherungen zur Unterbringung von Dublin-Rückkehrern mehr abgeben
30- vgl. E-Mail der Liaisonbeamtin an das Bundesamt zum Aktenzeichen 5846119-284 vom 13. April 2014 -,
31auch nicht damit zu rechnen, dass eine solche Zusicherung zeitnah beigebracht werden wird.
322. Darüber hinaus ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, dass die Beklagte bereits über den Asylantrag des am 3. Juni 2014 geborenen Sohnes der Kläger entschieden hat. Die Beklagte hat hierzu trotz des gerichtlichen Hinweises vom 15. Mai 2015 nicht weiter vorgetragen. Fehlt es demnach an einer Grundlage für die Abschiebung des Sohnes der Kläger, steht dies einer "isolierten" Abschiebung der Kläger entgegen.
33Vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 17. Dezember 2014 - A 12 K 4350/14 -; Bergmann, ZAR 2015, 81, 89.
343. Schließlich ist nicht geklärt, ob die italienischen Behörden bereit sind, die Kläger zurückzunehmen. Ist die Übernahmebereitschaft des Staates, in den eine Person überstellt werden soll, nicht abschließend geklärt ist, steht nicht i.S.d. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2015 - 14 B 162/15.A -, Abdruck S. 4; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2015 - 8 L 452/15.A -, nrwe Rn. 17.
36Dies setzt allerdings nicht ausnahmslos voraus, dass der Zielstaat einer Überstellung ausdrücklich zugestimmt hat. Besteht eine gesicherte Verwaltungsübung mit dem Zielstaat, dass unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen bestimmter Beweismittel hinsichtlich eines Voraufenthalts im Zielstaat die betreffende Person ohne Weiteres unverzüglich übernommen wird, so reicht dies aus.
37Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Band 2, Stand: Juni 2014, § 27a Rn. 20.
38Aus dem vom Bundesamt vorgelegten Verwaltungsvorgang ist nicht ersichtlich, dass Italien der Überstellung ausdrücklich zugestimmt hat. Vielmehr hat das Dublin-Referat des italienischen Innenministeriums sich in seinen Schreiben vom 7. Juli 2014 darauf berufen, im vorliegenden Fall nicht zuständig zu sein, und hat das Bundesamt an eine andere, näher bezeichnete Stelle verwiesen. Dass sich das Bundesamt an diese Stelle gewandt und diese der Überstellung des Antragstellers zugestimmt hat, geht aus dem vorgelegten Verwaltungsvorgang nicht hervor. Erkenntnisse dazu, ob zwischen Italien und der Bundesrepublik Deutschland eine gesicherte Verwaltungsübung besteht, dass Italien Ausländer unter den Voraussetzungen, wie sie im vorliegenden Fall gegeben sind, ohne Weiteres unverzüglich übernimmt, liegen dem Gericht nicht vor. Die Beklagte hat hierzu trotz des gerichtlichen Hinweises vom 15. Mai 2015 nicht weiter vorgetragen. Ein Indiz gegen eine solche Verwaltungspraxis ist der Umstand, dass das Dublin-Referat des italienischen Innenministeriums das Bundesamt an eine andere Stelle verwiesen hat.
39Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, 83b AsylVfG.
40Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
Tenor
Soweit die Kläger ihre Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. August 2014 aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die nicht durch amtliche Dokumente ihres Heimatlands ausgewiesenen Kläger geben an, am 25. Mai 1990 bzw. am 19. Januar 1994 geboren zu sein und aus Somalia zu stammen. Die Kläger sind Eltern ihres am 3. Juni 2014 geborenen Sohnes (Geburtsurkunde des Standesamts Bünde, G 151/2014).
3Die Kläger stellten am 22. April 2014 einen Asylantrag. Eine Anfrage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) an die Eurodac-Datenbank ergab, dass die Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hatten. Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts teilten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 7. Juli 2014 mit, die Kläger seien in Italien bereits als Flüchtlinge anerkannt worden. Mit Bescheid vom 25. August 2014, den Klägern zugestellt am 27. August 2014, stellte das Bundesamt fest, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1), und ordnete ihre Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2). Dieses Land und nicht die Bundesrepublik Deutschland sei für die Entscheidung über den Asylantrag der Kläger zuständig.
4Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 3. September 2014 Klage erhoben. Nachdem sie ihre Klage mit Schriftsatz vom 8. Juni 2015 bezüglich der Ziffer 1 dieses Bescheids zurückgenommen haben, beantragen sie nunmehr sinngemäß noch,
5Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. August 2014 aufzuheben.
6Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
7die Klage abzuweisen.
8Mit Beschluss vom 7. Januar 2015 (10 L 694/14.A) hat das Gericht auf Antrag der Kläger die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts vom 25. August 2014 enthaltene Abschiebungsandrohung angeordnet. Mit Beschluss vom 23. Januar 2015 hat die Kammer den Klägern unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie mit ihrer Klage die Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 25. August 2014 verfolgen, und den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Übrigen abgelehnt. Mit weiterem Beschluss vom 3. Juni 2015 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts-akten (10 K 2140/14 und 10 L 694/14.A) und den Verwaltungsvorgang des Bundesamts (1 Hefter) Bezug genommen.
10E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
11Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). Der Kläger hat sein Einverständnis mit einer solchen Entscheidung durch Schriftsatz vom 8. Juni 2015 erklärt. Die Beklagte hat am 26. Januar 2015 - Az.: M21-9221-2015 - gegenüber dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Minden eine allgemeine Prozesserklärung abgegeben, in der sie für asylrechtliche Verfahren (u.a.) auf mündliche Verhandlung verzichtet. Eine hiervon abweichende Erklärung hat die Beklagte für das vorliegende Verfahren nicht beigebracht.
12I. Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Die Rücknahmeerklärung mit Schriftsatz vom 8. Juni 2015 war im Lichte des gerichtlichen Hinweises vom 15. Mai 2015 dahingehend zu verstehen, dass sie auch das mit der Klageschrift geltend gemachte (Teil-) Begehren der Kläger, die Beklagte zur Durchführung eines Asylverfahrens zu verpflichten, umfasst.
13II. Die so verstandene Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft
14- vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 (juris Rn. 28 ff.); OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris Rn. 21 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 (juris Rn. 22); VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, 293 (juris Rn. 18) und vom 18. November 2014 - A 3 S 265/14 -, Abdruck S. 5; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 2. Februar 2015- 1 Bf 208/14.AZ -, juris Rn. 12 ff. -
15und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben. Dabei kann offen bleiben, ob die gesetzliche Klagefrist zwei Wochen (§ 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylVfG)
16- so z.B. VG Stuttgart, Urteil vom 26. Mai 2014 - A 12 K 12/14 -, Abdruck S. 3 -
17oder in Anknüpfung an die gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG einwöchige Frist für die Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Woche (§ 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylVfG) ab Zustellung des Bescheids vom 25. August 2014 beträgt.
18So z.B. VG Ansbach, Urteil vom 8. April 2014 - AN 11 K 14.30189 -, juris Rn. 15.
19Im vorliegenden Fall wäre auch die Wochenfrist eingehalten. Der angefochtene Bescheid wurde den Klägern ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Zustellungsurkunde am 27. August 2014 zugestellt; ihre Klage ist am 3. September 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangen
20III. Die Klage ist auch begründet. Die mit Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts angeordnete Abschiebung der Kläger nach Italien ist in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt, in dem die vorliegende Entscheidung gefällt wird, rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bestimmt, dass das Bundesamt dann, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; es steht nicht i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung der Kläger nach Italien erfolgen kann. Dabei hat das Bundesamt nicht nur zielstaatsbezogene, sondern auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu prüfen.
22Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014- 2 B 215/14 -, juris Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, 310 (juris Rn. 3).
231. Einer Abschiebung der Kläger nach Italien steht entgegen, dass im für die Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Zeitpunkt keine individuelle Zusicherung der italienischen Behörden vorliegt, dass dort eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung steht, die die gemeinsame Unterbringung der Kläger und ihres ein Jahr alten Sohnes erlaubt. Eine solche Zusicherung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
24- vgl. Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, AuAS 2014, 244 ( juris Rn. 16) -
25als auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
26- vgl. Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel/ Schweiz) -, HUDOC Rn. 120 und 122 -
27Voraussetzung für die Abschiebung von Familien mit kleinen Kindern nach Italien. Darüber hinausgehend verlangt das Bundesamt eine entsprechende Zusicherung auch für Abschiebungen von Familien mit Kindern unter 16 Jahren.
28Vgl. Einzelentscheiderbrief 11/2014, S. 5 f.
29Eine solche Zusicherung hat das Bundesamt trotz gerichtlichen Hinweises bisher nicht vorgelegt. Im Übrigen ist aufgrund der Mitteilung der Liaisonbeamtin des Bundesamts, dass die italienischen Behörden keine individuellen Zusicherungen zur Unterbringung von Dublin-Rückkehrern mehr abgeben
30- vgl. E-Mail der Liaisonbeamtin an das Bundesamt zum Aktenzeichen 5846119-284 vom 13. April 2014 -,
31auch nicht damit zu rechnen, dass eine solche Zusicherung zeitnah beigebracht werden wird.
322. Darüber hinaus ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, dass die Beklagte bereits über den Asylantrag des am 3. Juni 2014 geborenen Sohnes der Kläger entschieden hat. Die Beklagte hat hierzu trotz des gerichtlichen Hinweises vom 15. Mai 2015 nicht weiter vorgetragen. Fehlt es demnach an einer Grundlage für die Abschiebung des Sohnes der Kläger, steht dies einer "isolierten" Abschiebung der Kläger entgegen.
33Vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 17. Dezember 2014 - A 12 K 4350/14 -; Bergmann, ZAR 2015, 81, 89.
343. Schließlich ist nicht geklärt, ob die italienischen Behörden bereit sind, die Kläger zurückzunehmen. Ist die Übernahmebereitschaft des Staates, in den eine Person überstellt werden soll, nicht abschließend geklärt ist, steht nicht i.S.d. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2015 - 14 B 162/15.A -, Abdruck S. 4; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2015 - 8 L 452/15.A -, nrwe Rn. 17.
36Dies setzt allerdings nicht ausnahmslos voraus, dass der Zielstaat einer Überstellung ausdrücklich zugestimmt hat. Besteht eine gesicherte Verwaltungsübung mit dem Zielstaat, dass unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen bestimmter Beweismittel hinsichtlich eines Voraufenthalts im Zielstaat die betreffende Person ohne Weiteres unverzüglich übernommen wird, so reicht dies aus.
37Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Band 2, Stand: Juni 2014, § 27a Rn. 20.
38Aus dem vom Bundesamt vorgelegten Verwaltungsvorgang ist nicht ersichtlich, dass Italien der Überstellung ausdrücklich zugestimmt hat. Vielmehr hat das Dublin-Referat des italienischen Innenministeriums sich in seinen Schreiben vom 7. Juli 2014 darauf berufen, im vorliegenden Fall nicht zuständig zu sein, und hat das Bundesamt an eine andere, näher bezeichnete Stelle verwiesen. Dass sich das Bundesamt an diese Stelle gewandt und diese der Überstellung des Antragstellers zugestimmt hat, geht aus dem vorgelegten Verwaltungsvorgang nicht hervor. Erkenntnisse dazu, ob zwischen Italien und der Bundesrepublik Deutschland eine gesicherte Verwaltungsübung besteht, dass Italien Ausländer unter den Voraussetzungen, wie sie im vorliegenden Fall gegeben sind, ohne Weiteres unverzüglich übernimmt, liegen dem Gericht nicht vor. Die Beklagte hat hierzu trotz des gerichtlichen Hinweises vom 15. Mai 2015 nicht weiter vorgetragen. Ein Indiz gegen eine solche Verwaltungspraxis ist der Umstand, dass das Dublin-Referat des italienischen Innenministeriums das Bundesamt an eine andere Stelle verwiesen hat.
39Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, 83b AsylVfG.
40Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache unter dem Aktenzeichen 5 K 1233/13.TR bei dem beschließenden Gericht anhängigen Klage des Antragstellers wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
- 1
Der am 6. September 2013 gestellte Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. August 2013 anzuordnen, ist gemäß § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO – in Verbindung mit §§ 34a Abs. 2, 75 Satz 1 Asylverfahrensgesetz – AsylVfG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), geändert durch den insoweit gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG seit dem 6. September 2013 anwendbaren Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474), zulässig.
- 2
Mit dem vorgenannten Bescheid hat die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers unter Bezugnahme auf § 27a AsylVfG und Art. 16 Abs. 1e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 - Dublin-II-VO - für unzulässig erklärt und auf der Grundlage des § 34a AsylVfG die Abschiebung des Antragstellers nach Italien angeordnet. Gegen beide Entscheidungen ist in der Hauptsache eine Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO statthaft, da die Antragsgegnerin mit ihrem Bescheid das Asylverfahren des Antragstellers ohne Sachprüfung abgeschlossen hat (vgl. insoweit BVerwG, Urteile vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 - und vom 6. Juli 1998 - 9 C 45/97 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 14. Januar 2013 - 20 B 12.30348 -, juris; Urteil der erkennenden Kammer vom 30. Mai 2012 - 5 K 967/11.TR -, ESOVGRP), so dass § 80 VwGO anwendbar ist.
- 3
Des Weiteren wurde der Antrag ungeachtet der Frage, welche Frist für eine Antragstellung bei bereits vor Inkrafttreten der Änderung des § 34a AsylVfG bekannt gegebenen Bescheiden gilt, jedenfalls fristgerecht gestellt.
- 4
Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
- 5
Bei der Entscheidung darüber, ob die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen ist, ist das öffentliche Interesse an einer alsbaldigen Vollziehung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Interesse des Betroffenen an einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzuwägen. Insoweit finden die in den Fällen der vorliegenden Art in der Vergangenheit geltenden Einschränkungen, die darauf gründeten, dass aufgrund der bislang geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine angeordnete Abschiebung in einen anderen EU-Mitgliedstaat kraft Gesetzes nicht nach §§ 80, 123 VwGO ausgesetzt werden durfte, keine Anwendung mehr, so dass die allgemeinen Grundsätze gelten, zumal der Gesetzgeber insoweit die für offensichtlich unbegründete Asylanträge geltende Bestimmung des § 36 Abs. 4 AsylVfG, der zufolge eine Aussetzung der Abschiebung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes angeordnet werden darf, nicht für entsprechend anwendbar erklärt hat und die Gesetzesmaterialen keine Anhaltspunkte für eine abweichende Gesetzauslegung bieten.
- 6
Die Bundestags-Drucksache 17/13556, die der Änderung des § 34a AsylVfG zugrunde liegt, enthält keine Angaben zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden kann. In der Bundestagssitzung vom 7. Juni 2013 (vgl. Plenarprotokoll 17/244 S. 30891 ff, insbesondere S. 30895) wurde alsdann vor der Beschlussfassung in 2. und 3. Lesung ausdrücklich auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eingegangen und darauf hingewiesen, dass nur noch entscheidend sei, ob dem Aussetzungsinteresse des Schutzsuchenden Vorrang vor dem Vollzugsinteresse der Behörde einzuräumen sei.
- 7
Die Materialien über die Beteiligung des Bundesrats am Gesetzgebungsverfahren ergeben ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 4 AsylVfG.
- 8
In der Bundesratsdrucksache 495/1/13 vom 21. Juni 2013 ist festgehalten, dass der Bundesratsausschuss für Innere Angelegenheiten dem Bundesrat gegenüber unter 3. eine Empfehlung folgenden Inhalts abgegeben hat:
- 9
„Der Bundesrat stellt aber fest, dass die Änderungen in § 34a AsylVfG ergänzungsbedürftig sind, weil sie das verwaltungsgerichtliche Verfahren bei Anträgen nach § 80 Absatz 5 VwGO ungeregelt lassen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei dem nächsten Gesetzentwurf zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes vorzusehen, dass im beschleunigten Verfahren bei Unbeachtlichkeit und offensichtlicher Unbegründetheit von Asylanträgen (§ 36 AsylVfG) entsprechende Bestimmungen ergänzt werden. Die Aussetzung der Überstellung darf nur angeordnet werden, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber erkennbar sind, sodass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH vom 21. Dezember 2011, Rs. C-411/10 und C-493/10).“
- 10
In der Sitzung des Bundesrates vom 5. Juli 2013 (vgl. Stenografischer Bericht, Plenarprotokoll 912, S. 401, 429 - Anlage 19) gab alsdann die rheinland-pfälzische Staatsministerin Margit Conrad eine Erklärung dahingehend zu Protokoll, dass die vorstehend zitierte Entschließung aus dem Innenausschuss nicht mitgetragen werden könne, weil sie den gerade wieder eingeführten einstweiligen Rechtsschutz wieder relativieren würde.
- 11
Bei der anschließenden Beschussfassung des Bundesrates schloss sich alsdann nur eine Minderheit des Bundesrates der dargestellten Beschlussempfehlung an (vgl. Plenarprotokoll 912, S. 401 zu Punkt 14, Ziffer 3).
- 12
Demnach kommt eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 4 AsylVfG nicht in Betracht, so dass die bei der Anwendung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 VwGO für kraft Gesetzes sofort vollziehbare Verwaltungsakte allgemein geltenden Grundsätze Anwendung finden müssen. Danach haben die Gerichte die Erfolgsaussichten der in der in der Hauptsache erhobenen Klage zu prüfen. Zu einer weitergehenden Einzelfallbetrachtung sind sie grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, juris).
- 13
Ausgehend hiervon erscheint es der Kammer interessengerecht, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, weil sie die Erfolgsaussichten der Klage unter Berücksichtigung der Gründe des den Beteiligten bekannten Beschlusses des OVG Rheinland-Pfalz vom 19. Juni 2013 - 10 B 10627/13.OVG –, auf die die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung des § 77 Abs. 2 AsylVfG verweist, als zumindest offen einstuft, da der dortige Sachverhalt – insbesondere im Hinblick auf die vom Antragsteller geltend gemachten gesundheitlichen Probleme - mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar erscheint, und in dem von dem Antragsteller vorgelegten fachärztlichen Attest, auf das die Antragsgegnerin in ihrer ausführlichen Antragserwiderung nicht eingegangen ist, nachvollziehbar dargelegt ist, warum bei dem Antragsteller aufgrund besonderer Umstände seines Einzelfalles in Italien eine Verschlimmerung seiner gesundheitlichen Lage zu befürchten sei, so dass die vorzunehmende Interessenabwägung zu seinen Gunsten auszufallen hat.
- 14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben.
- 15
Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dies gilt auch, wenn die Vollziehung durch die Behörde ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung durch das Gericht wiederhergestellt oder angeordnet worden ist, es sei denn, die Behörde hat die Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit ausgesetzt.
(2) Das Rechtsmittelgericht kann auf Antrag anordnen, daß die aufschiebende Wirkung fortdauert.
(3) § 80 Abs. 5 bis 8 und die §§ 80a und 80c gelten entsprechend.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.