Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 28. Jan. 2016 - 7 B 158/16
Gründe
I.
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Die Antragstellerin begehrt die Möglichkeit, eine Prüfungsleistung in der alternativen Prüfungsform einer schriftlichen Ausarbeitung erstellen zu dürfen.
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Die Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin seit September 2012 im Studiengang „Verwaltungsökonomie“ immatrikuliert.
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Mit Bescheid vom 19. Juni 2014 wurde von der Antragsgegnerin hinsichtlich der Antragstellerin das Nichtbestehen der Prüfung im Fach „Volkswirtschaftslehre“ festgestellt. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein, welchen sie mit einer unerkannten Prüfungsunfähigkeit infolge einer psychischen Grunderkrankung begründete.
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Unter dem 5. April 2015 schlossen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin einen Vergleich, mit welchem die Antragstellerin die Gelegenheit erhalten hat, die Prüfung Volkswirtschaftslehre (Unit Nummer 10253) noch einmal wiederholend abzulegen. Ihr wurde eine Vorbereitungszeit von sechs Monaten eingeräumt. Nach der Wiederholungsprüfung soll - unabhängig vom Ergebnis der Prüfung - das Verfahren durch Rücknahme des Widerspruchs beendet werden.
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Mit Schreiben vom 23. September 2015 beantragte die Antragstellerin die Prüfung nicht in Gestalt einer mündlichen Prüfung, sondern durch die „schriftliche Ausarbeitung zu einer bestimmten vorgegebenen Thematik“, oder falls dies nicht möglich sei, die Gestattung der Durchführung der mündlichen Prüfung im Fach „Volkswirtschaftslehre“ am Standort der Antragsgegnerin in C-Stadt und unter Auswahl anderer Prüfer als den Professoren Sch. oder K.. Zur Begründung führte die Antragstellerin aus, dass aufgrund eines erheblichen Vertrauensbruches, der im Rahmen der bisherigen Prüfungssituationen und aufgrund des Verhaltens der Prüfer entstanden sei, sie einem Gegenübertreten der Professoren Sch. und Prof. Dr. K. nicht gewachsen sei.
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Nach einem Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Sch. vom 3. Dezember 2015 befindet sich die Antragstellerin fortgesetzt in einer nervenärztlichen Behandlung. Wegen des näher rückenden Termins für die mündlichen Prüfungen im Fach Volkswirtschaftslehre sei die Antragstellerin einem enormen Druck ausgesetzt, immer wieder sei beobachtbar, dass sie ihre Fähigkeiten passager (nur vorübergehend auftretend) nicht adäquat anwenden könne und kognitiv blockiert erscheine; in prüfungsähnlichen Situationen panisch und affektlabil reagiere. Im Hinblick auf die zugrundeliegende Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung sei die Antragstellerin deutlich stressintolerant und aus Sicht der attestierenden Ärztin nicht in der Lage, den Prüfern K. und Sch. in einer mündlichen Prüfungssituation nach den Erfahrungen der Prüfung im Fach Volkswirtschaftslehre 2014 erneut gegenüber zu treten. Eine akute Dekompensation wäre zu befürchten. Insofern werde gebeten, bei der Antragstellerin alternative Prüfungsmöglichkeiten zur mündlichen Prüfung bei den o. g. Prüfern zu erwägen.
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Nachfolgend wurde der Antragstellerin seitens der Antragsgegnerin unter dem 18. Januar 2016 die Möglichkeit eröffnet, entweder am 27. Januar 2016 um 8.00 Uhr oder am 29. Januar 2016 um 8.00 Uhr an einer schriftlichen Klausur im Fach Volkswirtschaftslehre am Standort C-Stadt teilzunehmen. Bei dem ersten Termin sei der Klausurersteller Prof. Dr. L. anwesend, welcher für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehe.
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Mit an die Antragsgegnerin gerichteter E-Mail vom 18. Januar 2016 wies die Antragstellerin unter Hinweis auf die Informationen zum Modul Volkswirtschaftslehre darauf hin, dass eine Prüfungsleistung auch in Gestalt einer Hausarbeit, eines Referates, einer Projektarbeit oder einer Klausur von 90 Minuten absolviert werden könne. Die Antragstellerin sei davon ausgegangen, dass eine schriftliche Ausarbeitung in Form einer Hausarbeit oder einer Projektarbeit möglich wäre. In einer schriftlichen Klausur entstehe neuerlich die zu vermeidende Drucksituation.
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Ebenfalls mit E-Mail vom 18. Januar 2016 wurde der Antragstellerin vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses des Fachbereichs Verwaltungswissenschaften bei der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass eine Abweichung von der Klausurpflicht nicht genehmigt werde. Die Fähigkeit, auch notfalls auch unter hohem Zeitdruck bzw. psychischem Druck eine Klausur schreiben zu können, gehöre zu den unerlässlichen Eignungsvoraussetzungen bzw. Fähigkeiten, mit dem zur Laufbahnbefähigung führende Klausurprüfungen gerade festgestellt werden sollen. Sollte insoweit gar ein psychisches Dauerleiden im Sinne der Prüfungsrechtsprechung vorliegen, dann entspreche dies im Übrigen in der Regel auch der Dienstunfähigkeit im Sinne des Beamtenrechts.
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Am 26. Januar 2016 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, einen Anspruch auf Ableistung der Prüfung in schriftlicher Form durch schriftliche Ausarbeitung zu einer vorgegebenen Thematik zu haben. Sie leide, wie durch ein entsprechendes ärztliches Attest glaubhaft gemacht worden sei, an einer nervlichen Erkrankung, die bis zum heutigen Tage nicht austherapiert sei, aber durchaus austherapiert werden könne. Es bedürfe hierzu nur noch weitergehender Therapiezeit. Aufgrund dieser Erkrankung sei die Antragstellerin, wie glaubhaft gemacht, nicht in der Lage, eine Prüfungsleistung unter einer Drucksituation zu erbringen. Aus diesem Grunde sei die schriftliche Prüfung in der Form der Ausarbeitung zu einem vorgegebenen Thema beantragt worden. Dies sei grundsätzlich nach der Prüfungsordnung der Antragsgegnerin auch möglich. Danach werde die Art der Abschlussarbeit zur Beendigung eines Moduls - hier des Moduls der Volkswirtschaftslehre - durch den Betreuer des Moduls vorgegeben. Laut der Beschreibung auf der Homepage der Antragsgegnerin komme eine Ableistung der Prüfung durch Hausarbeit, Referat, Projektarbeit oder schriftliche Klausur (90 Minuten) in Betracht. Weiterhin sehe die Prüfungsordnung der Antragsgegnerin in § 8 verschiedene Prüfungsarten vor. Zwischen diesen hätte eine Entscheidung erfolgen müssen, zumal gemäß § 8 Abs. 3 dieser Vorschrift die Ableistung in einer anderen Prüfungsform, die gleichwertig sei, zu genehmigen sei, soweit Besonderheiten wie hier vorlägen. Die Angelegenheit sei eilbedürftig, da die Antragstellerin für Freitag, den 29. Januar 2016, 8.00 Uhr zur Prüfung geladen worden sei und gemäß der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung im jetzigen Prüfungsdurchgang ihre Prüfungsleistung zu erbringen habe.
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Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
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die Antragsgegnerin zu verpflichten, es der Antragstellerin zu gestatten, die Abschlussprüfung im Modul Volkswirtschaftslehre statt in der Form der mündlichen Prüfung durch eine schriftliche Ausarbeitung in Form schriftlicher Prüfung erbringen zu dürfen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie habe keinen Anspruch darauf, ihre Abschlussprüfung im Fach Volkswirtschaftslehre durch eine schriftliche Ausarbeitung zu einem bestimmten Thema ableisten zu dürfen. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch, die Prüfungsart selbst zu bestimmen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte.
II.
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Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderem Grund nötig erscheint. Wenn die einstweilige Anordnung die Hauptsache teilweise vorweg nimmt, sind an deren Erlass erhöhte Anforderungen zu stellen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Anordnungsverfahren ist nämlich grundsätzlich unzulässig. Einem solchen Antrag ist nur ausnahmsweise stattzugeben, nämlich dann, wenn das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller unzumutbar wäre, insbesondere, wenn das Begehren in der Hauptsache schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden, bloß summarischen Prüfung des Sachverhalts erkennbar, mithin mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird. Würde ein Antragsteller mit einer einstweiligen Anordnung, wie hier, bereits das in einem Hauptsacheverfahren verfolgte Ziel (im Wesentlichen) erreichen, ist an die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.11.2013 - 6 VR 3.13 -, juris; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl. 2011, Rdnr. 191 m. w. N.).
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Gemessen an diesen Maßstäben kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Die Antragstellerin hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihr steht nach nur gebotener summarischer Prüfung kein Anspruch auf (vorläufige) Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der alternativen Prüfungsform „schriftliche Ausarbeitung“ anstelle der vorgesehenen Prüfungsform Klausur zu.
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Die Antragstellerin hat zunächst nicht glaubhaft gemacht, dass bereits die Studienordnung für den Bachelor-Studiengang „Verwaltungsökonomie“ hinsichtlich des Moduls „Volkswirtschaftslehre“ grundsätzlich eine andere Prüfungsleistung als eine schriftliche Klausur zuließe. Das von der Antragstellerin in der Antragsbegründung in Bezug genommene Modulhandbuch bezieht sich auf das Modul „BWL-VWL 19“, welches dem Curriculum des Bachelor-Studiengangs „Betriebswirtschaftslehre“ zugeordnet ist. Sowohl nach dem der Studienordnung beigefügten Studienplan für den von der Antragstellerin gewählten Bachelor-Studiengang „Verwaltungsökonomie“ vom 30. September 2010, welcher ab dem Wintersemester 2010/2011 gilt, als auch dem Studienplan vom 11. Oktober 2013, welcher ab dem Wintersemester 2013/2014 gilt, ist die Unit „Volkswirtschaftslehre“ jedoch im Modul „Grundlagen der Wirtschaftswissenschaften“ (Modul-Code GGM02, Modul-Nr. 10002) mit dem Unit-Code GGM0202 und der Unit-Nr. 10253 aufgeführt. Dies korrespondiert auch mit der Bezeichnung der Lehrveranstaltung in dem am 5. April 2015 zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleich. Auch dort wird auf die Lehrveranstaltung „Volkswirtschaftslehre“ mit der Ordnungsnummer 10253 Bezug genommen. Beide vorgenannten Studienpläne sehen hinsichtlich des Moduls „Grundlagen der Wirtschaftswissenschaften“ als grundsätzlich zulässige Prüfungsform nur die Klausur vor (mit 90 bzw. 120 Minuten Bearbeitungszeit). Gemäß § 13 Abs. 2 der Prüfungsordnung für die Bachelorstudiengänge bei der Antragsgegnerin (im Folgenden: PO) kann lediglich bei der Wiederholung von Prüfungsleistungen auf Antrag des Studierenden bei Klausurarbeiten einmalig eine zweite schriftliche Wiederholungsprüfung durch eine mündliche Prüfung ersetzt werden. Die Substitution der nach der Studienordnung eigentlich vorgesehenen Klausurleistung durch eine mündliche Prüfung wird von der Antragstellerin allerdings im vorliegenden Fall ausdrücklich abgelehnt. Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihr seitens der Antragsgegnerin die Möglichkeit eingeräumt worden ist, abweichend der für sie geltenden Studienordnung nach den Maßgaben des Moduls eines anderen Studiengangs ihre Prüfung ablegen zu dürfen.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegen auch die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage daher (allein) in Betracht kommenden Vorschrift des § 8 PO nicht vor. Gemäß § 8 Abs. 1 PO sind folgende Arten von Prüfungs- und Studienleistungen und deren Kombinationnach Maßgabe der Studienordnung möglich:
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1. Mündliche Prüfung (MP)
2. Klausurarbeit (K)
3. Hausarbeit (HA)
4. Referat (RF)
5. Projektarbeit (PA)
6. Bachelorarbeit (BA)
7. Kolloquium (KO)
8. Testat (T)
9. Entwurfsübung (EA)
10. Bericht (BE)
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Gemäß § 8 Abs. 3 PO gilt ferner in den Fällen, wenn der Studierende glaubhaft macht, dass er wegen länger andauernder oder ständiger Behinderung nicht in der Lage ist, Prüfungsleistungen ganz oder teilweise in der vorgeschriebenen Form abzulegen, ihm gestattet ist, die Prüfungsleistungen innerhalb einer verlängerten Bearbeitungszeit odergleichwertige Prüfungsleistungen in einer anderen Form zu erbringen. Dazu kann die Vorlage eines ärztlichen Attests verlangt werden. Diese Vorschrift in der Prüfungsordnung enthält mithin Bestimmungen des prüfungsrechtlichen Nachteilsausgleichs.
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Das Gebot der prüfungsrechtlichen Chancengleichheit soll sicherstellen, dass alle Prüflinge möglichst gleiche Chancen haben, die Leistungsanforderungen zu erfüllen. Zu diesem Zweck sollen die Bedingungen, unter denen die Prüfung abgelegt wird, für alle Prüflinge möglichst gleich sein. Es müssen grundsätzlich einheitliche Regeln für Form und Verlauf der Prüfungen gelten; die tatsächlichen Verhältnisse während der Prüfung müssen gleichartig sein. Allerdings sind einheitliche Prüfungsbedingungen geeignet, die Chancengleichheit derjenigen Prüflinge zu verletzen, deren Fähigkeit, ihr vorhandenes Leistungsvermögen darzustellen, erheblich beeinträchtigt ist. Daher steht diesen Prüflingen ein Anspruch auf Änderung der einheitlichen Prüfungsbedingungen im jeweiligen Einzelfall unmittelbar aufgrund des Gebots der Chancengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG zu. Den Schwierigkeiten des Prüflings, seine vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten unter Geltung der einheitlichen Bedingungen darzustellen, muss durch geeignete Ausgleichsmaßnahmen Rechnung getragen werden. Dieser Nachteilsausgleich ist erforderlich, um chancengleiche äußere Bedingungen für die Erfüllung der Leistungsanforderungen herzustellen. Aus diesem Grund muss die Ausgleichsmaßnahme im Einzelfall nach Art und Umfang so bemessen sein, dass der Nachteil nicht „überkompensiert“ wird. Die typische Ausgleichsmaßnahme in schriftlichen Prüfungen ist die Verlängerung der Bearbeitungszeit; in Betracht kommt auch die Benutzung technischer Hilfsmittel (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.07.2015 - 6 C 35.14 -, juris m. w. N.).
- 25
In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass schriftliche Prüfungen dem Nachweis von Kenntnissen und Fähigkeiten der Prüflinge dienen. Ihr Ergebnis ist insbesondere von deren geistiger Leistungsfähigkeit und ihrer Fähigkeit zur Interaktion bestimmt. Der Prüfling steht dabei im Wettbewerb mit anderen Prüflingen. Das Prüfungsverfahren muss deshalb gewährleisten, dass die geistige Leistungsfähigkeit der Prüflinge unter gleichen Bedingungen zum Ausdruck kommen kann. Liegt bei einem Prüfling eine dauerhafte krankheitsbedingte Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit vor, so ist dieser Umstand Bestandteil seines durch die Prüfung zu belegenden Leistungsbildes. Wenn sich eine persönlichkeitsbedingte generelle Einschränkung der psychischen Leistungsfähigkeit im Prüfungsergebnis negativ niederschlägt, so wird dadurch dessen Aussagewert nicht verfälscht, sondern in besonderer Weise bekräftigt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.12.1985 - 7 B 210.85 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09.03.2015 - 9 S 412/15 -, juris; VG Bremen, Beschl. v. 20.07.2015 - 1 K 257/14 -, juris: kein Anspruch auf Nachteilsausgleich in Form eines Hausarbeitsexamens bei Vorliegen einer Phobie gegen Klausuranfertigung unter Aufsicht). Ist ein Prüfling etwa aus psychischen Gründen nicht in der Lage, dem Zeitdruck in einer schriftlichen Prüfung standzuhalten, so ist es mit der Chancengleichheit aller Prüflinge nicht zu vereinbaren, ihm dafür einen Ausgleich etwa in Form einer Prüfungszeitverlängerung zu gewähren. Dadurch würde das Leistungsbild des Prüflings zu seinen Gunsten und zu Lasten der im Wettbewerb stehenden Mitprüflinge verfälscht. Ist hingegen das Unvermögen, innerhalb der festgesetzten Prüfungszeit oder unter regulären Prüfungsbedingungen die gestellte Aufgabe zu bewältigen, nicht in der geistigen Leistungs(un)fähigkeit des Prüflings begründet, sondern hat dies körperliche Ursachen, so hat der Prüfling grundsätzlich Anspruch auf Ausgleich dieses Nachteils (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09.03.2015, a. a. O.). Insoweit sind regelmäßig Behinderungen der Darstellungsfähigkeit gegeben, die dem Prüfling lediglich den Nachweis der möglicherweise durchaus vorhandenen Befähigung erschweren und deren Auswirkungen auch im späteren Berufsleben ausgeglichen werden können. Typische Fälle hierfür sind etwa Sehbehinderungen, Knochenbrüche oder Lähmungen bzw. Fehlbildungen von Gliedmaßen. In diesen Fälle gebieten es das Grundrecht der Berufsfreiheit des Prüflings und der Grundsatz der Chancengleichheit, den Nachteil der Darstellungsfähigkeit insoweit auszugleichen, dass die Prüfungsbedingungen des Prüflings denen nicht behinderter Mitprüflinge entsprechen, er mithin in der Lage ist, seine geistige Leistungsfähigkeit so wie diese darzulegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09.03.2015, a. a. O.).
- 26
Dabei ist es für die Frage des Nachteilsausgleichs nicht von entscheidender Bedeutung, ob es sich um ein Dauerleiden handelt, also um eine erhebliche Beeinträchtigung des Gesundheitszustands, die die Einschränkung der Leistungsfähigkeit trotz ärztlicher Hilfe bzw. des Einsatzes medizinisch-technischer Hilfsmittel nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft bedingt. Der Nachteilsausgleich ist vom Rücktritt von der Prüfung wegen Prüfungsunfähigkeit zu trennen. Im Zusammenhang mit dem Rücktritt von der Prüfung kann grundsätzlich nur die zeitweise Beeinträchtigung des physischen und psychischen Zustands eines Prüflings und nicht etwa ein Dauerleiden zur Anerkennung einer Prüfungsunfähigkeit im Rechtssinne führen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.07.1995 - 6 B 34.95 -, juris m. w. N.). Demgegenüber sind auch wesentliche dauerhafte Behinderungen des Prüflings, die auf gesundheitlichen Störungen oder körperlichen Gebrechen beruhen, in der Prüfung nach Möglichkeit auszugleichen (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. Rdnr. 249).
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Der prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit gebietet und rechtfertigt die Rücksichtnahme auf persönliche Belastungen des Prüflings hingegen nicht, wenn der Prüfling (auch) erweisen soll, dass er mit solchen Schwierigkeiten fertig wird und mithin die Grundvoraussetzungen der durch die Prüfung zu ermittelnden Eignung für einen bestimmten Beruf besitzt (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a. a. O., Rdnr. 258). Dementsprechend gehören die von der Antragstellerin geschilderten Prüfungsängste, die zumeist in den spezifischen Belastungen der Prüfungen wurzeln und denen jeder Kandidat je nach Konstitution mehr oder weniger ausgesetzt ist, im Allgemeinen zum Risikobereich des Prüflings (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 05.06.2003 - 14 A 624/01 -, juris).
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Nach diesen rechtlichen Vorgaben hat die Antragstellerin schon deshalb keinen Anspruch auf Ablegung von Prüfungsleistungen in der alternativen Prüfungsform „schriftliche Ausarbeitung“ statt Klausur im Wege des Nachteilsausgleichs, weil bei ihr keine andauernde oder ständige (körperliche) Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 3 PO, sondern vielmehr ein nicht ausgleichbares dauerndes Leiden besteht, das dauerhaft ihr Leistungsbild und ihre Persönlichkeit prägt. Das im ärztlichen Attest vom 3. Dezember 2015 beschriebene psychische Leiden erschwert nicht nur die rein mechanische Lese- und Schreibtätigkeit bzw. akustische Wahrnehmungs- und Äußerungsfähigkeit als technischen Vorgang, sondern beeinträchtigt die gedankliche Erarbeitung etwa einer schriftlichen Klausurlösung selbst. Liegen bei der Antragstellerin mithin dauerhafte krankheitsbedingte Einschränkungen der gedanklichen (geistigen) Leistungsfähigkeit in Form eines dauerhaften Leidens vor, die als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin an sich prägen und die sich auf die durch die Prüfung festzustellende Leistungsfähigkeit beziehen, dann ist diese Einschränkung Mitbestandteil seines durch die Prüfung zu belegenden Leistungsbilds. Wenn sich eine solche generelle Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Prüfungsergebnis negativ niederschlägt, führt dies nicht zur Verfälschung des Aussagewerts des Prüfungsergebnisses (vgl. VG Arnsberg, Beschl. v. 19.09.2014 - 9 L 899/14 -, juris m. w. N.).
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Eine Verfälschung des Prüfungsergebnisses läge hingegen vor, wenn die Antragstellerin die Möglichkeit erhielte, als alternative Prüfungsform zur Klausur - abweichend von den Vorgaben der Studienordnung - etwa eine Hausarbeit wählen zu können. Der Nachteilsausgleich darf am Maßstab der Chancengleichheit nicht eingesetzt werden, um durch Prüfungsvergünstigungen Leistungsschwächen auszugleichen, die für Art und Umfang der Eignung und Befähigung, die mit dem Leistungsnachweis gerade festgestellt werden sollen, von Bedeutung sind. Prüfungsanforderungen, die eine bestimmte Leistung gerade auch im Rahmen eines vorgegebenen Zeitbudgets mit dem Ziel der Überprüfung des Bestehens bzw. des Umfangs von Eignung und Befähigung abfordern, dürfen nicht an die Leistungsfähigkeit des Prüfkandidaten angepasst werden; denn dann würde eine Prüfung ihren Zweck von vornherein verfehlen (vgl. VG München, Beschl. v. 21.03.2014 - M 21 E 14.1168 -, juris zu einem Auswahlverfahren für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des nichttechnischen Verwaltungsdienstes). So läge der Fall hier aber, wenn die Antragstellerin statt einer Klausur etwa eine Hausarbeit anfertigen dürfte, da die Zielrichtungen der Prüfungen, Klausur und Hausarbeit, unterschiedlich sind. In einer Klausur wird präsentes Wissen abgefragt und nach Ablauf eines vorgegebenen zeitlichen Rahmens (vgl. 10 Abs. 1 PO) die Abgabe einer Lösung erwartet. Eine Hausarbeit hingegen ist gemäß § 10 Abs. 2 PO die selbstständige (umfassende) Bearbeitung einer fachspezifischen oder fächerübergreifenden Aufgabenstellung, wobei hierzu insbesondere die Informations- und Materialrecherche, wie auch die Strukturierung der Inhalte, das Anfertigen einer Gliederung und die Ausarbeitung eines schriftlichen Manuskripts gemäß der bei wissenschaftlichen Arbeiten üblichen Form zählen. Mit der Möglichkeit, eine Prüfungsleistung in der alternativen Prüfungsform einer Hausarbeit statt einer Klausur erbringen zu können, gelänge es der Antragstellerin, gerade den in einer Klausur gestellten Prüfungsanforderungen auszuweichen, die aktuelles/präsentes Wissen im Rahmen eines eingeschränkten Zeitbudgets abfragen. Damit würde aber eine Hausarbeit ihren Zweck als Ersatzprüfung für eine Klausur von vornherein verfehlen; die Hausarbeit wäre daher zu einer Klausurleistung nicht „gleichwertig“ i. S. d. § 8 Abs. 3 PO.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung basiert auf den §§ 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Ziffer 36.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Im Hinblick darauf, dass eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird, ist eine Reduzierung des Streitwertes der Hauptsache nicht angezeigt.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 28. Jan. 2016 - 7 B 158/16
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 28. Jan. 2016 - 7 B 158/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. März 2015 - 12 K 857/15 - geändert. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller beim schriftlichen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung am 10.03.2015 und am 11.03.2015 einen Nachteilsausgleich in der Form zu gewähren, dass es dem Antragsteller ermöglicht wird, die schriftliche Prüfung in einem separaten Raum bei leiser Hintergrundmusik abzulegen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Antragsteller zu 1/4 und der Antragsgegner zu 3/4.
Der Streitwert des Verfahrens wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt
1
G r ü n d e :
2I.
3Der geborene Antragsteller ist seit dem Wintersemester 2012/2013 Studierender im Bachelorstudiengang „Technisches Management und Marketing“ bei der Antragsgegnerin.
4Am 13. November 2013 stellte er unter Berufung auf § 5 Abs. 3 der Rahmenprüfungsordnung für die Bachelorstudiengänge in der Hochschule I. in der maßgeblichen Fassung (im Folgenden: PO) einen „Antrag auf Erbringung von Prüfungsleistungen in Form von Hausarbeiten“ wegen Behinderung und berief sich zur Begründung auf das Bestehen einer „ADHS im Erwachsenenalter“. Er leide seit seiner frühesten Kindheit an schweren Konzentrationsstörungen, die ihn in Stresssituationen, u. a. auch in Prüfungen, kontrollierten und negativ beeinflussten. Es sei ihm kaum möglich, sein angeeignetes Wissen mit guter Leistung in Form einer Klausur unter hohem Druck zu reproduzieren. Er sei diesbezüglich seit 2009 in psychotherapeutischer Behandlung, habe jedoch seinen Therapieplatz wegen Aufnahme des Studiums aufgeben müssen.
5Ausweislich des Arztbriefs der Fachklinik für Psychosomatik und Verhaltensmedizin N. , C. N1. , vom 12. März 2010 sei eine kontinuierliche Medikation mit Methylphenidat zur Stabilisierung des Leistungsniveaus indiziert. Aus der fachärztlich-psychologischen Stellungnahme der Klinik für Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie KRH, X. , vom 10. März 2011 geht hervor, dass bei dem Antragsteller ADHS im Erwachsenenalter (ICD 10: F 90.0) diagnostiziert worden sei; unter der jetzigen Medikation mit Methylphenidat könne er sich deutlich besser konzentrieren, seine Schulleistung verbessern und seine aggressiven Impulse besser unter Kontrolle behalten.
6Der Prüfungsausschuss beschloss in seiner Sitzung am 9. Dezember 2013 einstimmig, den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
7Mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 lehnte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses den Antrag des Antragstellers auf Erbringung von Prüfungsleistungen in anderer Form ab und verwies zur Begründung darauf, dass die eingereichten ärztlichen Bescheinigungen keinen Rückschluss auf den aktuellen Stand der Krankheit zuließen.
8Mit Schreiben vom 9. Januar 2014 stellte der Antragsteller erneut einen Antrag auf Erbringung von Prüfungsleistungen in anderer Form im Sinne des § 5 Abs. 3 PO und führte zur Begründung aus: Aufgrund seiner chronischen Krankheit/Störung solle die alternative Prüfungsform vorwiegend in Form der Hausarbeit erbracht werden. Mögliche alternative mündliche Prüfungsleistungen könnten unter bestimmten Voraussetzungen auch in Betracht kommen.
9Ausweislich des Arztbriefs der Klinik N2. vom 27. Dezember 2013 könne eindeutig die Diagnose „ADHS im Erwachsenenalter“ gestellt werden. Die Störung sei auch unter medikamentöser Behandlung chronisch. Im Fall des Antragstellers handele es sich um eine schwer ausgeprägte Symptomatik, die sich in allen wichtigen Lebensbereichen niederschlage und dort zu Funktionsbeeinträchtigungen führe. Die Weiterbehandlung mit Methylphenidat zur fortlaufenden Stabilisierung des kognitiven Leistungsniveaus sei dringend indiziert.
10Mit Bescheid vom 3. Februar 2014 lehnte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses den Antrag des Antragstellers auf Erbringung von Prüfungsleistungen in anderer Form ab und führte zur Begründung aus: Die eingereichten Unterlagen des Antragstellers stellten weder ein Attest noch eine Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung dar. Vielmehr handle es sich um einen Arztbrief. Im Übrigen sei die im Antrag geforderte Erbringung von Prüfungsleistungen in Form von Hausarbeiten mit der Erbringung einer schriftlichen Prüfung nicht zu vergleichen.
11Hiergegen erhob der Kläger unter dem 16. Februar 2014 Widerspruch, den er im Wesentlichen wie folgt begründete: Aufgrund seiner Konzentrationsschwäche sei er weder in der Lage, eine schriftliche Leistung in Form einer Klausur abzugeben, noch, die Kurse in der geforderten Zeit abzuleisten. Er müsse daher folgenden Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen:
12- 13
1. Aufhebung der Präsenzpflicht
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2. Umwandlung der Prüfungsform in eine mündliche Prüfung unter bestimmten Voraussetzungen (siehe ärztliches Attest)
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3. Umwandlung der Prüfungsform in eine Hausarbeit mit Abgabegespräch (siehe ärztliches Attest)
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4. Umwandlung der Prüfungsform Gruppenarbeit in Einzelarbeit
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5. Möglichkeit der individuellen Gestaltung seines Stundenplans
Ausweislich des fachärztlichen Attests des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie X1. vom 24. März 2014 leide der Antragsteller unter einer ausgeprägten Form des ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) im Erwachsenenalter. Die Funktionsbehinderungen bestünden in einer Konzentrationsschwäche, gepaart mit hoher Ablenkbarkeit. Ein typisches Kennzeichen des ADHS sei die große Reizoffenheit, das bedeute für den Patienten, ständig von inneren und äußeren Reizen überflutet werden zu können und dadurch abgelenkt zu sein. Es sei davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen dauerhaft sei, daher auch Auswirkungen auf das Studium des Antragstellers hätten, indem er in Klausuren nicht durchgehend und intensiv genug das abgefragte Wissen abrufen könne, selbst wenn er das Wissen erworben haben sollte. Da sich der Antragsteller dem Anforderungsniveau nur begrenzt anpassen könne, müsse die Anforderung den Möglichkeiten des Patienten angepasst werden. Der Antragsteller sei nach eigener Aussage beeinträchtigungsbedingt nicht in der Lage, Prüfungen in Form einer schriftlichen Klausur abzulegen. Eine mögliche Alternative biete die mündliche Prüfungsform. Folgende Faktoren kämen ihm im Prüfungsfall entgegen: Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in einem Gespräch unter vier Augen, ohne äußere Ablenkungsfaktoren. Der Prüfer solle mit Blick auf die umständlichen Formulierungen und sprunghaften Gedankengänge des Antragstellers geduldig bleiben können und ihm wieder auf die Spur zu helfen versuchen. Eine andere mögliche Prüfungsform wäre die Hausarbeit mit Abgabegespräch. Die Prüfungsform in Gruppenarbeit stelle für den Antragsteller eine Überforderung dar, da er sich nicht gleichberechtigt einbringen könne und durch sein impulsives und unstetes Verhalten die Gruppendynamik stören werde. Da davon auszugehen sei, dass der Antragsteller das Studium nicht in der Regelstudienzeit absolvieren könne, sei aufgrund seiner eingeschränkten Anpassungsmöglichkeiten eine individuelle Studienplanung zu empfehlen.
19Mit als „Widerspruchsbescheid“ bezeichnetem Bescheid vom 26. Mai 2014 wies der Vorsitzende des Prüfungsausschusses unter Ziffer 1. den Widerspruch des Antragsgegners gegen den Bescheid vom 3. Februar 2014, mit dem der Antrag auf Gewährung der alternativen Prüfungsform der Hausarbeit anstatt der Klausur abgelehnt worden sei, als unbegründet zurück. Unter Ziffer 2. wurde dem Antragsteller – aufgrund des in der Widerspruchsbegründung erstmals gestellten Antrags ‑ als alternative Prüfungsform die mündliche Einzelprüfung anstelle der Prüfungsform Klausur gewährt; die Gewährung sei gültig für die Prüfungszeiträume Sommersemester 2014 bis Wintersemester 2015/2016. Unter Ziffer 3. wurde dem Antragsteller bei den Modulprüfungen, bei denen die Prüfungsleistung auch in Form einer Gemeinschaftsleistung mehrerer Prüflinge erbracht werden könne, das Recht zur Erbringung einer Einzelleistung eingeräumt. Unter Ziffer 4. wurden die Anträge im Übrigen abgelehnt. Zur Begründung führte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses aus: Eine Präsenzpflicht (Antrag zu 1.) gebe es an der Hochschule nicht, der Antrag gehe insoweit ins Leere. Soweit der Antrag dahingehend zu verstehen sei, dass der Antragsteller von den Prüfungsformen Praktikum, Seminar etc., die seine Anwesenheit erforderlich machten, entbunden werden wolle, werde der Antrag abgelehnt. Dem Antrag zu 2. könne nur teilweise stattgegeben werden, weil eine mündliche Prüfung auch immer mit einem Beisitzer durchgeführt werden müsse. Der Antrag zu 3. werde abgelehnt, weil die Prüfungsform Hausarbeit nicht geeignet sei, die Prüfungsform Klausur zu ersetzen. Die Prüfungsform Gruppenarbeit gebe es an der Hochschule nicht. Sofern der Antrag zu 4. dahingehend ausgelegt werde, dass der Antragsteller bei allen Prüfungsformen, in denen die Prüfungsleistungen auch durch eine Gemeinschaftsleistung von mehreren Prüflingen erbracht werden könnten, die Möglichkeit der Erbringung der Prüfung durch Einzelleistung wünsche, werde dem Antrag stattgegeben. Der Antrag zu 5. führe wiederum ins Leere, da es dem Antragsteller unbenommen sei, die Module entsprechend seiner persönlichen Lebensumstände zu belegen.
20Daraufhin hat der Antragsteller vor dem erkennenden Gericht am 5. Juni 2014 Klage (9 K 1612/14) gegen den Bescheid vom 3. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2014 erhoben, die noch anhängig ist.
21Am 13. August 2014 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend: Der Antrag sei zulässig und begründet. Es bestehe ein Anordnungsgrund. Die Eilbedürftigkeit habe sich zunächst aus der drohenden Ablehnung der Bewilligung von Ausbildungsförderung ab September 2014 ergeben; die Ausbildungsförderung sei aber inzwischen weiter bewilligt worden. Im Übrigen beträfe die einstweilige Anordnung Prüfungsleistungen, die er bereits im kommenden Wintersemester 2014/2015 zu erbringen habe. Bis zu diesem Zeitpunkt sei mit einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zu rechnen. Der Anordnungsanspruch auf Erbringung der Prüfungsleistungen in Form der Hausarbeit ergebe sich aus § 5 Abs. 3 PO i. V. m. § 2 Abs. 4 Satz 2 HRG, Art. 3 Abs. 3 GG. Er sei aufgrund seiner Erkrankung ADHS nicht in der Lage, Prüfungen in der vorgesehenen Form einer Klausur zu erbringen. Die ADHS beeinträchtige seine Konzentrationsfähigkeit und Daueraufmerksamkeit. Die Prüfungsform Hausarbeit mit Abgabegespräch könne seine Einschränkungen ausgleichen. Die Prüfungsform Klausur zeichne sich durch eine verhältnismäßig kurze Bearbeitungszeit für die gestellten Aufgaben aus. Es bestehe ein hoher Zeitdruck, die Einlegung von Pausen sei regelmäßig nicht möglich. Für ADHS-Kranke sei aufgrund ihrer hohen Ablenkbarkeit und der verminderten Konzentrationsfähigkeit eine sorgfältige Bearbeitung der Aufgaben innerhalb der vorgegebenen Zeit nicht möglich; sie könnten daher im Rahmen der Prüfungsform Klausur ihr tatsächliches Leistungsvermögen nicht wiedergeben. Demgegenüber könne er im Rahmen der Prüfungsform Hausarbeit selbstständig über seine Zeiteinteilung bestimmen. Die Prüfungsform Hausarbeit sei auch gleichwertig mit der Prüfungsform Klausur. Der Nachweis vorhandenen Fachwissens könne sowohl im Rahmen einer Klausur als auch im Rahmen einer Hausarbeit erbracht werden. Auch könne mit dem Abgabegespräch zusätzlich mündlich das Leistungswissen des Prüflings zu dem Inhalt der Hausarbeit abgefragt werden. Hilfsweise komme als alternative Prüfungsform auch die mündliche Prüfung in Betracht, wie auch von der Antragsgegnerin zugestanden werde. Allerdings sei die von der Antragsgegnerin vorgenommene Befristung bis zum Wintersemester 2014/2015 ermessensfehlerhaft und rechtswidrig. Auch habe er einen Anspruch auf Einhaltung bestimmter Modalitäten bei der Durchführung der mündlichen Prüfung. Mündliche Prüfungen ohne entsprechende Vorgaben bewirkten nicht den erwarteten Ausgleich seiner Beeinträchtigungen. Dies habe auch die mündliche Prüfung am 1. Juli 2014 im Modul „Produktion & Monitoring“ gezeigt. Es seien dort schriftliche Ausarbeitungen von ihm verlangt worden, die er zudem in Anwesenheit der Prüfer hätte anfertigen müssen. Dies habe zu einem extremen Druck geführt und seine Konzentrationsfähigkeit behindert. Für den Fall, dass seine Anträge hinsichtlich der Hausarbeit und der mündlichen Prüfung (mit entsprechenden Vorgaben) als alternative Prüfungsformen erfolglos blieben, benötige er bei Klausuren jedenfalls eine Schreibzeitverlängerung von 30 %.
22Der Antragsteller beantragt wörtlich:
23- 24
1. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig die Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der alternativen Prüfungsform Hausarbeit anstelle der Prüfungsform Klausur zu gewähren.
- 25
2. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin hilfsweise verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig die Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der alternativen Prüfungsform mündliche Einzelprüfung anstelle der Prüfungsform Klausur auch über den im Bescheid vom 26. Mai 2014 bewilligten Zeitraum zu gewähren und vorläufig bei der Durchführung der mündlichen Prüfungen folgende Vorgaben zu beachten:- bei Notwendigkeit einer Vorbereitung auf die Aufgaben der mündlichen Prüfung wird eine Vorbereitungszeit in einem separaten Einzelraum gewährt;- die mündliche Prüfung wird jeweils von einem Prüfer im Beisein eines Protokollführers/Beisitzers durchgeführt;- der jeweilige Prüfer ist über die Erkrankung des Antragstellers sowie die damit verbundenen Beeinträchtigungen vor Durchführung der mündlichen Prüfung aufzuklären und hat sich auf die persönlichen Voraussetzungen des Antragstellers wie etwa bei der Formulierung der Fragen und der Redegeschwindigkeit einzustellen.
- 26
3. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin hilfsweise verpflichtet, dem Antragsteller bei der Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der Klausur vorläufig eine Schreibzeitverlängerung von 30 % zur regulären Bearbeitungszeit zu gewähren und ihm vorläufig die Ablegung der Prüfungsleistung in einem separaten Einzelraum zu ermöglichen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
28die Anträge abzulehnen.
29Sie macht zur Begründung geltend: Der Antragsteller habe in den letzten vier Semestern von – in der Regelstudienzeit zu absolvierenden ‑ 18 Modulen 10 Module bestanden. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor. Nach telefonischer Auskunft des Studentenwerks Q sei es ausreichend, wenn bei Nichtvorlage des erforderlichen Leistungsnachweises ärztliche Atteste eingereicht würden, die die Erkrankung des Studenten belegten. Ferner fehle es an einem Anordnungsanspruch. Die Prüfungsformen Klausur und Hausarbeit prüften unterschiedliche Kompetenzen ab. In einer Klausur würden das aktuelle Wissen des Prüflings und die Fähigkeit zur Lösung aktuell gestellter Aufgaben innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums abgefragt. Im Gegensatz dazu werde bei dem Verfassen einer Hausarbeit die Fähigkeit abgefragt, einen komplexeren Sachverhalt unter Zuhilfenahme von Literaturquellen umfassend aufzubereiten und zu lösen. Von einem Absolventen des Bachelorstudiengangs „Technisches Management und Marketing“ würden beide Fähigkeiten im Berufsleben gefordert. Der Antragsteller könne die Fähigkeit zur Lösung aktuell gestellter Fragen allerdings nicht in der Form der Hausarbeit nachweisen, sondern als Alternative nur in einer mündlichen Prüfung. Sie habe dem Antragsteller bereits bewilligt, statt der Prüfungsform Klausur als Alternative die Prüfungsform der mündlichen Prüfung zu absolvieren. Die zeitliche Begrenzung bis zum Ende des Wintersemesters 2015/2016 sei erfolgt, um danach eine erneute Prüfung der Sachlage vornehmen zu können. Es erscheine nicht ausgeschlossen, dass eine bessere medikamentöse und die angesprochene psychotherapeutische Behandlung zu einer Verbesserung der Problematik führen könnten. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob es vorliegend um einen echten Nachteilsausgleich gehe oder bei dem Antragsteller eine Beeinträchtigung vorliege, die an der Eignung für den angestrebten Beruf zweifeln lasse. Die vom Antragsteller geforderten zusätzlichen Bedingungen, unter denen eine mündliche Prüfung abgehalten werden solle, sollten ein persönlichkeitsbedingtes Defizit ausgleichen, das der Antragsteller auch bei einer späteren beruflichen Tätigkeit berücksichtigen müsse. Im Übrigen sei die Atmosphäre in der mündlichen Prüfung am 1. Juli 2014 nicht von Zeitdruck geprägt gewesen. Im Gegenteil hätten die Prüfer immer wieder darauf hingewiesen, dass sich der Antragsteller Zeit nehmen könne. Abgesehen davon bestünden Zweifel an der Zulässigkeit der unter Ziffer 2. und 3. gestellten Antrags, weil entsprechende Anträge bei ihr, der Antragsgegnerin, noch nicht gestellt worden seien.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin verwiesen.
31G r ü n d e :
32Die Anträge haben insgesamt keinen Erfolg.
33Der Hauptantrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft macht. Ist der Antrag ‑ wie vorliegend – im Ergebnis auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
34Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 13. August 1999 - 2 VR 1/99 -, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 109, 258 = juris Rn. 24; Verwaltungsgericht (VG) Köln, Beschluss vom 28. April 2010 - 6 L 264/10 -, juris Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Aufl. 2009, § 123 Rn. 14.
35Gemessen hieran kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Blick auf den unter Ziffer 1. gestellten Hauptantrag nicht in Betracht. Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihm steht nach – nur gebotener - summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage kein Anspruch auf (vorläufige) Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der alternativen Prüfungsform Hausarbeit anstelle der Prüfungsform Klausur zu.
36Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage (allein) in Betracht kommenden Vorschrift des § 5 Abs. 3 der Rahmenprüfungsordnung für die Bachelorstudiengänge in der Hochschule I. vom 2. Juni 2010 in der hier maßgeblichen Fassung (im Folgenden: RPO) liegen nicht vor. Macht danach die Kandidatin oder der Kandidat durch ein ärztliches Zeugnis glaubhaft, dass sie oder er wegen länger andauernder oder ständiger körperliche Behinderung nicht in der Lage ist, die Prüfung ganz oder teilweise oder in der vorgesehenen Form abzulegen, hat die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses dafür zu sorgen, dass der Kandidatin oder dem Kandidaten innerhalb des Prüfungszeitraums Gelegenheit gegeben wird, so weit wie möglich gleichwertige Prüfungsleistungen in einer anderen Form zu erbringen.
37Dass die Antragsgegnerin die Möglichkeit des Nachteilsausgleichs ausschließlich bei einer körperlichen Behinderung des Prüflings einräumt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn nur in diesem Fall kommen den Grundsatz der Chancengleichheit wahrende Ausgleichsmaßnahmen in Betracht. Bei der Frage, ob ein Nachteilsausgleich zu gewähren ist, ist zu differenzieren zwischen der Beeinträchtigung, eine vorhandene geistige Leistungsfähigkeit technisch umsetzen zu können, und der Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit selbst. Die bloße Beeinträchtigung der Umsetzung der psychischen/geistigen Leistungsfähigkeit (Sehschwäche, gebrochener Arm etc.) ist durch geeignete Erleichterungen der Prüfungsbedingungen, wie z. B. durch technische Hilfsmittel oder Schreibzeitverlängerung ausgleichbar. Hierauf hat der Prüfkandidat einen Anspruch, weil hierüber die Chancengleichheit gegenüber den Mitprüflingen erst hergestellt wird. Handelt es sich hingegen um eine Behinderung der psychischen/geistigen Leistungsfähigkeit, die dauerhaft das Leistungsbild und die Persönlichkeit des Prüflings prägt, so ist diese nicht ausgleichbar. Denn durch die Prüfung soll gerade die geistige Leistungsfähigkeit des Prüfkandidaten festgestellt werden.
38Vgl. Verwaltungsgericht (VG) München, Beschluss vom 21. März 2014 ‑ M 21 E 14.1168 -, Juris; VG Ansbach, Beschluss vom 26. April 2013 ‑ AN 2 E 13.00754 ‑.
39Nach diesen rechtlichen Vorgaben hat der Antragsteller schon deshalb keinen Anspruch auf Ablegung von Prüfungsleistungen in der alternativen Prüfungsform Hausarbeit statt Klausur im Wege des Nachteilsausgleichs, weil bei ihm keine andauernde oder ständige körperliche Behinderung im Sinne des § 5 Abs. 3 RPO, sondern vielmehr ein nicht ausgleichbares Dauerleiden besteht, das dauerhaft sein Leistungsbild und seine Persönlichkeit prägt. Ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der Klinik für Akutpsychosomatik und Psychotherapie N. vom 27. Dezember 2013 und des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie X1. vom 24. März 2014 leidet der Antragsteller unter einer (schwer) ausgeprägten Form des ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) im Erwachsenenalter. Eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS/ADS) im Erwachsenenalter erschwert aber nicht nur die rein mechanische Lese- und Schreibtätigkeit als technischen Vorgang, sondern beeinträchtigt die gedankliche Erarbeitung der Klausurlösung selbst. Infolge der dauerhaften Reizüberflutung und der mangelnden Fähigkeit zur Filterung von Informationen hat der Betroffene Schwierigkeiten bei der vollständigen Erfassung der Aufgabenstellung, bei der Entwicklung und Gliederung der Klausurlösung und bei der Fokussierung seiner Aufmerksamkeit auf die Klausur. Es handelt sich um ein Dauerleiden, das als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft die Leistungsfähigkeit des Prüflings dauerhaft prägt und nicht durch den Einsatz von Hilfsmitteln (bzw. hier: Gewährung der alternativen Prüfungsform Hausarbeit) ausgeglichen werden kann.
40Vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 30. August 2007 ‑ 2 K 1667/07 ‑, Juris.
41Die Annahme des Bestehens eines das Leistungsbild und die Persönlichkeit des Antragstellers prägenden Dauerleidens im vorliegenden Fall wird bestätigt durch die Stellungnahmen der Klinik für Akutpsychosomatik und Psychotherapie N. vom 27. Dezember 2013 und von Herrn X1. vom 24. März 2014.
42In dem Arztbrief der Klinik N. vom 27. Dezember 2013 heißt es u. a.:
43„In Zusammenschau aller aktuellen und früheren Befunde kann eindeutig die Diagnose eines ADHS im Erwachsenenalter gestellt werden. An dieser Stelle soll auf die Chronizität der Störung auch unter medikamentöser Behandlung hingewiesen werden. Es handelt sich im Fall von Herrn um eine vergleichsweise schwer ausgeprägte Symptomatik, die sich in allen wichtigen Lebensbereichen niederschlägt und dort zu Funktionsbehinderungen führt.“
44Herr X1. führt in seiner Stellungnahme vom 24. März 2014 unter anderem aus:
45„(…) ADHS ist eine genetisch determinierte, dauerhafte Störung im Hirnstoffwechsel, mit Beginn im Kindesalter, die auch unter medikamentöser Behandlung einen chronischen Verlauf nimmt.
46(…)Es handelt sich bei Herrn um eine vergleichsweise schwer ausgeprägte Symptomatik, die sich in allen wichtigen Lebensbereichen niederschlägt und dort zu schwerwiegenden Funktionsbehinderungen geführt hat. (…) Die Funktionsbehinderungen bestehen in einer Konzentrationsschwäche, gepaart mit hoher Ablenkbarkeit. Ein typisches Kennzeichen des ADHS ist die große Reizoffenheit, das bedeutet für den Patienten, ständig von inneren und äußeren Reizen überflutet werden zu können und dadurch abgelenkt zu sein.Es ist davon auszugehen, dass diese Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen dauerhaft ist, aber auch Auswirkungen auf sein Studium hat, indem er in Klausuren nicht durchgehend und intensiv genug das abgefragte Wissen abrufen kann, selbst wenn er das Wissen erworben haben sollte. (…).“
47Soweit Herr X1. in seiner an die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers gerichteten E-Mail vom 17. September 2014 darauf verweist, dass ADHS die Grundintelligenz des Betroffenen nicht mindere, wird dies von der Kammer nicht in Frage gestellt. Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass ADHS im Erwachsenenalter – wie dargelegt – zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen führt.
48Es ist auch davon auszugehen, dass die erheblichen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes des Antragstellers und dadurch bedingt die Einschränkung der Leistungsfähigkeit trotz ärztlicher Hilfe bzw. des Einsatzes medizinisch-technischer Hilfsmittel dauerhaft ist. Denn ausweislich der ärztlichen Stellungnahme des Herrn X1. vom 24. März 2014 kann die medikamentöse Behandlung die Störung nicht heilen, sondern nur zur Verbesserung der Konzentration und Ausdauer in einem begrenzten Ausmaß beitragen. Auch unter einer adäquaten Medikation verbessere sich zwar die Konzentrationsleistung des Antragstellers, bleibe aber nicht konstant und könne nicht so zielgerichtet und zum gewünschten Zeitpunkt abgerufen werden wie bei einem Gesunden.
49Liegt aber beim Antragsteller eine dauerhafte krankheitsbedingte Einschränkung der gedanklichen (geistigen) Leistungsfähigkeit in Form eines Dauerleidens vor, die als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft seine Leistungsfähigkeit an sich prägt und die sich auf die durch die Prüfung festzustellende Leistungsfähigkeit bezieht, dann ist diese Einschränkung Mitbestandteil seines durch die Prüfung zu belegenden Leistungsbilds. Wenn sich eine solche generelle Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Prüfungsergebnis negativ niederschlägt, führt dies nicht zur Verfälschung des Aussagewerts des Prüfergebnisses.
50Vgl. auch: VG München, Beschluss vom 21. März 2014 ‑ M 21 E 14.1168 -, a. a. O.
51Eine Verfälschung des Prüfergebnisses läge hingegen vor, wenn der Antragsteller die Möglichkeit erhielte, als alternative Prüfungsform zur Klausur die Hausarbeit wählen zu können. Der Nachteilsausgleich darf am Maßstab der Chancengleichheit nicht eingesetzt werden, um durch Prüfungsvergünstigungen Leistungsschwächen auszugleichen, die für Art und Umfang der Eignung und Befähigung, die mit dem Leistungsnachweis gerade festgestellt werden sollen, von Bedeutung sind. Prüfungsanforderungen, die eine bestimmte Leistung gerade auch im Rahmen eines vorgegebenen Zeitbudgets mit dem Ziel der Testung des Bestehens bzw. des Umfangs von Eignung und Befähigung abfordern, dürften nicht an die Leistungsfähigkeit des Prüfkandidaten angepasst werden; dann würde eine Prüfung ihren Zweck von vornherein verfehlen.
52Vgl. VG München, Beschluss vom 21. März 2014 ‑ M 21 E 14.1168 -, a. a. O.
53So läge der Fall hier aber, wenn der Antragsteller statt einer Klausur eine Hausarbeit anfertigen dürfte, da die Zielrichtungen der Prüfungen unterschiedlich sind. In einer Klausur wird präsentes Wissen abgefragt und nach Ablauf eines vorgegebenen zeitlichen Rahmens (4 Zeitstunden, vgl. § 5 Abs. 1 a) RPO) die Abgabe einer Lösung erwartet. Eine Hausarbeit hingegen ist die eigenständige (umfassende) Bearbeitung eines vorgegebenen Themas oder Problems, nach wissenschaftlichen Maßstäben vgl. § 5 Abs. 1 f Satz 1) RPO, wobei hierzu insbesondere die Informations- und Materialrecherche, die Strukturierung der Inhalte, das Anfertigen einer Gliederung und die Ausarbeitung eines schriftlichen Manuskripts gemäß der bei wissenschaftlichen Arbeiten üblichen Form zählen (Satz 2). Mit der Möglichkeit, eine Prüfungsleistung in der alternativen Prüfungsform einer Hausarbeit statt einer Klausur erbringen zu können, gelänge es dem Antragsteller, den Prüfungsanforderungen auszuweichen, die aktuelles/präsentes Wissen im Rahmen eines eingeschränkten Zeitbudgets abfragen. Damit würde aber eine Hausarbeit ihren Zweck als Ersatzprüfung für eine Klausur von vornherein verfehlen. Dies gilt auch für eine Hausarbeit mit Abgabegespräch, weil sich dieses ‑ anders als eine mündliche Prüfung – ausschließlich auf die Inhalte der zuvor bearbeiteten Hausarbeit bezöge.
54Darüber hinaus fehlt es auch an der Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsgrunds. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten. Soweit er zunächst geltend gemacht hat, die Eilbedürftigkeit ergebe sich bereits aus der drohenden Ablehnung der Weiterbewilligung von Ausbildungsförderung ab September 2014, hält er dieses Vorbringen nicht mehr aufrecht. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 2. September 2014 hat er mitgeteilt, dass die Bewilligung der Ausbildungsförderung mittlerweile verlängert worden sei. Soweit er sich darauf beruft, dass er im Wintersemester 2014/2015 die nächsten Prüfungen ablegen müsse, ist eine Eilbedürftigkeit zum jetzigen Zeitpunkt schon deshalb nicht zu erkennen, weil die nächsten Prüfungen nach seinem eigenem Vorbringen erst in der Zeit vom 19. Januar 2015 bis 6. Februar 2015 stattfinden.
55Dem Hilfsantrag zu 2. bleibt als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO schon mangels Zulässigkeit der Erfolg versagt. Der Antragsteller verfügt nicht über das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil er den Antrag mit den entsprechenden Vorgaben nicht zuvor (konkret) bei der Antragsgegnerin gestellt hat und weder dargelegt noch sonst ersichtlich ist, dass die Antragsgegnerin über einen solchen Antrag nicht rechtzeitig vor Beginn des Wintersemesters 2014/2015 entschieden hätte. Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass er diesen Antrag bereits mit Schreiben vom 9. April 2014 gestellt habe, ist diesem Vorbringen nicht zu folgen. In seiner Widerspruchsbegründung vom 9. April 2014 hat der Antragsteller im Wesentlichen seine Konzentrationsschwäche geltend gemacht und wegen „näherer Informationen“ auf das beigefügte Attest von Herrn X1. vom 24. März 2014 verwiesen. Ausdrücklich beantragte er u. a. die „Umwandlung der Prüfungsform in eine mündliche Prüfung unter bestimmten Voraussetzungen (siehe ärztliches Attest)“. In dem Attest heißt es hierzu:
56„Um seine Leistung optimal abrufen zu können, kommen ihm folgende Faktoren im Prüfungsfall entgegen: Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in einem Gespräch unter vier Augen, ohne äußere Ablenkungsfaktoren. Der Prüfer sollte in Anbetracht umständlicher Formulierungen und sprunghafter Gedankengänge von Herrn geduldig bleiben können und ihm wieder auf die Spur zu helfen versuchen.“
57Mit diesen allgemeinen Ausführungen hat der Antragsteller aber noch keinen konkreten Antrag im Sinne des unter Ziffer 2. gestellten Hilfsantrags gestellt. Abgesehen davon ist der Antrag auch unbegründet. Der Antragsteller hat den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage (allein) in Betracht kommenden Vorschrift des § 5 Abs. 3 RPO liegen mangels einer körperlichen Behinderung des Antragstellers nicht vor. Abgesehen davon stellten die geforderten Vorgaben für den Ablauf einer mündlichen Prüfung mit Blick auf das Dauerleiden des Antragstellers eine vom Grundsatz der Chancengleichheit nicht mehr gedeckte Anpassung der Prüfungsbedingungen an seine auf Dauer (eingeschränkte) Leistungsfähigkeit dar. Im Übrigen zeigt das Protokoll über die – im Übrigen bestandene ‑ mündliche Prüfung am 1. Juli 2014, dass schon in dieser Prüfung immer wieder Hilfestellungen seitens der Prüfer erfolgt sind. Soweit der Antrag zu 2. dahingehend zu verstehen sein sollte, dass jedenfalls die Verlängerung der bereits gewährten Möglichkeit zur Ablegung von Prüfungsleistungen in der alternativen Prüfungsform der mündlichen Prüfung über das Wintersemester 2015/2016 hinaus begehrt wird, fehlt es mangels Eilbedürftigkeit jedenfalls an der Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsgrunds.
58Der unter Ziffer 3. gestellte Hilfsantrag bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der Antrag ist unzulässig. Der Antragsteller verfügt auch insoweit nicht über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil er sich nicht zuvor mit einem entsprechenden Antrag an die Antragsgegnerin gewandt hat. Auch ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass diese nicht rechtzeitig über den Antrag entschieden hätte.
59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und berücksichtigt, dass der Antragsteller im Ergebnis eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.