Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 04. Nov. 2014 - 5 A 301/13

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2014:1104.5A301.13.0A
bei uns veröffentlicht am04.11.2014

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Zuerkennung eines erhöhten Unfallruhegehalts. Er war am 16. August 2002 im Zeugenschutz tätig. Ihm war die Aufgabe übertragen, vom 16. bis zum 19. August 2002 eine für den Zeugenschutz in Anspruch genommene Wohnung in der D-Straße im Stadtgebiet von A-Stadt auf dem W. zu sichern. Der Auftrag umfasste auch Beobachtungen des Umfeldes und der Hochwasserlage. Zu diesem Zwecke sollte der Beamte wegen der in diesem Zeitraum herrschenden Hochwasserlage den Wasserstand am Pegelhaus am linken Elbufer nördlich der Allee in Abständen fotografieren. Am 16. August 2002 wurde der Kläger gegen 18.20 Uhr auf der nördlichen Seite der S. etwa 10 Meter westlich der Einmündung zur Straße K. verletzt aufgefunden. Er hatte eine Schädelbasisfraktur (frontobasale Fraktur Escher III) mit einem Bruch des Gehörganges, einen Trümmerbruch des linken Schlüsselbeins und eine Brustkorbprellung erlitten. Bei Eintreffen der herbeigerufenen Polizei lehnte das Fahrrad des Klägers an einem Verkehrszeichen, ohne dass festgestellt werden konnte, wer es dort abgestellt hatte. Zeugen konnten ebenfalls nicht festgestellt werden. Der Kläger wurde nach medizinischer Erstversorgung in das Krankenhaus Altstadt verbracht. In der Verkehrsunfallanzeige vermerkte der Polizeibeamte zum Unfallhergang, der Kläger sei aus ungeklärter Ursache mit dem Fahrrad gestürzt. Das Fahrrad und ein vom Kläger mitgeführter Fotoapparat wurden sichergestellt. An dem Fahrrad konnten keine Beschädigungen festgestellt werden. Eine Auswertung des Fotomaterials ergab, dass der Pegelstand der Elbe auf zwei Fotografien mit einem Stand von 5,30 m und 5,60 m festgehalten war. In einer ersten Befragung am Folgetag, dem 17. August 2002 gab der Kläger auf Befragen an, er sei mit dem Fahrrad auf der rechten Straßenseite der Allee in Richtung S. gefahren, als er in Höhe der Z. von einem Pkw angefahren worden sei. Am 19. August 2002 wurde der Kläger einer vierstündigen Operation unterzogen. Er befand sich bis zum 04. September 2002 in stationärer Behandlung.

2

In der Vernehmung vom 24. September 2002 erklärte der Kläger, er habe sich an dem Unfalltag zu Fuß, das Fahrrad schiebend, zur S. begeben, um die Hochwassersituation zu beobachten. Das Fahrrad habe er nur mit sich geführt, um im Bedarfsfalle die M-tstraße schnell wieder erreichen zu können. Dabei habe er gegen 18.00 Uhr auf der S. zwei oder drei Skinheads fotografiert, die von der S. in die Elbe gesprungen seien. Ob er von anderen beobachtet worden sei, könne er nicht sagen, weil sich zu diesem Zeitpunkt sehr viele Personen in diesem Bereich aufgehalten hätten. Auf dem Rückweg zur M-Straße habe er einen Druck und einen Schlag im linken Gesichtsbereich bemerkt, bevor er das Bewusstsein verloren habe. Im Krankenhaus sei er medikamentös ruhig gestellt worden. Er glaube, der Schlag sei von links geführt worden. Er könne sich nur schwach daran erinnern, im Krankenhaus von Polizeibeamten aufgesucht worden zu sein.

3

In der Unfallanzeige vom 06. Juni 2003 erklärte der Kläger, er habe auf der S. mehrere Skinheads beobachtet, von denen einige von der Brücke in die Elbe gesprungen seien. Das habe er fotografiert. Da sich am K. (wohl K. W.) weitere Skinheads versammelt hätten, habe er sich zu Fuß mit seinem Fahrrad in Richtung dieser Personengruppe begeben, um die Lage näher beobachten zu können. Auf dem Weg habe er dann einen Druck bzw. Schlag verspürt.

4

Mit Bescheid aus dem Juli 2004 wurde der am 16. August 2002 erlittene Unfall als Dienstunfall anerkannt. Mit Bescheid vom 02. Juni 2011 bewilligte der Beklagte einen Unfallausgleich unter Berücksichtigung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 75 v. H. Auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 05. März 2013 – 5 A 75/12 MD – versetzte der Beklagte den Kläger mit Ablauf des Monats Mai 2013 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.

5

Den Antrag des Klägers, festzustellen, dass die Voraussetzunge für die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts vorliegen, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Oktober 2012 ab. Der Kläger sei bei der Dienstausübung keiner besonderen Lebensgefahr ausgesetzt gewesen. Er sei auch nicht Opfer eines zielgerichteten Angriffs gewesen, weil der Geschehensablauf nicht mehr aufklärbar sei.

6

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2013 zurück. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger Opfer eines Verkehrsunfalls geworden sei. Dafür sprächen der Inhalt der Unfallanzeige des Vorgesetzten, seine eigene Einlassung am Tag nach dem Unfall und die Feststellungen des Verkehrsunfalldienstes über die Beschädigungen des Fahrrades.

7

Mit der dagegen erhobenen Klage macht der Kläger geltend, er sei einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt gewesen, weil er im Rahmen einer Zeugenschutzmaßnahme für die Sicherung einer Wohnung in der M-Straße eingesetzt worden sei. Dieser Auftrag habe auch die Beobachtung des Umfeldes und der Hochwassersituation umfasst. Von einem Verkehrsunfall könne nicht ausgegangen werden, weil der Kläger auf dem Fußweg aufgefunden worden sei und das Fahrrad unbeschädigt an einem Verkehrsschild angelehnt abgestellt worden sei und außer den schweren Verletzungen keine Abschürfungen an Körper oder Kleidung festgestellt worden seien. Das er am 17. August 2002 andere Angaben gemacht habe, beruhe darauf, dass er zu diesem Zeitpunkt erkennbar nicht vernehmungsfähig gewesen sei. An diesem Tag habe er selbst seine Ehefrau nicht erkannt.

8

Er beantragt,

9

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2013 zu verpflichten, dem Kläger ein erhöhtes Unfallruhegehalt i. S. d. § 37 BeamtVG zu bewilligen.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er meint, dem Kläger stehe ein erhöhtes Unfallruhegehalt nicht zu. Aus § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG könne der Kläger Ansprüche nicht ableiten, weil es an dem kausalen Zusammenhang zwischen den Sicherungs- und Beobachtungsaufgaben und dem Unfall fehle, ohne dass es darauf ankomme, ob die Verletzungen auf einem Verkehrsunfall oder auf einen Schlag zurückzuführen seien. Auch aus § 37 Abs. 2 BeamtVG könne der Kläger Ansprüche nicht herleiten, weil auch nach dessen Vortrag kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich sei, dass die schädigende Handlung gegen den Kläger als Polizeivollzugsbeamten gerichtet gewesen sei.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

14

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung eines erhöhten Unfallruhegehalts ist § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Setzt sich ein Beamter bei der Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind nach der genannten Regelung bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten und im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 v. H. beschränkt ist.

15

In objektiver Hinsicht erfordert § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG eine Diensthandlung, mit der für den Beamten typischerweise eine besondere, über das übliche Maß der Lebens- oder nur Gesundheitsgefährdung hinausgehende Lebensgefahr verbunden ist. Die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts setzt damit eine Dienstverrichtung voraus, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, so dass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 – 2 C 51/11 – Rdnr. 10 ). Ausgehend von dem Sachvortrag des Klägers bestanden die Diensthandlungen, mit denen er am 16. August 2002 betraut gewesen ist, darin, ein für den Schutz eines Zeugen in einem Prozess gegen Angeklagte aus dem Rocker-Milieu im Zusammenhang mit einem Bombenanschlag in M. in Anspruch genommenes Gebäude zu sichern. Konkret habe er das Umfeld der Wohnung beobachten und, wegen des Elbhochwassers, die Pegelstände der Elbe beobachten und dokumentierten sollen. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben im Zeugenschutz handelte es sich um eine Tätigkeit, die verdeckt wahrgenommen wird und bei der der Kläger Dritten gegenüber nicht offen als Polizeivollzugsbeamter aufgetreten ist. Eine über die Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos hinausgehende Lebensgefahr ist mit dieser Aufgabe nicht verbunden gewesen. Dem Zweck einer solchen verdeckten Maßnahme der Gefahrenvorsorge entsprechend ist bei einem typischen Verlauf der Dienstverrichtung gerade nicht damit zu rechnen, dass der zu schützende Zeuge und mit ihm die ihn schützenden Beamten einer erhöhten Lebensgefahr ausgesetzt sind. Anderes könnte nur für den atypischen Fall gelten, dass der Aufenthalt des zu schützenden Zeugen den Verfolgern durch eine Indiskretion aus den Reihen der Polizei oder des Umfeldes des Zeugen oder durch einen Zufallsfund bekannt wird. Eine solche Gefahr hat sich hier auch nach dem Vortrag des Klägers nicht verwirklicht. Seinen Vortrag als richtig unterstellt ist er nicht etwa attackiert worden, weil die Täter des zu schützenden Zeugen hätten habhaft werden wollen, sondern weil er anlässlich der Beobachtung der Pegelstände der Elbe Skinheads beobachtet und fotografiert hat, die von der S. aus in die Elbe gesprungen sind.

16

Abgesehen davon erfordert die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG das Bewusstsein der Gefährdung des eigenen Lebens (BVerwG, a. a. O, Rdnrn. 13 und 16). Es ist indes nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass sich der Kläger einer mit dem Einsatz im Zeugenschutz verbundenen besonderen Lebensgefahr bewusst gewesen wäre.

17

Nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG wird Unfallruhegehalt nach Absatz 1 auch gewährt, wenn der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall mit den in Absatz 1 genannten Folgen erleidet. Den verschiedenen Voraussetzungen des qualifizierten Dienstunfalls i. S. d. § 37 BeamtVG gemeinsam ist jeweils eine gesteigerte Gefährdungslage, der der Beamte wegen seiner Dienstausübung oder seines Amtes ausgesetzt ist. Der Tatbestand des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG knüpft an das bewusste Eingehen einer besonderen Lebensgefahr um der Vornahme einer – als lebensgefährlich erkannten – Diensthandlung willen an. § 37 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG setzt einen Angriff außerhalb des Dienstes voraus, der "im Hinblick auf das pflichtgemäße dienstliche Verhalten des Beamten" oder "wegen seiner Eigenschaft als Beamter" geführt worden sein muss. Niveaugleich im Hinblick auf diese Tatbestandsmodalitäten knüpft die Gefährdungslage nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG an eine Verletzungshandlung an, die vom Handelnden mit Wissen und Wollen der zu erwartenden Rechtsgutbeeinträchtigung ausgeführt wird und die in einem inneren Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Beamten steht (BVerwG, Urt. v. 08.10.1998 – 2 C 17/98 –, Rdnr. 15 ). Auch dafür ist nach Lage der Dinge im vorliegenden Einzelfall nichts ersichtlich. Der Vortrag des Klägers kann allenfalls die Annahme stützen, er sei von einem Angreifer attackiert worden, weil er Skinheads beobachtet und fotografiert hatte, die von einer der S. in die Elbe gesprungen sind. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, weshalb der oder die Angreifer Anlass gehabt haben sollen, den Kläger wegen seiner Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamten anzugreifen, weil er seinen Dienst in Zivilkleidung versehen und als (Polizei-) Beamter nach außen hin nicht in Erscheinung getreten ist. Der Kläger ist vielmehr gelegentlich der Dienstausübung angegriffen worden, nicht aber, weil er seinen Dienst ausgeübt hat oder weil er Beamter ist. Damit aber fehlt es an dem den notwendigen inneren Zusammenhang zwischen Verletzungshandlung und Dienstverrichtung.

18

Allein die abstrakte Möglichkeit, dass der Angriff auf den Kläger im Zusammenhang mit seinem Einsatz im Zeugenschutz gestanden haben könnte, genügt für die Zuerkennung des erhöhten Unfallruhegehaltes nicht. Vielmehr kommt eine Verpflichtung der Behörde zur Gewährung des erhöhten Unfallruhegehaltes durch ein gerichtliches Urteil nur in Betracht, wenn das Gericht mit Überzeugungsgewissheit feststellen kann, dass die Voraussetzungen hierfür nach Maßgabe des § 37 BeamtVG gegeben sind. Bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers spricht nichts dafür, dass der Täter den Angriff gegen den Kläger geführt hat, weil der Kläger im Zeugenschutz tätig gewesen ist. Es ist auch nicht erkennbar oder vorgetragen, in welche Richtung das Verwaltungsgericht sollte Ermittlungen anstellen könne, um den Sachverhalt näher aufzuklären.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 37 Erhöhtes Unfallruhegehalt


(1) Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 Prozent der ruhegehaltfä

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 13. Dez. 2012 - 2 C 51/11

bei uns veröffentlicht am 13.12.2012

Tatbestand 1 Der 1958 geborene Kläger, der als Hauptbrandmeister im Dienst der Beklagten stand, wurde im Dezember 2008 bei einem Feuerwehreinsatz so schwer verletzt, das

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(1) Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass sich für Beamte der Laufbahngruppe des einfachen Dienstes die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge mindestens nach der Besoldungsgruppe A 6, für Beamte der Laufbahngruppe des mittleren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 9, für Beamte der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 12 und für Beamte der Laufbahngruppe des höheren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 16 bemessen; die Einteilung in Laufbahngruppen gilt für die Polizeivollzugsbeamten, die sonstigen Beamten des Vollzugsdienstes und die Beamten des Einsatzdienstes der Berufsfeuerwehr entsprechend.

(2) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn der Beamte

1.
in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff oder
2.
außerhalb seines Dienstes durch einen Angriff im Sinne des § 31 Abs. 4
einen Dienstunfall mit den in Absatz 1 genannten Folgen erleidet.

(3) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn ein Beamter einen Einsatzunfall oder ein diesem gleichstehendes Ereignis im Sinne des § 31a erleidet und er infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist.

(4) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass sich für Beamte der Laufbahngruppe des einfachen Dienstes die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge mindestens nach der Besoldungsgruppe A 6, für Beamte der Laufbahngruppe des mittleren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 9, für Beamte der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 12 und für Beamte der Laufbahngruppe des höheren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 16 bemessen; die Einteilung in Laufbahngruppen gilt für die Polizeivollzugsbeamten, die sonstigen Beamten des Vollzugsdienstes und die Beamten des Einsatzdienstes der Berufsfeuerwehr entsprechend.

(2) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn der Beamte

1.
in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff oder
2.
außerhalb seines Dienstes durch einen Angriff im Sinne des § 31 Abs. 4
einen Dienstunfall mit den in Absatz 1 genannten Folgen erleidet.

(3) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn ein Beamter einen Einsatzunfall oder ein diesem gleichstehendes Ereignis im Sinne des § 31a erleidet und er infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist.

(4) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der 1958 geborene Kläger, der als Hauptbrandmeister im Dienst der Beklagten stand, wurde im Dezember 2008 bei einem Feuerwehreinsatz so schwer verletzt, dass er keinen Dienst mehr leisten konnte und schließlich zum 1. Juni 2011 in den Ruhestand versetzt wurde. Nachdem ein Brand in einer mehrgeschossigen Lagerhalle gelöscht war, wurde festgestellt, dass im Dachgeschoss der Halle aus den Fugen der Bodendielen im Bereich unmittelbar über dem im Obergeschoss gelegenen Brandherd noch Rauchfahnen aufstiegen. Um ein erneutes Ausbrechen des Feuers zu verhindern, beauftragte der Einsatzleiter den Kläger, die Decke mit einer Kettensäge zu öffnen. Beim Ansetzen des zweiten Schnitts brach die Decke ein, so dass der Kläger in das Obergeschoss stürzte. Die Beklagte erkannte den Unfall als Dienstunfall an.

2

Den Antrag des Klägers, ihm die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten sowie die Wechselschichtzulage weiterhin zu zahlen, fasste die Beklagte als Antrag auf Anerkennung des Dienstunfalls als qualifizierten Dienstunfall auf und lehnte ihn ab.

3

Das nach erfolglosem Widerspruch angerufene Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, den Dienstunfall des Klägers als qualifizierten Dienstunfall anzuerkennen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Erfordernis der besonderen Lebensgefahr sei im Gegensatz zur früheren Regelung nur noch ein objektives Merkmal. Der Beamte müsse sich dieser Gefahr nicht mehr bewusst sein.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, mit dem Aufsägen der Decke sei objektiv eine besondere Lebensgefahr verbunden gewesen. Die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid selbst eingeräumt, dass die Diensthandlung des Klägers ungeachtet seiner Einsatzerfahrung möglicherweise risikobehaftet gewesen sei. Nach dem aktuellen Wortlaut der Vorschrift sei es unerheblich, ob sich der Beamte der objektiv bestehenden Gefahr bewusst gewesen sei.

5

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2011 und das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Er erweist sich aber aus anderen als den vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beklagte verpflichtet, den Dienstunfall des Klägers vom 12. Dezember 2008 als qualifizierten Dienstunfall im Sinne des § 37 BeamtVG anzuerkennen. Denn es besteht ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung dieses Umstands, der für mehrere Ansprüche bedeutsam ist.

8

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 37 BeamtVG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (BGBl I S. 3592), der mangels einer landesgesetzlichen Regelung nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG auf das Unfallereignis von Anfang Dezember 2008 anzuwenden ist. Für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (vgl. Urteile vom 16. Mai 1963 - BVerwG 2 C 27.60 - BVerwGE 16, 103 <104> und - BVerwG 2 C 153.60 - Buchholz 237.7 § 142 LBG NRW Nr. 2 S. 5, vom 6. Januar 1969 - BVerwG 6 C 38.66 - BVerwGE 31, 170 <172> = Buchholz 232 § 141a BBG Nr. 1 S. 2 und vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 C 41.11 - Rn. 8 ).

9

§ 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG setzt voraus, dass sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aussetzt und infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet.

10

In objektiver Hinsicht erfordert § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG eine Diensthandlung, mit der für den Beamten typischerweise eine besondere, über das übliche Maß der Lebens- oder nur Gesundheitsgefährdung hinausgehende Lebensgefahr verbunden ist. Die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts setzt damit eine Dienstverrichtung voraus, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, so dass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 2 C 17.98 - Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 2 S. 2).

11

Ob die Diensthandlung für das Leben des Beamten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls (Urteil vom 12. April 1978 - BVerwG 6 C 59.76 - Buchholz 232 § 141a BBG Nr. 4 S. 4 und Beschluss vom 30. August 1993 - BVerwG 2 B 67.93 - juris Rn. 6). Danach ist das Vorbringen der Beklagten, der Unfall habe sich während der Nachlöscharbeiten ereignet und in dieser Phase befänden sich Feuerwehrleute grundsätzlich nicht in Lebensgefahr, unbeachtlich, weil es nicht auf die tatsächliche Lage zur Zeit des Unfallereignisses abstellt.

12

Aus den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts folgt, dass sich der Kläger durch das vom Einsatzleiter angeordnete Öffnen der Decke mittels einer Kettensäge einer solchen besonderen Lebensgefahr ausgesetzt hat. Der Raum im Dachgeschoss, in dem der Kläger, der noch sein Atemschutzgerät trug, eingesetzt war, war noch nicht vollständig rauchfrei. Auf den Grad der Verrauchung dieses Bereichs des Dachgeschosses kommt es dabei nicht an. Denn die besondere Lebensgefahr resultiert bereits daraus, dass der Kläger in einer Höhe von 6 m über dem Fußboden des Obergeschosses (Fallhöhe) unmittelbar am Aufschlagpunkt der ursprünglich vom Obergeschoss ausgegangenen Flammen auf der Unterseite des Fußbodens des Dachgeschosses diese Decke mittels einer Kettensäge aufsägte. Beim Einsatz der Säge war ihm weder die genaue Konstruktion der Decke bekannt noch konnte er einschätzen, inwieweit die Tragkraft der Decke durch den Brand beeinträchtigt war.

13

Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, es sei für die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG unerheblich, ob sich der Beamte der für ihn bestehenden besonderen Lebensgefahr bewusst war, verletzt allerdings revisibles Recht. Denn auch nach der Änderung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926) erfordert die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls beim Beamten das Bewusstsein der Gefährdung seines Lebens (OVG Weimar, Urteil vom 19. November 2009 - 2 KO 559/08 - ThürVBl 2010, 203; Wilhelm, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, Teil 3b Versorgungsrecht, § 37 Rn. 10; Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band 3, § 37 BeamtVG, Rn. 20; Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Hauptband I, § 37 Anm. 3.3).

14

Hinsichtlich der früheren Fassung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG und auch der Vorgängerregelung des § 141a BBG war anerkannt, dass diese das Bewusstsein der besonderen Lebensgefahr voraussetzten. Der Beamte musste die besondere Lebensgefahr bei der Vornahme einer als lebensgefährlich erkannten Diensthandlung bewusst in Kauf nehmen. Er musste sich darüber im Klaren sein, dass er dabei sein Leben verlieren könnte (Urteile vom 12. April 1978 a.a.O. S. 2 und vom 8. Oktober 1998 a.a.O. S. 2; Beschluss vom 10. Mai 1991 - BVerwG 2 B 48.91 - Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 3).

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Mit der nunmehr geltenden Formulierung "Setzt sich ein Beamter...einer... besonderen Lebensgefahr aus" verlangt das Gesetz zwar nicht mehr, dass der Beamte in dem Bewusstsein handelt, bei der Dienstverrichtung sein Leben einzusetzen. Mit dieser Neufassung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 hat der Gesetzgeber aber auf ein subjektives Merkmal des Bewusstseins der Gefährdungslage nicht verzichtet (Innenausschuss des Deutschen Bundestages, Beschlussempfehlung und Bericht, BTDrucks 14/7681, S. 73). Anträge im Gesetzgebungsverfahren, auf das subjektive Merkmal ("bewusster Lebenseinsatz") vollständig zu verzichten und ausschließlich auf den objektiven Umstand der Lebensgefahr abzustellen, lehnte der federführende Innenausschuss des Deutschen Bundestages ab und nahm sie nicht in seine Beschlussempfehlung auf (BTDrucks 14/7681, S. 64, 66 bis 69). Auch der wortgleiche Änderungsantrag (BTDrucks 14/7694, S. 2 und 6) blieb im Deutschen Bundestag ohne Erfolg (Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode, 206. Sitzung vom 30. November 2001, S. 20365, 20416).

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Neben dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte spricht auch die Systematik der Vorschriften der Unfallfürsorge (§§ 30 ff. BeamtVG) dafür, dass § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG beim Beamten unverändert das Bewusstsein der seinem Leben drohenden Gefahr voraussetzt. Andernfalls wäre der Anwendungsbereich des § 37 BeamtVG nicht sinnvoll von dem des § 36 BeamtVG abzugrenzen. Neben den besonderen Folgen des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG setzte der entsprechende Anspruch dann lediglich noch voraus, dass unabhängig vom Bewusstsein des Beamten objektiv eine sein Leben gefährdende Lage bestand. Dies entspräche nicht mehr dem Normzweck des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Dieser liegt in der Förderung der Bereitschaft des Beamten, trotz des Bewusstseins der für ihn bestehenden Lebensgefahr seine Dienstpflichten zu erfüllen. Der erhöhte versorgungsrechtliche Schutz dient dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Verwaltungstätigkeit, weil der Beamte damit rechnen kann, die Folgen dienstlich bedingter Körperschäden in Fällen einer gesteigerten Gefährdung nicht allein tragen zu müssen (Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 2 C 134.07 - BVerwGE 135, 176 = Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 22, jeweils Rn. 21).

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Dem Erfordernis des Bewusstseins der Lebensgefahr bei § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG steht auch nicht entgegen, dass die gleichgestellten Tatbestände der Absätze 2 und 3 keine Anforderungen in subjektiver Hinsicht stellen. Den verschiedenen tatbestandlichen Voraussetzungen des qualifizierten Dienstunfalls ist gemeinsam eine gesteigerte Gefährdungslage, der der Beamte wegen seiner Dienstausübung oder seines Amtes ausgesetzt ist. Aber lediglich der Fall des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erfordert ein entsprechendes Bewusstsein des betroffenen Beamten. Grund der Privilegierung nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG ist demgegenüber eine Verletzungshandlung, die vom Schädiger mit Wissen und Wollen der zu erwartenden Rechtsgutbeeinträchtigung ausgeführt wird und die in einem inneren Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Amtsträgers steht (Urteile vom 8. Oktober 1998 a.a.O. S. 2 und vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 C 41.11 - Rn. 16).

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2. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts erweist sich aber aus anderen als den vom ihm genannten Gründen als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

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Aus den insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich, dass sich der Kläger bei der Diensthandlung, die zu seinen schweren Verletzungen geführt hat, der konkreten Gefährdung seines Lebens bewusst war.

20

Die Anforderungen an das subjektive Merkmal müssen der Änderung des Wortlauts des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 sowie dem Sinn und Zweck der Neuregelung Rechnung tragen. Hiernach muss der Beamte zwar nicht mehr in dem Bewusstsein handeln, bei der Dienstverrichtung sein Leben einzusetzen. Der Beamte muss sich aber der Gefahr für sein Leben im Allgemeinen bewusst sein. Er muss die Gefahr aber nicht in allen Einzelheiten erkannt und richtig bewertet haben. Dabei folgt das Bewusstsein, bei der Dienstverrichtung das eigene Leben zu gefährden, in aller Regel bereits aus dem Wissen um die die Gefahr begründenden objektiven Umstände. Sind dem Beamten bei der Vornahme der Diensthandlung die Aspekte bekannt, aus denen sich die konkrete Gefahr für sein Leben ergibt, so handelt er in dem für § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erforderlichen Bewusstsein der Gefährdung seines Lebens. Die hierin liegende Herabsenkung der Anforderungen an das subjektive Merkmal entspricht auch dem Sinn und Zweck der Neuregelung, die ausweislich der Gesetzesmaterialien der Erleichterung der Rechtsanwendung diente (vgl. BTDrucks 14/7681 S. 73 l. Sp.)

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Die objektiven Umstände, aus denen die konkrete Gefahr resultierte, durch das Öffnen der Decke mittels einer Kettensäge das eigene Leben zu gefährden, waren dem Kläger nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bekannt.

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Auf die mit der Revision geltend gemachten Verfahrensmängel kommt es danach nicht an. Sie beziehen sich auf Umstände, die aus Gründen des materiellen Rechts nicht entscheidungserheblich sind.

(1) Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass sich für Beamte der Laufbahngruppe des einfachen Dienstes die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge mindestens nach der Besoldungsgruppe A 6, für Beamte der Laufbahngruppe des mittleren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 9, für Beamte der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 12 und für Beamte der Laufbahngruppe des höheren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 16 bemessen; die Einteilung in Laufbahngruppen gilt für die Polizeivollzugsbeamten, die sonstigen Beamten des Vollzugsdienstes und die Beamten des Einsatzdienstes der Berufsfeuerwehr entsprechend.

(2) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn der Beamte

1.
in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff oder
2.
außerhalb seines Dienstes durch einen Angriff im Sinne des § 31 Abs. 4
einen Dienstunfall mit den in Absatz 1 genannten Folgen erleidet.

(3) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn ein Beamter einen Einsatzunfall oder ein diesem gleichstehendes Ereignis im Sinne des § 31a erleidet und er infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist.

(4) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.