Verwaltungsgericht Köln Urteil, 26. März 2014 - 23 K 6172/12

Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung bzw. eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides zur nachträglichen Legalisierung einer Dachterrasse sowie eines darüber befindlichen Altans.
3Er ist Eigentümer des Grundstücks I.-----straße 00 (Gemarkung T. , Flur 0, Flurstück 0000) in L. . Das Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
4Auf dem Grundstück befindet sich ein zwei- oder dreigeschossiges Mehrfamilienhaus mit eingeschossigem Anbau, das ebenso wie der Anbau an der nördlichen Grenze zum Flurstück 2550 grenzständig errichtet ist. Auf dem Anbau befindet sich eine Dachterrasse und darüber im Dachgeschoss ein ebenfalls nach Norden grenzständiger Altan. Die Grenzbebauung auf dem Nachbargrundstück deckt sich bis auf ca. einen Meter mit der grenzständigen Bebauung des Hauptgebäudes auf dem Vorhabengrundstück.
5Mit Baugenehmigung vom 02.03.2010 wurde dem Kläger ein Um- und Anbau des Hauses genehmigt. Demnach wurde u.a. ein eingeschossiger nach Norden grenzständiger „Abstellraum“ genehmigt, der sich im rückwärtigen Grundstücksbereich an das zwei- bzw. dreigeschossige Hauptgebäude anschließt. Ebenfalls genehmigt wurde eine „Terrasse“ auf diesem Raum.
6In der Folge stellte der Kläger sechs weitere Anträge auf Nachtragsgenehmigungen, die die Beklagte teilweise beschied und teilweise zurückwies: Mit Nachtragsgenehmigung vom 15.06.2010 (1. Nachtrag) genehmigte sie eine Änderung im Keller des Hauses, mit Nachtragsgenehmigung vom 05.07.2010 (2. Nachtrag) genehmigte sie den Wegfall des rückwärtigen Abstellraumes samt Dachterrasse und einen neu geplanten Dachüberstand im rückwärtigen Grundstücksbereich, mit Nachtragsgenehmigung vom 10.09.2010 (3. Nachtrag) genehmigte sie im rückwärtigen Bereich eine Terrasse im Erdgeschoss, einen Altan („Balkon“) im Obergeschoss sowie Änderungen im Dachbereich. Den Nachtragsantrag vom 21.10.2011 wies sie mit Bescheid vom 27.10.2011 und den Nachtragsantrag vom 28.01.2011 mit Bescheid vom 01.02.2011 zurück. Mit Nachtragsgenehmigung vom 05.05.2011 (4. Nachtrag) genehmigte sie den eingeschossigen nach Norden grenzständigen Anbau eines „Allzweckraumes“ (Bauschein, Bl. II 112 der Beiakte 3) bzw. „Abstellraumes“ (handschriftlich korrigiert auf den Bauzeichnungen) im rückwärtigen Grundstücksbereich sowie eines weiteren „Schuppens/Abstellraumes“ an der östlichen Grundstücksgrenze.
7Mit dem hier strittigen und von der Beklagten nicht beschiedenen Nachtragsantrag vom 10.11.2011, stellte der Kläger eine Dachterrasse auf dem angebauten und bereits genehmigten „Allzweckraum“ sowie einen darüber gelegenen ebenfalls angebauten und nach Norden ebenso grenzständig errichteten Altan („Balkon“) zur Genehmigung. Die Grundfläche der Dachterrasse ist 4,31 m breit und 4,31 m tief, die Grundfläche des Altans ist ebenso breit und 2 m tief.
8Am 29.10.2012 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, die für eine Nachtragsbaugenehmigung erforderlichen und eindeutigen Unterlagen seien bei Antragsstellung eingereicht worden. Das Vorhaben liege innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche. Die Eigenart der näheren Umgebung gebe eine faktische hintere Baugrenze nicht vor. Jedenfalls bestimme der als Anbau abstandflächenrechtlich nicht privilegierte Abstellraum, auf dessen Dach die zur Genehmigung gestellte Dachterrasse liege, die hintere Baugrenze. Das Vorhaben sei auch abstandflächenrechtlich zulässig gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 Buchstabe b) BauO NRW, da nach dem Vorrang des Planungsrechts auf die Grenze gebaut werden dürfe und das ebenfalls grenzständig errichtete Gebäude auf dem Nachbargrundstück I.-----straße 00a trotz eines Versprungs von 2 - 3 Metern eine ausreichende Anbausicherung darstelle.
9Ursprünglich hat der Kläger mit seiner Klage ausschließlich die Erteilung der beantragten Baugenehmigung begehrt. In der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2014 hat er sein Klagebegehren erweitert.
10Er beantragt nunmehr,
11die Beklagte zu verpflichten, die mit Schreiben vom 31.10.2011 beantragte Baugenehmigung zu erteilen,
12hilfsweise,
13die Beklagte zu verpflichten, ihm einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung eines Altanes und einer Dachterrasse auf dem Grundstück I.-----straße 00 in 00000 L. zu erteilen.
14Die Beklagte widerspricht der Klageänderung und beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie macht geltend, die Antragsunterlagen seien widersprüchlich und nicht hinreichend bestimmt. Zudem verstoße das Vorhaben gegen Abstandflächenrecht. Eine wechselseitige Bebauung sei bei einer einseitigen Bebauung von über 4 m auf dem Vorhabengrundstück nicht vorhanden. Das Vorhaben liege auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche. Der Abstellraum sei für die Bestimmung der hinteren Grundstücksgrenze als genehmigte Nebenanlage nicht maßgeblich. Die geänderte Klage sei als Untätigkeitsklage unzulässig, da die besonderen Voraussetzungen nach § 75 VwGO fehlten.
17Das Gericht hat am 20.03.2014 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift verwiesen. Im Anschluss an den Ortstermin hat der Kläger der Beklagten weitere Unterlagen überreicht.
18In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger weitere Antragsunterlagen dem Gericht überreicht (Beiakte 4).
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Beigezogenen Verwaltungsvorgänge (5 Beiakten) ergänzend Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe
21Die Klage hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
22Die mit dem Hauptantrag verfolgte Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage nach § 42 Abs. 1 Fall 2 i.V.m. § 75 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.
23Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt, insbesondere war bei Klageerhebung die Frist von 3 Monaten nach § 75 S. 2 VwGO abgelaufen.
24Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, weil ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung nach § 75 BauO NRW nicht besteht (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). Denn die formellen Anspruchsvoraussetzungen sind bereits nicht erfüllt.
25Die eingereichten Bauvorlagen lassen die Erteilung einer dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW genügenden Baugenehmigung nicht zu. Danach muss eine Baugenehmigung inhaltlich bestimmt sein. Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenen Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Eine solche dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss dem Bauschein selbst – ggf. durch Auslegung – entnommen werden können, wobei die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des Erklärungsinhalts der Baugenehmigung herangezogen werden müssen.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.09.2007 – 10 A 4372/05 –, juris, Rz. 3.
27Im vorliegenden Fall sind die hiermit korrespondierenden Anforderungen an den Bauantrag nicht gewahrt. Die eingereichten Bauvorlagen sind ungenau, unbestimmt und widersprüchlich.
28In einem Anschreiben zum Bauantrag (Bl. II 136 der Beiakte 3) heißt es u.a.:
29„Weiterhin bitten wir zu beachten, dass sich der Nachtrag im Dachgeschoss alleine auf die im Plan gekennzeichnete Fläche ,B‘ bezieht. Bereits am 10.09.2010 wurden die Flächen ,A‘ und ,C‘ bestandskräftig genehmigt (die beiden Flächen ,A‘ und ,C‘ sind in der Zeichnung ebenfalls mit einer roten Linie gekennzeichnet). Diese Genehmigung bleibt von diesem Nachtrag unberührt bestehen. Lediglich auf die Fläche ,C‘ würden wir verzichten, sofern die Fläche ,B‘ komplett und unwiderruflich genehmigt wird.“
30Diese Antragsformulierung macht in Zusammenhang mit der zugehörigen Anlage (Bl. II 138 der Beiakte 3) den Bauantrag unbestimmt. Das bereits ausgeführte Vorhaben kann nicht in einen angeblich bereits genehmigten und einen noch zu genehmigenden Teil aufgeteilt werden. Zum einen war mit der 3. Nachtragsgenehmigung vom 10.09.2010 etwas ganz anderes genehmigt worden, nämlich eine Terrasse auf Höhe des Erdgeschosses sowie jeweils ein Altan („Balkon“) im Ober- und Dachgeschoss. Zum anderen ist diese Nachtragsgenehmigung durch die 4. Nachtragsgenehmigung vom 05.05.2011 ersetzt worden. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die 3. Nachtragsgenehmigung vom 10.09.2010 nie ausgenutzt wurde und daher mittlerweile gegenstandslos ist (vgl. § 77 Abs. 1 BauO NRW). Aus diesen Gründen ist eine Bezugnahme auf diese Genehmigung nicht möglich. Außerdem ist die jeweilige baukonstruktive Einheit der nachträglich zur Genehmigung gestellten Dachterrasse und des nachträglich zur Genehmigung gestellten Altanes zu berücksichtigen. Die auf dem Lageplan (Bl. II 137 der Beiakte 3) durchgekreuzte Fläche im angeblich bereits genehmigten Bereich der Dachterrasse und des Altans lässt eine vollständige und der baulichen Einheit beider (Teil-)Anlagen entsprechende Genehmigung nicht zu. Zudem wird der Antrag durch die zitierte Bedingung unbestimmt. Der Bauherr kann nicht verschiedene Antragsvarianten der Baugenehmigungsbehörde zur Bescheidung vorlegen, sondern muss einen bestimmten und daher auch unbedingten Bauantrag stellen. Im Übrigen sind die genannten Flächen nicht eindeutig auf der Anlage verzeichnet (vgl. Bl. II 138 der Beiakte 3). Die Flächen „A“ sowie „B“ sind nicht klar zeichnerisch abgegrenzt.
31Ferner sind auf dem Lageplan zwei Abstandflächen T4 und T5 verzeichnet und berechnet, die vollständig auf dem nördlichen Nachbarflurstück 00000 liegen. Dies steht im Gegensatz zur Regelung des § 6 Abs. 2 S. 1 BauO NRW und im Widerspruch zur Rechtsauffassung des Klägers, das Vorhaben habe keine Abstandflächen zu wahren. Für die betroffenen Nachbarn würde dadurch im Falle einer Genehmigung die Frage der Bebaubarkeit des eigenen Grundstücks mit einer nicht zumutbaren Unsicherheit belastet.
32Zueinander widersprüchlich sind auch die wiedergegebenen Proportionen des Vorhabens auf der „Seitenansicht/Hof“ und der „Nordansicht (Nachbar) – Wandstück“ (beide Bl. II 139 der Beiakte 3).
33Ob während des gerichtlichen Verfahrens nachgereichte Bauvorlagen noch zu berücksichtigten sind, kann vorliegend dahinstehen. Denn die in der mündlichen Verhandlung nachgereichten Unterlagen beseitigen die beschriebenen Unklarheiten nicht. Vielmehr ist das Verhältnis der neuen Unterlagen zu den bisherigen Bauvorlagen ungeklärt.
34Nur der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Verpflichtungsklage auch bereits deshalb unbegründet wäre, weil von der zum nördlichen Nachbargrundstück grenzständig errichteten Sichtschutzwand mit einer Höhe von weit über 2 m über der Geländeoberfläche eine Wirkung wie von Gebäuden i.S.v. § 6 Abs. 10 S. 1 Nr. 1 BauO NRW ausginge und die Wand somit Abstandflächenrecht, insbesondere § 6 Abs. 2 S. 1 BauO NRW, verletzen würde.
35Der erst in der mündlichen Verhandlung gestellte Hilfsantrag auf Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides nach § 71 Abs. 1, 2, § 75 Abs. 1 S. 1 BauO NRW ist unzulässig. Er stellt eine unzulässige Klageänderung i.S.v. § 91 Abs. 1 VwGO dar. Bei einem Bauvorbescheid handelt es sich nicht um ein Minus gegenüber der Baugenehmigung. Denn ein Bauantrag oder ein Antrag auf einen planungsrechtlichen Vorbescheid ist nicht die Summe aller denkbaren Bauvoranfragen. Dies folgt bereits daraus, dass die Entscheidung über die Baugenehmigung nicht dieselbe rechtliche Prüfung verlangt wie die Entscheidung über einen auf Einzelfragen des Vorhabens beschränkten Vorbescheidsantrag oder die auf Planungsrecht beschränkte Bebauungsgenehmigung. Zwar muss die Behörde für die positive Entscheidung über einen Bauantrag alle rechtlichen Fragen, die auch zur Bescheidung einer Voranfrage geprüft werden müssten, prüfen. Fehlt es jedoch für die Vollgenehmigung an einer Genehmigungsvoraussetzung, so müssen für die negative Entscheidung die anderen Fragen, die bei einer auf diese Fragen beschränkten Voranfrage zu prüfen wären, gar nicht in den Blick genommen werden. Ein Bauvorbescheid nach § 71 BauO NRW ist gegenüber einer Baugenehmigung vielmehr ein Aliud. Er stellt im Gegensatz zu einer Baugenehmigung nach § 75 BauO NRW auch keine bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens dar. Er enthält anders als die Baugenehmigung keinen verfügenden Teil, mit dem das Bauen freigegeben wird. Mit der Bauausführung darf gemäß § 75 Abs. 5 BauO NRW nicht vor Zugang der Baugenehmigung begonnen werden.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.01.1992 – 7 A 81/89 –, juris, Rz. 24 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 07.10.2010 – 2 ZB 10.1466 –, juris, Rz. 3 m.w.N.; VG Köln, Urteil vom 11.01.2012 – 23 K 4796/10 –, juris, Rz. 61 ff.
37Die Klageänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO unzulässig. Die Beklagte hat der Änderung nicht zugestimmt. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn die Klageänderung der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffs zwischen den Parteien im laufenden Verfahren zu dienen geeignet ist und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt. Eine Änderung der Klage ist auch dann nicht sachdienlich, wenn der damit verfolgte Hilfsantrag unzulässig ist.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.1980 – IV C 61.77 –, juris, Rz. 23; OVG NRW, Urteil vom 15.01.1992, a.a.O., Rz. 28; Nds. OVG, Urteil vom 29.04.2008 – 12 LC 20/07 –, juris, Rz. 52.
39Der erst in der mündlichen Verhandlung gestellte Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides für sein Vorhaben begehrt, ist unzulässig, weil die Beklagte noch nicht über die Bauvoranfrage entschieden hat und dieser Klageantrag als Untätigkeitsantrag i.S.v. § 75 VwGO unzulässig ist. Denn nach § 75 S. 2 BauO NRW kann die Untätigkeitsklage nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Besondere Umstände, die eine Verkürzung der Frist gebieten, sind nicht ersichtlich.
40Vgl. dazu VG Köln, Urteile vom 21.07.2010 – 23 K 2927/07 –, juris, Rz. 108 und vom 11.01.2012 – 23 K 4796/10 –, juris, Rz. 65.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.