Verwaltungsgericht Köln Urteil, 21. Okt. 2016 - 19 K 4162/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d:
2Der am 00.00.0000 geborene Kläger bestand nach seiner am 01.09.2010 erfolgten Ernennung zum Kommissaranwärter im September 2013 die Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes. Er wurde mit Wirkung zum 01.09.2013 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 g.D.) ernannt.
3Der Kläger hatte vor Eintritt in den Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes in der Zeit vom 01.09.2007 bis zum 01.09.2009 eine Ausbildung als Stadtsekretär-Anwärter bei der Stadt E. absolviert und war nach seiner Ernennung zum Stadtsekretär (Besoldungsgruppe A 6) bis zum 31.08.2010 im Vollzugsdienst des Ordnungsamtes der Stadt E. tätig.
4Unter dem 19.06.2015 beantragte der Kläger beim beklagten Land, ihm seine Vordienstzeiten bei der Stadt E. auf seine laufbahnrechtliche Probezeit anzurechnen.
5Das beklagte Land lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 01.07.2015 ab. Zur Begründung führte es aus, eine Anrechnung der Ausbildungszeit und der Verwendung im Vollzugsdienst des Ordnungsamts komme nicht in Betracht. Die Vordienstzeiten seien nicht mit den Tätigkeiten im gehobenen Polizeivollzugsdienst vergleichbar, weil der Kläger die Vordienstzeiten lediglich im mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst erbracht habe.
6Der Kläger hat am 22.07.2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er unter Berufung auf eine Stellungnahme des PHK S. vom 17.02.2016 vom PP E. – PI 2 T. – Citywache vor, dass seine Tätigkeit im Außendienst der Stadt E. der Tätigkeit eines Polizeivollzugsbeamten entsprochen habe. In der Citywache der E1. Innenstadt arbeiteten Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Polizeivollzugsbeamte eng zusammen. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes hätten polizeiliche Aufgaben übernommen. Sie hätten Platzverweise ausgesprochen, Personalien aufgenommen sowie straffällige Personen bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Der Kläger sei nach seiner Ausbildung im Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2010 in der City-Wache der E1. Innenstadt eingesetzt worden.
7Der Kläger beantragt,
8das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 01.07.2015 zu verpflichten, die bei der Stadt E. in der Zeit vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2010 geleistete Vordienstzeit auf seine Probezeit gem. § 5 Abs. 3 LVOPol NRW anzurechnen.
9Das beklagte Land beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Seiner Auffassung liegen die Voraussetzungen für eine Anrechnung der bei der Stadt E. geleisteten Vordienstzeiten nicht vor. Vordienstzeiten könnten nur dann auf die Probezeit des gehobenen Polizeivollzugsdienstes angerechnet werden, wenn sie auf die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes bezogene Fachkenntnisse voraussetzten. Die Vordienstzeiten des Klägers entsprächen im Hinblick auf Schwierigkeitsgrad und dem Maß der dabei verbundenen Verantwortung nicht den Aufgaben des gehobenen Polizeivollzugsdienstes, weil der Kläger seinen Vordienst im mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst geleistet habe. Die Ausbildung für die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes unterscheide sich wesentlich von der Ausbildung zum Kommissaranwärter. Sie weise anders als die Ausbildung gem. VAPPol II keinerlei Bezüge zum Strafrecht, zur Kriminalistik oder Kriminalitätskontrolle auf. Der Kläger habe wegen krankheitsbedingten Fehlzeiten eine über die reguläre Probezeit von drei Jahren hinausgehende Probezeit zu leisten. Vorbehaltlich der Feststellung seiner Bewährung könne seine Probezeit mit Ablauf des 22.03.2017 enden.
12Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
14Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anrechnung seiner Vordienstzeiten auf die Probezeit nach § 5 Abs. 1 und 2 LVOPol NRW. Der ablehnende Bescheid vom 01.07.2015 ist rechtmäßig.
15Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 LVOPol NRW sollen Dienstzeiten im öffentlichen Dienst auf die Probezeit angerechnet werden, wenn die Tätigkeit nach Art und Bedeutung mindestens der Tätigkeit in einem Amt des Laufbahnabschnitts entsprochen hat.
16Für die Anrechenbarkeit muss die Tätigkeit den wahrzunehmenden Funktionen, dem Schwierigkeitsgrad, dem Maß der damit verbundenen Verantwortung sowie hinsichtlich des geforderten Vor- und Ausbildungsstand dem entsprechen, was vorausgesetzt wird für das Amt der Laufbahn, für das mit der Probezeit die Bewährung festgestellt werden soll. Zu fordern sind durch die Vordienstzeit vermittelte laufbahnbezogene Fachkenntnisse; eine für die Laufbahn nur nützliche oder förderliche Tätigkeit reicht nicht aus. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Probezeit, der darin besteht, die Bewährung für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit in der Laufbahn nach dem Erwerb der Laufbahnbefähigung festzustellen (§ 5 Abs. 1 und 2 LVOPol NRW),
17vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1983 – 2 C 17.82 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 08.08.2011 – 6 A 995/11 -, juris.
18Die Vordienstzeit des Klägers im Vollzugsdienst des Ordnungsamtes der Stadt E. in der Zeit vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2010 entspricht nicht der Tätigkeit eines Beamten des gehobenen Polizeivollzugsdienstes. Die Tätigkeit im Vollzugsdienst des Ordnungsamtes als Angehöriger des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes setzt hinsichtlich Vor- und Ausbildung nicht das voraus, was die Einstellung und Tätigkeit eine Polizeivollzugsbeamten des gehobenen Polizeivollzugsdienstes verlangt. Voraussetzung für Einstellung in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst ist gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 LBG NRW a.F. der Abschluss der Realschule oder eines als gleichwertig anerkannten Bildungsabschlusses oder der Besuch der einer Hauptschule oder eines als gleichwertig anerkannten Bildungsabschlusses oder eine abgeschlossene Ausbildung in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. Die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst erfordert demgegenüber neben den § 3 LVOPol NRW genannten Voraussetzungen der Polizeidiensteignung und – und tauglichkeit eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulausbildung oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsabschluss (§ 11 Ab. 1 LVOPol NRW, § 9 Abs. 3 LBG NRW a.F.). Die Ausbildung zum Beamten des gehobenen Polizeivollzugsbeamten unterscheidet sich hinsichtlich Zeitraum und hinsichtlich der Ausbildungsinhalte von der Ausbildung zum Beamten des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes. Die Ausbildung zu einem Beamten des gehobenen Polizeivollzugsdienstes erfolgt im Rahmen eines dualen Bachelor-Studiums und dauert 3 Jahre (§§ 10, 11 Abs. 1 VAPPol II Bachelor). Die Ausbildung zu einem Beamten des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes dauert nur 2 Jahre (§ 7 Abs. 2 VAPmaVd a.F.) und umfasst nicht die besonderen Ausbildungsinhalte der Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst, wie etwa Grundkenntnisse der allgemeinen Kriminalitätssachbearbeitung, der Verkehrssicherheitsarbeit sowie des Einsatzes aus besonderem Anlass (vgl. § 1 Abs. 1 VAPPol II Bachelor). Soweit der Kläger sich auf die Stellungnahme des PHK S. vom 17.02.2016 über den Inhalt seiner Tätigkeit in der City-Wache der Stadt E. beruft, ergibt sich auch aus dieser Stellungnahme, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit im Vollzugsdienst des Ordnungsamtes nicht die umfassenden Aufgaben eines Polizeivollzugsbeamten wahrgenommen hat. Beamte des Ordnungsamtes haben Straftäter nicht selbständig festgenommen, sondern nur bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.