Verwaltungsgericht Köln Urteil, 19. Sept. 2014 - 19 K 4069/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Polizeibeamter im Dienst des beklagten Landes; er versieht seinen Dienst beim Landrat des S. -F. -Kreises als Kreispolizeibehörde.
3Mit Verordnung vom 23. 10 2010 wurde dem Kläger eine beidseitige Hörhilfe verordnet. Der Kläger legte unter dem 30. 11. 2011 die Verordnung sowie den Anpassbericht des Hörgeräteakustikers zu den angepassten Hörgeräten der Firma Oticon „Acto mirite STG“ nebst Rechnung über insgesamt 3417,- € zum Zwecke der Kostenerstattung im Rahmen der freien Heilfürsorge der Polizei NRW vor.
4der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises als Kreispolizeibehörde holte u. a. zu der Frage der Erforderlichkeit und Angemessenheit der vorgenommenen Hörgeräteversorgung ein Sachverständigengutachten ein. Der Sachverständige L. nahm in seinem Gutachten vom 19. 10. 2012 zu den aufgeworfenen Fragen Stellung. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
5Die Freie Heilfürsorge übernahm mit Bescheid vom 09. 11. 2012 lediglich 828,88 €. Sie verwies zur Begründung für die Ablehnung einer Erstattung im Übrigen u. a. auf den Regel- bzw. Festbetrag in der Verordnung über die freie Heilfürsorge und führte unter Bezugnahme auf das eingeholte Gutachten weiter aus, die Hörbehinderung des Klägers könne mit zum Festbetrag erhältlichen Hörgeräten hinreichend ausgeglichen werden.
6Der Kläger hat am 29. 11. 2012 Widerspruch erhoben. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06. 06. 2013, zugestellt am 08. 06. 2013 zurückgewiesen.
7Der Kläger hat am 05. 07. 2013 Klage erhoben. Er nimmt Bezug auf das Urteil des VG Münster vom 03. 03. 2009 (11 K 1620/07) und macht u. a. geltend, das gewählte Hörgerät sei zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit des Klägers erforderlich gewesen. Das bestätige letztlich auch der Gutachter.
8Der Kläger beantragt,
9das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 09. 11. 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 06. 06. 2013 zu verpflichten, dem Kläger im Rahmen der freien Heilfürsorge auf die Rechnung der Firma K. vom 13. 03. 2012 einen weiteren Betrag in Höhe von 2.588,12 € zu zahlen und diesen mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu verzinsen.
10Das beklagte Land beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Es wiederholt und vertieft die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend führt das beklagte Land aus, ausweislich des eingeholten Gutachtens gebe es günstigere Geräte, die die Behinderung ebenso gut ausgleichen. Aus dem Umstand, dass der Kläger Polizeibeamter ist, sei nicht zu folgern, dass er einen Anspruch auf das technisch hochwertigste Hörgerät habe.
13Die Beteiligten haben sich im Verhandlungstermin am 15. 08. 2014 mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich insoweit vorab einverstanden erklärt haben, § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
17Die als Verpflichtungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Die Ablehnung der begehrten weitergehenden Erstattung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihm die verbliebenen Kosten in Höhe von 2.588,12 € im Wege der freien Heilfürsorge erstattet.
18§ 113 Abs. 2 Satz 1 LBG NRW verleiht den Polizeivollzugsbeamten, solange ihnen – wie vorliegend dem Kläger – Besoldung zusteht, Anspruch auf freie Heilfürsorge. Nach § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW umfasst diese Heilfürsorge alle zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendigen und angemessenen Aufwendungen. Das Nähere, insbesondere über den Umfang der freien Heilfürsorge und die Angemessenheit der Aufwendungen, regelt die aufgrund der Ermächtigung in § 113 Abs. 2 Satz 3 LBG NRW erlassene Verordnung über die freie Heilfürsorge der Polizei (FHVOPol).
19Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 FHVOPol werden für ein erforderliches Hilfsmittel, für das ein Festbetrag nach § 36 SGB V festgesetzt ist, die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages übernommen. Gemäß § 36 SGB V i. V. m. der Festbetragsbestimmung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen in der zum Zeitpunkt der Entstehung der vorliegenden Aufwendung maßgeblichen Fassung vom 23. 10. 2006 bestand und besteht eine Festbetragsfestsetzung für Hörhilfen.
20Gemäß den Positionsnummern 13.20.01, 13.99.99.1002 und 13.20.09 der Festbetragsbestimmung vom 23. 10. 2006 wurde der Festbetrag der Höhe nach zutreffend bestimmt. Eine Ausnahme von der Begrenzung auf den Festbetrag sieht die FHVOPol nicht vor.
21Ob der zu der Vorgängerfassung der FHVOPol ergangenen Entscheidung des VG Münster
22- Urteil vom 03. 03. 2009, 11 K 1620/07, juris -
23und den dort aufgestellten Grundsätzen für das vorliegende Verfahren zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn auch die in dem vorgenannten Urteil formulierte Bedingung, das Hörgerät, das zum Festbetrag bezogen werden kann, müsse die konkret vorliegende Hörbehinderung mit Blick auf die Anforderungen des Polizeidienstes hinreichend ausgleichen, ist vorliegend erfüllt. Davon ist angesichts der Ausführungen des Sachverständigen L. in dessen Gutachten vom 19. 10. 2012 auszugehen. Der Gutachter hat mitgeteilt, dass ein grundsätzlicher Ausgleich der Hörminderung des Klägers auch mit Geräten zum Festbetrag möglich sei; ein Ausgleich der Hörminderung gemäß der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien sei mit allen vergleichend getesteten Hörgeräten - auch mit Festbetragsgeräten - ausreichend möglich. Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass ein Festbetragshörgerät im Falle des Klägers jedenfalls geeignet ist, die Schwerhörigkeit zu beseitigen. Ein normales Hörvermögen ist damit gegeben, mehr bedarf es für die Annahme der Polizeidienstfähigkeit nicht (vgl. Nr. 6.3 der Anlage 1.1 zur Vorschrift zur Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit - PDV 300 -). Ohnehin kommt es für die Prüfung, ob ein Hörgerät medizinisch notwendig ist, nicht auf besondere berufliche Anforderungen, sondern nur auf solche im allgemeinen Lebensbereich an,
24vgl. - für das Beihilferecht - OVG NRW, Beschluss vom 03. 02. 2012 - 1 A 1249/10 -, juris.
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
26Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Dabei sollen unter Berücksichtigung des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Mittel in Gruppen zusammengefasst und die Einzelheiten der Versorgung festgelegt werden. Den maßgeblichen Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer auf Bundesebene ist unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt für die Versorgung mit den nach Absatz 1 bestimmten Hilfsmitteln einheitliche Festbeträge fest. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Die Hersteller und Leistungserbringer sind verpflichtet, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Verlangen die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Satz 1 und nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erforderlichen Informationen und Auskünfte, insbesondere auch zu den Abgabepreisen der Hilfsmittel, zu erteilen.
(3) § 35 Abs. 5 und 7 gilt entsprechend.
(4) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.