Verwaltungsgericht Köln Urteil, 16. Juni 2016 - 1 K 1625/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Beihilfegewährung für spezielle Schuheinlagen.
3Der Kläger ist bei der Beklagten mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigt. Mit Schreiben vom 03.11.2014 wandte er sich unter Vorlage eines Kostenvoranschlages für eine orthopädische Behandlung an die Beihilfestelle mit der Bitte um Prüfung der Beihilfefähigkeit. In dem von der Orthopädie M. ausgestellten Kostenvoranschlag heißt es einleitend, dass aufgrund der besonderen Situation und der bereits längerfristigen Erkrankungen die Indikation zur Ostopathie (gemeint ist wohl: Osteopathie) als gegeben angesehen werde. Die Versorgung mit sensomotorischen Einlagen beurteile man als aussichtsreich. Konventionelle Einlagen seien nicht ausreichend. Im Folgenden werden verschiedene Behandlungen aufgelistet, die insgesamt 300,33 Euro kosten sollen, hinzukommen „Einlagen Sachkosten“, welche mit 244,- Euro beziffert werden.
4Die Beihilfestelle teilte dem Kläger mit Schreiben vom 11.11.2014 mit, dass die Aufwendungen für die ärztliche Behandlung bis zu einem Betrag von 300,33 Euro beihilfefähig seien. Über die Sachkosten solle er sich einen gesonderten Nachweis ausstellen lassen.
5Mit Formantrag vom 08.01.2015 beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen von insgesamt 625,21 Euro. Davon entfielen 199,56 Euro auf die Kosten für die Herstellung sensomotorischer Einlagen (Rechnung vom 08.12.2014).
6Mit Bescheid vom 02.02.2015 gewährte die Beklagte eine Beihilfe in Höhe von 294,46 Euro, wobei für die Einlagen keine Beihilfe mit der Begründung der fehlenden ärztlichen Verordnung gewährt wurde.
7Der Kläger legte mit Schreiben vom 10.02.2015 gegen den Bescheid Widerspruch ein. Das Schreiben der Orthopädie M. vom 27.10.2014 stelle die geforderte ärztliche Verordnung dar. Der Kläger habe sich nunmehr zusätzlich eine Bescheinigung seines behandelnden Orthopäden ausstellen lassen. In dieser Bescheinigung vom 05.02.2015 sind als Diagnosen aufgeführt: „15.01.2015: Ausschluss rad. Symptomatik, HWS-Blockaden, BWS-Blockaden, Rippenblockaden, LWS-Blockaden, Wirbel(sub)luxationen EB-Blockaden bds., HG-Blockade bds., SG-Blockade bds., 28.01.2015: Kniegelenkserguss re., Meniskusläsion re. 03.02.2015: Ausschluss rad. Symptomatik, Kniegelenkserguss re., Meniskusläsion re., Knieblockade re.“
8Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2015 wies die Beihilfestelle den Widerspruch zurück. Voraussetzung für eine Beihilfezahlung sei die vorherige ärztliche Verordnung des Hilfsmittels. Hieran fehle es vorliegend. Indikationen für die Verordnung propriozeptiver Einlagen seien: habitueller Spitzzehengang, spastisches Gangmuster, hypotones Gangmuster, vorherige Orthesenversorgung, infantile Zerebralparese und vergleichbare zentral-neurologische Erkrankungen, Innenrotationsgang, cox antetorta, hypotoner Knick-Platt-Fuß, Klumpfuß, Hohlfuß oder Sichelfuß. Aus der Bescheinigung des Orthopäden gehe eine entsprechende Indikation nicht hervor, zudem seien die dort genannten Diagnosen nach dem Kauf der Einlagen gestellt worden. Eine Beihilfezahlung sei daher auch nicht ausnahmsweise möglich, zumal die therapeutische Wirksamkeit propriozeptiver Einlagen umstritten sei.
9Der Kläger hat am 19.03.2015 Klage erhoben.
10Er ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, die Kosten für die sensomotorischen Einlagen zu übernehmen, auch wenn sie nicht im Hilfsmittelkatalog stünden, da der behandelnde Orthopäde die ärztliche Notwendigkeit begründet habe. Im Unterschied zu normalen Einlagen könnten die sensomotorischen Einlagen über Jahre hinweg getragen werden, sodass sich eine Ersparnis im Vergleich zu herkömmliche Weichpolstereinlagen ergebe. Zudem würden sie „nachgestellt“ und die Wirkung auf den Körper überprüft. Der Kläger könne sich dank der Einlagen schmerzfreier bewegen und Sport treiben.
11Der Kläger beantragt sinngemäß,
12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.02.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2015 zu verpflichten, dem Kläger Beihilfe zu dem Hilfsmittel Propriozeptive Einlagen zu gewähren.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie ist der Ansicht, die Aufwendungen seien bereits mangels vorheriger schriftlicher ärztlicher Verordnung nicht beihilfefähig. Gem. § 25 BBhV bedürfe es einer ärztlichen Verordnung, aus der sich Art und Notwendigkeit der Beschaffung sowie der Umfang der Kosten ergebe. Das Schreiben der Orthopädie M. vom 27.10.2014 sei keine ärztliche Verordnung, sondern ein Kostenvoranschlag. Das Schreiben enthalte nicht einmal eine Diagnose. Unabhängig davon seien die Kosten für die sensomotorischen Einlagen auch nicht medizinisch notwendig gewesen. Auch die in Anlage 11 zu § 25 BBhV aufgeführten, grundsätzlich beihilfefähigen Hilfsmittel müssten im konkreten Fall medizinisch indiziert sein. Die in der Bescheinigung vom 05.02.2015 aufgeführten Diagnosen begründeten keine medizinische Notwendigkeit für das Tragen sensomotorischer Einlagen.
16Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf die Durchführung einer solchen verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
19Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
20Der Bescheid der Beklagten vom 02.02.2015 und der Widerspruchsbescheid vom 20.02.2015 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beihilfeleistung für die sensomotorischen Schuheinlagen. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 25 BBhV.
21Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.
22Die Frage, ob das mit „Kostenvoranschlag“ überschriebene Schreiben der Orthopädie M. als ausreichende ärztliche Verordnung einzustufen ist und somit den Anforderungen des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV genügt, bedarf keiner Entscheidung.
23Die Aufwendungen für sensomotorischen Einlagen sind jedenfalls nicht medizinisch notwendig. Nach § 25 Abs. 2 Nr. 1 BBhV sind Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nicht beihilfefähig, wenn sie einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben.
24Hiervon ausgehend erweist sich die Behandlung mit sensomotorischen Einlagen im vorliegenden Fall nicht als beihilfefähig. Denn es fehlt die wissenschaftliche Anerkennung dieser Behandlungsmethode. Eine Behandlungsmethode ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird,
25BVerwG, Urteil vom 18.06.1998 – 2 C 24.97 –, ZBR 1999, 25 m.w.N.
26Diese Voraussetzung ist jedenfalls hinsichtlich der Behandlung der Füße mit sensomotorischen Einlagen im Falle der vorliegenden Diagnosen nicht erfüllt. Im Gegensatz zu konventionellen Einlagen, die passiv das Fußgewölbe abstützen, sollen sensomotorische Einlagen nicht am Skelett, sondern an der Muskulatur ansetzen – durch gezielte Nervenreize sollen bestimmte Muskeln beziehungsweise Muskelgruppen stimuliert und dadurch die Haltung des Fußes beziehungsweise des Haltungs- und Bewegungsapparates verändert werden,
27vgl. Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Sensomotorische_Einlagen.
28In der Rechtsprechung wird den sensomotorischen Einlagen – von einzelnen Diagnosen hinsichtlich der Fehlstellung der Füße (Knick-Senkfuß) abgesehen – ganz überwiegend die wissenschaftliche Anerkennung und medizinische Wirksamkeit abgesprochen,
29vgl. VG Wiesbaden, Beschluss vom 26.02.2015 – 3 K 949/14.WI –, juris; VG Freiburg, VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 14.02.2013 – 6 K 2169/12 –, juris Rn. 27; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 04.02.2015 – 26 K 2233/14 –, juris; SG Trier, Urteil vom 17.03.2009 – S 3 KR 53/08, juris Rn. 20, jeweils hinsichtlich der Diagnose „Knick-Senkfuß beidseits mit muskulärer Dysbalance“.
30Die klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel am Universitätsklinikum Münster hat bereits mehrere Studien zu sensomotorischen Einlagen in Auftrag gegeben; das Ergebnis sei nach den Angaben jedoch enttäuschend gewesen. Der Leiter der Prüfstelle, Inhaber des deutschlandweit einzigen Lehrstuhls für Technische Orthopädie, berichtet, dass keine signifikanten Veränderungen festgestellt worden seien,
31http://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/gesundheit/themenuebersicht/gesund-im-alltag/sensomotorische-einlagen-schuhe-wirbelsaeule100.html; dazu VG Wiesbaden, Beschluss vom 26.02.2015 – 3 K 949/14.WI –, juris Rn. 24.
32Auch der von dem Kläger im Verfahren vorgelegte Bericht aus der Zeitschrift „ORTHOpress“ (Bl. 36 d.A.) führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie sich aus der Überschrift dieses Beitrages ergibt, handelt es sich bei dem Bericht um eine „Anzeige“ des Herstellers von sensomotorischen Einlagen. Zudem handelt es sich lediglich um einen Erfahrungsbericht und nicht um die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchung.
33Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Behandlung mit sensomotorischen Einlagen von der überwiegenden Mehrheit der Wissenschaftler positiv eingeschätzt wird. Aus diesem Grund musste auch kein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt werden, ob die sensomotorischen Einlagen einen medizinischen Nutzen haben.
34Dem steht auch nicht entgegen, dass die Einlagen hier ärztlich verordnet und vom behandelnden Arzt als medizinisch notwendig eingestuft wurden. Für den Fall, dass ein Arzt eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode verordnet, kann diese Behandlung nur notwendig sein, wenn ausnahmsweise die angewendete Heilmethode trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung notwendig ist,
35vgl. VG Wiesbaden, Beschluss vom 26.02.2015 – 3 K 949/14.WI –, juris OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 – 1 Bf 47/01 –, juris.
36Die Fürsorgepflicht kann dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann,
37vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 – 2 C 15.94 –; Urteil vom 18.06.1998 – 2 C 24.97 –, juris.
38Hierfür genügt es jedoch nicht, dass die Methode wissenschaftlich nicht endgültig verworfen worden ist und eine Anerkennung in Zukunft noch in Betracht kommen könnte. Voraussetzung ist vielmehr, dass nach dem Stand der Wissenschaft die Aussicht, d.h. die begründete Erwartung, auf wissenschaftliche Anerkennung besteht,
39BVerwG, Urteil vom 18.06.1998 – 2 C 24.97 –, juris.
40Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Der Kläger hat diesbezüglich nichts vorgetragen. Darüber hinaus kann nach dem Stand der Wissenschaft zurzeit auch nicht von einer begründeten Erwartung auf eine zukünftige wissenschaftliche Anerkennung der Behandlungsmethode ausgegangen werden,
41vgl. VG Wiesbaden, Beschluss vom 26.02.2015 – 3 K 949/14.WI –, juris.
42Mangels medizinischer Notwendigkeit sind die sensomotorischen Einlagen auch nicht in Höhe der herkömmlichen Weichpolstereinlagen beihilfefähig.
43Der Kläger hat als unterliegender Teil die Kosten zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
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(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.
(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für
- 1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die - a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben, - b)
einen niedrigen Abgabepreis haben, - c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder - d)
in Anlage 12 genannt sind, und
- 2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.
(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.
(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.
(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.
(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für
- 1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die - a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben, - b)
einen niedrigen Abgabepreis haben, - c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder - d)
in Anlage 12 genannt sind, und
- 2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.
(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.
(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.
(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.7.2012 verfügte Ablehnung der Beihilfe für das Präparat „Orthomol
Im Übrigen wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger zu den Aufwendungen für die ihm ärztlich verordneten zwei Paar Schuheinlagen Beihilfe in Höhe von 115, 50 Euro zuzüglich Prozesszinsen aus diesem Betrag in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit 6.11.2012 zu gewähren.
Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 31.7.2012 und dessen Widerspruchsbescheid vom 10.10.2012 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte trägt drei Viertel, der Kläger trägt ein Viertel der Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Oberbürgermeisterin der Stadt N. vom 11. Februar 2014 sowie unter teilweiser Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Oberbürgermeisterin der Stadt N. vom 26. Februar 2014 verpflichtet, dem Kläger betreffend die Aufwendungen zur Beschaffung propriozeptiver Fußeinlagen für dessen Sohn N1. eine weitere Beihilfe in Höhe von 94,40 Euro zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte zu je ½.
Das Urteil Ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung des jeweiligen Kostengläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger steht als Beamter im Dienste der Beklagten und ist als solcher beihilfeberechtigt. Am 10. Februar 2014 beantragte er die Gewährung von Beihilfen zu seinen Söhnen N1. und M. ärztlich verordneten propriozeptiven Schuheinlagen. Die Diagnose lautete hinsichtlich beider Kinder `Knick-Senkfuß beidseits mit muskulärer Dysbalance`. Die Beschaffungskosten beliefen sich in beiden Fällen auf je 198,00 Euro.
3Mit Bescheid vom 11. Februar 2014 erkannte die Oberbürgermeisterin der Stadt N. nur jeweils einen Betrag in Höhe von 80,00 Euro als beihilfefähig an und gewährte entsprechend dem maßgeblichen Bemessungssatz von 80% Beihilfen in Höhe von je 64,00 Euro. Zur Begründung führte die Oberbürgermeisterin der Stadt N. aus: Für ärztlich verordnete Schuheinlagen könnten nur die Kosten für konventionelle Einlagen als beihilfefähig angesehen werden. Mehraufwendungen für Spezialausführungen (wie z.B. sensomotorische oder reflexsteuernde Einlagen) gingen über das Maß des medizinisch Notwendigen hinaus und könnten nicht berücksichtigt werden.
4Zur Begründung seines hiergegen unter dem 13. Februar 2014 eingelegten Widerspruches verwies der Kläger darauf, dass die fraglichen Einlagen vom behandelnden Orthopäden als medizinisch notwendig erachtet worden seien.
5Den Widerspruch des Klägers wies die Oberbürgermeisterin der Stadt N. mit dem Kläger am 4. März 2014 gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigtem Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2014 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Propriozeptive Einlagen, auch sensomotorische Einlagen genannt, seien Aktiveinlagen, die Muskelspannungen und Haltung des gesamten Körpers verbessern sollten. Darüber hinaus sollten die Muskeln ihr Gleichgewicht finden. Sensomotorische Einlagen seien unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit nur bis zur Höhe der Kosten für `normale` orthopädische Einlagen beihilfefähig. Es bestehe lediglich ein Rechtsanspruch auf medizinisch unerlässliche Maßnahmen, nicht jedoch auf eine bestmögliche Versorgung.
6Der Kläger hat am 1. April 2014 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend macht: Er habe einen Anspruch auf Versorgung seiner Söhne, die zum Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung 5 und 8 Jahre alt gewesen seien, nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft. Im Zeitraum 2009 bis 2012 seien bei N1. einmal jährlich herkömmliche Schuheinlagen verschrieben worden, die keinen erkennbaren Heilungserfolg gebracht hätten. Daraufhin seien im Jahre 2013 erstmals die propriozeptiven Einlagen verschrieben worden. 2014 seien diese dann erneut verschrieben worden. Bei der letzten Untersuchung im November 2014 sei eine wesentliche Besserung festgestellt worden. N1. benötige nun überhaupt keine Schuheinlagen mehr. Bei M. hätten sich durch die verordneten propriozeptiven Einlagen die Fehlstellungen soweit verbessert, dass er nun wieder herkömmliche Einlagen tragen könne. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 S. 9 BVO NRW umfassten die beihilfefähigen Aufwendungen u. a. die Kosten für Fußeinlagen. Diese seien damit dem Grunde nach beihilfefähig. Die Angemessenheit bestimme sich gem. § 4 Abs. 1 Nr. 10 S. 11 BVO NRW nach der Anlage 3 zur BVO NRW. Anlage 3 sehe jedoch keine betragsmäßigen Beschränkungen für die Angemessenheit der Aufwendungen vor. Somit sei von einer uneingeschränkten Beihilfefähigkeit der getätigten Aufwendungen auszugehen. Die Notwendigkeit der Versorgung der Söhne mit propriozeptiven Einlagen folge aus den ärztlichen Verordnungen.
7Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
8die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. Februar 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2014 zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 10. Februar 2014 zu den Aufwendungen für die Beschaffung von Propriozeptionseinlagen eine weitere Beihilfe in Höhe von 156,80 Euro zu gewähren.
9Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Ergänzend zu den Gründen des Widerspruchsbescheides führt sie im Wesentlichen aus: Der Preis für herkömmliche nach Maß hergestellte Einlagen liege pro Paar bei rund 80,00 Euro, so dass Beihilfe zu diesem Betrag gewährt worden sei. Eine Notwendigkeit für aufwändigere propriozeptive und damit teurere Einlagen bestehe nicht. Zur Behandlung des Knick-Senk-Fußes seien sehr gute therapeutische Erfolge mit herkömmlichen Kunststoffeinlagen nach Maß mittels Gipsfußmodell zu erzielen. Vorliegend sei bei den Söhnen des Klägers auch kein spezieller stark von der Norm abweichender Verlauf erkennbar, der die Notwendigkeit spezieller propriozeptiver Einlagen begründen könne.
12Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte -insbesondere auf die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Befundberichte vom 30. Dezember 2014 betreffend den Sohn M. und vom 2. Januar 2015 betreffend den Sohn N1. des Klägers- und des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Oberbürgermeisterin der Stadt N. ergänzend Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
15Die ablehnende Entscheidung der Oberbürgermeisterin der Stadt N. ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit mit ihr die Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den Aufwendungen für die Beschaffung propriozeptiver Fußeinlagen für den Sohn N1. des Klägers abgelehnt wurde. Hinsichtlich der Aufwendungen für die Beschaffung propriozeptiver Fußeinlagen für den Sohn M. des Klägers ist sie rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten ( § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Der Kläger hat nur bezüglich N1. einen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Beschaffung propriozeptiver/sensomotorischer Fußeinlagen.
16Nach Maßgabe des § 77 Abs. 3 LBG NRW erhalten Beihilfeberechtigte i. S. des § 77 Abs.1 LBG NRW Beihilfen zu der Höhe nach angemessenen Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen, deren Wirksamkeit und therapeutischer Nutzen nachgewiesen sind, u.a. zur Vorbeugung und Linderung von Erkrankungen oder Behinderungen sowie zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Besserung des Gesundheitszustandes (einschließlich Rehabilitation). Dem folgend bestimmt § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO NRW, dass in Krankheitsfällen u. a. die zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden und die zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfange beihilfefähig sind. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 BVO NRW umfassen die beihilfefähigen Aufwendungen u.a. die Kosten der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel, zu denen auch Fußeinlagen (§ 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 10, Spiegelstrich 8 BVO NRW) gehören.
17Dass die Aufwendungen für die Anschaffung von Fußeinlagen im vorliegenden Fall dem Grunde nach notwendig i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO NRW waren, ist zwischen den Verfahrensbeteiligten bezüglich beider Söhne des Klägers nicht streitig. Ob Aufwendungen notwendig sind, richtet sich danach, ob sie im konkreten Fall medizinisch geboten sind. Dies richtet sich in der Regel nach der Beurteilung des behandelnden Arztes, da dieser über die erforderliche Sachkunde verfügt.
18Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. März 2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713, und vom 29. Juni 1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801, jeweils zu § 5 BhV Bund; OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2010 – 3 A 747/08 – (n.v.), Urteile vom 15. August 2008 - 6 A 2861/06 - NWVBl. 2009, 54, vom 31. August 2007 - 6 A 3009/05 - Juris, und vom 24. Mai 2002 - 1 A 5564/99 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.3 Nr. 10; Beschlüsse vom 16. März 2010 - 3 A 1344/08 - und vom 28. Februar 2008 - 6 A 309/08 - Juris.
19Vor diesem Hintergrund bestimmt auch § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 BVO NRW, dass das jeweilige Hilfsmittel - hier Fußeinlagen - vom Arzt schriftlich verordnet sein muss. Dies ist hier zwar mittels der ärztlichen Verordnungen des Orthopäden Dr. A. jeweils vom 28. Oktober 2013 erfolgt. Im vorliegenden Fall gilt allerdings die Besonderheit, dass der behandelnde Orthopäde nicht einfach nur Fußeinlagen, sondern eine spezielle Art von Fußeinlagen, nämlich „Propriozeptionseinlagen nach Abdruck (handwerklich gefertigt)“ verordnet hat. Während herkömmliche Einlagen (Passiveinlagen) vorwiegend stützend auf die knöchernen Strukturen wirken, sollen die propriozeptiven/sensomotorischen Einlagen (Aktiveinlagen) auch auf Muskeln, Sehnen und Weichteile Einfluss nehmen. Diesem Konzept liegt die Überzeugung zugrunde, dass mit Hilfe gezielter Stimulation eine gestörte Bewegungskoordination verbessert werden kann. Es soll die Aktivität einzelner Muskeln oder Muskelgruppen beim Gehen, Laufen oder Stehen zielgerichtet verändert werden, indem die Muskelspannung erhöht oder vermindert wird.
20Vgl. Wikipedia, Stand 15. Januar 2015, zum Stichwort „Sensomotorische Einlagen“.
21Wie aus vom Kläger vorgelegten früheren ärztlichen Attesten und Rechnungen hervorgeht, wurde sein Sohn N1. in den Jahren 2009 bis Anfang 2013 mit herkömmlichen Schuheinlagen versorgt. Diese Versorgung hat nach dem Attest vom 1. Dezember 2014 und dem Befundbericht vom 2. Januar 2015 jedoch nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Damit durfte der behandelnde Arzt davon ausgehen, dass eine weitere Versorgung von N1. mit herkömmlichen Einlage nicht erfolgversprechend war und damit ein anderes Hilfsmittel „ausprobieren“, wobei seitens des Beklagten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass zu den verordneten propriozeptiven Fußeinlagen eine Alternative bestanden hätte. Da desweiteren auch nicht ersichtlich ist, dass die Fußeinlagen für N1. preisgünstiger als geschehen hätten beschafft werden können, ist auch die Angemessenheit der Aufwendungen nicht zweifelhaft.
22Hinsichtlich der Aufwendungen für die Beschaffung propriozeptiver Fußeinlagen für den Sohn M. des Klägers ist die Klage jedoch nicht begründet. Denn wie sich aus dem M. betreffenden Befundbericht vom 30. Dezember 2014 ergibt, sind diesem von vornherein propriozeptive Fußeinlagen verordnet worden, ohne dass zuvor die Verwendung herkömmlicher Einlage erfolgt ist.
23Zwar hat der behandelnde Arzt in seiner früheren Bescheinigung vom 21. Oktober 2014 betreffend propriozeptive Fußeinlagen ausgeführt, dass bei vielen Versorgungen auf die gleichzeitige Verwendung konventioneller anderer Hilfsmittel verzichtet werden könne, parallele Behandlungen könnten sich verkürzen oder müssten nicht angewendet werden, und darüber hinaus könne die Versorgungsgesamtzeit verkürzt werden, wodurch die verordneten propriozeptiven Fußbettungen die Kriterien der Wirtschaftlichkeit erfüllten und bei vorliegender Indikation das Hilfsmittel der Wahl seien. Das Behandlungsergebnis könne durch herkömmliche Schuheinlagen nicht erreicht werden. Diese Angaben sind jedoch allgemeiner Art und nicht spezifisch auf M. bezogen: Insbesondere ergibt sich aus ihnen nicht, aus welchen Gründen nicht zunächst die kostengünstigeren herkömmlichen Einlagen –wie bei N1. geschehen- verordnet werden konnten.
24Dass sich im konkreten Fall die sofortige Versorgung mit propriozeptiven Fußeinlagen aus medizinischer Sicht als alleiniges erfolgversprechendes Hilfsmittel zur Linderung der Beschwerden bzw. zur Kompensation der gesundheitlichen Einschränkungen darstellt, weil in Bezug auf die diagnostizierte Erkrankung (Knick-Senkfuß) die Verwendung von Standard-Fußeinlagen ungeeignet ist, lässt sich weder der ärztlichen Verordnung vom 28. Oktober 2013 noch dem ärztlichen Befundbericht vom 30. Dezember 2014 entnehmen. Auch dass durch die Versorgung mit propriozeptiven Fußeinlagen gerade im Falle des Sohnes M. des Klägers sonst erforderliche weitere Behandlungen entbehrlich geworden sind, ist nicht ersichtlich.
25Soweit der Kläger auf sozialgerichtliche Rechtsprechung verweist,
26SG Trier, Urteil vom 17. März 2009 – S 3 KR 53/08 – Juris und nachfolgend LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Juli 2009 – L 5 KR 100/09 NZB – Juris,
27lassen sich hieraus keine für den vorliegenden Fall maßgeblichen rechtlichen Erkenntnisse gewinnen, da sowohl die dortige Fallgestaltung als auch die maßgeblichen Rechtsvorschriften von dem hier zu beurteilenden Fall deutlich abweichen.
28Im Übrigen unterliegen alle Aufwendungen, die unter den Katalog des § 4 BVO NRW fallen, dem - vom Gesetzgeber bereits in § 77 Abs. 3 LBG NRW zum Ausdruck gebrachten und vom Verordnungsgeber in § 3 Abs. 1 BVO NRW wiederholten - Grundsatz, dass auch die notwendigen Aufwendungen nur in "angemessenem Umfange" beihilfefähig sind. Bei dem Kriterium der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in jedem einzelnen Beihilfefall einer Konkretisierung bedarf. Hierbei ist der Festsetzungsstelle weder ein Ermessen noch ein gerichtlicher Kontrolle teilweise entzogener Beurteilungsspielraum eröffnet. Vielmehr richtet sich die Frage, ob Aufwendungen im Einzelfall einen unangemessenen Umfang haben, im Wesentlichen nach objektiven Maßstäben, die vom Verwaltungsgericht gleichermaßen angewendet werden können wie von der Festsetzungsstelle. Daher ist der Rechtsbegriff der Angemessenheit im Beihilfenrecht gerichtlich voll überprüfbar.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 - 2 C 10.95 - DVBl. 1996, 1150; OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2010 – 3 A 747/08 -.
30Die Angemessenheit der Aufwendungen für Hilfsmittel bestimmt sich grundsätzlich nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 11 f. BVO NRW i.V.m. Anlage 3 zu dieser Verordnung. In dieser Anlage sind beihilferechtliche Höchstbeträge für verschiedene Hilfsmittel, wie Blutdruckmessgeräte, Hörgeräte etc. festgesetzt. Im Hinblick auf Fußeinlagen befinden sich darin indes keine Festsetzungen.
31Geben die Regelungen der Beihilfenverordnung NRW keine konkreten Anhaltspunkte dafür, nach welchem Maßstab der angemessene Umfang der Kosten für die Anschaffung von Fußeinlagen zu bestimmen ist, so lässt sich dieser Maßstab jedoch durch einen Rückgriff auf den rechtlichen Charakter der Beihilfe gewinnen. Die Beihilfe ergänzt die Besoldung und Versorgung bezüglich derjenigen auf den Beamten und seine Familie zukommenden notwendigen Lebensbedürfnisse, die wegen ihrer Unvorhersehbarkeit nicht mit der Besoldung und Versorgung generell und in vollem Umfang im Voraus abgedeckt werden können.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1966 - VIII C 276.63 - BVerwGE 23, 288.
33Das Alimentationsprinzip, welches der Gesetzgeber nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 5 GG zu beachten hat, verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.
34Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 1715/03 u.a. - ZBR 2007, 416, vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247, und vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 - BVerfGE 8, 1.
35An diesem Maßstab hat sich auch die für die Gewährung von Beihilfen maßgebliche Fürsorgepflicht zu orientieren. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den angemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Der Dienstherr muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt aber weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind. Es gilt der beihilferechtliche Grundsatz, dass der Dienstherr nicht verpflichtet ist, den Beamten von sämtlichen Behandlungskosten im Krankheitsfall freizustellen.
36Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2010 - 2 C 12.10 - Juris, und vom 25. März 2010 - 2 C 52.08 - Juris.
37In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich im vorliegenden Fall die Anerkennung der beihilferechtlichen Aufwendungen für die Anschaffung von Fußeinlagen in Höhe von 80,00 Euro als angemessen; ein weitergehender Beihilfeanspruch des Klägers besteht nicht. Insbesondere darf sich der Beamte nicht unter verschiedenen geeigneten und (grundsätzlich) beihilfefähigen Hilfsmitteln für das von der Ausstattung her aufwändigste und teuerste Produkt entscheiden.
38OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2010 – 3 A 747/08 -.
39Zu Recht ist deshalb die Beklagte –jedenfalls unter den gegenwärtig gegebenen Umständen- bezüglich des Sohnes M. des Klägers davon ausgegangen, dass propriozeptive Fußeinlagen nur bis zur Höhe der Kosten für normale Einlagen beihilfefähig sind und dass demzufolge im vorliegenden Fall die vom Kläger geltend gemachten beihilfefähigen Aufwendungen i.H.v. 198,00 Euro beihilferechtlich nicht angemessen sind, sondern lediglich Aufwendungen in Höhe von 80,00 Euro. Dass für diesen Betrag keine Fußeinlagen in Standardausführung erhältlich gewesen wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.
41Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
42Beschluss:
43Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 188,80 Euro festgesetzt. Er errechnet sich wie folgt: Streitgegenständlich sind Aufwendungen von 2x 198,00 Euro = 396,00 Euro. Dies ergäbe bei einem Bemessungssatz von 80 % eine Beihilfe in Höhe von 316,80 Euro. Bereits bewilligt sind 128,00 Euro, nämlich 80% von 2x 80,00 Euro = 160,00 Euro.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.