Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 30. Sept. 2011 - PL 12 K 701/11

bei uns veröffentlicht am30.09.2011

Tenor

1. Die Anträge des Antragstellers werden abgelehnt.

2. Die Wideranträge der weiteren Beteiligten zu 1, 3 bis 15 werden abgelehnt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass er Vorstandsmitglied und stellvertretender Vorsitzender des Personalrats der Großen Kreisstadt ... ist sowie die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl des weiteren Beteiligten zu 3) zum stellvertretenden Personalratsvorsitzenden.
Der Antragsteller wurde bei der Personalratswahl im Mai 2010 als einziger Vertreter der Gruppe der Beamten in den Personalrat der Stadt ... gewählt. Der Personalrat besteht aus 8 Vertretern der Gruppe der Arbeitnehmer und 1 Vertreter der Gruppe der Beamten.
In der Niederschrift zur konstituierenden Sitzung des Personalrats am 31.05.2010, an der der Antragsteller urlaubsbedingt nicht teilnahm, ist für das gewählte Ersatzmitglied der Gruppe der Beamten, Frau ..., folgende „Verzichtserklärung“ mitgeteilt:
„Frau ... verzichtet auf die kraft Gesetzes zustehende Mitgliedschaft des Beamtenvertreters im Vorstand des Personalrats. Der Verzicht wird nachvollziehbar begründet. Es wird festgestellt, dass er gesetzeskonform ist.“
Sodann wurden die weiteren Beteiligten zu 1) und 3) in den Vorstand und zum Vorsitzenden bzw. stellvertretenden Vorsitzenden des Personalrats gewählt.
Mit Schreiben vom 08.06.2010 an den Personalratsvorsitzenden erhob der Antragsteller Einspruch gegen die Wahl des stellvertretenden Personalratsvorsitzenden und führte zur Begründung aus, Frau ... sei als Ersatzmitglied nicht befugt gewesen, den Verzicht auf die Stellvertreterfunktion auszusprechen. Die Wahl des weiteren Beteiligten zu 3) zum stellvertretenden Personalratsvorsitzenden sei unzulässig.
Mit Schreiben vom 03.07.2010 wies der Personalratsvorsitzende den Einspruch des Antragstellers ab; die Wahl des stellvertretenden Personalratsvorsitzenden sei auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen erfolgt und nicht anfechtbar.
Nachdem weitere Bemühungen des Antragstellers um eine einvernehmliche Beilegung der Meinungsverschiedenheiten gescheitert waren, leitete er mit Schriftsatz vom 16.03.2011 - eingegangen beim Verwaltungsgericht am 17.03.2011 - ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren ein. Er beantragt,
1. festzustellen, dass er Mitglied des Vorstands und stellvertretender Vorsitzender des Personalrats der Großen Kreisstadt ... ist,
10 
2. festzustellen, dass die Wahl des weiteren Beteiligten zu 3) in den Vorstand und zum stellvertretenden Vorsitzenden des Personalrats der Großen Kreisstadt ... unwirksam ist.
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Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, gemäß § 32 Abs. 1 S. 2 LPVG müsse dem Vorstand ein Mitglied jeder der im Personalrat vertretenen Gruppe angehören. Gegen diese Bestimmung werde seitens der Mehrheit des Personalrats verstoßen, indem der Vertreter der Gruppe der Beamten aus dem Vorstand ferngehalten werde.
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§ 32 Abs. 2 S. 2 HS 1 LPVG bestimme, dass der Vertreter der „anderen“ Gruppe stellvertretender Vorsitzender sei. Er (Antragsteller) sei somit als einziger Vertreter der Gruppe der Beamten automatisch Vorstandsmitglied und stellvertretender Vorsitzender des Personalrats, da der Vorsitzende zur Gruppe der Arbeitnehmer gehöre. Einer zusätzlichen Wahl bedürfe es nicht. Auch insoweit verstoße die Mehrheit des Personalrats eindeutig gegen das Gesetz, indem sie ihn an der Ausübung des ihm kraft Gesetzes zukommenden Amtes hindere.
13 
Der in der konstituierenden Sitzung am 31.05.2010 von dem Ersatzmitglied der Gruppe der Beamten erklärte „Verzicht“ sei irrelevant. Das bei vorübergehender Verhinderung eines Vorstandsmitglieds an der Sitzung teilnehmende Ersatzmitglied rücke nur in das Plenum, nicht jedoch in den Vorstand nach; das Ersatzmitglied übernehme daher nicht die Funktion des betreffenden Vorstandsmitglieds. Da er (Antragsteller) als einziger Vertreter der Beamten mit seiner Wahl in den Personalrat kraft Gesetzes sofort auch Vorstandsmitglied und stellvertretender Vorsitzender geworden sei, habe ihn Frau ... allenfalls als Mitglied des Personalrats, nicht jedoch als Mitglied des Vorstands vertreten können. Auf ein Amt, das sie gar nicht innegehabt habe, habe Frau ... auch nicht verzichten können. Hieraus folge ohne weiteres die Rechtswidrigkeit der Wahl des Beteiligten zu 3) zum stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands. In ein Amt, das bereits kraft Gesetzes vergeben sei, könne niemand gewählt werden. Diese rechtswidrige Wahl sei daher für unwirksam zu erklären.
14 
Die weiteren Beteiligten zu 1) und 3) beantragen,
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den Antrag abzulehnen.
16 
Sie tragen vor:
17 
Dem Feststellungsantrag zu 1. könne nicht stattgegeben werden, weil der Antragsteller nicht kraft Gesetzes unmittelbar und „automatisch“ Mitglied des Vorstands geworden sei. Auch in Fällen, in denen faktisch lediglich ein einziges als Vorstand wählbares Personalratsmitglied einer Gruppe vorhanden sei, führe dies nicht automatisch zu seiner Mitgliedschaft im Vorstand. Zwar sei das für den Antragsteller wegen dessen Verhinderung eintretende Ersatzmitglied nicht in den Vorstand wählbar gewesen. Nach herrschender Meinung sei jedoch die Wahl des wegen vorübergehender Verhinderung an der konstituierenden Sitzung nicht teilnehmenden einzigen Mitglieds einer lediglich aus einem Vertreter im Personalrat bestehenden Gruppe nur dann zulässig, wenn das abwesende Personalratsmitglied schriftlich seine Bereitschaft zur Annahme der Wahl erklärt habe. Eine solche vorherige schriftliche Erklärung habe nicht vorgelegen und werde auch nicht behauptet. Ob eine wegen Fehlens der genannten Voraussetzung in der konstituierenden Sitzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unterbliebene Wahl des 2. Vorstandsmitglieds nachgeholt werden könne, müsse offenbleiben. Jedenfalls sei dies bisher nicht geschehen, so dass ein die Rechtsstellung eines Mitglieds des Vorstands des Personalrats begründender Rechtsakt in Bezug auf den Antragsteller bisher nicht stattgefunden habe.
18 
In der konstituierenden Sitzung des Personalrats sei die Gruppe der Beamten durch das Ersatzmitglied ... vertreten gewesen. Diese habe wirksam eine Verzichtserklärung hinsichtlich einer Mitgliedschaft des Beamtenvertreters im Vorstand des Personalrats abgegeben. Diese Verzichtserklärung habe der Antragsteller in einer e-mail vom 04.06.2010 nachträglich genehmigt. Die nunmehr vom Antragsteller begehrte Feststellung, er sei gleichwohl Vorstandsmitglied des Personalrats sei daher rechtsmissbräuchlich.
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Auch der Feststellungsantrag zu 2) sei unbegründet. Es liege ein wirksamer und dauerhafter Verzicht der Gruppe der Beamten auf die Wahl eines Mitglieds im Vorstand des Personalrats vor. Zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Personalrats müsse in einem solchen Fall die Wahl eines weiteren Vorstandsmitglieds - mit Zustimmung des anwesenden Mitglieds der Minderheitengruppe - zwangsläufig der anderen, also der Mehrheitsgruppe entnommen werden. Der Antrag sei aber jedenfalls deshalb unbegründet, weil das Gesetz auch in der Neufassung von § 32 Abs. 2 LPVG ausdrücklich vorsehe, dass der stellvertretende Vorsitzende des Personalrats nicht zwingend das im Vorstand sitzende Mitglied der auf ein Personalratsmandat beschränkten Minderheitengruppe sein müsse. Der Grundsatz des § 32 Abs. 2 LPVG, wonach das Vorstandsmitglied der anderen Gruppe stellvertretender Vorsitzender sei, gelte nur dann, wenn nicht die in § 32 Abs. 2 S. 2 LPVG genannte Ausnahme eingreife, wonach der Personalrat mit Zustimmung der Vertreter der Gruppe des nicht zum Vorstandsvorsitzenden gewählten Gruppe ein anderes Mitglied aus seiner Mitte bestimmen könne. Von dieser Ausnahmemöglichkeit habe der Personalrat im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht. Gründe, warum diese Wahl unwirksam sein sollte, seien in der Antragsschrift nicht substantiiert vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.
20 
Der weitere Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 12.04.2011 mitgeteilt, dass er von einer Stellungnahme absehen wolle, da es sich um eine personalratsinterne Angelegenheit handele.
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Mit Schriftsätzen vom 19. und 24.08.2011 beantragen die weiteren Beteiligten zu 1, 3 bis 15 im Wege des Widerantrags,
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festzustellen, dass der Antragsteller für die Wahl des Personalrats der Großen Kreisstadt ... nicht wählbar war.
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Sie machen geltend, der Antragsteller sei als Leiter des Amtes Nr. 20 Finanzen und Controlling dem Dienststellenleiter unmittelbar unterstellt und habe nicht nur mittelbaren Einfluss auf die Personalangelegenheiten. Er gehöre zur Verwaltungsspitze und nehme an allen vertraulichen Gesprächen, in denen Personalmaßnahmen behandelt würden, teil. Er sei für die Aufstellung des Haushaltsplanes verantwortlich und habe damit erheblichen Einfluss auf das Personalbudget. Er könne somit entscheidenden Einfluss auf die Erhöhung und auch die Minderung der in der Dienststelle eingerichteten Stellenzahl ausüben. Ohne seine Zustimmung werde kein Mitarbeiter im Amt 20 eingestellt bzw. versetzt. Er sei weiter zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Dienststelle befugt, soweit er im Rahmen der geschlossenen Dienstvereinbarungen zur Einführung der systematischen Leistungsbewertung als Amtsleiter zur Beurteilung der Leistungen der ihm untergeordneten Abteilungsleiter zuständig sei und unmittelbare Entscheidungsbefugnis über Beanstandungen von Beschäftigten seiner Abteilung gegen die von ihren Vorgesetzten vorgenommene Leistungsbewertung habe. Insoweit sei es Sache des Antragstellers als Amtsleiter eine endgültige Entscheidung zu treffen.
24 
Der Antragsteller beantragt,
25 
den Widerantrag zurückzuweisen.
26 
Er hält den Antrag für unbegründet. Er gehöre nicht dem Personenkreis gem. § 12 Abs. 3 S. 1 LPVG an, da er keine Entscheidungsbefugnis in Personalangelegenheiten besitze.
27 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
1.
28 
Die Anträge des Antragstellers sind an sich statthaft und zulässig.
29 
Streitigkeiten über die Bildung des Vorstands, die Bestimmung des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter betreffen die Geschäftsführung des Personalrats und werden nach § 86 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LPVG durch die Verwaltungsgerichte im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren entschieden (Leuze in: Leuze/Wörz/Bieler, Das Personalvertretungsrecht in Bad.-Württ., Komm., § 32 Rdnr. 37; Altvater in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, BPersVG, Komm., 7. Aufl., § 32 Rdnr. 41a; Ilbertz/Widmaier, BPersVG, Komm., 11. Aufl. § 32 Rdnr. 38). Als gewähltes Personalratsmitglied ist der Antragsteller befugt, einen Antrag auf gerichtliche Nachprüfung der Bildung des Vorstands zu stellen, da die Mitglieder der Personalvertretung ein schutzwürdiges Interesse an der Gesetzmäßigkeit der rechtlich erheblichen Handlungen des Personalrats haben (Leuze, a.a.O., § 32 Rdnr. 38; Ilbertz/Widmaier, a.a.O.).
2.
30 
Die Anträge sind jedoch unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass er Mitglied des Vorstands und stellvertretender Vorsitzender des Personalrats der Großen Kreisstadt ... ist (a) und b)). Der Antrag ist ebenfalls unbegründet, soweit der Antragsteller (mit seinem Antrag zu 2.) die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl des weiteren Beteiligten zu 3) in den Vorstand und zum stellvertretenden Vorsitzenden des Personalrats begehrt (3.).
a)
31 
Ausgangspunkt für die personalvertretungsrechtliche Beurteilung ist zunächst die Regelung in § 32 Abs. 1 LPVG. Danach bildet der Personalrat aus seiner Mitte den Vorstand (S. 1). Diesem muss ein Mitglied jeder der im Personalrat vertretenen Gruppe angehören (S. 2). Die Vertreter jeder Gruppe wählen das auf sie entfallende Vorstandsmitglied (S. 3). In Anwendung dieser Bestimmungen ist der Antragsteller als einziger gewählter Vertreter der Gruppe der Beamten kraft zwingender gesetzlicher Regelung sog. Gruppenvorstandsmitglied des zweiköpfigen Vorstands geworden, ohne dass er von seiner Gruppe in dieses Amt (gem. § 32 Abs. 1 S. 3 LPVG) hineingewählt werden musste (Ilbertz/Widmaier, a.a.O., Rdnr. 8; Kröll, a.a.O., § 32 Rdnr. 7; Leuze, a.a.O., § 32 Rdnr. 3; Rooschüz/Amend/Bader, LPVG für Bad.-Württ., 12. Aufl., § 32 Rdnr. 5; Gerhold in Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlat-mann/Rehak/Faber, BPersVG, Komm., § 32 Rdnr. 13: „eine Wahl braucht nicht durchgeführt zu werden, wenn im Personalrat nur ein einziger Gruppenvertreter vorhanden ist; dieser gehört dann als „geborenes Vorstandsmitglied“ automatisch dem Vorstand an“, mit Verweis auf BVerwG, Beschl. v. 28.02.1979, PersV 1980, 427; BVerwG, Beschl. v. 04.10.2005 - 6 P 12/04 -, juris). Ist der Antragsteller somit als einziger Vertreter der Gruppe der Beamten kraft seiner Wahl ipso jure zugleich das auf diese Gruppe entfallende Vorstandsmitglied geworden, so bedurfte es - entgegen der Rechtsauffassung der weiteren Beteiligten zu 1) und 3) - keiner schriftlichen Erklärung des bei der konstituierenden Sitzung des Personalrats am 31.05.2010 abwesenden Antragstellers, ob er sich „zur Annahme der Wahl“ bereiterkläre.
b)
32 
Gem. § 32 Abs. 2 S. 1 LPVG bestimmt der Personalrat, welches Vorstandsmitglied den Vorsitz übernimmt. Daraus folgt, dass grundsätzlich nur Vorstandsmitglieder zum Vorsitzenden des Personalrats bestimmt werden können, wobei jedes der nach § 32 Abs. 1 LPVG gewählten Vorstandsmitglieder vom Personalrat zum Vorsitzenden bestimmt werden kann und hierbei die Stärke der einzelnen Gruppen nicht berücksichtigt zu werden braucht (Gerhold, a.a.O., § 32 Rdnr. 30). Als Ausdruck des das Personalvertretungsrecht prägenden Gruppenprinzips bestimmt § 32 Abs. 2 S. 2 1. HS LPVG, dass das Vorstandsmitglied der anderen Gruppe (= diejenige Gruppe, die nicht den Vorsitzenden stellt) stellvertretender Vorsitzender ist, sofern nicht der Personalrat mit Zustimmung der Vertreter dieser Gruppe ein anderes Mitglied aus seiner Mitte zum stellvertretenden Vorsitzenden bestimmt (§ 32 Abs. 2 S. 2 2. HS LPVG).
33 
In der personalvertretungsrechtlichen Rechtsprechung ist es anerkannt, dass eine im Personalrat vertretene Gruppe ihres Rechts, im Vorstand vertreten zu sein, verlustig gehen kann (BVerwGE 7, 140, 145 u. E 7, 197, 198), etwa indem die Gruppe von ihrem Vertretungsanspruch keinen Gebrauch macht und die Wahl eines Gruppenvertreters nicht zustande kommt oder wenn ein gewählter Gruppenvertreter auf die Kandidatur für das Amt des Vorsitzenden oder stellvertretenden Vorsitzenden bzw. ein Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender auf seine Stellung als Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender verzichtet (BVerwGE 5, 309, 311). In solchen Fällen hat das Bundesverwaltungsgericht in analoger Anwendung des § 13 PersVG (jetzt: § 17 Abs. 1 S. 3 BPersVG; für den Landesbereich: § 15 Abs. 1 S. 5 LPVG) entschieden, dass der in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Grundsatz, wonach eine Gruppe ihren Anspruch auf Vertretung im Personalrat verliert, wenn sie von ihrem Recht, im Personalrat vertreten zu sein, keinen Gebrauch macht, auch auf der weiteren Stufe der Vertretung von Gruppeninteressen bei der Bestimmung des Vorstands Geltung beanspruchen muss. Danach kann im Interesse der Aktionsfähigkeit des Personalrats in Fällen, in denen in dem aus Vertretern mehrerer Gruppen bestehenden Personalrat eine Gruppe im Vorstand nicht vertreten ist, weil die Wahl eines Gruppenvertreters nicht zustande kommt, ein Personalratsmitglied, das dem Vorstand nicht angehört, zum Stellvertreter bestimmt werden (BVerwGE 7, 197, 199). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Vergangenheit bestätigt und entschieden, dass eine im Personalrat vertretene Gruppe ihren Anspruch auf Bestellung eines Gruppensprechers verliert, wenn sie von ihrem Recht, das auf sie entfallende Vorstandsmitglied zu wählen, keinen Gebrauch macht (BVerwG, Beschl. v. 19.08.2010 - 6 PB 10/10 -, juris). Im vorliegenden Zusammenhang bedurfte es zwar keiner Wahl des Antragstellers zum Gruppenvorstandsmitglied, da er als einziger Vertreter der Gruppe der Beamten im Personalrat der Stadt ... als „geborenes Vorstandsmitglied“ für ein Vorstandsamt von vornherein - vorbehaltlich der Möglichkeit des § 32 Abs. 2 S. 2 2. HS LPVG - in Betracht kam (Gerhold, a.a.O., § 32 Rdnr. 13, VG Saarland, Beschl. v. 02.09.2009 - 9 K 463/09 -, juris). Diese Anwartschaft hat der Antragsteller jedoch durch den in der konstituierenden Sitzung des Personalrats am 31.05.2010 erklärten Verzicht des ihn vertretenden Ersatzmitglieds verloren. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers konnte ein solcher Verzicht durch das Ersatzmitglied für die Gruppe der Beamten im Personalrat wirksam erklärt werden. Zwar ist der Einwand zutreffend, ein Ersatzmitglied könne bei zeitweiliger Verhinderung eines Personalratsmitglieds lediglich in dessen Position als Personalrat eintreten, nicht aber automatisch die besonderen Funktionen des zeitweilig verhinderten Personalratsmitglieds, also etwa dessen Mitgliedschaft im Vorstand, übernehmen (ebenso Kröll, a.a.O., § 31 Rdnr. 1. b). Für den Verlust des Vorstandsamts des Antragstellers als einzigen Vertreters der Gruppe der Beamten ist jedoch nicht maßgebend auf dessen Person abzustellen; vielmehr bedurfte der Verzicht der Gruppe der Beamten, im Vorstand des Personalrats der Stadt ... vertreten zu sein, (lediglich) der Zustimmung aller Gruppenmitglieder (Ilbertz/Widmaier, a.a.O., § 32 Rdnr. 22). In ihrer Eigenschaft als Ersatzmitglied des einzigen Vertreters der Gruppe der Beamten im Personalrat konnte Frau ... demnach wirksam den Verzicht auf eine Gruppenvertretung im Vorstand des Personalrats erklären und damit zugleich als Vertreterin der Gruppe der Beamten ihre Zustimmung zur Bestimmung eines „anderen Mitglieds“ aus der Mitte des Personalrats erteilen. Für diese Rechtsauffassung spricht für den Bereich des Bundesrechts der Wortlaut des § 32 Abs. 2 S. 3 2. HS BPersVG („Vertreter dieser Gruppe“) bzw. für das hier maßgebliche Landesrecht der Wortlaut des § 32 Abs. 2 S. 2 2. HS LPVG („mit Zustimmung der Vertreter dieser Gruppe“).
34 
Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob der Verzicht auf das Amt des Gruppenvertreters im Vorstand des Personalrats auch wegen einer nachträglich erteilten Genehmigung des Antragstellers Bestand hat und ob die mit dem Antrag zu 1. begehrte Feststellung rechtsmissbräuchlich ist.
3.
35 
Aufgrund der obigen Ausführungen hat der Antragsteller aufgrund des wirksam erklärten Verzichts seine Anwartschaft, als Gruppenvertreter im Vorstand des Personalrats der Stadt ... die Gruppe der Beamten zu vertreten, verloren. Da formelle Mängel bezüglich der Wahl des weiteren Beteiligten zu 3) zum stellvertretenden Vorsitzenden des Personalrats weder geltend gemacht werden noch ersichtlich sind und nach den obigen Ausführungen (2 b)) auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keine Bedenken gegen die Wahl des weiteren Beteiligten zu 3) zum stellvertretenden Vorsitzenden bestehen (BVerwGE 7, 197, 199 und Beschl. v. 19.08.2010 - 6 PB 10/10 -, juris; sowie die ausdrückliche Regelung in § 32 Abs. 2 S. 3 LPVG), ist auch der Feststellungsantrag zu 2. unbegründet.
4. a)
36 
Der Widerantrag der weiteren Beteiligten zu 1, 3 bis 15 ist im Beschlussverfahren als solcher statthaft. Der Umstand, dass die Widerklage bzw. hier: der Widerantrag in § 80 Abs. 2 ArbGG nicht ausdrücklich erwähnt wird, hat nicht zur Folge, dass diese prozessuale Möglichkeit von vornherein ausgeschlossen ist. Denn die in § 80 Abs. 2 ArbGG in Bezug genommenen Vorschriften des Urteilsverfahrens über bestimmte Teilaspekte enthalten keine abschließende Regelung und erlauben den Rückgriff auf Vorschriften der ZPO (hier: § 33 ZPO; vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Klöge, ArbGG, Kommentar, 7. Aufl., § 80 Rd.Nr. 42). Entgegenstehende Gründe, die sich aus den Besonderheiten des Beschlussverfahrens ergeben könnten, sind nicht ersichtlich.
37 
Der Widerantrag ist als Antrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 7 LPVG auf Feststellung, dass der Antragsteller nicht wählbar war, auch nach Ablauf der in § 25 Abs. 1 LPVG bezeichneten Frist zulässig (Rooschüz/Amend/Bader, a.a.O. § 29 Rd.Nr. 9). Die weiteren Beteiligten zu 3 bis 15 sind als Wahlberechtigte antragsbefugt (Rooschüz/Amend/Bader, a.a.O. mit Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bad.-Württ.,). Auch der weitere Beteiligte zu 1 hat ein anerkennenswertes Interesse daran, feststellen zu lassen, ob ein gewähltes Mitglied des Personalrats zum Zeitpunkt der Wahl wählbar war oder nicht.
b)
38 
Der Widerantrag ist jedoch nicht begründet. Entgegen der Rechtsauffassung der Widerantragsteller gehört der Antragsteller nicht dem Personenkreis an, der gemäß § 12 Abs. 3 LPVG zum Personalrat nicht wählbar ist. Soweit die Widerantragsteller geltend machen, der Antragsteller sei in seiner Funktion als Amtsleiter des Amts 20 Finanzen und Controlling zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Dienststelle befugt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 LPVG), trifft dies nicht zu. Unschlüssig ist das Vorbringen der Widerantragsteller schon insoweit, als sie vortragen, der Antragsteller sei für die Aufstellung des Haushaltsplans verantwortlich und habe deshalb entscheidenden Einfluss auf die Erhöhung und Minderung der in der Dienststelle eingerichteten Stellenzahl und ohne seine Zustimmung werde kein Mitarbeiter im Amt 20 eingestellt bzw. versetzt. Schon aus diesem Vorbringen lässt sich nicht schließen, der Antragsteller sei zu selbständigen Entscheidungen in diesen Angelegenheiten befugt. Aber auch der Hinweis der Widerantragssteller auf die Funktion des Antragstellers im Zusammenhang mit seiner Aufgabe, als Amtsleiter im Rahmen der in der Dienststelle geschlossenen Dienstvereinbarung über die Einführung der systematischen Leistungsbewertung und die Gewährung von Leistungsprämien an Beschäftigte bzw. Beamte Leistungsbeurteilungen zu erstellen und über Beanstandungen von Beschäftigten seiner Abteilung gegen die von ihren Vorgesetzten vorgenommene Leistungsbewertung zu entscheiden, ist nicht geeignet, die Nichtwählbarkeit des Antragstellers im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 LPVG zu begründen. Der Begriff „Personalangelegenheiten“ in dieser Vorschrift ist mit dem in den anderen Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes wortgleich verwendeten Begriff identisch und umfasst nur die in § 75 Abs. 1, § 80 Abs. 1 Nr. 3 - 8 und Abs. 3 Nr. 1 LPVG aufgezählten Angelegenheiten (Rooschüz/Amend/Bader, a.a.O. § 12 Rd.Nr. 10; Leuze/Wörz/Bieler, a.a.O. § 12 Rd.Nr.22). Zu diesen Angelegenheiten zählt die Mitwirkung im Rahmen der Gewährung von Leistungsprämien nicht. Nach ganz herrschender Meinung erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nicht auf die Festsetzung von leistungsbezogenen Entgelten in Einzelfällen. Vielmehr hat der Personalrat lediglich im Rahmen des § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 LPVG (Fragen der Lohngestaltung) über die Aufstellung allgemeiner Kriterienkataloge zur Festsetzung von leistungsbezogenen Entgelten mitzubestimmen (Rooschüz/Amend/Bader, a.a.O. § 79 Rd.Nr. 18; Leuze/Wörz/Bieler, a.a.O., § 79 Rd.Nr. 36; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 75 Rd.Nr. 105 und 114; Rehak, a.a.O. § 75 Rd.Nr. 136 b; Altvater, a.a.O. § 75 Rd.Nr 154 jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts), was hier im Wege des Abschlusses der o.g. Dienstvereinbarung über die Einführung der systematischen Leistungsbewertung und die Gewährung von Leistungsprämien geschehen ist.
39 
Eine Kostenentscheidung war im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht zu treffen. Das Verfahren ist gebührenfrei. Auslagen werden nicht erhoben und nicht erstattet.

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 19. Aug. 2010 - 6 PB 10/10

bei uns veröffentlicht am 19.08.2010

Gründe 1 Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 NWPersVG i.V.m. § 92
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Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Mai 2013 - PL 12 K 3822/12

bei uns veröffentlicht am 24.05.2013

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Gründe  I.1 Der antragstellende Personalrat begehrt den gerichtlichen Ausschluss des weiteren Beteiligten zu 1) aus dem Personalrat der Stadtverwaltung der Großen Kreisstadt xxx wegen grober Verletzung seiner gesetz

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(1) Sind in der Dienststelle Angehörige verschiedener Gruppen beschäftigt, so muss jede Gruppe entsprechend ihrer Stärke im Personalrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens drei Mitgliedern besteht. Bei gleicher Stärke der Gruppen entscheidet das Los. Macht eine Gruppe von ihrem Recht, im Personalrat vertreten zu sein, keinen Gebrauch, so verliert sie ihren Anspruch auf Vertretung.

(2) Der Wahlvorstand errechnet die Verteilung der Sitze auf die Gruppen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl.

(3) Eine Gruppe erhält

1.
bei weniger als 51 Gruppenangehörigen mindestens eine Vertreterin oder einen Vertreter,
2.
bei 51 bis 200 Gruppenangehörigen mindestens zwei Vertreterinnen oder Vertreter,
3.
bei 201 bis 600 Gruppenangehörigen mindestens drei Vertreterinnen oder Vertreter,
4.
bei 601 bis 1 000 Gruppenangehörigen mindestens vier Vertreterinnen oder Vertreter,
5.
bei 1 001 bis 3 000 Gruppenangehörigen mindestens fünf Vertreterinnen oder Vertreter,
6.
bei mehr als 3 000 Gruppenangehörigen mindestens sechs Vertreterinnen oder Vertreter.

(4) Die Zahl der Mitglieder eines Personalrats, der nach § 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 aus drei Mitgliedern besteht, erhöht sich auf vier Mitglieder, wenn eine Gruppe mindestens ebenso viele Beschäftigte zählt wie die beiden anderen Gruppen zusammen. Das vierte Mitglied steht der stärksten Gruppe zu.

(5) Eine Gruppe, der in der Regel nicht mehr als fünf Beschäftigte angehören, erhält nur dann eine Vertretung, wenn sie mindestens 5 Prozent der Beschäftigten der Dienststelle umfasst. Erhält sie keine Vertretung und findet Gruppenwahl statt, so kann sich jede und jeder Angehörige dieser Gruppe durch Erklärung gegenüber dem Wahlvorstand einer anderen Gruppe anschließen.

(6) Die Verteilung der Mitglieder des Personalrats auf die Gruppen kann abweichend geordnet werden, wenn jede Gruppe dies vor der Neuwahl in getrennter geheimer Abstimmung beschließt.

(7) Für jede Gruppe können auch Angehörige anderer Gruppen vorgeschlagen werden. Die Gewählten gelten als Vertreterinnen oder Vertreter derjenigen Gruppe, für die sie vorgeschlagen worden sind. Satz 2 gilt auch für Ersatzmitglieder.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 NWPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.

2

1. Der Beteiligte zu 1 wirft zunächst folgende Frage auf: "Folgt aus § 29 LPVG NRW eine verbindliche Reihenfolge der Wahlgänge, bei deren Durchführung in den Fällen, in denen sich bei den Wahlgängen der Gruppenvertreter nach § 29 Abs. 1 LPVG NRW kein Vertreter der betreffenden Gruppe zur Verfügung stellt, das Wahlrecht auf die andere Gruppe übergeht und die Wahlgänge zum erweiterten Vorstand gemäß § 29 Abs. 4 LPVG NRW erst nach erfolgreicher Durchführung der Wahl der geborenen Vorstandsmitglieder durchgeführt werden dürfen?" Diese Frage ist anhand des Gesetzeswortlauts und bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig zu bejahen, so dass es ihrer Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

3

a) Die Wahl der Gruppenvorstandsmitglieder ("Gruppensprecher") findet vor der Wahl der Ergänzungsmitglieder statt. Dies drängt sich bereits nach Wortlaut und Systematik der einschlägigen Bestimmungen in § 29 NWPersVG auf (vgl. Beschlüsse vom 13. Juni 1957 - BVerwG 2 CO 3.56 - BVerwGE 5, 118 <121> = Buchholz 238.3 § 31 PersVG Nr. 1 S. 4 und vom 24. Oktober 1957 - BVerwG 2 CO 7.57 - BVerwGE 5, 309 <310 f.> = Buchholz 238.3 § 31 PersVG Nr. 3 S. 8 f.; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 33 Rn. 2; Jacobs, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 32 Rn. 13, § 33 Rn. 9; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 33 Rn. 5).

4

Die Grundregelung für jede Vorstandsbildung in einem mehrköpfigen Personalrat findet sich in den Bestimmungen des § 29 Abs. 1 NWPersVG. Diese besagen, dass dem Vorstand ein Mitglied jeder im Personalrat vertretenen Gruppe angehören muss und dass die Vertreter jeder Gruppe das auf sie entfallende Vorstandsmitglied wählen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 NWPersVG). Für große Personalräte ab 11 Mitgliedern ist zusätzlich vorgesehen, dass der Personalrat aus seiner Mitte mit einfacher Stimmenmehrheit zwei weitere Mitglieder in den Vorstand wählt (§ 29 Abs. 4 Satz 1 NWPersVG). Die Wahl des erweiterten Personalratsvorstandes vollzieht sich somit in zwei getrennten Verfahrensabschnitten nach jeweils verschiedenen Grundsätzen, wobei der Wahl der ersten beiden Vorstandsmitglieder ("Gruppensprecher") durch die beiden im Personalrat vertretenen Gruppen die Wahl der Ergänzungsmitglieder durch das Personalratsplenum folgt (vgl. Beschluss vom 12. Januar 2009 - BVerwG 6 PB 24.08 - Buchholz 251.7 § 42 NWPersVG Nr. 6 Rn. 4).

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Die einzuhaltende Reihenfolge spiegelt den Vorrang des Gruppenprinzips bei der Vorstandsbildung wider. Zunächst muss feststehen, welche Personalratsmitglieder das besondere Vertrauen ihrer Gruppe genießen und daher gemäß § 29 Abs. 2 NWPersVG primär für das Amt des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters in Betracht kommen (vgl. Beschlüsse vom 13. Mai 1966 - BVerwG 7 P 4.66 - Buchholz 238.3 § 31 PersVG Nr. 10 S. 28, vom 16. September 1977 - BVerwG 7 P 1.75 - BVerwGE 54, 323 <326> = Buchholz 238.3 A § 32 BPersVG Nr. 1 S. 3 und vom 7. Juni 1984 - BVerwG 6 P 29.83 - Buchholz 238.3 A § 32 BPersVG Nr. 4 S. 3 f.). Dagegen handelt es sich bei der Bestellung der Ergänzungsmitglieder um eine Zuwahl, die bei großen Personalräten dem Umfang der diesen übertragenen Aufgaben Rechnung trägt (vgl. Beschluss vom 13. Juni 1957 a.a.O. S. 121 bzw. S. 4).

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Die beschriebene Reihenfolge ist schließlich mit Blick auf die Minderheitenschutzregelung in § 29 Abs. 4 Satz 2 NWPersVG unvermeidlich. Die zweitstärkste Liste hat nur dann Anspruch auf eines der beiden Ergänzungsmitglieder, wenn sie nicht bereits bei der Wahl der Gruppensprecher berücksichtigt wurde.

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b) Macht eine Gruppe im Personalrat von ihrem Recht, das auf sie entfallende Vorstandsmitglied zu wählen, keinen Gebrauch, so verliert sie ihren Anspruch auf Bestellung eines Gruppensprechers. Dies hat das beschließende Gericht auf der Grundlage des Personalvertretungsgesetzes (PersVG) vom 5. August 1955, BGBl I S. 477, bereits entschieden (vgl. Beschlüsse vom 20. Juni 1958 - BVerwG 7 P 13.57 - BVerwGE 7, 140 <145 f.> = Buchholz 238.3 § 31 PersVG Nr. 4 S. 14 und vom 1. August 1958 - BVerwG 7 P 21.57 - BVerwGE 7, 197 <198> = Buchholz 238.3 § 31 PersVG Nr. 5 S. 16). Die Bestimmungen jenes Gesetzes, soweit hier von Bedeutung, unterscheiden sich nicht wesentlich von den hier einschlägigen Vorschriften des nordrhein-westfälischen Personalvertretungsgesetzes, so dass eine abweichende Beurteilung nicht geboten ist. An der zitierten Rechtsprechung wird trotz in der Literatur verbreiteter Kritik festgehalten (vgl. Gerhold, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 32 Rn. 12; Altvater u.a., a.a.O. § 32 Rn. 9; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 32 Rn. 12; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 32 Rn. 9; Jacobs, a.a.O. § 32 Rn. 22).

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Im zitierten Beschluss vom 20. Juni 1958 wurde § 13 Abs. 1 Satz 3 PersVG analog angewandt. Die damit vergleichbare Bestimmung ist § 14 Abs. 1 Satz 3 NWPersVG, wonach eine Gruppe ihren Anspruch auf Vertretung im Personalrat verliert, wenn sie von ihrem Recht, im Personalrat vertreten zu sein, keinen Gebrauch macht. Die Regelung knüpft an die zwingende Vorgabe in § 14 Abs. 1 Satz 1 NWPersVG an, wonach beide Gruppen - soweit in der Dienststelle vorhanden - im Personalrat vertreten sein müssen, und gewährleistet die Bildung eines Personalrats auch in dem Fall, in welchem eine Gruppe ihre Mitwirkung verweigert. Der Analogieschluss stützt sich darauf, dass die Vorstandsbestellung nur eine weitere Stufe innerhalb der Vertretung von Gruppeninteressen im Personalrat darstellt und dass die Interessen der durch die verweigerte Mitwirkung ihrer Vertreter von einer Beteiligung im Vorstand ausgeschaltete Gruppe hinter dem Interesse der Gesamtheit der Beschäftigten an einem aktionsfähigen Personalrat zurücktreten müssen (vgl. Beschluss vom 20. Juni 1958 a.a.O. S. 145 f. bzw. S. 14).

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Die analoge Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 NWPersVG bedeutet zugleich, dass das Recht zur Wahl des zweiten Gruppensprechers auf die andere Gruppe übergeht. Demgemäß wurde im zitierten Beschluss vom 20. Juni 1958 eine Vorstandswahl bestätigt, in welcher statt eines Vertreters der Beamtengruppe ein zweiter Vertreter der Arbeitergruppe gewählt worden war (a.a.O. S. 141 bzw. S. 10).

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Gegen diese Rechtsprechung kann nicht eingewandt werden, der fragliche Gruppensprecherposten könne einstweilen frei bleiben und später jederzeit von den Gruppenvertretern im Personalrat besetzt werden. Die Regelungen zur Bestellung des Personalratsvorstandes in § 29 Abs. 1 und 4 NWPersVG sind - ebenso wie die gleichlautenden Bestimmungen in § 32 Abs. 1 und § 33 BPersVG - zwingendes Recht. Sie stehen nicht zur Disposition des Personalrats und seiner Mitglieder. Die Frage ihrer strikten, vollständigen und zeitgerechten Anwendung folgt insbesondere nicht der Logik wahltaktischer oder verbandspolitischer Motive. Die zitierten Bestimmungen besagen eindeutig, dass ein großer, aus beiden Gruppen zusammengesetzter Personalrat einen vierköpfigen Vorstand hat, der in der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Personalrats zu wählen ist (§ 30 Abs. 1 NWPersVG). Die entsprechende Heranziehung der Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 3 NWPersVG stellt für den Regelfall sicher, dass der Personalratsvorstand jene Größe erreicht, den der Gesetzgeber im Interesse eines aktionsfähigen Personalrats für geboten hält. Sie ist zudem geeignet, auf die Gruppenvertreter im Personalrat Druck dahin auszuüben, bei Vermeidung eines Rechtsverlustes Blockadehaltungen zu überwinden und zu konstruktiver Zusammenarbeit zurückzufinden; insoweit dient sie auch der Effektivität des Gruppenprinzips. Das Recht des Personalratsplenums, bei der Wahl der Ergänzungsmitglieder nach § 29 Abs. 4 NWPersVG auf Personalratsmitglieder aus beiden Gruppen zurückzugreifen, bleibt unberührt.

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2. Die zweite in der Beschwerdebegründung formulierte Frage stützt sich auf die Annahme, die Mitglieder der zweitstärksten Liste missbrauchten ihre Rechtsposition aus § 29 Abs. 4 Satz 2 NWPersVG, wenn sie nicht auf "Angebote" der Personalratsmehrheit eingingen. Diese Annahme geht offensichtlich fehl, wie sich aus einschlägiger Senatsrechtsprechung ergibt.

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Eine Pflicht zur Annahme eines Vorstandsamtes besteht für die Personalratsmitglieder nicht. Lehnen alle Mitglieder der zweitstärksten Liste mit Ausnahme eines Mitgliedes das Amt des Vorstandsmitgliedes ab, dann bleibt dem Personalrat keine andere Wahl, als dieses Mitglied in den erweiterten Vorstand aufzunehmen. Die "Wahl" beschränkt sich in diesem Fall auf die schlichte Aufnahme dieses einen Mitglieds in den erweiterten Vorstand, ohne dass es dazu einer Mehrheitsentscheidung des Personalrats bedarf. Der Gesetzgeber wollte durch die Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 2 NWPersVG unter allen Umständen sicherstellen, dass starke Wählerminderheiten durch ein Personalratsmitglied im Vorstand vertreten sind. Diesem Gesetzeszweck entspricht es, dass die Minderheit einen Kandidaten durchsetzen kann, der nicht das Vertrauen der Personalratsmehrheit besitzt. Es ist nicht sachwidrig, wenn die Minderheit, die geschützt werden soll, einen gewissen Einfluss hat und dadurch ein Personalratsmitglied ihres Vertrauens in den Vorstand bringen kann (so zur gleich lautenden Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG: Beschluss vom 28. Februar 1979 - BVerwG 6 P 81.78 - Buchholz 238.3 A § 33 BPersVG Nr. 2 S. 6 f.).

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Wie sich aus § 29 Abs. 1 und 4 NWPersVG ergibt, kann die Mehrheitsliste im Regelfall mindestens drei der vier Sitze des erweiterten Personalratsvorstandes besetzen. Die zweitstärkste Liste kann unter der Voraussetzung, dass auf sie mindestens ein Drittel der abgegebenen Stellen entfallen sind, einen Sitz beanspruchen. Mehr kann sie auch dann nicht verlangen, wenn der Abstand zur Mehrheitsliste nur knapp ist. Der Minderheitenschutz ist effektiv, wenn die Minderheitenliste den einen ihr zustehenden Vorstandsposten mit einer Kandidatin besetzen kann, die sie in besonderem Maße für geeignet hält, ihre dienststellenbezogenen und verbandspolitischen Vorstellungen in die Vorstandsarbeit einzubringen (vgl. in diesem Zusammenhang: Beschluss vom 12. Juni 1984 - BVerwG 6 P 13.83 - BVerwGE 69, 311 <312> = Buchholz 238.3 A § 33 BPersVG Nr. 3 S. 2). Sie handelt nicht missbräuchlich, wenn sie das Angebot der Mehrheit, ihr das Amt des Gruppensprechers der Beamten zu verschaffen, nicht annimmt, weil sie sich von einem bestimmten ihr zugehörigen Personalratsmitglied der Arbeitnehmergruppe die nachhaltigste Vertretung ihrer Vorstellungen im Vorstand verspricht. Die Mehrheit kann dies nicht mit der Begründung verweigern, mit der von der Minderheit gewünschten Vertreterin sei eine Zusammenarbeit nicht möglich (vgl. den Schriftsatz des Beteiligten zu 1 vom 19. Oktober 2009 an die Antragsteller). Es versteht sich, dass die Vertreterin der Minderheit im Personalratsvorstand dort keine Obstruktionspolitik betreiben darf; davor ist die Mehrheit geschützt (§ 25 Abs. 1 NWPersVG).

(1) Das Beschlußverfahren findet in den in § 2a bezeichneten Fällen Anwendung.

(2) Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus den §§ 81 bis 84 nichts anderes ergibt. Der Vorsitzende kann ein Güteverfahren ansetzen; die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften über das Güteverfahren gelten entsprechend.

(3) § 48 Abs. 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.