Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 04. Juni 2012 - 3 B 1284/11

Gericht
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 6.084,98 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
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Die Beteiligten streiten um die Vollziehbarkeit eines Verbandsbeitragsbescheides.
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Die Antragstellerin ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbandes „Insel Usedom-Peenestrom“. Mit Bescheid vom 13.01.2011 (Kassenzeichen 19 K.000.0009) setzte der Antragsgegner gegen die Antragstellerin für das Erhebungsjahr 2011 einen Verbandsbeitrag in Höhe von 31.440,54 Euro fest. Mit Änderungsbescheid vom 11.11.2011 (Kassenzeichen 19 K.000.0009) setzte der Antragsgegner den Verbandsbeitrag für 2011 auf insgesamt 55.780,48 Euro fest. Die Antragstellerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 23.11.2011 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 07.12.2011 ab.
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Am 20.12.2011 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Die erhebliche Beitragserhöhung im laufenden Erhebungsjahr sei nicht nachvollziehbar.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Änderungsbescheid des Antragsgegners vom 11.11.2011 (Kassenzeichen 19 K.000.0009) anzuordnen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Beitragserhebung beruhe auf einem Nachtragshaushalt, der wegen der erheblichen Niederschlagsmengen im Winter und Sommer 2011 erforderlich geworden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
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1. Der Antrag ist zulässig. Der Beitragsbescheid vom 11.11.2011 ist als Abgabenbescheid kraft Gesetzes sofort vollziehbar, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die streitigen Verbandsbeiträge sind öffentlich-rechtliche Geldforderungen, die zur Deckung des Finanzbedarfs des Antragsgegners zur Erfüllung von dessen öffentlichen Aufgaben dienen, Widerspruch und Anfechtungsklage haben deshalb kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 20.05.2009 - OVG 9 S 10.08, OVG 9 S 45.08, zit. n. juris; VGH Kassel, Beschl. v. 14.01.1991 - 6 TH 3410/90, zit. n. juris, zu einer Kreisumlage). Das Gericht kann deshalb gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anordnen. Die Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist erfüllt, da der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt hat.
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2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Das Gericht ordnet die aufschiebende Wirkung in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO an, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
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Für eine unbillige Härte ist nichts dargetan. Nach gegenwärtiger Erkenntnis bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
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Rechtsgrundlage des Änderungsbescheides vom 11.11.2011 ist die Satzung des Wasser- und Bodenverbandes „Insel Usedom-Peenestrom“ vom 10.12.2009 in der Gestalt der 1. Änderungssatzung vom 21.01.2011 (Verbandssatzung). Diese Satzung ist nach jetziger Erkenntnis wirksam. Der Mindestinhalt der Satzung ergibt sich aus § 6 Abs. 2 Wasserverbandsgesetz (WVG). Die Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern (KAG M-V) gelten dagegen nicht. § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG schreibt für die Beitragsbemessung lediglich die Festlegung von Grundsätzen vor. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG reicht für die Festlegung des Beitragsmaßstabs eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus. Der Hebesatz selbst gehört nicht zum erforderlichen Mindestinhalt der Verbandssatzung (vgl. ausführlich VG Greifswald, Beschl. v. 20.02.2002 – 3 B 866/01, n.v.).
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Im Streit steht der Verbandsbeitrag vorliegend nur insoweit, als mit dem Änderungsbescheid vom 11.11.2011 die Umlage für das Erhebungsjahr 2011 für die Unterhaltung des Schöpfwerks Gothen von 8.087,24 Euro auf 26.100,53 Euro und des Schöpfwerks Pudagla/Achterwasser von 6.611,23 Euro auf 12.937,88 Euro gestiegen ist. Für die Unterhaltung von Schöpfwerken werden die Beiträge anhand der tatsächlich entstehenden Kosten ermittelt und von den Mitgliedern, die von der Maßnahme Vorteile haben, gehoben. Das Beitragsverhältnis richtet sich nach der von der Maßnahme bevorteilten Fläche (§ 19 Abs. 6 Verbandssatzung). Gemäß Ziffer III. 1. der Anlage II zur Verbandssatzung sind Kosten für die Unterhaltung der Schöpfwerke insbesondere Betreuungskosten, Versicherungskosten, Reparaturkosten, Kosten für Betriebsmittel, Energiekosten und Fehlbeträge aus den Vorjahren. Die Erwähnung der möglichen Fehlbeträge verdeutlicht, was schon in der Natur der Sache liegt: Die umzulegenden Kosten können bei einer Abgabe, die zum 1. Januar jeden Jahres entsteht (§ 20 Abs. 5 Satz 1 Verbandssatzung) nur im Wege der Prognose ermittelt werden. Stellt sich im laufenden Erhebungsjahr heraus, dass die Kosten voraussichtlich zu niedrig veranschlagt worden sind, kann der Antragsgegner darauf reagieren, indem er den Fehlbetrag in den nächsten Erhebungsjahren umlegt. Er kann aber auch die Prognose ändern und die Verbandsumlage im laufenden Erhebungsjahr erhöhen. So ist hier verfahren worden. Es gibt keinen Rechtssatz, der eine Anpassung der Verbandsumlage im laufenden Erhebungsjahr verbieten würde. Kommt es zu einer Überdeckung der Kosten, wäre diese gleichfalls in den nächsten Erhebungsjahren auszugleichen (VG Greifswald, Beschl. v. 20.02.2002 – 3 B 866/01, n.v.).
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Soweit der Antragsteller meint, der Antragsgegner habe keine Begründung für die Kostensteigerungen abgegeben, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die Erhöhung der Kosten für die Unterhaltung der Schöpfwerke sind in der Erläuterung zum Nachtragshaushalt 2011 und im Schriftsatz vom 09.01.2012 nachvollziehbar mit außergewöhnlichen meteorologischen Bedingungen begründet worden. Dem ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Den Streitwert hat die Kammer mit einem Viertel des Hauptsachewertes angenommen.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Rechtsverhältnisse des Verbands und die Rechtsbeziehungen zu den Verbandsmitgliedern werden durch eine Satzung geregelt, soweit nicht dieses Gesetz oder Rechtsvorschriften der Länder etwas anderes bestimmen.
(2) Die Satzung muß mindestens Bestimmungen enthalten über:
- 1.
Name und Sitz des Verbands, - 2.
Aufgabe und Unternehmen unter Hinweis auf die Pläne, soweit solche nach § 5 Abs. 2 erstellt werden, - 3.
Verbandsgebiet, - 4.
Mitgliedschaft und Mitgliederverzeichnis, - 5.
Beschränkungen des Grundeigentums, die von den Verbandsmitgliedern zu dulden sind, und diesen sonst obliegende Verpflichtungen, - 6.
Grundsätze für die Beitragsbemessung, - 7.
Bildung und Aufgaben der Verbandsorgane, - 8.
Verbandsschau, - 9.
Satzungsänderungen, - 10.
Bekanntmachungen des Verbands.
(3) Wenn der Verband Beamte haben soll, muß die Satzung zusätzlich auch Bestimmungen über die Rechtsverhältnisse der Beamten des Verbands, insbesondere hinsichtlich des als oberste Dienstbehörde zuständigen Organs sowie der als Dienstvorgesetzte vorzusehenden Stelle, enthalten.
(1) Der Beitrag der Verbandsmitglieder und der Nutznießer bemißt sich nach dem Vorteil, den sie von der Aufgabe des Verbands haben, sowie den Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende Leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen. Für die Festlegung des Beitragsmaßstabs reicht eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus.
(2) Die Satzung kann für bestimmte Maßnahmen die Verbandsbeiträge entsprechend den für die einzelnen Grundstücke tatsächlich entstehenden Kosten festsetzen oder allgemein einen von Absatz 1 abweichenden Beitragsmaßstab festlegen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.