Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Gerichtsbescheid, 09. Sept. 2016 - 6 K 5470/15

Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des (gerichtsgebührenfreien) Verfahrens zu tragen.
Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Im Dezember 2014 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Zahlung von Unterhalt nach Kapitel II Artikel 7 der Haager Landkriegsordnung. Zur Begründung führte sie aus: Da Frieden nach 1945 niemals geschlossen worden sei, sei sie Kriegsgefangene und habe Anspruch auf Unterhaltsleistungen in Höhe von monatlich 1.824,- € (unterste Besoldung eines Soldaten der Bundeswehr).
3Im Laufe der sich anschließenden Korrespondenz der Beteiligten forderte die Beklagte die Klägerin zunächst auf, einen Kriegsgefangenenausweis vorzulegen. Mit Schreiben vom 26. November 2015 erklärte die Beklagte, der Nachweis, dass die Klägerin sich vergleichbar einem Kriegsgefangenen in der BRD aufhalte, sei nicht erbracht worden. Sie betrachte die Angelegenheit damit als erledigt.
4Am 18. Dezember 2015 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen auf ihren Vortrag im Verwaltungsverfahren Bezug nimmt.
5Die Klägerin beantragt,
6die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag auf Leistungen nach der HLKO, Kapitel II, Art. 7 zu bescheiden.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie tritt der Klage entgegen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe:
12Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden.
13Die Kammer legt die Klage dahingehend aus, dass die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung von Unterhaltszahlungen nach der Haager Landkriegsordnung begehrt. Die Beklagte lediglich zur Bescheidung ihres Antrags zu verpflichten, kann schon deshalb kein zulässiges Ziel der Klage sein, weil die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 26. November 2015 der Sache nach über den Antrag entschieden hat. Dies ergibt sich schon aus der Erklärung, die Angelegenheit werde als „erledigt“ betrachtet.
14Die Klage ist indessen unbegründet.
15Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Unterhaltsleistungen. Art. 7 der dem Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907 (RGBl. II 1910, 107) als Anhang beigefügten Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkrieges („Haager Landkriegsordnung“), dem zufolge die Regierung, in deren Gewalt sich ein Kriegsgefangener befindet, für seinen Unterhalt zu sorgen hat, ist schon deshalb keine taugliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch, weil es sich um eine Regelung des humanitären Völkerrechts handelt, welche grundsätzlich nur Völkerrechtssubjekte – also insbesondere Staaten –, nicht aber Einzelpersonen berechtigt und verpflichtet.
16Vgl. ausführlich zu dieser Frage OVG NRW, Urteil vom 19. November 1997 - 14 A 362/93 -, (betreffend die Genfer Kriegsgefangenen-Konvention) und zuletzt noch (in einem ähnlichen Fall wie dem vorliegenden) Sozialgericht Heil-bronn, Urteil vom 5. August 2014 - S 11 So 23 77/13 -.
17Dies lässt sich unter anderem auch Art. 2 des Haager Übereinkommens, nach welchem die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung „nur zwischen den Vertragsmächten Anwendung“ finden, entnehmen.
18Davon abgesehen ist die Auffassung der Klägerin, sie sei Kriegsgefangene der Aliierten, welche das Bundesgebiet den deutschen Regierungsorganen zur „Treuhandverwaltung“ überlassen hätten, abwegig. Ein Kriegs-, Waffenstillstands- oder Besatzungszustand, welcher von der Haager Landkriegsordnung nach deren Sinn und Zweck auch nur ansatzweise erfasst sein könnte, liegt hier seit langem nicht mehr vor.
19Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 S. 2 VwGO.
20Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.