Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 11. Nov. 2014 - 3 L 2216/14
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der bei der Kammer anhängigen Klage 3 K 6454/14 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.09.2014 wird hinsichtlich der Ziffer 2. des Bescheides wiederhergestellt und hinsichtlich der diesbezüglichen Zwangsgeldandrohung (enthalten in der Ziffer 3. des Bescheides) angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
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Gründe:
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 3 K 6454/14 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.09.2014 wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung anzuordnen,
4hat nur teilweise Erfolg.
5Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet hat. Zudem haben gemäß den §§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 112 Satz 1 JustG NRW Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörden und der Vollzugsbehörden in der Verwaltungsvollstreckung richten, gleichfalls keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß den §§ 80 Abs. 5 VwGO, 112 Satz 2 JustG NRW die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen bzw. anordnen. Ein derartiger Antrag hat Erfolg, wenn das private Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Das ist der Fall, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides nicht bestehen kann, oder wenn das private Interesse des Antragstellers aus sonstigen Gründen überwiegt. Diese Voraussetzungen sind nur teilweise gegeben.
6Die Ziffer 1. der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin ist nicht offensichtlich rechtswidrig. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht vielmehr alles für ihre Rechtmäßigkeit.
7Ermächtigungsgrundlage für die Anordnungen unter Ziffer 1. des Bescheides vom 16.09.2014 ist § 15 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 12 LImSchG NRW, der die Eingriffsbefugnis der ordnungsbehördlichen Generalklausel als speziellere Rechtsnorm verdrängt. Dass die Antragsgegnerin die Anordnungen auf den nicht anwendbaren § 14 Abs. 1 OBG NRW gestützt hat, ist unbeachtlich. Das Gericht kann die einem Verwaltungsakt von der Behörde zugrunde gelegte Rechtsgrundlage austauschen, sofern der Verwaltungsakt ‑ wie hier ‑ dadurch keine Wesensänderung erfährt. Die im Rahmen von § 15 Abs. 1 S. 1 LImSchG NRW anzustellenden Ermessenserwägungen entsprechen denjenigen, die die Antragsgegnerin zur Beseitigung der Ruhestörung im Rahmen des § 14 Abs. 1 OBG NRW zugrunde gelegt hat.
8Nach § 15 Abs. 1 S. 1 LImSchG NRW kann die nach § 14 LImSchG NRW zuständige örtliche Ordnungsbehörde anordnen, dass Zustände beseitigt werden, die dem Gesetz widersprechen. Gemäß § 12 LImSchG NRW sind Tiere so zu halten, dass niemand durch die hiervon ausgehenden Immissionen, insbesondere durch den von den Tieren erzeugten Lärm, mehr als nur geringfügig belästigt wird.
9Die Nachbarn der Antragstellerin waren zum für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung am 16.09.2014 durch das Bellen der fünf Hunde der Antragstellerin mehr als nur geringfügig gem. § 12 LImSchG NRW belästigt.
10Das Bellen von Hunden ist Lärm im Sinne des § 12 LImSchG NRW, der auf einen normal lärmempfindlichen Menschen störend wirkt. Eine Belästigung liegt vor, wenn das körperliche Wohlbefinden beeinträchtigt wird. Dabei muss die Schwelle zu Gesundheitsschädigungen noch nicht überschritten sein. Diese Voraussetzungen erfüllt das Bellen von Hunden. Lautes Hundegebell kann das Wohlbefinden eines durchschnittlichen Menschen beeinträchtigen,
11vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.07.2013 – 11 ME 148/13, juris, Rn. 9; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 18.09.2014 – 8 K 3784/13, juris, Rn. 14; VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 26.09.2013 – 5 K 705/11, juris, Rn. 35.
12Es zeichnet sich durch eine gewisse Unregelmäßigkeit und deutlich wahrnehmbare Lautstärke aus und unterscheidet sich von monotonen Umwelt- und Alltagsgeräuschen, die im Hintergrund verschwinden und in der Regel nicht bewusst wahrgenommen werden,
13vgl. VG Münster Urt. v. 08.03.1991 – 1 K 623/90, NVwZ 1993, 297 (298).
14Eine Belästigung ist nicht mehr nur geringfügig, sondern erheblich, wenn sie das übliche und zumutbare Maß übersteigt. In einem überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebiet müssen die Anwohner Hundegebell – auch wenn das Halten von Hunden eine wohngebietstypische Freizeitnutzung darstellt – nicht über das Maß der Geringfügigkeit hinaus hinnehmen. Wann diese Schwelle überschritten ist, richtet sich nach Stärke, Dauer, Häufigkeit, dem konkreten Zeitpunkt der Immission sowie deren Ortsüblichkeit. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt es für die Erheblichkeit einer Belästigung nicht darauf an, dass das Hundegebell eine konkrete Lautstärke, etwa entsprechend den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm, erreicht. Wann eine Beeinträchtigung durch Immissionen vorliegt, lässt sich nicht am Maßstab dieser schematischen technischen Richtwerte bestimmen; dies gilt insbesondere, wenn die Nachtruhe gestört wird.
15Gemessen an diesen Anforderungen stellte das Bellen der Hunde der Antragstellerin eine mehr als nur geringfügige Belästigung der Nachbarn dar.
16Die Hunde der Antragstellerin bellten ausweislich der Lärmprotokolle der Nachbarn wiederholt über den Tag verteilt und in einigen Fällen auch im Zeitraum der Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr. Es besteht kein Grund für die Annahme, dass die eingereichten Protokolle der Nachbarn fehlerhaft waren, insbesondere mussten die dem unterzeichneten Beschwerdeschreiben beigefügten Protokolle nicht nochmals gesondert unterschrieben werden. Auch die Tatsache, dass in den Protokollen mit einer Ausnahme lediglich die Anfangszeiten des Bellens vermerkt sind, steht der Annahme einer erheblichen Belästigung nicht entgegen. Bei einer vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO anzustellenden summarischen Prüfung kann aus der Häufigkeit der notierten Lärmbelästigungen (etwa für den 01.07.2014 wurden 16 Störungen vermerkt), der Anzahl von 21 Beschwerdeführern sowie dem Hinweis, dass die Störungen schon seit einem Jahr andauern, geschlossen werden, dass es sich um eine Lärmbelästigung handelte, die nicht nur kurzfristig andauerte. Diese Annahme wird auch durch die in das Lärmprotokoll aufgenommenen Zeiträume am 17.06.2014 von insgesamt 34 Minuten gestützt.
17Das handschriftlich von 21 Nachbarn unterzeichnete Beschwerdeschreiben, die von den Nachbarn angefertigten und dem Beschwerdeschreiben beigefügten Lärmprotokolle sowie die örtliche Lage des Grundstücks der Antragstellerin genügen auch als Nachweis für die Lärmstörungen durch Hundegebell,
18vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 20.12.1991 – 7 B 165/91, NVwZ 1993, 268.
19Das Gericht konnte auch davon ausgehen, dass es gerade die Hunde der Antragstellerin waren, die den protokollierten Lärm verursacht haben. Dies folgt bereits daraus, dass die 21 Nachbarn das Hundegebell in ihrem Beschwerdeschreiben ausdrücklich den von der Antragstellerin gehaltenen Hunden zugeordnet haben. Auch die Lage des Innenhofs auf dem von der Antragstellerin bewohnten Grundstück bestätigt diese Zuordnung. Aus dem im Verwaltungsvorgang befindlichen Lageplan ergibt sich, dass der großzügige Innenhofbereich, der als Auslaufplatz für die Hunde der Antragstellerin genutzt wird, inmitten zahlreicher (Wohn-)Gebäude liegt. Das Hundegebell erreichte von dem Innenhof aus jedenfalls eine Vielzahl von Anwohnern.
20Das Hundegebell erreichte auch eine erhebliche Lautstärke, ohne dass es für diese Feststellung auf konkrete Dezibel-Werte ankäme. Die Antragstellerin hielt zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung insgesamt fünf Hunde und ließ sie im Innenhof frei laufen. Bei gemeinsam gehaltenen Hunden bleibt es üblicherweise nicht dabei, dass ein einziger Hund bellt. Bereits das Bellen eines einzigen Hundes kann eine erhebliche Belästigung im Sinne des § 12 LImSchG NRW bewirken. Umso schwerwiegender beeinträchtigt das gemeinsame Bellen von fünf Hunden das Wohlbefinden der Anwohner.
21Gerade das Bellen zur Zeit der Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr (vgl. § 9 LImSchG NRW) hat eine stark beeinträchtigende Wirkung, weil es in besonderem Maße geeignet ist, die Gesundheit der Betroffenen zu schädigen. Zur Zeit der Nachtruhe, in der der übliche Alltagslärm wegfällt, kommt Lärmbelästigungen durch Hundegebell ein besonderes Störpotential zu. Das nächtliche Hundegebell kann sich unmittelbar negativ auf die Schlafqualität auswirken. Möglich sind eine Änderung der Schlaftiefe, vermehrtes Aufwachen in der Nacht, Einschlafstörungen oder eine Verkürzung der Tiefschlafphase mit der Folge, dass der Schlaf als weniger erholsam empfunden wird.
22Die Antragstellerin ist auch richtige Adressatin der Verfügungen. Sie ist Eigentümerin der Hunde und als Halterin zugleich Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über die Hunde im Sinne von §§ 1 Abs. 3 LImSchG NRW, 18 Abs. 1 und 2 OBG NRW.
23Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Verfügung verhältnismäßig. Die der Antragstellerin entstehenden Nachteile stehen nicht außer Verhältnis zum Zweck des Schutzes der Nachbarn vor den intensiven Lärmbelästigungen auch zur Zeit der Nachtruhe. Im Rahmen einer Interessenabwägung ist das Interesse der Nachbarn an einer ungestörten Nachtruhe und einem Schutz ihrer Gesundheit höher zu bewerten als das Interesse der Antragstellerin an einer Hundehaltung zum Schutze von Personen oder Sachen. Dem durch das nächtliche Hundegebell betroffenen Recht der Nachbarn auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ist der Vorrang einzuräumen vor dem Recht der Antragstellerin im Rahmen ihrer freien Persönlichkeitsentfaltung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG die Hundehaltung nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Die angeordneten Maßnahmen begründen keine gravierenden Einschnitte in das Recht der Antragstellerin, insbesondere wird sie nicht verpflichtet, einzelne Hunde abzugeben. Es ist nicht als tierschutzwidrig anzusehen, Hunde für mehrere Stunden im Haus zu halten, zumal der Antragstellerin durch den Bescheid der Antragsgegnerin nicht die Möglichkeit genommen wurde, mit ihren Hunden spazieren zu gehen und ihnen auf diese Weise den nötigen Auslauf zu verschaffen.
24Bei diesen Gegebenheiten geht die im Übrigen vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. An der Vollziehung der angegriffenen Verfügung besteht ein erhebliches öffentliches Interesse. Es ist den Nachbarn in der näheren Umgebung nicht zuzumuten, bis zur Entscheidung über eine Klage der Antragstellerin die regelmäßigen und nicht nur kurzfristig andauernden Lärmbelästigungen durch das Hundegebell hinzunehmen, zumal von den Störungen auch die Nachtruhe betroffen ist und eine konkrete Gesundheitsgefahr für die Anwohner besteht. Die Antragstellerin wird dagegen durch die Ziffer 1. der Verfügung nicht übermäßig belastet. Schon nach ihrem eigenen Vorbringen befinden sich die Hunde zur Nachtzeit ohnehin in der Wohnung.
25In Anbetracht der Vollziehbarkeit der Ziffer 1. der angegriffenen Verfügung besteht kein Anlass, in Bezug auf die dazugehörige Zwangsmittelandrohung in Nr. 3 der Ordnungsverfügung vom Regelvorrang des Vollziehungsinteresses nach § 112 Satz 1 JustG NRW abzuweichen.
26Hinsichtlich der Ziffer 2. der Verfügung sowie der sich darauf beziehenden Zwangsgeldandrohung hat der Antrag dagegen Erfolg.
27Hier fällt die Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin aus, weil die Regelung zu Nr. 2 einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten dürfte. Die Regelung ist schon zu unbestimmt. Ihr ist nicht eindeutig zu entnehmen, was, wie oft und wie lange von der Antragstellerin verlangt werden soll. So erschließt es sich schon nicht ohne weiteres, was es bedeuten soll, dass das Bellverhalten der Hunde „auf ein natürliches Maß“ zu reduzieren sei. Dieser Begriff wird auch in der Begründung des Bescheides nicht näher erläutert. Unklar bleibt auch, wie oft und in welchem zeitlichen Abstand die Antragstellerin die geforderten Trainingsstunden durchführen lassen soll. Ungeregelt bleibt auch, für welchen Zeitraum die Antragstellerin die Verpflichtungen treffen sollen. Insbesondere fehlt es an einer Regelung darüber, wie der Erfolg des Trainings festgestellt werden und was bei einem Scheitern geschehen soll.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
29Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
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Referenzen - Gesetze
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80
Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 11. Nov. 2014 - 3 L 2216/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 18. Sept. 2014 - 8 K 3784/13
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
2Seit Ende Dezember 2011 hält der Kläger den Kangal (anatolischer Hirtenhund) mit dem Rufnamen „Q. “ als Wachhund auf dem Grundstück L. Straße 76 in Unna. Dort führt er einen Autohandel („B. -Autohandel“, Inhaberin O. Z. ).
3Nach den vorgelegten Verwaltungsvorgängen gingen in dem Zeitraum vom 15. März 2012 bis 15. August 2013 (= 1 Jahr und 5 Monaten) bei der Beklagten von insgesamt 24 Nachbarn aus der gegenüberliegenden Nachbarschaft als auch aus der auf derselben Straßenseite angrenzenden Nachbarschaft des vorgenannten Autohandels 52 Beschwerden zu insbesondere nächtlichem Hundegebell ein, unter anderem ein von 12 Anwohnern unterzeichneter Beschwerdebrief vom 4. Februar 2013. 3 der vorgenannten Beschwerdeführer bestätigten ausdrücklich, dass das insbesondere nächtliche Hundegebell von dem Hund des Klägers ausgehe, wie sie selbst nicht nur akustisch sondern auch visuell hätten wahrnehmen können. Andere Beschwerdeführer schlossen aus Gründen der akustischen Verortung das Bellen eines anderen Hundes als dem des Klägers vom Außengelände des Autohandels aus. Infolge der Beschwerden kam es zu mindestens 11 Kontakte zwischen Mitarbeitern der Beklagten und dem Kläger. Unter anderem fand ein Treffen im Beisein der Kreisveterinärin, Frau Dr. L1. , statt. Auch der Leistungsrichterobmann des Deutschen Verbandes der Gebrauchshundsportvereine e.V. (DVG) aus V. , Herr T. , wurde mit einbezogen. Mindestens zweimal war die Polizei vor Ort, nachdem sie wegen des nächtlichen Hundegebells alarmiert worden war. Weitere amtliche Ermittlungen stellte die Beklagte gegenüber der Verwaltung des an das Gelände des Autohandels angrenzenden Grabelandes sowie einem Grabelandpächter an. Eine polizeiliche Stellungnahme wurde eingeholt. Eine Anfrage beim Verband des Deutschen Hundewesens (VDH) ergab, dass eine Wachhundausbildung mangels Nachfrage nicht mehr angeboten wird. Schließlich wurde das Außengelände des Autohandels in der Nacht vom 19. auf den 20. Juni 2013 aus einer gegenüberliegenden Wohnung (L. Straße 61) durch einen Mitarbeiter der Beklagten, Herrn H. , überwacht.
4Nach erfolgter Anhörung erließ die Beklagte am 12. Juli 2013 die streitgegenständliche Ordnungsverfügung. Nach Nr. 1 des Tenors der Ordnungsverfügung wurde dem Kläger untersagt, den Kangal „Q. “ montags bis samstags in der Zeit von 19.00 Uhr – 7.00 Uhr sowie ganztägig an Sonn- und Feiertagen auf dem Außengelände des Betriebsgrundstücks (L. Straße 76) zu halten. Die Untersagung wurde ab dem 20. August 2013 ausgesprochen. Unter Nr. 2 des Tenors der Ordnungsverfügung wurde dem Kläger für den Fall des nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitigen Nachkommens der Ordnungsverfügung zu 1. ein Zwangsgeld in Höhe 250,- Euro angedroht. Die Verfügung wurde dem Kläger am 17. Juli 2013 zugestellt.
5Der Kläger hat gegen die Ordnungsverfügung der Beklagten am 13. August 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass sein Hund nach Begutachtung durch die Kreisveterinärin Frau Dr. L1. keine Verhaltensauffälligkeiten zeige. Auch nach der Begutachtung des Sachverständigen des DVG sei der Hund „freundlich und ruhig gegenüber Besuchern“. Sein Hund belle ausschließlich, wenn jemand versuche, auf das Betriebsgelände zu gelangen. Dies könnten die Überwachungsvideos belegen, welche er der Beklagten zur Verfügung gestellt habe. Die Anwohner müssten Hundegebell infolge des Gebietscharakters ohnehin tolerieren. Ferner sei nicht auszuschließen, dass Nachbarn überempfindlich reagieren würden, zumal ausschließlich Beschwerden aus der gegenüberliegenden Nachbarschaft, nicht aber von den unmittelbar auf derselben Straßenseite angrenzenden Nachbarn vorlägen. Frau L2. , die in der L. Straße 74 wohne, könne zudem bestätigen, dass der in dem benachbarten Schrebergarten befindliche Hund dauerhaft gebellt habe. Die Beschwerden seien letztlich hinsichtlich des Hundes, der belle, sowie Daten, Uhrzeiten, Dauer und Lautstärke des Hundegebells nicht hinreichend substantiiert.
6Nachdem die Beklagte die unter Nr. 1 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung ausgesprochene Untersagung, den Kangal Q. auf dem Außengelände des Betriebsgrundstücks (L. Straße 76) zu halten, in der mündlichen Verhandlung am 18. September 2014 insoweit aufgehoben hat, als diese montags bis samstags über den Zeitraum von 22.00 bis 6.00 Uhr hinausging, beantragt der Kläger,
7den Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2013 in der Fassung vom 18. September 2014 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung. Bezogen auf den Vortrag des Klägers führt sie im Wesentlichen ergänzend aus, dass nicht behauptet worden sei, dass der Hund unentwegt belle und insofern verhaltensauffällig sei. Die Beschwerden der umliegenden Anwohner seien aber im Rahmen der nächtlichen Überwachung des Geländes am 19./20. Juni 2013 durch den Mitarbeiter, Herr H. , insofern bestätig worden, als der Hund mehrfach kräftig gebellt habe und dies auch von Herrn H. als störend und laut empfunden worden sei, während das Bellen eines anderen Hundes wesentlich weniger intensiv hätte wahrgenommen werden können. Frau L2. sei im Übrigen die einzige, die sich „durch das Hundegebell“ nicht belästigt fühle. Letztlich hätten die vorgelegten Überwachungsaufnahmen keinen Beweiswert. Denn sie verfügten nicht über Tonaufzeichnungen und zeigten lediglich das Innere des Zwingers. Der Hund habe sich während der Aufnahmen jedoch die meiste Zeit außerhalb des Zwingers befunden.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
12Entscheidungsgründe:
13Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO analog. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2013 in der Fassung vom 18. September 2014 ist – formell und materiell - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
14Rechtsgrundlage der Ordnungsverfügung zu Nr. 1 ist § 15 Satz 1 LImschG in Verbindung mit § 12 LImschG. Nach § 15 S. 1 LImschG kann die nach § 14 LImschG zuständige örtliche Ordnungsbehörde anordnen, dass Zustände beseitigt werden, die dem Gesetz widersprechen. Nach § 12 LImSchG sind Tiere so zu halten, dass niemand durch die hiervon ausgehenden Immissionen, insbesondere durch den von den Tieren erzeugten Lärm, mehr als nur geringfügig belästigt wird.
15Die Beschwerdeführer und Nachbarn des Autohandels in der L. Straße 76 in V. wurde durch das nächtliche sowie sonn- und feiertägliche Halten des Kangals „Q. “ auf dem Außengelände des Autohandels in der L. Straße 76 im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung und darüber hinaus mehr als nur geringfügig im Sinne von § 12 LImSchG belästigt.
16Zwar verbietet § 12 LImschG nicht schlechthin eine mit Immissionen verbundene Tierhaltung, sondern gebietet positiv, dass der Tierhalter alles zu tun hat, damit niemand durch den von Tieren erzeugten Lärm oder durch die von ihnen ausgehenden Geräusche in entsprechende Mitleidenschaft gezogen wird. Lautes Hundegebell – wie vorliegend - ist aber bereits aufgrund seiner Eigenart als ungleichmäßiges, lautes Geräusch dazu geeignet, das körperliche und seelische Wohlbefinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zu beeinträchtigen. Belästigungen sind zudem erheblich, also nicht mehr geringfügig, wenn sie das übliche und zumutbare Maß übersteigen. Dies richtet sich nach Stärke, Häufigkeit und Dauer des Lärms sowie nach dem konkreten Zeitpunkt der Lärmimmission und deren Ortsüblichkeit. Nach der diesbezüglich einschlägigen Rechtsprechung sowohl der Zivil- als auch der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der sich die Kammer anschließt, ist es bei Geräuschbelästigungen, die von einer Tierhaltung ausgehen, für die Annahme einer erheblichen Belästigung im vorgenannten Sinne nicht erforderlich, dass diese die Immissionsrichtwerte überschreiten, die für die Bestimmung der Erheblichkeit von Geräuscheinwirkungen durch Anlagen in Regelwerken wie zum Beispiel der TA-Lärm festgelegt sind. Dies gilt insbesondere bei Störungen der Nachtruhe.
17Vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 26. September 2013 – 5 K 705/11 -, juris, Rn. 35 unter Verweis auf VG München, Urteil vom 6. Oktober 2009 – M 22 K 08.6241 –, juris, Rn. 21 m. w. N.
18Der Belästigungsgrad bei einer Tierhaltung muss sich bereits deshalb nicht an einem - nach der TA Lärm errechneten - Dauerschallpegel auszurichten, weil die Anwendung derartiger technischer Regelwerte diesbezüglich zu schematisch ist.
19Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. April 1985 - 5 Ss (OWi) 105/83-117/83 I -, NVwZ 1984, 197.
20Dementsprechend haben Anwohner gelegentliches Hundegebell einzelner Hunde hinzunehmen, soweit die Geringfügigkeitsschwelle nicht überschritten wird. Anders kann es sich aber beispielsweise verhalten, wenn Hunde, die auf einem Nachbargrundstück gehalten werden, regelmäßig zum Beispiel zur Nachtzeit bellen. Das Interesse des Hundehalters tritt dann gegebenenfalls gegenüber dem gesetzlich geschützten Bedürfnis der Anwohner auf Wohn- und Nachtruhe zurück.
21So ist es hier. Nach den aktenkundigen Feststellungen der Beklagten hat es allein über einen Zeitraum von 1 Jahr und 5 Monaten zahlreiche Nachbarbeschwerden zu dem insbesondere nächtlichen Gebell des Hundes Q. auf dem Außengelände des Autohandels in der L. Straße 76 gegeben. Zum Beweis der Lärmstörungen durch Hundegebell sind Aufzeichnungen der belästigten Nachbarn – wie die hier in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten vorliegenden - als Beweismittel ausreichend.
22Vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 26. September 2013 – 5 K 705/11 -, juris, Rn. 46 unter Verweis auf VG Stade, Urteil vom 03. August 1989 - 1 A 188/88 –, juris.
23Aufgrund der vorliegenden Aufzeichnungen geht die Kammer davon aus, dass der Kangal „Q. “ des Klägers auf dem Grundstück L. Straße 76 in V. insbesondere nachts wiederholt, laut und länger anhaltend gebellt und gejault hat. Die diesbezüglichen einzelnen Angaben und Aufzeichnungen der Nachbarn und des Mitarbeiters der Beklagten, Herrn H. , bei denen unter anderem auch die Uhrzeiten vermerkt sind, sind hinreichend substantiiert. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Beklagte von einer über das übliche und zumutbare Maß hinausgehenden Beeinträchtigung der Nachbarschaft ausgegangen ist. Die Überwachungsaufnahmen des Klägers haben demgegenüber – wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat – keinen Beweiswert, weil Tonaufnahmen nicht vorhanden sind und der Kangel „Q. “ überwiegend nicht zu sehen ist. Die Kammer brauchte auch keinen Augenschein von der Örtlichkeit zu nehmen. Sie konnte sich aufgrund der Vielzahl der wiederholten Nachbarbeschwerden, die durchgängig seit Mitte März 2012 vorlagen, sowie der vorgelegten Lagepläne eine Überzeugung dazu bilden, dass das Bellen des Hundes auf dem Grundstück des Autohandels die Wohn- und Nachtruhe der Anwohner stört.
24Zur gerichtlichen Sachaufklärungspflicht bei Hundegebell: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1991 – 7 B 165/91, NVwZ 1993, 268, juris, Rn. 2.
25Mit dem Einwand, das nächtliche Bellen gehe von einem anderen Hund aus, kann der Kläger nicht durchgreifen. Denn ein solches Bestreiten des insbesondere nächtlichen Gebells des eigenen Hundes ist vor dem Hintergrund dessen, dass zumindest 3 Beschwerdeführer den Hund nicht nur akustisch sondern auch visuell auf dem Außengelände des Autohandels beim nächtlichen Bellen wahrnehmen konnten, weitere Nachbarn ein entsprechend störendes Bellen eines anderen Hundes auf Befragung aus anderen Gründen ausgeschlossen haben und der Mitarbeiter der Beklagten , Herr H. , ebenfalls das Bellen vom Außengelände des Autohandels lokalisieren konnte, nicht glaubhaft. Das Gebell eines anderen Hundes, der vermutlich auf dem angrenzenden Grabeland gehalten wird oder wurde, ist nicht in der Intensität, wie es bei dem Gebell des Hundes des Klägers der Fall ist, nach den Aussagen der Anwohner und des Mitarbeiters der Beklagten wahrnehmbar. Im Übrigen gilt für etwaiges nächtliches Bellen eines weiteren Hundes im Freien derselbe Maßstabwie für den Hund des Klägers.
26Die Belästigungen durch das insbesondere nächtliche Bellen und Jaulen des Kangals „Q. “ sind erheblich, also nicht mehr geringfügig, weil sie das übliche und zumutbare Maß übersteigen. Nach Stärke, Häufigkeit und Dauer des Lärms sowie insbesondere nach den konkreten Zeitpunkten der Lärmimmissionen kann nicht mehr von einer Ortsüblichkeit ausgegangen werden. Der Hinweis des Klägers auf die generelle Ortsüblichkeit von Lärm in dem Gebiet ist insofern nicht stichhaltig. Das grundlose, länger andauernde Bellen des Hundes zur Nachtzeit geht in dem jedenfalls auch – wenn nicht gar überwiegend - zum Wohnen genutzten Gebiet deutlich über den ortsüblichen Lärm hinaus. Die von dem Kläger angeführten Lärmquellen (insbesondere Straßenverkehr) sind mit dem Hundegebell in der Nacht nicht vergleichbar. Bei Verkehrslärm handelt es sich um eine Lärmimmissionen, die zur Nachtzeit erfahrungsgemäß selten auftritt und bereits deshalb in der Nachbarschaft nicht weiter wahrgenommen werden kann. Dieses Phänomen wurde von einem in der mündlichen Verhandlung anwesenden Nachbarn für die Nachbarschaft des Betriebsgeländes L. Straße 76 indiziell auch so bestätigt. Von Bedeutung ist zudem, dass es sich bei Verkehrslärm häufig um unvermeidbaren Lärm, nämlich um Belästigungen handelt, die das Leben in einer modernen Gesellschaft notwendig mit sich bringt. Im Gegensatz dazu stellt das grundlose Gebell eines Hundes während der Nacht eine nicht notwendige und damit vermeidbare Lärmbelästigung dar. Auch wegen seiner Vermeidbarkeit kann eine Duldung des nächtlichen Tierlärms von den Anwohnern mithin nicht erwartet und verlangt werden.
27Vgl. zur Differenzierung zwischen vermeidbarem und unvermeidbarem Lärm: Wiethaup, Lärmbekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 181 bis 183.
28Die Tatsache, dass die Anwohner am Tage vermehrt Lärmimmissionen hinzunehmen haben, unterstreicht vielmehr die besondere Schutzbedürftigkeit gerade ihrer Nachtruhe.
29Vgl. VG Münster, Urteil vom 8. März 1991 – 1 K 623/90 -, juris, Rn. 50 f. unter Bezugnahme auf Lassally, Deutsches Lärmbekämpfungsrecht, 2. Auflage 1961, III. A. S. 153.
30Mit Blick auf den in § 9 Abs. 1 LImschG zum Ausdruck kommenden hohen Schutzwert der Nachtruhe stellt das nächtliche Bellen des Hundes des Klägers eine mehr als nur geringfügige Belästigung im Sinne des § 12 LImschG dar. § 9 Abs. 1 LImschG verbietet dem entsprechend alle Betätigungen in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr, welche die Nachtruhe zu stören geeignet sind. Die Vorschrift zielt namentlich darauf ab, Störungen des Schlafs und generell der Ruhemöglichkeiten vorzubeugen.
31Vgl. VG Münster, Urteil vom 8. März 1991 – 1 K 623/90 -, juris, Rn. 41 f. unter Bezugnahme auf Boisseree/Oels/ Hansmann/Schmitt, Immissionsschutzrecht, Band II, B II 1.1. zu § 9 LImschG Nr. 1.1
32Gerade zur Nachtzeit, in der der übliche und unvermeidbare Alltagslärm weitgehend wegfällt, werden Lärmimmissionen von den Betroffenen verständlicherweise als besonders störend wahrgenommen. Geräuscheinwirkungen während des Schlafens können sich dabei negativ auf die Schlaftiefe – gegebenenfalls mit und ohne Aufwachen – auswirken sowie zu Erschwerungen und Verzögerungen des Einschlafens oder Wiedereinschlafens, Verkürzungen der Tiefschlafzeit, vegetativen Reaktionen oder Minderungen der empfundenen Schlafqualität führen.
33Vgl. VG Münster, Urteil vom 8. März 1991 – 1 K 623/90 -, juris, Rn. 41 f. unter Bezugnahme auf Lärmbekämpfung 1981, Entwicklung -- Stand -- Tendenzen, Materialien zum zweiten Immissionsschutzbericht der Bundesregierung an den deutschen Bundestag nach § 61 Bundesimmissionsschutzgesetz, Ziffer 3.3.2, S. 109/110.
34Störungen durch Hundegebell, insbesondere während der Nachtzeit, sind in besonderem Maße geeignet, die Gesundheit der Betroffenen zu schädigen.
35Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. November 1974 -- I 1002/74 --, DÖV 1975, 608, 609.
36Dass nicht auszuschließen ist, dass bei den Nachbarn des Klägers durch das Hundegebell während der Nachtzeit in diesem Sinne auf die Dauer bereits gesundheitsgefährdende Schlafstörungen aufgetreten sind, belegt der mit einer Unterschriftenliste bei der Beklagten eingereichte Beschwerdebrief vom 4. Februar 2013 von insgesamt 12 Anwohnern. Darin ist ausdrücklich von "Schlafstörungen, Nervosität, Herzrasen und Migräne" die Rede. Gegen die Annahme, dass es hierbei um die Reaktion einiger überempfindlicher oder besonders nervöser Personen geht, spricht schon die hohe Zahl der Betroffenen, denn immerhin haben 24 Nachbarn, d.h. nach den örtlichen Verhältnissen fast die gesamte Umgebung, eine Belästigung durch den nächtlichen Tierlärm bekundet. Die Erheblichkeit der Lärmstörung durch das insbesondere nächtliche Gebell des Kangals „Q. “ entfällt auch nicht deshalb, weil eine Nachbarin, Frau L2. , sich als einzige „durch das Hundegebell“ nicht belästigt fühlt. Angesichts der besonderen Schutzwürdigkeit der Nachtruhe und des damit eng verbundenen Rechts auf körperliche Unversehrtheit hätte für ein ordnungsbehördliches Einschreiten gegebenenfalls vielmehr auch schon die Ruhestörung jeweils einzelner Gruppen oder der unmittelbaren Anrainer ausgereicht. Letztlich bleibt darauf hinzuweisen, dass auch der Sonn- und Feiertagsruhe, welche mit der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung der Beklagten zu Nr. 1 ebenfalls geschützt wird, ein besonderer Erholungswert zukommt.
37Die Untersagung der Haltung des Hundes auf dem Betriebsgelände im Freien in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen ist im Rahmen des § 15 Satz 1 LImschG verhältnismäßig, § 1 Abs. 2 LImschG, § 15 OBG. Die Beklagte hat namentlich berücksichtigt, dass ihr Handeln nach dem mit Verfassungsrang ausgestatteten Verhältnismäßigkeitsprinzip zur Gefahrenabwehr geeignet, erforderlich und angemessen sein muss. Die von der Beklagten getroffene Verfügung ist objektiv geeignet, die nächtliche Ruhestörung der Nachbarn und die damit verbundenen Gefahren oder Störungen zu beseitigen sowie die Sonn- und Feiertagsruhe, welcher ein besonderer Erholungswert zukommt, zu wahren. Durch das Verbot, den Wachhund zu bestimmten Zeiten auf dem Betriebsgelände im Freien zu halten, ist gewährleistet, dass sich die Außengeräusche vermindern.
38Die Beklagte hat mit der verfügten Maßnahme auch im Sinne der Erforderlichkeit von mehreren möglichen Maßnahmen diejenige getroffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Ihre Anordnung stellt den geringstmöglichen Eingriff dar, um die von dem Gebell ausgehende Lärmbelästigung der Nachbarschaft während der Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen zu unterbinden. Ein ebenso geeignetes, milderes Mittel ist nicht ersichtlich.
39Schließlich ist die Verfügung auch angemessen, d.h. die erforderliche Maßnahme führt nicht zu einem Nachteil, der zu dem erstrebten Zweck erkennbar außer Verhältnis steht. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung ist das Interesse der Nachbarn an einer ungestörten Nachtruhe sowie einer ungestörten Sonn- und Feiertagsruhe und einem Schutz ihrer Gesundheit höher zu bewerten als das Interesse des Klägers an einer Hundehaltung zum Schutze vor Einbruchsdiebstählen. Das durch die nächtliche sowie die sonn- und feiertägliche Ruhestörung berührte Grundrecht der Nachbarn auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG) muss gegenüber dem Grundrecht des Klägers auf Entfaltung seiner Persönlichkeit (Artikel 2 Abs. 1, Artikel 1 GG) zurücktreten.
40Vgl. zum Vorrang der schutzwürdigen Belange der Nachbarschaft bei Tierlärm: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Juni 1990 - 5 Ss (OWi) 170/90 - (OWi) 87/90 I; Beschluss vom 10. Januar 1990 - 5 Ss (OWi) 476/89 - (OWi) 198/89 I; Beschluss vom 11. April 1983 -- 5 Ss (OWi) 105/83 -- 117/83 I; Wiethaup, a.a.O., S. 416.
41Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles ist die Erfüllung der angeordneten Maßnahme dem Kläger auch zumutbar. Durch die Anordnung der Hundehaltung ist die Wach- und Schutzaufgabe des Hundes nicht gänzlich aufgehoben. Ein Alarmgebell bei Einbruchsgeräuschen, die das Geschäftsgebäude betreffen, und die damit verbundene Abschreckungsfunktion des Hundes, ist immer noch - wenn vielleicht auch eingeschränkter -, möglich. Außerdem gibt es genügend sichere und geräuschlos arbeitende Vorrichtungen, die die Tätigkeit eines Wachhundes ersetzen bzw. unterstützen und so dem praktischen Zweck der Bewachung ebenfalls erfüllen können.
42Vgl. Wiethaup, a.a.O. S. 416
43Die unter Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Zwangsgeldandrohung in Höhe von 250,- Euro für den Fall des nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitigen Nachkommens der Untersagungsverfügung zu Nr. 1 ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage bilden hier die §§ 55, 56 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58, 60 und 63 VwVG NRW. Insbesondere die gesetzte Frist bis zum 20. August 2013 ist im Sinne von § 63 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW angemessen.
44Zwar fehlt es grundsätzlich an der Festlegung einer angemessenen Frist, wenn die Grundverfügung – wie hier - bei Ablauf der Frist (am 20. August 2013) nicht vollstreckbar ist, etwa weil - wie hier - keine Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgte.
45Vgl. OVG NW, Beschluss vom 22. Februar 1974 - IV B 468/73 -; Engelhard, VwVG/VwZG, 2. Auflage, § 13 VwVG Anm. 3 a S. 77 m.w.N.
46Die hier festgesetzte Frist ist vor dem Hintergrund des § 63 Abs. 1 Satz 4 VwVG NRW aber dennoch angemessen. Denn nach § 63 Abs. 1 Satz 4 VwVG NRW tritt an die Stelle des bestimmten Fristbeginns im Falle dessen, dass ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung gegen den zu vollziehenden Verwaltungsakt eingelegt wird, der Eintritt der Bestandskraft der Verfügung. Auch die festgesetzte Zwangsgeldhöhe ist unter Berücksichtigung des gesetzlichen Gebührenrahmens (10 – 100.000,- Euro, § 60 Abs. 1 VwVG NRW) und den Gegebenheiten des Einzelfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, soweit eine streitige Entscheidung ergangen ist. Soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, folgt die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO. Danach entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Insoweit ist zu berücksichtigten, dass die Beklagte den Kläger in diesem Umfang klaglos gestellt hat. Da es sich insoweit aber nur um einen geringen Teil des Streitgegenstandes handelt, ist es sachgerecht, dem Kläger die Kosten ganz aufzuerlegen (vergleiche § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO). Die Vollstreckungsentscheidung folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.