Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 26. Jan. 2015 - 14 L 3058/14
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der am 0.0.1983 geborene Antragsteller ist im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B.
4Beim Antragsteller sind die nachfolgend tabellarisch aufgelisteten punkterelevanten Ereignisse vorgefallen. Die Spalte „Punkte insg.“ gibt den vom Gericht errechneten Gesamtpunktestand wieder. Hinsichtlich der einzelnen Zuwiderhandlungen und anderen Ereignisse wird auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
5Lfd. Nr. |
Datum/ Tattag |
Ereignis |
Rechts-/ Bestandskraft |
Tilgung |
Punkte einzeln |
Punkte insg. |
1. |
18.02.2011 |
OWi Geschwindigkeit |
21.04.2011 |
1 |
1 |
|
2. |
20.03.2011 |
OWi Geschwindigkeit |
12.05.2011 |
1 |
2 |
|
3. |
17.11.2011 |
OWi Geschwindigkeit |
20.01.2012 |
3 |
5 |
|
4. |
01.03.2012 |
OWi Geschwindigkeit |
15.05.2012 |
3 |
8 |
|
5. |
16.04.2012 |
OWi Geschwindigkeit |
07.09.2012 |
3 |
11 |
|
6. |
19.07.2012 |
Verwarnung (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a.F.) |
||||
7. |
20.08.2012 |
OWi Geschwindigkeit |
01.11.2012 |
3 |
14 |
|
8. |
13.11.2012 |
Anordnung Aufbauseminar (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG a.F.), zugestellt: 15.11.2012 |
||||
9. |
21.01.2013 |
OWi Nutzung Mobiltelefon |
26.03.2013 |
1 |
15 |
|
10. |
06.03.2013 |
Entzug der Fahrerlaubnis, zugestellt: 09.03.2013,bestandskräftig |
||||
11. |
26.04.2013 |
Vorlage Bescheinigung Aufbauseminar |
||||
12. |
26.04.2013 |
Neuerteilung Fahrerlaubnis |
||||
13. |
29.04.2013 |
Verwarnung (§ 4 Abs. 3 Satz1 Nr. 2 StVG a.F.) |
||||
14. |
18.12.2013 |
OWi Geschwindigkeit |
14.08.2014 |
3 (alte Rechtslage) 2 (neue Rechtslage |
18 (alte Rechtslage) 8 (neue Rechtslage) |
|
15. |
20.03.2014 |
Vorlage Bescheinigung verkehrspsych. Beratung |
||||
16. |
01.05.2014 |
Umrechnung der Punkte |
6 |
|||
17. |
27.10.2014 |
Mitteilung neuer Punktestand durch KBA |
8 |
|||
18. |
27.10.2014 |
Anhörung |
||||
19. |
17.11.2014 |
Entziehung Fahrerlaubnis (§ 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG n.F.), zugestellt: 18.11.2014 |
||||
20. |
12.12.2014 |
Klage und Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz |
Die Antragsgegnerin sprach gegenüber dem Antragsteller mit Schreiben vom 19.07.2012 eine Verwarnung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Straßenverkehrsgesetz a.F. (StVG) aus. Zugleich wies sie ihn auf die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme an einem Aufbauseminar hin. Von dieser Möglichkeit machte der Antragsteller keinen Gebrauch.
7Mit Bescheid vom 13.11.2012, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 15.11.2012, ordnete die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller die Teilnahme an einem Aufbauseminar bis spätestens zum 13.02.2013 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG an. Sie informierte den Antragsteller zudem, dass die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, wenn er der Aufforderung nicht fristgerecht nachkomme.
8Der Antragsteller legte der Antragsgegnerin innerhalb der gesetzten Frist keine Bescheinigung vor, so dass ihm nach entsprechender Anhörung mit Bescheid vom 06.03.2013 die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller keine Klage erhoben.
9Der Antragsteller legte der Antragsgegnerin unter dem 26.04.2013 eine Bescheinigung über die Teilnahme an einem Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 8 StVG vor, so dass ihm die Fahrerlaubnis wieder erteilt wurde. Gleichzeitig wies die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29.04.2013 darauf hin, dass der Punkte stand nun 15 Punkte betrage und die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung mit einem Punkterabatt bestehe. Sie teilte weiter mit, dass bei Erreichen von 18 Punkten mit der Entziehung der Fahrerlaubnis zu rechnen sei.
10Am 20.03.2014 legte der Antragsteller eine Bescheinigung der Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung vor.
11Der Punktestand von 15 wurde nach Inkrafttreten des neuen StVG am 01.05.2014 (StVG n. F.) in 6 Punkte umgerechnet. Nach der Rechtskraft der Tat vom 18.12.2013 am 14.08.2014 teilte das Kraftfahrtbundesamt der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 15.10.2014 einen Gesamtpunktestand von 8 Punkten mit.
12Unter dem 27.10.2014 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller schriftlich zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Nach der Umrechnung betrage der Punktestand 8 Punkte. Ein Punkterabatt könne aufgrund der Teilnahme an der verkehrspsychologischen Beratung nicht gewährt werden, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Tat vom 18.12.2013 bereits 18 Punkte erreicht hatte.
13Mit Ordnungsverfügung vom 17.11.2014, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 18.11.2014, entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG n.F. die Fahrerlaubnis. Sie wies ihn darauf hin, dass eine Klage gegen die Verfügung gemäß § 4 Abs. 9 StVG keine aufschiebende Wirkung habe und forderte ihn auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung der Ordnungsverfügung abzugeben. Für den Fall, dass er dieser Verpflichtung nicht nachkomme, drohte sie die Einziehung des Führerscheins unter Anwendung des unmittelbaren Zwangs an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, zulasten des Antragstellers seien 8 Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen. Es sei daher von seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen.
14Der Antragsteller hat am 12.12.2014 Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
15Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er sei selbständiger Unternehmer und daher zwingend auf die Fahrerlaubnis angewiesen. Der Punktestand sei zudem auf 7 Punkte zu reduzieren, da der Verkehrsverstoß vom 18.12.2013 erst nach dem 1.5.2014 im Fahreignungsregister gespeichert worden sei. Unter Berücksichtigung des Tattagprinzips habe sich daher für den Antragsteller ein Stand von 8 Punkten ergeben, bevor er die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG n.F. zwingend vorgesehene Verwarnung erhalten habe.
16Der Antragsteller beantragt,
17die aufschiebende Wirkung seiner Klage (14 K 8363/14) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 17.11.2014 anzuordnen.
18Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
19den Antrag abzulehnen.
20Sie wiederholt im Wesentlichen die Ausführungen in ihrer Ordnungsverfügung. Ergänzend führt sie aus, bei Erreichen eines Punktestandes von 8 oder mehr Punkten im Fahreignungsregister sei die Nichteignung des Fahrerlaubnisinhabers erwiesen. Hinsichtlich der Entziehung sei ihr kein Ermessen eingeräumt.
21II.
22Der Antrag hat keinen Erfolg.
23Gemäß § 4 Abs. 9 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung vom 01.05.2014 (StVG n. F.) hat eine Anfechtungsklage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG n. F. keine aufschiebende Wirkung. Die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) käme nur dann in Betracht, wenn die Anordnung der Behörde offensichtlich rechtswidrig wäre oder wenn aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung anzuerkennen wäre. Beides ist nicht der Fall.
24Bedenken gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 17.11.2014 sind nicht ersichtlich. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 n. F. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich 8 oder mehr Punkte nach dem Punktesystem ergeben, denn dann gilt der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich der Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung, hier also der 17.11.2014.
25Die Bewertung der Ordnungswidrigkeiten nach dem Punktesystem ist von der Behörde korrekt vorgenommen worden. Die von der Antragsgegnerin getroffene Entziehung der Fahrerlaubnis war gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG n. F. zwingend. Irgendein Ermessen, welches der Antragsgegnerin die Möglichkeit eingeräumt hätte, von der Entziehung abzusehen, war ihr nicht eingeräumt. Gemäß § 4 Abs. 5 S. 4 StVG n. F. bzw. § 4 Abs. 3 Satz 2 StVG bis zum 01.05.2014 gültige Fassung (StVG a. F.) ist die Antragsgegnerin bei Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder Ordnungswidrigkeit gebunden.
26Die Antragsgegnerin ist zutreffend von einem Punktestand von nunmehr 8 Punkten ausgegangen. Das Stufenverfahren nach § 4 Abs. 3 StVG a. F. wurde ordnungsgemäß durchgeführt: Im Einzelnen:
27Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller mit Schreiben vom 19.07.2012 bei einem damaligen Punktestand von 8 Punkten gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StVG a. F. verwarnt. Bei einem Stand von 14 Punkten hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13.11.2012 die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet (vgl. § 4 S. 1 Abs. 3 Nr. 2 StVG a. F.). Der Antragsteller wurde in diesem Bescheid auch ordnungsgemäß gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 3 StVG a. F. verwarnt. Die Fahrerlaubnisbehörde hat den Antragsteller darüber unterrichtet, dass ihm bei Erreichen von 18 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Mit Schreiben vom 29.04.2013 hat die Antragsgegenerin den Antragsteller zudem darauf hingewiesen, dass er zwecks Erreichens eines Punkterabatts die Möglichkeit einer verkehrspsychologischen Beratung hat.
28Somit hat die Antragsgegnerin sämtliche nach dem alten Recht vorzunehmende Verwarnungen vorgenommen, so dass der am 01.05.2014 geltende Punktestand von 15 in 6 Punkte umzurechnen war. Nach dem Erteilen dieser korrekten Verwarnungen ist dann durch die Eintragung der Tat vom 18.12.2013 der Punktestand auf 8 gestiegen, so dass zu diesem Zeitpunkt die Antragsgegnerin verpflichtet war, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne nochmals nach Inkrafttreten des neuen Rechts die Verwarnungen zu wiederholen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des neuen Fahrerlaubnisregisters die Absicht verfolgt hat, dass die Fahrerlaubnisbehörden in jedem Fall die bereits erteilten Verwarnungen nach dem alten Recht unter Bezugnahme auf die neuen Vorschriften wiederholen.
29Insofern ist der vorliegende Fall von dem Sachverhalt zu unterscheiden, den das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Beschluss vom 28.10.2014 (7 L 1506/14 – juris) zu entscheiden hatte. Denn – soweit ersichtlich – hatte sich bei dem dortigen Antragsteller der Stand von 8 Punkten ergeben, bevor ihm überhaupt irgendeine Verwarnung – sei es nach dem alten oder dem neuen Recht – zugegangen war.
30Die Verpflichtung zur Führerscheinabgabe ergab sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG n. F.. Ein Ermessen wird der Behörde insoweit nicht eingeräumt. Die mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundene Zwangsmittelandrohung war gemäß §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes – VwVG – rechtmäßig.
31Schließlich sind auch keine sonstigen Gründe ersichtlich, die trotz der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 17.11.2014 für ein Überwiegen des Aufschubinteresses des Antragstellers sprechen. Vielmehr überwiegt das Interesse an größtmöglicher Sicherheit des Straßenverkehrs hier das Aufschubinteresse des Antragstellers auch deshalb, weil ungeachtet der rechtlichen Bewertung im Einzelnen die seit Jahren andauernden Verkehrsverstöße des Antragstellers für seine fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sprechen. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Antragsteller in beruflicher Hinsicht auf den Führerschein angewiesen ist.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33Die Streitwertfestsetzung ist nach §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt. Sie berücksichtigt, dass nach gefestigter Rechtsprechung des zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in Hauptsachenverfahren für eine Fahrerlaubnisentziehung ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzusetzen ist. Dieser Wert war für das einstweilige Rechtsschutzverfahren auf die Hälfte zu reduzieren.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 26. Jan. 2015 - 14 L 3058/14
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 26. Jan. 2015 - 14 L 3058/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz
- 1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder - 2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:
- 1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten, - 2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und - 3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn
- 1.
die Fahrerlaubnis entzogen, - 2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder - 3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
- 1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3, - 2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis, - 3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis, - 4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder - 5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.
(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.
(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:
- 1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen; - 2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen; - 3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
- 1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind, - 2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.
(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach
- 1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches, - 2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder - 3.
den §§ 24a oder 24c
(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.
(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz
- 1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder - 2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:
- 1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten, - 2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und - 3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn
- 1.
die Fahrerlaubnis entzogen, - 2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder - 3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
- 1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3, - 2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis, - 3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis, - 4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder - 5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.
(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.
(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:
- 1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen; - 2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen; - 3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
- 1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind, - 2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.
(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach
- 1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches, - 2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder - 3.
den §§ 24a oder 24c
(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.
(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.
Tenor
- 1.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 4433/14 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 23. September 2014 wird angeordnet. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, dem Antragsteller den Führerschein vorläufig wieder auszu- händigen. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
- 2.
Der Streitwert wird auf 2.525,91 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Antrag hat Erfolg.
3Der nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte Antrag ist zulässig. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen.
4Der erhobenen Klage kommt hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung) gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 9 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu. Gleiches gilt in entsprechender Anwendung von § 47 Abs. 1 Satz 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) für die Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheins (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung). Der Entfall der aufschiebenden Wirkung beruht hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung (Ziffer 3 der Ordnungsverfügung) auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) sowie hinsichtlich der Gebühren- und Auslagenfestsetzung (Ziffern 4 und 5 der Ordnungsverfügung) auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.
5Der Antrag ist auch begründet.
6Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt anordnen, wenn bei einer Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies kommt dann in Betracht, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtswidrig ist oder aus anderen Gründen das Interesse des Antragstellers an der beantragten Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt.
7Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich Erfolg haben. Die streitgegenständliche Ordnungsverfügung vom 23. September 2014 erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig.
8Der Antragsgegner stützt die Entziehung der Fahrerlaubnis auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG i.d.F. des am 1. Mai 2014 in Kraft getretenen Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313). Hiernach gilt der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn sich für ihn 8 oder mehr Punkte ergeben.
9Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, denn der Antragsteller hat nach Auswertung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse die erforderliche Schwelle von 8 Punkten noch nicht erreicht.
10Für die Beantwortung der Frage, wann sich 8 Punkte im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG ergeben, kommt es auf den Tag der Begehung der letzten, zum Erreichen dieser Punkteschwelle führenden Tat an, sofern sie rechtkräftig geahndet wird. Dieses in der Rechtsprechung zu § 4 StVG a.F. entwickelte Tattagprinzip hat der Gesetzgeber im Rahmen der letzten Änderung des Straßenverkehrsgesetzes beibehalten und nunmehr ausdrücklich geregelt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Sätze 5 bis 7 StVG n.F.).
11Vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 39: „Mit der Anknüpfung an das Tattagsprinzip für die Entstehung der Punkte übernimmt das Gesetz den vom Bundesverwaltungsgericht gewählten Anknüpfungspunkt (Urteil vom 25. September 2008, Az. 3 C 3/07)“; vgl. auch S. 41: „Für das Ergreifen von Maßnahmen hat die Behörde retrospektiv auf den Tag der letzten Zuwiderhandlung abzustellen, die mit ihrer Punktebewertung das Erreichen einer Stufe und damit eine Maßnahme auslöst. … Maßnahmen werden bezogen auf den Tattag ergriffen und nicht bezogen auf den aktuellen Punktestand am Tag des Ergreifens der Maßnahme durch die Behörde“.
12Das Tattagprinzip ist auch bei Anwendung der Bonusregelung des § 4 Abs. 6 StVG zugrunde zu legen. Hierfür sprechen Sinn und Zweck der in § 4 Abs. 6 StVG enthaltenen Regelungen über die Punktereduzierung. Ebenso wie die Vorläuferregelung in § 4 Abs. 5 StVG a.F. soll die Bestimmung des § 4 Abs. 6 StVG nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers sicherstellen, dass die Ungeeignetheitsvermutung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erst greift, wenn der Betroffene zuvor alle „Warnstufen“ durchlaufen hat, um die vorgesehenen Punktereduzierungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen bzw. sein Verhalten rechtzeitig zu ändern.
13Vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Februar 2013 - 10 S 82/13 -, NJW 2013, 1383 ff. = juris Rn. 7 (noch zu § 4 Abs. 5 StVG a.F.).
14Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber diese dem alten System innewohnende „Warn-“ bzw. „Erziehungsfunktion“ mit der Änderung des § 4 StVG aufgegeben haben könnte, lassen sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung entnehmen.
15Vgl. u. a. BT-Drs. 17/12636 S. 18 („Die … Ermahnungen und Verwarnungen unterstreichen den Erziehungscharakter des Fahreignungs-Bewertungssystems …“) und S. 19 („Mit dem System wird die Gleichbehandlung aller auffälligen Verkehrsteilnehmer sichergestellt. Es ermöglicht dem Betroffenen, sein Fehlverhalten möglichst frühzeitig selbst zu überprüfen und zu korrigieren und damit einen Punkteanstieg zu vermeiden, so dass es gar nicht erst zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommt.“).
16Ausgehend hiervon beläuft sich der Punktestand des Antragstellers auf 7 Punkte. Dies ergibt sich im Einzelnen wie folgt:
17Der Punktestand des Antragstellers vor dem 1. Mai 2014, der sich aus den bis zum Ablauf des 30. April 2014 im Verkehrszentralregister gespeicherten Entscheidungen nach § 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StVG a.F. ergab, belief sich auf 14 Punkte. Dementsprechend wurde der Antragsteller gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG ab dem 1. Mai 2014 mit 6 Punkten in das Fahreignungs-Bewertungssystem eingeordnet.
18Die Verkehrsverstöße des Antragstellers vom °°. Juli 2013 (rechtskräftig seit dem °°. Juni 2014) und vom °°. August 2013 (rechtkräftig seit dem °°. April 2014) wurden erst nach dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert und gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 3 StVG daher nach der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Rechtlage jeweils mit 1 Punkt bewertet.
19Nach den oben skizzierten Grundsätzen, d. h. unter Berücksichtigung des Tattagprinzips, hat sich für den Antragsteller damit bereits ein Stand von 8 Punkten ergeben, bevor ihm die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG zwingend vorgesehene Verwarnung des Antragsgegners vom 25. Juni 2014, zugestellt am 1. Juli 2014, zugegangen war. Damit greift zugunsten des Antragstellers die Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG. Erreicht der Inhaber einer Fahrerlaubnis 8 Punkte, ohne dass die Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG zuvor ergriffen wurde, verringert sich der Punktestand nach dieser Bestimmung kraft Gesetzes auf 7 Punkte. Seither sind – soweit ersichtlich – keine weiteren rechtkräftig geahndeten Verkehrsverstöße des Antragsstellers mehr erfolgt.
20Der Anwendung des § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG n.F. steht es im Übrigen mangels abweichender Übergangsregelung in § 65 Abs. 3 Nr. 5 und 6 StVG nicht entgegen, dass sämtliche bewertete Verkehrsverstöße des Antragstellers noch vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. Mai 2014 begangen wurden.
21Erweist sich damit die Entziehung der Fahrerlaubnis als offensichtlich rechtswidrig, ist bezüglich der Ziffer 1 der Ordnungsverfügung die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers anzuordnen; hinsichtlich der Ziffern 2 bis 5 der Verfügung gilt nichts anderes, da sowohl die Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheins als auch die Zwangsgeldandrohung und die Gebühren- und Auslagenfestsetzung bei Rechtswidrigkeit der Grundverfügung isoliert keinen Bestand haben werden.
22Da der Antragsteller seinen Führerschein bereits abgegeben hat, ist dieser ihm vorläufig wieder auszuhändigen (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO).
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
24Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht mit 2.500 € der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen; danach ist der Streitwert eines Klageverfahrens, das die Entziehung einer Fahrerlaubnis betrifft - ungeachtet der im Streit stehenden Fahrerlaubnisklassen - nach dem Auffangwert zu bemessen (vgl. Beschluss vom 4. Mai 2009 - 16 E 550/09 -, juris). In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist dieser Wert zu halbieren; hinzu kommt 1/4 der Gebühren und Auslagen (vgl. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013). Der auf die Aushändigung des Führerscheins gerichtete (Annex-)Antrag wirkt sich demgegenüber mangels selbstständiger Bedeutung nicht streitwerterhöhend aus; auch das in dem Bescheid neben der Grundverfügung zugleich angedrohte Zwangsgeld bleibt für die Streitwertfestsetzung außer Betracht (vgl. Nr. 1.1.1 und Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs).
(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.
(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.
(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.
(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.
(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.
(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.
(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen
- 1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder - 2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.