Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 26. Jan. 2015 - B 5 K 14.30157

published on 26/01/2015 00:00
Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 26. Jan. 2015 - B 5 K 14.30157
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Gericht

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Tenor

1. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien in Bezug auf Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... wird das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

2. Ziffer 1 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... wird aufgehoben.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind russische Staatsangehörige mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Mit ihrer Klage wenden sie sich zuletzt gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... abgelehnte Durchführung ihrer Asylverfahren.

Die Kläger reisten am 15. Mai 2013 von Frankreich kommend ins Bundesgebiet ein und beantragten am 24. Mai 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Dabei gaben sie an, dass sie von Deutschland nach Polen zurückkehren sollen. Da es dort für Flüchtlinge sehr gefährlich sei, seien sie nach Frankreich gereist, wo sie 2 Jahre geblieben seien. Seit Oktober 2012 hätten ihre Kinder dort die Schule nicht mehr besuchen dürfen, sie seien daher wieder nach Deutschland gegangen.

In den Bundesamtsakten befinden sich zwei Schreiben der Préfecture de Police Paris vom 25. Oktober 2012, gerichtet an die Kläger zu 1 bzw. 2, worin ausgeführt wird, dass die Kläger am 18. Januar und nochmals am 16. August 2012 in Frankreich einen Asylantrag gestellt hätten. Für die Kläger finden sich weiterhin EURODAC-Treffer hinsichtlich Polen und Frankreich sowie Unterlagen über eine erkennungsdienstliche Behandlung mit dem Datum 10. November 2010.

Am 14. Oktober 2013 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Übernahmeersuchen nach Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO). Die Behörden Polens widersprachen der beantragten Übernahme unter dem 16. Oktober 2013 mit dem Hinweis, dass aufgrund des Fristablaufs für die Überstellung der von Frankreich beantragten Überstellung nach Polen die Zuständigkeit für die Prüfung der Asylbegehren nunmehr auf Frankreich übergegangen sei. Daraufhin stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter dem 14. November 2013 ein Übernahmeersuchen an die französischen Behörden unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-II-VO. Eine Antwort erfolgte nicht. Am 24. Januar 2014 folgte ein Schreiben an die französischen Behörden, dass aufgrund Art. 18 Abs. 7 bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin-II-VO das Übernahmeersuchen als angenommen gelte. Eine Äußerung ging nicht ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... wurde eine Prüfung der Asylanträge unter Hinweis auf die Zuständigkeit Frankreichs abgelehnt. Die Abschiebung nach Frankreich wurde angeordnet. Die Wiederaufnahmepflicht Frankreichs ergebe sich aus Art. 20 Abs. 1 lit. a i. V. m. lit. b, c, d Dublin-II-VO. Außergewöhnliche humanitäre Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO führen würden, seien nicht ersichtlich. Es lägen keine Gründe zur Annahme systemischer Mängel im französischen Asylverfahren vor. Die sofort vollziehbare Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 71 Abs. 4 i. V. m. § 34a Abs. 1 Satz 1 und 3 AsylVfG.

Mit einem am 13. März 2014 bei Gericht eingegangenen Schreiben vom 12. März 2014 erhoben die Kläger Klage gegen den Bescheid vom 26. Februar 2014 und beantragten zunächst, diesen Bescheid aufzuheben und die Beklagte anzuweisen, die erneuten Anträge auf Durchführung von Asylverfahren zu bearbeiten.

Die Bevollmächtigte der Kläger führte unter dem 1. April 2014 aus, dass die Beklagte keine Ermittlungen dahingehend angestellt habe, ob ein Voraufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat vorgelegen habe. Die Zustimmung Frankreichs könne daher nicht fingiert werden. Es stehe nicht fest, dass ein Asylverfahren in Frankreich durchzuführen wäre. Die Kläger würden ins Ungewisse hinein abgeschoben.

Mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hat die Beklagte

Klageabweisung beantragt.

Der zeitgleich mit der Klage gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wurde mit Beschluss des Gerichts vom 7. Mai 2014 abgelehnt (Verfahren B 5 S 14.30156).

Auf gerichtliche Anfrage teilte die Beklagte unter dem 25. November 2014 mit, dass die Überstellungsfrist bereits am 26. Juni 2014 abgelaufen sei. Der Mitgliedsstaat sei von der Hemmung der Überstellungsfrist aufgrund des Eilantrags nicht unterrichtet worden. Insofern werde Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids aufgehoben. Der Ablauf der Überstellungsfrist allein rechtfertige nicht eine Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheids. Wenn ein früheres Asylverfahren in einem Mitgliedsstaat erfolglos abgeschlossen sei, bringe die Aufhebung der Ziffer 1 keinen rechtlichen Vorteil, es fehle am Rechtsschutzbedürfnis. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine Umdeutung vor, denn das Bundesamt könne einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form erlassen.

Mit Beschluss der Kammer vom 9. Dezember 2014 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen.

Unter dem 19. Dezember 2014 ergänzte die Beklagte, dass mit dem Zuständigkeitswechsel nunmehr gemäß § 51 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ein Wiederaufgreifen des Verfahrens geprüft werde. Wenn dies ergeben sollte, dass keine Wiederaufgreifensgründe vorliegen, wäre Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids aufrechtzuerhalten und die Klage nach wie vor erfolglos. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2014 erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Verfahren betreffend Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids für erledigt.

In der mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2015 hat die Klägerbevollmächtigte abschließend beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... in Ziffer 1 aufzuheben

und hat hinsichtlich Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids das Verfahren für erledigt erklärt.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. Januar 2015 Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Behörden- und die Gerichtsakten verwiesen.

Gründe

1. Soweit die Parteien das Verfahren für erledigt erklärt haben, ist es in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

2. Hinsichtlich des weiter aufrechterhaltenen Klageantrags zu Ziffer 1 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... hat die zulässige Klage Erfolg. Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) als rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a. Die sechsmonatige Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d Dublin-II-VO bzw. Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO, innerhalb der die Beklagte eine Überstellung der Kläger nach Frankreich zur Durchführung ihrer Asylverfahren zu veranlassen gehabt hätte, ist unstreitig abgelaufen. Damit ist ein Zuständigkeitsübergang für die Bearbeitung der Asylbegehren der Kläger auf die Beklagte erfolgt. Die Abweisung der Asylbegehren der Kläger kann damit nicht mehr mit der im Bescheid ausgeführten Begründung der fehlenden Zuständigkeit der Beklagten erfolgen. Aber auch aus anderen Gründen erweist sich Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids derzeit nicht als rechtmäßig, da im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Asylbegehren noch nicht getroffen worden ist, noch nicht einmal dahingehend, ob die Voraussetzungen nach § 51 VwVfG vorliegen. Dass sich der ursprünglich zuständige Mitgliedsstaat Frankreich trotz Fristablaufs zur Übernahme der Kläger bereit erklärt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil haben sich die französischen Behörden im laufenden Asylverfahren der Kläger weder geäußert noch hat die Beklagte nach Klageerhebung erneut Kontakt aufgenommen mit den französischen Behörden. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung muss daher davon ausgegangen werden, dass die französischen Behörden eine Übernahme der Kläger verweigern werden.

b. Bei den Vorschriften der Dublin-VOen handelt es sich um objektive Zuständigkeitsvorschriften, die grundsätzlich keine subjektiven Rechte der Asylsuchenden begründen. Vorliegend geht es aber nicht mehr um die Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates. Die Beklagte hat nunmehr vorgetragen, dass die Begehren der Kläger unter dem Gesichtspunkt eines Wiederaufgreifens nach § 51 VwVfG geprüft würden. Eine Entscheidung in diesem - außerhalb des gerichtlichen Verfahren betriebenen - Verfahren, die Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids als im Ergebnis rechtmäßig erscheinen lassen würde, ist bislang nicht erfolgt, so dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin von der Rechtswidrigkeit des Bescheids auszugehen ist (wird sogleich ausgeführt). Die Kläger können sich auch darauf berufen. Denn Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids stellt für sie eine belastende Entscheidung dar, die derzeit nicht der objektiven Rechtslage entspricht.

c. Ziffer 1 des Bescheids vom ... ist rechtswidrig. Dabei kann zunächst dahingestellt bleiben, ob das Begehren - wie vom Bundesamt ausgeführt - an § 71 AsylVfG zu messen war, denn schlussendlich hat das Bundesamt wiederum auf die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin-II-VO zurückgegriffen, ohne dass die Voraussetzungen des § 71 AsylVfG bei der Prüfung eine Rolle gespielt hätten. Richtigerweise wäre wohl auf § 27a AsylVfG abzustellen gewesen. Aufgrund des Fristablaufs nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO ist nunmehr die Bundesrepublik Deutschland zur Durchführung der Asylverfahren der Kläger zuständig geworden (siehe oben a.). Nach § 71a AsylVfG ist ein weiteres Asylverfahren nach Abschluss eines erfolglosen Asylverfahrens in einem Drittstaat nur dann durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (dies ist vorliegend der Fall, siehe oben a.) und wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegen belastbare Ermittlungen hinsichtlich der Verfahren der Kläger in Polen bzw. Frankreich nicht vor. Außerdem hat eine Anhörung der Kläger durch die Beklagte hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 VwVfG offensichtlich noch nicht stattgefunden, eine Entscheidung wurde noch nicht getroffen. Insoweit ist derzeit offen, ob ein Asylverfahren durchgeführt wird, in dem die Asylgründe der Kläger in materieller Hinsicht geprüft werden. Eine Umdeutung, wie im Schreiben des Bundesamtes vom 25. November 2014 ausgeführt, ist aufgrund der unterschiedlichen Verfahrensweise und des Prüfungsumfangs nicht möglich (vgl. hierzu VG Regensburg vom 14. November 2014, Az. RN 5 K 14.30304). Ob die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG vorliegen und ob insbesondere das Asylbegehren der Kläger Erfolg haben wird, ist bislang von Seiten der Beklagten nicht geprüft bzw. entschieden worden. Die Beklagte hat ihren ablehnenden Beschied lediglich auf ihre fehlende Zuständigkeit gestützt. Die grundsätzliche Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung greift nicht, denn den Klägern würde eine Tatsacheninstanz mit umfangreichen Verfahrensgarantien vorenthalten (vgl. BayVGH, U. v. 28. Februar 2014, Az. 13a B 13.30295, Rn. 22 - juris - m. w. N.).Dies widerspricht aber § 71a Abs. 1 AsylVfG a.E., wonach das Bundesamt die Prüfung vorzunehmen hat. Ziffer 1 des Bescheids vom 26. Februar 2014 erweist sich somit als rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit dieses Bescheids ist von den Klägern auch nicht mit dem Argument hinzunehmen, dass möglicherweise eine weitere Prüfung, von der weder der zeitliche Rahmen noch das Ergebnis bekannt sind, zu dem Ergebnis führen könnte, dass die Kläger weder einen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling oder Asylberechtigter noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes oder Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots hätten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 und § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 14/11/2014 00:00

Tenor I. Der Bescheid vom 04.03.2014, Aktenzeichen 565###9 - 272, wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Gerichtskosten werd
published on 28/02/2014 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Siche
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Annotations

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.