Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 06. Mai 2015 - B 3 K 14.30491

bei uns veröffentlicht am06.05.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, der in ... geboren wurde und dem Volk der Roma angehört, lebte nach seinen Angaben bis zu seiner Ausreise in .... Er verließ zusammen mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn (Kläger im Verfahren B 3 K 14.30493) am ...2014 sein Heimatland und stellte am ...2014 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am ...2014 gab er im Wesentlichen an, er habe Probleme wegen seiner Volkszugehörigkeit gehabt. Er sei schon als kleiner Junge gehänselt worden. Er habe seit seinem 11. Lebensjahr Roh- und Wertstoffe gesammelt. Sozialhilfe habe er nicht beantragt. Er sei häufig überfallen worden, wenn er Rohstoffe gesammelt habe. Seine Lebensgefährtin (Klägerin im Verfahren B 3 K 14.30493) sei von Albanern belästigt worden, wenn er das Haus verlassen habe. Sie sei, als sie im siebten Monat schwanger war, angegriffen worden, weshalb es zu einer Frühgeburt gekommen sei. Die Angriffe habe er bei der Polizei nicht angezeigt, weil er davon ausgehe, dass die albanische Polizei die Albaner nicht bestrafen würde.

Mit Bescheid vom 26.11.2014, der laut Postzustellungsurkunde am 04.12.2014 zugestellt wurde, wurden der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Antrag auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Nrn. 1 und 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Nr. 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung in den Kosovo oder nach Serbien angedroht (Nr. 5). Auf die Begründung des Bescheids wird verwiesen.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 11.12.2014 Klage erheben und beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26.11.2014 zu verpflichten, für den Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise feststellen, dass der Kläger subsidiären Schutz gem. § 4 AsylVfG genießt, weiter hilfsweise festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger werde als Angehöriger des Volkes der Roma im Kosovo genauso wie in Serbien systematisch aus der Gesellschaft ausgegrenzt und diskriminiert. Hiergegen sei der Staat machtlos bzw. nicht willens Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Der Kläger habe Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Verwiesen wurde auf ein Urteil des VG Stuttgart vom 25.03.2014 - A 11 K 5036/13 - betreffend das Land Serbien. Weiter lägen Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 7 AufenthG sowohl hinsichtlich Serbien als auch dem Kosovo vor. Bei einer Rückkehr in den Kosovo oder nach Serbien stünde der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohne Einkünfte und Wohnraum sowie Zugang zur Gesundheitsversorgung dar. Er habe eine Frau und ein 1,5 Jahre altes Kind sowie ein Neugeborenes zu versorgen. Er habe keinen Familienanschluss und habe sich im Kosovo mit der Sammlung von Metallresten und Wertstoffen unzureichend am Leben halten können. Selbst wenn er eine Tätigkeit wieder aufnehmen könnte, würde er damit nicht eine vierköpfige Familie unterhalten können. Der Bescheid des Bundesamtes würdige nicht das individuelle Schicksal des Klägers und verkenne seine besondere Situation als Familienernährer mit zwei Kleinkindern. Es sei schon zweifelhaft, ob der Kläger eine staatliche Registrierung am Wohnort erreichen könne und damit Zugang zu sozialen Leistungen erlange. Roma gelänge es im täglichen Leben kaum soziale Leistungen zu erhalten. Außerdem reiche das Sozialhilfeniveau im Kosovo kaum aus, um die Grundversorgung zu sichern. Es sei quasi ausgeschlossen, dass der Kläger in absehbarer Zeit Arbeit im Kosovo finden könnte. Ferner stünde kein Wohnraum im Kosovo zur Verfügung. Die aufgezählten Gefahren seien für Serbien ebenso einschlägig. Dem Kläger und seiner Familie drohe dort vollkommene Verelendung. Menschenwürdige Umstände seien für Roma in Serbien nicht zu erwarten. Der Kläger erhalte zudem nur schwer Zugang zum Gesundheitswesen in Serbien. Genauso sei der Zugang zur Krankenversicherung für Roma in Serbien eine große Hürde. Selbst wenn er in Serbien Krankenversicherungsschutz erreichen könnte, seien die notwendigen Behandlungen für ihn nicht verfügbar, da er die Kosten hierfür nicht tragen könne. Weiter wurde auf eine Entscheidung des VG Stuttgart vom 28.05.2014 - A 12 K 4301/12 - verwiesen. Auf die umfangreiche Begründung mit den Anlagen 1 bis 12 wird im Übrigen verwiesen.

Mit Beschluss vom 22.12.2014 wurde im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Az. B 3 S 14.30490) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes insoweit angeordnet, als dort in Ziffer 5 die Abschiebung des Klägers nach Serbien angedroht wurde. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 23.12.2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Schreiben vom 02.02.2015 hob die Beklagte die Abschiebungsandrohung nach Serbien auf. Nach übereinstimmender Erledigterklärung im Hinblick auf den aufgehobenen Teil des streitgegenständlichen Bescheids, wurde mit Beschluss vom 25.02.2015 von dem Klageverfahren das Verfahren abgetrennt, soweit es die Abschiebungsandrohung nach Serbien betraf und unter dem Az.: B 3 K 15.30124 eingestellt.

Mit Beschluss der Kammer vom 08.04.2015 wurde der Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Für den Ablauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Eilverfahrens B 3 S 14.30490 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AsylVfG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG in seiner Person vor. Der angefochtene Bescheid ist - nachdem die Abschiebeandrohung nach Serbien von der Beklagten aufgehoben wurde - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3 c Nr. 1 AsylVfG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3 c Nr. 2 AsylVfG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3 c Nr. 3 AsylVfG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3 e Abs. 1 AsylVfG).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Das Gericht verweist auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Ergänzend ist zum Klageverfahren auszuführen:

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 6.05.2015 angegeben sein Heimatland wegen der dort herrschenden schwierigen Lebensumstände verlassen zu haben. Unter dieser schwierigen wirtschaftlichen Lage hat jedoch der Großteil der Bevölkerung im Kosovo zu leiden. Sie stellt insbesondere (offensichtlich) keinen flüchtlingsrelevanten Grund dar.

Soweit der Kläger beim Bundesamt von Übergriffen „der Albaner“ berichtete, hatte er in der mündlichen Verhandlung auch auf mehrmaliges Nachfragen der Einzelrichterin hiervon Nichts angegeben. Ein Übergriff auf seine Lebensgefährtin, weswegen sie eine Frühgeburt gehabt haben soll, kam nicht zur Sprache. Vielmehr berief sich der Kläger nun auf eine mangelnde Behandlung der Schwangerschaft seiner Lebensgefährtin im Krankenhaus in Fushe-Kosovo. Selbst wenn sich jedoch Übergriffe oder Belästigungen ereignet haben sollten, so stellen diese kriminelles Unrecht dar. Hiergegen steht dem Kläger der Schutz der Sicherheitskräfte im Kosovo zur Verfügung, wie das Bundesamt in seinem Bescheid vom 26.11.2014 ausführlich darlegt. Nach eigenen Angaben beim Bundesamt hat sich der Kläger jedoch gar nicht an die Sicherheitskräfte gewandt.

Der Kläger hat auch im Falle seiner Rückkehr in den Kosovo keine Gruppenverfolgung als Volkszugehöriger der Roma zu befürchten. Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgung von Roma im Kosovo mit der dafür erforderlichen Verfolgungsintensität und Verfolgungsdichte ergeben sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kosovo vom 25.11.2014, Stand: September 2014). Roma sind im Kosovo als Minderheit anerkannt. Sie genießen verfassungsmäßig weitreichende Rechte. Gemäß Art. 78 der Verfassung sind 20 der 120 Parlamentssitze für die nicht-albanischen Minderheiten (Serben 10, Türken 2, Bosniaken 3, Goranen 1 und RAE-Roma/Ashkali/Ägypter 4) garantiert. Laut Artikel 81 der Verfassung bedarf es bei der Verabschiedung wichtiger Gesetze nicht nur der Mehrheit aller Abgeordneten, sondern getrennt davon auch der Mehrheit der Abgeordneten, die Minderheiten vertreten. Die Regierung tritt öffentlich für Toleranz und Respekt gegenüber den RAE ein. Gesetzliche Bestimmungen gelten für alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen. In der kosovarischen Öffentlichkeit wirbt die Regierung regelmäßig dafür, dass das kulturelle Erbe der Roma-Gemeinschaften von allen Kosovaren zu respektieren, zu schützen und zu unterstützen sei. Die im Februar 2009 verabschiedete Regierungsstrategie „Strategy of the Integration of Roma, Ashkali and Egyptian Communities in the Republic of Kosovo 2009 - 2015“) hat Nachteile für Angehörige der Roma-Gemeinschaften unter anderem beim Zugang zu Personenstandsdokumenten, Wohnraum, Arbeit, staatlichen Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung und Bildung identifiziert. Roma haben - wie alle im Kosovo lebenden Personen - die Möglichkeit, sich in ihrer Herkunftsgemeinde registrieren zu lassen. Es wird durch das „Civil Rights Program Kosovo“ eine kostenlose Rechtsberatung und Unterstützung unter anderem bei der Registrierung - vor allem für Flüchtlinge und Angehörige von Minderheiten ohne Dokumente - angeboten (Lagebericht a. a. O. S. 11). Die Lebensbedingungen der Roma in den ländlichen Gebieten sind oftmals vergleichbar mit denen der albanischen Bevölkerung. Dass dennoch Angehörige der Roma durch ihre Lebensweise, mangelnde Integration oder auch Unsicherheitsgefühle und mangelndes Vertrauen gegenüber kosovarischen Behörden in besonderer Weise betroffen sein könnten, führt nicht zur Annahme einer Gruppenverfolgung (vgl. VG Würzburg, U. v. 28.12.2012 - W 1 K 11.30177 -; U. v. 28.10.2011 - W 1 K 11.30099 -; B. v. 3.4.2014 - W 1 S 14.30293 -; VGH B.-W. v. 4.2.2010 - A 11 S 331/07 - alle juris).

Weiterhin führt das Bundesamt in seinem Bescheid zutreffend aus, dass dem Kläger auch eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stünde, um den behaupteten Problemen mit den „Albanern“ zu entgehen. Unter der Voraussetzung, dass er sich an diesem neuen Wohnsitz registrieren lässt, hat er sowohl Zugang zu Sozialhilfe, so dass sein Existenzminimum sowie das seiner Familie gesichert ist, als auch zur notwendigen medizinischen Versorgung.

2. Auch soweit der subsidiäre Schutzstatus (§ 4 AsylVfG) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Kosovo nicht zuerkannt wurden, erfolgte dies in rechtmäßiger Weise. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die umfangreichen und zutreffenden Ausführungen des Bundesamtes im Bescheid vom 26.11.2014 verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Zum gerichtlichen Verfahren ist noch auszuführen, dass die Voraussetzungen eines Abschiebeverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, auch im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerbevollmächtigten, nicht festgestellt werden können. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebeschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten.

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs kann dem Kläger Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht gewährt werden, denn eine besondere individuelle Situation liegt bei ihm nicht vor. Dass er Vater und Ernährer einer Familie ist, verleiht ihm offensichtlich keine individuelle Situation. Die von ihm aufgezeigten Sicherheitsprobleme und schlechten Lebensbedingungen treffen unstreitig für eine Vielzahl weiterer Personen im Kosovo zu, insbesondere auch für Volkszugehörige der Roma.

Eine extreme allgemeine Gefahrenlage, bei der Abschiebeschutz gewährt werden müsste (vgl. BVerwG v.17.10.1995, BVerwGE 99, 324 ff.) liegt nicht vor. Der Kläger hat bislang im Kosovo mit eigener Arbeitskraft den Lebensunterhalt für die Familie bestritten. Warum dies nun nicht mehr möglich sein soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Immerhin konnte die Familie von dem erwirtschafteten Geld sogar - mindestens - 1.000 EUR für ihre Ausreise ansparen. Der Kläger kann auch für den Fall, dass er keine Arbeit findet, Sozialhilfe beziehen. Zwar sind nach wie vor viele Angehörige der Roma im Kosovo nicht registriert bzw. besitzen keine oder nur unvollständige Personenstandsurkunden. Sie haben jedoch - wie alle im Kosovo lebenden Personen - die Möglichkeit, sich in ihrer Herkunftsgemeinde registrieren zu lassen. Das „Civil Rights Program Kosovo“, eine NRO bietet kostenlose Rechtsberatung und Unterstützung - unter anderem bei der Registrierung - vor allem für Flüchtlinge und Angehörige von Minderheiten ohne Dokumente an (vgl. Lagebericht a. a. O. S. 11). Weiter prüft das kosovarische Innenministerium vor seiner Zustimmung zu einer Rückführung aus Drittstaaten anhand von Dokumenten, bestehenden Registereinträgen und/oder Zeugenaussage die genaue Herkunft einer Person aus Kosovo. Daher ist davon auszugehen, dass in Rückführungsfällen die formellen Voraussetzungen für die Registrierung als „Resident of Kosovo“ erfüllt werden (Lagebericht a. a. O. S. 19).

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung angab, keine Wohnung mehr im Kosovo zu haben, weil das von ihnen bis zuletzt bewohnte Haus mittlerweile abgerissen worden sein soll, kann auch dieser Umstand kein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG oder nach § 60 Abs. 5 AufenthG begründen. Der Kläger sowie seine Lebensgefährtin verfügen im Kosovo noch über familiären Rückhalt. So gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung an, dass noch ein Onkel, zwei Cousins, drei Brüder und seine Mutter im Kosovo leben. Weiter leben noch die Eltern seiner Lebensgefährtin im Kosovo. Bei einer Rückkehr könnte der Kläger mit seiner Familie zumindest für eine Übergangszeit bei dem Familienkreis unterkommen, bis er für sich und seine Familie eine eigene Bleibe findet. Denn Wohnraum steht im Kosovo - wenn auch mitunter auf niedrigem Standard - ausreichend zur Verfügung (Lagebericht a. a. O., S. 20). Nur hilfsweise wird weiter darauf hingewiesen, dass die kosovarische Regierung Notunterkünfte für die vorübergehende Unterbringung von Rückkehrern anbietet (Lagebericht a. a. O., S. 20).

3. Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung in den Kosovo - nach der Aufhebung der Abschiebungsandrohung nach Serbien - im Hinblick auf § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Der Kläger ist in ... geboren und hat dort auch bis zuletzt gelebt, so dass die Zielstaatsbestimmung hinsichtlich Kosovo zutreffend gewählt wurde. Das Bundesamt hat in seinem Bescheid im Hinblick auf das Land Kosovo auch Abschiebungsverbote geprüft (vgl. hierzu: VGH Baden-Württemberg, B. v. 22.07.2008 - 11 S 1771/08 - juris Rn. 6).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. August 2006 - A 2 K 11717/04 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 1, hilfsweise Abs. 7 AufenthG.
Die 1950 geborene Klägerin stammt aus dem Kosovo und ist nach eigenen Angaben Angehörige der Volksgruppe der Roma und muslimischen Glaubens. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, geb. 1990 und 1992 (das Berufungsverfahren des Sohnes G. wurde vom erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen A 11 S 332/07 mit Beschluss vom heutigen Tag entschieden; das Berufungsverfahren der Tochter wurde nach Klagerücknahme abgetrennt und mit Beschluss vom 17.08.2009 - A 6 S 1815/09 - eingestellt). Im Mai 1992 reiste die Klägerin mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann nach Deutschland ein und beantragte die Gewährung von Asyl. Nachdem die Ladung zur Anhörung nicht zugestellt werden konnte, wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte mit bestandskräftigem Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; im Folgenden: Bundesamt) vom 12.11.1993 abgelehnt. Zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und der Klägerin die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien angedroht. Im Rahmen der Begründung wurde davon ausgegangen, die Klägerin sei albanische Volkszugehörige.
Am 18.01.2000 stellte die Klägerin beim Bundesamt einen Asylfolgeantrag, den sie damit begründete, sie gehöre der Volksgruppe der Roma an, was nach ihrer Erinnerung im früheren Verfahren nicht deutlich gemacht worden sei. Vom serbischen Regime seien sie als Albanerin angesehen worden und deswegen Verfolgungen ausgesetzt gewesen. Seit dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen würden die im Kosovo lebenden Roma zunehmend von der albanischen Bevölkerung verfolgt, misshandelt und zum Teil getötet. Auch im übrigen Jugoslawien sei mit asylerheblicher Verfolgung zu rechnen. Sie spreche sowohl die albanische Sprache als auch Romanes. Ausweislich der vorgelegten Bestätigung von Herrn N.v.H. sei sie Angehörige der Volksgruppe der Roma. Hinzu komme, dass sie, wie ein Krankenhausbericht belege, an mehreren Erkrankungen - u.a. Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie und posttraumatische Belastungsstörung - leide, deren Behandlung insbesondere im Kosovo nicht gewährleistet sei.
Mit Bescheid vom 15.07.2004 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung des Bescheids vom 12.11.1993 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab und drohte der Klägerin die Abschiebung nach Serbien und Montenegro an: Die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG seien nicht erfüllt. Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Roma habe die Klägerin politische Verfolgung weder im Kosovo noch im übrigen Serbien und Montenegro zu befürchten. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zu § 53 AuslG seien ebenfalls nicht gegeben. Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG lägen nach wie vor nicht vor. Die allgemeine Situation der Roma, Ashkali und Ägypter im Kosovo stelle keine extreme konkrete Gefährdung für jeden Einzelnen im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG dar. Abschiebungshindernisse ergäben sich schließlich auch nicht aus den gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin unter mehreren medikamentös behandlungsbedürftigen chronischen Beeinträchtigungen leide und daneben auch im neurologisch-psychiatrischen Bereich Beeinträchtigungen bestünden. Insbesondere das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung sei allerdings nicht hinreichend belegt worden. Im Kosovo sei nach den vorliegenden Auskünften sowohl eine antidepressive medikamentöse Behandlung als auch eine ärztliche bzw. nervenärztliche Behandlung möglich. Auch die chronischen Erkrankungen (Diabetes mellitus und Hypertonie) seien nach Auskunftslage ausreichend behandelbar; die erforderlichen Medikamente seien verfügbar und erhältlich. Ein Anspruch auf eine bestimmte, den hiesigen Verhältnissen entsprechende Behandlung bestehe grundsätzlich nicht. Auch Roma und Ashkali hätten unbeschränkten Zugang zum Gesundheitssystem.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.08.2004 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben, mit der sie sich darauf beruft, dass sie als Angehörige der Volksgruppe der Roma aus dem Kosovo vertrieben worden sei. Unter den Folgen des Fluchttraumas leide sie noch heute. Es sei davon auszugehen, dass Angehörige der Roma nach wie vor mit Verfolgung und Vertreibung rechnen müssten, ohne dass auch seitens internationaler Organisationen ausreichender Schutz gewährt werden könne. Ausweislich der vorgelegten Atteste und Stellungnahmen leide sie an zahlreichen Erkrankungen und sei deswegen schwerbehindert. Zuletzt habe sie sich einer Herzkatheteruntersuchung unterziehen müssen. Es seien unter anderem eine Aortenstenose, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus festgestellt worden. Eine adäquate Behandlung der Mehrfacherkrankungen sei im Kosovo nicht möglich. Zum einen existiere im Kosovo keine ausreichende Gesundheitsversorgung, zum anderen sei Angehörigen der Roma der Zugang zur rudimentären medizinischen Versorgung nicht möglich. Die Behandlung von Diabetes mellitus sei im Kosovo nicht finanzierbar. Sie leide außerdem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, die im Kosovo nach den vorliegenden Auskünften und Stellungnahmen ebenfalls nicht adäquat behandelbar sei.
Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid entgegengetreten.
Mit Urteil vom 21.08.2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin keine tatsächlichen Umstände geltend gemacht habe, aus denen sich eine individuelle politische Verfolgung ergeben könnte. Sie unterliege im Kosovo auch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit keiner politischen Gruppenverfolgung. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG seien nicht erfüllt. Es sei davon auszugehen, dass Angehörige der Minderheiten der Ashkali und „Ägypter“ im allgemeinen aufgrund der von UNMIK und KFOR eingeleiteten Maßnahmen vor Verfolgung effektiv geschützt seien, soweit nicht individuelle tatsächliche Umstände dagegen sprächen. Dabei gehe das Gericht auf der Grundlage der Angaben der Klägerin im Erstverfahren sowie im vorliegenden Verfahren davon aus, dass sie der Volksgruppe der Roma im weiteren Sinne und darunter den Ashkali zuzurechnen sei. Sie sei muslimischen Glaubens, spreche albanisch und besitze einen albanischen Namen. Unter den Roma, die den Albanern nahe stünden, sei sie den sogenannten Ashkali zuzuordnen, weil nicht erkennbar sei, dass sie eine Roma-Identität besitze, denn sie habe sich in den bisherigen Verfahren als Albanerin bezeichnet. Als Ashkali sei sie vor nicht-staatlicher Verfolgung hinreichend geschützt. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG lägen nicht vor. Aus den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attesten und ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung ergebe sich nicht, dass bei ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt krankheitsbedingte Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Die Krankheiten seien zum einen - Diabetes mellitus II, arterielle Hypertonie und die aus der Aortenstenose resultierende Herzinsuffizienz - nach den vorliegenden Erkenntnissen im Kosovo behandelbar, zum anderen - cerebrale Durchblutungsstörungen, die zu Kopfschmerzen und Schwindel führten - sei keine erhebliche konkrete Gefahr ersichtlich. Die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Ashkali führe zu keiner anderen Einschätzung; das öffentliche Gesundheitssystem stehe ausweislich der Auskunftslage allen Ethnien offen. Soweit der Klägerin psychische Erkrankungen attestiert worden seien, entsprächen die vorgelegten Atteste bereits nicht den Mindestanforderungen für den Nachweis psychischer Erkrankungen. Auch diene der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern, vielmehr müsse sich ein Ausländer auf den Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen. Für Angehörige der Ashkali seien auch aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse im Kosovo die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt. Eine extreme allgemeine Gefahrenlage, die die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG überwinden könnte, könne auch für die Minderheit der Ashkali nicht angenommen werden.
Auf Antrag der Klägerin hat der 6. Senat des erkennenden Gerichtshofs mit Beschluss vom 22.05.2007 - A 6 S 1051/06 - die Berufung zugelassen, soweit die Verpflichtungsklage auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 bzw. 7 AufenthG abgewiesen worden ist. Die Berufung sei zwar nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die in der Antragsbegründung aufgeworfenen Fragen keiner fallübergreifenden Klärung zugänglich seien. Es liege jedoch mit dem geltend gemachten Gehörsverstoß ein die Berufung eröffnender Verfahrensmangel vor. Das Verwaltungsgericht habe das Vorbringen der Klägerin in ihrem Asylfolgeantrag, wonach sie der Volksgruppe der (ethnischen) Roma angehöre und sowohl albanisch als auch Romanes spreche sowie die hierzu beigefügte Bestätigung erkennbar nicht oder jedenfalls nur unvollständig in seine Würdigung des Sachverhalts einbezogen. Das übergangene Vorbringen sei auch entscheidungserheblich, weil das Nichtvorliegen der (tatbestandlichen) Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 und 7 AufenthG maßgeblich damit begründet worden sei, dass die Klägerin gerade der Roma-Untergruppe der Ashkali angehöre.
Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen aus, dass sie der Volksgruppe der Roma angehöre und wegen dieser Volkszugehörigkeit bei Rückkehr in den Kosovo mit Übergriffen durch die albanische Mehrheit rechnen müsse, ohne dass ihr durch staatliche oder internationale Organisationen hiergegen Schutz gewährt werden könnte. Sie sei vor ihrer Flucht bereits Angriffen und Misshandlungen durch Albaner und Serben ausgesetzt gewesen, die ihre Ursache in ihrer Volkszugehörigkeit gehabt hätten. Es habe sich um ethnisch motivierte An- und Übergriffe im Jahre 1990 gehandelt. Gegenüber der Minderheit der Roma bestehe seitens der albanischen Bevölkerungsmehrheit weiterhin eine latente Pogromstimmung, gegen die kein Schutz zu erlangen sei. Wegen der Übergriffe der albanischen und serbischen Bevölkerung vor ihrer Flucht leide sie unter anderem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, was durch die Vorlage entsprechender Atteste belegt worden sei. Insoweit sei bei einer Rückkehr von einer Retraumatisierung auszugehen. Die Erkrankung sei im Kosovo zudem nicht behandelbar. Hinzu kämen weitere schwerwiegende Erkrankungen, deren adäquate Behandlung im Kosovo auch aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit nicht möglich bzw. nicht finanzierbar sei. Bei einer Rückkehr sei von einer erheblichen, lebensgefährdenden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes auszugehen, wie insbesondere die ärztliche Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009 belege.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21.08.2006 - A 2 K 11717/04 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 15.07.2004 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Kosovo vorliegen.
12 
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie führt aus, dass allein wegen der Romazugehörigkeit nicht mit einer asylrechtlich relevanten Verfolgung zu rechnen sei. Die von der Klägerin vorgelegten Atteste und Arztberichte belegten zahlreiche Erkrankungen, die jedoch keinen konkreten Hinweis auf eine Unbehandelbarkeit im Kosovo ergäben. Dies gelte auch für die vorgetragene PTBS-Erkrankung. Eine asylrechtlich erhebliche Erkrankung sei insoweit nicht ausreichend nachgewiesen. Die in der ärztlichen Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009 aufgeführten erforderlichen Medikamente würden nach Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Pristina vom 26.11.2009 an das VG Minden im Kosovo kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch depressive Störungen seien nach dieser Auskunft im Kosovo in den medizinischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems uneingeschränkt behandelbar.
15 
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt und ausgeführt, dass er keine inhaltsbezogene Stellungnahme abgeben könne. Er merke aber an, dass UNMIK und KFOR nach weitgehend einhelliger Sichtweise sowohl willens als auch hinreichend in der Lage seien, Roma im Kosovo Schutz zu bieten. Dies habe gerade die Bewältigung der Unruhen vom März 2004 gezeigt. Ein Anspruch auf den Flüchtlingsstatus lasse sich daher nicht bejahen. Ob ein Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG bestehe, könne nach der Berufungsbegründung nicht bewertet werden.
16 
Dem 11. Senat, dem der Rechtsstreit zum 01.01.2010 zugeteilt wurde, liegen die einschlägigen Akten der Beklagten (2 Bände) und des Verwaltungsgerichts (1 Band) vor. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.
II.
17 
Der Senat entscheidet gemäß § 130a VwGO über die Berufung durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
18 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts stellt sich im Ergebnis als richtig dar. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15.07.2004 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Kosovo. Es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 VwGO).
19 
Entsprechend der Berufungszulassung ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die von der Klägerin begehrte Verpflichtung zur Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten vorrangig nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG oder schließlich nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198).
20 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens sind das Asylverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.09.2008 (BGBl. I 1798) sowie § 60 AufenthG in der Fassung der Neubekanntmachung vom 25.02.2008 (BGBl. I 162). Damit sind auch die durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I 1970) eingetretenen Rechtsänderungen zu berücksichtigen.
21 
1. Da der erste Asylantrag der Klägerin bereits 1993 bestandskräftig abgelehnt wurde, handelt es sich bei ihrem am 18.01.2000 gestellten Asylantrag um einen Folgeantrag. Dieser Antrag genügt den Anforderungen des § 71 AsylVfG nicht (hierzu 1.1.). Unabhängig davon scheidet eine Flüchtlingsanerkennung der Klägerin auch deshalb aus, weil Angehörige der Roma im Kosovo keiner Gruppenverfolgung unterliegen (hierzu 1.2.).
22 
1.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist auf einen nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags gestellten Folgeantrag ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Hiernach setzt ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens insbesondere voraus, dass eine Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist oder neue Beweismittel vorliegen und dass die Geeignetheit dieser Umstände für eine dem Antragsteller günstigeren Entscheidung schlüssig dargelegt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1987 - 9 C 285/86 - juris). Der Folgeantrag muss binnen dreier Monate gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene Kenntnis von dem Wiederaufgreifensgrund hat ( § 51 Abs. 3 VwVfG).
23 
Diese Voraussetzungen sind für den Folgeantrag der Klägerin vom 18.01.2000 nicht erfüllt. Zur Begründung dieses Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, sie gehöre (schon immer) der Volksgruppe der Roma an, was im Asylerstverfahren nicht deutlich gemacht worden sei und nun durch ein neues Beweismittel, die Bestätigung des Herrn N.v.H., belegt werden könne. Dieser Vortrag substantiiert ersichtlich keine „geänderte“ Sach- oder Rechtslage. Die Roma-Bestätigung des Herrn N.v.H. ist zudem kein „neues Beweismittel“ i.S.v. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, weil dies nur solche Beweismittel sind, die geeignet erscheinen, das bisherige Tatsachenvorbringen eines Asylantragstellers zu stützen; § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG betrifft mithin neue Beweismittel für „alte“ Tatsachen. Die Klägerin hingegen hat sich im Asylerstverfahren 1992 nach Aktenlage mit keinem Wort darauf berufen, der Volksgruppe der Roma anzugehören. Die mit dem Asylfolgeantrag vom 18.01.2000 vorgelegte Krankenhausbescheinigung schließlich datiert vom 29.01.1999; insoweit ist die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG mithin offensichtlich nicht eingehalten worden.
24 
1.2. Selbst wenn von einem hinreichenden Folgeantrag sowie davon auszugehen wäre, dass es sich bei der Klägerin um eine Angehörige der Volksgruppe der Roma handelt, würde ein Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung (§ 3 Abs. 4 AsylVfG) ausscheiden. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Einer solchen Bedrohung ist die Klägerin, auch als Zugehörige zur Volksgruppe der Roma, im Kosovo nicht ausgesetzt.
25 
Nach § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Gemäß Satz 4 dieser Vorschrift kann eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Gemäß Satz 5 sind für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach Satz 1 vorliegt, Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der (Qualifikations-) Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12) ergänzend anzuwenden.
26 
Nach diesem Maßstab droht der Klägerin im Kosovo keine Verfolgung. Eine Verfolgung als Angehörige der Roma durch den Staat oder durch Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des kosovarischen Staatsgebiets beherrschen, macht die anwaltlich vertretene Klägerin nicht geltend. Sie verweist ausschließlich auf eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur ethnischen Minderheit der Roma. Die Annahme einer solchen Verfolgung setzt voraus, dass die Klägerin als Angehörige dieser Minderheit wegen ihrer „Rasse“ bedroht ist (§ 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG), dass der Staat, die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staates beherrschen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dass keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht (§ 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Nicht anders als eine staatliche Gruppenverfolgung setzt die von der Klägerin geltend gemachte Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure voraus, dass jedes im Verfolgungsgebiet lebende Gruppenmitglied wegen der Gruppenzugehörigkeit von Verfolgung betroffen ist. Dies erfordert Verfolgungshandlungen gegen die Gruppe, die so intensiv und zahlreich sind, dass jedes einzelne Mitglied der Gruppe daraus die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 10 C 11.08 - InfAuslR 2009, 315). Eine solche Verfolgungsdichte, die die Regelvermutung eigener Verfolgung begründet, lässt sich für Angehörige der Roma auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Erkenntnismittel im Kosovo nicht feststellen (so schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.2008 - A 6 S 1028/05 - sowie Sächs. OVG, Urteil vom 19.05.2009 - A 4 B 229/07 - juris).
27 
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 21.07.2009 – A 4 B 554/07 – (juris) hierzu Folgendes ausgeführt:
28 
„Im Kosovo gibt es nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 2.2.2009 mehr als 30.000 Angehörige der Roma (davon wohl 23.000 Ashkali und Ägypter), wobei der UNHCR Ashkali und Ägypter nicht mehr zur Gruppe der Personen mit einem fortbestehenden Bedürfnis nach internationalem Schutz zählt (Lagebericht S. 16). Eine Volkszählung im Jahr 1991 habe 42.000 Roma auf dem Gebiet des Kosovo ergeben, nach Angaben von Roma-Verbänden habe die Anzahl der Roma mit rund 120.000 deutlich höher gelegen. Nach Amnesty International (Asyl-Info 3/2009, S. 6) wurden im März 2004 ca. 4.100 Angehörige von Minderheiten durch ethnisch motivierte Gewalttaten vertrieben, darunter auch Roma. Im Anschluss an den Einsatz der NATO hätten Albaner zahlreiche Häuser der Roma zerstört. Viele Angehörige der Roma lebten heute in extremer Armut, nahezu alle Roma seien von Arbeitslosigkeit betroffen. Seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Februar 2008 habe sich die Lage der Roma nicht verbessert; Roma seien von den sozialen Sicherungssystemen faktisch ausgeschlossen und kaum in der Lage, sich eine medizinische Grundversorgung zu leisten. Aktionspläne zur Integration von Roma, Ashkali und Ägyptern seien im Kosovo bislang nicht umgesetzt werden. Auf gewaltsame Repressionen durch nichtstaatliche Akteure - wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird - verweist Amnesty International dagegen nicht mehr. Das Positionspapier der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 10.10.2008 führt aus, dass es seit den pogromartigen Ausschreitungen von März 2004 zu keinen größeren Übergriffen gegen Roma-Gemeinschaften gekommen sei. Angehörigen der Roma, Ashkali und Ägypter drohe „in Einzelfällen“ noch asylrelevante Verfolgung, wenn sie im Verdacht der Kollaboration mit der ehemaligen serbischen Verwaltung oder der Teilnahme an Plünderungen stünden. Während der vergangenen Jahre habe sich die Sicherheitssituation der Roma-Gemeinschaften allmählich verbessert. Die Sicherheitslage im Kosovo sei insgesamt auch für ethnische Minderheiten stabil. Im Bereich ihrer Siedlungen drohten den Angehörigen der Roma im Allgemeinen keine Gewaltakte. Diese Einschätzung wird durch den Lagebericht des Auswärtigen Amts bestätigt, nach dem die Anzahl ethnisch motivierter Vorfälle von 62 im Jahr 2006 auf 24 im Jahr 2007 gefallen sei (S. 14). Im Rahmen groß angelegter Wiederaufbauprojekte seien umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt worden, um eine dauerhafte Rückkehr von Roma etwa in der Siedlung Roma Mahala zu ermöglichen (Lagebericht S. 16 f.). Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Positionspaper vom 10.1.2008), die eine Rückkehr von Roma in den Kosovo als unzumutbar ansieht, beschreibt die Lage der abgeschottet von der „Außenwelt“ lebenden Roma-Gemeinschaften als relativ sicher, wobei eine „asylrelevante Verfolgung“ in „Einzelfällen“ nur solchen Angehörigen von Minderheiten drohe, die im Verdacht der Kollaboration mit der früheren serbischen Verwaltung oder der Teilnahme an Plünderungen stünden.“
29 
Dieses Bild wird durch den in das Verfahren eingeführten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2009 - Kosovo - bestätigt. Auch hier wird die ausgesprochen schwierige Lage der Roma im Kosovo dargestellt, aber zusammenfassend ausgeführt, es gebe keine Anzeichen für eine staatliche Verfolgung (S. 10). Für ethnische Roma, die sich während des Krieges nicht ausdrücklich auf die Seite Serbiens gestellt haben oder in gewalttätige Handlungen gegen Kosovo-Albaner verwickelt waren, würden keine Erkenntnisse über eine Gefährdung seitens der albanischen Bevölkerung vorliegen. Roma-Familien, die z.B. während des Krieges den albanischen Nachbarn halfen, Schutz zu finden, würden respektiert. Ihre Stellung sei die gleiche wie die der albanischen Bevölkerung. Eine individuelle Gefährdungslage könne für Roma allerdings dann bestehen, wenn sie sich vor oder während der kriegerischen Auseinandersetzungen in den Augen der albanischen Bevölkerung auf die Seite der Serben gestellt und sich auf Seiten der Serben an den Auseinandersetzungen gegen ihre albanischen Nachbarn beteiligt haben. Einer solchen regional bestehenden individuellen Gefährdung könnten sie jedoch durch Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil entgehen (S. 15).
30 
Ausgehend von diesem Erkenntnismittel bestehen jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats hinsichtlich des Kosovo keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme einer Gruppenverfolgung der Roma (ebenso für Ashkali VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.2008 - A 6 S 1026/05 - juris), selbst wenn man realistischerweise davon ausgehen muss, dass nicht jeder Übergriff auf einen Angehörigen dieser Volksgruppe zur Anzeige kommt. Da die Klägerin auch nach ihren eigenen Angaben nicht zum Personenkreis derjenigen gehört, die im Verdacht der Kollaboration mit der früheren serbischen Verwaltung oder etwa der Teilnahme an Plünderungen stehen, sie zudem albanisch spricht und sich zum muslimischen Glauben bekennt, fehlen selbst bei Anlegung des sogenannten herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Rückkehr in ihre Heimat dort verfolgt werden könnte. Ein Anspruch der Klägerin auf Flüchtlingsanerkennung im Folgeverfahren scheidet mithin aus.
31 
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 AufenthG. Hierüber ist ungeachtet der Frage zu entscheiden, ob der Folgeantrag der Klägerin insoweit die Voraussetzungen des § 71 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erfüllt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 - BVerwGE 101, 77).
32 
2.1. Ein (europarechtlich begründetes) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist nicht erkennbar. Nach dieser Norm ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Vorschrift setzt die sich aus Art. 18 i.V.m. Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie ergebenden Verpflichtungen auf Gewährung eines „subsidiären Schutzstatus“ bzw. „subsidiären Schutzes“ in nationales Recht um. Der Begriff des internationalen wie auch des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist dabei unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Begriffe im humanitären Völkerrecht, insbesondere unter Heranziehung von Art. 3 der Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht von 1949 und des zur Präzisierung erlassenen Zusatzprotokolls II von 1977 auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie u.a. für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts i.S.v. Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss jedoch zumindest ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind (ausführlich: BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198). Davon kann im Kosovo derzeit nicht ausgegangen werden. Die Situation dort rechtfertigt nicht die Annahme eines Bürgerkriegs oder einer bürgerkriegsähnlichen Situation und damit eines landesweit oder auch nur regional bestehenden bewaffneten Konflikts i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2009 – Kosovo – (S. 5) hat sich die Sicherheitslage seit den Unruhen im März 2004 vielmehr weitgehend beruhigt und ist überwiegend stabil.
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2.2. Auch ein (national begründetes) Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist im Falle der Klägerin nicht erkennbar. Nach dieser Norm soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder seine Bevölkerungsgruppe allgemein treffen, wird - abgesehen von Fällen der richtlinienkonformen Auslegung bei Anwendung von Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie für internationale oder innerstaatliche bewaffnete Konflikte - der Abschiebungsschutz grundsätzlich nur durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Beim Fehlen einer solchen Regelung kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke (Art. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) in Betracht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07-, BVerwGE 131, 198 <211 f.> Rn. 31 f.).
34 
Eine solche extreme konkrete Gefahrenlage besteht für die Klägerin im Hinblick auf ihre vorgetragene Zugehörigkeit zur Minderheit der Roma im Kosovo ungeachtet der für diese Volksgruppe nach wie vor dort in erheblichem Ausmaß bestehenden Schwierigkeiten nicht (vgl. hierzu m.w.N. bereits Urteil des VGH Bad.-Württ. vom 24.04.2008 a.a.O.; Lagebericht des Auswärtigen Amtes - Kosovo - vom 19.10.2009, S. 10 ff.; s.a. Sächs. OVG, Urteil vom 19.05.2009 a.a.O.; OVG Saarland, Beschluss vom 08.02.2008 - 2 A 16/07 - juris). Da insbesondere die von der Klägerin befürchtete Verfolgungssituation nicht hinreichend wahrscheinlich ist (s.o.), kann auch nicht von der Gefahr schwerster Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar von Todesgefahr bei einer Rückkehr in den Kosovo ausgegangen werden.
35 
Auch im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Klägerin vermag der Senat keine erhebliche konkrete Gefahrenlage zu erkennen. Nach den vorliegenden ärztlichen Attesten und den Angaben der Klägerin kann nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer wesentlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr in ihre Heimat ausgegangen werden, insbesondere weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich oder nicht erlangbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - BVerwGE 127, 33). Zwar hat die Klägerin 2001 einen Schlaganfall erlitten und leidet nach den vorliegenden fachärztlichen Attesten insbesondere an einer behandlungsbedürftigen Hypertonie, einem behandlungsbedürftigen Diabetes mellitus sowie psychovegetativen Störungen mit Depressivität (vgl. die Atteste des Allgemeinmediziners Dr. N. vom 20.06.2005, 11.01.2006, 27.07.2006, 14.10.2009 und 19.11.2009, die weitere, u.a. orthopädische und psychiatrische Diagnosen, aber keine konkret durchgeführte Behandlung nennen, die Anlass zu näherer Überprüfung geben könnte; s.a. das kardiologische Attest des Theresienkrankenhauses M. vom 04.05.2005, das aufgrund des Herzkatheter-Befundes eine konservative, medikamentöse Therapie - lediglich - empfiehlt, den Bericht der UMM vom 24.03.2009 sowie die Atteste des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 13.06.2005, 12.01.2006 und 23.11.2009, die ebenfalls verschiedene Diagnosen, aber keine konkrete Behandlung nennen, sowie die diese Einschätzungen bestätigende ärztliche Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009). Aufgrund der aktuellen Erkenntnislage zur medizinischen Versorgung im Kosovo ist im Falle der Klägerin jedoch keine beachtlich wahrscheinliche Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erkennbar, weil ihre Erkrankungen in ihrer Heimat hinreichend behandelbar sind. Insbesondere nach den Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 02.02.2009 und 19.10.2009 - Kosovo - wird die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung durch ein in der Qualität aus finanziellen Gründen allerdings manchmal eingeschränktes staatlich finanziertes öffentliches dreistufiges Gesundheitssystem gewährleistet, und zwar durch Erstversorgungszentren, Krankenhäuser auf regionaler Ebene und eine spezialisierte Gesundheitsversorgung durch die Universitätsklinik Pristina. Daneben gibt es im Kosovo mittlerweile eine große Anzahl von Privatpraxen und einige privat geführte medizinische Behandlungszentren, die eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten anbieten. Für medizinische Leistungen sowie für bestimmte Basismedikamente hat der Patient Eigenbeteiligungen zu zahlen, die nach vorgegebenen Sätzen pauschal erhoben werden. Von der Zuzahlungspflicht befreit sind jedoch Invaliden und Empfänger von Sozialleistungen, chronisch Kranke, Kinder bis zum 10. Lebensjahr und Personen über 65 Jahre. Die Medikamentenversorgung im staatlichen Gesundheitssystem wird zentral vom kosovarischen Gesundheitsministerium gesteuert, wobei der Medikamentenbedarf in den letzten Jahren mangels ausreichender finanzieller Mittel nicht vollständig gedeckt werden konnte. Im Bedarfsfall sind aber nahezu alle Medikamente über Apotheken beziehbar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass für die attestierten chronischen Erkrankungen der Klägerin, die derzeit allein mit Basismedikamenten behandelt werden, im Kosovo eine erforderliche medizinische Behandlung nicht gewährleistet wäre oder aus finanziellen Gründen scheitern könnte. Als chronisch Kranke ist die Klägerin von den genannten Zuzahlungen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit und wird vorrangig mit den erforderlichen Medikamenten versorgt. Die in der ärztlichen Bescheinigung D. S. vom 27.11.2009 genannten Medikamente, die die Klägerin derzeit einnimmt, sind nach der von der Beklagten vorgelegten Auskunft der Deutschen Botschaft in Pristina vom 26.11.2009 im Kosovo kostenlos erhältlich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit die Klägerin ausführt, sie sei alleinerziehend und befürchte, als Angehörige der Volksgruppe der Roma die ggf. (grundsätzlich) vorhandenen medizinischen Behandlungsmöglichkeiten nicht zu erhalten. Ungeachtet einer möglicherweise nicht optimalen medizinischen Versorgungslage im Kosovo ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass die Klägerin als Roma die notwendige Behandlung nicht wird erlangen können. Denn das öffentliche Gesundheitssystem steht grundsätzlich allen Ethnien offen (vgl. hierzu auch die Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo an das VG Sigmaringen vom 07.06.2005).
37 
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - wie sie andeutet - an einem schwer zu behandelnden, komplexen Krankheitsbild leidet und etwa ein weiterer Schlaganfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen könnte, ergeben sich aus den vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen nicht. Auch eine sonstige beachtlich wahrscheinliche Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist trotz der dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht hinreichend feststellbar. Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 02.02.2009 und 19.10.2009 ist die Grundversorgung der gesamten Bevölkerung des Kosovo zwischenzeitlich gewährleistet. Bedürftige Personen erhalten Unterstützung in Form von Sozialhilfe, deren Höhe sich allerdings selbst gemessen an den Lebensbedingungen im Kosovo auf niedrigem Niveau bewegt. Empfänger von Sozialhilfeleistungen sind jedoch insbesondere von Zuzahlungen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit. Zwar ist es für Angehörige der Volksgruppe der Roma aufgrund von Vorurteilen der übrigen Bevölkerung schwierig, Wohnraum anzumieten. Es stehen aber Übergangsunterkünfte und bezugsfertige Wohnmöglichkeiten im groß angelegten Aufbauprojekt der Siedlung „Roma Mahala“ in Süd-Mitrovica zur Verfügung, wo auch ein „Haus der Gesundheit“ eröffnet worden ist, das eine medizinische Grundversorgung der Bewohner unmittelbar vor Ort sicherstellen kann.
38 
Soweit sich die Klägerin schließlich auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung beruft, wurde diese Diagnose zwar in den beim Bundesamt vorgelegten Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. P. vom 15.07.2002, 08.10.2002, 05.05.2003 und 22.09.2003 neben zahlreichen anderen Diagnosen aufgezählt; es wurden verschiedene Medikamente und eine wöchentliche Psychotherapie genannt, ein konkreter Behandlungsbedarf sowie eine Prognose wurden jedoch - trotz der Aufforderung bereits des Bundesamts, hierzu konkrete Angaben zu machen -, nicht näher beschrieben. Im Attest vom 22.09.2003 wird lediglich der Vortrag der Klägerin zu ihren Ausreisegründen wiedergeben, nicht aber die Diagnose begründet oder eine konkrete Behandlung näher bezeichnet. Der für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung befähigte Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. S., bei dem die Klägerin nach eigenen Angaben seit Jahren in Behandlung ist, deutet die Diagnose einer Traumaerkrankung in seinen später erstellten Attesten noch nicht einmal an (vgl. Atteste vom 13.06.2005 und vom 12.01.2006). Vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung kann vor diesem Hintergrund weder ausgegangen werden noch ergibt sich ergänzender Klärungsbedarf (vgl. zu den an ein fachärztliches Attest zu stellenden Mindestanforderungen auch BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251). Abgesehen davon ist es für den Senat auch in keiner Weise nachzuvollziehen, dass die Erkrankung auf traumatischen Erlebnissen beruhen könnte, die der Klägerin als Roma vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet zugestoßen waren. Zum einen hatte sie sich im Asylerstverfahren mit keinem Wort auf ihre Zugehörigkeit zu den Roma berufen, zum anderen fehlt es auch insoweit bis heute an jedem nachvollziehbaren Vortrag. Wiederum losgelöst hiervon geht der Senat im Übrigen davon aus, dass posttraumatische Belastungsstörungen und andere psychische Erkrankungen im Kosovo - wenn auch nicht optimal - behandelt werden können (Lagebericht des Auswärtigen Amtes - Kosovo - vom 19.10.2009, S. 24). Klärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergeben sich (auch) hieraus nicht. Soweit die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens begehrt, handelt es sich mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen nicht um einen Beweis-, sondern um einen bloßen Beweisermittlungsantrag, der auf Ausforschung gerichtet ist und dem Senat auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) keinen Anlass gibt, den Sachverhalt weiter aufzuklären (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - a.a.O.; Beschluss vom 24.05.2006 - 1 B 118.05 - InfAuslR 2006, 485; Beschluss vom 28.03.2006 - 1 B 91.05 u.a. - NVwZ 2007, 346; Beschluss vom 29.06.2005 - 1 B 174.04 - juris).
39 
3. Die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts vom 15.07.2004 ist ungeachtet der heute abweichenden Zielstaatsbezeichnungen nicht zu beanstanden (vgl. zur Abschiebung in den Kosovo auch Senatsbeschluss vom 22.07.2008 - 11 S 1771/08 - InfAuslR 2008, 420).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylVfG und einer entsprechenden Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen die Ablehnung der Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Juni 2008 - 3 K 1120/08 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 17.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die fristgerecht eingelegten (§ 147 Abs. 1 VwGO) und den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO entsprechend begründeten Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23.06.2008, mit dem ihre Anträge auf vorläufige Aussetzung der Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung abgelehnt wurden, bleiben ohne Erfolg. Die von den Antragstellern vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdeverfahren zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten keine andere Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass zwar ein Anordnungsgrund vorliegt, die Antragsteller jedoch einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht haben, weswegen dem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht entsprochen werden kann. Auch im Beschwerdeverfahren wurde von den Antragstellern kein Anordnungsanspruch im Sinne des § 60 a Abs. 2 Sätze 1 und 3 AufenthG dargelegt. Bei der hier angezeigten und allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist für den Senat insbesondere nicht erkennbar, dass die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist oder dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit der Antragsteller im Bundesgebiet erfordern.
1. Soweit die Antragsteller pauschal vortragen, zumindest bei den Kindern, d.h. bei den Antragstellern zu 3 bis zu 7, sei davon auszugehen, dass der Schutzbereich des Art. 8 EMRK eröffnet ist, nachdem diese im Wesentlichen hier aufgewachsen seien, wird damit eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung wegen eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das Recht der Antragsteller auf Achtung ihres Privatlebens (Art. 8 EMRK) nicht hinreichend dargelegt. Denn die Feststellung eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das geschützte Privatleben setzt eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse der Antragsteller an der Aufrechterhaltung ihrer faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs.1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet voraus. Nach der Senatsrechtsprechung kommt es dabei zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen. Was den Grad der Verwurzelung in Deutschland betrifft, so ist nach der Rechtsprechung des Senats bei minderjährigen Kindern nicht allein auf deren eigene soziale und kulturelle Integration abzustellen, sondern auch auf den Inte-grationsstand in der Familie (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - VBlBW 2006, 438). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d.h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen im Bundesgebiet zumindest vorübergehend legal war und damit - im Sinne einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte (vgl. Senatsbeschluss vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - NVwZ 2008, 344 = InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114). Zu alledem haben die Antragsteller, Angehörige der Volksgruppe der Ashkali aus dem Kosovo, die nach Abschluss ihrer Asylverfahren lediglich geduldet waren, auch im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend vorgetragen. Sie berufen sich allein auf die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet, die allerdings durch mehrere Auslandsaufenthalte unterbrochen ist: Die Antragsteller zu 1 bis zu 6 waren im Oktober 1998 zur Durchführung von Asylverfahren in das Bundesgebiet eingereist. Nach rechtskräftigem negativem Abschluss ihrer Asylverfahren reisten sie im Dezember 2000 nach Schweden aus, wo am 22.01.2001 die Antragstellerin zu 7 geboren wurde. Am 16.01.2002 wurden die Antragsteller aus Schweden rücküberstellt. Zum 01.07.2002 meldeten sie sich wiederum nach Schweden ab, von wo sie am 14.08.2003 erneut zurückgeführt wurden. Diese Auslandsaufenthalte von zusammen über zwei Jahren stehen der Annahme einer hinreichenden Verwurzelung der Kinder, insbesondere auch der 15-jährigen Antragstellerin zu 3 und des 17-jährigen Antragstellers zu 4, im Bundesgebiet entgegen, da sie zwangsläufig auch zu erheblichen Unterbrechungen des Schulbesuchs in Deutschland führten. Eine abgeschlossene erfolgreiche Integration kann daher nicht festgestellt werden. Hinsichtlich der Antragsteller zu 1 und zu 2 fehlt es auch an der vollständigen Entwurzelung. Insoweit fällt entscheidend ins Gewicht, dass diese ihre vollständige Sozialisation im Kosovo erfahren haben, erst im Alter von 24 Jahren (Antragsteller zu 1) bzw. 26 Jahren (Antragstellerin zu 2) in das Bundesgebiet eingereist sind und dass sie als Ashkali die Sprache der albanischen Mehrheitsbevölkerung sprechen.
2. Entgegen der Auffassung der Antragsteller fehlt es auch nicht an einer wirksamen Androhung der Abschiebung hinsichtlich der Republik Kosovo.
a) Eine solche ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass den Antragstellern zu 1 bis zu 6 mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - vom 02.02.1999 die Abschiebung in die „Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo)“ angedroht wurde. Diese Formulierung ist bereits ihrem Wortlaut nach so zu verstehen, dass sie den damaligen Staat "Bundesrepublik Jugoslawien" insgesamt als Zielstaat der Abschiebung verbindlich bestimmt. Der Klammerzusatz "(Kosovo)" hat danach lediglich die Bedeutung, erläuternd darauf hinzuweisen, dass die Antragsteller jedenfalls dort sicher sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.11.1999 - 9 C 4.99 - BVerwGE 110, 74 = NVwZ 2000, 331). Der Antragstellerin zu 7 wurde im Übrigen mit Bundesamtsbescheid vom 05.04.2006 die Abschiebung nach „Serbien und Montenegro“ - ohne weiteren Zusatz - angedroht.
b) Beide Abschiebungsandrohungen ermöglichen jedoch heute trotz der abweichenden Zielstaatsbezeichnung eine Abschiebung der Antragsteller in die Republik Kosovo, die am 17.02.2008 ihre Unabhängigkeit erklärt hat und die am 21.02.2008 von der Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich anerkannt wurde. Zwar darf ein Ausländer auf der Grundlage einer Abschiebungsandrohung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge grundsätzlich so lange nicht in einen anderen als den ausdrücklich bezeichneten Zielstaat abgeschoben werden, bis auch dieser andere Staat durch Konkretisierung des Hinweises gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 50 Abs. 2 Hs. 2 AuslG 1990 bzw. § 59 Abs. 2 Hs. 2 AufenthG als Zielstaat der Abschiebung ordnungsgemäß bezeichnet ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13.09.2007 - 1 S 1684/07 - VBlBW 2008, 32). Die Republik Kosovo ist jedoch kein anderer Staat in diesem Sinne, da sie auf ihrem Staatsgebiet Rechtsnachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien und des Staatenbundes Serbien und Montenegro ist und das Bundesamt in den jeweiligen Bescheiden das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 und § 53 AuslG 1990 bzw. nach § 60 AufenthG gerade bezogen auf das Territorium des Kosovo, in welchem schon seit der Stationierung der KFOR-Truppen und der Errichtung der UNMIK-Verwaltung im Jahr 1999 de facto keine jugoslawische bzw. serbische Staatsgewalt mehr ausgeübt wurde, geprüft hat. Die im Bundesamtsbescheid vom 02.02.1999 als Zielstaat bezeichnete Bundesrepublik Jugoslawien wurde 2003 in den territorial identischen Staatenbund Serbien und Montenegro umgewandelt (vgl. zur Fortgeltung der früheren Abschiebungsandrohungen insoweit BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 4.02 - BVerwGE 118, 166 = InfAuslR 2004, 40). Am 05.06.2006 erklärte das serbische Parlament in Belgrad die formale Unabhängigkeit Serbiens, nachdem Montenegro diesen Schritt nach einer Volksabstimmung am 21.05.2006, die zugunsten der Unabhängigkeit ausfiel, bereits am 03.06.2006 mit der Unabhängigkeitserklärung des montenegrinischen Parlaments in Podgorica vollzogen hatte. Gemäß der Verfassungscharta von Serbien und Montenegro war Serbien alleiniger Rechtsnachfolger der Union. Die im Februar 2008 erfolgte Loslösung des Kosovo von Serbien stellt sich völkerrechtlich als Sezession dar. Hierunter versteht man einen Fall der Staatennachfolge, bei dem ein Teilgebiet unabhängig wird und der alte Staat - wenn auch mit verkleinertem Staatsgebiet - als Völkerrechtssubjekt fortbesteht (vgl. Ipsen, Völkerrecht, 4. Aufl., § 29 Rn. 8 und zur Bedeutung der völkerrechtlichen Anerkennung ders., a.a.O. Rn. 14 f.). Hinsichtlich dieser Sezession muss für die Fortgeltung der alten, auf den früheren Gesamtstaat bezogenen Abschiebungsandrohungen maßgeblich sein, für welchen Teil des Staatsgebiets das Bundesamt das Vorliegen von Abschiebungsverboten geprüft hat. Dies war hier in den Asylerstverfahren wie auch in den Folgeverfahren stets das Gebiet der jetzigen Republik Kosovo, so dass auch im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) keine Bedenken bestehen, die Antragsteller auf der Grundlage der ergangenen Abschiebungsandrohungen in die Republik Kosovo abzuschieben. Etwas anderes müsste wohl gelten, wenn nunmehr eine Abschiebung nach Serbien beabsichtigt wäre, da bezüglich dieses Staates das Vorliegen von Abschiebungsverboten vom Bundesamt nie geprüft wurde.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.