Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 07. Juni 2018 - B 1 K 16.185

bei uns veröffentlicht am07.06.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, vertreten durch ihre Gesellschafter, wendet sich gegen eine Beschlagnahme- und Einziehungsverfügung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 2. Juli 2014 im Zusammenhang mit dem Verbot der Vereinigung „Freies Netz Süd“ (im Folgenden: FNS).

Im Verfahren B 1 X 13.435 wurde vom Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 3. Juli 2013 eine Durchsuchung der Wohnräume des Gesellschafters der Klägerin …, unter der Wohnanschrift … in T* … im Zusammenhang mit einem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen das FNS angeordnet. Auf den Auswertungsbericht vom 14. Januar 2014 (Bl. 115 ff. der Behördenakte II) wird Bezug genommen, ebenso auf den Auswertungsbericht vom 9. Dezember 2013 betreffend die Durchsuchung des Objekts … in …F* … des weiteren Gesellschafters … (Bl. 3 ff. der Behördenakte II).

Am 27. November 2013 meldeten die Gesellschafter … und … bei der Gemeinde … einen Handel mit Textilien, CDs, Büchern und Drucksachen mit dem Firmensitz in O* … …, …, an, der unter dem Namen „Final Resistance Versand“ firmierte.

Unter dem 2. Juli 2014 erließ das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr folgende Verfügung:

1. Die Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) ist eine Ersatzorganisation der vom Bayerischen Staatsministerium des Innern durch Verfügung vom 19. Dezember 2003 verbotenen Vereinigung „Fränkische Aktionsfront“ (F.A.F.).

2. Die Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) ist verboten und wird aufgelöst.

7. Sachen Dritter werden beschlagnahmt und zugunsten des Freistaates Bayern eingezogen, soweit der Berechtigte durch Überlassung der Sachen an das „Freie Netz Süd“ (FNS) dessen verfassungswidrige Bestrebungen gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt waren.

7.2 Ferner werden die im Gesamthandeigentum von … und … stehenden Sachen, d.h. rechtsextremistische Agitations- und Propagandamaterialien, Tonträger, Literatur sowie sonstige rechtsextremistische Devotionalien, der … … GbR (Final Resistance Versand) firmierend in O* … …, … …, Ortsteil O* …, beschlagnahmt und zugunsten des Freistaates Bayern eingezogen.

In den Gründen der Entscheidung ist zur Person … und dessen Stellung innerhalb des FNS u.a. ausgeführt (S. 22 ff. der Verfügung), dass der organisatorische Kopf des FNS aus … und … bestehe, beide hätten bereits zusammen mit … den Führungskreis der seit dem 15. August 2006 rechtskräftig verbotenen Vereinigung „Fränkische Aktionsfront“ (F.A.F.) gebildet. Das FNS sei eine Ersatzorganisation der verbotenen F.A.F. … und … bildeten nunmehr auch den engeren Führungskreis des FNS. Die herausgehobene Stellung … im FNS sei auch anhand seiner Aktivitäten im Zusammenhang mit dem FNS und der Anzahl der über ihn auf der Homepage des FNS veröffentlichten Berichte ablesbar (wird weiter ausgeführt). Zur Person … wird ausgeführt, dass dieser nicht nur wegen seiner Aufbauarbeit bei der Internetpräsentation des FNS und als Kameradschaftsführer im Raum … eine herausgehobene Position im FNS einnehme. Vor allem in der Anfangszeit des FNS sei … als V.i.S.d.P. auf zahlreichen Propagandamitteln des FNS genannt (Flyer, Aufkleber, etc.). Er vertrete das FNS darüber hinaus auch bei öffentlichen Veranstaltungen und Versammlungen (wird unter Benennung von Beispielen weiter ausgeführt, siehe insgesamt S. 32 der Verbotsverfügung).

Die in Ziffer 7.2 getroffene Anordnung beruhe auf § 10 Abs. 2 Satz 1 und § 12 Abs. 2 VereinsG. Die Beschlagnahme von Sachen Dritter, die sich im Gewahrsam des Vereins oder seiner Repräsentanten befänden, sei in § 10 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 VereinsG geregelt, sie habe die Wirkung eines Veräußerungsverbots. Die Einziehung von Sachen Dritter, die durch Überlassen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hätten oder hierzu bestimmt gewesen seien, erfolge nach § 12 Abs. 2 VereinsG unter den in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VereinsG normierten Voraussetzungen. § 12 Abs. 2 VereinsG erfasse alle Sachen, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt seien, die verfassungswidrigen Bestrebungen eines Vereins zu fördern. Die vom Final Resistance Versand angebotenen Agitations- und Propagandamaterialien sowie sonstigen Gegenstände, die zur Verbreitung von und Identifizierung mit einer rechtsextremistischen Ideologie dienten, stellten Sachen Dritter dar, die dem Verein zur Förderung seiner verfassungswidrigen Bestrebungen bereits vorsätzlich überlassen worden seien oder generell zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt seien. Der Versand diene dem FNS, indem er sich um die Herstellung, Beschaffung und Verbreitung der FNS-Propagandamaterialien sowie weiterer rechtsextremistischer Gegenstände wie Literatur, Musik und typischer Devotionalien kümmere. … und … hätten als Protagonisten der ersten und zweiten Führungsebene die Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des FNS nicht nur billigend in Kauf genommen, vielmehr sei ihr Handeln hierauf zielgerichtet gewesen. Die Übernahme des Versandhandels Ende 2013 von … sei gerade im Interesse eines Aufbaus eines zielgerichteten Angebots und der besseren Verfügbarkeit der vom FNS für seine Agitation und die von ihm organisierten Aktionen benötigten Materialien erfolgt. Der Final Resistance Versand biete umfangreiches Propagandamaterial des FNS an. Die Homepage des FNS verweise für den Bezug von „Aufklebern, Schnipseln und vieles mehr“ explizit und ausschließlich auf die Website des Versandhandels. Der rechtlich zwar selbständig geführte Versandhandel sei in die Struktur des FNS eingebunden. Dessen Vermögen solle letztlich gezielt zur Unterstützung der verfassungsfeindlichen Ziele der Vereinigung eingesetzt werden. Die von … in E-Mails gewählten Formulierungen belegten, dass das Angebot von Propagandamitteln des FNS durch den Final Resistance Versand als eigene Angelegenheit des FNS betrachtet werde, auch wenn eine gesonderte finanzielle Abwicklung im Sinn einer sauberen Buchführung erfolgt sei (wird näher ausgeführt, siehe Seite 128 der Verbotsverfügung).

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 17. Juli 2014 (Verfahren B 1 X 14.440) wurde dem Beklagten gestattet, im Rahmen des Vollzugs des Vereinsverbots eine Durchsuchung der Geschäftsräume des Final Resistance Versands durchzuführen zu dem Zweck, die im Beschluss benannte Gegenstände sicherzustellen und zu beschlagnahmen.

Mit einem am 13. August 2014 bei Gericht eingegangen Schriftsatz ließ die … GbR Klage gegen den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 2. Juli 2014 erheben und beantragen,

die Verfügung Ziffer 7.2 des Bescheides des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 02.07.2014 Aktenzeichen …, wird aufgehoben.

Das Verfahren wurde unter dem Az. B 1 K 14.555 angelegt.

Mit Schriftsatz vom 25. September 2014 hat der Beklagte Klageabweisung beantragt.

Auf der Grundlage des vom Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erlassenen Durchsuchungsbeschlusses vom 17. Juli 2014 (Verfahren B 1 X 14.440) hätten die Regierung von Oberfranken und die eingesetzten Polizeikräfte am 23. Juli 2014 zahlreiche Sachwerte und Gegenstände, die vom Final Resistance Versand bis zum Vollzugstag vertrieben worden seien, sichergestellt. Es habe sich vor allem um Bekleidung, Alkoholika unter szenetypischen Bezeichnungen und sonstige Propagandamaterialien einschließlich diverser Aufkleber in zwei- bis dreistelligen Stückzahlen gehandelt. Schriftliche Unterlagen hätten sich nur vereinzelt finden lassen. Geordnete Geschäftsunterlagen hätten nicht sichergestellt werden können.

Im vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Az. 4 A 14.1787 geführten Verfahren wandten sich u.a. auch die Gesellschafter der Klägerin gegen die vereinsrechtliche Verfügung vom 2. Juli 2014 betreffend das Verbot des „Freien Netzes Süd“ (Nrn. 1 und 2 der Verfügung vom 2. Juli 2014). Mit Beschluss des Gerichts vom 30. Januar 2015 wurde das Verfahren B 1 K 14.555 ausgesetzt bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Streitsache 4 A 14.1787 des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes. Mit seit 14. Dezember 2015 rechtskräftigem Urteil vom 20. Oktober 2015 wurden die Klagen im Verfahren 4 A 14.1787 abgewiesen.

Am 11. April 2016 wurde das ausgesetzte Verfahren unter dem nunmehrigen Aktenzeichen wieder aufgenommen.

Nach Gewährung von Akteneinsicht trug der Bevollmächtigte der Kläger mit Schriftsatz vom 17. Mai 2016 vor, dass Herr … von 2010 bis Oktober 2013 Inhaber des Versandes gewesen sei und alle Gewinne während dieser Zeit persönlich eingenommen habe; es seien keinerlei Spenden oder Zuschüsse des Herrn … an das FNS bezahlt worden. Die Kläger hätten im Herbst 2013 den Versandhandel für 8.000 EUR von Herrn … erworben. Das FNS habe in keiner Weise an der Kaufpreiszahlung partizipiert. Der Betrieb sei in den ersten Monaten ein „einziges Draufzahlgeschäft“ gewesen, erst gegen Ende der Aktivitäten des Versands, die nach der Hausdurchsuchung im Juli 2014 zwangsläufig zum Erliegen gekommen seien, habe die Klägerin Umsätze in Höhe von ca. 1.500,00 EUR monatlich erzielt, die zur Deckung getätigter Investitionen gebraucht worden seien. Zu keinem Zeitpunkt seien Erträge an das FNS unmittelbar oder mittelbar ausgezahlt worden. Die Kläger hätten die erhofften Gewinne für die Deckung des eigenen einigermaßen angemessenen Lebensunterhalts benötigt. In der Gesamtschau sei daher zu dem Ergebnis zu kommen, dass gerade nicht von einer Überlassung oder intendierten Zurverfügungstellung der zum Verkauf angebotenen Sachen an das bzw. für die Zwecke des FNS im Sinne von § 12 Abs. 2 VereinsG auszugehen sei. Die Verfügung in Ziffer 7.2 verstoße auch gegen das Verhältnismäßigkeitsverbot, da „sämtliche Sachen“ betroffen seien. Es hätte ausgereicht, Sachen, die einen direkten Bezug zum FNS aufwiesen, einzuziehen. Es liege eine unbillige Härte vor. Die Beschaffung von Gegenständen, die keinen unmittelbaren Bezug zum FNS aufgewiesen hätten, habe erhebliche finanzielle Mittel der Kläger gebunden.

Der Beklagte verwies zur Begründung seines Klageabweisungsantrags (siehe Schriftsätze vom 25. September 2014 und 24. Juni 2016) auf die Seiten 115f. und 125 bis 128 der Verbotsverfügung vom 2. Juli 2014 zur Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des FNS durch den Final Resistance Verlag. Für die Förderung spreche auch der eigene Sachvortrag, wonach das Versandangebot Artikel des FNS umfasst habe. Auf den klägerischen Vortrag, dass der Versandhandel keine nennenswerten Umsätze erzielt habe, komme es nicht an. Eine Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen hänge nicht davon ab, dem Verein direkte finanzielle Vorteile zu sichern. Förderung i.S.v. § 12 Abs. 2 VereinsG sei jeder materielle oder immaterielle Vorteil, so auch die Übernahme der Veräußerung von Agitations- und Propagandamaterial durch den Versandhandel und das Zur-Verfügung-Stellen der Vertriebskanäle. Es sei ausreichend, wenn die Sachen Dritter dazu bestimmt seien, die verfassungswidrigen Bestrebungen zu fördern, unabhängig davon, ob möglicherweise geringes unternehmerisches Geschick zu keinen nennenswerten Umsätzen geführt haben mag. Gerade dass der Versandhandel zu keinen nennenswerten Umsätzen geführt habe, spreche dafür, dass es sich nicht um eine unabhängige Plattform gehandelt habe, sondern diese in der Absicht erworben worden sei, gerade die Vereinstätigkeit des FNS zu unterstützen. Hierfür spreche auch die herausgehobene Stellung der beiden Inhaber innerhalb des FNS. Der Versandhandel sei nach dem klägerischen Vortrag gerade nicht geeignet gewesen, den Gesellschaftern eine tragfähige wirtschaftliche Erwerbsquelle zu ermöglichen. Sein einziger Zweck sei die Beförderung der Aktivitäten des FNS und seiner Aktivisten gewesen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten, auch im Verfahren B 1 K 16.23, Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Verfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in Ziffer 7.2 der Verbotsverfügung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr verfügte Beschlagnahme und Einziehung der im Gesamthandeigentum der Gesellschafter des Final Resistance Versand stehenden und im Bescheid explizit genannten Gegenstände zugunsten des Freistaats Bayern ist nicht zu beanstanden.

Die Beschlagnahme und Einziehung beruht auf § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 10 und § 12 Abs. 2 VereinsG. Danach ist mit dem Vereinsverbot in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung von Sachen Dritter zu verbinden, soweit der Berechtigte durch die ÜberIassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.

Die in Ziffer 7.2 des Bescheids verfügte Beschlagnahme und Einziehung ist danach nicht zu beanstanden. Nach der vorliegend zweiten Alternative des § 12 Abs. 2 VereinsG durften die im Eigentum des Final Resistance Versand stehenden und im Bescheid beispielhaft aufgezählten Agitations- und Propagandamaterialien beschlagnahmt und eingezogen werden.

Die Verfügung entspricht insbesondere dem Gebot hinreichender Bestimmtheit. Durch die beispielhafte Aufzählung, was in den Bereich der Agitations- und Propagandamittel fällt, wird hinreichend deutlich und zumindest bestimmbar, welche Sachen von der Beschlagnahme und Einziehung betroffen sein sollen. Wie sich aus der Begründung des Bescheids ergibt, wurde der Final Resistance Versand zu dem Zweck gegründet, die Mitglieder des FNS mit Informationsmaterial und sonstigen im Zusammenhang mit den Aktivitäten des Vereins stehenden Gegenständen zu versehen. Es ist damit hinreichend klar ersichtlich, dass sich die Beschlagnahme und Einziehung auf die Gegenstände beziehen sollte, die im Rahmen des Versandhandels angeboten wurden bzw. dort vorhanden waren und dem FNS zur Verfügung gestellt werden sollten.

Beim FNS handelt es sich um einen Verein i.S.d. § 2 Abs. 1 VereinsG, der als Nachfolgeorganisation der verfassungswidrigen F.A.F. bestandskräftig verboten ist nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 8 VereinsG.

In dem auch von den Gesellschaftern der Klägerin betriebenen Klageverfahren 4 A 14.1787 hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zwar nicht mit der Frage der Verfassungswidrigkeit des FNS als Nachfolgeorganisation der F.A.F. befasst, weil die Kläger des dortigen Verfahrens nicht als Vertreter des FNS geklagt hatten, sondern sich als Individualpersonen auf fehlende organisatorische Strukturen des FNS berufen und damit die Vereinseigenschaft nach § 2 Abs. 1 VereinsG in Frage gestellt hatten. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Gründen seiner Entscheidung ausführt, könne den Klägern des dortigen Verfahrens als individuell betroffene Personen vor dem Hintergrund einer möglichen Strafbarkeit nach § 85 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden. Demgemäß sei die gerichtliche Prüfung der Verbotsverfügung auf dieses Vorbringen der fehlenden Vereinseigenschaft beschränkt. Ob die sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vorlägen, bleibe außer Betracht. Die Verbotsverfügung wurde, auch nachdem im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Vereinseigenschaft des FNS unter Benennung der maßgeblichen Führungspersonen bestätigt wurde, von diesem bzw. den zu seiner Vertretung befugten Personen nicht angefochten. Es steht damit bestandskräftig fest, dass das FNS als Nachfolgeorganisation der F.A.F. verboten ist. Dies wird auch von Klägerseite nicht in Frage gestellt.

Voraussetzung für die Beschlagnahme und nachfolgende Einziehung ist, dass die im Eigentum eines Dritten stehenden Sachen zur Förderung des verfassungswidrigen Zwecks der Vereinigung bestimmt sind. Als Dritte im Sinn des Gesetzes sind neben außenstehenden Personen auch die Vereinsmitglieder selbst anzusehen. § 12 Abs. 2 VereinsG erfasst Sachen Dritter, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, die verfassungswidrigen Bestrebungen eines Vereins zu fördern. In Betracht kommen insbes. Sachen, mit denen die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins offensichtlich und unmittelbar unterstützt werden können, wie z.B. Propagandaschriften, Vervielfältigungsapparate, Druckereieinrichtungen, etc.. Unter die Norm fallen aber auch vordergründig „neutrale“ Sachen (vgl. Wache in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand April 2018, Rn. 9 zu § 12 VereinsG unter Bezugnahme auf BT-Drucks. IV/430 S. 21; Groh Vereinsgesetz, 1. Aufl., 2012, Rn. 7 zu § 12).

Die beiden Gesellschafter des Final Resistance Versands sind zwar Mitglieder des FNS Süd, betrieben aber außerdem den rechtlich - wenn auch nicht tatsächlich - vom FNS unabhängigen Versandhandel in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Die alleinige Aufgabe des Final Resistance Versands war, was den Behördenakten eindeutig zu entnehmen ist, die Förderung der Ziele des FNS, indem den Mitgliedern und Sympathisanten eine Plattform zur Verfügung gestellt werden sollte, auf der sie sich u.a. mit einschlägigem Informationsmaterial, Flyern, CDs und im Hinblick auf ein möglichst einheitliches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit bei Veranstaltungen auch mit Kleidung mit einschlägigen Aufdrucken eindecken konnten. Es kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass der Final Resistance Versand völlig unabhängig und vom FNS losgelöst seinen Geschäften nachgegangen ist. Dies wurde im angefochtenen Bescheid unter Benennung zahlreichen Erkenntnismaterials in nicht zu beanstandender Weise herausgearbeitet und begründet.

Bereits die Entwicklung des Versandhandels für die verbotene F.A.F. bis zur Übernahme dieses Geschäfts durch die Gesellschafter der Klägerin belegt eine durchgängig verfolgte Strategie und das Geschäftsmodell, dass der Betrieb des Onlineversandhandels allein zur Unterstützung der Ziele der F.A.F. bzw. nunmehr des FNS betrieben wurde. Dass dabei auch Gegenstände verkauft worden sind, die „lediglich“ das Gedankengut des FNS propagiert haben ohne eine direkte Bezugnahme (z.B. in Form eines Aufdrucks), ist unerheblich.

Die Ermittlungsergebnisse belegen eindeutig den dargestellten Zusammenhang. Exemplarisch wird hierzu auf die Gründung des …unter der Wohnadresse des Gesellschafters … in T* … (Bl. 315 f. der Behördenakte II), die Anmeldung des Versands auf den Namen …, den Betrieb des Final Resistance Versands durch … … sowie den E-Mail-Verkehr des Gesellschafters … in Bezug auf den Final Resistance Versand verwiesen (vgl. hierzu Bl. 237 ff. der Behördenakten II). Insbesondere in den E-mails vom 10. und 17. März 2013 drückt er die Unzufriedenheit mit dem zunächst von … geführten Versand aus und kündigt einen eigenen Versandhandel an. Schließlich zeigt auch die vollständige Verlinkung des von … zunächst betriebenen Versandhandels …mit dem Internetauftritt des FNS (Bl. 269 ff der Behördenakte II) den Zusammenhang. In seiner E-Mail vom 10. März 2013 an … führt der Gesellschafter … zudem aus (Bl. 238 der Behördenakte II), dass man jetzt etwas eigenes plane, wenn von … nichts komme. Schließlich biete man ja das auf der Seite an, also sollte auch was da sein.

Hieraus hat die Behörde den zutreffenden Schluss gezogen, dass der Final Resistance Versand den alleinigen Zweck hatte, die Mitglieder des FNS mit einschlägigem Material zu versorgen, das diese über die Verlinkung der Internetseiten bestellen konnten. Durch den Betrieb und Vertrieb dieses Angebots an Propagandamaterial und sonstigen einschlägigen Utensilien hat der Final Resistance Versand das FNS zielgerichtet gefördert und unterstützt.

Unerheblich ist dabei, dass nach dem Klägervorbringen das Unternehmen mit eigenen Mitteln der Gesellschafter vom bisherigen Betreiber … käuflich erworben werden musste und zumindest in der Anfangszeit keinen Gewinn abgeworfen hat. Auch dass keinerlei Geldmittel an das FNS geflossen seien und dass der später erwirtschaftete Gewinn zur Deckung der Investitionskosten bei den Gesellschaftern verblieben sei, ändert an der Beurteilung nichts. Vielmehr spricht dies dafür, dass der Versand nicht als Erwerbsquelle zur Deckung des Lebensunterhalts angesehen und betrieben wurde.

Wie der Beklagte zu diesem Punkt zutreffend vorgetragen hat, kommt es auf die finanzielle Situation des Versands ebenso wenig an wie auf die Frage, ob der Versand für die Gesellschafter eine hinreichende Einkommensquelle darstellte. Nicht maßgeblich ist weiterhin auch, ob das FNS an den eingenommenen Geldern in irgendeiner Weise partizipiert hat. Entscheidungserheblich ist vielmehr, dass der Final Resistance Versand als „verlängerter Arm“ des FNS und seiner Mitglieder und Sympathisanten im Hinblick auf die Beschaffung von Informations- und sonstigem Material zu sehen war und er damit die verfassungswidrigen Zwecke zielgerichtet gefördert hat. Dies ist nach den in den Behördenakten gesammelten Ermittlungsergebnissen unzweifelhaft der Fall. Die vom Final Resistance Versand vertriebenen Artikel waren dazu gedacht, dass sie von den Aktivisten des FNS erworben werden sollten. Insbesondere auch die Anschaffung von Kleidung im Hinblick auf vom FNS geplanten Veranstaltungen mit dem Ziel, ein einheitliches Erscheinungsbild zu dokumentieren, oder der Vertrieb von Informationsmaterial, das über den Versand bezogen werden konnte, spricht eindeutig dafür. Unerheblich ist auch, dass nach Klägerangaben lediglich auf 5 bis 10% der angebotenen Gegenstände das Logo des FNS bzw. dessen Internetadresse aufgedruckt gewesen ist. Bereits durch die Zurverfügungstellung einschlägigen Materials auch ohne ausdrückliche Kennzeichnung des FNS lag eine Förderung der von diesem vertretenen Ziele vor.

Aus den obigen Darstellungen ergibt sich zugleich, dass die Gesellschafter der Klägerin mit Vorsatz gehandelt haben, wobei jede Form des Vorsatzes ausreichend ist. Der Betrieb des Versandhandels hatte den Zweck, die Ziele des FNS durch Beschaffung und Zurverfügungstellung von Propagandamaterial zu fördern und zu unterstützen. Ein eigenständiger, von den Interessen des FNS losgelöster Gewerbebetrieb, zur Erwirtschaftung des Lebensunterhalts der Gesellschafter, lag eindeutig nicht vor. Der Versand wurde deshalb von den Gesellschaftern gegründet bzw. vom ehemaligen Betreiber … übernommen, weil dieser den Erwartungen im Hinblick auf eine reibungslose und ausreichende Zurverfügungstellung von Agitationsmaterial nicht entsprochen hat, was vom Gesellschafter … in der E-Mail vom 4. März 2013 (Bl. 237 der Behördenakte II) moniert wurde und er deshalb angekündigt hatte, einen eigenen Versand aufzumachen, weil man „nichts richtiges habe und der … keine Alternative“ sei.

Sind somit die objektiven und subjektiven Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 2 VereinsG erfüllt, sieht das Gesetz als Rechtsfolge „in der Regel“ die Beschlagnahme und Einziehung der Sache vor. Vorliegend sind keine besonderen Umstände zu erkennen, die einen Ausnahmefall begründen könnten. Im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen auf die Verfügung vom 2. Juli 2014 (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(2) Auf Grund der Beschlagnahme können Sachen im Gewahrsam des Vereins und auf Grund besonderer Anordnung Sachen im Gewahrsam Dritter sichergestellt werden. Soweit es der Zweck der Sicherstellung erfordert, dürfen auch Räume betreten sowie verschlossene Türen und Behältnisse geöffnet werden. Die Anwendung unmittelbaren Zwanges ist ohne vorherige Androhung oder Fristsetzung zulässig, wenn sonst die Sicherstellung gefährdet wäre. Werden von der Beschlagnahme Gegenstände im Sinne des § 99 der Strafprozeßordnung erfaßt, gelten für die Sicherstellung die §§ 99, 100 und 101 Abs. 3 bis 8 der Strafprozeßordnung entsprechend. Maßnahmen nach Satz 4 und die Durchsuchung von Wohnungen ordnet nur das Verwaltungsgericht an, in dessen Bezirk die Handlungen vorzunehmen sind. Anordnungen nach Satz 5 trifft der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Gerichts.

(3) Die Verbotsbehörde kann für das beschlagnahmte Vermögen Verwalter bestellen und abberufen. Die Verwalter unterliegen den Weisungen der Verbotsbehörde.

(4) Die Vorstandsmitglieder sind verpflichtet, Auskunft über den Bestand und Verbleib des Vereinsvermögens zu geben. Auf Verlangen der Verbotsbehörde haben sie ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen und zu beeiden. Der Eid ist mit dem in § 260 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Inhalt auf Ersuchen der Verbotsbehörde vor dem für den Wohnsitz des Eidespflichtigen zuständigen Amtsgericht zu leisten.

(5) Die Aufhebung der Beschlagnahme sowie der Aufschub und die Wiederherstellung ihrer Vollziehbarkeit haben keine rückwirkende Kraft.

(1) Die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde zieht Forderungen Dritter gegen den Verein ein, wenn

1.
sie aus Beziehungen entstanden sind, die sich nach Art, Umfang oder Zweck als eine vorsätzliche Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins darstellen, oder
2.
sie begründet wurden, um Vermögenswerte des Vereins dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder den Wert des Vereinsvermögens zu mindern.
Hat der Gläubiger eine solche Forderung durch Abtretung erworben, so kann sie nur eingezogen werden, wenn der Gläubiger die in Satz 1 bezeichneten Tatsachen bei dem Erwerb kannte.

(2) Sachen Dritter werden eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.

(3) Rechte Dritter an den nach § 11 Abs. 1 oder nach § 12 Abs. 1 oder 2 eingezogenen Gegenständen bleiben bestehen. Sie werden eingezogen, wenn sie unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen begründet oder erworben worden sind.

(4) Die nach den Absätzen 1 bis 3 eingezogenen Gegenstände gehen mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsverfügung auf den Einziehungsbegünstigten über. Nicht vererbliche Rechte erlöschen.

(5) Verfügungen des Vereins, die in den letzten sechs Monaten vor Erlaß des Verbots in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen wurden, Gegenstände des Vereinsvermögens beiseite zu schaffen, sind dem Einziehungsbegünstigten gegenüber unwirksam. Ist zugunsten eines Vereinsmitglieds oder einer Person, die ihm im Sinne des § 138 Abs. 1 der Insolvenzordnung nahesteht, verfügt worden, so wird vermutet, daß diesen die in Satz 1 bezeichnete Absicht bekannt war.

(1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, daß seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder daß er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung

1.
des Vereinsvermögens,
2.
von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in § 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und
3.
von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind,
zu verbinden.

(2) Verbotsbehörde ist

1.
die obersten Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken;
2.
das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt.
Die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zuständig ist. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat entscheidet im Benehmen mit Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären.

(3) Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, daß sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind.

(4) Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Absatzes 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. Der verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekanntzumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach § 15 werden nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn

1.
ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht,
2.
die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und
3.
nach den Umständen anzunehmen ist, daß sie vom Verein geduldet werden.

(1) Die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde zieht Forderungen Dritter gegen den Verein ein, wenn

1.
sie aus Beziehungen entstanden sind, die sich nach Art, Umfang oder Zweck als eine vorsätzliche Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins darstellen, oder
2.
sie begründet wurden, um Vermögenswerte des Vereins dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder den Wert des Vereinsvermögens zu mindern.
Hat der Gläubiger eine solche Forderung durch Abtretung erworben, so kann sie nur eingezogen werden, wenn der Gläubiger die in Satz 1 bezeichneten Tatsachen bei dem Erwerb kannte.

(2) Sachen Dritter werden eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.

(3) Rechte Dritter an den nach § 11 Abs. 1 oder nach § 12 Abs. 1 oder 2 eingezogenen Gegenständen bleiben bestehen. Sie werden eingezogen, wenn sie unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen begründet oder erworben worden sind.

(4) Die nach den Absätzen 1 bis 3 eingezogenen Gegenstände gehen mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsverfügung auf den Einziehungsbegünstigten über. Nicht vererbliche Rechte erlöschen.

(5) Verfügungen des Vereins, die in den letzten sechs Monaten vor Erlaß des Verbots in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen wurden, Gegenstände des Vereinsvermögens beiseite zu schaffen, sind dem Einziehungsbegünstigten gegenüber unwirksam. Ist zugunsten eines Vereinsmitglieds oder einer Person, die ihm im Sinne des § 138 Abs. 1 der Insolvenzordnung nahesteht, verfügt worden, so wird vermutet, daß diesen die in Satz 1 bezeichnete Absicht bekannt war.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

4 A 14.1787

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 20. Oktober 2015

4. Senat

Sachgebietsschlüssel: 523

Hauptpunkte:

Vereinsrechtliche Verbotsverfügung gegen Ersatzorganisation, Anfechtung des Verbots durch Einzelpersonen, Beschränkung des gerichtlichen Prüfungsumfangs, Begriffsmerkmale eines Vereins, Nachweis der Vereinseigenschaft anhand von Indizien

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

...

vertreten durch:

..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Vereinsverbot;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Peitek aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Oktober 2015

am 20. Oktober 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klagen werden abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Verfahrenskosten zu jeweils einem Einundvierzigstel.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine ihnen jeweils persönlich übermittelte vereinsrechtliche Verfügung, mit der das „Freie Netz Süd“ zu einer verbotenen Vereinigung erklärt wird.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2014 erließ das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) eine „an die Vereinigung ‚Freies Netz Süd‘, ihre Mitglieder und Unterstützer sowie die Drittbetroffenen“ adressierte, auf § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 8 Abs. 1 sowie § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VereinsG gestützte Verfügung. Darin wird festgestellt, dass die Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) eine Ersatzorganisation der vom Bayerischen Staatsministerium des Innern durch Verfügung vom 19. Dezember 2003 verbotenen Vereinigung „Fränkische Aktionsfront“ (F. A. F.) sei (1.); das FNS sei verboten und werde aufgelöst (2.). Zum Vollzug des Verbots trifft der Bescheid eine Reihe von Einzelmaßnahmen (3. bis 7.2.).

Gegen den ihnen jeweils am 23. Juli 2014 bekanntgegebenen Bescheid haben die Kläger am 19. August 2014 Klage erhoben. Sie beantragen,

Nr. 1 und 2 des Bescheids des StMI vom 2. Juli 2014, Az. IE4-1202.52-18, aufzuheben.

Die Klage richte sich als Anfechtungsklage gegen ein nach dem Vereinsgesetz verfügtes Vereinigungsverbot. Als Kläger könne die angebliche Vereinigung mangels Organ oder anderweitiger, etwa satzungsmäßiger Vertreter nur in Gestalt der vom Beklagten ihr zugerechneten Einzelpersonen, die auch sämtlich Zustellungsadressaten gewesen seien, repräsentiert werden. Dabei sei klarzustellen, dass sich die Klage gegen das Vereinigungsverbot richte und nicht etwa im Namen jedes/jeder Einzelnen gegen die Feststellung von dessen bzw. deren Mitgliedschaft. Dessen ungeachtet könne mit der Tatsache der Klage in der vorliegenden Form kein Präjudiz für das tatsächliche Bestehen einer Vereinigung namens „Freies Netz Süd“ verbunden werden; die Notwendigkeit der Klage nahezu des gesamten von der Verfügungszustellung betroffenen Personenkreises sei rein prozessual bedingt. Die Kläger seien durch die Verfügung nachteilig betroffen unabhängig davon, ob der Verbotsgegenstand überhaupt existiert habe und ob die Kläger diesen gebildet hätten. Denn jeder einzelne habe im Falle der Bestandskraft des Verbots strafrechtliche Verfolgung unter dem Gesichtspunkt des § 85 StGB zu gewärtigen, sollte er etwa seine politische Meinung zusammen mit anderen Klägern gemeinsam betätigen. Im Übrigen seien die Kläger in ihren Grundrechten auf Vereinigungs- und Meinungsfreiheit betroffen.

Es sei bereits fragwürdig und durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt, dass Vereine durch Bundes- oder Landesinnenminister verboten werden könnten, während Parteien durch den Verfassungsgerichtsvorbehalt nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG privilegiert seien. Der Vereinsbegriff des Grundgesetzes und des Vereinsgesetzes werde überdehnt, wenn eine Vernetzung bestimmter Gruppen und Personen verboten werde, also das bloß geistige Verbindunghalten und der Informationsaustausch untereinander. Eine Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) habe es nie gegeben, schon gar nicht mehr im Zeitpunkt der Verbotsverfügung. Wie der Beklagte selbst in der Verfügung schreibe, sei bereits am 28. April 2014, also mehr als zwei Monate zuvor, auf der Homepage des FNS mitgeteilt worden, dass die Netzplattform eingestellt und künftig nicht mehr aktualisiert werde. Aus dieser Mitteilung sei ersichtlich, dass es sich bei der Bezeichnung „Freies Netz Süd“ nicht um eine solche für eine Vereinigung handle, sondern für eine Internetseite („Netzplattform“), die ihren Betrieb eingestellt habe. In der Süddeutschen Zeitung vom 15. Mai 2012 sei geschrieben worden, dass im Unterschied zum Nationalen Block, den Skinheads Allgäu und der Fränkischen Aktionsfront beim FNS feste Vereinsstrukturen in dieser Form nicht existierten. Der verantwortliche Staatsminister Herrmann sei mit den Worten zitiert worden, es sei eindeutig so, dass das FNS anders agiere als die bisher verbotenen Organisationen. Auch ein sogenannter Rechtsextremismus-Experte habe erklärt, es gebe kein Oben und kein Unten, es sei eine fluide Struktur. Folgerichtig habe ein anderer Rechtsextremismus-Experte vom FNS als einer leeren Hülle gesprochen, da das FNS seit Herbst 2013 nicht mehr aktiv sei. Der Beklagte möge vortragen, welche Vernetzungsbemühungen es seit dem Tag der Stilllegung der Internetseite am 1. Mai 2014 noch gegeben habe. Dementsprechend schwer falle es dem Beklagten auch, ein Organisationsschema des angeblichen Vereins FNS auch nur ansatzweise darzustellen. Es würden weder Einzelpersonen oder Vereinigungen genannt, die als dem Verein zugehörig angesehen würden, noch würden formelle oder informelle Führer genannt, Finanzierungsstrukturen und Mitgliederpflichten dargestellt oder dargelegt, wie die Willensbildung im Bewusstsein der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Verein funktioniert haben solle. Tatsächlich habe es dies auch nicht gegeben, jedenfalls nicht in Gestalt der zur Ausführung des Vereinigungsbegriffs notwendigen Mindestvoraussetzungen. Dass der Beklagte selbst nicht recht an ihre unter dem Druck der politischen Verhältnisse erzwungene Konstruktion glaube, zeige seine merkwürdige Untätigkeit gegenüber den Mitgliedsvereinigungen, für die das FNS angeblich als Dachverband fungiert habe und die in der Verfügung als dem FNS zuzuordnen bezeichnet würden. Dieses Unterlassen entbehre jeglicher Logik und schaffe völlige Rechtsunsicherheit; der Schwebezustand solle Verunsicherung schaffen und die Tätigkeit der dort aktiven Opposition lähmen. Die Verlinkung bestimmter Gruppierungen oder anderer Plattformen könne kein stichhaltiges Kriterium für die Mitgliedschaft in einer Vereinigung sein. In den acht Jahren des Bestehens der Plattform FNS seien diesbezüglich unzählige Wechsel und vielfache Veränderungen erfolgt. Teilweise seien rechte Gruppierungen gar nicht oder nur temporär verlinkt gewesen, obwohl sie sich an gemeinsamen Versammlungen beteiligt hätten. Viele Seiten seien verschwunden, andere entstanden; freie Kameradschaft hätten sich aufgelöst, einen Namenswechsel vollzogen oder sich neu gegründet. Der Beklagte möge einmal anhand seiner geheimdienstlichen Erkenntnisse die Genese der verschiedenen rechten Gruppen und ihr Verhältnis zum FNS darlegen. Regionale und überregionale Gruppen hätten Berichte von der Seite des FNS übernommen und selbst veröffentlicht, ohne dass sie als Mitglieder des FNS ihrerseits verboten worden seien. So sei das „Nationale und Soziale Aktionsbündnis 1. Mai“, dessen Demonstrationen auch außerhalb Bayerns stattgefunden hätten, ebenfalls dem FNS zugerechnet worden, obwohl hier kein Verbot erfolgt sei; gänzlich fehle auch die Kameradschaft Nürnberg. Die Zuordnungen und Herleitungen von angeblichen Strukturen seien willkürlich, frei erfunden und entbehrten jeder nachvollziehbaren Logik. Nicht jede über das FNS beworbene Veranstaltung hätten alle in der Verbotsverfügung genannten Gruppierungen mitgetragen. Andererseits habe es Aktionen und Kampagnen gegeben, die in einer Gruppierung entstanden und dann erst später über die Plattform FNS weiter gestreut worden seien, zum Beispiel die Anti-Zeitarbeitskampagne des Aktionsbündnisses Nordoberpfalz oder die von der Gruppe Widerstand Cham kreierte Kampagne zur Anwerbung von Russlanddeutschen für die nationale Bewegung. Diese und viele andere Erkenntnisse widerlegten die Annahme, es habe einen einheitlichen Willensbildungsprozess oder gar eine hierarchische Struktur gegeben. Jede Gruppe und jede Einzelperson habe vielmehr das unterstützt, was sie selbst für unterstützenswert gehalten habe. Es habe auch keine vom FNS angemeldeten Versammlungen gegeben.

Das Verbot sei auch deswegen rechtswidrig, weil es von einer unzuständigen Behörde verfügt worden sei. Falls es, was bestritten werde, eine Vereinigung FNS überhaupt gegeben habe, habe sie jedenfalls zum Zeitpunkt des Verbotes nicht mehr existiert. Viele der vom Beklagten als maßgebliche Protagonisten oder Mitglieder des FNS angesehenen Personen hätten sich nämlich der länderübergreifend tätigen Partei „Der Dritte Weg“ angeschlossen. Wenn dieser Personenkreis gemeint sein sollte, so wäre, falls die Parteikriterien nicht erfüllt sein sollten, der Bundesminister des Inneren für ein Verbot zuständig, andernfalls das Bundesverfassungsgericht. Aber selbst auf den bestrittenen Verein FNS bezogen müsse festgestellt werden, dass Mitglieder der zugeordneten Gruppen und viele Adressaten der Verfügung selbstverständlich länderübergreifend tätig gewesen seien, zum Beispiel beim Austausch mit der griechischen „Goldenen Morgenröte“ und bei der Teilnahme an Versammlungen. Zudem sei die Tätigkeit aufgrund der weltweiten Propagandawirkung mittels Internet zwangsläufig aus diesem Grund länderübergreifend gewesen.

Die Frage einer Ausrichtung des FNS gegen die verfassungsmäßige Ordnung und die Frage der Einstufung als Ersatzorganisation der F. A. F. könnten nicht getrennt voneinander behandelt werden. Im Falle eines rechtswidrigen Verbots der F. A. F. dürfe sich die Verbotsverfügung nicht auf den Vortrag der Ersatzorganisation stützen. Der Verwaltungsgerichtshof müsse daher inzident die Rechtmäßigkeit des seinerzeitigen F. A. F.-Verbots prüfen und könne sich nicht auf dessen Bestandskraft berufen. Letztlich sei zu prüfen, ob das Verbotsobjekt selbst gemäß § 8 Abs. 1 VereinsG verfassungswidrige Bestrebungen weiterverfolge. Die Inhalte von Schriftstücken, Slogans, Aufklebern, Plakaten, Transparenten und Ansprachen seien ausschließlich in dem für den Urheber ungünstigsten Sinne ausgelegt worden, obwohl sich die allermeisten dieser Deutungen ersichtlich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten, sondern erlaubt seien. Das Bundesverfassungsgericht habe in der Wunsiedel-Entscheidung ausgeführt, dass das Grundgesetz kein allgemeines antinationalsozialistisches Grundprinzip kenne, welches ein Verbot der Verbreitung rechtsradikalen oder nationalsozialistischen Gedankenguts schon in Bezug auf die geistige Wirkung seines Inhaltes erlaube. Unter dieser Prämisse seien die Annahmen und Herleitungen des Beklagten hinfällig und damit keine taugliche Begründung zur Annahme von Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung.

In einem am Vortag der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz wird das Vorbringen der Kläger ergänzt und vertieft.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Forderung der Klägerseite nach einer inzidenten Überprüfung des Vereinsverbots der F. A. F. gehe ins Leere, da die damalige Verbotsverfügung unanfechtbar sei, nachdem eine dagegen gerichtete Klage mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 2006 (Aktenzeichen 4 A 04.532) im Wesentlichen abgewiesen worden sei. Die Zuständigkeit des StMI für die streitgegenständliche Verbotsverfügung ergebe sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG, wonach die oberste Landesbehörde Verbotsbehörde sei für Vereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränkten. Für die Zuständigkeit sei nicht entscheidend, ob Internetinhalte auch von außerhalb des eigentlichen Tätigkeitsgebietes bzw. weltweit zur Kenntnis genommen werden könnten. Die Nutzung des Internets führe nicht zur generellen Unzuständigkeit der Landesbehörden, da die bloße Abrufbarkeit von Inhalten außerhalb Bayerns keine Tätigkeit außerhalb Bayerns darstelle. Eine solche Tätigkeit setze stets ein Tätigwerden voraus, also ein aktives Durchführen von Aktionen. Dass sich das Tätigwerden des FNS im Wesentlichen auf Bayern beschränkt habe, sei in der Verbotsverfügung eingehend dargelegt worden. Die Zuständigkeit der Verbotsbehörde richte sich nach der Organisation und Tätigkeit des Vereins; als Organisationsbereich komme es in erster Linie auf die Vereinstätigkeit an, die überall dort stattfinde, wo der Verein in relevanter Weise durch nicht ganz unbedeutendes Verhalten anhaltend in Erscheinung trete. Die bloße Teilnahme einzelner Akteure an von Dritten organisierten und durchgeführten Veranstaltungen gehe nicht über eine unbedeutende Tätigkeit in einem anderen Bundesland hinaus; zudem fehle es insoweit an einem „anhaltenden“ In-Erscheinung-Treten außerhalb Bayerns. Zum Auftreten des FNS in der Öffentlichkeit werde auf die Verbotsverfügung verwiesen. Für die Bestimmung des Organisationsbereichs könne es auch auf den Wohnbereich der Mitglieder ankommen, ohne dass allein das Residieren einiger Mitglieder in anderen Bundesländern einen überregionalen Verein konstituiere. Es bleibe bei der Verbotszuständigkeit eines Landes, wenn der Tätigkeitsschwerpunkt dort liege. Eine Zuständigkeit des Bundesministeriums des Innern komme nur in Betracht, wenn die Vereinigung über das Gebiet des Landes, in dem sie ihren Sitz habe, hinaus durch nicht ganz unbedeutende Tätigkeiten anhaltend in Erscheinung trete. Das FNS habe sich - wie ausführlich dargestellt - stets als nationales politisches Infoportal für Bayern bzw. als Widerstandsportal für Bayern, Franken, Schwaben und die Oberpfalz bezeichnet und sei als solches aufgetreten. Dass viele Akteure des FNS sich dem „Dritten Weg“ angeschlossen hätten, könne zu keiner anderen Bewertung der Zuständigkeit führen. Die Mitgliedschaft in einer Vereinigung schließe die Mitgliedschaft in einer anderen Vereinigung nicht aus. Anders als bei dem FNS handle es sich beim „Dritten Weg“ nach eigenem Anspruch um eine bundesweit tätige politische Partei im Sinne des Parteiengesetzes, die seit ihrer Gründung im September 2013 in mehreren Bundesländern aktiv sei und dort sogenannte Stützpunkte gegründet habe. Gegründet worden sei der „Dritte Weg“ in Heidelberg, als Kontaktanschrift werde eine Adresse in Rheinland-Pfalz genannt. Die leitenden Posten seien von Personen besetzt, die selbst keine Akteure des FNS gewesen seien, mit diesen nicht im Zusammenhang gestanden hätten und auch nicht aus Bayern stammten. Auch das sog. 10-Punkte-Programm weise in allen Punkten Deutschlandbezug auf und hebe nicht in einem einzigen Punkt Bayern hervor.

Zur Begründung der Vereinseigenschaft des FNS werde auf die Verbotsverfügung verwiesen. Entgegen der Behauptung der Klägerseite habe das FNS zum Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung nach wie vor bestanden. Es komme dabei nicht auf ein Fortbestehen in der ursprünglichen Gestalt an; es genüge, dass der Verein zu diesem Zeitpunkt nach lebensnaher Betrachtung als noch existent anzusehen sei und somit Adressat einer Verbotsverfügung sein könne. Unabhängig davon spreche einiges dafür, auch einen nicht mehr existenten Verein nach dem Vereinsgesetz verbieten zu können, um die mit einem Verbot verbundenen Folgen auslösen zu können. Ziel eines Vereinsverbots sei nicht nur die aktuelle Struktur und Organisation zu zerschlagen, sondern auch die Fortführung der Ziele und Aktivitäten präventiv zu unterbinden. Soweit noch ein berechtigtes Interesse an einem Vereinsverbot anzunehmen sei, müsse ein solches Verbot möglich sein. Fragen der Adressierung des Verbots träten dahinter zurück, da die zu verbietende Organisation insoweit wie ein Verein in Auflösung zu behandeln sei. Letztlich könne dies hier offen bleiben, da das FNS zum Zeitpunkt des Verbots nach wie vor existent gewesen sei. Bei der Mitteilung auf der Internetseite des FNS am 28. April 2014, dass die Internetplattform eingestellt und künftig nicht mehr aktualisiert würde, sei zugleich darauf hingewiesen worden, dass die Plattform als Archivseite fortbestehe und bis auf weiteres abrufbar bleibe. Sie sei somit als Vernetzungsmöglichkeit zwischen Mitgliedern der rechtsextremistischen Szene erhalten geblieben und habe als Kommunikationsplattform dienen können; auch die E-Mail-Adresse sei für die Kontaktaufnahme freigeschaltet geblieben. Durch die Aufrechterhaltung der Plattform in einer nicht aktualisierten Version seien die verfassungswidrigen Bestrebungen der F. A. F fortgeführt worden. Nach der Rechtsprechung könnten für das Erfüllen eines Verbotsgrundes auch zurückliegende Umstände herangezogen werden, soweit sie noch aussagekräftig seien. Alle bisher eingestellten Beiträge der Internetseite seien auch nach der Ankündigung vom 28. April 2014 erreichbar und die Verlinkung zu Internetangeboten extremistischer Gruppierungen erhalten geblieben. Somit sei das FNS zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung durch die Internetplattform weiterhin existent gewesen, so dass die Verfügung nicht ins Leere gegangen sei. Aus Sicht eines unbedarften Dritten habe dieser weiterhin mit der Existenz des FNS rechnen müssen, da er die Internetadresse nach wie vor habe erreichen können und damit Zugang zu den bisher eingestellten Beiträgen und Verlinkung gehabt habe. Allein die Einstellung der Aktualisierungsbemühungen stelle keine Selbstauflösung des FNS dar. Es habe weiterhin fortbestanden und durch das Betreiben der Internetplattform den Verbotsgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VereinsG erfüllt. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass dem Vereinsverbot umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen vorausgegangen seien, um die Strukturen des Vereins aufzudecken und belastbare Informationen für ein Verbot zusammenzutragen. Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen am 10. Juli 2013 seien umfangreiche Beweismittel zu den verfassungswidrigen Tätigkeiten des FNS sichergestellt worden, auf deren Basis die Verbotsverfügung erlassen worden sei. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei für die Akteure des FNS damit zu rechnen gewesen, dass ein Vereinsverbot im Raum stehe und in absehbarer Zeit erlassen werde, so dass eine inhaltliche Neuausrichtung bzw. Verschleierung der Vereinsaktivitäten naheliegend gewesen sei. Wie in der Verbotsverfügung dargelegt, habe der behauptete Rückzug aus der publizistischen Tätigkeit einem Verbot zuvorkommen sollen und lediglich den Versuch dargestellt, die eigenen Vorhaben und Ziele ungeachtet gefürchteter staatlicher Maßnahmen weitgehend unverändert fortführen zu können. Allein das vorgebliche Aufgeben der Internetplattform könne schon aufgrund des Gesetzeszweckes ein Vereinsverbot nicht verhindern. Vielmehr könnte sonst aufgrund eines bloßen Unterbleibens weiterer aktiver Tätigkeiten der Erfolg eines Vereinsverbotsverfahrens leicht unterlaufen und so dessen Zweck vereitelt werden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klagen, die sich jeweils gegen die Nr. 1 und 2 des Bescheids des StMI vom 2. Juli 2014 richten, sind zulässig, haben aber keinen Erfolg. Das angegriffene Vereinsverbot ist, soweit die Kläger sich dagegen im Rahmen einer Anfechtungsklage zur Wehr setzen können, nicht rechtswidrig und verletzt sie daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Bei dem mit einem gemeinsamen Klageschriftsatz verfolgten Rechtsschutzbegehren der 41 Kläger, die sich auf eine individuelle Grundrechtsbetroffenheit berufen, handelt es sich um eine Mehrzahl gleichgerichteter Anfechtungsklagen und damit um eine subjektive Klagehäufung (§ 64 VwGO i. V. m. § 60 ZPO).

Das gemeinsam verfolgte Ziel einer Teilaufhebung des Verbotsbescheids lässt sich bei sach- und interessengerechter Auslegung nicht dahingehend (um-)deuten, dass die Kläger nicht (nur) als Einzelne klagen, sondern (auch) in ihrer Gesamtheit das FNS repräsentieren und dessen Rechte wahrnehmen wollten, so dass (zusätzlich) über einen Aufhebungsanspruch des FNS zu entscheiden wäre. Eine in dieser Form erhobene Anfechtungsklage „des FNS“ wäre mangels Aktivlegitimation von vornherein unbegründet. Denn die einer Personenvereinigung zustehenden Rechte können nur von deren Organen bzw. von Vertretern ausgeübt werden, die von der Vereinigung dazu bestellt worden sind (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2001 - 6 VR 1/01 u. a. - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 34 juris Rn. 6). Dass ihnen das FNS eine Organfunktion zugewiesen oder im Hinblick auf das Vereinsverbot einen speziellen Vertretungsauftrag erteilt hätte, machen aber die Kläger selbst nicht geltend. Sie tragen vielmehr vor, dass das FNS weder Organe noch sonstige Vertreter gehabt habe und dass es dort überhaupt zu keinen verbindlichen internen Willensbildungsprozessen gekommen sei. Eine wie auch immer geartete Repräsentantenstellung der Kläger kommt demnach nicht in Betracht. Das Gleiche gilt für eine - im Anfechtungsrechtsstreit wohl ohnehin unzulässige (vgl. BayVGH, B.v. 24.7.2014 - 15 CS 14.949 - Rn. 19 m. w. N.) - gewillkürte Prozessstandschaft, da auch die Befugnis, im eigenen Namen einen Prozess über ein fremdes Recht zu führen, eine Ermächtigung des Rechtsinhabers voraussetzt (vgl. BVerwG U.v. 30.11.1973 - IV C 20.73 - BayVBl 1974, 440).

II.

An einer Prozessführung für das FNS haben die Kläger im Übrigen auch kein schützenswertes Interesse, da sie gegen die Verbotsverfügung aus eigenem Recht Klage erheben können. Für ihre Anfechtungsklagen steht ihnen jeweils die nach § 42 Abs. 2 VwGO notwendige Klagebefugnis zu.

Grundsätzlich kann zwar ein Vereinsverbot nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur von der verbotenen Vereinigung selbst angefochten werden, nicht dagegen von deren Mitgliedern oder sonstigen Einzelpersonen (BVerwG, U.v. 13.8.1984 - 1 A 26/83 - DÖV 1984, 940; B.v. 2.3.2001 a. a. O. juris Rn. 7; B.v. 4.7.2008 - 6 B 39/08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 45; B.v. 19.7.2010 - 6 B 20/10 - NVwZ 2011, 372 Rn. 14; U.v. 14.5.2014 - 6 A 3.13 - NVwZ 2014, 1573 Rn. 11). Denn die Verbotsverfügung betrifft nicht die individuelle Rechtsstellung natürlicher Personen, sondern die Rechtsstellung der verbotenen Vereinigung als einer Gesamtheit von Personen. Sofern das Vereinsverbot Rechte verletzt, können dies nur Rechte der verbotenen organisierten Personengesamtheit sein, die ungeachtet ihrer Rechtsform nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig ist und im Rechtsstreit gemäß § 62 Abs. 3 VwGO durch ihren Vorstand oder durch anderweitig beauftragte Personen vertreten wird (BVerwG a. a. O.; Graulich, DVBl 2015, 1210/1215). Ausnahmsweise können jedoch einzelne Personen, denen der Verbotsbescheid zugestellt wurde, ein nach § 42 Abs. 2 VwGO zulässiges individuelles Rechtsschutzbegehren verfolgen, wenn und soweit sie geltend machen, die Existenz eines Vereins im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG sei von vornherein ausgeschlossen und die Verfügung betreffe sie daher persönlich in ihrer Rechtsstellung (BVerwG a. a. O.). Denn in einem solchen Fall kann der von der Verfügung betroffene Personenkreis regelmäßig mangels Beteiligtenfähigkeit (§ 61 Nr. 2 VwGO) nicht selbst Klage erheben (vgl. HambOVG, B.v. 6.10.2000 - 4 Bs 269/00 - juris Rn. 17).

Entsprechend diesen Grundsätzen, die auch für Verbotsverfügungen gegen Ersatzorganisationen nach § 8 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG gelten müssen, steht den Klägern als individuell betroffenen Personen die geforderte Klagebefugnis zu. Sie gehören zu den insgesamt 47 Adressaten, denen der Bescheid des StMI vom 2. Juli 2014 zugestellt wurde, und berufen sich (u. a.) darauf, dass es sich beim FNS wegen fehlender organisatorischer Strukturen nicht um einen Verein im Sinne des Gesetzes handle oder gehandelt habe. Würde das Vereinsverbot unanfechtbar, könnten sie sich nach § 85 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB strafbar machen, falls sie die im Bescheid genannten Aktivitäten fortführen oder wiederaufnehmen sollten.

III.

Die Anfechtungsklagen sind jedoch unbegründet. Die bezüglich des FNS ergangene Verbotsverfügung ist, soweit sie im vorliegenden Verfahren geprüft werden kann, rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Wird ein Vereinsverbot - wie hier - von natürlichen Personen zulässigerweise mit der Begründung angegriffen, die in § 2 Abs. 1 VereinsG genannten Voraussetzungen eines Vereins lägen nicht vor, so ist die gerichtliche Prüfung auf dieses Vorbringen beschränkt. Ob darüber hinaus die sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und insbesondere die materiellen Verbotsgründe vorliegen, bleibt in einem solchen Verfahren außer Betracht (BVerwG, B.v. 4.7.2008 a. a. O. Rn. 5, B.v. 6.1.2014 - 6 B 60/13 Rn. 16; U.v. 14.5.2014 a. a. O.; HambOVG a. a. O. Rn. 18; NdsOVG, U.v. 3.9.2013 - 11 KS 288/12 - DVBl 2013, 1406 juris Rn. 36). Darin liegt entgegen der Auffassung der Kläger keine unzulässige Beschränkung des nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebotenen Rechtsschutzes. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es sich bei der betreffenden Personengruppe nicht um einen Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG handelt, ist die Verbotsverfügung schon aus diesem Grund aufzuheben. Liegen hingegen die Begriffsmerkmale eines Vereins vor, so ist (bzw. wäre) dieser nicht gehindert (gewesen), selbst eine vollständige Prüfung der Verbotsvoraussetzungen herbeizuführen (BVerwG, B.v. 4.7.2008 a. a. O.). Nimmt der Verein die Verbotsverfügung hin oder versäumt er einen möglichen Rechtsbehelf, so können nicht ersatzweise einzelne seiner Mitglieder oder sonstige interessierte Personen eine umfassende gerichtliche Kontrolle herbeiführen (vgl. HambOVG a. a. O. Rn. 16).

2. Das FNS stellte - bezogen auf den für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2012 - 6 A 2/10 - NVwZ-RR 2012, 648 Rn. 12) - einen Verein gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 VereinsG dar, denn es erfüllte alle Merkmale der in § 2 Abs. 1 VereinsG enthaltenen Legaldefinition. Danach ist ein Verein im Sinne des Gesetzes ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.

a) Die Begriffsmerkmale des § 2 Abs. 1 VereinsG, für deren Vorliegen die Verbotsbehörde die materielle Beweislast trägt, sind grundsätzlich weit auszulegen (BVerwG, U.v. 14.5.2014 a. a. O. Rn. 24 m. w. N.). Dies entspricht dem gefahrenabwehrrechtlichen Zweck des Vereinsgesetzes und dient zugleich dem Schutz der Vereinigungsfreiheit, da die Existenz einer Vereinigung, welche die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 VereinsG erfüllt, nur gemäß § 3 Abs. 1 VereinsG und nach Feststellung des Vorliegens eines Verbotsgrunds nach Art. 9 Abs. 2 GG beendet werden darf (vgl. BTDrs 4/430 S. 13).

Auch bei einer extensiven Interpretation des Vereinsbegriffs kann zwar ein Zusammenschluss von Personen nur angenommen werden, wenn diese sich durch einen konstitutiven Akt verbunden haben. An die Qualität dieses Aktes dürfen jedoch keine hohen Anforderungen gestellt werden; eine stillschweigende Übereinkunft reicht aus (BVerwG a. a. O., Rn. 25; HambOVG, B.v. 6.10.2000 a. a. O., juris Rn. 20; NdsOVG, U.v. 3.9.2013 a. a. O. juris Rn. 38). Hinsichtlich des gemeinsamen Zwecks genügt eine faktische Übereinstimmung über die wesentlichen Ziele des Zusammenschlusses, gleichviel worin diese Ziele bestehen. Die vom Willen der einzelnen Mitglieder losgelöste und organisierte Gesamtwillensbildung, der die Mitglieder kraft der Verbandsdisziplin untergeordnet sein müssen, erfordert weder eine Satzung noch spezifische Vereinsorgane; ausreichend ist eine Organisationsstruktur, die faktisch auf eine organisierte Willensbildung schließen lässt. Das Vorliegen sämtlicher Begriffsmerkmale kann aus Indizien hergeleitet werden (BVerwG a. a. O.; HambOVG a. a. O., juris Rn. 21).

b) Nach diesen Maßgaben hat das StMI zu Recht eine Vereinseigenschaft des FNS angenommen.

Wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt und im angegriffenen Bescheid dargelegt wird, sind für das FNS, das sich seit der Gründung im November 2008 und der nachfolgenden Anmeldung der Domain http://freies-netz-sued.net stets in Pluralform („wir“, „uns“) präsentiert hat, eine Reihe namentlich bekannter Personen über längere Zeiträume hinweg tätig geworden, z. B. die Kläger zu 3, 5 und 24 als offizielle Betreiber der Homepage, die Klägerin zu 13 als Inhaberin der zur Kontaktaufnahme angegebenen Telefonnummer sowie die Kläger zu 2, 6, 14, 30 und 32 als presserechtlich Verantwortliche für die in größeren Mengen bereitgehaltenen FNS-Flugblätter, -Aufkleber und -Flyer. Es muss daher von einem - zumindest konkludent begründeten - dauerhaften Zusammenschluss einer Personenmehrheit zu einem gemeinsamen Zweck ausgegangen werden.

Dieser Zweck bestand entgegen den Selbstdarstellungen auf der Website des FNS (s. Bescheid v. 2.7.2014, S. 12 f.) nicht lediglich im Betreiben eines online gestellten politischen Infoportals, also einer für Aktivisten des „Nationalen Widerstands“ geöffneten Informations-, Kommunikations- und Publikationsplattform. Das FNS hat vielmehr als eine Art Dachverband der ihm angeschlossenen regionalen und lokalen neonazistischen Vereinigungen („Kameradschaften“) eine Koordinations- und Lenkungsfunktion für ganz Bayern wahrgenommen. Diese Organisationsstruktur und der daraus resultierende Führungsanspruch kommen freilich in den öffentlichen Verlautbarungen der Betreiber der Website und in den bei der Durchsuchung sichergestellten E-Mails der maßgeblichen Akteure nicht explizit zur Sprache. Aus einer Reihe schriftlicher Äußerungen maßgeblicher Protagonisten sowie aus Art und Umfang der vom FNS entfalteten Tätigkeit, insbesondere den von ihm initiierten und propagierten überörtlichen Kampagnen und Demonstrationen, wird aber erkennbar, dass es den Mitgliedern des Netzwerks über einen bloßen Informationsaustausch hinaus um das aktive Fördern bestimmter rechtsextremer politischer Aktivitäten auch außerhalb des Internets ging und dass dazu eine dauerhafte Organisationsstruktur aufgebaut wurde, der sich die angeschlossenen Kameradschaften und sonstigen Aktivisten bis zu einem gewissen Grad ein- und untergeordnet haben.

aa) Dass das FNS entgegen dem Vorbringen der Kläger kein bloßes Informationsportal war, ergibt sich aus einer Vielzahl von Indizien. So wurde beim Kläger zu 3, der bis zur streitgegenständlichen Verbotsverfügung Inhaber der auf der Website mit einem Verschlüsselungscode angegebenen E-Mail-Adresse fnsued@gmx war (vgl. S. 14, 17 des Bescheids), bei der Hausdurchsuchung am 10. Juli 2013 ein Ausschnitt aus einem intern verbreiteten Mobilisierungsflugblatt gefunden, dessen Formulierung („Vom Freien Netz Süd fährt ein Bus zum Trauermarsch nach Bad Nenndorf“) unzweideutig auf eine vom FNS zentral organisierte Aktion im August 2010 hinweist (Behördenakten [BA] S. 1771). Dementsprechend heißt es im nachfolgenden Bericht auf der Website www.f...de, die Resonanz „auf unseren Aufruf“ sei groß gewesen; das dazu veröffentlichte Foto zeigt ein bei der Veranstaltung mitgeführtes Plakat mit dem bayerischen Landeswappen und dem Zusatz „Freies Netz Süd Kameradschaft München“ (BA S. 1770 f.).

In einer ebenfalls auf der Website veröffentlichten Meldung über eine Veranstaltung zum 1. Mai 2009 in W. ... wird sogar explizit von einer „Demonstration des Freien Netz Süd“ gesprochen, bei der als Redner „vom Freien Netz Süd“ der Kläger zu 3 aufgetreten sei; dieser habe dann „die Veranstaltung offiziell beendet“ (BA S. 1790). Nach weiteren auf der FNS-Homepage erschienenen Berichten hat der Kläger zu 3 in seiner Eigenschaft als Vertreter des „Freien Netz Süd“ auch einige Wochen später bei einer Versammlung vor „Aktivisten aus dem Nationalen Widerstand“ in Schwandorf sowie am 12. Februar 2011 bei einer „Gedenkveranstaltung“ in Budapest das Wort ergriffen (BA S. 1791). In einem Bericht über einen Aktionstag am 2. April 2011 wird ein (namentlich nicht genannter) „Vertreter des ‚Freien Netz Süd‘“ erwähnt, der auf einer Kundgebung in Ansbach gesprochen habe (BA S. 2037). In einer Meldung vom 10. Mai 2012 ist von der „traditionelle(n) 1. Mai Demonstration des Freien Netz Süd“ in Hof a. d. Saale die Rede (BA S. 2172). Diese Wortwahl legt - ebenso wie der auf Flyern verbreitete Appell „FREIES-NETZ-SUED.net - Schließt euch uns an!“ (BA S. 1799) - den Schluss nahe, dass es sich hier um einen mitgliedschaftlich verfassten Personenverband mit einer eigenen politischen Agenda handelte.

bb) Verschiedene Berichte auf der Homepage lassen klar erkennen, dass das FNS von sich aus politische Aktionen initiiert und zentral gesteuert hat, die dann auf der regionalen oder lokalen Ebene von gleichgesinnten Gruppen oder Einzelpersonen umgesetzt wurden. So heißt es in einem Bericht vom 14. September 2010, „das ‚Freie Netz Süd‘ (FNS) startet ab dem heutigen Schulbeginn eine neue Kampagne, die sich gegen die Ableistung des Wehrdienstes richtet…“ (BA S. 2413). Schon ab dem folgenden Tag finden sich Meldungen, wonach in mehreren Ortschaften Niederbayerns sowie u. a. im Bereich von Fürth, Nürnberg, München, Erlangen-Höchstadt, Hof, Bayreuth und Schweinfurt entsprechende Plakate und Flugblätter aufgetaucht seien (BA S. 2413 ff.). Ein Bericht vom 13. Juni 2011 beschreibt unter der Überschrift „Spontane Flugblattaktion gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan“ eine Verteilaktion in Schwandorf „mit dem aktuellen Material der Kampagne des Freien Netz Süd - Sag nein zur Bundeswehr“ (BA S. 2435). Auch die Mobilisierungskampagne für die o. g. Demonstration zum 1. Mai 2012 in Hof wurde offenkundig zunächst vom FNS in Gang gesetzt und erst später von den angeschlossenen regionalen Gruppen aufgegriffen (BA S. 2198 ff.).

Das FNS hat die für solche Aktionen notwendigen Propagandamittel ersichtlich in großen Mengen selbst hergestellt und zur Verteilung bereitgehalten. So fand sich im Zuge einer Durchsuchung beim Kläger zu 19 neben Druckvorlagen für frühere FNS-Flyer u. a. eine Folie mit mehreren unterschiedlich gestalteten Vorlagen für den Schriftzug www.f...net (BA S. 2069). In einem auf der Homepage am 12. August 2011 abrufbaren Bericht zum Thema Zeitarbeit wird mitgeteilt, dass „das FNS“ den betreffenden Text auch als Vollfarb-Flugblatt im DIN A 6- Format erstellt habe; dieses könne ebenso wie entsprechende Themenaufkleber im Format DIN A 7 nunmehr im „nationalen Versandhandel“ von Interessierten bezogen werden (BA S. 2178). In einer Meldung vom 24. März 2011 heißt es, das „Freie Netz Süd“ habe ein Flugblatt „Hände weg von Libyen“ gestaltet, das sich nunmehr jeder kostenlos runterladen könne; auf der beigefügten Abbildung des Flugblatts findet sich der Urhebervermerk „© ...“ (BA S. 2435).

Das FNS hat sich demnach nicht auf die Rolle eines zentralen Informationsmediums beschränkt, sondern durch die Schaffung einer übergeordneten Organisation die auf regionaler und lokaler Ebene vorhandenen rechtsextremistischen Gruppierungen und Aktivisten für bestimmte Aktionen zu einem landesweiten Handlungsverbund zusammengeführt. Die auf verschiedenen medialen Wegen initiierten und koordinierten landesweiten Kampagnen setzten ein arbeitsteiliges Vorgehen und damit ein Mindestmaß an organisierter Willensbildung innerhalb des FNS voraus. Dies wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass „den Kameraden vom Freien Netz Süd“ im Juni 2011 für ihren „Einsatz um Strukturaufbau und Vernetzung des nationalen Lagers“ ein Förderpreis eines NPD-Presseorgans zuerkannt wurde (BA S. 2458). Ein bei der Klägerin zu 27 sichergestellter Datenträger enthält insoweit aufschlussreiche Schreiben von NPD-Funktionären, in denen das FNS ausdrücklich als eine (vom Verbot bedrohte) „Vereinigung“ bezeichnet wird (BA S. 2455 ff.).

cc) Dass das FNS bei den von ihm organisierten Aktionen einen Führungsanspruch erhoben hat und zumindest von einigen der bestehenden „Kameradschaften“ auch tatsächlich als eine überregionale Führungsinstanz akzeptiert worden ist, belegt etwa ein beim Kläger zu 40 beschlagnahmter Brief des Klägers zu 10 vom 4. März 2011. Darin ist zunächst in Bezug auf die Fahrt zu einer Versammlung in Dresden von „Netzbussen“ und „Netzmitgliedern“ die Rede; im Zusammenhang mit Unstimmigkeiten innerhalb des „Nationalen Bündnisses Niederbayern“ (NBN) heißt es dann, der Verfasser des Briefes sei „auf die Netzantwort gespannt“; er frage sich, „wie stellt sich das Netz die weitere Zusammenarbeit vor…?“ (BA S. 2017 ff.). Hieran wird deutlich, dass dem landesweit tätigen FNS eine besondere Autorität im Verhältnis zu den regionalen oder lokalen Gruppen zuerkannt wurde. Dies schließt einzelne sachliche oder persönliche Konflikte nicht aus. So beschreibt etwa eine beim Kläger zu 40 beschlagnahmte Materialsammlung für die Jahre 2008 und 2009 Streitigkeiten zwischen Vertretern des FNS, namentlich den als „Führungskader“ bezeichneten Klägern zu 1 und 2, und den in München und Nürnberg aktiven „Freien Nationalisten“ (BA S. 2020 ff.).

Die vorliegenden Erkenntnisse belegen, dass die regionalen Kameradschaften durch regelmäßige Treffen in das übergeordnete Netzwerk FNS eingebunden wurden. Hierfür spricht beispielsweise eine beim Kläger zu 17 aufgefundene E-Mail an den Kläger zu 2. Darin verwahrt sich der Absender gegen Kritik an seiner Abwesenheit „beim letzten Treffen“ mit dem Hinweis, seines Wissens müsse (nur) „aus jedem Bezirk eine Person anwesend sein“; zum letzten Treffen seien absprachegemäß zwei Personen „als Vertreter der Oberpfalz“ gefahren. Später heißt es dort, er verbitte sich den Vorwurf, sich jemals unsolidarisch „gegenüber dem FNS oder einer anderen nationalen Struktur verhalten“ zu haben (BA S. 2521). Ebenfalls im elektronischen Datenbestand des Klägers zu 17 findet sich eine elektronische Textnachricht mit der Anfrage, ob „für das nächste FNS treffen“ noch eine E-Mail geschickt werden solle mit dem Inhalt, dass „die Führungsleute das Geld von ihren Kameradschaften mitbringen sollen“ (BA S. 2522). Eine elektronische Nachricht von einem auf den Kläger zu 2 zugelassenen Account spricht im Hinblick auf die Verwendung bestimmten Propagandamaterials von getroffenen „Gesamtentscheidungen“ (BA S. 2342); in E-Mails des Klägers zu 1 ist von „Führungsleuten“ und von einem „Treffen der regionalen Gruppenvertreter“ die Rede (BA S. 2344).

dd) Ungeachtet dieser Beteiligung der regionalen Gruppierungen deuten die verfügbaren Indizien darauf hin, dass sich der Willensbildungsprozess innerhalb des FNS letztlich auf ganz wenige Führungspersonen beschränkt hat. Dies gilt nicht nur für die Textauswahl auf der Website, für die es in einer E-Mail aus dem FNS-Umkreis heißt, alle eingereichten Berichte würden „erst von uns gelesen, geprüft … ggf. anwaltlich“ (BA S. 2525). Auch die sonstigen Aktivitäten des FNS wurden ersichtlich von einem kleinen Kreis von Aktivisten zentral geplant und gesteuert. Dabei wurden im Interesse einer organisierten Gesamtwillensbildung unterschiedliche Zuständigkeiten festgelegt und Aufgabenfelder verteilt.

Wie im Bescheid des StMI näher ausgeführt wird (S. 23 bis 31), kam insoweit den Klägern zu 1 und 2 die maßgebliche Leitungsfunktion zu. Im Rahmen einer stillschweigenden Arbeitsteilung dürfte dabei der Kläger zu 1 vorrangig die inhaltlichen Positionen des FNS vorgegeben und nach außen hin vertreten haben, während der Kläger zu 2 als regelmäßiger Anmelder von Veranstaltungen und presserechtlich Verantwortlicher eher organisatorische und technische Aufgaben übernommen hat (vgl. BA S. 2218, 2248, 2269). Wie die teilweise konspirative Vorgehensweise dieser beiden Hauptverantwortlichen des FNS zeigt, wollten sie allerdings bei allen ihren schriftlichen Äußerungen unbedingt vermeiden, dass sich dadurch „Strukturen aufdecken“ lassen (BA S. 2347). Der insoweit aufschlussreiche E-Mail-Verkehr zur Anfrage eines Aktivisten aus der Schweiz, der dort „als Ableger des FNS“ eine Kameradschaft aufbauen wollte, lässt gleichwohl deutlich erkennen, dass hinsichtlich einer Aufnahme in das FNS die Kläger zu 1 und 2 die maßgeblichen Entscheidungsträger waren (BA S. 2347 ff.).

Die hervorgehobene politische Führungsrolle insbesondere des Klägers zu 1 zeigt sich schon an der Vielzahl und an der Ausführlichkeit der ihn betreffenden Berichte auf der Website des FNS, insbesondere zu seinen Auftritten als Redner bei zentralen Veranstaltungen und als Repräsentant des „nationalen Lagers“ bei Besuchen im Ausland (BA S. 1547 f., 1553 ff.). In welch hohem Maße die Aktivitäten des FNS von seiner Person abhängig waren, trat vor allem während seiner mehrjährigen Haftzeit zutage. Wie sich aus dem sichergestellten E-Mail-Verkehr ergibt, wurden in dieser Zeit einige seiner bisherigen Leitungsfunktionen vom Kläger zu 40 ausgeübt, der dabei von dem (über die Entwicklungen fortlaufend informierten) Kläger zu 1 verschiedentlich aus der Haft heraus schriftlich angewiesen und angespornt wurde (BA S. 2010, 2043 ff., z. B. 2047: „Lass Dir die Zügel nicht aus der Hand nehmen“.). Nachdem der Kläger zu 40 selbst in Haft gekommen war, wurde es für die verbliebenen FNS-Akteure offenbar schwierig, mit den schriftlichen Unterlagen sinnvoll weiterzuarbeiten; dies belegt ein Brief des Klägers zu 2 vom 27. Juni 2011 („Wie Du Dir vorstellen kannst, muss hier wieder alles neu erarbeitet werden… Es nützen die schönsten Listen nichts, wenn sie andere nicht interpretieren können. Jede Woche tauchen neue Fragen auf…“; BA S. 2015 f.). In einem Brief an den Kläger zu 40 vom 6. Juni 2011 ist davon die Rede, in ein paar Monaten sei „ja der Chef wieder da“; mit dieser Bezeichnung kann nach Lage der Dinge nur der bis zum September 2011 inhaftierte Kläger zu 1 gemeint sein (BA S. S. 2017).

Welche besondere Autorität der Kläger zu 1 ungeachtet seiner haftbedingten langen Abwesenheit besaß, zeigt auch das handschriftlich verfasste „Grußwort“, das er dem Kläger zu 40 zur Verlesung auf dem für Mai 2010 geplanten „3. Frankentag“ übermittelt hat (BA S. 2047, 2049 f.). Auf dem im Folgejahr veranstalteten „4. Frankentag“ gab es laut einem Bericht auf der Website des FNS vom 16. August 2011 ebenfalls „Grußworte“ des weiterhin inhaftierten Klägers zu 1 (BA S. 1792). Bereits wenige Monate nach seiner Entlassung aus der JVA Bayreuth trat er dann bei der als „1. Mai Demonstration des Freien Netz Süd“ bezeichneten Versammlung zum 1. Mai 2012 in Hof (vgl. BA S. 2172) wieder als Redner auf und ließ sich dort von Gleichgesinnten mehrfach interviewen; hieraus wurde ein Dokumentationsvideo produziert, das einige Wochen später auf youtube veröffentlicht wurde (BA S. 2205 ff.). Dass der Kläger zu 1 nach außen hin als der maßgebliche Repräsentant des FNS galt, wird auch in dem Umstand deutlich, dass er von neonazistischen Kreisen aus Sachsen als Vortragsredner angefragt wurde, um über seine Arbeit zu berichten (BA S. 2290 f.).

Die ungewöhnlich hohe Zahl der bei ihm sichergestellten Flugblätter und Aufkleber (BA S. 1538 ff.) belegt schließlich, dass der Kläger zu 1 neben seinen öffentlichen Auftritten auch als zentrale Verteilstation für das Propagandamaterial des FNS fungiert hat. An der Produktion und Gestaltung der Druckwerke war er offenbar ebenfalls maßgeblich beteiligt, wie der aufgefundene Datenträger mit pdf-Vorlagen für unterschiedliche Papierformate zeigt (BA S. 1540).

Insgesamt ist aufgrund dieser herausragenden Stellung des Klägers zu 1 davon auszugehen, dass er innerhalb des FNS eine (weitgehende) faktische Leitungsgewalt besaß und damit - unterstützt vom Kläger zu 2 - in der Lage war, konkrete Aktionen des rechtsextremistischen Netzwerks zu initiieren, zu koordinieren und zu steuern. Die einzelnen Mitglieder und angeschlossenen Kameradschaften haben diesen Führungsanspruch durch ihre fortwährend bekundete Bereitschaft zur Zusammenarbeit konkludent anerkannt und sich damit prinzipiell dem Gesamtwillen der Vereinigung FNS unterworfen.

c) Das FNS hat seine Vereinseigenschaft nicht dadurch verloren, dass sich in den letzten Monaten vor dem Verbot einige seiner Aktivisten dem ebenfalls rechtsextremistisch ausgerichteten „Dritten Weg“ (auch: „III. Weg“) angeschlossen haben. Bei dieser im September 2013 in Heidelberg gegründeten und derzeit mit Postfach in Bad Dürkheim ansässigen Vereinigung handelt es sich dem eigenen Anspruch nach um eine auf Bundesebene tätige Partei, die in mehreren Bundesländern mit Stützpunkten aktiv ist und eine Beteiligung an Wahlen anstrebt. Eine Mitgliedschaft im „Dritten Weg“ schließt daher eine gleichzeitige Betätigung in dem auf Bayern beschränkten Netzwerk FNS keineswegs aus. Dass der „Dritte Weg“ die Organisationsstrukturen des FNS übernommen hätte und dessen Kampagnen unverändert fortführen würde, ist jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der Verbotsverfügung nicht ersichtlich.

d) In dem Umstand, dass die Internetplattform des FNS seit dem 28. April 2014 nicht mehr aktualisiert wurde, lag noch keine (Selbst-) Auflösung der organisatorischen Strukturen mit der Folge, dass bei Erlass des angegriffenen Bescheids im Juli 2014 kein Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG mehr bestanden hätte.

Zwar hat das FNS, dessen öffentlich sichtbare Aktivitäten bereits nach den landesweiten Durchsuchungsaktionen am 10. Juli 2013 zurückgegangen waren, mit dem „Einfrieren“ des Internetauftritts seine publizistischen Wirkungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. Die bisher auf der Internetseite eingestellten Beiträge blieben jedoch ebenso wie die Verlinkungen zu den Internetangeboten anderer rechtsextremistischer Organisationen weiterhin erreichbar. Aus diesem Aufrechterhalten der Homepage als Archivseite und an dem fortbestehenden Angebot einer verschlüsselten Kontaktaufnahme über die E-Mail-Adresse [email protected] wird erkennbar, dass an dem Anspruch festgehalten wurde, das Zusammenwirken der bestehenden neonazistischen Verbände und örtlichen Aktivisten auf der überregionalen Ebene zu fördern. Dass die maßgeblichen Akteure des FNS ihr bisheriges Konzept, nach Art eines Dachverbands zentrale Koordinations- und Lenkungsaufgaben wahrzunehmen, mit dem bloßen Verzicht auf eine Aktualisierung des Internetauftritts dauerhaft aufgegeben hätten, kann weder ihren ausdrücklichen Verlautbarungen noch den sonstigen Umständen entnommen werden.

Die bisherige, weitgehend konspirative Vorgehensweise innerhalb des FNS spricht vielmehr dafür, dass der Rückzug aus öffentlich wahrnehmbaren Betätigungsfeldern lediglich dazu dienen sollte, die zum damaligen Zeitpunkt erwarteten vereinsrechtlichen Verbotsmaßnahmen zu erschweren und sich durch die vorsorgliche Bildung verdeckter Strukturen auf einen künftigen Verbotsfall vorzubereiten. Bereits im Vorfeld der behördlichen Durchsuchungsaktionen hatte es, wie einige in den Behördenakten dokumentierte Äußerungen von FNS-Aktivisten belegen, konkrete Überlegungen dazu gegeben, wie die bisherigen Tätigkeiten nach einem Verbot fortgeführt werden könnten. So enthält etwa eine beim Kläger zu 17 gefundene E-Mail vom 9. April 2012 (BA S. 2525) eine Absprache für ein offenbar erwartetes Vereinsverbot („Fns Verbot - wenn Tag X dann der kommende Sonntag Treffen in Fürth“). In einer E-Mail-Korrespondenz am 11. Dezember 2012 wird die Frage erörtert, ob eine fiktive Presseagentur namens „Freie Medien Süd“ mit dem entsprechenden Logo im Falle eines Verbots des FNS dazu dienen könnte, dessen Videos weiterzuverwenden (BA S. 2359 f.). Der darin zum Ausdruck kommenden Entschlossenheit zur Fortführung der bisherigen Aktivitäten trotz des drohenden Verbots kann, auch wenn die genannten Äußerungen bei Erlass der Verbotsverfügung einige Zeit zurücklagen, für die Beurteilung der Frage, wie der Verzicht auf eine Aktualisierung der Homepage des FNS zu verstehen ist, eine erhebliche Aussagekraft beigemessen werden (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 - NVwZ 2003, 986/988). Es muss daher angenommen werden, dass das FNS bis zu der behördlichen Verbotsentscheidung in seiner (nicht offengelegten) Grundstruktur als Verein fortbestanden hat.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 205.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstands für jede der 41 Einzelklagen beruht auf § 52 Abs. 2 GKG (Auffangstreitwert). Der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (http://www.b...de/m...pdf) sieht zwar in Nr. 45.1.1 für ein Vereinsverbot durch eine oberste Landesbehörde einen Streitwert von 15.000 Euro vor (so auch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 6 B 31/14 - Buchholz 402.45 Vereinsrecht Nr. 65). Dies bezieht sich aber auf den (Normal-) Fall, dass das Verbot von der betroffenen Vereinigung angefochten und daher gerichtlich umfassend überprüft wird. Erheben wie hier nur einzelne Personen in eigenem Namen Klagen gegen die Verbotsverfügung, so erscheint es im Hinblick auf die von vornherein beschränkte Sachprüfung angemessen, für jede dieser Klagen keinen höheren Streitwert als den in § 52 Abs. 2 GKG genannten Betrag anzusetzen.

(1) Die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde zieht Forderungen Dritter gegen den Verein ein, wenn

1.
sie aus Beziehungen entstanden sind, die sich nach Art, Umfang oder Zweck als eine vorsätzliche Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins darstellen, oder
2.
sie begründet wurden, um Vermögenswerte des Vereins dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder den Wert des Vereinsvermögens zu mindern.
Hat der Gläubiger eine solche Forderung durch Abtretung erworben, so kann sie nur eingezogen werden, wenn der Gläubiger die in Satz 1 bezeichneten Tatsachen bei dem Erwerb kannte.

(2) Sachen Dritter werden eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.

(3) Rechte Dritter an den nach § 11 Abs. 1 oder nach § 12 Abs. 1 oder 2 eingezogenen Gegenständen bleiben bestehen. Sie werden eingezogen, wenn sie unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen begründet oder erworben worden sind.

(4) Die nach den Absätzen 1 bis 3 eingezogenen Gegenstände gehen mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsverfügung auf den Einziehungsbegünstigten über. Nicht vererbliche Rechte erlöschen.

(5) Verfügungen des Vereins, die in den letzten sechs Monaten vor Erlaß des Verbots in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen wurden, Gegenstände des Vereinsvermögens beiseite zu schaffen, sind dem Einziehungsbegünstigten gegenüber unwirksam. Ist zugunsten eines Vereinsmitglieds oder einer Person, die ihm im Sinne des § 138 Abs. 1 der Insolvenzordnung nahesteht, verfügt worden, so wird vermutet, daß diesen die in Satz 1 bezeichnete Absicht bekannt war.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 25. Mai 2010 Eigentümerin des im Grundbuch von … eingetragenen Grundstücks der Fl.-Nr. … mit dem Beschrieb „O …, Gebäude- und Freifläche“.

Im Verfahren B 1 X 13.435 wurde vom Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 3. Juli 2013 eine Durchsuchung der Wohnräume des Sohnes der Klägerin, …, unter der Wohnanschrift … in T. …, die zugleich die Wohnanschrift der Klägerin ist, im Zusammenhang mit einem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen das „Freie Netz Süd“ (im Folgenden: FNS) angeordnet. Auf den Auswertungsbericht vom 14. Januar 2014 (Bl. 115 ff. der Behördenakte II) wird Bezug genommen. Die Durchsuchung der Wohnräume in O. … von …und …wurde mit weiteren Beschlüssen vom 3. Juli 2013 (Verfahren B 1 X 13.433 und B 1 X 13.434) angeordnet.

Unter dem 2. Juli 2014 erließ das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr folgende Verfügung:

1. Die Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) ist eine Ersatzorganisation der vom Bayerischen Staatsministerium des Innern durch Verfügung vom 19. Dezember 2003 verbotenen Vereinigung „Fränkische Aktionsfront“ (F.A.F.).

2. Die Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) ist verboten und wird aufgelöst.

7. Sachen Dritter werden beschlagnahmt und zugunsten des Freistaates Bayern eingezogen, soweit der Berechtigte durch Überlassung der Sachen an das „Freie Netz Süd“ (FNS) dessen verfassungswidrige Bestrebungen gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt waren.

7.1 Insbesondere wird das dem „Freien Netz Süd“ (FNS) von der Eigentümerin, Frau …, geborene …, überlassene Grundstück samt Wohn- und Wirtschaftsgebäude in O. … …, …, Ortsteil O. …, eingetragen im Grundbuch der Gemarkung … beim Amtsgericht … Bd. 15, Bl. 612, Fl.-Nr. …, beschlagnahmt und zugunsten des Freistaates Bayern eingezogen.

In den Gründen der Verfügung ist unter anderem in Bezug auf das Anwesen O. … … ausgeführt (S. 114 ff.), dass die unter Ziffer 7.1 getroffene Anordnung auf § 12 Abs. 2 VereinsG beruhe. Danach müsse die Sache dem Verein von Dritten überlassen werden, d.h. es müsse ein bewusstes, rechtserhebliches Handeln des Eigentümers vorliegen. Die Art der Überlassung sei irrelevant. § 12 Abs. 2 VereinsG erfasse alle Sachen, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt seien, die verfassungswidrigen Bestrebungen eines Vereins zu fördern. Hierunter fielen auch auf den ersten Blick „neutrale“ Gegenstände und Besitztümer wie Grundstücke, die dem Verein zur Verfügung gestellt werden und in denen dann ein Großteil der verfassungsfeindlichen Tätigkeiten der Vereinigung stattfindet. Das Grundstück in O. … samt Wohn- und ehemaligem Gaststättengebäude sei makelbehaftet im Sinn des § 12 Abs. 2 VereinsG. Die Immobilie sei dem FNS für die Verwirklichung seiner, die Aktivitäten der F.A.F. fortführenden, verfassungswidrigen Bestrebungen von der Eigentümerin überlassen worden; dies sei jedenfalls mit bedingtem Vorsatz geschehen. Eine tatsächliche Nutzung des Anwesens durch die Eigentümerin selbst habe nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden zu keinem Zeitpunkt stattgefunden (wird unter wörtlicher Wiedergabe eines handschriftlichen Berichts über die Entwicklung des Objekts O. … näher ausgeführt). Es könne dahinstehen, ob diese Schilderung zutreffend sei und die Absicht zur Nutzung des Objekts für die Zwecke des „Nationalen Widerstands“ durch das FNS erst nach dem Erwerb der Immobilie gefasst worden sei. Die Aufzeichnungen belegten jedenfalls, dass bereits seit Mitte 2010 die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Liegenschaft nicht „mehr“ von der Grundstückseigentümerin ausgeübt worden sei, sondern die Immobilie dem FNS mit Wissen der Berechtigten zur freien Verfügung gestanden habe mit dem Ziel der Errichtung eines Nationalen Zentrums. Die Zuordnung des Anwesens in O. … zum FNS werde durch zahlreiche Veranstaltungen und Treffen der lokalen wie überregionalen rechtsextremistischen Szene belegt. Die tatsächliche Sachherrschaft werde durch … als Sohn der Eigentümerin und herausgehobenem Vertreter sowie örtlichem Repräsentanten des FNS ausgeübt. Mit notariellem Grundstücksvertrag vom 10. Februar 2014 habe … das Anwesen von seiner Mutter erworben, eine Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch sei bislang noch nicht erfolgt. Die bisherige Nutzung des Anwesens als regelmäßiger Veranstaltungsort durch das FNS, aber auch zu Wohnzwecken, sowie der nun vereinbarte Erwerb der Immobilie durch … … unterstreiche die Zielsetzung der Etablierung eines Nationalen Zentrums; als solches werde die Immobilie in O. … seit Mitte 2013 vom FNS selbst bezeichnet. Zwar handele es sich nicht um eine Immobilie des FNS, dies ändere jedoch nichts an den tatsächlichen Verhältnissen. Trotz der unmittelbaren Sachherrschaft von … bestehe eine konkrete Verfügungsbefugnis des FNS, die mit Billigung der Eltern von … … ausgeübt werde. Aus der internen Korrespondenz zwischen den FNS-Akteuren der ersten und zweiten Führungsebene ergebe sich, dass diese über die Nutzung der Immobilie verbindlich entscheiden könnten. Sie legten Termine für Kameradschafts- und Abstimmungstreffen fest und befänden über die Durchführung sonstiger Veranstaltungen im Namen des FNS. Die Korrespondenz belege nicht nur Renovierungsarbeiten am 29. März 2013 an der Immobilie, sondern auch die gemeinsame Verantwortlichkeit von … … und … An den Arbeiten seien zudem Aktivisten des FNS aus ganz Bayern beteiligt gewesen. Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden an Veranstaltungen im Objekt O. … hätten auch die Klägerin und ihr Ehemann an Veranstaltungen teilgenommen. Die Gesamtumstände sprächen dafür, dass die Klägerin als Alleineigentümerin des Grundstücks über die für die Beschlagnahme und Einziehung erforderliche Kenntnis verfüge und mit Wissen und Wollen die Nutzung durch das FNS ermöglicht habe. Der Verzicht auf die ursprünglich beabsichtigte Nutzung des Anwesens als Altersruhesitz setze die Kenntnis der öffentlichen Diskussion über die tatsächliche Benutzung des Grundstücks als Treffpunkt und Veranstaltungsort für die Akteure des FNS sowohl aus der Region als auch aus ganz Bayern voraus. Die Eigentümerin habe folglich von den ersten Veranstaltungen Kenntnis gehabt und in Kenntnis dieser Sachlage das Grundstück ihrem Sohn für die weitere Nutzung - auch für diese Zwecke - überlassen. In der Folge sei es zu zahlreichen weiteren öffentlichen oder internen Veranstaltungen des FNS oder diesem zurechenbarer Gruppierungen gekommen. Über diese sei bayernweit in den Medien berichtet worden. Diese Berichterstattung habe nicht nur die Eigentumsverhältnisse, sondern auch die Nutzung durch Rechtsextremisten der Region und die führenden Akteure des FNS thematisiert. Die Klägerin habe zudem aufgrund der konkreten Ansprache durch Behörden wegen der tatsächlichen Nutzungsverhältnisse von diesen Kenntnis gehabt. Spätestens seit den vereinsrechtlichen Durchsuchungsmaßnahmen vom 10. Juli 2013, die sich nicht nur auf das Anwesen O. … …, sondern auch auf die elterliche Wohnung von … erstreckt hätten, habe die Klägerin als Mitbetroffene aufgrund der im gerichtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 3. Juli 2013 (Verwaltungsgericht Bayreuth, Az. B 1 X 13.435) aufgeführten Gründe Kenntnis von den Aktivitäten ihres Sohnes gehabt. Die fortwährende Nutzung des Grundstücks durch ihren Sohn habe die Klägerin auch hierauf nicht unterbunden. Im Zusammenhang mit einer Infoveranstaltung am 27. Juli 2013 sei das Anwesen vom FNS erstmals als Nationales Zentrum Hochfranken (NZH) stilisiert worden. Die Klägerin und ihr Ehemann seien nicht nur über die Aktivitäten ihres Sohnes für das FNS und innerhalb des FNS informiert gewesen, sondern hätten sich auch an diversen Veranstaltungen auf dem Anwesen bzw. in den Räumlichkeiten beteiligt. Schließlich spreche die persönliche Bekanntschaft zu … … und … … als Protagonisten der rechtsextremistischen Szene in Bayern unter Würdigung all dieser Umstände für eine billigende Inkaufnahme der konkreten Nutzung des Anwesens in O. … …zur Verwirklichung der Zwecke des FNS in voller Kenntnis der tatsächlichen Nutzungsform und deren Häufigkeit.

Die Rechtsfolge eines entschädigungslosen Eigentumsverlustes stehe mit der Verfassung in Einklang. Das gesetzgeberische Ziel, die Allgemeinheit effektiv vor verfassungswidrigen Bestrebungen verbotener Vereinigungen zu schützen und die Ausweitung verfassungsfeindlicher Aktivitäten zu unterbinden, genieße Vorrang vor dem Eigentumsschutz. Es handle sich vorliegend um die letzte verbliebene Liegenschaft, die dem FNS gegenwärtig dauerhaft zur Nutzung zur Verfügung stehe.

Auf die weiteren Ausführungen in der Verfügung wird Bezug genommen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 17. Juli 2014 (Verfahren B 1 X 14.440) wurde aufgrund des Vereinsverbots vom 2. Juli 2014 die Durchsuchung des Anwesens O. … … angeordnet. In den Gründen des Beschlusses ist ausgeführt, dass der Antragsbegründung und den vorgelegten Unterlagen nach das Anwesen O. … ein zentraler Treffpunkt für Rechtsextremisten sei. Nach summarischer Prüfung sei nachvollziehbar begründet worden, dass die Klägerin die verfassungswidrigen Bestrebungen der verbotenen Vereinigung FNS im Sinne von § 12 Abs. 2 VereinsG bewusst gefördert habe, indem sie dieser das Anwesen für ihre Zwecke zur Verfügung gestellt habe. Die gegen diese Durchsuchungsanordnung erhobene Beschwerde der Klägerin wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. Januar 2015 verworfen (Az. 4 C 14.1708).

Mit einem am 6. August 2014 bei Gericht eingegangen Schriftsatz ließ die Klägerin Klage gegen den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 2. Juli 2014 erheben und beantragen,

den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 02.07.2014, Aktenzeichen …, in Ziffer 7.1 aufzuheben.

Zur Klagebegründung ließ die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten unter dem 31. Oktober 2014 vortragen, dass sie das Objekt wenige Monate nach dem Erwerb ihrem Sohn zur Verfügung gestellt habe, der zusammen mit seinen Freunden die Renovierung des Anwesens in die Hand genommen habe. Der Ehemann der Klägerin kenne die Herren … und … von Handwerksarbeiten an dem Anwesen. Dabei hätten sie sich nicht als Führungspersonen des FNS zu erkennen gegeben. Der Klägerin seien diese Herren nur flüchtig bekannt. Sie halte sich seit über zehn Jahren zwischen April und Ende September als Saisonarbeitskraft in Italien auf, so auch im Zeitpunkt der Zustellung der Verbotsverfügung; daher sei sie bereits aufgrund ihrer Ortsabwesenheit außer Stande gewesen, am Gros der in O. … … veranstalteten Aktivitäten teilzunehmen. Seit dem Erwerb habe sie dort nur an einer privaten Silvesterfeier am 31. Dezember 2013 teilgenommen. Sie interessiere sich nicht für Politik und sei weder innerhalb noch außerhalb von O. … … jemals im Zusammenhang mit „extremistischen Aktivitäten“ in Erscheinung getreten. Lediglich ihr Ehemann habe sich einige Male bei Veranstaltungen dort aufgehalten, so auch bei einer Rechtsschulung. Dieser habe nie den Eindruck gehabt, es würden verfassungswidrige Ziele verfolgt. Unabhängig davon habe sich die Klägerin nie mit ihrem Ehemann über den konkreten Ablauf von Veranstaltungen in ihrem Anwesen unterhalten, was nicht zuletzt ihrem Desinteresse an Politik geschuldet sein dürfte. Selbst der Beklagte sei sich im Rahmen einer Beantwortung einer Anfrage der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen am 4. März 2014 in seiner Einschätzung nicht sicher gewesen, ob das Anwesen dem FNS zuzurechnen sei. Aus dieser Anfragebeantwortung gehe zudem hervor, dass die Nutzung von unpolitischen Feierlichkeiten geprägt gewesen sei, wobei die Nutzung auch nur gelegentlich erfolgt sei, so dass die von Rechtsextremisten propagierte „Graswurzelstrategie“ vorliegend nicht erfolgreich gewesen sei. Es werde zudem mit Nichtwissen bestritten, dass verfassungswidrige Aktivitäten der Vereinigung FNS im Anwesen der Klägerin stattgefunden hätten. Für die Klägerin sei gerade nicht ersichtlich gewesen, dass ihr Sohn, dem sie das Anwesen gutgläubig überlassen habe, zusammen mit seinen Freunden eine wie auch immer geartete Vereinigung bilden würde. Die Klägerin sei nicht von der Wohnungsdurchsuchung am 10. Juli 2013 betroffen gewesen, da es sich um ein Mehrparteienhaus handele und sie sich zum damaligen Zeitpunkt zudem in Italien aufgehalten habe. Der Vereinscharakter sei selbst für den Beklagten alles andere als offenkundig gewesen, was die im Bescheid vom 2. Juli 2014 ausgeführten Ermittlungen belegten. Die Klägerin habe auch umgehend die Entfernung eines Transparents „Nationales Zentrum Hochfranken“ veranlasst. Schließlich sei für sie erst recht nicht erkennbar gewesen, dass das FNS die Nachfolgeorganisation der verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ sein solle. Die tatsächliche Sachherrschaft über das Anwesen sei von ihrem Sohn ausgeübt worden. Das Anwesen habe sie ihm primär zu Wohnzwecken überlassen. Das Obergeschoss habe er tatsächlich zum Wohnen genutzt habe, später sei als zweiter Nutzungszweck der Betrieb eines Kleingewerbes hinzugekommen. Welche Gegenstände ihr Sohn in dem Anwesen gelagert habe, sei der Klägerin nicht bekannt. Allenfalls liege eine Überlassung des Anwesens durch ihren Sohn an das FNS vor. Auch diesbezüglich sei der Bescheid widersprüchlich, da festgestellt werde, dass die Klägerin die tatsächliche Verfügungsbefugnis über das Anwesen nicht mehr gehabt habe. Die Klägerin habe die angeblich verfassungswidrigen Bestrebungen jedenfalls nicht vorsätzlich gefördert. Sie habe keinen gestalterischen Einfluss auf die Aktivitäten des FNS gehabt. Das Anwesen habe verfassungswidrige Bestrebungen gerade nicht gefördert, da der Beklagte selbst ausgeführt habe, dass die Graswurzelstrategie nicht aufgegangen sei. Die Klägerin beziehe Leistungen nach SGB II und verfüge über kein weiteres Grundeigentum, so dass die Beschlagnahme für sie in Anbetracht ihres Alters und ihrer Einkommensverhältnisse eine Härte darstelle.

Das Verfahren wurde unter dem Az. B 1 K 14.535 angelegt.

Mit Schriftsatz vom 25. September 2014 hat der Beklagte Klageabweisung beantragt.

Zur Begründung werde zunächst auf die Ausführungen in der Verbotsverfügung vom 2. Juli 2014, insbesondere auf die Seiten 115 bis 125 hingewiesen. Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren gegen den Durchsuchungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 17. Juli 2014 (B 1 X 14.440, BayVGH 4 C 14.1708) geltend gemacht habe, dass sie die Immobilie ausschließlich ihrem Sohn zu Wohnzwecken überlassen habe und die auf dem Anwesen bzw. im Objekt durchgeführten Veranstaltungen demgegenüber von untergeordneter Bedeutung gewesen seien, liege hierin eine bloße Schutzbehauptung. In Anbetracht der im Verbotsbescheid zusammenfassend dargestellten tatsächlichen Nutzung des Objekts für rechtsextremistische Veranstaltungen des FNS und der von den Akteuren der verbotenen Vereinigung geprägten Bezeichnung als „Nationales Zentrum Hochfranken“ sei diese Darstellung nicht geeignet, die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme und Einziehung des Grundstücks als Vermögen Dritter in Zweifel zu ziehen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass am Tag des Vollzugs des Vereinsverbots im Rahmen der Durchsuchung des gesamten Anwesens O. … … einschließlich der Wohnräume zahlreiche Propagandamaterialien der verbotenen Vereinigung FNS und diverse Geschäftsutensilien der … GbR (Final Resistance Versand), die ihren Geschäftssitz in O. … … angemeldet hatte, aufgefunden werden konnten. Hierdurch werde die tatsächliche Nutzung der Immobilie für die Zwecke der verbotenen Vereinigung bzw. zur Förderung ihrer verfassungswidrigen Bestrebungen zusätzlich belegt.

Mit weiterem Schriftsatz vom 7. Januar 2015 wurde ergänzend vorgetragen, dass eine primäre Überlassung des Anwesens zu Wohnzwecken bereits wegen des langen Leerstandes und der Renovierungsbedürftigkeit des früheren Gasthofes nicht erkennbar sei. Erstmals im April 2012 sei eine Wohnnutzung durch die FNS-Aktivisten F. und B. erfolgt; der Sohn der Klägerin habe das Anwesen wegen seiner Inhaftierung vom 4. April 2011 bis 23. Mai 2013 rein faktisch weder als Wohnraum noch als Lagerstätte für seine gewerbliche Tätigkeit genutzt. Er sei zudem jeweils nur kurzzeitig in R. … amtlich gemeldet gewesen. Im Zuge der vereinsrechtlichen Durchsuchungen am 10. Juli 2013 und 23. Juli 2014 habe keine Person im Objekt angetroffen werden können. Auf die vom Landratsamt … veranlasste Baukontrolle am 11. Februar 2014 werde verwiesen (für eine auf Dauer beabsichtigte Wohnnutzung seien weitere Renovierungs- und Sanierungsarbeiten durchzuführen; hinzu komme Schimmelbefall). In den handschriftlichen Unterlagen des … … sei eine Nutzung als Nationales Zentrum beschrieben.

Soweit die Klägerin vortrage, sie habe keine Kenntnis gehabt von der Nutzung, werde auf die Schreiben des Landratsamts … vom 28. November 2013 und 20. Dezember 2013 verwiesen (Bl. 22 f. und Bl. 32 ff. der Bauakte). Insbesondere sei ihr die Bezeichnung “Nationales Zentrum Hochfranken“ geläufig gewesen. Es sei auch unerheblich, dass die Veranstaltungen als rein private Veranstaltungen oder Feierlichkeiten deklariert worden seien. Die eigenen Einlassungen im baurechtlichen Verfahren ließen den Schluss zu, dass die Klägerin über die Nutzung ihrer Immobilie im Wesentlichen informiert gewesen sei. Sie habe mit den Bewohnern im April 2012 (damals sei ihr Sohn inhaftiert gewesen) Mietverträge geschlossen, die im Jahr 2013 geendet hätten (vgl. Schreiben vom 7. Dezember 2013 an das LRA …, Bl. 29 f. der Bauakte). Bei einer Baukontrolle am 11. Februar 2014 seien Schlafgelegenheiten für mindestens 20 Personen festgestellt worden. Am 10. Mai 2014 habe die Klägerin mit ihrem Ehemann an einer politischen Veranstaltung im Objekt teilgenommen.

Es bedürfe für eine vereinsrechtliche Beschlagnahme auch keiner rechtsgeschäftlichen, d.h. vertraglichen Überlassung an Dritte. Die Klägerin habe das Anwesen nicht nur einzelnen Aktivisten des FNS, sondern aufgrund des steuernden Einflusses der Protagonisten … und K. … der verbotenen Vereinigung zur Verfügung gestellt.

Hinsichtlich des mindestens zu fordernden bedingten Vorsatzes reiche eine sog. „Parallelwertung in der Laiensphäre“, dass aufgrund der Kenntnis der tatsächlichen Vereinsaktivitäten der soziale Sinngehalt der „verfassungswidrigen Bestrebungen“ richtig erfasst werde. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Klägerin von den Diskussionen und der öffentlichen Berichterstattung über die Immobilie „O. … …“ keinerlei Kenntnis erlangt haben will. Die konkret ihren Sohn betreffenden Aktivitäten und seine Inhaftierung seien der Klägerin nicht verborgen geblieben. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig, insbesondere erforderlich und angemessen. Aufgrund der allenfalls sporadischen Wohnnutzung genieße das gesetzgeberische Ziel, die Allgemeinheit vor verfassungswidrigen Bestrebungen zu schützen und verfassungsfeindliche Aktivitäten effektiv zu unterbinden, Vorrang, zumal die Klägerin das Anwesen selbst nie zu Wohnzwecken genutzt habe. Der Wegfall der monatlichen Ratenzahlung (100 EUR) sei hinzunehmen. Eine Beschränkung von Beschlagnahme und Einziehung auf bestimmte Räumlichkeiten unter Aussparung der Wohnräume komme aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht in Betracht und sei aus Gründen der Effektivität nicht geboten (wird ausgeführt).

Das bisherige Vorbringen der Klägerseite wurde mit Schriftsatz vom 20. Februar 2015 ergänzt. In den bisher zu einer Entscheidung anstehenden Fallkonstellationen hätten die Sacheigentümer ausnahmslos zu der Vereinigung gehört bzw. sogar eine herausragende Funktion wahrgenommen. Die von der Beklagtenseite angeführten Indizien zum Kenntnisstand der Klägerin erwiesen sich als falsch oder beruhten auf bloßen Spekulationen. Dass im Februar 2012 zwei ortsansässige Freunde in das Anwesen eingezogen seien, indiziere gerade keinen Vorsatz hinsichtlich der Unterstützung des FNS, sondern zeige, dass aus Klägersicht stets die Wohnfunktion im Vordergrund gestanden habe (vgl. Wohnraummietvertrag vom 31. März 2012, Bl. 109 ff. der GA). Die Klägerin habe bis zum 23. Juli 2014 keine Kenntnis davon gehabt, dass ihr Sohn, …und … ein Engagement innerhalb des FNS verband, auch habe sie außer den Mietern keiner weiteren Person einen Schlüssel überlassen. Die Vermietung während der Inhaftierung des Sohnes habe dem Unterhalt des Gebäudes gedient. Die Art der Erneuerungen im Gebäude dokumentiere die Wohnfunktion. Unzutreffend sei ein Bericht einer Vertrauensperson des Verfassungsschutzes, dass die Klägerin bei einer Veranstaltung am 15. Mai 2014 in O. … anwesend gewesen sei, sie habe sich in Italien aufgehalten. Der Beklagte könne keine einzige Veranstaltung in O. … benennen, bei der die Klägerin anwesend gewesen sei. Bei der Baukontrolle am 11. Februar 2014 sei sie selbst nicht anwesend gewesen. Sämtliche Veranstaltungen im Objekt im Jahr 2014 seien von der Partei „Der III. Weg“ ausgerichtet worden. Über deren Verfassungswidrigkeit entscheide jedoch das Bundesverfassungsgericht und nicht der Beklagte. Aus Sicht des Beklagten seien die maßgeblichen Akteure des FNS bereits Ende 2013 in der Partei „Der III. Weg“ (vgl. Bl. 106 d. GA) aufgegangen. Der Beklagte habe damit seine Zuständigkeit überschritten, zumal „Der III. Weg“ länderübergreifend agiere. Das Anwesen sei folglich im Zeitpunkt des Verbots nicht vom FNS genutzt worden, sondern sei allenfalls ein örtlicher Stützpunkt der Partei „Der III. Weg“ gewesen.

In einem vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Az. 4 A 14.1787 geführten Verfahren wandte sich die Klägerin (neben 40 weiteren Klägern) gegen die vereinsrechtliche Verfügung vom 2. Juli 2014 betreffend das Verbot des „Freien Netzes Süd“. Mit Beschluss des Gerichts vom 21. April 2015 wurde das Verfahren B 1 K 14.535 ausgesetzt bis zum Vorliegen einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in der Streitsache 4 A 14.1787. Mit seit 14. Dezember 2015 rechtskräftigem Urteil vom 20. Oktober 2015 wurden die Klagen im Verfahren 4 A 14.1787 abgewiesen.

Auf Antrag des Klägerbevollmächtigten vom 11. Januar 2016 wurde das Verfahren unter dem nunmehrigen Aktenzeichen wieder aufgenommen.

Der Beklagte verwies mit Schriftsatz vom 10. April 2016 ergänzend auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Verfahren 4 A 14.1787. Auf eine ausschließliche oder überwiegende Nutzung für Vereinszwecke komme es nicht an. Die Durchführung von Veranstaltungen des „III. Wegs“ stelle eine Nutzung durch das FNS nicht in Frage, denn eine Nutzung durch andere Gruppierungen sei bei Veranstaltungsräumlichkeiten nicht unüblich. Auch sei es unerheblich, ob das Objekt im Zeitpunkt der Beschlagnahmeverfügung noch durch das FNS genutzt worden sei, andernfalls wäre einem Missbrauch kaum Grenzen gesetzt.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 7. Juni 2018 verwiesen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten, auch im Verfahren B 1 K 16.185, Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Verfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in Ziffer 7.1 des Bescheids des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr verfügte Beschlagnahme und Einziehung des Anwesens der Klägerin O. … … in O. … ist nicht zu beanstanden.

Das Gericht schließt sich zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen im Wesentlichen zunächst den Gründen der angefochtenen Verbotsverfügung vom 2. Juli 2014 an und sieht insoweit von einer gesonderten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist zur Sache sowie zum Klagevorbringen noch Folgendes auszuführen:

Die Beschlagnahme und Einziehung beruht auf § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 10 und § 12 Abs. 2 VereinsG. Danach ist mit dem Vereinsverbot in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung von Sachen Dritter zu verbinden, wenn der Berechtigte durch die ÜberIassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.

Die in Ziffer 7.1 des Bescheids verfügte Beschlagnahme und Einziehung des streitgegenständlichen Grundstücks der Klägerin ist danach nicht zu beanstanden, denn die Klägerin hat das Grundstück dem FNS zur Förderung seiner verfassungswidrigen Ziele zur Verfügung gestellt, wobei sie zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat.

Die Klägerin ist richtige Adressatin der Beschlagnahme- und Einziehungsverfügung. Sie war im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses Eigentümerin des Anwesens.

Beim FNS handelt es sich um einen Verein i.S.d. § 2 Abs. 1 VereinsG, der als Nachfolgeorganisation der verfassungswidrigen F.A.F. bestandskräftig verboten ist nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 8 VereinsG.

In dem auch von der Klägerin betriebenen Klageverfahren 4 A 14.1787 hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zwar nicht mit der Frage der Verfassungswidrigkeit des FNS als Nachfolgeorganisation der F.A.F. befasst, weil die Kläger des dortigen Verfahrens nicht als Vertreter des FNS geklagt hatten, sondern sich als Individualpersonen auf fehlende organisatorische Strukturen des FNS berufen und damit die Vereinseigenschaft nach § 2 Abs. 1 VereinsG in Frage gestellt hatten. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Gründen seiner Entscheidung ausführt, könne den Klägern des dortigen Verfahrens als individuell betroffene Personen vor dem Hintergrund einer möglichen Strafbarkeit nach § 85 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden. Demgemäß sei die gerichtliche Prüfung der Verbotsverfügung auf das Vorbringen der fehlenden Vereinseigenschaft beschränkt. Ob die sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vorlägen, bleibe außer Betracht. Die Verbotsverfügung wurde, auch nachdem im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Vereinseigenschaft des FNS unter Benennung der maßgeblichen Führungspersonen bestätigt wurde, von diesem bzw. den zu seiner Vertretung befugten Personen nicht angefochten. Es steht damit bestandskräftig fest, dass das FNS als Nachfolgeorganisation der F.A.F. verboten ist. Dies wird auch von Klägerseite nicht in Frage gestellt.

Voraussetzung für die Beschlagnahme und nachfolgende Einziehung ist, dass die im Eigentum eines Dritten stehenden Sachen dem Verein überlassen worden und damit dessen verfassungswidrige Zwecke gefördert worden sind.

§ 12 Abs. 2 VereinsG erfasst Sachen Dritter, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, die verfassungswidrigen Bestrebungen eines Vereins zu fördern. Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich dabei nicht auf Sachen, denen die verfassungswidrige Zweckbestimmung unmittelbar anhaftet. Er erfasst alle Sachen, die objektiv zur Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen geeignet sind, damit auch vordergründig „neutrale“ Sachen wie Immobilien, von denen aus der Verein seine verbotenen Bestrebungen verfolgt (vgl. BayVGH, U. v. 26.11.2007 - 4 B 07.104 - juris Rn. 25 m.w.N.).

Unter einem Überlassen ist ein bewusstes, rechtserhebliches Handeln des Eigentümers zu verstehen. Auf die Art der Überlassung kommt es nicht an. Mithin ist eine Sache dem Verein überlassen, wenn dem Verein durch z.B. Miet-, Pacht-, Leih- oder ähnlichem Vertrag der Gewahrsam an der Sache von dem Dritten eingeräumt wurde. Ein Überlassen liegt hingegen nicht vor, wenn die Sache z.B. durch verbotene Eigenmacht in den Gewahrsam des Vereins gelangt ist (Seidl in Albrecht/Roggenkamp, Vereinsgesetz, 1. Auflage 2014, Rn. 22 zu § 12). Dass mit dem FNS bzw. seinen führenden Repräsentanten kein schriftlicher Mietvertrag geschlossen wurde und die Klägerin damit argumentiert, sie habe das Anwesen ihrem Sohn zur Nutzung im Rahmen seiner gewerblichen Betätigung überlassen bzw. für einen gewissen Zeitraum teilweise zu Wohnzwecken vermietet, ist unerheblich, da diese nur formalen Kriterien nicht darüber hinwegtäuschen können, dass das Anwesen rein tatsächlich vollumfänglich von Aktivisten des FNS genutzt wurde, sei es im Rahmen der Tätigkeit des Final Resistance Versands oder als Treffpunkt für Veranstaltungen des FNS als „Nationales Zentrum Hochfranken“. Schließlich ist auch nicht außer Acht zu lassen, dass der Sohn der Klägerin eine herausgehobene Position im FNS eingenommen hat (vgl. S. 32 der Verbotsverfügung).

Die Mitglieder des FNS wollten bei ihrem Tun nach außen hin zudem ganz bewusst den Anschein erwecken, kein vereinsmäßiger Zusammenschluss von Personen zu sein, weshalb rein faktisch auch kein Ansprechpartner als Vertreter des Vereins öffentlich in Erscheinung getreten ist. Dass es aber hierauf nicht ankommen kann, liegt auf der Hand, weil sich ansonsten allein durch die Verschleierung der wahren Strukturen der verfassungswidrigen Vereinigung eine Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen erreichen ließe. Die Klägerin hat das Anwesen ihrem Sohn und dessen Mitstreitern zur Verfügung gestellt. Der Sohn der Klägerin hatte nicht nur wegen seiner Aufbauarbeit bei der Internetpräsentation des FNS und als Kameradschaftsführer im Raum … eine herausgehobene Position im FNS. Vor allem in der Anfangszeit des FNS war er als verantwortlich im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.) auf zahlreichen Propagandamitteln des FNS genannt (Flyer, Aufkleber, etc.). Er hat das FNS darüber hinaus auch bei öffentlichen Veranstaltungen und Versammlungen vertreten (siehe insgesamt S. 32 der Verbotsverfügung). Dass darüber hinaus auch einer der Repräsentanten des FNS, …, im Anwesen seine Ideen zur Schaffung eines „eigenen Freiraums“ (vgl. Bl. 198 der Behördenakte I, Fußnote 6) umsetzen wollte, belegt die Überlassung des Anwesens für die verfassungswidrigen Bestrebungen der verbotenen Vereinigung.

Das Anwesen O. … wurde bereits kurze Zeit nach dem Erwerb durch die Klägerin (Auflassung vom 25. März 2010, eingetragen im Grundbuch am 25. Mai 2010) dem FNS zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Die mit den weiteren Aktivisten des FNS zeitweilig geschlossenen Verträge zur Wohnnutzung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das Anwesen im Wesentlichen zu einem Stützpunkt für das FNS entwickelt hatte. Die angebliche Nutzung als Altersruhesitz wurde nach Klägerangaben und den ausgewerteten Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nach von der Klägerin bereits Mitte 2010 aufgegeben, was sich auch anhand einer Fülle von Dokumenten, beginnend mit dem im Rahmen der Durchsuchung beim Sohn der Klägerin sichergestellten handschriftlichen Berichts über die Entwicklung des Anwesens (Asservat Nr. …, vgl. Bl. 236 der Behördenakte I) mit dem dort erklärten Ziel, der Errichtung eines „Bürgerbüros“ belegen lässt. Unmittelbar nach dem Erwerb der Immobilie wurde damit begonnen, diese für eine Nutzung durch Mitglieder des FNS zu ertüchtigen (vgl. die aus den Ermittlungsakten zitierten schriftlichen Äußerungen auf S. 118 ff. der Verbotsverfügung sowie z.B. S. 64 der Behördenakte I). Schließlich wurde das Ziel des FNS, dauerhaft „unabhängige und eigene Räumlichkeiten“ und schließlich mit O. … … eine sog. „Nationalbefreite Zone“ - und nicht nur einen Veranstaltungsort für private Feiern - zu schaffen, durch den zwischen den Mitgliedern und Sympathisanten des FNS geführten E-Mail-Verkehr sowie sonstige Äußerungen im Internet hinreichend dokumentiert (vgl. z.B. Bl. 195 ff. der Behördenakte I), was dann schließlich auch durch die Anbringung des Banners „Nationales Zentrum Hochfranken“ nach außen hin deutlich gemacht wurde. Zudem erfolgte auf der Internet-Seite des FNS die Angabe des Anwesens als Veranstaltungsort für Aktivitäten der Vereinigung.

Soweit der Klägerbevollmächtigte moniert, es hätten über das Jahr verteilt lediglich wenige zeitlich begrenzte Veranstaltungen dort stattgefunden, so dass von einem Überlassen nicht gesprochen werden könne, überzeugt dies nicht. Unabhängig davon, dass auch bei nur wenigen Veranstaltungen der Tatbestand des Überlassens nicht entfiele, diente nach den Ermittlungsergebnissen das Anwesen nicht nur der Abhaltung von wenigen Veranstaltungen, sondern es stand in der alleinigen Nutzung des FNS, das hier eine allgemeine Anlaufstelle hatte, so dass isoliert auf die Anzahl von Veranstaltungen und ggf. ihren Anlass (es hätten nach Klägerangaben auch Geburtstags- und Silvesterfeiern stattgefunden) nicht abgestellt werden kann, zumal es sich bei den einladenden und teilnehmenden Personen um den eng begrenzten Kreis von Mitgliedern und Aktivisten des FNS handelte. Anderweitige - außerhalb des FNS stehende - Nutzer gab es nicht. Das FNS konnte über die Nutzung des Objekts frei bestimmen. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der zwar rechtlich vom FNS unabhängige, aber tatsächlich als Versandhandel für den FNS fungierende Final Resistance Versand dort seine Betriebsräume hatte und von dort seine Tätigkeiten verfolgte. Dass darüber hinaus auch Veranstaltungen aus nach außen hin rein privatem Anlass stattgefunden haben (z.B. Geburtstagsfeiern), lässt eine Überlassung zur Verfolgung der verfassungswidrigen Ziele nicht entfallen.

Die Einziehung setzt weiter voraus, dass der Berechtigte durch die Überlassung der Sache an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat, d.h. dass der Berechtigte die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins gekannt hat und sich bewusst war, diese durch die Überlassung zu fördern, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) ausreichend ist. Vorsatz erfordert insoweit nicht, dass die Klägerin als juristischer Laie in der Lage gewesen sein müsste, die ihr bekannten Aktivitäten des FNS im Einzelnen verfassungsrechtlich exakt zu würdigen. Vielmehr reicht es aus, dass sie aufgrund einer sog. „Parallelwertung in der Laiensphäre“ auf der Grundlage ihres Wissens über die tatsächlichen Vereinsaktivitäten den sozialen Sinngehalt der Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG und damit den Begriff der „verfassungswidrigen Bestrebungen“ richtig begriffen hat (vgl. hierzu: BayVGH, U.v. 26.11.2005 - 4 B 07.104 - juris). Dolus eventualis ist (in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit) dann gegeben, wenn (als voluntatives Element) der Täter die Tatbestandsverwirklichung weder anstrebt noch für sicher, sondern nur für möglich hält. Der bewusst fahrlässig Handelnde ist mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden und vertraut auf ihren Nichteintritt, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintritt des Erfolgs in dem Sinn einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt. Dies wird bereits dann angenommen, wenn der Täter den Erfolgseintritt als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und bereit ist, diesen hinzunehmen. Ein gravierendes Indiz für eine billigende Inkaufnahme kann aus allgemeinen Erfahrungssätzen über die menschliche Wahrnehmung gewonnen werden, dagegen kann sprechen, wenn der Erfolg unerwünscht und nach der Sachlage wenig wahrscheinlich ist (vgl. hierzu auch: Fischer, Strafgesetzbuch, 62. Auflage, 2015, Rn. 9 ff. zu § 15 m.w.N.).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin beim Erwerb des Anwesens tatsächlich die Absicht gehabt hatte, dieses in ferner Zukunft als Altersruhesitz zu benutzen. Der Umstand, dass die 1957 geborene Klägerin im Jahr 2010, also noch eine erhebliche Zeitspanne vor dem regulären Eintritt in den Ruhestand, eine längere Zeit leerstehende, ehemalige Gastwirtschaft nebst Beherbergungsbetrieb erwirbt, die stark renovierungsbedürftig ist und, wollte man sie tatsächlich als Privatwohnung nutzen, erhebliche Umbauten und den Einsatz finanzieller Mittel erforderlich gemacht hätte, nährt jedenfalls angesichts des bekanntermaßen großen Immobilienangebots im strukturschwachen Ostoberfranken Zweifel an diesem Vorbringen. Viel näher liegt die Annahme, dass bereits von vorneherein wohl das Ziel bestanden hat, dort den Aktivisten des FNS einen Ort für Zusammenkünfte zur Verfügung zu stellen. Nachdem, wie der Sohn der Klägerin in dessen Verfahren B 1 K 16.185 in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er ein sehr enges Verhältnis zu seiner Mutter pflegt und diese auch über seine politische Einstellung im Bilde war, spricht einiges dafür, dass sie über die Art und Weise der Betätigung ihres Sohnes Kenntnis hatte und sie das Anwesen (auch) deshalb erwarb, damit ihr Sohn seinen Bestrebungen ungestört nachgehen konnte. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, denn jedenfalls im weiteren Verlauf muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin über die tatsächliche Nutzung im Bilde war und diese gutgeheißen hat.

Die Klägerin hat sich nicht, wie von ihr vorgetragen, nach dem Erwerb vollkommen zurückgezogen und sich um nichts mehr gekümmert. Dass sie eingebunden war, belegen die Bauakten des Landratsamts … (Beiakte IV), wonach sie zunächst ausdrücklich darauf bestanden hatte, bei einer Baukontrolle selbst anwesend zu sein und dies nicht ihrem Sohn überlassen wollte. Bei dem für Oktober 2010 vereinbarten neuen Termin hatte sie dann das Betreten des Anwesens verweigert und auf ihren Anwalt verwiesen. Eindeutig belegt werden kann die Kenntnis der Klägerin über die von dritter Seite geäußerten Vorwürfe, das Anwesen werde von Neonazis genutzt, durch die wohl vom Sohn der Klägerin verfasste handschriftliche Schilderung (Beiakte II), in welcher Folgendes festgehalten ist:

„Plötzlich wurde aus einem geplanten Altersruhesitz eine „Nazi-Hochburg“. Unter diesen Umständen war es für die Familie nicht mehr möglich, in Ruhe dort zu leben und sie spielten mit dem Gedanken, Grund und Boden zu verkaufen. Um die Familie nicht im Stich zu lassen, boten Nationalisten aus der Region ihre Unterstützung an.“

In Zusammenschau mit den Angaben des Sohns der Klägerin, dass seine Mutter über seine politische Gesinnung im Bilde gewesen sei, muss hieraus der Schluss gezogen werden, dass die Klägerin bei der Überlassung des Anwesens an ihren Sohn und dessen Gesinnungsgenossen über deren politische Ausrichtung im Sinn einer neonazistischen Vereinigung vollkommen im Bilde gewesen ist. Es ist schlichtweg unglaubhaft, dass sie keinerlei Informationen erhalten haben will, da sie keine Zeitung lese und sich nicht für Politik interessiere, da die Nutzung des Anwesens O. … … durch das FNS durch die Medien ging und in der Region für Gesprächsstoff sorgte. Die Einlassung der Klägerin, sie habe vollkommen isoliert von ihrer Umgebung gelebt und mit ihrem Sohn bzw. ihrem Ehemann über die Vorgänge um das Anwesen nicht gesprochen, erscheint lebensfremd. Die vorgetragene längere Abwesenheit während der Sommermonate im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit in Italien vermag die Klägerin daher nicht zu entlasten. Spätestens mit dem Schreiben des Landratsamts … vom 28. November 2013 wurde die Klägerin eindeutig damit konfrontiert, dass das Anwesen nicht zu bloßen Wohnzwecken und einer harmlosen beruflichen Betätigung ihres Sohnes benutzt wurde, sondern es sich um eine Schulungs-, Veranstaltungs-, Versammlungs- und Begegnungsstätte für das FNS handelte. Es ist daher vollkommen irrelevant, dass sich die Klägerin ihrer Einlassung nach nur einmal zu einer Silvesterfeier am Anwesen aufgehalten und von konkreten Veranstaltungen keine Kenntnis gehabt haben will. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass ihr Ehemann vor Ort und auch im Kontakt mit den dort aufhältigen Personen (siehe E-Mail-Verkehr) war, deren politischer Hintergrund allgemein bekannt war. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass sich die Klägerin weder für die Lebensumstände ihres Sohnes (nach Wohnungsdurchsuchung, Inhaftierung, geänderter Nutzung des Anwesens aufgrund der Berichterstattung in den Medien) noch für die Vorgänge in ihrem Anwesen O. … … interessiert und weder mit ihrem Ehemann noch mit dem Sohn hierüber gesprochen haben will. Gerade vor dem Hintergrund der handschriftlichen Schilderung erscheint dies unglaubhaft.

So hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 8. Januar 2015 (Az. 4 C 14.1708) betreffend die Durchsuchung des klägerischen Anwesens ausgeführt:

„Wie das StMIBV in der Verfügung vom 2. Juli 2014 ausführlich dargelegt hat, wurde das Anwesen O. … über Jahre hinweg von der Vereinigung FNS als ein zentraler Veranstaltungsort in Anspruch genommen, was auch in der Öffentlichkeit allgemein bekannt war. Dass diese Nutzung ohne oder gar gegen den Willen der Antragsgegnerin ausgeübt worden sein könnte, erscheint völlig lebensfremd.“

Das Gericht teilt, wie oben dargelegt, diese Einschätzung. Aus alledem ist der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin das Anwesen O. … 47 dem FNS bewusst zur Nutzung zur Verfügung gestellt hat und damit auch zumindest bedingt vorsätzlich dessen verfassungswidrige Ziele gefördert hat. Unerheblich ist der Einwand des Klägerbevollmächtigten, ein Fördern liege deshalb nicht vor, weil die sog. „Graswurzelstrategie“ des FNS nicht aufgegangen sei und deshalb ein Schutz der Bevölkerung vor verfassungswidrigen Bestrebungen nicht vonnöten gewesen sei. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass ein „Erfolg“ der verfassungswidrigen Vereinigung bei der Verbreitung seiner Ansichten in der Bevölkerung nicht vorausgesetzt wird. Ausreichend ist vielmehr, wenn der betreffende Gegenstand objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, die verfassungswidrigen Bestrebungen eines Vereins zu fördern, was vorliegend der Fall war.

Bei Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 2 VereinsG sieht das Gesetz als Rechtsfolge “in der Regel“ die Beschlagnahme und Einziehung der Sache vor. Es sind keine besonderen Umstände erkennbar, die einen Ausnahmefall begründen könnten. Unerheblich ist, dass nach dem Sachvortrag der Klägerseite zuletzt keine Veranstaltungen des FNS mehr durchgeführt, sondern diese vom „III. Weg“ organisiert worden seien. Dass das FNS nunmehr verboten ist, kann zu keiner anderen Entscheidung führen. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung war die Beschlagnahme und Einziehung die geeignete und erforderliche Maßnahme, eine weitere verbotswidrige Benutzung zu unterbinden. Hierbei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die Protagonisten des FNS sich im Wesentlichen im „III. Weg“ organisiert hatten. Soweit der Klägerbevollmächtigte die Unverhältnismäßigkeit der Beschlagnahme und Einziehung rügt und vorbringt, eine Versiegelung der ehemaligen Gasträume sei ausreichend, kann dem nicht gefolgt werden, zumal sich die verfassungswidrigen Vorgänge nicht allein in den genannten Räumen abgespielt haben, sondern das Anwesen vollumfänglich vom FNS genutzt worden ist. Die Klägerin hat sich durch die seit 2010 erfolgte Überlassung an das FNS den Eigentumsverlust selbst zuzuschreiben, so dass ihr Interesse, das Anwesen zurückzuerhalten, zurücktreten muss hinter dem öffentlichen Interesse zu verhindern, dass das Objekt weiterhin für verfassungswidrige Ziele genutzt werden könnte.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Beschlagnahme (§ 3 Abs. 1 Satz 2) hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots. Rechtsgeschäfte, die gegen das Veräußerungsverbot verstoßen, sind nichtig, es sei denn, daß der andere Teil weder wußte noch wissen mußte, daß der Gegenstand, auf den sich das Rechtsgeschäft bezieht, der Beschlagnahme unterliegt. Die Beschlagnahme erfaßt auch die Gegenstände, die der Verein einem Dritten zu treuen Händen übertragen hat oder die ein Dritter als Treuhänder für den Verein erworben hat. In den Fällen des Satzes 3 sind die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Grund der Beschlagnahme können Sachen im Gewahrsam des Vereins und auf Grund besonderer Anordnung Sachen im Gewahrsam Dritter sichergestellt werden. Soweit es der Zweck der Sicherstellung erfordert, dürfen auch Räume betreten sowie verschlossene Türen und Behältnisse geöffnet werden. Die Anwendung unmittelbaren Zwanges ist ohne vorherige Androhung oder Fristsetzung zulässig, wenn sonst die Sicherstellung gefährdet wäre. Werden von der Beschlagnahme Gegenstände im Sinne des § 99 der Strafprozeßordnung erfaßt, gelten für die Sicherstellung die §§ 99, 100 und 101 Abs. 3 bis 8 der Strafprozeßordnung entsprechend. Maßnahmen nach Satz 4 und die Durchsuchung von Wohnungen ordnet nur das Verwaltungsgericht an, in dessen Bezirk die Handlungen vorzunehmen sind. Anordnungen nach Satz 5 trifft der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Gerichts.

(3) Die Verbotsbehörde kann für das beschlagnahmte Vermögen Verwalter bestellen und abberufen. Die Verwalter unterliegen den Weisungen der Verbotsbehörde.

(4) Die Vorstandsmitglieder sind verpflichtet, Auskunft über den Bestand und Verbleib des Vereinsvermögens zu geben. Auf Verlangen der Verbotsbehörde haben sie ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen und zu beeiden. Der Eid ist mit dem in § 260 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Inhalt auf Ersuchen der Verbotsbehörde vor dem für den Wohnsitz des Eidespflichtigen zuständigen Amtsgericht zu leisten.

(5) Die Aufhebung der Beschlagnahme sowie der Aufschub und die Wiederherstellung ihrer Vollziehbarkeit haben keine rückwirkende Kraft.

(1) Die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde zieht Forderungen Dritter gegen den Verein ein, wenn

1.
sie aus Beziehungen entstanden sind, die sich nach Art, Umfang oder Zweck als eine vorsätzliche Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins darstellen, oder
2.
sie begründet wurden, um Vermögenswerte des Vereins dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder den Wert des Vereinsvermögens zu mindern.
Hat der Gläubiger eine solche Forderung durch Abtretung erworben, so kann sie nur eingezogen werden, wenn der Gläubiger die in Satz 1 bezeichneten Tatsachen bei dem Erwerb kannte.

(2) Sachen Dritter werden eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.

(3) Rechte Dritter an den nach § 11 Abs. 1 oder nach § 12 Abs. 1 oder 2 eingezogenen Gegenständen bleiben bestehen. Sie werden eingezogen, wenn sie unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen begründet oder erworben worden sind.

(4) Die nach den Absätzen 1 bis 3 eingezogenen Gegenstände gehen mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsverfügung auf den Einziehungsbegünstigten über. Nicht vererbliche Rechte erlöschen.

(5) Verfügungen des Vereins, die in den letzten sechs Monaten vor Erlaß des Verbots in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen wurden, Gegenstände des Vereinsvermögens beiseite zu schaffen, sind dem Einziehungsbegünstigten gegenüber unwirksam. Ist zugunsten eines Vereinsmitglieds oder einer Person, die ihm im Sinne des § 138 Abs. 1 der Insolvenzordnung nahesteht, verfügt worden, so wird vermutet, daß diesen die in Satz 1 bezeichnete Absicht bekannt war.

(1) Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.

(2) Vereine im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
politische Parteien im Sinne des Artikels 21 des Grundgesetzes,
2.
Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder.

(1) Es ist verboten, Organisationen zu bilden, die verfassungswidrige Bestrebungen (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) eines nach § 3 dieses Gesetzes verbotenen Vereins an dessen Stelle weiterverfolgen (Ersatzorganisationen) oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen.

(2) Gegen eine Ersatzorganisation, die Verein im Sinne dieses Gesetzes ist, kann zur verwaltungsmäßigen Durchführung des in Absatz 1 enthaltenen Verbots nur auf Grund einer besonderen Verfügung vorgegangen werden, in der festgestellt wird, daß sie Ersatzorganisation des verbotenen Vereins ist. Die §§ 3 bis 7 und 10 bis 13 gelten entsprechend. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Verfügung haben keine aufschiebende Wirkung. Die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen sind bei Gefahr im Verzug zu vorläufigen Maßnahmen berechtigt, die außer Kraft treten, wenn die Verbotsbehörde nicht binnen zweier Wochen die in Satz 1 bestimmte Verfügung trifft.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

4 A 14.1787

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 20. Oktober 2015

4. Senat

Sachgebietsschlüssel: 523

Hauptpunkte:

Vereinsrechtliche Verbotsverfügung gegen Ersatzorganisation, Anfechtung des Verbots durch Einzelpersonen, Beschränkung des gerichtlichen Prüfungsumfangs, Begriffsmerkmale eines Vereins, Nachweis der Vereinseigenschaft anhand von Indizien

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

...

vertreten durch:

..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Vereinsverbot;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Peitek aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Oktober 2015

am 20. Oktober 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klagen werden abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Verfahrenskosten zu jeweils einem Einundvierzigstel.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine ihnen jeweils persönlich übermittelte vereinsrechtliche Verfügung, mit der das „Freie Netz Süd“ zu einer verbotenen Vereinigung erklärt wird.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2014 erließ das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) eine „an die Vereinigung ‚Freies Netz Süd‘, ihre Mitglieder und Unterstützer sowie die Drittbetroffenen“ adressierte, auf § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 8 Abs. 1 sowie § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VereinsG gestützte Verfügung. Darin wird festgestellt, dass die Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) eine Ersatzorganisation der vom Bayerischen Staatsministerium des Innern durch Verfügung vom 19. Dezember 2003 verbotenen Vereinigung „Fränkische Aktionsfront“ (F. A. F.) sei (1.); das FNS sei verboten und werde aufgelöst (2.). Zum Vollzug des Verbots trifft der Bescheid eine Reihe von Einzelmaßnahmen (3. bis 7.2.).

Gegen den ihnen jeweils am 23. Juli 2014 bekanntgegebenen Bescheid haben die Kläger am 19. August 2014 Klage erhoben. Sie beantragen,

Nr. 1 und 2 des Bescheids des StMI vom 2. Juli 2014, Az. IE4-1202.52-18, aufzuheben.

Die Klage richte sich als Anfechtungsklage gegen ein nach dem Vereinsgesetz verfügtes Vereinigungsverbot. Als Kläger könne die angebliche Vereinigung mangels Organ oder anderweitiger, etwa satzungsmäßiger Vertreter nur in Gestalt der vom Beklagten ihr zugerechneten Einzelpersonen, die auch sämtlich Zustellungsadressaten gewesen seien, repräsentiert werden. Dabei sei klarzustellen, dass sich die Klage gegen das Vereinigungsverbot richte und nicht etwa im Namen jedes/jeder Einzelnen gegen die Feststellung von dessen bzw. deren Mitgliedschaft. Dessen ungeachtet könne mit der Tatsache der Klage in der vorliegenden Form kein Präjudiz für das tatsächliche Bestehen einer Vereinigung namens „Freies Netz Süd“ verbunden werden; die Notwendigkeit der Klage nahezu des gesamten von der Verfügungszustellung betroffenen Personenkreises sei rein prozessual bedingt. Die Kläger seien durch die Verfügung nachteilig betroffen unabhängig davon, ob der Verbotsgegenstand überhaupt existiert habe und ob die Kläger diesen gebildet hätten. Denn jeder einzelne habe im Falle der Bestandskraft des Verbots strafrechtliche Verfolgung unter dem Gesichtspunkt des § 85 StGB zu gewärtigen, sollte er etwa seine politische Meinung zusammen mit anderen Klägern gemeinsam betätigen. Im Übrigen seien die Kläger in ihren Grundrechten auf Vereinigungs- und Meinungsfreiheit betroffen.

Es sei bereits fragwürdig und durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt, dass Vereine durch Bundes- oder Landesinnenminister verboten werden könnten, während Parteien durch den Verfassungsgerichtsvorbehalt nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG privilegiert seien. Der Vereinsbegriff des Grundgesetzes und des Vereinsgesetzes werde überdehnt, wenn eine Vernetzung bestimmter Gruppen und Personen verboten werde, also das bloß geistige Verbindunghalten und der Informationsaustausch untereinander. Eine Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) habe es nie gegeben, schon gar nicht mehr im Zeitpunkt der Verbotsverfügung. Wie der Beklagte selbst in der Verfügung schreibe, sei bereits am 28. April 2014, also mehr als zwei Monate zuvor, auf der Homepage des FNS mitgeteilt worden, dass die Netzplattform eingestellt und künftig nicht mehr aktualisiert werde. Aus dieser Mitteilung sei ersichtlich, dass es sich bei der Bezeichnung „Freies Netz Süd“ nicht um eine solche für eine Vereinigung handle, sondern für eine Internetseite („Netzplattform“), die ihren Betrieb eingestellt habe. In der Süddeutschen Zeitung vom 15. Mai 2012 sei geschrieben worden, dass im Unterschied zum Nationalen Block, den Skinheads Allgäu und der Fränkischen Aktionsfront beim FNS feste Vereinsstrukturen in dieser Form nicht existierten. Der verantwortliche Staatsminister Herrmann sei mit den Worten zitiert worden, es sei eindeutig so, dass das FNS anders agiere als die bisher verbotenen Organisationen. Auch ein sogenannter Rechtsextremismus-Experte habe erklärt, es gebe kein Oben und kein Unten, es sei eine fluide Struktur. Folgerichtig habe ein anderer Rechtsextremismus-Experte vom FNS als einer leeren Hülle gesprochen, da das FNS seit Herbst 2013 nicht mehr aktiv sei. Der Beklagte möge vortragen, welche Vernetzungsbemühungen es seit dem Tag der Stilllegung der Internetseite am 1. Mai 2014 noch gegeben habe. Dementsprechend schwer falle es dem Beklagten auch, ein Organisationsschema des angeblichen Vereins FNS auch nur ansatzweise darzustellen. Es würden weder Einzelpersonen oder Vereinigungen genannt, die als dem Verein zugehörig angesehen würden, noch würden formelle oder informelle Führer genannt, Finanzierungsstrukturen und Mitgliederpflichten dargestellt oder dargelegt, wie die Willensbildung im Bewusstsein der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Verein funktioniert haben solle. Tatsächlich habe es dies auch nicht gegeben, jedenfalls nicht in Gestalt der zur Ausführung des Vereinigungsbegriffs notwendigen Mindestvoraussetzungen. Dass der Beklagte selbst nicht recht an ihre unter dem Druck der politischen Verhältnisse erzwungene Konstruktion glaube, zeige seine merkwürdige Untätigkeit gegenüber den Mitgliedsvereinigungen, für die das FNS angeblich als Dachverband fungiert habe und die in der Verfügung als dem FNS zuzuordnen bezeichnet würden. Dieses Unterlassen entbehre jeglicher Logik und schaffe völlige Rechtsunsicherheit; der Schwebezustand solle Verunsicherung schaffen und die Tätigkeit der dort aktiven Opposition lähmen. Die Verlinkung bestimmter Gruppierungen oder anderer Plattformen könne kein stichhaltiges Kriterium für die Mitgliedschaft in einer Vereinigung sein. In den acht Jahren des Bestehens der Plattform FNS seien diesbezüglich unzählige Wechsel und vielfache Veränderungen erfolgt. Teilweise seien rechte Gruppierungen gar nicht oder nur temporär verlinkt gewesen, obwohl sie sich an gemeinsamen Versammlungen beteiligt hätten. Viele Seiten seien verschwunden, andere entstanden; freie Kameradschaft hätten sich aufgelöst, einen Namenswechsel vollzogen oder sich neu gegründet. Der Beklagte möge einmal anhand seiner geheimdienstlichen Erkenntnisse die Genese der verschiedenen rechten Gruppen und ihr Verhältnis zum FNS darlegen. Regionale und überregionale Gruppen hätten Berichte von der Seite des FNS übernommen und selbst veröffentlicht, ohne dass sie als Mitglieder des FNS ihrerseits verboten worden seien. So sei das „Nationale und Soziale Aktionsbündnis 1. Mai“, dessen Demonstrationen auch außerhalb Bayerns stattgefunden hätten, ebenfalls dem FNS zugerechnet worden, obwohl hier kein Verbot erfolgt sei; gänzlich fehle auch die Kameradschaft Nürnberg. Die Zuordnungen und Herleitungen von angeblichen Strukturen seien willkürlich, frei erfunden und entbehrten jeder nachvollziehbaren Logik. Nicht jede über das FNS beworbene Veranstaltung hätten alle in der Verbotsverfügung genannten Gruppierungen mitgetragen. Andererseits habe es Aktionen und Kampagnen gegeben, die in einer Gruppierung entstanden und dann erst später über die Plattform FNS weiter gestreut worden seien, zum Beispiel die Anti-Zeitarbeitskampagne des Aktionsbündnisses Nordoberpfalz oder die von der Gruppe Widerstand Cham kreierte Kampagne zur Anwerbung von Russlanddeutschen für die nationale Bewegung. Diese und viele andere Erkenntnisse widerlegten die Annahme, es habe einen einheitlichen Willensbildungsprozess oder gar eine hierarchische Struktur gegeben. Jede Gruppe und jede Einzelperson habe vielmehr das unterstützt, was sie selbst für unterstützenswert gehalten habe. Es habe auch keine vom FNS angemeldeten Versammlungen gegeben.

Das Verbot sei auch deswegen rechtswidrig, weil es von einer unzuständigen Behörde verfügt worden sei. Falls es, was bestritten werde, eine Vereinigung FNS überhaupt gegeben habe, habe sie jedenfalls zum Zeitpunkt des Verbotes nicht mehr existiert. Viele der vom Beklagten als maßgebliche Protagonisten oder Mitglieder des FNS angesehenen Personen hätten sich nämlich der länderübergreifend tätigen Partei „Der Dritte Weg“ angeschlossen. Wenn dieser Personenkreis gemeint sein sollte, so wäre, falls die Parteikriterien nicht erfüllt sein sollten, der Bundesminister des Inneren für ein Verbot zuständig, andernfalls das Bundesverfassungsgericht. Aber selbst auf den bestrittenen Verein FNS bezogen müsse festgestellt werden, dass Mitglieder der zugeordneten Gruppen und viele Adressaten der Verfügung selbstverständlich länderübergreifend tätig gewesen seien, zum Beispiel beim Austausch mit der griechischen „Goldenen Morgenröte“ und bei der Teilnahme an Versammlungen. Zudem sei die Tätigkeit aufgrund der weltweiten Propagandawirkung mittels Internet zwangsläufig aus diesem Grund länderübergreifend gewesen.

Die Frage einer Ausrichtung des FNS gegen die verfassungsmäßige Ordnung und die Frage der Einstufung als Ersatzorganisation der F. A. F. könnten nicht getrennt voneinander behandelt werden. Im Falle eines rechtswidrigen Verbots der F. A. F. dürfe sich die Verbotsverfügung nicht auf den Vortrag der Ersatzorganisation stützen. Der Verwaltungsgerichtshof müsse daher inzident die Rechtmäßigkeit des seinerzeitigen F. A. F.-Verbots prüfen und könne sich nicht auf dessen Bestandskraft berufen. Letztlich sei zu prüfen, ob das Verbotsobjekt selbst gemäß § 8 Abs. 1 VereinsG verfassungswidrige Bestrebungen weiterverfolge. Die Inhalte von Schriftstücken, Slogans, Aufklebern, Plakaten, Transparenten und Ansprachen seien ausschließlich in dem für den Urheber ungünstigsten Sinne ausgelegt worden, obwohl sich die allermeisten dieser Deutungen ersichtlich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten, sondern erlaubt seien. Das Bundesverfassungsgericht habe in der Wunsiedel-Entscheidung ausgeführt, dass das Grundgesetz kein allgemeines antinationalsozialistisches Grundprinzip kenne, welches ein Verbot der Verbreitung rechtsradikalen oder nationalsozialistischen Gedankenguts schon in Bezug auf die geistige Wirkung seines Inhaltes erlaube. Unter dieser Prämisse seien die Annahmen und Herleitungen des Beklagten hinfällig und damit keine taugliche Begründung zur Annahme von Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung.

In einem am Vortag der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz wird das Vorbringen der Kläger ergänzt und vertieft.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Forderung der Klägerseite nach einer inzidenten Überprüfung des Vereinsverbots der F. A. F. gehe ins Leere, da die damalige Verbotsverfügung unanfechtbar sei, nachdem eine dagegen gerichtete Klage mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 2006 (Aktenzeichen 4 A 04.532) im Wesentlichen abgewiesen worden sei. Die Zuständigkeit des StMI für die streitgegenständliche Verbotsverfügung ergebe sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG, wonach die oberste Landesbehörde Verbotsbehörde sei für Vereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränkten. Für die Zuständigkeit sei nicht entscheidend, ob Internetinhalte auch von außerhalb des eigentlichen Tätigkeitsgebietes bzw. weltweit zur Kenntnis genommen werden könnten. Die Nutzung des Internets führe nicht zur generellen Unzuständigkeit der Landesbehörden, da die bloße Abrufbarkeit von Inhalten außerhalb Bayerns keine Tätigkeit außerhalb Bayerns darstelle. Eine solche Tätigkeit setze stets ein Tätigwerden voraus, also ein aktives Durchführen von Aktionen. Dass sich das Tätigwerden des FNS im Wesentlichen auf Bayern beschränkt habe, sei in der Verbotsverfügung eingehend dargelegt worden. Die Zuständigkeit der Verbotsbehörde richte sich nach der Organisation und Tätigkeit des Vereins; als Organisationsbereich komme es in erster Linie auf die Vereinstätigkeit an, die überall dort stattfinde, wo der Verein in relevanter Weise durch nicht ganz unbedeutendes Verhalten anhaltend in Erscheinung trete. Die bloße Teilnahme einzelner Akteure an von Dritten organisierten und durchgeführten Veranstaltungen gehe nicht über eine unbedeutende Tätigkeit in einem anderen Bundesland hinaus; zudem fehle es insoweit an einem „anhaltenden“ In-Erscheinung-Treten außerhalb Bayerns. Zum Auftreten des FNS in der Öffentlichkeit werde auf die Verbotsverfügung verwiesen. Für die Bestimmung des Organisationsbereichs könne es auch auf den Wohnbereich der Mitglieder ankommen, ohne dass allein das Residieren einiger Mitglieder in anderen Bundesländern einen überregionalen Verein konstituiere. Es bleibe bei der Verbotszuständigkeit eines Landes, wenn der Tätigkeitsschwerpunkt dort liege. Eine Zuständigkeit des Bundesministeriums des Innern komme nur in Betracht, wenn die Vereinigung über das Gebiet des Landes, in dem sie ihren Sitz habe, hinaus durch nicht ganz unbedeutende Tätigkeiten anhaltend in Erscheinung trete. Das FNS habe sich - wie ausführlich dargestellt - stets als nationales politisches Infoportal für Bayern bzw. als Widerstandsportal für Bayern, Franken, Schwaben und die Oberpfalz bezeichnet und sei als solches aufgetreten. Dass viele Akteure des FNS sich dem „Dritten Weg“ angeschlossen hätten, könne zu keiner anderen Bewertung der Zuständigkeit führen. Die Mitgliedschaft in einer Vereinigung schließe die Mitgliedschaft in einer anderen Vereinigung nicht aus. Anders als bei dem FNS handle es sich beim „Dritten Weg“ nach eigenem Anspruch um eine bundesweit tätige politische Partei im Sinne des Parteiengesetzes, die seit ihrer Gründung im September 2013 in mehreren Bundesländern aktiv sei und dort sogenannte Stützpunkte gegründet habe. Gegründet worden sei der „Dritte Weg“ in Heidelberg, als Kontaktanschrift werde eine Adresse in Rheinland-Pfalz genannt. Die leitenden Posten seien von Personen besetzt, die selbst keine Akteure des FNS gewesen seien, mit diesen nicht im Zusammenhang gestanden hätten und auch nicht aus Bayern stammten. Auch das sog. 10-Punkte-Programm weise in allen Punkten Deutschlandbezug auf und hebe nicht in einem einzigen Punkt Bayern hervor.

Zur Begründung der Vereinseigenschaft des FNS werde auf die Verbotsverfügung verwiesen. Entgegen der Behauptung der Klägerseite habe das FNS zum Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung nach wie vor bestanden. Es komme dabei nicht auf ein Fortbestehen in der ursprünglichen Gestalt an; es genüge, dass der Verein zu diesem Zeitpunkt nach lebensnaher Betrachtung als noch existent anzusehen sei und somit Adressat einer Verbotsverfügung sein könne. Unabhängig davon spreche einiges dafür, auch einen nicht mehr existenten Verein nach dem Vereinsgesetz verbieten zu können, um die mit einem Verbot verbundenen Folgen auslösen zu können. Ziel eines Vereinsverbots sei nicht nur die aktuelle Struktur und Organisation zu zerschlagen, sondern auch die Fortführung der Ziele und Aktivitäten präventiv zu unterbinden. Soweit noch ein berechtigtes Interesse an einem Vereinsverbot anzunehmen sei, müsse ein solches Verbot möglich sein. Fragen der Adressierung des Verbots träten dahinter zurück, da die zu verbietende Organisation insoweit wie ein Verein in Auflösung zu behandeln sei. Letztlich könne dies hier offen bleiben, da das FNS zum Zeitpunkt des Verbots nach wie vor existent gewesen sei. Bei der Mitteilung auf der Internetseite des FNS am 28. April 2014, dass die Internetplattform eingestellt und künftig nicht mehr aktualisiert würde, sei zugleich darauf hingewiesen worden, dass die Plattform als Archivseite fortbestehe und bis auf weiteres abrufbar bleibe. Sie sei somit als Vernetzungsmöglichkeit zwischen Mitgliedern der rechtsextremistischen Szene erhalten geblieben und habe als Kommunikationsplattform dienen können; auch die E-Mail-Adresse sei für die Kontaktaufnahme freigeschaltet geblieben. Durch die Aufrechterhaltung der Plattform in einer nicht aktualisierten Version seien die verfassungswidrigen Bestrebungen der F. A. F fortgeführt worden. Nach der Rechtsprechung könnten für das Erfüllen eines Verbotsgrundes auch zurückliegende Umstände herangezogen werden, soweit sie noch aussagekräftig seien. Alle bisher eingestellten Beiträge der Internetseite seien auch nach der Ankündigung vom 28. April 2014 erreichbar und die Verlinkung zu Internetangeboten extremistischer Gruppierungen erhalten geblieben. Somit sei das FNS zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung durch die Internetplattform weiterhin existent gewesen, so dass die Verfügung nicht ins Leere gegangen sei. Aus Sicht eines unbedarften Dritten habe dieser weiterhin mit der Existenz des FNS rechnen müssen, da er die Internetadresse nach wie vor habe erreichen können und damit Zugang zu den bisher eingestellten Beiträgen und Verlinkung gehabt habe. Allein die Einstellung der Aktualisierungsbemühungen stelle keine Selbstauflösung des FNS dar. Es habe weiterhin fortbestanden und durch das Betreiben der Internetplattform den Verbotsgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VereinsG erfüllt. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass dem Vereinsverbot umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen vorausgegangen seien, um die Strukturen des Vereins aufzudecken und belastbare Informationen für ein Verbot zusammenzutragen. Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen am 10. Juli 2013 seien umfangreiche Beweismittel zu den verfassungswidrigen Tätigkeiten des FNS sichergestellt worden, auf deren Basis die Verbotsverfügung erlassen worden sei. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei für die Akteure des FNS damit zu rechnen gewesen, dass ein Vereinsverbot im Raum stehe und in absehbarer Zeit erlassen werde, so dass eine inhaltliche Neuausrichtung bzw. Verschleierung der Vereinsaktivitäten naheliegend gewesen sei. Wie in der Verbotsverfügung dargelegt, habe der behauptete Rückzug aus der publizistischen Tätigkeit einem Verbot zuvorkommen sollen und lediglich den Versuch dargestellt, die eigenen Vorhaben und Ziele ungeachtet gefürchteter staatlicher Maßnahmen weitgehend unverändert fortführen zu können. Allein das vorgebliche Aufgeben der Internetplattform könne schon aufgrund des Gesetzeszweckes ein Vereinsverbot nicht verhindern. Vielmehr könnte sonst aufgrund eines bloßen Unterbleibens weiterer aktiver Tätigkeiten der Erfolg eines Vereinsverbotsverfahrens leicht unterlaufen und so dessen Zweck vereitelt werden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klagen, die sich jeweils gegen die Nr. 1 und 2 des Bescheids des StMI vom 2. Juli 2014 richten, sind zulässig, haben aber keinen Erfolg. Das angegriffene Vereinsverbot ist, soweit die Kläger sich dagegen im Rahmen einer Anfechtungsklage zur Wehr setzen können, nicht rechtswidrig und verletzt sie daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Bei dem mit einem gemeinsamen Klageschriftsatz verfolgten Rechtsschutzbegehren der 41 Kläger, die sich auf eine individuelle Grundrechtsbetroffenheit berufen, handelt es sich um eine Mehrzahl gleichgerichteter Anfechtungsklagen und damit um eine subjektive Klagehäufung (§ 64 VwGO i. V. m. § 60 ZPO).

Das gemeinsam verfolgte Ziel einer Teilaufhebung des Verbotsbescheids lässt sich bei sach- und interessengerechter Auslegung nicht dahingehend (um-)deuten, dass die Kläger nicht (nur) als Einzelne klagen, sondern (auch) in ihrer Gesamtheit das FNS repräsentieren und dessen Rechte wahrnehmen wollten, so dass (zusätzlich) über einen Aufhebungsanspruch des FNS zu entscheiden wäre. Eine in dieser Form erhobene Anfechtungsklage „des FNS“ wäre mangels Aktivlegitimation von vornherein unbegründet. Denn die einer Personenvereinigung zustehenden Rechte können nur von deren Organen bzw. von Vertretern ausgeübt werden, die von der Vereinigung dazu bestellt worden sind (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2001 - 6 VR 1/01 u. a. - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 34 juris Rn. 6). Dass ihnen das FNS eine Organfunktion zugewiesen oder im Hinblick auf das Vereinsverbot einen speziellen Vertretungsauftrag erteilt hätte, machen aber die Kläger selbst nicht geltend. Sie tragen vielmehr vor, dass das FNS weder Organe noch sonstige Vertreter gehabt habe und dass es dort überhaupt zu keinen verbindlichen internen Willensbildungsprozessen gekommen sei. Eine wie auch immer geartete Repräsentantenstellung der Kläger kommt demnach nicht in Betracht. Das Gleiche gilt für eine - im Anfechtungsrechtsstreit wohl ohnehin unzulässige (vgl. BayVGH, B.v. 24.7.2014 - 15 CS 14.949 - Rn. 19 m. w. N.) - gewillkürte Prozessstandschaft, da auch die Befugnis, im eigenen Namen einen Prozess über ein fremdes Recht zu führen, eine Ermächtigung des Rechtsinhabers voraussetzt (vgl. BVerwG U.v. 30.11.1973 - IV C 20.73 - BayVBl 1974, 440).

II.

An einer Prozessführung für das FNS haben die Kläger im Übrigen auch kein schützenswertes Interesse, da sie gegen die Verbotsverfügung aus eigenem Recht Klage erheben können. Für ihre Anfechtungsklagen steht ihnen jeweils die nach § 42 Abs. 2 VwGO notwendige Klagebefugnis zu.

Grundsätzlich kann zwar ein Vereinsverbot nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur von der verbotenen Vereinigung selbst angefochten werden, nicht dagegen von deren Mitgliedern oder sonstigen Einzelpersonen (BVerwG, U.v. 13.8.1984 - 1 A 26/83 - DÖV 1984, 940; B.v. 2.3.2001 a. a. O. juris Rn. 7; B.v. 4.7.2008 - 6 B 39/08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 45; B.v. 19.7.2010 - 6 B 20/10 - NVwZ 2011, 372 Rn. 14; U.v. 14.5.2014 - 6 A 3.13 - NVwZ 2014, 1573 Rn. 11). Denn die Verbotsverfügung betrifft nicht die individuelle Rechtsstellung natürlicher Personen, sondern die Rechtsstellung der verbotenen Vereinigung als einer Gesamtheit von Personen. Sofern das Vereinsverbot Rechte verletzt, können dies nur Rechte der verbotenen organisierten Personengesamtheit sein, die ungeachtet ihrer Rechtsform nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig ist und im Rechtsstreit gemäß § 62 Abs. 3 VwGO durch ihren Vorstand oder durch anderweitig beauftragte Personen vertreten wird (BVerwG a. a. O.; Graulich, DVBl 2015, 1210/1215). Ausnahmsweise können jedoch einzelne Personen, denen der Verbotsbescheid zugestellt wurde, ein nach § 42 Abs. 2 VwGO zulässiges individuelles Rechtsschutzbegehren verfolgen, wenn und soweit sie geltend machen, die Existenz eines Vereins im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG sei von vornherein ausgeschlossen und die Verfügung betreffe sie daher persönlich in ihrer Rechtsstellung (BVerwG a. a. O.). Denn in einem solchen Fall kann der von der Verfügung betroffene Personenkreis regelmäßig mangels Beteiligtenfähigkeit (§ 61 Nr. 2 VwGO) nicht selbst Klage erheben (vgl. HambOVG, B.v. 6.10.2000 - 4 Bs 269/00 - juris Rn. 17).

Entsprechend diesen Grundsätzen, die auch für Verbotsverfügungen gegen Ersatzorganisationen nach § 8 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG gelten müssen, steht den Klägern als individuell betroffenen Personen die geforderte Klagebefugnis zu. Sie gehören zu den insgesamt 47 Adressaten, denen der Bescheid des StMI vom 2. Juli 2014 zugestellt wurde, und berufen sich (u. a.) darauf, dass es sich beim FNS wegen fehlender organisatorischer Strukturen nicht um einen Verein im Sinne des Gesetzes handle oder gehandelt habe. Würde das Vereinsverbot unanfechtbar, könnten sie sich nach § 85 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB strafbar machen, falls sie die im Bescheid genannten Aktivitäten fortführen oder wiederaufnehmen sollten.

III.

Die Anfechtungsklagen sind jedoch unbegründet. Die bezüglich des FNS ergangene Verbotsverfügung ist, soweit sie im vorliegenden Verfahren geprüft werden kann, rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Wird ein Vereinsverbot - wie hier - von natürlichen Personen zulässigerweise mit der Begründung angegriffen, die in § 2 Abs. 1 VereinsG genannten Voraussetzungen eines Vereins lägen nicht vor, so ist die gerichtliche Prüfung auf dieses Vorbringen beschränkt. Ob darüber hinaus die sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und insbesondere die materiellen Verbotsgründe vorliegen, bleibt in einem solchen Verfahren außer Betracht (BVerwG, B.v. 4.7.2008 a. a. O. Rn. 5, B.v. 6.1.2014 - 6 B 60/13 Rn. 16; U.v. 14.5.2014 a. a. O.; HambOVG a. a. O. Rn. 18; NdsOVG, U.v. 3.9.2013 - 11 KS 288/12 - DVBl 2013, 1406 juris Rn. 36). Darin liegt entgegen der Auffassung der Kläger keine unzulässige Beschränkung des nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebotenen Rechtsschutzes. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es sich bei der betreffenden Personengruppe nicht um einen Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG handelt, ist die Verbotsverfügung schon aus diesem Grund aufzuheben. Liegen hingegen die Begriffsmerkmale eines Vereins vor, so ist (bzw. wäre) dieser nicht gehindert (gewesen), selbst eine vollständige Prüfung der Verbotsvoraussetzungen herbeizuführen (BVerwG, B.v. 4.7.2008 a. a. O.). Nimmt der Verein die Verbotsverfügung hin oder versäumt er einen möglichen Rechtsbehelf, so können nicht ersatzweise einzelne seiner Mitglieder oder sonstige interessierte Personen eine umfassende gerichtliche Kontrolle herbeiführen (vgl. HambOVG a. a. O. Rn. 16).

2. Das FNS stellte - bezogen auf den für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2012 - 6 A 2/10 - NVwZ-RR 2012, 648 Rn. 12) - einen Verein gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 VereinsG dar, denn es erfüllte alle Merkmale der in § 2 Abs. 1 VereinsG enthaltenen Legaldefinition. Danach ist ein Verein im Sinne des Gesetzes ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.

a) Die Begriffsmerkmale des § 2 Abs. 1 VereinsG, für deren Vorliegen die Verbotsbehörde die materielle Beweislast trägt, sind grundsätzlich weit auszulegen (BVerwG, U.v. 14.5.2014 a. a. O. Rn. 24 m. w. N.). Dies entspricht dem gefahrenabwehrrechtlichen Zweck des Vereinsgesetzes und dient zugleich dem Schutz der Vereinigungsfreiheit, da die Existenz einer Vereinigung, welche die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 VereinsG erfüllt, nur gemäß § 3 Abs. 1 VereinsG und nach Feststellung des Vorliegens eines Verbotsgrunds nach Art. 9 Abs. 2 GG beendet werden darf (vgl. BTDrs 4/430 S. 13).

Auch bei einer extensiven Interpretation des Vereinsbegriffs kann zwar ein Zusammenschluss von Personen nur angenommen werden, wenn diese sich durch einen konstitutiven Akt verbunden haben. An die Qualität dieses Aktes dürfen jedoch keine hohen Anforderungen gestellt werden; eine stillschweigende Übereinkunft reicht aus (BVerwG a. a. O., Rn. 25; HambOVG, B.v. 6.10.2000 a. a. O., juris Rn. 20; NdsOVG, U.v. 3.9.2013 a. a. O. juris Rn. 38). Hinsichtlich des gemeinsamen Zwecks genügt eine faktische Übereinstimmung über die wesentlichen Ziele des Zusammenschlusses, gleichviel worin diese Ziele bestehen. Die vom Willen der einzelnen Mitglieder losgelöste und organisierte Gesamtwillensbildung, der die Mitglieder kraft der Verbandsdisziplin untergeordnet sein müssen, erfordert weder eine Satzung noch spezifische Vereinsorgane; ausreichend ist eine Organisationsstruktur, die faktisch auf eine organisierte Willensbildung schließen lässt. Das Vorliegen sämtlicher Begriffsmerkmale kann aus Indizien hergeleitet werden (BVerwG a. a. O.; HambOVG a. a. O., juris Rn. 21).

b) Nach diesen Maßgaben hat das StMI zu Recht eine Vereinseigenschaft des FNS angenommen.

Wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt und im angegriffenen Bescheid dargelegt wird, sind für das FNS, das sich seit der Gründung im November 2008 und der nachfolgenden Anmeldung der Domain http://freies-netz-sued.net stets in Pluralform („wir“, „uns“) präsentiert hat, eine Reihe namentlich bekannter Personen über längere Zeiträume hinweg tätig geworden, z. B. die Kläger zu 3, 5 und 24 als offizielle Betreiber der Homepage, die Klägerin zu 13 als Inhaberin der zur Kontaktaufnahme angegebenen Telefonnummer sowie die Kläger zu 2, 6, 14, 30 und 32 als presserechtlich Verantwortliche für die in größeren Mengen bereitgehaltenen FNS-Flugblätter, -Aufkleber und -Flyer. Es muss daher von einem - zumindest konkludent begründeten - dauerhaften Zusammenschluss einer Personenmehrheit zu einem gemeinsamen Zweck ausgegangen werden.

Dieser Zweck bestand entgegen den Selbstdarstellungen auf der Website des FNS (s. Bescheid v. 2.7.2014, S. 12 f.) nicht lediglich im Betreiben eines online gestellten politischen Infoportals, also einer für Aktivisten des „Nationalen Widerstands“ geöffneten Informations-, Kommunikations- und Publikationsplattform. Das FNS hat vielmehr als eine Art Dachverband der ihm angeschlossenen regionalen und lokalen neonazistischen Vereinigungen („Kameradschaften“) eine Koordinations- und Lenkungsfunktion für ganz Bayern wahrgenommen. Diese Organisationsstruktur und der daraus resultierende Führungsanspruch kommen freilich in den öffentlichen Verlautbarungen der Betreiber der Website und in den bei der Durchsuchung sichergestellten E-Mails der maßgeblichen Akteure nicht explizit zur Sprache. Aus einer Reihe schriftlicher Äußerungen maßgeblicher Protagonisten sowie aus Art und Umfang der vom FNS entfalteten Tätigkeit, insbesondere den von ihm initiierten und propagierten überörtlichen Kampagnen und Demonstrationen, wird aber erkennbar, dass es den Mitgliedern des Netzwerks über einen bloßen Informationsaustausch hinaus um das aktive Fördern bestimmter rechtsextremer politischer Aktivitäten auch außerhalb des Internets ging und dass dazu eine dauerhafte Organisationsstruktur aufgebaut wurde, der sich die angeschlossenen Kameradschaften und sonstigen Aktivisten bis zu einem gewissen Grad ein- und untergeordnet haben.

aa) Dass das FNS entgegen dem Vorbringen der Kläger kein bloßes Informationsportal war, ergibt sich aus einer Vielzahl von Indizien. So wurde beim Kläger zu 3, der bis zur streitgegenständlichen Verbotsverfügung Inhaber der auf der Website mit einem Verschlüsselungscode angegebenen E-Mail-Adresse fnsued@gmx war (vgl. S. 14, 17 des Bescheids), bei der Hausdurchsuchung am 10. Juli 2013 ein Ausschnitt aus einem intern verbreiteten Mobilisierungsflugblatt gefunden, dessen Formulierung („Vom Freien Netz Süd fährt ein Bus zum Trauermarsch nach Bad Nenndorf“) unzweideutig auf eine vom FNS zentral organisierte Aktion im August 2010 hinweist (Behördenakten [BA] S. 1771). Dementsprechend heißt es im nachfolgenden Bericht auf der Website www.f...de, die Resonanz „auf unseren Aufruf“ sei groß gewesen; das dazu veröffentlichte Foto zeigt ein bei der Veranstaltung mitgeführtes Plakat mit dem bayerischen Landeswappen und dem Zusatz „Freies Netz Süd Kameradschaft München“ (BA S. 1770 f.).

In einer ebenfalls auf der Website veröffentlichten Meldung über eine Veranstaltung zum 1. Mai 2009 in W. ... wird sogar explizit von einer „Demonstration des Freien Netz Süd“ gesprochen, bei der als Redner „vom Freien Netz Süd“ der Kläger zu 3 aufgetreten sei; dieser habe dann „die Veranstaltung offiziell beendet“ (BA S. 1790). Nach weiteren auf der FNS-Homepage erschienenen Berichten hat der Kläger zu 3 in seiner Eigenschaft als Vertreter des „Freien Netz Süd“ auch einige Wochen später bei einer Versammlung vor „Aktivisten aus dem Nationalen Widerstand“ in Schwandorf sowie am 12. Februar 2011 bei einer „Gedenkveranstaltung“ in Budapest das Wort ergriffen (BA S. 1791). In einem Bericht über einen Aktionstag am 2. April 2011 wird ein (namentlich nicht genannter) „Vertreter des ‚Freien Netz Süd‘“ erwähnt, der auf einer Kundgebung in Ansbach gesprochen habe (BA S. 2037). In einer Meldung vom 10. Mai 2012 ist von der „traditionelle(n) 1. Mai Demonstration des Freien Netz Süd“ in Hof a. d. Saale die Rede (BA S. 2172). Diese Wortwahl legt - ebenso wie der auf Flyern verbreitete Appell „FREIES-NETZ-SUED.net - Schließt euch uns an!“ (BA S. 1799) - den Schluss nahe, dass es sich hier um einen mitgliedschaftlich verfassten Personenverband mit einer eigenen politischen Agenda handelte.

bb) Verschiedene Berichte auf der Homepage lassen klar erkennen, dass das FNS von sich aus politische Aktionen initiiert und zentral gesteuert hat, die dann auf der regionalen oder lokalen Ebene von gleichgesinnten Gruppen oder Einzelpersonen umgesetzt wurden. So heißt es in einem Bericht vom 14. September 2010, „das ‚Freie Netz Süd‘ (FNS) startet ab dem heutigen Schulbeginn eine neue Kampagne, die sich gegen die Ableistung des Wehrdienstes richtet…“ (BA S. 2413). Schon ab dem folgenden Tag finden sich Meldungen, wonach in mehreren Ortschaften Niederbayerns sowie u. a. im Bereich von Fürth, Nürnberg, München, Erlangen-Höchstadt, Hof, Bayreuth und Schweinfurt entsprechende Plakate und Flugblätter aufgetaucht seien (BA S. 2413 ff.). Ein Bericht vom 13. Juni 2011 beschreibt unter der Überschrift „Spontane Flugblattaktion gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan“ eine Verteilaktion in Schwandorf „mit dem aktuellen Material der Kampagne des Freien Netz Süd - Sag nein zur Bundeswehr“ (BA S. 2435). Auch die Mobilisierungskampagne für die o. g. Demonstration zum 1. Mai 2012 in Hof wurde offenkundig zunächst vom FNS in Gang gesetzt und erst später von den angeschlossenen regionalen Gruppen aufgegriffen (BA S. 2198 ff.).

Das FNS hat die für solche Aktionen notwendigen Propagandamittel ersichtlich in großen Mengen selbst hergestellt und zur Verteilung bereitgehalten. So fand sich im Zuge einer Durchsuchung beim Kläger zu 19 neben Druckvorlagen für frühere FNS-Flyer u. a. eine Folie mit mehreren unterschiedlich gestalteten Vorlagen für den Schriftzug www.f...net (BA S. 2069). In einem auf der Homepage am 12. August 2011 abrufbaren Bericht zum Thema Zeitarbeit wird mitgeteilt, dass „das FNS“ den betreffenden Text auch als Vollfarb-Flugblatt im DIN A 6- Format erstellt habe; dieses könne ebenso wie entsprechende Themenaufkleber im Format DIN A 7 nunmehr im „nationalen Versandhandel“ von Interessierten bezogen werden (BA S. 2178). In einer Meldung vom 24. März 2011 heißt es, das „Freie Netz Süd“ habe ein Flugblatt „Hände weg von Libyen“ gestaltet, das sich nunmehr jeder kostenlos runterladen könne; auf der beigefügten Abbildung des Flugblatts findet sich der Urhebervermerk „© ...“ (BA S. 2435).

Das FNS hat sich demnach nicht auf die Rolle eines zentralen Informationsmediums beschränkt, sondern durch die Schaffung einer übergeordneten Organisation die auf regionaler und lokaler Ebene vorhandenen rechtsextremistischen Gruppierungen und Aktivisten für bestimmte Aktionen zu einem landesweiten Handlungsverbund zusammengeführt. Die auf verschiedenen medialen Wegen initiierten und koordinierten landesweiten Kampagnen setzten ein arbeitsteiliges Vorgehen und damit ein Mindestmaß an organisierter Willensbildung innerhalb des FNS voraus. Dies wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass „den Kameraden vom Freien Netz Süd“ im Juni 2011 für ihren „Einsatz um Strukturaufbau und Vernetzung des nationalen Lagers“ ein Förderpreis eines NPD-Presseorgans zuerkannt wurde (BA S. 2458). Ein bei der Klägerin zu 27 sichergestellter Datenträger enthält insoweit aufschlussreiche Schreiben von NPD-Funktionären, in denen das FNS ausdrücklich als eine (vom Verbot bedrohte) „Vereinigung“ bezeichnet wird (BA S. 2455 ff.).

cc) Dass das FNS bei den von ihm organisierten Aktionen einen Führungsanspruch erhoben hat und zumindest von einigen der bestehenden „Kameradschaften“ auch tatsächlich als eine überregionale Führungsinstanz akzeptiert worden ist, belegt etwa ein beim Kläger zu 40 beschlagnahmter Brief des Klägers zu 10 vom 4. März 2011. Darin ist zunächst in Bezug auf die Fahrt zu einer Versammlung in Dresden von „Netzbussen“ und „Netzmitgliedern“ die Rede; im Zusammenhang mit Unstimmigkeiten innerhalb des „Nationalen Bündnisses Niederbayern“ (NBN) heißt es dann, der Verfasser des Briefes sei „auf die Netzantwort gespannt“; er frage sich, „wie stellt sich das Netz die weitere Zusammenarbeit vor…?“ (BA S. 2017 ff.). Hieran wird deutlich, dass dem landesweit tätigen FNS eine besondere Autorität im Verhältnis zu den regionalen oder lokalen Gruppen zuerkannt wurde. Dies schließt einzelne sachliche oder persönliche Konflikte nicht aus. So beschreibt etwa eine beim Kläger zu 40 beschlagnahmte Materialsammlung für die Jahre 2008 und 2009 Streitigkeiten zwischen Vertretern des FNS, namentlich den als „Führungskader“ bezeichneten Klägern zu 1 und 2, und den in München und Nürnberg aktiven „Freien Nationalisten“ (BA S. 2020 ff.).

Die vorliegenden Erkenntnisse belegen, dass die regionalen Kameradschaften durch regelmäßige Treffen in das übergeordnete Netzwerk FNS eingebunden wurden. Hierfür spricht beispielsweise eine beim Kläger zu 17 aufgefundene E-Mail an den Kläger zu 2. Darin verwahrt sich der Absender gegen Kritik an seiner Abwesenheit „beim letzten Treffen“ mit dem Hinweis, seines Wissens müsse (nur) „aus jedem Bezirk eine Person anwesend sein“; zum letzten Treffen seien absprachegemäß zwei Personen „als Vertreter der Oberpfalz“ gefahren. Später heißt es dort, er verbitte sich den Vorwurf, sich jemals unsolidarisch „gegenüber dem FNS oder einer anderen nationalen Struktur verhalten“ zu haben (BA S. 2521). Ebenfalls im elektronischen Datenbestand des Klägers zu 17 findet sich eine elektronische Textnachricht mit der Anfrage, ob „für das nächste FNS treffen“ noch eine E-Mail geschickt werden solle mit dem Inhalt, dass „die Führungsleute das Geld von ihren Kameradschaften mitbringen sollen“ (BA S. 2522). Eine elektronische Nachricht von einem auf den Kläger zu 2 zugelassenen Account spricht im Hinblick auf die Verwendung bestimmten Propagandamaterials von getroffenen „Gesamtentscheidungen“ (BA S. 2342); in E-Mails des Klägers zu 1 ist von „Führungsleuten“ und von einem „Treffen der regionalen Gruppenvertreter“ die Rede (BA S. 2344).

dd) Ungeachtet dieser Beteiligung der regionalen Gruppierungen deuten die verfügbaren Indizien darauf hin, dass sich der Willensbildungsprozess innerhalb des FNS letztlich auf ganz wenige Führungspersonen beschränkt hat. Dies gilt nicht nur für die Textauswahl auf der Website, für die es in einer E-Mail aus dem FNS-Umkreis heißt, alle eingereichten Berichte würden „erst von uns gelesen, geprüft … ggf. anwaltlich“ (BA S. 2525). Auch die sonstigen Aktivitäten des FNS wurden ersichtlich von einem kleinen Kreis von Aktivisten zentral geplant und gesteuert. Dabei wurden im Interesse einer organisierten Gesamtwillensbildung unterschiedliche Zuständigkeiten festgelegt und Aufgabenfelder verteilt.

Wie im Bescheid des StMI näher ausgeführt wird (S. 23 bis 31), kam insoweit den Klägern zu 1 und 2 die maßgebliche Leitungsfunktion zu. Im Rahmen einer stillschweigenden Arbeitsteilung dürfte dabei der Kläger zu 1 vorrangig die inhaltlichen Positionen des FNS vorgegeben und nach außen hin vertreten haben, während der Kläger zu 2 als regelmäßiger Anmelder von Veranstaltungen und presserechtlich Verantwortlicher eher organisatorische und technische Aufgaben übernommen hat (vgl. BA S. 2218, 2248, 2269). Wie die teilweise konspirative Vorgehensweise dieser beiden Hauptverantwortlichen des FNS zeigt, wollten sie allerdings bei allen ihren schriftlichen Äußerungen unbedingt vermeiden, dass sich dadurch „Strukturen aufdecken“ lassen (BA S. 2347). Der insoweit aufschlussreiche E-Mail-Verkehr zur Anfrage eines Aktivisten aus der Schweiz, der dort „als Ableger des FNS“ eine Kameradschaft aufbauen wollte, lässt gleichwohl deutlich erkennen, dass hinsichtlich einer Aufnahme in das FNS die Kläger zu 1 und 2 die maßgeblichen Entscheidungsträger waren (BA S. 2347 ff.).

Die hervorgehobene politische Führungsrolle insbesondere des Klägers zu 1 zeigt sich schon an der Vielzahl und an der Ausführlichkeit der ihn betreffenden Berichte auf der Website des FNS, insbesondere zu seinen Auftritten als Redner bei zentralen Veranstaltungen und als Repräsentant des „nationalen Lagers“ bei Besuchen im Ausland (BA S. 1547 f., 1553 ff.). In welch hohem Maße die Aktivitäten des FNS von seiner Person abhängig waren, trat vor allem während seiner mehrjährigen Haftzeit zutage. Wie sich aus dem sichergestellten E-Mail-Verkehr ergibt, wurden in dieser Zeit einige seiner bisherigen Leitungsfunktionen vom Kläger zu 40 ausgeübt, der dabei von dem (über die Entwicklungen fortlaufend informierten) Kläger zu 1 verschiedentlich aus der Haft heraus schriftlich angewiesen und angespornt wurde (BA S. 2010, 2043 ff., z. B. 2047: „Lass Dir die Zügel nicht aus der Hand nehmen“.). Nachdem der Kläger zu 40 selbst in Haft gekommen war, wurde es für die verbliebenen FNS-Akteure offenbar schwierig, mit den schriftlichen Unterlagen sinnvoll weiterzuarbeiten; dies belegt ein Brief des Klägers zu 2 vom 27. Juni 2011 („Wie Du Dir vorstellen kannst, muss hier wieder alles neu erarbeitet werden… Es nützen die schönsten Listen nichts, wenn sie andere nicht interpretieren können. Jede Woche tauchen neue Fragen auf…“; BA S. 2015 f.). In einem Brief an den Kläger zu 40 vom 6. Juni 2011 ist davon die Rede, in ein paar Monaten sei „ja der Chef wieder da“; mit dieser Bezeichnung kann nach Lage der Dinge nur der bis zum September 2011 inhaftierte Kläger zu 1 gemeint sein (BA S. S. 2017).

Welche besondere Autorität der Kläger zu 1 ungeachtet seiner haftbedingten langen Abwesenheit besaß, zeigt auch das handschriftlich verfasste „Grußwort“, das er dem Kläger zu 40 zur Verlesung auf dem für Mai 2010 geplanten „3. Frankentag“ übermittelt hat (BA S. 2047, 2049 f.). Auf dem im Folgejahr veranstalteten „4. Frankentag“ gab es laut einem Bericht auf der Website des FNS vom 16. August 2011 ebenfalls „Grußworte“ des weiterhin inhaftierten Klägers zu 1 (BA S. 1792). Bereits wenige Monate nach seiner Entlassung aus der JVA Bayreuth trat er dann bei der als „1. Mai Demonstration des Freien Netz Süd“ bezeichneten Versammlung zum 1. Mai 2012 in Hof (vgl. BA S. 2172) wieder als Redner auf und ließ sich dort von Gleichgesinnten mehrfach interviewen; hieraus wurde ein Dokumentationsvideo produziert, das einige Wochen später auf youtube veröffentlicht wurde (BA S. 2205 ff.). Dass der Kläger zu 1 nach außen hin als der maßgebliche Repräsentant des FNS galt, wird auch in dem Umstand deutlich, dass er von neonazistischen Kreisen aus Sachsen als Vortragsredner angefragt wurde, um über seine Arbeit zu berichten (BA S. 2290 f.).

Die ungewöhnlich hohe Zahl der bei ihm sichergestellten Flugblätter und Aufkleber (BA S. 1538 ff.) belegt schließlich, dass der Kläger zu 1 neben seinen öffentlichen Auftritten auch als zentrale Verteilstation für das Propagandamaterial des FNS fungiert hat. An der Produktion und Gestaltung der Druckwerke war er offenbar ebenfalls maßgeblich beteiligt, wie der aufgefundene Datenträger mit pdf-Vorlagen für unterschiedliche Papierformate zeigt (BA S. 1540).

Insgesamt ist aufgrund dieser herausragenden Stellung des Klägers zu 1 davon auszugehen, dass er innerhalb des FNS eine (weitgehende) faktische Leitungsgewalt besaß und damit - unterstützt vom Kläger zu 2 - in der Lage war, konkrete Aktionen des rechtsextremistischen Netzwerks zu initiieren, zu koordinieren und zu steuern. Die einzelnen Mitglieder und angeschlossenen Kameradschaften haben diesen Führungsanspruch durch ihre fortwährend bekundete Bereitschaft zur Zusammenarbeit konkludent anerkannt und sich damit prinzipiell dem Gesamtwillen der Vereinigung FNS unterworfen.

c) Das FNS hat seine Vereinseigenschaft nicht dadurch verloren, dass sich in den letzten Monaten vor dem Verbot einige seiner Aktivisten dem ebenfalls rechtsextremistisch ausgerichteten „Dritten Weg“ (auch: „III. Weg“) angeschlossen haben. Bei dieser im September 2013 in Heidelberg gegründeten und derzeit mit Postfach in Bad Dürkheim ansässigen Vereinigung handelt es sich dem eigenen Anspruch nach um eine auf Bundesebene tätige Partei, die in mehreren Bundesländern mit Stützpunkten aktiv ist und eine Beteiligung an Wahlen anstrebt. Eine Mitgliedschaft im „Dritten Weg“ schließt daher eine gleichzeitige Betätigung in dem auf Bayern beschränkten Netzwerk FNS keineswegs aus. Dass der „Dritte Weg“ die Organisationsstrukturen des FNS übernommen hätte und dessen Kampagnen unverändert fortführen würde, ist jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der Verbotsverfügung nicht ersichtlich.

d) In dem Umstand, dass die Internetplattform des FNS seit dem 28. April 2014 nicht mehr aktualisiert wurde, lag noch keine (Selbst-) Auflösung der organisatorischen Strukturen mit der Folge, dass bei Erlass des angegriffenen Bescheids im Juli 2014 kein Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG mehr bestanden hätte.

Zwar hat das FNS, dessen öffentlich sichtbare Aktivitäten bereits nach den landesweiten Durchsuchungsaktionen am 10. Juli 2013 zurückgegangen waren, mit dem „Einfrieren“ des Internetauftritts seine publizistischen Wirkungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. Die bisher auf der Internetseite eingestellten Beiträge blieben jedoch ebenso wie die Verlinkungen zu den Internetangeboten anderer rechtsextremistischer Organisationen weiterhin erreichbar. Aus diesem Aufrechterhalten der Homepage als Archivseite und an dem fortbestehenden Angebot einer verschlüsselten Kontaktaufnahme über die E-Mail-Adresse [email protected] wird erkennbar, dass an dem Anspruch festgehalten wurde, das Zusammenwirken der bestehenden neonazistischen Verbände und örtlichen Aktivisten auf der überregionalen Ebene zu fördern. Dass die maßgeblichen Akteure des FNS ihr bisheriges Konzept, nach Art eines Dachverbands zentrale Koordinations- und Lenkungsaufgaben wahrzunehmen, mit dem bloßen Verzicht auf eine Aktualisierung des Internetauftritts dauerhaft aufgegeben hätten, kann weder ihren ausdrücklichen Verlautbarungen noch den sonstigen Umständen entnommen werden.

Die bisherige, weitgehend konspirative Vorgehensweise innerhalb des FNS spricht vielmehr dafür, dass der Rückzug aus öffentlich wahrnehmbaren Betätigungsfeldern lediglich dazu dienen sollte, die zum damaligen Zeitpunkt erwarteten vereinsrechtlichen Verbotsmaßnahmen zu erschweren und sich durch die vorsorgliche Bildung verdeckter Strukturen auf einen künftigen Verbotsfall vorzubereiten. Bereits im Vorfeld der behördlichen Durchsuchungsaktionen hatte es, wie einige in den Behördenakten dokumentierte Äußerungen von FNS-Aktivisten belegen, konkrete Überlegungen dazu gegeben, wie die bisherigen Tätigkeiten nach einem Verbot fortgeführt werden könnten. So enthält etwa eine beim Kläger zu 17 gefundene E-Mail vom 9. April 2012 (BA S. 2525) eine Absprache für ein offenbar erwartetes Vereinsverbot („Fns Verbot - wenn Tag X dann der kommende Sonntag Treffen in Fürth“). In einer E-Mail-Korrespondenz am 11. Dezember 2012 wird die Frage erörtert, ob eine fiktive Presseagentur namens „Freie Medien Süd“ mit dem entsprechenden Logo im Falle eines Verbots des FNS dazu dienen könnte, dessen Videos weiterzuverwenden (BA S. 2359 f.). Der darin zum Ausdruck kommenden Entschlossenheit zur Fortführung der bisherigen Aktivitäten trotz des drohenden Verbots kann, auch wenn die genannten Äußerungen bei Erlass der Verbotsverfügung einige Zeit zurücklagen, für die Beurteilung der Frage, wie der Verzicht auf eine Aktualisierung der Homepage des FNS zu verstehen ist, eine erhebliche Aussagekraft beigemessen werden (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 - NVwZ 2003, 986/988). Es muss daher angenommen werden, dass das FNS bis zu der behördlichen Verbotsentscheidung in seiner (nicht offengelegten) Grundstruktur als Verein fortbestanden hat.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 205.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstands für jede der 41 Einzelklagen beruht auf § 52 Abs. 2 GKG (Auffangstreitwert). Der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (http://www.b...de/m...pdf) sieht zwar in Nr. 45.1.1 für ein Vereinsverbot durch eine oberste Landesbehörde einen Streitwert von 15.000 Euro vor (so auch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 6 B 31/14 - Buchholz 402.45 Vereinsrecht Nr. 65). Dies bezieht sich aber auf den (Normal-) Fall, dass das Verbot von der betroffenen Vereinigung angefochten und daher gerichtlich umfassend überprüft wird. Erheben wie hier nur einzelne Personen in eigenem Namen Klagen gegen die Verbotsverfügung, so erscheint es im Hinblick auf die von vornherein beschränkte Sachprüfung angemessen, für jede dieser Klagen keinen höheren Streitwert als den in § 52 Abs. 2 GKG genannten Betrag anzusetzen.

(1) Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.

(2) Vereine im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
politische Parteien im Sinne des Artikels 21 des Grundgesetzes,
2.
Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder.

(1) Wer als Rädelsführer oder Hintermann im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes den organisatorischen Zusammenhalt

1.
einer Partei oder Vereinigung, von der im Verfahren nach § 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei ist, oder
2.
einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist,
aufrechterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer sich in einer Partei oder Vereinigung der in Absatz 1 bezeichneten Art als Mitglied betätigt oder wer ihren organisatorischen Zusammenhalt oder ihre weitere Betätigung unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) § 84 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde zieht Forderungen Dritter gegen den Verein ein, wenn

1.
sie aus Beziehungen entstanden sind, die sich nach Art, Umfang oder Zweck als eine vorsätzliche Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins darstellen, oder
2.
sie begründet wurden, um Vermögenswerte des Vereins dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder den Wert des Vereinsvermögens zu mindern.
Hat der Gläubiger eine solche Forderung durch Abtretung erworben, so kann sie nur eingezogen werden, wenn der Gläubiger die in Satz 1 bezeichneten Tatsachen bei dem Erwerb kannte.

(2) Sachen Dritter werden eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.

(3) Rechte Dritter an den nach § 11 Abs. 1 oder nach § 12 Abs. 1 oder 2 eingezogenen Gegenständen bleiben bestehen. Sie werden eingezogen, wenn sie unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen begründet oder erworben worden sind.

(4) Die nach den Absätzen 1 bis 3 eingezogenen Gegenstände gehen mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsverfügung auf den Einziehungsbegünstigten über. Nicht vererbliche Rechte erlöschen.

(5) Verfügungen des Vereins, die in den letzten sechs Monaten vor Erlaß des Verbots in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen wurden, Gegenstände des Vereinsvermögens beiseite zu schaffen, sind dem Einziehungsbegünstigten gegenüber unwirksam. Ist zugunsten eines Vereinsmitglieds oder einer Person, die ihm im Sinne des § 138 Abs. 1 der Insolvenzordnung nahesteht, verfügt worden, so wird vermutet, daß diesen die in Satz 1 bezeichnete Absicht bekannt war.

(1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, daß seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder daß er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung

1.
des Vereinsvermögens,
2.
von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in § 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und
3.
von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind,
zu verbinden.

(2) Verbotsbehörde ist

1.
die obersten Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken;
2.
das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt.
Die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zuständig ist. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat entscheidet im Benehmen mit Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären.

(3) Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, daß sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind.

(4) Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Absatzes 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. Der verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekanntzumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach § 15 werden nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn

1.
ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht,
2.
die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und
3.
nach den Umständen anzunehmen ist, daß sie vom Verein geduldet werden.

(1) Die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde zieht Forderungen Dritter gegen den Verein ein, wenn

1.
sie aus Beziehungen entstanden sind, die sich nach Art, Umfang oder Zweck als eine vorsätzliche Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins darstellen, oder
2.
sie begründet wurden, um Vermögenswerte des Vereins dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder den Wert des Vereinsvermögens zu mindern.
Hat der Gläubiger eine solche Forderung durch Abtretung erworben, so kann sie nur eingezogen werden, wenn der Gläubiger die in Satz 1 bezeichneten Tatsachen bei dem Erwerb kannte.

(2) Sachen Dritter werden eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.

(3) Rechte Dritter an den nach § 11 Abs. 1 oder nach § 12 Abs. 1 oder 2 eingezogenen Gegenständen bleiben bestehen. Sie werden eingezogen, wenn sie unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen begründet oder erworben worden sind.

(4) Die nach den Absätzen 1 bis 3 eingezogenen Gegenstände gehen mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsverfügung auf den Einziehungsbegünstigten über. Nicht vererbliche Rechte erlöschen.

(5) Verfügungen des Vereins, die in den letzten sechs Monaten vor Erlaß des Verbots in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen wurden, Gegenstände des Vereinsvermögens beiseite zu schaffen, sind dem Einziehungsbegünstigten gegenüber unwirksam. Ist zugunsten eines Vereinsmitglieds oder einer Person, die ihm im Sinne des § 138 Abs. 1 der Insolvenzordnung nahesteht, verfügt worden, so wird vermutet, daß diesen die in Satz 1 bezeichnete Absicht bekannt war.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.