Verwaltungsgericht Bayreuth Gerichtsbescheid, 22. Feb. 2017 - B 2 K 14.877

bei uns veröffentlicht am22.02.2017

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin war im Jahr 2014 mit Demontage und Abbrucharbeiten auf dem ehemaligen … beauftragt Mit Bescheid vom 20.08.2014 erließ das Gewerbeaufsichtsamt folgende Anordnung gegenüber der Klägerin: „Die Arbeiten in den Gebäuden (speziell BT 43) ohne Absturzsicherung dürfen erst fortgesetzt werden, wenn die Gebäude durch ausreichenden Seitenschutz/Abdeckung versehen sind.“ Für den Fall, dass diese Verpflichtung nicht oder nicht vollständig erfüllt werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5000,00 € angedroht. Diese Anordnung ist bestandskräftig.

Mit Schreiben des Gewerbeaufsichtsamtes der Regierung von vom 28.11.2014 an die Klägerin wurde dieser mitgeteilt, dass das mit Bescheid vom 20.08.2014 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR jetzt fällig und zu begleichen sei, da die Klägerin der Anordnung des Bescheides vom 20.08.2014 nicht nachgekommen sei und die ihr auferlegten Verpflichtungen nicht erfüllt habe.

Hiergegen erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage mit dem Antrag:

1. Es wird festgestellt, dass die Anordnung des Beklagten vom 20.08.2014 nichtig ist.

2. Es wird festgestellt, dass das mit Schreiben vom 28.11.2014 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR nicht zur Zahlung fällig ist.

Der Bescheid vom 20.08.2004 sei nichtig. Der Adressat der Anordnung sei schlichtweg nicht in der Lage, die konkrete Anordnung zu erfüllen. Diese sei gänzlich unbestimmt. Die Anordnung spreche allgemein von Arbeiten in Gebäuden, welche ohne Absicherung nicht fortgesetzt werden dürften, bis die Gebäude durch ausreichenden Seitenschutz /Abdeckung versehen seien. Für den Adressaten der Anordnung sei in keiner Weise bestimmbar, welche Absturzsicherung im Einzelnen der Anordnende im Auge gehabt habe, und er sei damit auch nicht in der Lage zu beurteilen, ob die einzelnen Maßnahmen, welche grundsätzlich zur Verfügung stünden, die Anforderungen des Anordnungsgebers befriedigten. Es fehle daher an der hinreichenden Bestimmtheit. Damit bestehe für die Fälligstellung des Zwangsgeldes keine Grundlage.

Unabhängig hiervon liege ein Verstoß gegen den Bescheid vom 20.08.2014 nicht vor. Auch für den Fall, dass von der Bestandskraft des Ausgangsbescheides vom 20.08.2014 ausgegangen werde, werde eine Zwangsgeldforderung gem. Artikel 31 Abs. 3 VwZVG erst fällig, wenn die nach Artikel 31 Abs. 2 VwZVG festgesetzte Pflicht nicht bis zum Ablauf der nach Artikel 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG bestimmten Frist erfüllt werde. Die Fälligkeitsmitteilung der Behörde habe dabei aufgrund der Regelung des Artikels 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG insoweit nur deklaratorischen Charakter. Aufgrund der weitestgehenden Unbestimmtheit des Ausgangsbescheides vom 20.08.2014 sei bereits nicht klar, welche konkrete festgesetzte Pflicht durch die Klägerin zu erfüllen gewesen sei, um die Fälligstellung des Zwangsgeldes zu verhindern. Bereits hieraus folge, dass eine wirksame Fälligstellung des Zwangsgeldes durch das Schreiben des Gewerbeaufsichtsamtes vom 28.11.2014 auf Grundlage des Ausgangsbescheides vom 20.08.2014 nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen sei die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 EUR im Hinblick auf eine Vielzahl unterschiedlicher, unbestimmter Auflagen ungeachtet der Bestandskraft der Ausgangsverfügung keine taugliche Grundlage für eine spätere Zwangsgeldandrohung / Fälligstellung, wenn nicht erkennbar sei, für welchen Verstoß gegen welche Anordnung ein Zwangsgeld in welcher Höhe angedroht sei. Gemäß Ziffer 2. des Ausgangsbescheides vom 20.08.2014 werde ausgeführt, dass für den Fall, dass die Verpflichtung unter Nr. 1 des Ausgangsbescheides nicht oder nicht vollständig erfüllt werde, ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR fällig werde. Damit sei nicht erkennbar, welche konkrete Verpflichtung - ganz oder in Teilen - im Einzelfall oder in der Summe mehrere Verpflichtungen bei Nichteinhaltung durch ein Zwangsgeld sanktioniert werden sollten. Es bleibe völlig im Unklaren, ob durch die Anordnung mehrere Maßnahmen zur Absicherung, falls ja, welche und wie viele, ggf. unterschiedliche in Abhängigkeit der einzelnen Gebäudeteile angeordnet werden sollten, so dass sich im weiteren die Frage stelle, ob für den Fall, dass es sich um unterschiedliche Einzelauflagen handeln sollte, bei jedem einzelnen Versäumnis ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR fällig werden sollte. Überdies sei die Klägerin der Anordnung notwendige Maßnahmen zur Absicherung nachgekommen.

Mit Schriftsatz vom 20.03.2015 äußert sich die Beklagte und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 23.12.2014 sei der Bescheid der Regierung von vom 20.08.2014 nicht nichtig. Keiner der in Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG aufgeführten Gründe liege vor und der Bescheid leide auch sonst an keinem besonders schwerwiegenden Fehler, der offenkundig sei, Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG. Der Bescheid sei auch nicht rechtswidrig, sondern zu Recht ergangen. Bei der Baustellenkontrolle am 20.08.2014 habe der Aufsichtsbeamte des Gewerbeaufsichtsamtes gravierende Mängel in der Absturzsicherung festgestellt. Dabei habe er dem auf der Baustelle anwesenden Aufsichtsführenden mündlich die von ihm gesehenen und gerügten Mängel im Einzelnen schildern können, so dass eine ausführliche schriftliche Auflistung im formularmäßigen Bescheidsvordruck entbehrlich gewesen sei. Es sei für den Aufsichtsführenden vielmehr klar zu erkennen gewesen, wo und welche Absturzsicherung fehle und durch welche Absicherungsmaßnahmen er Abhilfe schaffen könne. Dass die Ermessensbegründung bei der vorgefundenen Sachlage - es ging um Gefahr im Verzug, die Absturzhöhe war relativ groß, es kommt in der Praxis erfahrungsgemäß oft zu gefährlichen Situationen und Unfällen - im Bescheid nur kurz dargestellt sei, ändere nichts daran, dass eine Ermessensentscheidung tatsächlich stattgefunden habe. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen sei nicht schwierig gewesen und habe zu Lasten der Klägerin und zu Gunsten der Sicherheit ihrer Beschäftigten ausfallen müssen. In diesem Zusammenhang wäre sogar an eine Ermessensreduzierung auf null zu denken.

Ebenso rechtmäßig sei deshalb, dass das Gewerbeaufsichtsamt mit seinem Schreiben vom 28.11.2014 das Zwangsgeld fällig gestellt habe. Die Klägerin sei der ihr aufgelegten Verpflichtung bis zu diesem Zeitpunkt nicht nachgekommen. Anders als nach Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin seien die Verpflichtung, eine Absturzsicherung vorzunehmen, sowie die Verpflichtung, die weiteren Arbeiten bis dahin zu unterlassen, nicht unbestimmt. Das Gewerbeaufsichtsamt habe hier keine konkreten Maßnahmen vorgeben müssen, vor allem deshalb nicht, weil es die Ressourcen der Klägerin vor Ort und damit ihre Möglichkeiten, eine bestimmte Absturzsicherung zu wählen, nicht kannte. Das Gewerbeaufsichtsamt habe es vielmehr der Klägerin überlassen, geeignete Maßnahmen auszuwählen und zu treffen. Dass die Klägerin bis zur Absturzsicherung nicht weiterarbeiten dürfe, gehe aus der Anordnung vom 20.08.2014 eindeutig hervor.

Mit Schreiben vom 12.05.2015 legte der Beklagte nach richterlichem Hinweis ergänzende Unterlagen vor (Aktenheftung des Gewerbeaufsichtsamtes II) und führte aus, dass aus den Unterlagen klar ersichtlich werde, dass keine bzw. nur eine nicht dem Stand der Technik entsprechende Absturzsicherung angebracht gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 18.08.2015 machte der Bevollmächtigte der Klägerin die angekündigten ergänzenden Ausführungen, insbesondere verweist er im Wesentlichen nochmals darauf, dass entgegen dem Vortrag des Beklagten ein Verstoß gegen die Auflagen des Bescheides vom 20.08.2014 nicht gegeben sei.

Mit Schriftsatz vom 17.09.2015 nahm der Beklagte hierzu Stellung und führt aus, dass der Bescheid vom 20.08.2014 ausdrücklich eine Absturzsicherung und nicht nur Maßnahmen zum Schutz vor Absturz gefordert habe. Baulichen und technischen Maßnahmen sei der Vorrang vor organisatorischen und individuellen Schutzmaßnahmen einzuräumen. Bei der betreffenden Baustelle sei dies gerade nicht der Fall gewesen. Zudem habe der Vertreter des Gewerbeaufsichtsamts vor Ort mündlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Anseilen keine ausreichende Schutzmaßnahme sei. Der Bescheid vom 20.08.2014 beziehe sich auf alle Gebäudeöffnungen auf dem ehemaligen -Gelände. Es sei bekannt gewesen, dass sämtliche Gebäude abgebrochen werden sollten. Der Bescheid sei dementsprechend formuliert. Der Gebäudeteil 43 werde nur deshalb, und nur in Klammern, ausdrücklich erwähnt, weil an diesem im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides offensichtlich gearbeitet worden sei. Bei einer Kontrolle der Baustelle durch das Gewerbeaufsichtsamt am 03.11.2014 sei auf der Baustelle am Gebäudeteil 131 ohne Absturzsicherung gearbeitet worden. Damit sei gegen die Anordnung vom 20.08.2014 verstoßen und das Zwangsgeld fällig geworden.

Das Gericht hat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit Schreiben vom 02.07.2015 angehört. Mit Beschluss ohne mündliche Verhandlung vom 16.11.2016 wurde die Streitsache der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO.

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbs.1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Bescheid vom 20.08.2014 nichtig ist.

Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakt nach § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO erfordert das Vorliegen eines berechtigten Interesses der Klägerin an der alsbaldigen Feststellung. Dieses Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn die Beseitigung des Rechtsstreits des nichtigen Verwaltungsakt die Position des Klägers in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern geeignet ist. Dies ist hier der Fall.

Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag 1 beantragt hat, dass festgestellt werden soll, dass die Anordnung des Beklagten vom 20.08.2014 nichtig ist, hat dieser Antrag in der Sache keinen Erfolg. Die erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage erweist sich als unbegründet. Die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG sind nicht erfüllt. Es bestehen keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit.

Nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einen besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung alle in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Einen solchen besonders schwerwiegenden Fehler, der auch noch offensichtlich ist, kann das Gericht hier nicht erkennen. Besonders schwerwiegende Fehler sind solche, die in einem so schwerwiegenden Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrundeliegenden Wertvorstellungen der Gemeinschaft stehen, dass es unerträglich wäre, wenn der Verwaltungsakt die mit ihm intendierten Rechtwirkungen hätte. Nichtig sind auch inhaltlich nicht in hinreichend bestimmte Verwaltungsakte (vgl. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG), wenn die bestehende Unbestimmtheit offensichtlich ist und auch nicht durch Auslegung behoben werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer VwVfG 7. Aufl. § 44 Rn 27). Im Ergebnis sind also nichtig solche Verwaltungsakte, die in wesentlichen Punkten unklar, widersprüchlich, unsinnig oder unverständlich sind.

Im vorliegenden Fall wurde in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides angeordnet: „Die Arbeiten in den Gebäuden (speziell BT 43) ohne Arbeitssicherung dürfen erst fortgesetzt werden, wenn die Gebäude durch ausreichenden Seitenschutz/Abdeckung versehen sind.“ Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin meint, dass der Adressat dieser Anordnung schlichtweg nicht in der Lage gewesen sei, die konkrete Anordnung zu erfüllen, da diese gänzlich unbestimmt sei, da die Anordnung allgemein von Arbeiten in Gebäuden spreche, welche ohne Absicherung nicht fortgesetzt werden dürften, bis die Gebäude durch ausreichenden Seitenschutz/Abdeckung versehen seien, teilt das Gericht diese Auffassung nicht. Für den Adressaten der Anordnung ist sehr wohl bestimmbar gewesen, welche Absturzsicherung im Einzelnen das Gewerbeaufsichtsamt im Auge hatte, und er war damit auch in der Lage zu beurteilen, ob die einzelnen Maßnahmen, welche grundsätzlich zur Verfügung standen, die Anforderungen des Anordnungsgebers befriedigen würden, also dass der Bedingungseintritt für das angedrohte Zwangsgeld nicht erfolgt. Der Beklagte hat auch mit Schreiben vom 20.03.2015 dargelegt, dass die Mängel an der Baustelle mit dem Aufsichtsführenden des Unternehmens besprochen worden seien, wo und welche Absturzsicherung fehle und durch welche Absicherungsmaßnahmen man Abhilfe schaffen könne, so dass eine ausführliche schriftliche Auflistung im formularmäßigen Bescheidsvordruck entbehrlich gewesen sei. Zwar hätte das Gericht es für sinnvoll gehalten, die konkreten Absicherungsmaßnahmen im Bescheid aufzunehmen. Das Fehlen hat allerdings nicht die Nichtigkeit des Bescheides insofern zur Folge; es war für den Aufsichtsführenden vielmehr klar zu erkennen, was zu tun war. Der Verwaltungsakt ist nicht nichtig.

Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag 2 beantragt hat, dass festgestellt werde, dass das mit Schreiben vom 28.11.2014 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR nicht zur Zahlung fällig ist, bleibt die Klage ebenfalls erfolglos.

Eine Fälligkeitsmitteilung ist kein mittels Anfechtungsklage angreifbarer Verwaltungsakt, sondern nur die Mitteilung eines Bedingungseintritts. Nach Art. 31 Abs. 3 S. 2 Bayerisches Verwaltungs- und Zustellungsgesetz (VwZVG) liegt bereits in der Androhung eines bestimmten Zwangsgeldes ein - nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 1 VwZVG - vollstreckbarer, aber aufschiebend bedingter Leistungsbescheid. Wird die zu erfüllende Pflicht dies innerhalb der Handlungsfrist des Art. 36 Abs. 1 S. 2 VwZVG erfüllt bzw. die angeordnete Unterlassungspflicht befolgt, wird die Zwangsgeldforderung gem. Art. 31 Abs. 3 S. 3 VwZVG zur Zahlung fällig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof kann ein Betroffener, der sich gegen den Eintritt der Fälligkeit eines Zwangsgeldes wendet, die Erklärung der Verwaltungsbehörde, ein angedrohtes Zwangsgeld sei fällig geworden, nur durch Klage auf Feststellung nach § 43 VwGO angreifen, dass die Fälligkeit nicht eingetreten ist.

Soweit sich die Klage gegen die Fälligkeitsmitteilung des Zwangsgeldes richtet, ist also die Feststellungsklage gem. § 43 VwGO zulässig (wie auch beantragt). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dieser Feststellung ist zweifelsohne gegeben.

Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin kann die begehrte Feststellung nicht verlangen, da das mit Schreiben vom 28.11.2014 fällig gestellte Zwangsgeld tatsächlich auch fällig geworden ist. Die Zwangsgeldandrohung im Ausgangsbescheid vom 20.08.2014 ist bestandskräftig, da die Klägerin hiergegen keinen Rechtsbehelf erhoben hat. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Beklagte zu Recht davon ausgeht, dass die Klägerin der bestandskräftigen (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG; daneben ist hier auch Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG einschlägig) Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheids vom 20.08.2014 nicht nachgekommen ist.

Das Zwangsgeld ist deshalb fällig geworden, weil die Klägerin am 03.11.2014 jedenfalls gegen die Sicherungspflichten, die im Bescheid vom 20.08.2014 angeordnet worden sind, verstoßen hat. Dass dies der Fall war, geht aus den Unterlagen der Regierung von Oberfranken hervor (Aktenheftung des Gewerbeaufsichtsamtes - Bl. 1-11). Aus diesen Unterlagen (vgl. Bl. 1) ist ersichtlich, dass keine bzw. nur eine nicht dem Stand der Technik entsprechende Absturzsicherung angebracht war. Dort wird unter 5. des Revisionsschreibens vom 03.11.2014 ausgeführt, dass Gebäudeöffnungen BT 131 an denen gearbeitet wird, mit Absturzsicherung versehen werden müssen. Laut Auskunft der Regierung von Oberfranken hat der Technische Gewerbeaufsichtsbeamte B. dazu mitgeteilt, dass zum Zeitpunkt seiner Kontrolle am 03.11.2014 keinerlei Absturzsicherung an dem Bauteil, an dem gearbeitet wurde, angebracht war. Zwar gibt es einen Aktenvermerk, aus dem hervorgeht, dass am 03.11.2014 keine Absturzsicherung angebracht war, nicht. Die fehlende Absturzsicherung kann jedoch als Umkehrschluss aus dem Revisionsschreiben vom 03.11.2014 gezogen werden, da darin angemahnt wird, die Gebäudeöffnungen, an denen gearbeitet wird, mit Absturzsicherung zu versehen. Mit Schriftsatz vom 17.09.2015 hat im Übrigen der Beklagte auch nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei einer Kontrolle der Baustelle durch Herrn B. (Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamts) am 03.11.2014 auf der Baustelle am Gebäude 131 ohne Absturzsicherung gearbeitet wurde.

Aus den technischen Regeln für Arbeitsstätten, ASR A2.1: Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen ergibt sich unter Nr. 4.2: Rangfolge der Maßnahmen zum Schutz vor Absturz eine eindeutige Reihenfolge der Schutzmaßnahmen. Danach ist baulichen und technischen Maßnahmen der Vorrang vor organisatorischen und individuellen Schutzmaßnahmen einzuräumen. Dies auch deshalb, weil jeder Beschäftigte auf der Baustelle, gleichgültig ob Arbeiter, Vorarbeiter, Polier oder Baustellenleiter, vor den Gefahren eines Absturzes geschützt sein muss. Individuelle Maßnahmen dienen nur dem Schutz des Einzelnen und sind nur dann und unter Beachtung weiterer in Nr. 4.2 ASR A2.1 genannten Voraussetzungen zulässig, wenn die Eigenart und der Fortgang der Tätigkeit und die Besonderheiten des Arbeitsplatzes die baulichen und technischen Schutzmaßnahmen nicht zulassen. Der Bescheid vom 20.08.2014 forderte deshalb auch ausdrücklich eine Absturzsicherung und nicht nur Maßnahmen zum Schutz vor Absturz. Zudem hat Herr B. vom Gewerbeaufsichtsamt vor Ort mündlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Anseilen keine ausreichende Schutzmaßnahme ist.

Dabei bezieht sich der Bescheid vom 20.08.2014 auch auf alle Gebäudeöffnungen auf dem ehemaligen -Gelände. Der Vortrag des Bevollmächtigten der Klägerin, dass der Bescheid vom 20.08.2014 sich nur auf das Bauteil 43, und nicht auf das Bauteil 131 bezieht, geht ins Leere. Sämtliche Gebäude auf dem ehemaligen -Gelände sollten abgebrochen werden. Der Bescheid vom 20.08.2014 ist auch dementsprechend formuliert; der Gebäudeteil 43 wird nur deshalb im Bescheid quasi stellvertretend angesprochen und auch nur in Klammern ausdrücklich erwähnt, weil an diesem Gebäudeteil zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides offensichtlich gearbeitet wurde.

Im Übrigen geht auch aus der Stellungnahme des technischen Gewerbeaufsichtsbeamten H. an die Kriminalpolizeiinspektion (Bl. 2 und 3 der Aktenheftung des Gewerbeaufsichtsamtes) hervor, dass zum Zeitpunkt des tödlichen Unfalls am 11.11.2014 und bei der Unfalluntersuchung durch die Kriminalpolizei an der Gebäudeöffnung, an der gearbeitet wurde, keine Absturzsicherung vorhanden war.

Die Fälligerklärung des angedrohten Zwangsgeldes erfolgte zu Recht.

Die Klage hat somit insgesamt keinen Erfolg.

Nach alldem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung - ZPO -.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Bayreuth Gerichtsbescheid, 22. Feb. 2017 - B 2 K 14.877 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.