Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage, dass ihr Grundstück auch mit Baufahrzeugen erreichbar ist.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus und einer Garage bebauten Grundstücks im Gemeindegebiet des Beklagten. Ihr Grundstück ist über eine Zufahrt an der Orts Straße „*“ zugänglich. Einen Bordstein oder Gehweg gibt es nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht; das Grundstück der Klägerin grenzt vielmehr direkt an den Straßenkörper an. Das Tor der Klägerin, das auf dem Grundstück der Klägerin dieses von der Straße räumlich abgrenzt, schwenkt nach innen; hinter dem Tor befindet sich eine Fläche, auf der ein PKW abgestellt werden kann, sowie eine Garage, ein Einfamilienhaus und der Garten der Klägerin. Des Weiteren existiert ein Gartenzugang zum Grundstück der Klägerin, der an einen nordöstlich neben dem Grundstück der Klägerin liegenden öffentlichen Parkplatz der Gemeinde anschließt. Ihrem Grundstück gegenüber liegt ein ebenfalls mit einem Wohnhaus, einer Doppelgarage und einem Abstell Platz mit Carport bebautes Eckgrundstück, das über eine sieben Meter breite Zufahrt zur Straße „*“ erschlossen ist. Zusätzlich hat der Nachbar auf seinem Grundstück einen Stellplatz für sein Wohnmobil errichtet und hierfür in seinen Zaun ein Tor eingebaut. Die vor und auf den Grundstücken der Klägerin und ihres Nachbarn gegebene Park- und Zufahrtssituation waren mindestens seit 2013 Anlass zu Konflikten zwischen der Klägerin und ihrem Nachbarn, u.a. wurde die Klägerin von ihrem Nachbarn wegen aus Sicht des Nachbarn unzulässigen Parkens angezeigt. Mindestens seit 2014 fanden Gespräche der Klägerin mit dem Beklagten und der Polizei u.a. zur Zufahrtssituation statt.
Mit Schreiben vom 30. September 2016 wandte sich die Klägerin u.a. mit ihrem Begehren wegen der Zufahrten an den Beklagten. Von Seiten ihres Nachbarn liege ein schikanöses Verhalten i.S.d. § 226 BGB vor, da er mehr Zufahrten als notwendig unterhalte. Durch die Zufahrten in der Straße, in der auch das klägerische Grundstück liege, würden Parkmöglichkeiten am Straßenrand für drei Fahrzeuge vereitelt. Dies diene offensichtlich dazu, die Nutzung der Straße durch die Klägerin zum beidseitigen Parken zu unterbinden. Des Weiteren habe der Nachbar auch an der anderen Straße, an die sein Eckgrundstück angrenze, auf seinem Grundstück zwei Stellplätze errichtet, so dass er über insgesamt sieben Stellplätze verfüge. Der Klägerin sei nahe gelegt worden, in der Straße vor ihrem Grundstück nicht mehr zu parken, um nicht die Zufahrt zum Nachbargrundstück zu blockieren. Die Straße sei jedoch so breit, dass zwei Fahrzeuge bequem aneinander vorbeifahren könnten. Daher könne die Zufahrt des Nachbarn auch dann genutzt werden, wenn auf der Straßenseite der Klägerin ein Fahrzeug parke. Eine Ordnungswidrigkeit der Klägerin liege in diesem Fall nicht vor. Des Weiteren sei es zulässig, dass die Klägerin in ihrer eigenen Einfahrt parke und dabei das Fahrzeug etwas in den Straßenraum rage, da diese Straßennutzung sogar geringer sei, als wenn die Klägerin längsseitig auf der Straße vor ihrer eigenen Einfahrt parke. Aufgrund dieses Sachverhalts werde der Beklagte nun aufgefordert, den überbeanspruchten Gemeingebrauch durch die Einfahrten auf das Grundstück des Nachbarn zurückzuführen, dass diese auf das notwendige Maß beschränkt würden.
Am 30. September 2016 erhob die Klägerin Klage und beantragte, nachdem ursprünglich ein Vorgehen des Beklagten gegen die Zufahrten des Nachbarn begehrt wurde, zuletzt:
Ich möchte eine gesicherte Erschließung und Erreichbarkeit meines Grundstücks auch mit Baufahrzeugen.
Zur Erschließung gehöre auch ein Zugang zu einer öffentlichen Straße. Seit 2013 könne sie ihr Grundstück indes nicht mehr erreichen. Es könne in Hinblick auf die Selbstbindung der Verwaltung nicht sein, dass jeder außer der Klägerin in der Gemeinde mit dem Auto auf sein Grundstück fahren könne und auch vor dem Grundstück ausreichend Parkfläche zur Verfügung habe. Sie sei dabei, ihr Grundstück zu renovieren und habe Probleme, wenn Handwerker zwecks Ladearbeiten vor ihrem Haus auf der Straße parkten. Den Gartenzugang könne sie nicht nutzen, weil die Parkfläche ständig zugeparkt sei und es für die Handwerker einen Mehraufwand bedeute, wenn sie von dieser Seite das Material in ihr Grundstück hineintragen müssten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die sich durch das Ein- und Ausfahren von Fahrzeugen aus Anliegergrundstücken ergebenden Beeinträchtigungen seien von den Anwohnern gegenseitig hinzunehmen und zu dulden. Die Situation sei mit der Klägerin und der Polizei schon Anfang April 2014 vor Ort besprochen worden. Die öffentliche Parkfläche vor dem Gartenzugang der Klägerin könne ggf. mit einem Hinweisschild entsprechend für Parkinteressenten gekennzeichnet werden und ggf. auch vorübergehend für Bauarbeiten freigehalten werden. Da die Haupteinfahrt in das Grundstück der Klägerin vermutlich für einen Lastwagen zu klein sei und nur für PKW reiche, könne die Klägerin des Weiteren einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis stellen, um den gemeindlichen Parkplatz für Baustelleneinrichtungen, einschließlich eines etwaigen Aufstellens eines Baukrans, zu nutzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung.
Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
A.
Klagegegenstand ist vorliegend der Antrag der Klägerin, dass ihr Grundstück auch mit Baufahrzeugen zu erreichen ist und damit die straßen- und wegerechtliche Grundstückssituation. Im Wesentlichen begehrt die Klägerin zuletzt, dass in der Straße „*“ die für die Renovierung ihres Hauses benötigten Baufahrzeuge parken dürfen. Weitere Konfliktpunkte zwischen den Beteiligten, insbesondere eine etwaige Verpflichtung der Klägerin zum Rückschnitt einer Hecke und die baurechtliche Zulässigkeit der Stellplätze des Nachbarn, die in den Zuständigkeitsbereich der Bauaufsichtsbehörde fällt, sind nicht Gegenstand des hiesigen Klageverfahrens. Auch etwaige Bußgeldverfahren und etwaige zivilrechtliche Verfahren in Bezug auf die Parksituation sind nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens.
B.
Die Klageänderung vom ursprünglichen Antrag der Klägerin auf Bescheiderlass der Beklagten gegen den Nachbarn nun auf Erreichbarkeit ihres Grundstücks mit Baufahrzeugen ist sachdienlich und damit zulässig, § 91 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat sich hierauf auch rügelos eingelassen.
C.
Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
I. Die angemessene Erschließung und Erreichbarkeit des Grundstücks der Klägerin ist gesichert.
Zugang und Zufahrt zu einem Anliegergrundstück mit einem Fahrzeug sind nur geschützt, soweit es die angemessene Nutzung des Grundeigentums unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten erfordert. Angemessen ist nicht schon jede Nutzung, zu der das Grundstück Gelegenheit bietet (Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rn. 466, 469). Der Anliegergebrauch sichert nach ständiger Rechtsprechung die Erreichbarkeit eines (Innerorts-)Grundstücks nicht uneingeschränkt, sondern nur in seinem Kern. Der gegenüber dem schlichten Gemeingebrauch gesteigerte Anliegergebrauch reicht nur so weit, wie eine angemessene Nutzung des Grundeigentums die Benutzung der Straße erfordert und der Anlieger auf das Vorhandensein der Straße in spezifischer Weise angewiesen ist. Beispielsweise gehört die uneingeschränkte Anfahrmöglichkeit mit Kraftfahrzeugen bei einem innerörtlichen Wohngrundstück selbst mit potenziellen Garagen oder Stellplätzen nicht zum geschützten Kernbereich des Anliegergebrauchs. Der Schutz, den der Anliegergebrauch vermittelt, erstreckt sich daher in aller Regel nur auf den notwendigen Zugang. Vor Einschränkungen oder Erschwernissen bei den Zufahrtsmöglichkeiten etwa auf Grund der besonderen örtlichen Lage des Grundstücks vermag er deshalb keinen Schutz zu gewähren, solange die Straße als Verkehrsmittler erhalten bleibt. Danach kann mithin aus dem Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs kein Anspruch auf eine optimale Zufahrt zu einem Stellplatz- oder Garagengrundstück oder auf die Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zugangs zu einem solchen Grundstück hergeleitet werden (BayVGH, U.v. 15.3.2006 – 8 B 05.1356 – BayVBl. 2007, 45 – juris Rn. 38 m.w.N.). Selbst die Notwendigkeit eines mehrmaligen Vor- und Zurücksetzens („Rangierens“) auf Grund der Straßenverhältnisse bei der Ein- und Ausfahrt von einem Grundstück kann nicht als ernsthafte Störung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs angesehen werden. Bloße Unbequemlichkeiten sind insofern rechtlich ohne Belang (VG Bayreuth, U.v. 18.9.2001 – B 1 K 00.1235 – juris Rn. 17 m.w.N.). Ein Anspruch auf eine optimale Zufahrt besteht nicht (BayVGH, B.v. 1.12.2009 – 8 B 09.1980 – juris Rn. 19 m.w.N.). Gewährleistet wird grundsätzlich nur die Verbindung mit dem öffentlichen Straßennetz überhaupt, nicht dagegen notwendig auch die Erreichbarkeit des eigenen Grundstücks mit Kraftfahrzeugen des Eigentümers oder gar jeder Anliegerverkehr (BVerwG, U.v. 8.9.1993 – 11 C 38.92 – BVerwGE 94, 136 – juris Rn. 12; vgl. zum Ganzen auch Wiget in: Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand: Mai 2017, Art. 17 BayStrWG, Rn. 32 ff.).
Das Grundstück der Klägerin hat den erforderlichen Zugang: Es kann über die asphaltierte und in beide Richtungen befahrbare Straße „*“ von Kraftfahrzeugen angefahren werden; die Straße grenzt unmittelbar an das Grundstück der Klägerin. Dabei ist eine Anfahrt ausweislich der vorgelegten Lichtbilder und des Vortrags der Klägerin, dass zwei PKW in der Straße problemlos aneinander vorbeifahren könnten, auch mit größeren Fahrzeugen möglich. Des Weiteren ist das Grundstück über einen Gartenzugang erreichbar. Nach all dem ist das Grundstück damit sowohl zu Fuß, mit dem Fahrrad als auch mit Kraftfahrzeugen erreichbar und damit sogar deutlich besser erschlossen, als erforderlich.
Dass ein Baustellenfahrzeug oder ein LKW nicht auf das Grundstück der Klägerin fahren können, liegt nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht an der vorhandenen Orts Straße „*“ und damit an einer etwaigen unzureichenden Erschließung, sondern vielmehr an den baulichen Gegebenheiten des klägerischen Grundstücks selbst. Es liegt im Verantwortungsbereich der Klägerin und nicht des Beklagten, wie diese auf ihrem Grundstück eine (enge) Toreinfahrt nutzt und Stellflächen sowie eine Garage nur für PKW angelegt hat. Wie sich die Parksituation auf dem Grundstück der Klägerin darstellt, ist mithin keine Frage der hier vorliegenden Erschließung des Grundstücks. Die erforderliche Erreichbarkeit des Grundstücks ist zur Überzeugung des Gerichts gegeben.
II. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass direkt vor ihrer Hauptzufahrt auf der Straße „*“ Parkmöglichkeiten, insbesondere für LKW und Baufahrzeuge, bestehen oder geschaffen werden.
Nach Art. 14 Abs. 3 BayStrWG besteht kein Anspruch auf Aufrechterhaltung von Gemeingebrauch; erst recht besteht damit kein Anspruch auf Schaffung von Gemeingebrauch.
Auch aus dem Anspruch auf Anliegergebrauch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV (zur Herleitung BayVGH, U.v. 15.3.2006 – 8 B 05.1356 – BayVBl. 2007, 45 – juris Rn. 25 ff.) folgt keine Pflicht des Beklagten, direkt vor der Haustür der Klägerin Parkmöglichkeiten, insbesondere für Baustellenfahrzeuge, zu schaffen. Es besteht noch nicht einmal ein Anspruch darauf, dass Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen oder Plätzen in angemessener Nähe errichtet werden oder erhalten bleiben (BVerwG, U.v. 6.8.1982 – 4 C 58/80 – NJW 1983, 770 – juris Rn. 12 ff.). Die Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zu- und Abgangs vom Grundstück wird nicht geschützt (BVerwG, a.a.O. Rn. 12). Ein Anspruch auf Parkmöglichkeiten unmittelbar vor ihrer Haustür auf der Straße „*“ besteht damit nicht.
Die Klägerin, die keinen Anspruch auf Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Flächen hat, ist im vorliegenden Fall in Bezug auf die vorhandenen Parkmöglichkeiten sogar deutlich besser gestellt, als es die Rechtsprechung fordert: Zum einen verfügt sie auf ihrem Grundstück über eine Stellfläche und eine Garage, zum anderen grenzt direkt an das Grundstück der Klägerin ein hinreichend großer öffentlicher Parkplatz an. Es steht der Klägerin frei, neben ihrer eigenen Stellfläche und ihrer Garage auch diesen Parkplatz mit ihren Fahrzeugen zum vorübergehenden und gemeingebräuchlichen Parken zu nutzten. Der von der Klägerin geltend gemachte Mehraufwand für die Handwerker, die bei Nutzung des öffentlichen Parkplatzes einmal um die Ecke zum Haupteingang laufen müssten, was mit höheren Kosten für die Klägerin verbunden sei, ist nur geringfügig. Des Weiteren ist das Grundstück über den Gartenzugang auch direkt vom öffentlichen Parkplatz aus erreichbar. Sollte die Klägerin den öffentlichen Straßenraum oder den Parkplatz zur Baustelleneinrichtung nutzten wollen, kommt auf Antrag möglicherweise die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis in Betracht.
III. In Bezug auf die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung gegenüber anderen Anwohnern hat die Klägerin schon nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagte in vergleichbaren Fällen Parkmöglichkeiten vor den Grundstücken anderer Einwohner schaffen oder unterhalten würde. Vielmehr hat der Beklagte sogar direkt neben dem Grundstück der Klägerin einen öffentlichen Parkplatz geschaffen und stellt ihr und den anderen Nachbarn damit für ein Wohngebiet besonders gute Parkmöglichkeiten unmittelbar neben ihrem Grundstück zur Verfügung.
D. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Teil hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist § 161 Abs. 3 VwGO nicht anwendbar. Zum einen hat die Klägerin ihren zunächst gegenüber dem Beklagten gestellten Antrag in der mündlichen Verhandlung dahingehend abgeändert, dass sich ihre Klage nun nicht mehr gegen die Zufahrten des Nachbarn, sondern auf die Erreichbarkeit ihres Grundstücks mit Baufahrzeugen richtet. Folglich hatte der Beklagte zuvor keine Gelegenheit, über diesen neuen Antrag zu entscheiden. Zudem ist § 161 Abs. 3 VwGO nach seinem Sinn und Zweck nicht anwendbar, wenn das Gericht zur Sache entscheidet, bevor eine Bescheidung durch die Behörde erfolgt. In Fällen, in denen das Gericht erstmals über den behaupteten Anspruch entscheidet, folgt die Kostenfolge aus dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen (OVG LSA, B.v. 28.4.2006 – 4 L 365/05 – juris Rn. 10 m.w.N.; Zimmermann-Kreher in: BeckOK VwGO, 43. Ed., § 161 VwGO, Rn. 21). Das Verhalten der Behörde kann nach einer erstmaligen Entscheidung durch das Gericht lediglich über § 155 Abs. 4 VwGO im Rahmen der Kostenentscheidung berücksichtigt werden (OVG LSA, a.a.O.). Wegen der offensichtlichen Unbegründetheit der Klage ist es im vorliegenden Fall jedoch nicht ermessensgerecht, dem Beklagten allein wegen der Nichtverbescheidung des ursprünglichen Antrags der Klägerin Kosten aufzuerlegen.
E. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.