Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die in den Jahren 1979 und 1974 in ... in Afghanistan geborenen Kläger zu 1 und 2 (Ehemann/Vater, Ehefrau/Mutter) bilden mit dem im Jahr 2007 in ... geborenen Kläger zu 3, dem im Jahr 2009 in ... geborenen Kläger zu 4 sowie der im Jahr 2010 geborenen Klägerin zu 5 eine Familie afghanischer Staatsangehöriger der Volkszugehörigkeit der Hazara und schiitischer Religionszugehörigkeit. Sie reisten Anfang Juli 2016 auf dem Landweg unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten Asyl.

Bei seiner am 22. August 2016 in Dari geführten Anhörung vor dem Bundesamt für ... (Bundesamt) gab der Kläger zu 1 im Wesentlichen an, in Afghanistan habe er als Fahrer für die ISAF gearbeitet sowie Autos verkauft und damit einen monatlichen Verdienst von ca. 2.000 bis 3.000 US-Dollar erwirtschaftet. In ... habe er noch einen Bruder und eine Schwester. Bei einer seiner Lieferfahrten seien eines Tages bei einer Rast Männer an ihn herangetreten und hätten ihm mitgeteilt, sie bräuchten sein Auto für eine Nacht. Als er diese Bitte mit Verweis auf eine derzeitige andere Lieferung abgelehnt habe, hätten sie seine Telefonnummer erfragt. Einige Tage später sei er sodann angerufen und dabei aufgefordert worden, nach ... zu kommen. Er solle von dort aus Sachen aufladen und diese nach, zu einem alten amerikanischen Flugplatz, bringen. In ... sei ihm mitgeteilt worden, dass sein Auto mit Sprengstoff beladen würde. Mit dem Auto solle er nach ... fahren. Hierfür sei ihm ein Lohn von 100.000 US-Dollar versprochen worden. Er solle den Sprengstoff nach ... zum amerikanischen Stützpunkt fahren und das Auto abstellen. In ... sei er sodann erneut von den Männern angetroffen und bedroht worden. Sie hätten ihm gedroht, entweder das Geld zu nehmen oder getötet zu werden. Nach der zweiten Drohung habe er sich in einen anderen Stadtteil im Westen von ... begeben und sein Fahrzeug dort abgestellt sowie seine Ausreise aus Afghanistan innerhalb einiger Tage organisiert. Sodann sei er geflohen. Bei einer Rückkehr befürchte er, dass die Männer ihn finden und töten würden.

Die Klägerin zu 2 gab bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 22. August 2016 im Wesentlichen an, in Afghanistan habe sie noch einen Bruder, drei Schwestern sowie zwei Onkel und eine Tante. Sie habe Afghanistan verlassen, da sie als Hazara und Schiitin dort in Gefahr gewesen sei. Zudem habe ihr Mann bei der ISAF als Kraftfahrzeugfahrer gearbeitet. Ihr Mann sei zweimal von Leuten verschleppt worden. Das erste Mal sei er nach kurzer Zeit zurückgekehrt, das zweite Mal sei er ca. einen Monat lang weggewesen. Ihr Mann sei geschlagen worden und habe Verletzungen im Gesicht gehabt. Ihr persönlich sei nichts zugestoßen.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 19. Oktober 2016 den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Nr. 3) ab. Es wurde zudem festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Abschiebung nach Afghanistan wurde angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte nicht vorlägen, da die Kläger nicht aufgrund ihrer Religion, Nationalität oder einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt würden. Hazara unterlegen in Afghanistan keiner flüchtlingsrechtlich relevanten landesweiten Verfolgung. Der Kläger zu 1 habe eine Verfolgung wegen seines Berufs als Kraftfahrer nicht glaubhaft gemacht. Wegen der Art und Weise der Sachverhaltsdarstellung sowie der knappen Ausführungen der Kläger bestünden erhebliche Zweifel, dass die vorgebrachte Verfolgungshandlung tatsächlich sich so zugetragen habe. Zudem würden sich die Angaben der Kläger widersprechen. Von einer Verschleppung, wie es die Klägerin zu 2 geschildert habe, sei im Vortrag des Klägers zu 1 nichts enthalten. Darüber hinaus seien sie auf eine interne Schutzalternative zu verweisen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen ebenfalls nicht vor. Zwar sei davon auszugehen, dass in Afghanistan ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt bestehe oder zumindest nicht ausgeschlossen werden könne und die Kläger als Zivilpersonen sich daran nicht aktiv beteiligt hätten. Es drohten ihnen jedoch bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan würden nicht zu der Annahme führen, dass bei einer Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. So sei die Tatsache, dass die Kläger offensichtlich in der Lage gewesen seien, erhebliche Mittel für eine Ausreise aufzubringen, gegen das Fehlen einer Unterstützung im Herkunftsland zu werden. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate sei im vorliegenden Fall angemessen. Schutzwürdige Belange seien nicht vorgetragen.

Hiergegen ließen die Kläger Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Bundesamts für ... vom 19. Oktober 2016 in den Ziffern 1, 3 bis 5 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zu zuerkennen und weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger zu 1 sei als Fahrer für die ISAF von den Taliban unter Druck gesetzt worden, an einem Bombenanschlag mitzuwirken. Hiergegen habe er sich geweigert und sei damit mit seiner Familie in eine ausweglose Lage geraten. Die Taliban seien Akteure i.S.v. § 3c Nr. 2 und Nr. 3 AsylG. Zudem habe der Kläger zu 1 seine Existenz verloren, so dass eine Rückkehr für ihn und seine Familie mit minderjährigen Kindern unmöglich sei und damit jedenfalls ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliege.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Die Regierung von ... als Vertreterin des öffentlichen Interesses hat auf jegliche Zustellungen mit Ausnahme der Endentscheidung verzichtet.

Mit Beschluss vom 21. Juni 2017 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit der Ladung übersandte das Gericht eine aktuelle Erkenntnismittelliste.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf die Gewährung subsidiären Schutzes oder von Abschiebungsschutz (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 19. Oktober 2016 ist daher rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:

1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung i. S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Die Gefahr einer derartigen Verfolgung bei ihrer Rückkehr nach Afghanistan haben die Kläger nicht glaubhaft gemacht.

a) Es ist Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.

b) Nach Überzeugung des Einzelrichters haben die Kläger ihr Heimatland nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung im o.g. Sinne verlassen. Die Kläger zu 1 und 2 haben sich bei Darstellung ihrer Verfolgungsgründe bereits bei der getrennt erfolgten Anhörung vor dem Bundesamt (Blatt 116 der Bundesamtsakte) wesentlich widersprochen. Diesen Widerspruch konnten sie in der mündlichen Verhandlung nicht auflösen. Als Grund für ihre Ausreise wurde von den Klägern zu 1 und 2 in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend angegeben, der Kläger zu 1 hätte für die Taliban mit seinem Lkw Sprengstoff zu einem amerikanischen Flughafen transportieren sollen. Die Taliban hätten ihn hierzu zweimal angesprochen. Er sei jedoch nicht verschleppt worden. Dies steht in erheblichem Widerspruch zum Vortrag der Klägerin zu 2 bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt, bei der sie vortrug, soweit sie wisse, sei ihr Mann (der Kläger zu 1) zwei Mal verschleppt worden. Das zweite Mal sei er ca. einen Monat lang weg gewesen. Er sei geschlagen worden und habe Verletzungen im Gesicht gehabt. Auf diesen Widerspruch in der mündlichen Verhandlung angesprochen, gaben die Kläger an, der Kläger zu 1 habe in Afghanistan einen Verkehrsunfall mit seinem Lkw gehabt, aufgrund dessen er 40 Tage in einem Krankenhaus in ... gelegen sei. Während dieser Zeit habe er seine Familie nicht über seinen Verbleib benachrichtigen können. Die Klägerin zu 2 habe aus Sorge um ihren Mann bei ihrem Schwager nachgefragt, welcher ihr böswillig und wahrheitswidrig gesagt habe, ihr Mann sei verschleppt worden. Bei der Rückkehr ihres Mannes aus dem Krankenhaus habe sich die Sache aufgeklärt. Die Klägerin zu 2 habe dies so auch dem Bundesamt gesagt, wisse aber nicht, wie es dort verstanden worden sei. Diese Begründung überzeugt nicht. Der Umstand, dass die Klägerin beim Bundesamt wider besseren Wissens eine Verfolgungsgeschichte angegeben hat, die sich – nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung – so nie zugetragen hat und zu den „eigentlichen“ Fluchtgründen nichts angab, ist ein deutliches Indiz dafür, dass es keinen tatsächlichen Vorfall, wie vom Kläger zu 1 geschildert, gab, der ursächlich für ihre Ausreise aus Afghanistan war. Andernfalls hätte es nahe gelegen, diesen Grund dem Bundesamt zu schildern. Die Klägerin zu 2 ist nach eigenen Angaben auf der Reise nach Europa von ihrem Mann über die Gründe ihrer spontanen Ausreise (laut Kläger zu 1 am zweiten Tag nach dem Vorfall) informiert worden. Hätte sich der vom Kläger zu 1 geschilderte Vorfall mit den Bewaffneten und dem „Transportauftrag“ so tatsächlich ereignet, hätte es nahe gelegen, dies beim Bundesamt als Grund für ihre Ausreise anzugeben, was die Klägerin zu 2 jedoch nicht getan hat. Nur am Rande sei erwähnt, dass auch der Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung bei Einzelheiten von den beim Bundesamt gemachten Angaben abweicht. So gab er beim Bundesamt an, beim zweiten Zusammentreffen sei ein Bewaffneter zu ihm gekommen, habe nach seinem Fahrzeug geschaut und sei zu ihm ins Auto gestiegen, in der mündlichen Verhandlung führte er hingegen aus, er sei ins Auto der Taliban gestiegen. Beim Bundesamt gab er als Ausrede gegenüber den Taliban an, dass sein Fahrzeug bereits voll beladen sei. In der mündlichen Verhandlung führte er hingegen aus, er habe den Taliban mitgeteilt, er bräuchte Zeit, um die Personalien, auf die sein Lkw bei der Verkehrspolizei zugelassen sei, zu ändern. Letztlich erscheint selbst bei Wahrunterstellung des Vortrags auch zweifelhaft, ob aktuell noch eine Verfolgung drohen würde. Der Kläger zu 1 wurde wohl zufällig unter den Lkw-Fahrern ausgewählt. Dem Kläger sollten 100.000 USD für den Transport des Sprengstoffes angeboten worden sein, jedoch sei das Geld noch nicht bezahlt worden. Nach dem Verschwinden des Klägers mussten sich seine „Auftraggeber“ somit lediglich nach jemand anders umsehen. Mit seinem Verschwinden hat sich der Kläger nicht aktiv in Opposition zu ihnen gesetzt. Dass seine „Auftraggeber“ nach fast zwei Jahren Abwesenheit ihn deswegen noch suchen sollten, ist nach Überzeugung des Einzelrichters nicht plausibel.

Soweit in der Klagebegründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 7. November 2014 (5a K 421/14.A – juris) geltend gemacht wird, der Kläger wäre wegen seiner Tätigkeit für die internationalen Streitkräfte bedroht und angegriffen worden, geht dies vorliegend an der Sache vorbei. Der Kläger zu 1 hat nicht vorgetragen, wegen seiner Tätigkeit für westlichen Institutionen von den Taliban bedroht und angegriffen zu werden, wie es dem genannten Urteil zugrunde liegt, sondern er sollte vielmehr mit ihnen kooperieren und eine Ablehnung hätte negative Folgen gehabt. Eine Kooperation hätte sogar eine Belohnung von 100.000 USD erbracht.

c) Ob die wohl zufällig erfolgte Auswahl des Klägers als Transporteur für den Sprengstoff überhaupt an ein Verfolgungsmerkmal im Sinne des § 3b AsylG anknüpft, bedarf nach Vorstehendem keiner weitere Ausführung.

d) Eine Verfolgung allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara haben die Kläger in Afghanistan nicht zu befürchten. Volkszugehörige der Hazara unterliegen in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung, sind aber keiner durch die Taliban oder anderer nichtstaatlicher Akteure an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung ausgesetzt. Es fehlt jedenfalls an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen kritischen Verfolgungsdichte (BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 20 ff.; U.v. 1.2.2013 – 13a B 12.30045 – juris Rn. 18). Auch unter Berücksichtigung und Würdigung der aktuellen Auskunftslage und der Stellungnahme des UNHCR (Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016) ergibt sich keine abweichende rechtliche Bewertung. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts hat sich für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara die Lage grundsätzlich verbessert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, im Folgenden: Lagebericht, S. 9). Auch der im Lagebericht geschilderte Überfall auf eine Gruppe Hazara auf der Straße von Kabul nach Kandahar, zeigt die latenten Spannungen zwischen Taliban und Hazara, führt wegen der räumlichen Entfernung zu Kabul aber nicht zur Annahme einer auch dort generell für Hazara gesteigerten Leibes- und Lebensgefahr.

e) Dies gilt auch für die Zugehörigkeit zur Religionsgruppe der Schiiten, da Schiiten zwar nicht in allen Landesteilen gleichermaßen zahlenmäßig vertreten sind, aber doch neben den Sunniten mit etwa 19% die zahlenmäßig nächst große Religionsgruppe bilden (Lagebericht S. 10) und ein entsprechendes Gegengewicht bilden, so dass nicht von einer landesweiten Gruppenverfolgung ausgegangen werden kann. Einzelne lokale oder regionale Übergriffe radikaler Sunniten ändern nichts daran, dass die Bevölkerung Afghanistans seit jeher auch einen hohen Anteil an Schiiten umfasst und diese politisch repräsentiert sind (Lagebericht S. 10).

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Die Kläger haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihnen bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden droht.

Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 15 RL 2011/95/EU die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

a) Die Kläger haben eine ernsthafte Bedrohung, die eine Gefährdungslage i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG begründen würde, nicht glaubhaft gemacht (siehe oben).

b) Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen nicht vor. Den Klägern droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan und hier insbesondere nach Kabul nach derzeitigem Kenntnisstand des Gerichts auch keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten i.S. von Art. 1 Nr. 2 des Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (BGBl. 1990 II S. 1637) – ZP II – oder aber als anhaltende Kampfhandlungen bewaffneter Gruppen im Sinne von Art. 1 Nr. 1 ZP II zu qualifizieren sind, kann dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre. Denn es fehlt vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist.

Der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt erreicht in Kabul als für eine Rückkehr der Kläger in Betracht kommende Ort kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (s. hierzu auch BayVGH, B.v. 23.9.2013 – 13a ZB 13.30252 – juris). Dies ergibt sich auch unter Berücksichtigung der jüngsten Anschläge dort:

Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.3.2017 –13a ZB 17.30212 – Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.5.2017 – 13a ZB 17.30314 – Rn. 6 ff.): Auch aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes und weiteren Quellen ergibt sich nicht, dass sich die Sicherheitslage in Kabul im Vergleich zur Einschätzung in den vorangegangenen Lageberichten wesentlich verschlechtert hätte (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 19.10.2016, S. 4 mit Verweis auf UNAMA-Daten, S. 17 f.). Die Hauptgefährdung der afghanischen Zivilbevölkerung geht demnach von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus, die sich der Kontrolle der Zentralregierung entziehen und häufig ihre Macht missbrauchen. Neben medienwirksamen Anschlägen auf militärische wie zivile internationale Akteure wurden vermehrt Anschläge auf afghanische Sicherheitskräfte verübt mit gestiegenen Opferzahlen insbesondere unter Armeeangehörigen (ebenda S. 17). Die im Vergleich zum Jahr 2015 um etwa 4% gestiegenen Opferzahlen der Zivilbevölkerung von 1.601 toten und 3.565 verletzten Zivilisten resultieren vor allem aus improvisierten Sprengsätzen (ebenda S. 17). Angriffe auf Kindergärten und Schulen fanden landesweit mit Schwerpunkt im Süden und Osten des Landes statt (ebenda S. 18). An aktuellen Daten listet die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) in ihrem Jahresbericht für 2016 (UNAMA, Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2016 vom Februar 2017, https://unama.unmissions.org/protection-of-civilians-reports, S. 3) im Jahr 2016 gestiegene Opferzahlen auf: Es handele sich um insgesamt 11.418 zivile Opfer, darunter 3.498 getötete und 7.920 verletzte Zivilisten, wobei die Zahl der getöteten Zivilisten seit dem Jahr 2014 gesunken und die der verletzten Zivilisten in diesem Zeitraum noch gestiegen ist. Seit dem Jahr 2009 habe der innerafghanische Konflikt zu 24.841 getöteten und 45.347 verletzten Zivilisten geführt. Der Anstieg der Opferzahlen im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr sei wesentlich auf Bodenkämpfe, danach auf improvisierte Sprengsätze und schließlich auf Selbstmordattentate sowie komplexe Anschläge zurückzuführen (ebenda S. 3). Die höchsten Opferzahlen seien im Süden und in der Zentralregion festzustellen; insbesondere ein Anstieg in der Stadt Kabul um 34% im Vergleich zum Jahr 2015 auf 2.348 zivile Opfer, darunter 534 getötete und 1.814 verletzte Zivilsten (ebenda S. 4). Hingegen seien die Opferzahlen in den nordöstlichen und östlichen Gebieten etwas zurückgegangen (ebenda S. 4 f.). Für 61% der Opfer seien regierungsfeindliche Gruppen verantwortlich; im Wesentlichen durch improvisierte Sprengsätze (ebenda S. 7); allerdings in steigendem Umfang auch durch Selbstmord- und komplexe Attentate (ebenda S. 8). Friedensgespräche mit den Taliban seien bislang erfolglos geblieben; das Friedensabkommen mit Hisb-e-Islami und Gulbuddin Hekmatjar enthalte eine weitgehende Amnestie und Schutz vor Strafverfolgung für von diesen begangene Kriegs- und andere Verbrechen (ebenda S. 11). Den Anstieg bestätigt insofern auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 19.6.2017 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 2, https://www....pdf), wonach die Provinz Kabul im Jahr 2016 unter allen afghanischen Provinzen die meisten zivilen Toten und Verletzten zu verzeichnen gehabt habe (ebenda S. 2). Für das erste Halbjahr 2017 listet die UNAMA in ihrem Halbjahresbericht für 2017 (UNAMA, Midyear Report vom Juli 2017, S. 3 ff., https://unama.unmissions.org/ sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2017_july_2017.pdf) folgende, dem Vorjahr vergleichbar eingestufte Opferzahlen auf: Es handele sich um insgesamt 5.243 zivile Opfer, darunter 1.662 getötete und 3.581 verletzte Zivilisten mit einem Rückgang um 1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 19% aller zivilen Opfer seien auf Selbstmordattentate sowie komplexe Anschläge in Kabul zurückzuführen (ebenda S. 3). Die Mehrheit der Opfer sei durch willkürlichen und gesetzwidrigen Gebrauch von improvisierten Sprengsätzen und Minen seitens der regierungsfeindlichen Gruppen verursacht worden. Das Selbstmordattentat vom 31. Mai 2017 in Kabul sei der folgenschwerste Angriff nach den Aufzeichnungen der UNAMA seit dem Jahr 2011 (ebenda S. 4; ähnlich SFH a.a.O., S. 3 f.). Neben den improvisierten Sprengsätzen und Minen seien Bodenkämpfe die nächst folgende Ursache für zivile Opfer mit einem Rückgang um 10% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dies sei möglicherweise auch durch weniger bewegliche Frontlinien und darauf reagierende Ausweichbewegungen der Zivilbevölkerung aus hart umkämpften Gebieten verursacht (ebenda S. 4). Die Zahl weiblicher Opfer sei gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 23% gestiegen, jene der Kinder um 1% (ebenda S. 5). Die höchsten Opferzahlen auf Grund von Selbstmordattentaten sowie komplexen Anschlägen seien in der Provinz Kabul wegen der Anschläge in der Stadt Kabul zu verzeichnen (1.048 zivile Opfer, darunter 219 getötete und 829 verletzte Zivilisten), gefolgt von den Provinzen Helmand, Kandahar, Nangarhar und Uruzgan usw. (ebenda S. 5). In 15 von 34 afghanischen Provinzen seien die Opferzahlen durch Angriffe regierungsfeindlicher Gruppen gestiegen (ebenda S. 5; detailliert je Provinz ebenda S. 79). Diese Datenlage zeigt also einerseits etwa gleichbleibende gesamte Opferzahlen, allerdings einen Anstieg der zivilen Opferzahlen und eine relative Verschlechterung der Sicherheitslage in Stadt und Provinz Kabul durch die Zunahme gezielter Anschläge (vgl. UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016). Allerdings hat die Zunahme von Anschlägen nach Überzeugung des Gerichts nicht zu einer solchen Verschlechterung der Sicherheitslage in der Zentralregion und in Kabul geführt, dass vernünftigerweise nicht mehr erwartet werden könnte, dass ein Rückkehrer sich dort niederlässt. Die allgemeine Gefährdungslage dort erreicht keine Intensität, dass ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nach den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an einen solchen Konflikt (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – Rn. 11; BayVGH, B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris Rn. 14 ff.) angenommen werden könnte. Ausgehend von einer Opferzahl von rund 11.500 zivilen Opfern im Jahr 2016 und einer Bevölkerungszahl in Afghanistan von mindestens 27 Mio. Menschen ist das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, noch weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.3.2017 –13a ZB 17.30212 – Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.5.2017 – 13a ZB 17.30314 – Rn. 6 ff.: Wahrscheinlichkeit weit unter 1:800) und es besteht auch keine zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führende Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris Rn. 13). Dies gilt auch für die Stadt Kabul mit einer von UNAMA mitgeteilten Opferzahl von 1.048 zivile Opfern bei einer Einwohnerzahl in der Stadt Kabul von geschätzt 4,5 Mio. Menschen (vgl. Auswärtiges Amt, Länderinformationen Afghanistan, Schätzung 2011, www...de, Abruf vom 7.6.2017). Soweit Organisationen wie UNHCR und Pro Asyl sowie Presseberichte auf die Zunahme von Anschlägen in Kabul verweisen (vgl. UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016), folgen sie eigenen Maßstäben, nicht jenen der o.g. Rechtsprechung. Dass die Opferzahlen – bei anderer Zählweise – höher liegen können, wie teils eingewandt wird (vgl. Stahlmann, Asylmagazin 2017, 82 mit Fn. 2), ändert sich diese Bewertung nicht, denn die von UNAMA mitgeteilten Daten sind methodisch nachvollziehbar ermittelt und auch deswegen belastbar, da sie von einer von der internationalen Staatengemeinschaft getragenen Organisation stammen. UNAMA wurde auf Grund der Resolution Nr. 1401 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eingerichtet auf Bitten der afghanischen Regierung; das Mandat wurde bis heute verlängert, zuletzt am 17. März 2017 mit Resolution Nr. 2344 (vgl. UNAMA, Mandate, a.a.O.). UNAMA ist landesweit vertreten und unterhält Verbindungsbüros in Pakistan und im Iran; die Mission hat mehr als 1.500 Beschäftigte, darunter etwa 1.150 afghanische Beschäftigte (ebenda). Dass die Methodik der UNAMA überholt wäre, die Informationen an offen erkennbaren inhaltlichen Defiziten litten, insbesondere an entscheidungserheblichen unzutreffenden Tatsachenannahmen, unlösbaren Widersprüchen, sich aus den Stellungnahmen ergebenden Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit oder eines speziellen, hier nicht vorhandenen Fachwissens bedürften (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 – NVwZ 2016, 308/312 Rn. 47 m.w.N.), ist weder ersichtlich noch substantiiert gerügt. Im Gegenteil liegen für Afghanistan mangels Einwohnermeldewesens auch für die Bevölkerungszahlen nur Schätzungen vor (dies räumt auch Stahlmann, Asylmagazin 2017, 73/74 ein), so dass jede Datenerhebung schon deswegen an tatsächliche Grenzen stößt. Dass und weshalb andere Auskunftsquellen methodisch belastbarere Primärdaten hätten (auch SFH a.a.O. gibt keine selbst erhobenen Daten wieder), ist nicht ersichtlich, so dass die Daten von UNAMA weiterhin zu Grunde gelegt werden (vgl. auch Amnesty International, Afghanistan 2017 vom 15.2.2017, https://www...de/ jahresbericht/2017/afghanistan, S. 3 unter Verweis auf UNAMA-Daten). Auch der Ende Mai 2017 gegen die deutsche Botschaft in Kabul gerichtete Selbstmordanschlag führt zu keiner abweichenden Bewertung. Ausländische Institutionen und ihre afghanischen Helfer sind wie bisher Ziel gezielter Anschläge. Trotz der hohen Opferzahl sind die von der Rechtsprechung an die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit von Schaden an Leib oder Leben gestellten Anforderungen nicht erfüllt (vgl. nur BayVGH, B.v. 23.5.2017 – 13a ZB 17.30314 – Rn. 7 m.w.N.). Daher erreicht die allgemeine Gefährdungslage in Kabul keine Intensität, dass Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative nicht mehr geeignet wäre (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.3.2017 –13a ZB 17.30212 – Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.5.2017 – 13a ZB 17.30314 – Rn. 6 ff.). Daran wird auch im vorliegenden Fall festgehalten.

3. Schließlich liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor.

a) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (vgl. EGMR, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06, Saadi/Italy – NVwZ 2008, 1330 Rn. 125, 140). Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen. In Afghanistan ist die allgemeine bzw. humanitäre Lage grundsätzlich nicht so schwierig, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris Rn. 5; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 55 ff.).

Indes können schlechte humanitäre Bedingungen eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK führt. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen der Fall, so dass für sie ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG besteht (vgl. BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 13a B 17.30030 – juris Rn. 15 m.w.N.). Alle Kläger sind dabei gemeinsam in die Betrachtung und Bewertung miteinzubeziehen. Denn unter Einbeziehung der Bedeutung, welche die deutsche Rechtsordnung dem Schutz von Ehe und Familie beimisst (Art. 6 GG), ist bei der Prognose, welche Gefahren dem Asylbewerber im Falle einer Abschiebung in den Heimatstaat drohen, regelmäßig von einer gemeinsamen Rückkehr aller Familienangehörigen auszugehen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30285 – juris Rn. 21 m.w.N.). Die einzelne und isolierte Rückkehr eines Familienmitglieds ist weder realistisch noch von Rechts wegen einzufordern (vgl. VG München, U.v. 18.5.2017 – 17 K 17.31269 – juris Rn. 19 m.w.N.). Etwaige Rückkehrhilfen können zwar eine (anfängliche) Unterstützung bieten, jedoch sind die Leistungen allein nicht ausreichend, um eine unmenschliche Behandlung in diesem Sinn auszuschließen (BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 13a B 17.30030 – juris Rn. 24).

Vorliegend ist jedoch eine Sondersituation gegeben: Die Kläger haben bis zu ihrer Ausreise aus Afghanistan Anfang 2016 in Kabul gelebt und dort durch den erheblich über dem durchschnittlichen Einkommen liegenden Verdienst des Klägers von 2.000 – 3.000 USD ihren Lebensunterhalt sichern können. Neben seiner Tätigkeit als Kraftfahrer mit eigenem Lkw hat der Kläger Fahrzeuge verkauft. Dass er nach eigenen Angaben kaum lesen und schreiben kann, hat ihn in seiner erfolgreichen Erwerbstätigkeit offensichtlich nicht gehindert. Dabei hat er selbst internationale Geschäfte getätigt, indem er Fahrzeuge aus Europa in Afghanistan verkauft hat (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung S. 4 f.). Die hierbei gesammelte Erfahrung und die damit zum Ausdruck gebrachte Geschäftstüchtigkeit sowie das hierfür erforderliche wirtschaftliche Netzwerk heben ihn dabei aus der Masse der Arbeitssuchenden in Kabul hervor. In Anbetracht der konkreten Umstände des Einzelfalls ist es nach Überzeugung des Einzelrichters dem Kläger zu 1 möglich, bei einer Rückkehr nach Afghanistan an seine früheren Tätigkeiten anzuknüpfen und auch zukünftig ein Einkommen zu erwirtschaften, dass zur Sicherung des Lebensunterhalts seiner Familie ausreicht. Insbesondere sein Lkw als Betriebsmittel steht ihm voraussichtlich noch zur Verfügung, nachdem er diesen bei einem Verwandten auf dem Hof abgestellt und den Verwandten beauftragt hat, seinen Lkw zu verwahren. Neben dieser guten Erwerbsperspektive spricht für das Vorliegen einer Sondersituation auch, dass die Kläger bis zu ihrer Ausreise zusammen mit den beiden Geschwistern und der Mutter des Klägers zu 1 in einem eigenen Haus in ... gelebt haben. Damit steht den Klägern dort bei einer Rückkehr ausreichend Wohnraum zur Verfügung. Dass sich an dieser Situation etwas geändert hätte, haben die Kläger nicht vorgebracht. Soweit sie behaupten, seit dem Tod ihrer Tochter in Griechenland keinen Kontakt mehr zum Bruder des Klägers zu 1 zu haben, hat dies in der Person der Kläger liegende Gründe, lässt jedoch nicht den Schluss zu, der genannte Bruder würde nicht mehr in ... im ehemaligen Elternhaus leben. So haben die Kläger als Grund für den fehlenden Kontakt angegeben, sie seien zu sehr mit ihren Problemen beschäftigt. Hinzu kommt, dass neben den Geschwistern des Klägers zu 1 noch weitere Angehörige der Klägerin zu 2 in ... gelebt haben und wohl noch weiter dort leben, die nötigenfalls Hilfestellung leisten können. Zusammen mit den Verwandten erscheint es möglich, für die Kinder eine Betreuung zu organisieren, sodass nötigenfalls auch die Klägerin zu 2 ihre frühere Tätigkeit als Teppichknüpferin wie vor ihrer Ausreise teilweise wiederaufnehmen kann.

Im Ergebnis kann in Würdigung der gesamten Umstände des vorliegenden Einzelfalls – insbesondere mit Blick auf die Unterkunftssituation, die uneingeschränkte persönliche, sachliche sowie wirtschaftliche Erwerbsfähigkeit des Klägers zu 1 und unter Berücksichtigung des familiären Hintergrundes sowie dem Vertrautsein mit den Verhältnissen in ... – nach Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) hier nicht von einer ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtfertigenden extremen Gefahrenlage ausgegangen werden.

b) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG ist ebenfalls nicht gegeben.

Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für die Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren von Verfassung wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssten nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ausreise in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann, der Ausländer somit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – juris Rn. 15). Dies kann nach den obigen Ausführungen aufgrund der guten Erwerbsperspektive und des familiären Hintergrunds der Kläger jedoch nicht angenommen werden.

4. Nachdem sich auch das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG als rechtmäßig erweist, war die Klage mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Okt. 2017 - Au 6 K 16.32308

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Okt. 2017 - Au 6 K 16.32308

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Okt. 2017 - Au 6 K 16.32308 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3b Verfolgungsgründe


(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3c Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann


Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Okt. 2017 - Au 6 K 16.32308 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Okt. 2017 - Au 6 K 16.32308 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2017 - 13a ZB 16.30374

bei uns veröffentlicht am 25.01.2017

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhobe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2014 - 13a B 14.30285

bei uns veröffentlicht am 21.11.2014

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 15. April 2014 wird der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13. Februar 2014 hinsichtlich Nummer 4 und 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verp

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2017 - 13a ZB 17.30400

bei uns veröffentlicht am 19.06.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil de

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 23. März 2017 - 13a B 17.30030

bei uns veröffentlicht am 23.03.2017

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2016 wird abgeändert und die Beklagte unter Abänderung von Nummer 4 und Aufhebung von Nummer 5 und 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 2

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2017 - 13a ZB 17.30294

bei uns veröffentlicht am 11.04.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. März 2017 - 13a ZB 17.30212

bei uns veröffentlicht am 28.03.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ge

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 07. Nov. 2014 - 5a K 421/14.A

bei uns veröffentlicht am 07.11.2014

Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Januar 2014 wird zu Ziffer 1 sowie Ziffern 3 bis 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Die Beklagte trägt die Kosten
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Okt. 2017 - Au 6 K 16.32308.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 05. Nov. 2018 - Au 5 K 16.31414

bei uns veröffentlicht am 05.11.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 24. Sept. 2018 - Au 8 K 17.33483

bei uns veröffentlicht am 24.09.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger begehrt die Zuerk

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Aug. 2018 - Au 3 K 16.31097

bei uns veröffentlicht am 23.08.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger begehrt mit seine

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 01. Okt. 2018 - Au 5 K 17.32950

bei uns veröffentlicht am 01.10.2018

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamtes für ... vom 10. Mai 2017 wird in Nrn. 4 bis 6 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass für den Kläger ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (Aufe

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Januar 2014 wird zu Ziffer 1 sowie Ziffern 3 bis 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob für Angehörige der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in A1 aufgrund des Vorliegens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben gemäß § 4 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15c der RL 2004/83/EG, hilfsweise nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG, anzunehmen ist und auch Kabul keine interne Schutzmöglichkeit darstellt“.

Die Lage in A1 habe sich seit 2015 drastisch verschlechtert und seien aktuell die Opferzahlen 2015/2016 höher als 2009, weshalb die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsse.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach A1 keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (UA S. 8). Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten oder als anhaltende Kampfhandlungen zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre (UA S. 9). Denn es fehle vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG sei. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen erreiche in der Heimatprovinz des Klägers, Kabul, der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor (UA S. 9). Für den Kläger ergebe sich in Kabul weder aus seiner Volkszugehörigkeit noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage eine extreme allgemeine Gefahrenlage. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015, vom 31. März 2014 und vom 4. Juni 2013 kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, das Risiko, in K. durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (UA S. 6 f.) und könne der volljährige, arbeitsfähige und mit den Lebensverhältnissen in A1 vertraute Kläger in Kabul seinen Lebensunterhalt sicherstellen (UA S. 7 f. und 9 f.).

Die Frage betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in A1 oder Teilen hiervon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind.

Auch die Frage zu K. als „interne Schutzmöglichkeit“, gemeint sein dürfte damit, ob Kabul als interner Schutz im Sinn von § 3e AsylG in Betracht kommt, vermag keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, da es für die Zumutbarkeit nach § 3e AsylG auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt und die Frage damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Hinzu kommt, dass diese Frage im Hinblick darauf, dass die Herkunftsregion des Klägers K. ist und er vor seiner Ausreise zuletzt in der Provinz K. gelebt hat (Akte des Bundesamts Bl. 30 und 31), auch wenn das Verwaltungsgericht zusätzlich auf K. als Fluchtalternative abgestellt hat (UA S. 6 f.), in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und damit ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen kann. Damit scheidet mangels Entscheidungserheblichkeit auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „niederlässt“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011 L 337/9) im Unterschied zur vorhergehenden Fassung „aufhält“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG aus.

Die weiter aufgeworfene Frage, ob praktisch jede Zivilperson in A1 bzw. K. einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser nicht vorgetragen. Hierbei ist das Verwaltungsgericht unter Heranziehung aktueller Lageberichte zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Herkunftsregion des Klägers, K., weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris).

Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr pauschal ein, dass sich die Lage in A1 seit dem Jahr 2015 wieder extrem verschlechtert habe und somit die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsste. Hierzu wurde aus dem Jahresbericht der United Nations Assistance Mission in A1 (UNAMA) für das Jahr 2015, aus zahlreichen Presseartikeln und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs A1 Asylsuchender vom 19. April 2016 zitiert. Auch wird eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts mit Stand vom 7. Juli 2016 angeführt sowie auf Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 22. Juli 2014 und vom 13. September 2015, auf eine Stellungnahme der International NGO Safety Organisation (INSO) und den Amnesty Report 2016 A1 von Amnesty International verwiesen.

Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher weiterhin davon aus, dass in A1 für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (zuletzt B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris). So werden in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Auch beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Publikation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. September 2015 (A1: Update, Die aktuelle Sicherheitslage) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu A1 keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zudem geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 - LS; U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U.v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland A1 in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in K. ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Dezember 2016 bleibt ohne Erfolg.

Im Antragsschriftsatz vom 20. Januar 2017 beruft sich der Kläger 1. auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, 2. unter Vorlage eines Arztbriefs auf eine Erkrankung an einem Bizepssehnenriss und 3. einen Ermessensfehler im angefochtenen Bescheid. Zu den letzten beiden Punkten nennt er weder einen Zulassungsgrund noch ist ein solcher aus dem Zusammenhang ersichtlich. Das genügt nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, wonach die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen sind.

Lediglich in Nr. 1 bezieht sich der Kläger auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, wobei die Nennung von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO unschädlich ist. Eine klärungsbedürftige Frage wird auch hier nicht explizit aufgeworfen, sondern nur zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Stellung genommen, dass sein Vortrag, wegen privater Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden zu sein, nicht glaubhaft sei. Im Übrigen verweist der Kläger - ebenfalls ohne eine Frage aufzuwerfen - darauf, dass Kabul, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, nicht als Fluchtalternative in Betracht komme, weil die Sicherheitslage dort nicht stabil sei, die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bestehe und er wegen einer Erkrankung nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom 13. Januar 2017 lässt sich hieraus jedoch zumindest sinngemäß die Frage entnehmen, ob Kabul im Hinblick auf die schlechte Sicherheitslage und seine Erkrankung eine Fluchtalternative darstellen kann. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der so verstandenen Frage allerdings nicht zu.

Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass in Afghanistan bzw. in der Zentralregion einschließlich Kabul, worauf das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die von ihm angenommene Fluchtalternative in erster Linie abgestellt hat, die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) nicht vorliegen (BayVGH, B.v. 31.1.2017 - 13a ZB 16.31055; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.). Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat auch das Verwaltungsgericht ausgeführt, das Risiko, in Kabul durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die (erneute) Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die Sicherheitslage wurde vom Kläger nicht dargelegt. Mit seinem Hinweis auf die Verschlechterung der Sicherheitslage und den Anstieg von zivilen Opfern hat sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt (UA S. 4 f.). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr nur unzutreffend ein, die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel seien veraltet. Neuere Berichte, die die Einschätzung des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten, legt er ebenfalls nicht vor. Seine allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Lagebewertung einzutreten. So werden in den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Schutzsuchender vom 19. April 2016 vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage nur Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten zur Sicherheitslage genannt würden, die die bisherige Einschätzung in Frage stellen könnten. Zudem beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan geben ebenfalls keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Soweit sich der Kläger darauf bezieht, ob im Hinblick auf die Gefahr einer Zwangsrekrutierung und seine Erkrankung eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, kommt der Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Ihre Beantwortung hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Gegebenheiten des Klägers, ab. Es bedarf einer Würdigung, inwieweit ihm zugemutet werden kann, sich an einem anderen Ort niederzulassen. Die Frage ist damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich.

Selbst wenn man die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer bloßen Gewebeschwäche aus, wohingegen sein Arm in Wahrheit nur bedingt einsatzfähig und die Ausübung einer Arbeit deshalb unmöglich sei, ohne eine entsprechende Darlegung dahin verstehen wollte, dass er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO geltend machen möchte, führt sein Antrag nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit dem Vortrag des Klägers und dem vorgelegten Arztbrief auseinandergesetzt. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör jedoch grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, B.v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B.v. 30.7.2014 - 5 B 25.14 - juris; B.v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8).

Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, sein Vortrag, er sei wegen privater Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden, sei durchaus glaubwürdig. Auch hier hat das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Klägers durchaus zur Kenntnis genommen, dann allerdings eine von der Auffassung des Klägers abweichende Beweiswürdigung vorgenommen. Ein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung des Klägers anschließt, kann aus dem Grundrecht auf rechtliches Gehör nicht hergeleitet werden (BayVerfGH, E.v. 2.10.2013 - Vf. 7-VI-12 - VerfGH 66, 179 = BayVBl 2014, 171).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob für Angehörige der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in A1 aufgrund des Vorliegens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben gemäß § 4 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15c der RL 2004/83/EG, hilfsweise nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG, anzunehmen ist und auch Kabul keine interne Schutzmöglichkeit darstellt“.

Die Lage in A1 habe sich seit 2015 drastisch verschlechtert und seien aktuell die Opferzahlen 2015/2016 höher als 2009, weshalb die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsse.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach A1 keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (UA S. 8). Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten oder als anhaltende Kampfhandlungen zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre (UA S. 9). Denn es fehle vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG sei. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen erreiche in der Heimatprovinz des Klägers, Kabul, der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor (UA S. 9). Für den Kläger ergebe sich in Kabul weder aus seiner Volkszugehörigkeit noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage eine extreme allgemeine Gefahrenlage. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015, vom 31. März 2014 und vom 4. Juni 2013 kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, das Risiko, in K. durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (UA S. 6 f.) und könne der volljährige, arbeitsfähige und mit den Lebensverhältnissen in A1 vertraute Kläger in Kabul seinen Lebensunterhalt sicherstellen (UA S. 7 f. und 9 f.).

Die Frage betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in A1 oder Teilen hiervon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind.

Auch die Frage zu K. als „interne Schutzmöglichkeit“, gemeint sein dürfte damit, ob Kabul als interner Schutz im Sinn von § 3e AsylG in Betracht kommt, vermag keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, da es für die Zumutbarkeit nach § 3e AsylG auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt und die Frage damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Hinzu kommt, dass diese Frage im Hinblick darauf, dass die Herkunftsregion des Klägers K. ist und er vor seiner Ausreise zuletzt in der Provinz K. gelebt hat (Akte des Bundesamts Bl. 30 und 31), auch wenn das Verwaltungsgericht zusätzlich auf K. als Fluchtalternative abgestellt hat (UA S. 6 f.), in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und damit ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen kann. Damit scheidet mangels Entscheidungserheblichkeit auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „niederlässt“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011 L 337/9) im Unterschied zur vorhergehenden Fassung „aufhält“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG aus.

Die weiter aufgeworfene Frage, ob praktisch jede Zivilperson in A1 bzw. K. einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser nicht vorgetragen. Hierbei ist das Verwaltungsgericht unter Heranziehung aktueller Lageberichte zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Herkunftsregion des Klägers, K., weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris).

Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr pauschal ein, dass sich die Lage in A1 seit dem Jahr 2015 wieder extrem verschlechtert habe und somit die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsste. Hierzu wurde aus dem Jahresbericht der United Nations Assistance Mission in A1 (UNAMA) für das Jahr 2015, aus zahlreichen Presseartikeln und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs A1 Asylsuchender vom 19. April 2016 zitiert. Auch wird eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts mit Stand vom 7. Juli 2016 angeführt sowie auf Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 22. Juli 2014 und vom 13. September 2015, auf eine Stellungnahme der International NGO Safety Organisation (INSO) und den Amnesty Report 2016 A1 von Amnesty International verwiesen.

Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher weiterhin davon aus, dass in A1 für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (zuletzt B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris). So werden in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Auch beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Publikation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. September 2015 (A1: Update, Die aktuelle Sicherheitslage) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu A1 keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zudem geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 - LS; U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U.v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland A1 in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in K. ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Februar 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob

– ihm „aufgrund der stark verschlechterten Sicherheitslage und den stark gestiegenen Opferzahlen seit 2016 nun ein ernsthafter Schaden infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht“,

– für ihn „eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bzw. die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung bei einer Rückkehr nach Afghanistan besteht, weil sich die Sicherheits- und Existenzsicherungssituation auch aufgrund der gestiegenen Anzahl von Binnenvertriebenen und Rückkehrern und der wirtschaftlichen Situation in Afghanistan seit 2016 grundlegend und massiv verschlechtert hat“,

-„für einzelne Regionen bzw. einzelne Personengruppen, insbesondere für aus dem westlichen Ausland als abgelehnte Asylbewerber zurückkehrende Personen, besondere Risiken bestehen, die zu einer erhöhten Gefährdung führen“,

-„einzelne Zivilperson, insbesondere ein aus dem westlichen Ausland zurückkehrender abgelehnter Asylbewerber, einen sicheren Landesteil erreichen und sich dort auf Dauer rechtmäßig niederlassen und sein Existenzminimum sichern kann“,

-„aufgrund individueller Besonderheiten aus dem westlichen Ausland zurückkehrender Asylbewerber im gesamten Gebiet von Afghanistan eine besondere individuelle Gefährdung angenommen werden kann“

-„das Zahlenmaterial, das die zivilen Opfer von Kriegshandlungen im Rahmen des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erfasst, valide ist“ und

-„eine alleinstehende Person in den von der Beklagten als sicher angenommenen Provinzen Kabul, Pandijr, Bamyan, Mazar-e-Sharif oder Herat ohne familiäre Hilfe eine Arbeitsstelle und eine Unterkunft finden und mit der Arbeit finanzieren kann“.

Das Verwaltungsgericht habe die neueren Berichte hierzu nicht bzw. nicht angemessen gewürdigt. Nach den „Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Inneren“ vom Dezember 2016 habe sich die Sicherheitslage seit April 2016 insgesamt nochmals deutlich verschlechtert. UNAMA (Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report, Februar 2017) beziffere den Anstieg ziviler Opfer in Afghanistan auf 11.408, was einer Zunahme von 3% entspreche. Von den Zivilopfern durch Suizid- und komplexe Angriffe entfielen allein auf Kabul 77%. Zudem sei nach UNAMA bei interner Flucht und Vertreibung ein Rekordniveau erreicht. Hinzu komme die sehr große Anzahl von Rückkehrern aus Iran und Pakistan. Dies führe zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten. Das Wirtschaftswachstum in Afghanistan liege nach den Prognosen der Weltbank nur im 1-Prozent-Bereich. Auch Amnesty International gehe davon aus, dass die Sicherheit rückgeführter Afghanen aufgrund der sehr schlechten und sehr instabilen Sicherheitslage nicht gewährleistet werden könne. In einem Aufsatz einer Afghanistan-Expertin (Asylmagazin 2017, 73) werde der massive Einbruch der Wirtschaft in Afghanistan und die humanitäre Lage von Rückkehrern geschildert. Die Annahme, dass alleinstehende junge gesunde Männer ihr Überleben aus eigener Kraft sichern könnten, sei durch die derzeitige humanitäre Lage grundlegend in Frage gestellt.

Die Fragen zielen ohne Differenzierung darauf ab, ob hinsichtlich Afghanistan die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes, insbesondere nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, oder nationalen Schutzes nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG angenommen werden können. Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Zwar sei von einem landesweiten bewaffneten Konflikt auszugehen, trotz der Zunahme der Gewalt könne aber weder für das ganze Land noch für einzelne Gebiete auf eine Extremgefahr im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG geschlossen werden (UA S. 6 f.). Es hat dabei insbesondere auf die Opferzahlen Bezug genommen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hat das Verwaltungsgericht ebenfalls verneint (UA S. 7 ff.). Für den Kläger ergebe sich keine extreme allgemeine Gefahrenlage.

Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., der Vorgängerregelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, für die Zentralregion mit der Heimatprovinz des Klägers, Parwan, die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts verneint hat (U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) und hieran auch angesichts der aktuellen Auskünfte weiter festhält (BayVGH, B.v. 28.3.2017 - 13a ZB 17.30212 - juris; B.v. 30.1.2017 - 13a ZB 16.30824 - juris; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris). Zudem geht der Verwaltungsgerichtshof weiterhin davon aus, dass auch angesichts der aktuellen Auskunftslage die Situation in Afghanistan nicht derart ist, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige im Allgemeinen eine extreme Gefahrenlage anzunehmen wäre, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, B.v. 11.4.2017 - 13a ZB 17.30294 - juris; B.v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 - juris; BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris). Ebenso wenig stellt eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar (BayVGH, U.v. 12.2.2015 a.a.O. unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167, das wiederum verweist auf EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U.v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U.v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952).

Die klägerischen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Sie berücksichtigen nicht die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, wann eine für die Gewährung subsidiären Schutzes notwendige erhebliche individuelle Gefährdung anzunehmen sein kann (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 = NVwZ 2011, 56). Danach bedarf es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte einer wertenden Gesamtbetrachtung auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487; U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454). Ausgehend von mindestens 27 Millionen Einwohnern (vielfach wird eine höhere Bevölkerungszahl angenommen) und von (nach der vom Kläger selbst genannten Bezifferung von UNAMA) 11.408 Opfern in Afghanistan ergibt sich für das Jahr 2016 eine Gefahrendichte, die weit unter der vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Wahrscheinlichkeit von 0,12% oder 1:800 liegt. Anhaltspunkte, dass das von UNAMA genannte Zahlenmaterial nicht valide ist, werden vom Kläger nicht genannt.

Aus den Anmerkungen des UNHCR vom Dezember 2016, die sich auf die UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 beziehen, wonach sich die Sicherheitslage nochmals deutlich verschlechtert habe, ergibt sich nichts anderes. Vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage werden dort Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass Zahlen genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Die dortige Bewertung beruht zudem auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (Richtlinien vom 19.4.2016 S. 10). Soweit Stahlmann (Asylmagazin 2017, 73) die schwierige humanitäre Lage von Rückkehrern beschreibt, hängt auch nach ihren Ausführungen die Überlebenssicherung in Afghanistan von verschiedenen Faktoren ab, die sich nicht allgemein festlegen lassen. Die weiteren Ausführungen im Zulassungsantrag geben ebenfalls nicht hinreichend Anlass zu einer grundlegenden anderen Beurteilung. Dies gilt sowohl hinsichtlich des subsidiären wie des nationalen Abschiebungsschutzes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob für Angehörige der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in A1 aufgrund des Vorliegens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben gemäß § 4 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15c der RL 2004/83/EG, hilfsweise nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG, anzunehmen ist und auch Kabul keine interne Schutzmöglichkeit darstellt“.

Die Lage in A1 habe sich seit 2015 drastisch verschlechtert und seien aktuell die Opferzahlen 2015/2016 höher als 2009, weshalb die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsse.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach A1 keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (UA S. 8). Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten oder als anhaltende Kampfhandlungen zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre (UA S. 9). Denn es fehle vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG sei. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen erreiche in der Heimatprovinz des Klägers, Kabul, der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor (UA S. 9). Für den Kläger ergebe sich in Kabul weder aus seiner Volkszugehörigkeit noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage eine extreme allgemeine Gefahrenlage. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015, vom 31. März 2014 und vom 4. Juni 2013 kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, das Risiko, in K. durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (UA S. 6 f.) und könne der volljährige, arbeitsfähige und mit den Lebensverhältnissen in A1 vertraute Kläger in Kabul seinen Lebensunterhalt sicherstellen (UA S. 7 f. und 9 f.).

Die Frage betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in A1 oder Teilen hiervon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind.

Auch die Frage zu K. als „interne Schutzmöglichkeit“, gemeint sein dürfte damit, ob Kabul als interner Schutz im Sinn von § 3e AsylG in Betracht kommt, vermag keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, da es für die Zumutbarkeit nach § 3e AsylG auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt und die Frage damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Hinzu kommt, dass diese Frage im Hinblick darauf, dass die Herkunftsregion des Klägers K. ist und er vor seiner Ausreise zuletzt in der Provinz K. gelebt hat (Akte des Bundesamts Bl. 30 und 31), auch wenn das Verwaltungsgericht zusätzlich auf K. als Fluchtalternative abgestellt hat (UA S. 6 f.), in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und damit ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen kann. Damit scheidet mangels Entscheidungserheblichkeit auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „niederlässt“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011 L 337/9) im Unterschied zur vorhergehenden Fassung „aufhält“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG aus.

Die weiter aufgeworfene Frage, ob praktisch jede Zivilperson in A1 bzw. K. einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser nicht vorgetragen. Hierbei ist das Verwaltungsgericht unter Heranziehung aktueller Lageberichte zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Herkunftsregion des Klägers, K., weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris).

Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr pauschal ein, dass sich die Lage in A1 seit dem Jahr 2015 wieder extrem verschlechtert habe und somit die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsste. Hierzu wurde aus dem Jahresbericht der United Nations Assistance Mission in A1 (UNAMA) für das Jahr 2015, aus zahlreichen Presseartikeln und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs A1 Asylsuchender vom 19. April 2016 zitiert. Auch wird eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts mit Stand vom 7. Juli 2016 angeführt sowie auf Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 22. Juli 2014 und vom 13. September 2015, auf eine Stellungnahme der International NGO Safety Organisation (INSO) und den Amnesty Report 2016 A1 von Amnesty International verwiesen.

Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher weiterhin davon aus, dass in A1 für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (zuletzt B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris). So werden in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Auch beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Publikation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. September 2015 (A1: Update, Die aktuelle Sicherheitslage) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu A1 keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zudem geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 - LS; U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U.v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland A1 in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in K. ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Dezember 2016 bleibt ohne Erfolg.

Im Antragsschriftsatz vom 20. Januar 2017 beruft sich der Kläger 1. auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, 2. unter Vorlage eines Arztbriefs auf eine Erkrankung an einem Bizepssehnenriss und 3. einen Ermessensfehler im angefochtenen Bescheid. Zu den letzten beiden Punkten nennt er weder einen Zulassungsgrund noch ist ein solcher aus dem Zusammenhang ersichtlich. Das genügt nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, wonach die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen sind.

Lediglich in Nr. 1 bezieht sich der Kläger auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, wobei die Nennung von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO unschädlich ist. Eine klärungsbedürftige Frage wird auch hier nicht explizit aufgeworfen, sondern nur zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Stellung genommen, dass sein Vortrag, wegen privater Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden zu sein, nicht glaubhaft sei. Im Übrigen verweist der Kläger - ebenfalls ohne eine Frage aufzuwerfen - darauf, dass Kabul, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, nicht als Fluchtalternative in Betracht komme, weil die Sicherheitslage dort nicht stabil sei, die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bestehe und er wegen einer Erkrankung nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom 13. Januar 2017 lässt sich hieraus jedoch zumindest sinngemäß die Frage entnehmen, ob Kabul im Hinblick auf die schlechte Sicherheitslage und seine Erkrankung eine Fluchtalternative darstellen kann. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der so verstandenen Frage allerdings nicht zu.

Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass in Afghanistan bzw. in der Zentralregion einschließlich Kabul, worauf das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die von ihm angenommene Fluchtalternative in erster Linie abgestellt hat, die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) nicht vorliegen (BayVGH, B.v. 31.1.2017 - 13a ZB 16.31055; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.). Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat auch das Verwaltungsgericht ausgeführt, das Risiko, in Kabul durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die (erneute) Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die Sicherheitslage wurde vom Kläger nicht dargelegt. Mit seinem Hinweis auf die Verschlechterung der Sicherheitslage und den Anstieg von zivilen Opfern hat sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt (UA S. 4 f.). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr nur unzutreffend ein, die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel seien veraltet. Neuere Berichte, die die Einschätzung des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten, legt er ebenfalls nicht vor. Seine allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Lagebewertung einzutreten. So werden in den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Schutzsuchender vom 19. April 2016 vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage nur Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten zur Sicherheitslage genannt würden, die die bisherige Einschätzung in Frage stellen könnten. Zudem beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan geben ebenfalls keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Soweit sich der Kläger darauf bezieht, ob im Hinblick auf die Gefahr einer Zwangsrekrutierung und seine Erkrankung eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, kommt der Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Ihre Beantwortung hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Gegebenheiten des Klägers, ab. Es bedarf einer Würdigung, inwieweit ihm zugemutet werden kann, sich an einem anderen Ort niederzulassen. Die Frage ist damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich.

Selbst wenn man die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer bloßen Gewebeschwäche aus, wohingegen sein Arm in Wahrheit nur bedingt einsatzfähig und die Ausübung einer Arbeit deshalb unmöglich sei, ohne eine entsprechende Darlegung dahin verstehen wollte, dass er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO geltend machen möchte, führt sein Antrag nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit dem Vortrag des Klägers und dem vorgelegten Arztbrief auseinandergesetzt. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör jedoch grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, B.v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B.v. 30.7.2014 - 5 B 25.14 - juris; B.v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8).

Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, sein Vortrag, er sei wegen privater Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden, sei durchaus glaubwürdig. Auch hier hat das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Klägers durchaus zur Kenntnis genommen, dann allerdings eine von der Auffassung des Klägers abweichende Beweiswürdigung vorgenommen. Ein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung des Klägers anschließt, kann aus dem Grundrecht auf rechtliches Gehör nicht hergeleitet werden (BayVerfGH, E.v. 2.10.2013 - Vf. 7-VI-12 - VerfGH 66, 179 = BayVBl 2014, 171).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Februar 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob

– ihm „aufgrund der stark verschlechterten Sicherheitslage und den stark gestiegenen Opferzahlen seit 2016 nun ein ernsthafter Schaden infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht“,

– für ihn „eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bzw. die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung bei einer Rückkehr nach Afghanistan besteht, weil sich die Sicherheits- und Existenzsicherungssituation auch aufgrund der gestiegenen Anzahl von Binnenvertriebenen und Rückkehrern und der wirtschaftlichen Situation in Afghanistan seit 2016 grundlegend und massiv verschlechtert hat“,

-„für einzelne Regionen bzw. einzelne Personengruppen, insbesondere für aus dem westlichen Ausland als abgelehnte Asylbewerber zurückkehrende Personen, besondere Risiken bestehen, die zu einer erhöhten Gefährdung führen“,

-„einzelne Zivilperson, insbesondere ein aus dem westlichen Ausland zurückkehrender abgelehnter Asylbewerber, einen sicheren Landesteil erreichen und sich dort auf Dauer rechtmäßig niederlassen und sein Existenzminimum sichern kann“,

-„aufgrund individueller Besonderheiten aus dem westlichen Ausland zurückkehrender Asylbewerber im gesamten Gebiet von Afghanistan eine besondere individuelle Gefährdung angenommen werden kann“

-„das Zahlenmaterial, das die zivilen Opfer von Kriegshandlungen im Rahmen des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erfasst, valide ist“ und

-„eine alleinstehende Person in den von der Beklagten als sicher angenommenen Provinzen Kabul, Pandijr, Bamyan, Mazar-e-Sharif oder Herat ohne familiäre Hilfe eine Arbeitsstelle und eine Unterkunft finden und mit der Arbeit finanzieren kann“.

Das Verwaltungsgericht habe die neueren Berichte hierzu nicht bzw. nicht angemessen gewürdigt. Nach den „Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Inneren“ vom Dezember 2016 habe sich die Sicherheitslage seit April 2016 insgesamt nochmals deutlich verschlechtert. UNAMA (Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report, Februar 2017) beziffere den Anstieg ziviler Opfer in Afghanistan auf 11.408, was einer Zunahme von 3% entspreche. Von den Zivilopfern durch Suizid- und komplexe Angriffe entfielen allein auf Kabul 77%. Zudem sei nach UNAMA bei interner Flucht und Vertreibung ein Rekordniveau erreicht. Hinzu komme die sehr große Anzahl von Rückkehrern aus Iran und Pakistan. Dies führe zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten. Das Wirtschaftswachstum in Afghanistan liege nach den Prognosen der Weltbank nur im 1-Prozent-Bereich. Auch Amnesty International gehe davon aus, dass die Sicherheit rückgeführter Afghanen aufgrund der sehr schlechten und sehr instabilen Sicherheitslage nicht gewährleistet werden könne. In einem Aufsatz einer Afghanistan-Expertin (Asylmagazin 2017, 73) werde der massive Einbruch der Wirtschaft in Afghanistan und die humanitäre Lage von Rückkehrern geschildert. Die Annahme, dass alleinstehende junge gesunde Männer ihr Überleben aus eigener Kraft sichern könnten, sei durch die derzeitige humanitäre Lage grundlegend in Frage gestellt.

Die Fragen zielen ohne Differenzierung darauf ab, ob hinsichtlich Afghanistan die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes, insbesondere nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, oder nationalen Schutzes nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG angenommen werden können. Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Zwar sei von einem landesweiten bewaffneten Konflikt auszugehen, trotz der Zunahme der Gewalt könne aber weder für das ganze Land noch für einzelne Gebiete auf eine Extremgefahr im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG geschlossen werden (UA S. 6 f.). Es hat dabei insbesondere auf die Opferzahlen Bezug genommen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hat das Verwaltungsgericht ebenfalls verneint (UA S. 7 ff.). Für den Kläger ergebe sich keine extreme allgemeine Gefahrenlage.

Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., der Vorgängerregelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, für die Zentralregion mit der Heimatprovinz des Klägers, Parwan, die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts verneint hat (U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) und hieran auch angesichts der aktuellen Auskünfte weiter festhält (BayVGH, B.v. 28.3.2017 - 13a ZB 17.30212 - juris; B.v. 30.1.2017 - 13a ZB 16.30824 - juris; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris). Zudem geht der Verwaltungsgerichtshof weiterhin davon aus, dass auch angesichts der aktuellen Auskunftslage die Situation in Afghanistan nicht derart ist, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige im Allgemeinen eine extreme Gefahrenlage anzunehmen wäre, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, B.v. 11.4.2017 - 13a ZB 17.30294 - juris; B.v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 - juris; BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris). Ebenso wenig stellt eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar (BayVGH, U.v. 12.2.2015 a.a.O. unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167, das wiederum verweist auf EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U.v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U.v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952).

Die klägerischen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Sie berücksichtigen nicht die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, wann eine für die Gewährung subsidiären Schutzes notwendige erhebliche individuelle Gefährdung anzunehmen sein kann (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 = NVwZ 2011, 56). Danach bedarf es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte einer wertenden Gesamtbetrachtung auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487; U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454). Ausgehend von mindestens 27 Millionen Einwohnern (vielfach wird eine höhere Bevölkerungszahl angenommen) und von (nach der vom Kläger selbst genannten Bezifferung von UNAMA) 11.408 Opfern in Afghanistan ergibt sich für das Jahr 2016 eine Gefahrendichte, die weit unter der vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Wahrscheinlichkeit von 0,12% oder 1:800 liegt. Anhaltspunkte, dass das von UNAMA genannte Zahlenmaterial nicht valide ist, werden vom Kläger nicht genannt.

Aus den Anmerkungen des UNHCR vom Dezember 2016, die sich auf die UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 beziehen, wonach sich die Sicherheitslage nochmals deutlich verschlechtert habe, ergibt sich nichts anderes. Vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage werden dort Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass Zahlen genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Die dortige Bewertung beruht zudem auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (Richtlinien vom 19.4.2016 S. 10). Soweit Stahlmann (Asylmagazin 2017, 73) die schwierige humanitäre Lage von Rückkehrern beschreibt, hängt auch nach ihren Ausführungen die Überlebenssicherung in Afghanistan von verschiedenen Faktoren ab, die sich nicht allgemein festlegen lassen. Die weiteren Ausführungen im Zulassungsantrag geben ebenfalls nicht hinreichend Anlass zu einer grundlegenden anderen Beurteilung. Dies gilt sowohl hinsichtlich des subsidiären wie des nationalen Abschiebungsschutzes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob für Angehörige der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in A1 aufgrund des Vorliegens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben gemäß § 4 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15c der RL 2004/83/EG, hilfsweise nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG, anzunehmen ist und auch Kabul keine interne Schutzmöglichkeit darstellt“.

Die Lage in A1 habe sich seit 2015 drastisch verschlechtert und seien aktuell die Opferzahlen 2015/2016 höher als 2009, weshalb die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsse.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach A1 keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (UA S. 8). Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten oder als anhaltende Kampfhandlungen zu qualifizieren seien, könne dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre (UA S. 9). Denn es fehle vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG sei. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen erreiche in der Heimatprovinz des Klägers, Kabul, der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor (UA S. 9). Für den Kläger ergebe sich in Kabul weder aus seiner Volkszugehörigkeit noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage eine extreme allgemeine Gefahrenlage. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 6. November 2015, vom 31. März 2014 und vom 4. Juni 2013 kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, das Risiko, in K. durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (UA S. 6 f.) und könne der volljährige, arbeitsfähige und mit den Lebensverhältnissen in A1 vertraute Kläger in Kabul seinen Lebensunterhalt sicherstellen (UA S. 7 f. und 9 f.).

Die Frage betreffend das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die gewalttätigen Auseinandersetzungen in A1 oder Teilen hiervon als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind.

Auch die Frage zu K. als „interne Schutzmöglichkeit“, gemeint sein dürfte damit, ob Kabul als interner Schutz im Sinn von § 3e AsylG in Betracht kommt, vermag keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, da es für die Zumutbarkeit nach § 3e AsylG auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt und die Frage damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Hinzu kommt, dass diese Frage im Hinblick darauf, dass die Herkunftsregion des Klägers K. ist und er vor seiner Ausreise zuletzt in der Provinz K. gelebt hat (Akte des Bundesamts Bl. 30 und 31), auch wenn das Verwaltungsgericht zusätzlich auf K. als Fluchtalternative abgestellt hat (UA S. 6 f.), in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und damit ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen kann. Damit scheidet mangels Entscheidungserheblichkeit auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „niederlässt“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011 L 337/9) im Unterschied zur vorhergehenden Fassung „aufhält“ in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG aus.

Die weiter aufgeworfene Frage, ob praktisch jede Zivilperson in A1 bzw. K. einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei, hat das Verwaltungsgericht verneint. Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren in der Person des Klägers führen könnten, habe dieser nicht vorgetragen. Hierbei ist das Verwaltungsgericht unter Heranziehung aktueller Lageberichte zu der Erkenntnis gelangt, dass das Risiko, durch Anschläge Schaden zu erleiden, in der Herkunftsregion des Klägers, K., weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit liege (siehe hierzu BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; BayVGH, U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris; U.v. 8.11.2012 - 13a B 11.30391 - juris).

Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr pauschal ein, dass sich die Lage in A1 seit dem Jahr 2015 wieder extrem verschlechtert habe und somit die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müsste. Hierzu wurde aus dem Jahresbericht der United Nations Assistance Mission in A1 (UNAMA) für das Jahr 2015, aus zahlreichen Presseartikeln und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs A1 Asylsuchender vom 19. April 2016 zitiert. Auch wird eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts mit Stand vom 7. Juli 2016 angeführt sowie auf Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 22. Juli 2014 und vom 13. September 2015, auf eine Stellungnahme der International NGO Safety Organisation (INSO) und den Amnesty Report 2016 A1 von Amnesty International verwiesen.

Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher weiterhin davon aus, dass in A1 für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (zuletzt B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris). So werden in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016, wonach sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Auch beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung (s. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360) decken. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag angeführten Publikation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. September 2015 (A1: Update, Die aktuelle Sicherheitslage) sowie den genannten Presseberichten. Dort wird ebenfalls nur die Sicherheitslage nach eigenen Maßstäben bewertet. Andere Ausgangsdaten, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, sind dort ebenfalls nicht genannt. Schließlich geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu A1 keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zudem geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 - LS; U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U.v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland A1 in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in K. ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Dezember 2016 bleibt ohne Erfolg.

Im Antragsschriftsatz vom 20. Januar 2017 beruft sich der Kläger 1. auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, 2. unter Vorlage eines Arztbriefs auf eine Erkrankung an einem Bizepssehnenriss und 3. einen Ermessensfehler im angefochtenen Bescheid. Zu den letzten beiden Punkten nennt er weder einen Zulassungsgrund noch ist ein solcher aus dem Zusammenhang ersichtlich. Das genügt nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, wonach die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen sind.

Lediglich in Nr. 1 bezieht sich der Kläger auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, wobei die Nennung von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO unschädlich ist. Eine klärungsbedürftige Frage wird auch hier nicht explizit aufgeworfen, sondern nur zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Stellung genommen, dass sein Vortrag, wegen privater Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden zu sein, nicht glaubhaft sei. Im Übrigen verweist der Kläger - ebenfalls ohne eine Frage aufzuwerfen - darauf, dass Kabul, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, nicht als Fluchtalternative in Betracht komme, weil die Sicherheitslage dort nicht stabil sei, die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bestehe und er wegen einer Erkrankung nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom 13. Januar 2017 lässt sich hieraus jedoch zumindest sinngemäß die Frage entnehmen, ob Kabul im Hinblick auf die schlechte Sicherheitslage und seine Erkrankung eine Fluchtalternative darstellen kann. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der so verstandenen Frage allerdings nicht zu.

Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass in Afghanistan bzw. in der Zentralregion einschließlich Kabul, worauf das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die von ihm angenommene Fluchtalternative in erster Linie abgestellt hat, die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) nicht vorliegen (BayVGH, B.v. 31.1.2017 - 13a ZB 16.31055; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.). Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat auch das Verwaltungsgericht ausgeführt, das Risiko, in Kabul durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, sei weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die (erneute) Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die Sicherheitslage wurde vom Kläger nicht dargelegt. Mit seinem Hinweis auf die Verschlechterung der Sicherheitslage und den Anstieg von zivilen Opfern hat sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt (UA S. 4 f.). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr nur unzutreffend ein, die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel seien veraltet. Neuere Berichte, die die Einschätzung des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten, legt er ebenfalls nicht vor. Seine allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Lagebewertung einzutreten. So werden in den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Schutzsuchender vom 19. April 2016 vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage nur Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten zur Sicherheitslage genannt würden, die die bisherige Einschätzung in Frage stellen könnten. Zudem beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan geben ebenfalls keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Soweit sich der Kläger darauf bezieht, ob im Hinblick auf die Gefahr einer Zwangsrekrutierung und seine Erkrankung eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, kommt der Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Ihre Beantwortung hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Gegebenheiten des Klägers, ab. Es bedarf einer Würdigung, inwieweit ihm zugemutet werden kann, sich an einem anderen Ort niederzulassen. Die Frage ist damit einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich.

Selbst wenn man die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer bloßen Gewebeschwäche aus, wohingegen sein Arm in Wahrheit nur bedingt einsatzfähig und die Ausübung einer Arbeit deshalb unmöglich sei, ohne eine entsprechende Darlegung dahin verstehen wollte, dass er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO geltend machen möchte, führt sein Antrag nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit dem Vortrag des Klägers und dem vorgelegten Arztbrief auseinandergesetzt. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör jedoch grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, B.v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B.v. 30.7.2014 - 5 B 25.14 - juris; B.v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8).

Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, sein Vortrag, er sei wegen privater Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden, sei durchaus glaubwürdig. Auch hier hat das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Klägers durchaus zur Kenntnis genommen, dann allerdings eine von der Auffassung des Klägers abweichende Beweiswürdigung vorgenommen. Ein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung des Klägers anschließt, kann aus dem Grundrecht auf rechtliches Gehör nicht hergeleitet werden (BayVerfGH, E.v. 2.10.2013 - Vf. 7-VI-12 - VerfGH 66, 179 = BayVBl 2014, 171).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. Januar 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob ihm „aufgrund der stark verschlechterten Sicherheitslage und den stark gestiegenen Opferzahlen seit 2016 nun ein ernsthafter Schaden infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht“, und ob für ihn „eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bzw. die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung bei einer Rückkehr nach Afghanistan besteht, weil sich die Sicherheits- und Existenzsicherungssituation auch aufgrund der gestiegenen Anzahl von Binnenvertriebenen und Rückkehrern und der wirtschaftlichen Situation in Afghanistan seit 2016 grundlegend und massiv verschlechtert hat“. Das Verwaltungsgericht habe die neueren Berichte hierzu nicht gewürdigt. Nach den „Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Inneren“ vom Dezember 2016 habe sich die Sicherheitslage seit April 2016 insgesamt nochmals deutlich verschlechtert. UNAMA (Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report, Februar 2017) beziffere den Anstieg ziviler Opfer in Afghanistan auf 11.408, was einer Zunahme von 3% entspreche. Von den Zivilopfern durch Suizid- und komplexe Angriffe entfielen allein auf Kabul 77%. Zudem sei bei interner Flucht und Vertreibung ein Rekordniveau erreicht (UNHCR a.a.O.). Hinzu komme die sehr große Anzahl von Rückkehrern aus Iran und Pakistan. Dies führe zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten. Das Wirtschaftswachstum in Afghanistan liege nach den Prognosen der Weltbank nur im 1-Prozent-Bereich.

Das Verwaltungsgericht hat zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgeführt, dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Zwar sei von einem landesweiten bewaffneten Konflikt auszugehen, trotz der Zunahme der Gewalt könne aber weder für das ganze Land noch für einzelne Gebiete auf eine Extremgefahr im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG geschlossen werden (UA S. 7 f.). Es hat dabei insbesondere auf die Opferzahlen Bezug genommen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hat das Verwaltungsgericht ebenfalls verneint (UA S. 10 f.). Für den Kläger ergebe sich keine extreme allgemeine Gefahrenlage.

Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., der Vorgängerregelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, für die in der Zentralregion gelegene Stadt Kabul die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts verneint hat (BayVGH, B.v. 4.4.2017 - 13a ZB 17.30231; B.v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - juris; B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris; U.v. 1.2.2013 - 13a B 12.30045 - juris zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.). Hierauf hat das Verwaltungsgericht abgestellt. Auch geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Lage in Afghanistan nicht derart ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen wäre (BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris - unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167, das wiederum verweist auf EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U.v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U.v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952). Auch in Bezug auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30600 - juris; BayVGH, U.v. 12.2.2015 a.a.O.; U.v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris).

Die klägerischen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Sie berücksichtigen nicht die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, wann eine für die Gewährung subsidiären Schutzes notwendige erhebliche individuelle Gefährdung anzunehmen sein kann (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 = NVwZ 2011, 56). Danach bedarf es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte einer wertenden Gesamtbetrachtung auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487; U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454). Ausgehend von mindestens 27 Millionen Einwohnern (vielfach wird eine höhere Bevölkerungszahl angenommen) und von (entsprechend den klägerischen Angaben) hochgerechnet ca. 11.500 Opfern in Afghanistan ergibt sich für das Jahr 2016 eine Gefahrendichte, die weit unter der vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Wahrscheinlichkeit von 0,12% oder 1:800 liegt.

Aus den Anmerkungen des UNHCR vom Dezember 2016, die sich auf die UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 beziehen, wonach sich die Sicherheitslage nochmals deutlich verschlechtert habe, ergibt sich nichts anderes. Vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage werden dort Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass Zahlen genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Die dortige Bewertung beruht zudem auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (Richtlinien vom 19.4.2016 S. 10). Aus den weiteren Ausführungen im Zulassungsantrag ergeben sich ebenfalls keine anderen Ausgangsdaten, die darauf schließen ließen, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären. Dies gilt sowohl hinsichtlich des subsidiären wie des nationalen Abschiebungsschutzes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2016 wird abgeändert und die Beklagte unter Abänderung von Nummer 4 und Aufhebung von Nummer 5 und 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21. Juni 2016 verpflichtet, festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.

II. Die Beklage hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger, eine Familie aus Nekbai in der Provinz Kunduz mit einem im Jahr 2015 geborenen und demnächst einem zweiten Kind, sind afghanische Staatsangehörige und schiitische Hazara. Nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Januar 2016 stellten sie am 11. März 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylantrag.

Der Kläger zu 1, der Ehemann und Vater, gab bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 15. Juni 2016 an, er stamme aus dem Dorf Nekbai in der Provinz Kunduz. In Afghanistan habe er noch zwei Schwestern und im Iran zwei Brüder. Eine Schule habe er nicht besucht und auch keinen Beruf erlernt. Zuletzt habe er als Bauarbeiter gearbeitet. Die Taliban hätten das Dorf besetzt und ihm zweimal Ohrfeigen gegeben. Sie hätten wissen wollen, wer im Dorf Waffen habe und wer Kommandeur sei. Als er noch ein Kind gewesen sei, hätten sie seinen Vater vermutlich wegen dessen Grundbesitz getötet. Ergänzend fügt der Kläger an, im Iran sei ihm im rechten Bein eine Stahlplatte eingesetzt worden. In Deutschland habe er einen Termin zur Operation.

Die Klägerin zu 2, die Ehefrau und Mutter, führte aus, sie sei nicht in die Schule gegangen und habe auch keinen Beruf erlernt und ausgeübt. Im Iran lebten vier Schwestern, zwei Brüder lebten in Deutschland. Ihr Schwiegervater sei Grundbesitzer gewesen, ihr Ehemann habe das Land zusammen mit seinem Bruder geerbt. Davon habe die Familie gelebt und die Reise finanziert. Wirtschaftlich sei es der Familie gut gegangen, aber wegen der Taliban sei ihr Leben in Gefahr gewesen. Diese würden die Männer von zu Hause holen und mitnehmen, einige würden umgebracht werden. Ihr Ehemann sei geschlagen worden und habe Ohrfeigen bekommen.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 21. Juni 2016 wurden die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.) sowie des subsidiären Schutzstatus (3.) und die Anträge auf Asylanerkennung (2.) abgelehnt. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (4.). Den Klägern wurde die Abschiebung angedroht (5., 6.). Zur Begründung ist angeführt, dass sich aus dem Sachvortrag weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal ergäben. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes komme nicht in Betracht, weil in Afghanistan kein Konflikt bestehe und keinerlei Anhaltspunkte erkennbar seien, die die Annahme rechtfertigten, dass bei den Klägern im Fall der Rückkehr ein ernsthafter Schaden drohen würde. Unter den derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan seien auch die Anforderungen an den Gefahrenmaßstab nach Art. 3 EMRK nicht erfüllt. Die Umstände, die die Kläger geltend machten, gingen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbaren Situationen lebten. Auch eine individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinn von § 60 Abs. 7 AufenthG drohe nicht.

Mit der hiergegen gerichteten Klage vor dem Verwaltungsgericht Augsburg verfolgten die Kläger ihr Begehren hinsichtlich nationaler Abschiebungsverbote weiter. In der mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2016 vertieften die Kläger ihr Vorbringen und gaben an, zwei Onkel und zwei Schwestern des Klägers zu 1 hätten bis vor kurzem in ihrem Heimatdorf gelebt. Dann habe es dort Kämpfe gegeben und er habe deshalb keinen Kontakt mehr zu seinen beiden Schwestern. Vor einigen Jahren habe er eine Oberschenkelfraktur erlitten und sei operiert worden. Die eingesetzte Platinstange sei in Deutschland herausgezogen worden. Die Klägerin zu 1 führte aus, dass die Familie den Grundbesitz für die Flucht verkauft habe. Wegen seiner Beinverletzung könne der Kläger nicht als Tagelöhner arbeiten.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2016 wurde die Klage abgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die allgemeinen Lebensbedingungen seien zumindest nicht in allen Landesteilen Afghanistans so schlecht, dass die Abschiebung einer dreiköpfigen Familie eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde. Insbesondere das Hauptsiedlungsgebiet der Volksgruppe der Hazara, die Provinz Bamiyan, gehöre zu den relativ sicheren Provinzen. Für eine reale Chance, nach einer Rückkehr eine ausreichende Existenzgrundlage für alle Familienmitglieder zu finden, sprächen vor allem die Start- und Reintegrationshilfen nach dem GARP-Programm sowie die Service- und Beratungsleistungen nach dem europäischen Reintegrationsprogramm (ERIN). Insgesamt könnten die Kläger damit Reintegrationshilfen im Gesamtwert von 3.150 € in Anspruch nehmen. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger zu 1 ferner angegeben, dass es ihm gesundheitlich gut gehe. Damit bestehe auch keine erhebliche konkrete Gefahr im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Auf Antrag der Kläger hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsschutzes mit Beschluss vom 11. Januar 2017 wegen Divergenz zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - Asylmagazin 2015, 197; U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30285 - InfAuslR 2015, 212) zugelassen.

Zur Begründung ihrer Berufung tragen die Kläger vor, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs könnten schlechte humanitäre Bedingungen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK führen. Bei einer Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern sei dies der Fall, so dass sie einen Anspruch auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hätten. Eventuelle Hilfen aus den Rückkehrprogrammen könnten kein anderes Ergebnis begründen. Auf diese bestünde kein Rechtsanspruch und sie erschienen nicht ausreichend, um dauerhaft ein Überleben der Familie zu gewährleisten.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2016 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 23. März 2017 verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 128 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt. Ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt sind, bedarf keiner Prüfung, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand handelt (BVerwG, U.v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17).

Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Einschlägig ist hier Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Das wäre bei den Klägern der Fall, wenn sie nach Afghanistan zurückkehren müssten. Die Kläger zu 1 und 2 als Eltern von bald zwei minderjährigen Kindern befürchten, aufgrund der dortigen Situation einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Damit machen die Kläger zwar nicht geltend, dass ihnen näher spezifizierte, konkrete Maßnahmen drohen würden, sondern sie berufen sich auf die allgemeine Lage. Die zu erwartenden schlechten Lebensbedingungen und die daraus resultierenden Gefährdungen weisen vorliegend aber eine Intensität auf, bei der auch ohne konkret drohende Maßnahmen von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen ist. Dass bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern unter den in Afghanistan herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen eine solche Gefahrenlage anzunehmen ist und in der Folge ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG besteht, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit den von den Klägern herangezogenen Divergenzurteilen vom 21. November 2014 entschieden (13a B 14.30284 - Asylmagazin 2015, 197 und 13a B 14.30285 - InfAuslR 2015, 212). Daran hat sich auch unter Berücksichtigung der neuesten Erkenntnisse bislang nichts geändert.

Vorliegend müssten die Eltern - nach afghanischen Maßstäben wohl der Vater - bei einer Rückkehr für den Unterhalt der gesamten Familie sorgen. Das ältere Kind, die Klägerin zu 3, ist zwei Jahre alt und ein weiteres Kind wird demnächst geboren. Angesichts dieser beiden kleinen Kindern in betreuungsbedürftigem Alter wird die Ehefrau und Mutter, die Klägerin zu 2, zum Familienunterhalt nicht beitragen können. Zudem ist sie unbestrittenen Angaben zufolge nicht in die Schule gegangen, hat keinen Beruf erlernt und auch keine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Damit müsste der Vater alleine den Unterhalt für die ganze Familie erwirtschaften. Im Hinblick auf die derzeitige (wirtschaftliche) Lage in Afghanistan würde er hierzu nicht im Stande sein, zumal auch keine Rücklagen mehr existieren.

Wegen der zu erwartenden schlechten humanitären Verhältnisse, die sich bislang nicht nachhaltig verbessert haben, ist bei einer Familie mit minderjährigen Kindern nach wie vor von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen. Das ergibt sich aus den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblichen Erkenntnismitteln. Dabei zeigt sich deutlich, dass sich die Rahmenbedingungen nicht verbessert haben.

Wurde im Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 31. März 2014 (Stand: Februar 2014, S. 19 ff. - Lagebericht 2014) noch festgestellt, dass sich Afghanistans Bewertung im Human Development Index kontinuierlich verbessere, es sich in fast allen Bereichen positiv entwickle und die Wirtschaft trotz einer zunehmenden Unsicherheit und Destabilisierung des Landes wachse, so wird in demjenigen vom 19. Oktober 2016 (Stand: September 2016, S. 21 ff. - Lagebericht 2016) ausgeführt, die afghanische Wirtschaft ringe seit Beendigung des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahresende 2014 nicht nur mit der schwierigen Sicherheitslage, sondern auch mit sinkenden internationalen Investitionen und der stark schrumpfenden Nachfrage. Die wirtschaftliche Entwicklung bleibe geprägt durch eine schwache Investitionstätigkeit, die Abwertung des Afghani gegenüber dem US-Dollar schreite weiter voran und ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum scheine kurzfristig nicht in Sicht. Das Vertrauen von Investoren und Verbrauchern in Afghanistan sei weiter gesunken; Ursachen hierfür seien neben der schwierigen Sicherheitslage vor allem in der schleppenden Regierungsbildung zu sehen. Ausländische Investitionen seien in der ersten Jahreshälfte 2015 bereits um 30% zurückgegangen; die Rahmenbedingungen für Investoren hätten sich kaum verbessert. Dass die Schaffung von Arbeitsplätzen die zentrale Herausforderung bedeute, wurde bereits im Jahr 2014 berichtet. Hieran hat sich nichts geändert, die Arbeitslosenquote ist dem Lagebericht 2016 zufolge im Oktober 2015 auf 40% gestiegen. Zwar sei sich die afghanische Regierung der Problematik bewusst und habe auch entsprechende Planungen vorgenommen, jedoch seien Erfolge, die auch großflächig in der Bevölkerung spürbar würden, kurzfristig kaum zu erwarten. Ein Problem stelle dar, dass gut ausgebildete und moderat wohlhabende Männer weiterhin bessere Zukunftschancen außerhalb Afghanistans sähen. Die hohe Arbeitslosigkeit werde durch vielfältige Naturkatastrophen verstärkt, so dass die Grundversorgung - wie schon seit Jahren - für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung sei. Für Rückkehrer gelte dies naturgemäß verstärkt. Gerade der Norden - eigentlich die „Kornkammer“ des Landes - sei extremen Natureinflüssen wie Trockenheit, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus Konflikten und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten hätten dazu geführt, dass dort ca. eine Millionen oder fast ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt gälten. Zur Unterkunftsmöglichkeit hatte schon der Lagebericht vom Januar 2012 (S. 28 - Lagebericht 2012) angegeben, dass die Versorgung mit Wohnraum zu angemessenen Preisen in den Städten nach wie vor schwierig sei. Das Ministerium für Flüchtlinge und Rückkehrer bemühe sich um eine Ansiedlung der Flüchtlinge in Neubausiedlungen für Rückkehrer. Dort erfolge die Ansiedlung unter schwierigen Rahmenbedingungen; für eine permanente Ansiedlung seien die vorgesehenen „Townships“ kaum geeignet. Eine Verbesserung wird auch im Lagebericht 2016 nicht gemeldet. Hinsichtlich der medizinischen Versorgung wird erneut ausgeführt, dass sie trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken leide, insbesondere aber an fehlenden Ärzten sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v. a. Hebammen).

Ähnlich verhält es sich mit den Auskünften der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update, die aktuelle Sicherheitslage vom 5.10.2014, S. 19 ff. - SFH 2014 und vom 30.9.2016, S. 24 ff. - SFH 2016). Auch im Jahr 2016 wird ausgeführt, dass 36% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten, 1,7 Millionen Menschen seien ernsthaft von Lebensmittelunsicherheit betroffen. Wie schon 2014 wird darauf hingewiesen, dass die geschwächte Bevölkerung Naturkatastrophen und harten Wintern schutzlos ausgeliefert sei. Zusätzlich werde die Lage durch die anhaltenden Konflikte verschärft. Weiterhin würde die Lebensgrundlage zahlreicher Menschen zerstört, die Anzahl der intern Vertriebenen sei rasant in die Höhe geschnellt, ansteckende Krankheiten nähmen zu und die Kriminalitätsrate steige an. Seit dem Abzug der internationalen Sicherheitskräfte Ende 2014 sei die bereits sehr hohe Arbeitslosigkeit rasant angestiegen. Die Analphabetenrate sei noch immer hoch und der Pool an Fachkräften bescheiden. Zu den gravierendsten sozialen Problemen gehört auch nach dem Bericht von 2016 (S. 24) die Wohnraumknappheit, vor allem in Kabul. Zugang zu sauberem Trinkwasser hätten nur 46% der Bevölkerung (gegenüber 39% nach SFH 2012), zu einer adäquaten Abwasserentsorgung nur 7,5%. Schon 2014 wurde berichtet, dass medizinische Hilfe oftmals nicht zu erreichen sei oder nicht bezahlt werden könne (SFH S. 20). Dies wird 2016 bestätigt. Zugang zu den grundlegendsten medizinischen Dienstleistungen hätten nur rund 36% der Bevölkerung, wobei dies ab dem Jahr 2015 wegen der gewaltsamen Konflikte sowie der verbreiteten Armut zusehends schwieriger geworden sei. Die Zerstörung von Gesundheitseinrichtungen und fehlende Dienstleistungen im Gesundheitsbereich seien direkte Folgen der Gewalt und beeinträchtigten die bereits karge Gesundheitsversorgung der Menschen zusätzlich. Der Gesundheitszustand von Frauen und Kindern bleibe schlecht, insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten sowie unter Nomaden. Frauen und Kinder verlören überdurchschnittlich oft das Leben wegen eigentlich heilbarer Krankheiten. Viele Familien könnten sich die Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitseinrichtungen nicht leisten.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus den Richtlinien des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 (UNHCR-Richtlinien 2016). Bereits in den Richtlinien vom 6. August 2013 (S. 9, 29 ff. - UNHCR-Richtlinien 2013) wurde ausgeführt, dass es für eine Neuansiedlung grundsätzlich bedeutender Unterstützung durch die (erweiterte) Familie, die Gemeinschaft oder den Stamm bedürfe. Die einzige Ausnahme seien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten Schutzbedarf, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben könnten, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung böten, und die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle ständen. Das wird in den Richtlinien 2016 gleichermaßen dargestellt (S. 10). In den Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern vom Dezember 2016 (UNHCR Dezember 2016, S. 2, 4) wird nochmals betont, dass der enorme Anstieg an Rückkehrern zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten geführt habe und es für eine Neuansiedlung ein starkes soziales Netzwerk geben müsse. Weiter wird dargelegt, dass die humanitären Indikatoren in Afghanistan auf einem kritisch niedrigen Niveau seien (UNHCR-Richtlinien 2016, S. 31). Ende 2015 seien 8,1 Mio. Menschen bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 27 Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen gewesen. Über eine Million Kinder litten an akuter Mangelernährung und 9,1% Prozent der Kinder würden vor ihrem fünften Geburtstag sterben (so auch Lagebericht 2016, S. 13). Der Anteil der Bevölkerung, der unterhalb der nationalen Armutsgrenze lebe, liege nach wie vor bei 35,8%. 1,7 Millionen Afghanen seien von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit betroffen. Besonders schwerwiegend wirke sich der andauernde Konflikt auf den Zugang zur Gesundheitsversorgung aus, unter anderem aufgrund von direkten Angriffen auf medizinisches Personal und auf Gesundheitseinrichtungen; 36% der Bevölkerung hätten überhaupt keinen Zugang zu medizinischer Grundversorgung.

Zusammenfassend lässt sich den Berichten und Auskünften nicht entnehmen, dass seit dem Jahr 2014 von einer Verbesserung der Situation ausgegangen werden könnte. Wie schon damals ausgeführt, ist unter den dargestellten Rahmenbedingungen, vor allem mit häufig nur sehr eingeschränktem Zugang für Rückkehrer zu Arbeit, Wasser und Gesundheitsversorgung die Schaffung einer menschenwürdigen Lebensgrundlage für eine Familie mit Kindern im Allgemeinen nicht möglich. Im Fall der Kläger wäre zusätzlich zu berücksichtigen, dass - wie bereits erwähnt - die Ehefrau bzw. Mutter die Betreuung für die beiden kleinen Kinder gewährleisten muss und zum Lebensunterhalt nicht beitragen kann. Angesichts der enorm hohen Arbeitslosigkeit wird es an Arbeitsmöglichkeiten für den Kläger zu 1 fehlen, vor allem aber an einem Verdienst, der für den Lebensunterhalt einer Familie ausreicht. Erschwerend kommt bei ihm hinzu, dass er weder über eine Schulbildung verfügt noch einen Beruf erlernt hat. Zudem hat er nach einem Unfall gesundheitliche Probleme mit einem Bein, die mögliche Betätigungen weiter einschränken. Familiäre Unterstützung könnten die Kläger nicht erwarten, da die Angehörigen, soweit sie sich nicht in Europa aufhalten, im Iran leben. Zwar hat der Kläger zu 1 von seinem Vater Land geerbt, jedoch wurde hiermit die Ausreise finanziert und es kann der Familie deshalb nicht als Grundlage dienen. Zudem könnten den Berichten zufolge zahlreiche Familien aufgrund von unrechtmäßigen Besetzungen nicht mehr auf ihren Landbesitz zurückkehren und hätten auch kaum Chancen, diesen erfolgreich zurückzufordern (SFH 2016, S. 26). Auch die illegale Beschlagnahmung von Land durch Beamte sowie lokale Machthaber ist der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zufolge verbreitet. Der Kläger zu 1 wäre deshalb gezwungen, für sich und seine Familie eine neue Existenz aufzubauen, ohne dass ihm hierbei entsprechende Hilfen zur Verfügung stünden.

Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln ist jedoch nicht davon auszugehen, dass dies gelingen kann. Ohne Hilfe würde sich die Familie weder ernähren können noch wären die einfachsten hygienischen Voraussetzungen gewährleistet. Es kann nicht angenommen werden, dass die Kläger eine adäquate Unterkunft finden würden, in der auch Kinder angemessen leben können, insbesondere weil der afghanische Staat schon jetzt kaum mehr in der Lage ist, die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu befriedigen und ein Mindestmaß an sozialen Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Durch den enormen Bevölkerungszuwachs - etwa eine Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation - gerät er zusätzlich unter Druck (Lagebericht 2016, S. 21). Aufgrund mangelnder Flächen und erschwinglicher Unterkünfte in städtischen Gebieten sind Rückkehrer häufig gezwungen, in informellen Siedlungen ohne angemessenen Lebensstandard zu leben (UNHCR-Richtlinien 2016, S. 34). Unter Berufung auf UNICEF (United Nations Children’s Fund) wird in den UNHCR-Richtlinien 2016 dargelegt, dass Familien häufig keine andere Wahl hätten, als in Slums zu wohnen, wo sie keinen Zugang zu akzeptablen Wohnbedingungen, Wasser, sanitären Einrichtungen, Gesundheitsversorgung und Bildung hätten. Aufgrund der beschränkt verfügbaren Flächen würden auch wenig geeignete Orte wie die steilen Hänge um Kabul besiedelt. Diese informellen Siedlungen seien durch schwierige naturgegebene Merkmale wie extreme Winter, beschränkten Zugang zu sauberem Wasser und unhygienische Bedingungen geprägt. Angesichts von zwei Kleinkindern fällt das besonders ins Gewicht.

In der Gesamtschau kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass einer Familie mit Kindern unter den dargestellten Rahmenbedingungen, vor allem mit häufig nur sehr eingeschränktem Zugang für Rückkehrer zu Arbeit, Wasser und Gesundheitsversorgung, die Schaffung einer menschenwürdigen Lebensgrundlage im Allgemeinen möglich ist. Vielmehr liegt bei den geschilderten Verhältnissen ein außergewöhnlicher Fall vor, in dem die humanitären Gründe gegen die Abschiebung „zwingend“ sind. Für die Kläger besteht nach wie vor die ernsthafte Gefahr, dass sie keine adäquate Lebensgrundlage finden würden und keine Unterkunft sowie Zugang zu sanitären Einrichtungen hätten. Es steht zu erwarten, dass ihnen die zur Befriedigung ihrer elementaren Bedürfnisse erforderlichen finanziellen Mittel fehlen würden. Ohne Hilfe würden sie sich weder ernähren können noch wären die einfachsten hygienischen Voraussetzungen gewährleistet. Da auch keine Aussicht auf Verbesserung der Lage besteht, ist davon auszugehen, dass die Kläger als Familie mit minderjährigen Kindern nach wie vor Gefahr liefen, einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein, die einen Mangel an Respekt für ihre Würde offenbart (siehe EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

Soweit die Beklagte und das Verwaltungsgericht auf mögliche Unterstützungsleistungen (im Internet abrufbar unter www.bamf.de/rueckkehrfoerderung) verweisen, ergibt sich nichts anderes. Auch die aktuellen Leistungen können nur einen vorübergehenden Ausgleich schaffen. Es ist nach wie vor nicht anzunehmen, dass sie dazu geeignet wären, auf Dauer eine menschenwürdige Existenz zu gewährleisten. Zwar sind die Unterstützungsleistungen gegenüber dem Jahr 2014 offenbar ausgeweitet worden. Über das humanitäre Rückkehrprogramm „REAG/GARP“ (Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany - REAG und Government Assisted Repatriation Programme - GARP) werden bei freiwilligen Rückkehrern die Transportkosten übernommen, Reisebeihilfen in Höhe von 200,- Euro pro Rückkehrer über 12 Jahre und Starthilfen von 500,- Euro bezahlt. Zusätzlich werden nach dem Reintegrationsprogramm „ERIN“ (European Reintegration Network) als Sachleistungen Reintegrationsleistungen im Wert von maximal 2.000,- Euro gewährt. Schwerpunkte des Programms sind neben der Intensivierung des Dialogs mit den Drittstaaten die individuelle Unterstützung nach der Rückkehr in das Herkunftsland, Hilfestellung bei der Existenzgründung und soziale Begleitung. Finanzielle Mittel erhalten Rückkehrer danach nur aus dem REAG/GARP-Programm und zwar mit Ausnahme einer Starthilfe von 500,- Euro pro Erwachsenen im Wesentlichen für die Kosten der Rückreise. Im Rahmen des ERIN-Programms gibt es keine finanziellen Hilfen, sondern nur tatsächliche Unterstützungsleistungen. Diese beinhalten bei Ankunft Hilfe für die Weiterreise, dringende medizinische Behandlung, kurzfristige Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung und im Weiteren Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche bzw. Unterstützung bei einer Geschäftsgründung, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Übernahme von Verwaltungskosten, etwa für die Registrierung oder um Zugang zur Gesundheitsversorgung zu erlangen, sowie verwaltungstechnische Unterstützung in Form von Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und caritativen Einrichtungen. Wenn man all diese Maßnahmen näher betrachtet, vermögen sie den Wiedereinstieg nach einer Rückkehr zum Teil zu erleichtern. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der möglichen Hilfsleistungen scheint aber zumindest ein geringer Qualifizierungsgrad erforderlich, damit die Programme überhaupt greifen können. Sowohl Arbeitsplatzsuche als auch eine Geschäftsgründung setzen gewisse Grundkenntnisse und -fertigkeiten voraus. Wenn dies der Fall ist, kann im Weiteren unterstützend eingegriffen werden. Fehlende Ausbildung und Qualifikation - wie hier - vermögen die Programme nicht zu ersetzen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es schon generell sehr schwierig ist, sich auch nur einen notdürftigen Unterhalt zu verschaffen. So weist Pro Asyl in einer Stellungnahme vom 16. November 2016 (zur 205. Sitzung der Innenministerkonferenz am 29./30.11.2016 in Saarbrücken) darauf hin, dass sich die Möglichkeiten, sich durch Arbeit selbst zu versorgen, sowohl für Einheimische als auch für Rückkehrer in den Jahren des weitgehenden Abzugs der internationalen Truppen krisenhaft verschärft hätten. Im Übrigen spricht viel dafür, dass es sich allein um eine Starthilfe handelt, die ein menschenwürdiges weiteres Dasein für eine Familie mit minderjährigen Kindern noch nicht sicherstellen kann. Zudem besteht auf die Förderung kein Rechtsanspruch. In der Summe kann deshalb trotz der (anfänglichen) Unterstützung nicht davon ausgegangen werden, dass die Leistungen vorliegend ausreichend wären, um eine unmenschliche Behandlung auszuschließen. Diese Einschätzung deckt sich im Übrigen auch mit derjenigen des ERIN-Programms selbst. Danach haben gewöhnlich nur diese Rückkehrer Chancen, die über spezifische Fähigkeiten verfügten oder qualifizierte Fachkräfte seien. Je niedriger der Ausbildungsstandard und die berufliche Qualifikation seien, desto schlechter und schwieriger sei die Aussicht auf eine berufliche Betätigung (ERIN, Afghanistan Briefing Note, S. 7, abrufbar unter www.bamf.de/rueckkehrfoerderung). Auch soweit finanzielle Unterstützung gewährt wird, ist diese den Angaben von ERIN zufolge angesichts der Lebenshaltungskosten bei Weitem nicht ausreichend. Danach betragen die Wohnungsmieten zwischen 400 und 600 US-$, Nebenkosten 40 US-$ und Lebensunterhalt 500 US-$ (Afghanistan Briefing Note, S. 9). Zudem wurde schon in den genannten Entscheidungen aus dem Jahr 2014 ausgeführt, dass es die Unterstützungsleistungen zwar für die erste Zeit nach der Rückkehr gibt, aber danach Probleme bei der Koordinierung zwischen humanitären Akteuren und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit sowie - mangels entsprechender Strukturen - dem afghanischen Staat bestehen. Der Lagebericht 2016 (S. 24 f.) spricht nach wie vor von Koordinierungsschwierigkeiten; Hilfe komme nicht immer dort an, wo Rückkehrer sich niedergelassen hätten. Zwar wird diese Aussage im Zusammenhang mit der Beschreibung der Situation von Rückkehrern aus den Nachbarländern gemacht, jedoch ist dem Lagebericht 2016 zufolge auch nur von Norwegen bekannt, dass Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Darüber, ob und inwieweit die Programme tatsächlich greifen, liegen offenbar keine weiteren Informationen vor. Auch der Vertreter des Bundesamts vermochte in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob es Erkenntnisse zur tatsächlichen Umsetzung des Reintegrationsprogramms gebe, keine näheren Auskünfte zu erteilen. Allerdings ist schwer vorstellbar, dass im Gegensatz zu den Rückkehrern aus den Nachbarländern hier die Koordinierung problemlos verlaufen sollte. So verweist Pro Asyl in seiner Stellungnahme vom 16. November 2016 darauf, dass die afghanische Regierung nicht in der Lage sei, auch nur die Notversorgung der Rückkehrer aus eigener Kraft oder mit den Mitteln der internationalen Hilfe zu versorgen; faktisch gebe es weder ein Reinte-grationsprogramm noch eine realistische Möglichkeit, ein solches zu schaffen.

Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 26.2.2014 - A 11 S 2519/12 - juris und U.v. 24.7.2013 - A 11 S 697/13 - Asylmagazin 2014, 38) berücksichtigt die neuere Entwicklung nicht. Zudem liegen den Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde.

Die Beklagte war deshalb unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2016 und unter Abänderung von Nummer 4 und Aufhebung von Nummer 5 und 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21. Juni 2016 zu verpflichten, festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 15. April 2014 wird der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13. Februar 2014 hinsichtlich Nummer 4 und 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.

II.

Die Beklage hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht haben die Kläger ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger, ein Vater mit zwei im Jahr 2007 und im Jahr 2011 geborenen Söhnen, sind afghanische Staatsangehörige und tadschikische Volkszugehörige. Sie reisten am 27. November 2012 von I. kommend auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein und stellten beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 10. Dezember 2012 Asylantrag.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 8. Januar 2013 gab der Kläger zu 1, der Vater, an, er spreche Dari und Farsi und sei Tadschike. Er habe nur einmal zwei Monate und einmal 40 Tage in Afghanistan gelebt und im Übrigen bis zur Ausreise in die Türkei in S. im Iran. Seine Ehefrau sei Iranerin. Vor ca. zweieinhalb Monaten sei die Familie bis zur iranischtürkischen Grenze mit dem Auto gefahren, wo sie sich bei der Flüchtlingsorganisation der UNO in Ankara gemeldet hätten. Er habe mit gefälschten Pässen nach Deutschland fliegen können, seine Frau sei jedoch aufgehalten worden. Er habe noch Verwandtschaft in Europa, in Kanada und im Iran. In Afghanistan lebten noch drei Onkel väterlicherseits, eine Tante mütterlicherseits, mehrere Cousins und Cousinen, zwei Schwestern und ein Bruder. Er habe vier Klassen Grundschule besucht. In selbstständiger Tätigkeit habe er den Beton für Hochhäuser geliefert. Für iranische Verhältnisse habe er sehr gut verdient. Auf die Frage nach seinem Verfolgungsschicksal trug der Kläger vor, sein Vater sei vor 30 Jahren wegen des Krieges in den Iran geflüchtet. Dort hätten sie zusammengelebt, bis seine Eltern vor fünf Jahren nach Afghanistan zurückgekehrt seien. Er und seine Kinder hätten keine Dokumente vom iranischen Staat erhalten. Der früher ausgehändigte Flüchtlingsausweis sei mit der Rückkehr seines Vaters nach Afghanistan ungültig geworden. Er habe seine Ehefrau traditionell geheiratet, jedoch sei die Hochzeit im Iran nicht anerkannt worden. Sein Schwager, der beim iranischen Militär arbeite, sei gegen die Hochzeit gewesen. Er sei zweimal ins Gefängnis gekommen, da sein Schwager gegen ihn ausgesagt bzw. ihn angezeigt habe. Zudem habe ihn sein Schwager erpresst und Schutzgeld verlangt, damit er ihn nicht weiter an die Behörden verraten werde. Nachdem er das erste Mal im Gefängnis gewesen sei, habe er viele seiner Kunden verloren. Das zweite Mal sei er wegen eines gefälschten iranischen Passes verhaftet worden. Nach der Entlassung sei er von seinem Schwager und den iranischen Behörden weiter schikaniert worden, so dass er keine andere Möglichkeit gesehen habe, außer den Iran zu verlassen. Nach Afghanistan könne er wegen des Kriegs in vielen Regionen nicht fliehen. Außerdem sei seine Ehefrau Iranerin.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 13. Februar 2014 wurden die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (1.), die Anträge auf Asylanerkennung abgelehnt (2.), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (3.) sowie festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (4.) und die Abschiebung angedroht (5.). Nach dem Sachvorbringen bestünden keine Anhaltspunkte für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Asylanerkennung. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes lägen nicht vor, insbesondere keine ernsthafte individuelle Bedrohung aufgrund eines bewaffneten Konflikts in der Herkunftsstadt Kabul. Nationale Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor, zumal die Kläger auch keiner extremen allgemeinen Gefahr im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt seien. Sie hätten keine stichhaltigen Ausführungen gemacht, dass sie, anders als die gesellschaftlichen Verhältnisse im Herkunftsland erwarten ließen, nach einer Rückkehr mittellos und völlig auf sich gestellt wären. Sie hätten auch die Möglichkeit, Kontakt mit Familienmitgliedern in Afghanistan aufzunehmen.

Mit der an das Verwaltungsgericht München gerichteten Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. In der mündlichen Verhandlung am 15. April 2014 erklärte der Kläger zu 1, wenn er nach Afghanistan zurückkehren würde, würde der Bruder fragen, ob er wegen des Besitzes käme. Sein Platz sei im Iran und nicht in Afghanistan. Außerdem sei seine Ehefrau nicht bereit, nach Afghanistan zu gehen. Die Ausreise habe er durch den Verkauf seines Hauses und seines Autos finanziert. Nachdem seine Ehefrau in der Türkei nicht in das Flugzeug gekommen sei, sei sie wieder in den Iran zurückgekehrt. Mit seinem Onkel in Afghanistan habe er Schwierigkeiten wegen einer Besitzauseinandersetzung. Sein Vater sei herzkrank und werde von seinen Brüdern finanziell unterstützt. Mit Urteil vom 15. April 2014 wurde die Klage abgewiesen.

Auf Antrag der Kläger hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung hinsichtlich des Begehrens nach Feststellung eines national begründeten Abschiebungsverbots mit Beschluss vom 4. August 2014 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob bei afghanischen Familien mit minderjährigen Kindern als Auslandsrückkehrer eine erhebliche konkrete Gefahr gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht.

Zur Begründung ihrer Berufung beziehen sich die Kläger auf ihren Zulassungsantrag, in dem sie sich der Verneinung eines national begründeten Abschiebungsverbots widersetzen.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 13. Februar 2014 und Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 15. April 2014 zu verpflichten, bei den Klägern ein national begründetes Abschiebungshindernis festzustellen.

Die Beklagte entgegnet, aufgrund der bayerischen Erlasslage dürfte es auf die Frage, ob bei einer Familie mit minderjährigen Kindern eine Extremgefahr im Sinn von § 60 Abs. 7 AufenthG bestehe, nicht ankommen. Nach den ausländerrechtlichen Verwaltungsvorschriften sei die Rückführung aller dort nicht genannten Personengruppen, zu der auch die Kläger gehörten, vorerst zurückzustellen. Unabhängig davon bestehe für Familien mit minderjährigen Kindern trotz der allgemein schwierigen humanitären Umstände nicht regelmäßig eine Extremgefahr, zumal auch die Rückkehrförderung zu berücksichtigen sei. Die einem Familienvater obliegende Aufgabe, über seine Person hinaus für die Angehörigen das Existenzminimum zu erwirtschaften, sei zudem kein sich unmittelbar auswirkender Aspekt. Das Abschiebungsschutzrecht gehe von einer gerade dem jeweiligen Schutzsuchenden konkret und individuell drohenden Gefahrenlage aus. Auf die erst mittelbare Folge der Erfüllung rechtlicher oder ethischer Verpflichtungen könne nicht abgestellt werden. Bei tatsächlicher Existenzgefährdung der vom Erwerbsfähigen abhängigen Angehörigen könne dort ein Abschiebungsverbot vorliegen, durch das dem Erwerbsfähigen als Ausfluss seiner Rechte aus Art. 6 GG dann ein Anspruch auf Fortbestand der familiären Gemeinschaft im Bundesgebiet erwachse. Zudem sei ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen Rückkehr und drohender Rechtsgutverletzung erforderlich. Schlechte humanitäre Bedingungen könnten zwar in Ausnahmefällen in Bezug Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen, aber in Afghanistan sei die allgemeine Lage nicht so ernst, dass ohne weiteres eine Verletzung angenommen werden könne. Fraglich sei schon, ob aus Sicht des Gesetzgebers der Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG bei einer auf eine Bevölkerungsgruppe bezogenen Gefahrenlage überhaupt eröffnet sei. Angesichts des besonderen Ausnahmecharakters sei ein Gefährdungsgrad entsprechend der Extremgefahr erforderlich.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger weisen darauf hin, dass nach der Erlasslage alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige vorrangig zurückzuführen seien. Auch wenn die Rückführung anderer Personen vorerst zurückzustellen sei, bedeute dies nicht, dass Abschiebungen ausgesetzt seien. Vielmehr sei, wie die Beklagte selbst ausführe, ein entsprechender Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Freien Wähler mit Beschluss vom 5. Februar 2014 abgelehnt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 128 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylVfG) verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt. Ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt sind, bedarf keiner Prüfung, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand handelt (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17). Damit kommt es auch auf die Frage nicht an, ob Nr. C.3.2 der Verwaltungsvorschriften des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) vom 3. März 2014, Az. IA2-2081.13-15, für Familien eine Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG darstellt, die ihnen Schutz vor Abschiebung vermittelt und deshalb die analoge Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausschließt.

Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Einschlägig ist hier Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Das wäre bei den Klägern der Fall, wenn sie nach Afghanistan zurückkehren müssten. Der Kläger zu 1 als Vater von zwei minderjährigen Kindern befürchtet, aufgrund der dortigen Situation einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Damit machen die Kläger zwar nicht geltend, dass ihnen näher spezifizierte, konkrete Maßnahmen drohen würden, sondern sie berufen sich auf die allgemeine Lage. Die zu erwartenden schlechten Lebensbedingungen und die daraus resultierenden Gefährdungen weisen vorliegend aber eine Intensität auf, dass auch ohne konkret drohende Maßnahmen von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen ist.

Der Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG ist auch bei einer allgemeinen, auf eine Bevölkerungsgruppe bezogenen Gefahrenlage eröffnet.

Von der Beklagten wird das allerdings bezweifelt, weil der (deutsche) Gesetzgeber in Kenntnis der vom Bundesverwaltungsgericht bejahten Erweiterung auf Gefährdungen, die nicht staatlich zu verantworten seien (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 = NVwZ 2013, 1167; U. v. 13.6.2013 - 10 C 13.12 - BVerwGE 147, 8 = NVwZ 2013, 1489), am Konzept von allgemeinen Gefährdungslagen einerseits und individuell gelagerten Schutzgründen andererseits festgehalten habe. Die Formulierung des Art. 3 EMRK, niemand dürfe unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden, lässt zwar nicht erkennen, ob sich diese nur aus konkret gegen den Betroffenen gerichteten Maßnahmen oder auch aus einer schlechten allgemeinen Situation mit unzumutbaren Lebensbedingungen ergeben kann. Eine Unterscheidung zwischen konkreten und allgemeinen Gefahren wird dort jedenfalls nicht vorgenommen. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verweist (BVerwG, U. v. 31.1.2013 a. a. O.; U. v. 13.6.2013 - 10 C 13.12 - BVerwGE 147, 8 = NVwZ 2013, 1489; EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U. v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U. v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952), hält aber eine unmenschliche Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen für möglich. Im Urteil vom 13. Juni 2013 (a. a. O.) ist das Bundesverwaltungsgericht ferner ausdrücklich von der früheren Rechtsprechung abgerückt und hält für das nationale Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK nicht länger an der zu § 53 Abs. 4 AuslG 1990 vertretenen Auffassung fest, dass die Vorschrift nur Gefahren für Leib und Leben berücksichtige, die seitens eines Staates oder einer staatsähnlichen Organisation drohten. Nach der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Verfahren Sufi und Elmi, a. a. O., Rn. 278, 282 f.) verletzen humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK zum Einen in ganz außergewöhnlichen Fällen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ seien. Dieses Kriterium sei angemessen, wenn die schlechten Bedingungen überwiegend auf die Armut zurückzuführen sei oder auf die fehlenden staatlichen Mittel, um mit Naturereignissen umzugehen. Zum Anderen könne - wenn Aktionen von Konfliktparteien zum Zusammenbruch der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur führten - eine Verletzung darin zu sehen sein, dass es dem Betroffenen nicht mehr gelinge, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, zu befriedigen. Zu berücksichtigen seien dabei auch seine Verletzbarkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung seiner Lage in angemessener Zeit. Im Anschluss hieran stellt das Bundesverwaltungsgericht darauf ab, ob es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Wenn eine solche Gefahr nachgewiesen sei, verletze die Abschiebung des Ausländers notwendig Art. 3 EMRK, einerlei, ob sich die Gefahr aus einer allgemeinen Situation der Gewalt ergebe, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beiden. Die sozioökonomischen und humanitären Verhältnisse seien nicht notwendig für die Frage bedeutend und erst recht nicht dafür entscheidend, ob der Betroffene wirklich der Gefahr einer Misshandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Denn die Konvention ziele hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern, mache die grundlegende Bedeutung von Art. 3 EMRK aber eine gewisse Flexibilität erforderlich.

Dass der (deutsche) Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Regelung von allgemeinen Gefahren im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG n. F. i. V. m. § 60a AufenthG unverändert beibehalten und nicht auf andere Abschiebungsverbote ausgedehnt hat, spricht bei systematischer Auslegung des Gesetzes gegen die vom Bundesamt vertretene Auffassung. Im gewaltenteilenden Rechtsstaat ist die Rechtsprechung nur ausnahmsweise befugt, die Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers unbeachtet zu lassen (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167 zur verfassungskonformen Auslegung von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG n. F.). Im Übrigen greift das Bundesamt selbst in bestimmten Fallkonstellationen bei allgemeinen Gefahren ebenso auf § 60 Abs. 5 AufenthG zurück. So kann z. B. nach dem Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 14. November 2013, Az. M I 4 - 21004/21#5 („Information zur Entscheidungspraxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge aufgrund des Urteils des BVerwG vom 13. Juni 2013“), bei unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG festgestellt werden.

Bisher nicht geklärt ist, durch welchen Gefährdungsgrad derartige außergewöhnliche Fälle gekennzeichnet sein müssen. Schon von der Gesetzessystematik her kann der nationale Maßstab für eine Extremgefahr nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG analog nicht herangezogen werden. Da die Sachverhalte nicht vergleichbar sind, lassen sich die erhöhten Anforderungen an eine ausreichende Lebensgrundlage im Fall einer internen Schutzalternative ebenso wenig übertragen. Die Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Verfahren Sufi und Elmi, a. a. O., Rn. 278, 282 f.) als auch des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167) macht jedoch deutlich, dass von einem sehr hohen Niveau auszugehen ist. Nur dann liegt ein außergewöhnlicher Fall vor, in dem die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind. Wenn das Bundesverwaltungsgericht die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst einstuft, dass ohne weiteres eine Verletzung angenommen werden könne, weist das ebenfalls auf die Notwendigkeit einer besonderen Ausnahmesituation hin. Eine solche ist allerdings bei den Klägern gegeben.

Der Kläger zu 1 würde zusammen mit seinen beiden Kindern, den Klägern zu 2 und 3, zurückkehren und müsste für sich selbst sowie die Kinder sorgen. Die Ehefrau und Mutter hält sich nach den Angaben des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Italien auf, so dass er insoweit keine Hilfe hätte. Nach glaubhaftem Vortrag kann er zudem weder von seinen Eltern noch von seinen Schwiegereltern Unterstützung bekommen. Seine Eltern sind wegen Familienstreitigkeiten wieder in den Iran gezogen, sein Vater ist zudem krank und selbst hilfsbedürftig. Die Schwiegereltern stammen aus dem Iran. Den Angaben des Klägers zu 1 zufolge war er bereits zweimal im Gefängnis, nachdem ihn sein Schwager, der gegen die Hochzeit gewesen sei, wegen seines illegalen Aufenthalts im Iran angezeigt habe. In Afghanistan wird er von dem Teil seiner Familie, der dort verblieben ist, nicht akzeptiert. Außerdem gibt es Erbauseinandersetzungen. Damit könnte der Kläger zu 1 von niemandem Hilfe erwarten, sondern wäre in der Folge bei Rückkehr auf sich alleine gestellt. Angesichts der Lebensbedingungen in Afghanistan und der Tatsache, dass die Kinder noch in betreuungsbedürftigem Alter sind, würde er zur Sicherung der Existenz für die Familie nicht imstande sein. In der ständigen Rechtsprechung zur Extremgefahr nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG analog (seitU. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris; zuletzt U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris) hat sich der Verwaltungsgerichtshof zwar schon mit Teilaspekten der humanitären Lage in Afghanistan befasst und ist zum Ergebnis gekommen, dass für einen alleinstehenden Rückkehrer keine Extremgefahr im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Er wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Bei einer Familie mit minderjährigen Kindern ist aber im Hinblick auf die zu erwartenden schlechten humanitären Verhältnisse in Afghanistan von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen.

Vorab ist festzuhalten, dass die Kinder in die Bewertung mit einzubeziehen sind. Der Senat geht davon aus, dass die Unterhaltsverpflichtungen des Klägers zu 1 nicht außer Betracht bleiben können. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass das Abschiebungsschutzrecht von einer gerade dem jeweiligen Schutzsuchenden konkret und individuell drohenden Gefahrenlage ausgehe, trifft das zwar insoweit zu, als das Gesetz generell eine Unterscheidung zwischen allgemeinen und individuell drohenden Gefahren vornimmt. Das schließt aber nicht aus, Unterhaltsverpflichtungen, die dem Betroffenen konkret obliegen, zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, ob eine gemeinsame oder getrennte Rückkehr von Familienangehörigen zugrunde zu legen ist, geht ebenfalls in diese Richtung (BVerwG, U. v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - BVerwGE 90, 364 = InfAuslR 1993, 28; B. v. 21.9.1999 - 9 C 12.99 - BVerwGE 109, 305 = InfAuslR 2000, 93). Unter Einbeziehung der Bedeutung, welche die deutsche Rechtsordnung dem Schutz von Ehe und Familie beimesse (Art. 6 GG), sei bei der Prognose, welche Gefahren dem Asylbewerber im Falle einer Abschiebung in den Heimatstaat drohten, regelmäßig von einer gemeinsamen Rückkehr aller Familienangehörigen auszugehen. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen - Angehörige, die Abschiebungsschutz genießen - könne eine andere Betrachtung geboten sein. Erforderlich sei eine möglichst realitätsnahe Beurteilung der Situation im hypothetischen Rückkehrfall. Für die anzunehmende Ausgangssituation, von der aus die Gefahrenprognose zu erstellen sei, komme es grundsätzlich weder auf bloße Absichtserklärungen der Betroffenen noch auf ihren ausländerrechtlichen Status an. Dies gelte für den jeweiligen Asylbewerber selbst und für die Familienmitglieder. Die Hypothese solle die Realität nur in einem Punkt ersetzen, dem nicht mehr bestehenden Aufenthalt des Asylbewerbers in seinem Heimatstaat. Im Übrigen werde durch sie an dem realen Umfeld, insbesondere den familiären Beziehungen des Asylbewerbers, seinen Rechten und Pflichten, nichts geändert. Eine andere Betrachtungsweise würde sich grundlos von der Realität entfernen. Diese Grundsätze können auf die vorliegende Konstellation übertragen werden. Es wäre ebenso wirklichkeitsfremd und stünde deshalb mit der genannten Rechtsprechung nicht in Einklang, wenn man die Unterhaltsverpflichtungen als lediglich mittelbare Folge der Erfüllung rechtlicher oder ethischer Verpflichtungen außer Betracht ließe.

Wird mithin die Notwendigkeit, dass der Kläger zu 1 für den Unterhalt der Familie aufkommen muss, zugrunde gelegt, würden die Kläger bei Rückkehr nach Afghanistan einer besonderen Ausnahmesituation ausgesetzt. Die humanitäre Lage dort lässt für sie ein menschenwürdiges Dasein nicht zu.

Der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 31. März 2014 (Stand: Februar 2014, S. 19 ff. - Lagebericht 2014) stellt zwar zum Einen fest, dass sich Afghanistans Bewertung im Human Development Index kontinuierlich verbessert habe. Auch wenn Afghanistan weiterhin einen sehr niedrigen Rang belege und der Entwicklungsbedarf noch beträchtlich sei, habe es sich einerseits in fast allen Bereichen positiv entwickelt. Die afghanische Wirtschaft wachse, wenn auch nach einer starken Dekade vergleichsweise schwach. Andererseits würden Investitionen aufgrund der politischen Unsicherheit weitgehend zurückgehalten. Allerdings könne nach dem Wahljahr 2014 mit einer Normalisierung des durch die starke Präsenz internationaler Truppen aufgeblähten Preis- und Lohnniveaus zu rechnen sein. Eine weitere Abwertung der afghanischen Währung könnte zu einer gestärkten regionalen Wettbewerbsfähigkeit afghanischer Produkte führen. Negativ würde sich jedoch zum anderen eine zunehmende Unsicherheit und Destabilisierung des Landes auswirken. Die Schaffung von Arbeitsplätzen sei auch bei einer stabilen Entwicklung der Wirtschaft eine zentrale Herausforderung. Für größere Impulse mangle es bisher an Infrastruktur und förderlichen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und einer umfassenden politischen Strategie. Da die Schaffung von Perspektiven auch zu Sicherheit und Stabilität beitrage, sei die Unterstützung der Privatwirtschaft einer der Schlüsselbereiche der bilateralen Zusammenarbeit. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. D. vom 7. Oktober 2010 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof geht hinsichtlich der Arbeitsmöglichkeiten davon aus, dass am ehesten noch junge kräftige Männer, häufig als Tagelöhner, einfache Jobs, bei denen harte körperliche Arbeit gefragt sei, fänden. In der Auskunft von ACCORD (Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation) vom 1. Juni 2012 wird ebenfalls auf die schwierige Arbeitssuche hingewiesen. Die meisten Männer und Jugendlichen würden versuchen, auf nahe gelegenen Märkten als Träger zu arbeiten. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update, die aktuelle Sicherheitslage vom 5. Oktober 2014, S. 19 - SFH) führt aus, dass 36% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten. Besonders die ländliche Bevölkerung sei den starken klimatischen Schwankungen hilflos ausgeliefert. Die Zahl der Arbeitslosen werde weiter ansteigen. 73,6% aller Arbeitstätigen gehörten zu den working poor, die pro Tag zwei US$ oder weniger verdienten. Nach der Stellungnahme von Dr. Karin Lutze (stellvertretende Geschäftsführerin der AGEF - Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im Bereich der Migration und der Entwicklungszusammenarbeit i. L.) vom 8. Juni 2011 an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (zum dortigen Verfahren A 11048/10.OVG) könne das Existenzminimum für eine Person durch Aushilfsjobs ermöglicht werden (S. 9). Damit würde der Kläger zu 1 unter den gegebenen Umständen den notwendigen Lebensunterhalt nicht erwirtschaften können. Zum Einen bedürfen seine Kinder der Betreuung. Zum Anderen wird es an Arbeitsmöglichkeiten für den Kläger zu 1 fehlen, vor allem aber an einem Verdienst, der für den Lebensunterhalt einer Familie ausreicht. Zwar war er im Iran selbstständig tätig und hat dort nach seinen Angaben sehr gut verdient, jedoch verfügt er weder über eine qualifizierte Ausbildung noch kann er in Afghanistan an die bereits ausgeübte Tätigkeit anknüpfen. Er wäre vielmehr gezwungen, für sich und seine beiden Kinder eine neue Existenz aufzubauen, ohne dass ihm dort entsprechende Kontakte und Hilfen zur Verfügung stehen.

Mit Ausnahme der medizinischen Versorgung greift der Lagebericht 2014 (S. 19 f.) keine Einzelaspekte auf, sondern stellt nur die generelle Situation für Rückkehrer und die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Es wird darauf verwiesen, dass es an grundlegender Infrastruktur fehle und die Grundversorgung nicht gesichert sei. Da somit keine grundlegende Änderung eingetreten ist, wird zu den Einzelaspekten auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom Januar 2012 (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 28 - Lagebericht 2012) zurückgegriffen, der die Situation detaillierter beschreibt. Dieser führt hinsichtlich der Unterkunftsmöglichkeiten aus, dass die Versorgung mit Wohnraum zu angemessenen Preisen in den Städten nach wie vor schwierig sei. Das Ministerium für Flüchtlinge und Rückkehrer bemühe sich um eine Ansiedlung der Flüchtlinge in Neubausiedlungen für Rückkehrer. Dort erfolge die Ansiedlung unter schwierigen Rahmenbedingungen; für eine permanente Ansiedlung seien die vorgesehenen „Townships“ kaum geeignet. Der Zugang für Rückkehrer zu Arbeit, Wasser und Gesundheitsversorgung sei häufig nur sehr eingeschränkt möglich. Nach der Auskunft von ACCORD vom 1. Juni 2012 leben Zehntausende zurückgekehrter Familien unter schlimmen Bedingungen in Slums mit behelfsmäßigen Unterkünften in und um die afghanischen Städte. Sie müssten mit weniger als zehn Liter Wasser am Tag pro Person auskommen und hätten nicht genügend zu essen. Auch die SFH (S. 19) weist darauf hin, dass die Wohnraumknappheit zu den gravierendsten sozialen Problemen gehöre, vor allem in Kabul. Zugang zu sauberem Trinkwasser hätten nur 39% der Bevölkerung, zu einer adäquaten Abwasserentsorgung nur 7,5%. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger eine adäquate Unterkunft finden werden, in der auch Kinder angemessen leben können. Erschwerend kommt hinzu, dass der afghanische Staat schon jetzt kaum mehr in der Lage ist, die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu befriedigen und ein Mindestmaß an sozialen Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Durch den enormen Bevölkerungszuwachs - etwa eine Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation - gerät er zusätzlich unter Druck (Lagebericht 2014, S. 19).

Die Grundversorgung ist nach dem Lagebericht 2014 (S. 20) für große Teile der Bevölkerung eine große Herausforderung, für Rückkehrer in besonderem Maße. Die medizinische Versorgung habe sich zwar in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, falle jedoch im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück. Nach wie vor seien die Verfügbarkeit von Medikamenten und die Ausstattung von Kliniken landesweit unzureichend. In Kabul gebe es eine gute ärztliche Versorgung in einer deutschen und einer französischen Einrichtung. Im Übrigen sei medizinische Hilfe aber oftmals nicht zu erreichen oder könne nicht bezahlt werden (SFH S. 20). Diese Gesichtspunkte sind vorliegend im Hinblick auf die beiden kleinen Kinder von besonderer Bedeutung. Hinzu kommt, dass nach der SFH (S. 19) die Qualität der Bildungsangebote unzureichend und Gewalt im Umgang mit Kindern weit verbreitet ist. Viele Kinder seien unterernährt; 10% der Kinder würden vor ihrem 5. Geburtstag sterben. Straßenkinder seien jeglicher Form von Missbrauch und Zwang ausgesetzt.

Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 9 - UNHCR-Richtlinien) geht davon aus, dass es für eine Neuansiedlung grundsätzlich bedeutender Unterstützung durch die (erweiterte) Familie, die Gemeinschaft oder den Stamm bedarf. Nach einer ergänzenden Darstellung (Darstellung allgemeiner Aspekte hinsichtlich der Situation in Afghanistan - Erkenntnisse u. a. aus den UNHCR-Richtlinien 2013 des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen - Vertretung in Deutschland - vom August 2014) sind 40% der Rückkehrer nicht in der Lage, sich wieder in ihre Heimatorte zu integrieren, rund 60% hätten Schwierigkeiten, sich ein neues Leben in Afghanistan aufzubauen.

Diese Auskünfte ergeben einen ausreichenden Einblick in die tatsächliche Lage in Afghanistan. Insbesondere ist auch mit den neueren Erkenntnismitteln die derzeitige Situation hinreichend abgebildet, so dass es der Einholung weiterer Auskünfte nicht bedarf. Unter den dargestellten Rahmenbedingungen, vor allem mit häufig nur sehr eingeschränktem Zugang für Rückkehrer zu Arbeit, Wasser und Gesundheitsversorgung, ist die Schaffung einer menschenwürdigen Lebensgrundlage für eine Familie mit Kindern im Allgemeinen nicht möglich. Im Fall der Kläger wäre zusätzlich zu berücksichtigen, dass sie ohne die Ehefrau bzw. Mutter abgeschoben würden, somit also eine Betreuungsperson nicht zur Verfügung stünde. Bei den geschilderten Verhältnissen liegt ein außergewöhnlicher Fall vor, in dem die humanitären Gründe gegen die Abschiebung „zwingend“ sind. Für die Kläger besteht die ernsthafte Gefahr, dass sie keine adäquate Unterkunft finden würden und keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen zu hätten. Es steht zu erwarten, dass ihnen die zur Befriedigung ihrer elementaren Bedürfnisse erforderlichen finanziellen Mittel fehlen werden. Ohne Hilfe werden sie sich weder ernähren können noch sind die einfachsten hygienischen Voraussetzungen gewährleistet. Da auch keine Aussicht auf Verbesserung der Lage besteht, ist davon auszugehen, dass die Kläger als Familie mit minderjährigen Kindern Gefahr laufen, einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein, die einen Mangel an Respekt für ihre Würde offenbart (siehe EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

Dass die Rechtsprechung zur Extremgefahr für Alleinstehende nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG analog nicht auf die Frage einer unmenschlichen Behandlung von Familien im Rahmen von § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK übertragen werden kann, sondern sich die Wertung unterscheiden muss, zeigt sich auch an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12 - hudoc.echr.coe.int, auszugsweise mit inoffizieller Übersetzung des Informationsverbunds Asyl und Migration in Asylmagazin 2014, 424). In der Entscheidung betreffend die Abschiebung einer Familie nach Italien hebt der Gerichtshof vor allem das Kindeswohl hervor. Eine Abschiebung verstoße gegen Art. 3 EMRK, wenn nicht sichergestellt sei, dass die Familieneinheit erhalten bleibe und eine den Bedürfnissen der Kinder entsprechende Aufnahme gewährleistet sei. Auch die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder misst Familien mit Kindern besondere Bedeutung zu. In der 199. Sitzung vom 11. bis 13. Juni 2014 wurde deshalb das Bundesministerium des Innern unter anderem um vertiefte Informationen zur spezifischen Rückkehrsituation von Familien gebeten. Nach Nr. C.3.2 der Verwaltungsvorschriften des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) vom 3. März 2014, Az. IA2-2081.13-15, ist die Rückführung von Familien vorerst ebenfalls zurückgestellt. Dass das Existenzminimum für eine Familie nicht erwirtschaftet werden kann, wird auch durch die Stellungnahme von Dr. K. L. vom 8. Juni 2011 an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigt. Danach könne durch Aushilfsjobs allenfalls das Existenzminimum für eine Person ermöglicht werden (S. 9). Ferner bekräftigt der UNHCR (Richtlinien vom 6.8.2013, S. 9) das grundsätzliche Erfordernis bedeutender Unterstützung. Die einzige Ausnahme seien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten Schutzbedarf, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben könnten, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung böten, und die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle ständen. Damit hat sich die Lage nach der Einschätzung des UNHCR eher verschärft, denn die Richtlinien aus dem Jahr 2010 (S. 15 der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 24.3.2011 - zusammenfassende Übersetzung der UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 17.12.2010, S. 40) gingen noch davon aus, dass alleinstehende Männer und Kernfamilien (single males and nuclear family units) unter gewissen Umständen ohne Unterstützung von Familie oder Gemeinschaft leben könnten.

Soweit die Beklagte auf die gewährten Unterstützungsleistungen verweist, gibt es diese zwar für die erste Zeit nach der Rückkehr. Danach allerdings bestehen Probleme bei der Koordinierung zwischen humanitären Akteuren und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit sowie - mangels entsprechender Strukturen - dem afghanischen Staat (Lagebericht 2014, S. 20; Auskunft von ACCORD vom 1.6.2012). Aufgrund dieser verwaltungstechnischen Schwierigkeiten kommt die erforderliche Hilfe deshalb oft nicht dort an, wo sich die Rückkehrer niedergelassen haben. Noch schwieriger gestaltet sich die Lage für Familien. Über eine gewisse Starthilfe hinaus ist es nicht möglich, dauerhaft Unterstützung für die gesamte Familie zu bekommen (Auskunft von amnesty international vom 29.9.2009 an den BayVGH im Verfahren 6 B 04.30476). Damit mögen die Leistungen zwar einen vorübergehenden Ausgleich schaffen, sind aber nicht dazu geeignet, auf Dauer eine menschenwürdige Existenz zu gewährleisten, insbesondere weil die Grundversorgung schon generell für einen Großteil der afghanischen Bevölkerung eine enorme Herausforderung bedeutet.

Die Beklagte war deshalb unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 15. April 2014 und Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13. Februar 2014 insoweit (Ablehnung Nr. 4 und Abschiebungsandrohung Nr. 5) zu verpflichten, festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2016 wird abgeändert und die Beklagte unter Abänderung von Nummer 4 und Aufhebung von Nummer 5 und 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21. Juni 2016 verpflichtet, festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.

II. Die Beklage hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger, eine Familie aus Nekbai in der Provinz Kunduz mit einem im Jahr 2015 geborenen und demnächst einem zweiten Kind, sind afghanische Staatsangehörige und schiitische Hazara. Nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Januar 2016 stellten sie am 11. März 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylantrag.

Der Kläger zu 1, der Ehemann und Vater, gab bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 15. Juni 2016 an, er stamme aus dem Dorf Nekbai in der Provinz Kunduz. In Afghanistan habe er noch zwei Schwestern und im Iran zwei Brüder. Eine Schule habe er nicht besucht und auch keinen Beruf erlernt. Zuletzt habe er als Bauarbeiter gearbeitet. Die Taliban hätten das Dorf besetzt und ihm zweimal Ohrfeigen gegeben. Sie hätten wissen wollen, wer im Dorf Waffen habe und wer Kommandeur sei. Als er noch ein Kind gewesen sei, hätten sie seinen Vater vermutlich wegen dessen Grundbesitz getötet. Ergänzend fügt der Kläger an, im Iran sei ihm im rechten Bein eine Stahlplatte eingesetzt worden. In Deutschland habe er einen Termin zur Operation.

Die Klägerin zu 2, die Ehefrau und Mutter, führte aus, sie sei nicht in die Schule gegangen und habe auch keinen Beruf erlernt und ausgeübt. Im Iran lebten vier Schwestern, zwei Brüder lebten in Deutschland. Ihr Schwiegervater sei Grundbesitzer gewesen, ihr Ehemann habe das Land zusammen mit seinem Bruder geerbt. Davon habe die Familie gelebt und die Reise finanziert. Wirtschaftlich sei es der Familie gut gegangen, aber wegen der Taliban sei ihr Leben in Gefahr gewesen. Diese würden die Männer von zu Hause holen und mitnehmen, einige würden umgebracht werden. Ihr Ehemann sei geschlagen worden und habe Ohrfeigen bekommen.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 21. Juni 2016 wurden die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.) sowie des subsidiären Schutzstatus (3.) und die Anträge auf Asylanerkennung (2.) abgelehnt. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (4.). Den Klägern wurde die Abschiebung angedroht (5., 6.). Zur Begründung ist angeführt, dass sich aus dem Sachvortrag weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal ergäben. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes komme nicht in Betracht, weil in Afghanistan kein Konflikt bestehe und keinerlei Anhaltspunkte erkennbar seien, die die Annahme rechtfertigten, dass bei den Klägern im Fall der Rückkehr ein ernsthafter Schaden drohen würde. Unter den derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan seien auch die Anforderungen an den Gefahrenmaßstab nach Art. 3 EMRK nicht erfüllt. Die Umstände, die die Kläger geltend machten, gingen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbaren Situationen lebten. Auch eine individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinn von § 60 Abs. 7 AufenthG drohe nicht.

Mit der hiergegen gerichteten Klage vor dem Verwaltungsgericht Augsburg verfolgten die Kläger ihr Begehren hinsichtlich nationaler Abschiebungsverbote weiter. In der mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2016 vertieften die Kläger ihr Vorbringen und gaben an, zwei Onkel und zwei Schwestern des Klägers zu 1 hätten bis vor kurzem in ihrem Heimatdorf gelebt. Dann habe es dort Kämpfe gegeben und er habe deshalb keinen Kontakt mehr zu seinen beiden Schwestern. Vor einigen Jahren habe er eine Oberschenkelfraktur erlitten und sei operiert worden. Die eingesetzte Platinstange sei in Deutschland herausgezogen worden. Die Klägerin zu 1 führte aus, dass die Familie den Grundbesitz für die Flucht verkauft habe. Wegen seiner Beinverletzung könne der Kläger nicht als Tagelöhner arbeiten.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2016 wurde die Klage abgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die allgemeinen Lebensbedingungen seien zumindest nicht in allen Landesteilen Afghanistans so schlecht, dass die Abschiebung einer dreiköpfigen Familie eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde. Insbesondere das Hauptsiedlungsgebiet der Volksgruppe der Hazara, die Provinz Bamiyan, gehöre zu den relativ sicheren Provinzen. Für eine reale Chance, nach einer Rückkehr eine ausreichende Existenzgrundlage für alle Familienmitglieder zu finden, sprächen vor allem die Start- und Reintegrationshilfen nach dem GARP-Programm sowie die Service- und Beratungsleistungen nach dem europäischen Reintegrationsprogramm (ERIN). Insgesamt könnten die Kläger damit Reintegrationshilfen im Gesamtwert von 3.150 € in Anspruch nehmen. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger zu 1 ferner angegeben, dass es ihm gesundheitlich gut gehe. Damit bestehe auch keine erhebliche konkrete Gefahr im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Auf Antrag der Kläger hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsschutzes mit Beschluss vom 11. Januar 2017 wegen Divergenz zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - Asylmagazin 2015, 197; U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30285 - InfAuslR 2015, 212) zugelassen.

Zur Begründung ihrer Berufung tragen die Kläger vor, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs könnten schlechte humanitäre Bedingungen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK führen. Bei einer Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern sei dies der Fall, so dass sie einen Anspruch auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hätten. Eventuelle Hilfen aus den Rückkehrprogrammen könnten kein anderes Ergebnis begründen. Auf diese bestünde kein Rechtsanspruch und sie erschienen nicht ausreichend, um dauerhaft ein Überleben der Familie zu gewährleisten.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2016 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 23. März 2017 verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 128 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt. Ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt sind, bedarf keiner Prüfung, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand handelt (BVerwG, U.v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17).

Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Einschlägig ist hier Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Das wäre bei den Klägern der Fall, wenn sie nach Afghanistan zurückkehren müssten. Die Kläger zu 1 und 2 als Eltern von bald zwei minderjährigen Kindern befürchten, aufgrund der dortigen Situation einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Damit machen die Kläger zwar nicht geltend, dass ihnen näher spezifizierte, konkrete Maßnahmen drohen würden, sondern sie berufen sich auf die allgemeine Lage. Die zu erwartenden schlechten Lebensbedingungen und die daraus resultierenden Gefährdungen weisen vorliegend aber eine Intensität auf, bei der auch ohne konkret drohende Maßnahmen von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen ist. Dass bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern unter den in Afghanistan herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen eine solche Gefahrenlage anzunehmen ist und in der Folge ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG besteht, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit den von den Klägern herangezogenen Divergenzurteilen vom 21. November 2014 entschieden (13a B 14.30284 - Asylmagazin 2015, 197 und 13a B 14.30285 - InfAuslR 2015, 212). Daran hat sich auch unter Berücksichtigung der neuesten Erkenntnisse bislang nichts geändert.

Vorliegend müssten die Eltern - nach afghanischen Maßstäben wohl der Vater - bei einer Rückkehr für den Unterhalt der gesamten Familie sorgen. Das ältere Kind, die Klägerin zu 3, ist zwei Jahre alt und ein weiteres Kind wird demnächst geboren. Angesichts dieser beiden kleinen Kindern in betreuungsbedürftigem Alter wird die Ehefrau und Mutter, die Klägerin zu 2, zum Familienunterhalt nicht beitragen können. Zudem ist sie unbestrittenen Angaben zufolge nicht in die Schule gegangen, hat keinen Beruf erlernt und auch keine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Damit müsste der Vater alleine den Unterhalt für die ganze Familie erwirtschaften. Im Hinblick auf die derzeitige (wirtschaftliche) Lage in Afghanistan würde er hierzu nicht im Stande sein, zumal auch keine Rücklagen mehr existieren.

Wegen der zu erwartenden schlechten humanitären Verhältnisse, die sich bislang nicht nachhaltig verbessert haben, ist bei einer Familie mit minderjährigen Kindern nach wie vor von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen. Das ergibt sich aus den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblichen Erkenntnismitteln. Dabei zeigt sich deutlich, dass sich die Rahmenbedingungen nicht verbessert haben.

Wurde im Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 31. März 2014 (Stand: Februar 2014, S. 19 ff. - Lagebericht 2014) noch festgestellt, dass sich Afghanistans Bewertung im Human Development Index kontinuierlich verbessere, es sich in fast allen Bereichen positiv entwickle und die Wirtschaft trotz einer zunehmenden Unsicherheit und Destabilisierung des Landes wachse, so wird in demjenigen vom 19. Oktober 2016 (Stand: September 2016, S. 21 ff. - Lagebericht 2016) ausgeführt, die afghanische Wirtschaft ringe seit Beendigung des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahresende 2014 nicht nur mit der schwierigen Sicherheitslage, sondern auch mit sinkenden internationalen Investitionen und der stark schrumpfenden Nachfrage. Die wirtschaftliche Entwicklung bleibe geprägt durch eine schwache Investitionstätigkeit, die Abwertung des Afghani gegenüber dem US-Dollar schreite weiter voran und ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum scheine kurzfristig nicht in Sicht. Das Vertrauen von Investoren und Verbrauchern in Afghanistan sei weiter gesunken; Ursachen hierfür seien neben der schwierigen Sicherheitslage vor allem in der schleppenden Regierungsbildung zu sehen. Ausländische Investitionen seien in der ersten Jahreshälfte 2015 bereits um 30% zurückgegangen; die Rahmenbedingungen für Investoren hätten sich kaum verbessert. Dass die Schaffung von Arbeitsplätzen die zentrale Herausforderung bedeute, wurde bereits im Jahr 2014 berichtet. Hieran hat sich nichts geändert, die Arbeitslosenquote ist dem Lagebericht 2016 zufolge im Oktober 2015 auf 40% gestiegen. Zwar sei sich die afghanische Regierung der Problematik bewusst und habe auch entsprechende Planungen vorgenommen, jedoch seien Erfolge, die auch großflächig in der Bevölkerung spürbar würden, kurzfristig kaum zu erwarten. Ein Problem stelle dar, dass gut ausgebildete und moderat wohlhabende Männer weiterhin bessere Zukunftschancen außerhalb Afghanistans sähen. Die hohe Arbeitslosigkeit werde durch vielfältige Naturkatastrophen verstärkt, so dass die Grundversorgung - wie schon seit Jahren - für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung sei. Für Rückkehrer gelte dies naturgemäß verstärkt. Gerade der Norden - eigentlich die „Kornkammer“ des Landes - sei extremen Natureinflüssen wie Trockenheit, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus Konflikten und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten hätten dazu geführt, dass dort ca. eine Millionen oder fast ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt gälten. Zur Unterkunftsmöglichkeit hatte schon der Lagebericht vom Januar 2012 (S. 28 - Lagebericht 2012) angegeben, dass die Versorgung mit Wohnraum zu angemessenen Preisen in den Städten nach wie vor schwierig sei. Das Ministerium für Flüchtlinge und Rückkehrer bemühe sich um eine Ansiedlung der Flüchtlinge in Neubausiedlungen für Rückkehrer. Dort erfolge die Ansiedlung unter schwierigen Rahmenbedingungen; für eine permanente Ansiedlung seien die vorgesehenen „Townships“ kaum geeignet. Eine Verbesserung wird auch im Lagebericht 2016 nicht gemeldet. Hinsichtlich der medizinischen Versorgung wird erneut ausgeführt, dass sie trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken leide, insbesondere aber an fehlenden Ärzten sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v. a. Hebammen).

Ähnlich verhält es sich mit den Auskünften der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update, die aktuelle Sicherheitslage vom 5.10.2014, S. 19 ff. - SFH 2014 und vom 30.9.2016, S. 24 ff. - SFH 2016). Auch im Jahr 2016 wird ausgeführt, dass 36% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten, 1,7 Millionen Menschen seien ernsthaft von Lebensmittelunsicherheit betroffen. Wie schon 2014 wird darauf hingewiesen, dass die geschwächte Bevölkerung Naturkatastrophen und harten Wintern schutzlos ausgeliefert sei. Zusätzlich werde die Lage durch die anhaltenden Konflikte verschärft. Weiterhin würde die Lebensgrundlage zahlreicher Menschen zerstört, die Anzahl der intern Vertriebenen sei rasant in die Höhe geschnellt, ansteckende Krankheiten nähmen zu und die Kriminalitätsrate steige an. Seit dem Abzug der internationalen Sicherheitskräfte Ende 2014 sei die bereits sehr hohe Arbeitslosigkeit rasant angestiegen. Die Analphabetenrate sei noch immer hoch und der Pool an Fachkräften bescheiden. Zu den gravierendsten sozialen Problemen gehört auch nach dem Bericht von 2016 (S. 24) die Wohnraumknappheit, vor allem in Kabul. Zugang zu sauberem Trinkwasser hätten nur 46% der Bevölkerung (gegenüber 39% nach SFH 2012), zu einer adäquaten Abwasserentsorgung nur 7,5%. Schon 2014 wurde berichtet, dass medizinische Hilfe oftmals nicht zu erreichen sei oder nicht bezahlt werden könne (SFH S. 20). Dies wird 2016 bestätigt. Zugang zu den grundlegendsten medizinischen Dienstleistungen hätten nur rund 36% der Bevölkerung, wobei dies ab dem Jahr 2015 wegen der gewaltsamen Konflikte sowie der verbreiteten Armut zusehends schwieriger geworden sei. Die Zerstörung von Gesundheitseinrichtungen und fehlende Dienstleistungen im Gesundheitsbereich seien direkte Folgen der Gewalt und beeinträchtigten die bereits karge Gesundheitsversorgung der Menschen zusätzlich. Der Gesundheitszustand von Frauen und Kindern bleibe schlecht, insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten sowie unter Nomaden. Frauen und Kinder verlören überdurchschnittlich oft das Leben wegen eigentlich heilbarer Krankheiten. Viele Familien könnten sich die Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitseinrichtungen nicht leisten.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus den Richtlinien des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 (UNHCR-Richtlinien 2016). Bereits in den Richtlinien vom 6. August 2013 (S. 9, 29 ff. - UNHCR-Richtlinien 2013) wurde ausgeführt, dass es für eine Neuansiedlung grundsätzlich bedeutender Unterstützung durch die (erweiterte) Familie, die Gemeinschaft oder den Stamm bedürfe. Die einzige Ausnahme seien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten Schutzbedarf, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben könnten, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung böten, und die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle ständen. Das wird in den Richtlinien 2016 gleichermaßen dargestellt (S. 10). In den Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern vom Dezember 2016 (UNHCR Dezember 2016, S. 2, 4) wird nochmals betont, dass der enorme Anstieg an Rückkehrern zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten geführt habe und es für eine Neuansiedlung ein starkes soziales Netzwerk geben müsse. Weiter wird dargelegt, dass die humanitären Indikatoren in Afghanistan auf einem kritisch niedrigen Niveau seien (UNHCR-Richtlinien 2016, S. 31). Ende 2015 seien 8,1 Mio. Menschen bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 27 Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen gewesen. Über eine Million Kinder litten an akuter Mangelernährung und 9,1% Prozent der Kinder würden vor ihrem fünften Geburtstag sterben (so auch Lagebericht 2016, S. 13). Der Anteil der Bevölkerung, der unterhalb der nationalen Armutsgrenze lebe, liege nach wie vor bei 35,8%. 1,7 Millionen Afghanen seien von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit betroffen. Besonders schwerwiegend wirke sich der andauernde Konflikt auf den Zugang zur Gesundheitsversorgung aus, unter anderem aufgrund von direkten Angriffen auf medizinisches Personal und auf Gesundheitseinrichtungen; 36% der Bevölkerung hätten überhaupt keinen Zugang zu medizinischer Grundversorgung.

Zusammenfassend lässt sich den Berichten und Auskünften nicht entnehmen, dass seit dem Jahr 2014 von einer Verbesserung der Situation ausgegangen werden könnte. Wie schon damals ausgeführt, ist unter den dargestellten Rahmenbedingungen, vor allem mit häufig nur sehr eingeschränktem Zugang für Rückkehrer zu Arbeit, Wasser und Gesundheitsversorgung die Schaffung einer menschenwürdigen Lebensgrundlage für eine Familie mit Kindern im Allgemeinen nicht möglich. Im Fall der Kläger wäre zusätzlich zu berücksichtigen, dass - wie bereits erwähnt - die Ehefrau bzw. Mutter die Betreuung für die beiden kleinen Kinder gewährleisten muss und zum Lebensunterhalt nicht beitragen kann. Angesichts der enorm hohen Arbeitslosigkeit wird es an Arbeitsmöglichkeiten für den Kläger zu 1 fehlen, vor allem aber an einem Verdienst, der für den Lebensunterhalt einer Familie ausreicht. Erschwerend kommt bei ihm hinzu, dass er weder über eine Schulbildung verfügt noch einen Beruf erlernt hat. Zudem hat er nach einem Unfall gesundheitliche Probleme mit einem Bein, die mögliche Betätigungen weiter einschränken. Familiäre Unterstützung könnten die Kläger nicht erwarten, da die Angehörigen, soweit sie sich nicht in Europa aufhalten, im Iran leben. Zwar hat der Kläger zu 1 von seinem Vater Land geerbt, jedoch wurde hiermit die Ausreise finanziert und es kann der Familie deshalb nicht als Grundlage dienen. Zudem könnten den Berichten zufolge zahlreiche Familien aufgrund von unrechtmäßigen Besetzungen nicht mehr auf ihren Landbesitz zurückkehren und hätten auch kaum Chancen, diesen erfolgreich zurückzufordern (SFH 2016, S. 26). Auch die illegale Beschlagnahmung von Land durch Beamte sowie lokale Machthaber ist der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zufolge verbreitet. Der Kläger zu 1 wäre deshalb gezwungen, für sich und seine Familie eine neue Existenz aufzubauen, ohne dass ihm hierbei entsprechende Hilfen zur Verfügung stünden.

Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln ist jedoch nicht davon auszugehen, dass dies gelingen kann. Ohne Hilfe würde sich die Familie weder ernähren können noch wären die einfachsten hygienischen Voraussetzungen gewährleistet. Es kann nicht angenommen werden, dass die Kläger eine adäquate Unterkunft finden würden, in der auch Kinder angemessen leben können, insbesondere weil der afghanische Staat schon jetzt kaum mehr in der Lage ist, die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu befriedigen und ein Mindestmaß an sozialen Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Durch den enormen Bevölkerungszuwachs - etwa eine Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation - gerät er zusätzlich unter Druck (Lagebericht 2016, S. 21). Aufgrund mangelnder Flächen und erschwinglicher Unterkünfte in städtischen Gebieten sind Rückkehrer häufig gezwungen, in informellen Siedlungen ohne angemessenen Lebensstandard zu leben (UNHCR-Richtlinien 2016, S. 34). Unter Berufung auf UNICEF (United Nations Children’s Fund) wird in den UNHCR-Richtlinien 2016 dargelegt, dass Familien häufig keine andere Wahl hätten, als in Slums zu wohnen, wo sie keinen Zugang zu akzeptablen Wohnbedingungen, Wasser, sanitären Einrichtungen, Gesundheitsversorgung und Bildung hätten. Aufgrund der beschränkt verfügbaren Flächen würden auch wenig geeignete Orte wie die steilen Hänge um Kabul besiedelt. Diese informellen Siedlungen seien durch schwierige naturgegebene Merkmale wie extreme Winter, beschränkten Zugang zu sauberem Wasser und unhygienische Bedingungen geprägt. Angesichts von zwei Kleinkindern fällt das besonders ins Gewicht.

In der Gesamtschau kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass einer Familie mit Kindern unter den dargestellten Rahmenbedingungen, vor allem mit häufig nur sehr eingeschränktem Zugang für Rückkehrer zu Arbeit, Wasser und Gesundheitsversorgung, die Schaffung einer menschenwürdigen Lebensgrundlage im Allgemeinen möglich ist. Vielmehr liegt bei den geschilderten Verhältnissen ein außergewöhnlicher Fall vor, in dem die humanitären Gründe gegen die Abschiebung „zwingend“ sind. Für die Kläger besteht nach wie vor die ernsthafte Gefahr, dass sie keine adäquate Lebensgrundlage finden würden und keine Unterkunft sowie Zugang zu sanitären Einrichtungen hätten. Es steht zu erwarten, dass ihnen die zur Befriedigung ihrer elementaren Bedürfnisse erforderlichen finanziellen Mittel fehlen würden. Ohne Hilfe würden sie sich weder ernähren können noch wären die einfachsten hygienischen Voraussetzungen gewährleistet. Da auch keine Aussicht auf Verbesserung der Lage besteht, ist davon auszugehen, dass die Kläger als Familie mit minderjährigen Kindern nach wie vor Gefahr liefen, einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein, die einen Mangel an Respekt für ihre Würde offenbart (siehe EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

Soweit die Beklagte und das Verwaltungsgericht auf mögliche Unterstützungsleistungen (im Internet abrufbar unter www.bamf.de/rueckkehrfoerderung) verweisen, ergibt sich nichts anderes. Auch die aktuellen Leistungen können nur einen vorübergehenden Ausgleich schaffen. Es ist nach wie vor nicht anzunehmen, dass sie dazu geeignet wären, auf Dauer eine menschenwürdige Existenz zu gewährleisten. Zwar sind die Unterstützungsleistungen gegenüber dem Jahr 2014 offenbar ausgeweitet worden. Über das humanitäre Rückkehrprogramm „REAG/GARP“ (Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany - REAG und Government Assisted Repatriation Programme - GARP) werden bei freiwilligen Rückkehrern die Transportkosten übernommen, Reisebeihilfen in Höhe von 200,- Euro pro Rückkehrer über 12 Jahre und Starthilfen von 500,- Euro bezahlt. Zusätzlich werden nach dem Reintegrationsprogramm „ERIN“ (European Reintegration Network) als Sachleistungen Reintegrationsleistungen im Wert von maximal 2.000,- Euro gewährt. Schwerpunkte des Programms sind neben der Intensivierung des Dialogs mit den Drittstaaten die individuelle Unterstützung nach der Rückkehr in das Herkunftsland, Hilfestellung bei der Existenzgründung und soziale Begleitung. Finanzielle Mittel erhalten Rückkehrer danach nur aus dem REAG/GARP-Programm und zwar mit Ausnahme einer Starthilfe von 500,- Euro pro Erwachsenen im Wesentlichen für die Kosten der Rückreise. Im Rahmen des ERIN-Programms gibt es keine finanziellen Hilfen, sondern nur tatsächliche Unterstützungsleistungen. Diese beinhalten bei Ankunft Hilfe für die Weiterreise, dringende medizinische Behandlung, kurzfristige Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung und im Weiteren Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche bzw. Unterstützung bei einer Geschäftsgründung, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Übernahme von Verwaltungskosten, etwa für die Registrierung oder um Zugang zur Gesundheitsversorgung zu erlangen, sowie verwaltungstechnische Unterstützung in Form von Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und caritativen Einrichtungen. Wenn man all diese Maßnahmen näher betrachtet, vermögen sie den Wiedereinstieg nach einer Rückkehr zum Teil zu erleichtern. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der möglichen Hilfsleistungen scheint aber zumindest ein geringer Qualifizierungsgrad erforderlich, damit die Programme überhaupt greifen können. Sowohl Arbeitsplatzsuche als auch eine Geschäftsgründung setzen gewisse Grundkenntnisse und -fertigkeiten voraus. Wenn dies der Fall ist, kann im Weiteren unterstützend eingegriffen werden. Fehlende Ausbildung und Qualifikation - wie hier - vermögen die Programme nicht zu ersetzen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es schon generell sehr schwierig ist, sich auch nur einen notdürftigen Unterhalt zu verschaffen. So weist Pro Asyl in einer Stellungnahme vom 16. November 2016 (zur 205. Sitzung der Innenministerkonferenz am 29./30.11.2016 in Saarbrücken) darauf hin, dass sich die Möglichkeiten, sich durch Arbeit selbst zu versorgen, sowohl für Einheimische als auch für Rückkehrer in den Jahren des weitgehenden Abzugs der internationalen Truppen krisenhaft verschärft hätten. Im Übrigen spricht viel dafür, dass es sich allein um eine Starthilfe handelt, die ein menschenwürdiges weiteres Dasein für eine Familie mit minderjährigen Kindern noch nicht sicherstellen kann. Zudem besteht auf die Förderung kein Rechtsanspruch. In der Summe kann deshalb trotz der (anfänglichen) Unterstützung nicht davon ausgegangen werden, dass die Leistungen vorliegend ausreichend wären, um eine unmenschliche Behandlung auszuschließen. Diese Einschätzung deckt sich im Übrigen auch mit derjenigen des ERIN-Programms selbst. Danach haben gewöhnlich nur diese Rückkehrer Chancen, die über spezifische Fähigkeiten verfügten oder qualifizierte Fachkräfte seien. Je niedriger der Ausbildungsstandard und die berufliche Qualifikation seien, desto schlechter und schwieriger sei die Aussicht auf eine berufliche Betätigung (ERIN, Afghanistan Briefing Note, S. 7, abrufbar unter www.bamf.de/rueckkehrfoerderung). Auch soweit finanzielle Unterstützung gewährt wird, ist diese den Angaben von ERIN zufolge angesichts der Lebenshaltungskosten bei Weitem nicht ausreichend. Danach betragen die Wohnungsmieten zwischen 400 und 600 US-$, Nebenkosten 40 US-$ und Lebensunterhalt 500 US-$ (Afghanistan Briefing Note, S. 9). Zudem wurde schon in den genannten Entscheidungen aus dem Jahr 2014 ausgeführt, dass es die Unterstützungsleistungen zwar für die erste Zeit nach der Rückkehr gibt, aber danach Probleme bei der Koordinierung zwischen humanitären Akteuren und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit sowie - mangels entsprechender Strukturen - dem afghanischen Staat bestehen. Der Lagebericht 2016 (S. 24 f.) spricht nach wie vor von Koordinierungsschwierigkeiten; Hilfe komme nicht immer dort an, wo Rückkehrer sich niedergelassen hätten. Zwar wird diese Aussage im Zusammenhang mit der Beschreibung der Situation von Rückkehrern aus den Nachbarländern gemacht, jedoch ist dem Lagebericht 2016 zufolge auch nur von Norwegen bekannt, dass Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Darüber, ob und inwieweit die Programme tatsächlich greifen, liegen offenbar keine weiteren Informationen vor. Auch der Vertreter des Bundesamts vermochte in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob es Erkenntnisse zur tatsächlichen Umsetzung des Reintegrationsprogramms gebe, keine näheren Auskünfte zu erteilen. Allerdings ist schwer vorstellbar, dass im Gegensatz zu den Rückkehrern aus den Nachbarländern hier die Koordinierung problemlos verlaufen sollte. So verweist Pro Asyl in seiner Stellungnahme vom 16. November 2016 darauf, dass die afghanische Regierung nicht in der Lage sei, auch nur die Notversorgung der Rückkehrer aus eigener Kraft oder mit den Mitteln der internationalen Hilfe zu versorgen; faktisch gebe es weder ein Reinte-grationsprogramm noch eine realistische Möglichkeit, ein solches zu schaffen.

Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 26.2.2014 - A 11 S 2519/12 - juris und U.v. 24.7.2013 - A 11 S 697/13 - Asylmagazin 2014, 38) berücksichtigt die neuere Entwicklung nicht. Zudem liegen den Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde.

Die Beklagte war deshalb unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2016 und unter Abänderung von Nummer 4 und Aufhebung von Nummer 5 und 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21. Juni 2016 zu verpflichten, festzustellen, dass bei den Klägern das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.